Internet Publikation für
Allgemeine und Integrative Psychotherapie
(ISSN 1430-6972)
IP-GIPTDAS=29.09.2019
Internet Erstausgabe, letzte Änderung: 24.11.21
Impressum:
Diplom-Psychologe Dr. phil. Rudolf Sponsel Stubenlohstr. 20
D-91052 Erlangen
Mail:_sekretariat@sgipt.org_
Zitierung
& Copyright
Anfang_Glossar,
Endnoten, Anmerkungen: Recht und Rechtswissenschaft Datenschutz_
Rel.
Aktuelles _Überblick_Überblick
Wissenschaft _Rel.
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Willkommen in unserer Internet-Publikation
für Allgemeine und Integrative Psychotherapie, Abteilung Wissenschaft,
Bereich Rechtswissenschaft und hier speziell
zum Thema:
Glossar, Endnoten, Anmerkungen
Recht und Rechtswissenschaft
Hilfsseite für die kritische
wissenschaftstheoretische Analyse
mit Schwerpunkt Begriffswelt und
Methoden aus interdisziplinärer Perspektive.
Aufgrund fortlaufender Ergänzungen und gelegentlicher
Korrekturen mit F5-Taste updaten empfohlen
Haupt- und
Verteilerseite
Elemente wissenschaftlicher
und sachlicher Texte - Kleines Wissenschaftsvokabular und -Glossar
mit Signierungsvorschlägen.
Originalarbeit von Rudolf
Sponsel, Erlangen
Zum Geleit
"Die Rechtspflege ist durch die Wissenschaft zum Glücksspiel
geworden."
Julius von Kirchmann, 1848, S. 34
"Ein guter Jurist kann alles in jede Richtung schreiben ... Sie
können Unschuldige hinter Gitter bringen, einen Schuldigen freisprechen."
Staatsanwalt Meindl,
2014
_
Inhalt (alphabetisch sortiert)
Abstraktionsgrundsatz
* ABGB * Abwägen * Äquivalenztheorie
* Äquivalenztheorie * Aliud
* Alternative Kausalität *
Altern
von Gesetzen * Analogie * Analogieschluss
* Analogieverbot * Angemessen
* Argumentum a fortiori * argumentum
a maiori ad minus * argumentum e
contrario * argumenta ex causis factorum
vel futurorum * argumentum per
analogiam * Auslegung * Bedeutungsspielraum
* Begriff * Begriffshof
* Begriffsjurisprudenz * beschränkt
* Bestimmtheitsgebot
*
Beurteilungsspielraum
* Beweis * Beweislast *
billig,
billigerweise, Billigkeit * BVerfG 1951
* BVerfG und Richterrecht * Blaue
Blume * canones nach Savigny (1840)
* Carnaps Sachregister in Der logische Aufbau der
Welt * conditio per quam
* contra legem * Da
mihi factum, dabo tibi ius * Dazwischentreten
eines Dritten (Kausalität) * de lege
ferenda * de lege lata * Derogierung
* Deutsche Sprachen * Dogmatik
* Dolus directus * ECTS
* Elementaraussage * Enthymematisch
* Entscheidungen * Entscheidungsgruende
* Entscheidungshierarchie * Erklaeren,
Erklaerung * Erklaerter Wille
* Ermessen * Evaluation
* ex praemissione * Extensive
Auslegung * extra legem, intra ius
* Freibeweis * Freirechts-Allmachts-Phantasien
* Fristen * Fussnoteritis
* GA * Generalklausel
* Gerechtigkeit * Gesetz
* Gesetz und Recht nach dem BVerfG * Gesetzgeber
* Gesetzesvorbehalt * Gesetzlichkeitsprinzip
* Gesetzgeber. * Gesetzgebungsverfahren
* Gewohnheitsrecht * Glossar
* Glosse * Gutachtenstil
* Heck * Hermeneutik * Historische
Rechtsschule * Humes Prinzip * Hypothetische
Kausalität * ignoratio
enlenchi * Imperativentheorie
* Inbegriff * Institut
* Institutionen * Interesse
* Interessenjurisprudenz * Intertextualität
* Inzidentfrage(n) * iura
novit curia * intra legem *
intra
verba legis * jura in re aliena *
Kabinettsordre
Friedrichs II. v. 27.7.1780 * Kanones * Kausalität,
juristische * Kollision (Normenkollision)
* Konkurrenz(en) * Kontrolle
* Kritik * Kummulative
Kausalität * Lex Lata * Lex-lata-Grenze
* Lücke,
Beispielliste-Canaris
* Meinen * metaphysische
Anmaßung * Methode * Methoden
(rechtswissenschaftliche Arbeit und Anwendung). * Methodologie
* Mueller-Erzbach * Natürliches
Recht (Kirchmann) * Naturrecht * Negationsverbot
* Non liquet * Norm * Normative
Wissenschaften * Normentheorie *
nulla
poena sine lege * nulla poena
sine lege scripta * Nullhypothesen-Modell
* Obiter dictum * Objektive
Auslegung * Objektives Recht * Oeffentliches
Recht * Ontisierung * Operationalisierung
* Palaestra * Pandektenrecht
* petitio principii * Phaenomenologie
* Phaenomenologische Rechtswissenschaft
* Positives Recht * Präjudizien
* praeter legem * praeter
verba legis * Prinzip * Psychologie,
juristische * Puchta * Radbruchsche
Formel * ratio legis * rebus
sic stantibus * Recht * Rechtsbegriff
* Rechtsdogmatik * Rechtserforschungspflicht
* Rechtsfolge * Rechtsfolgenseite
* Rechtsfortbildung (Richterrecht) * Rechtsinstitut
* Rechtsmissbrauchsverbot * Rechtsnorm
* Rechtssatz * Rechtsquellen
* Rechtssyllogismus * Rechtstheorie
als autonom handelndes Subjekt * Rechtstatsachenforschung
* Rechtsverdrehung als technisches Grundprinzip
* Rechtsverweigerungsverbot *
Rechtswissenschaft
* Reichskammergericht * Relevanztheorie
* Richterlicher Entscheidungszwang
* Richterrecht * Rückwirkungsverbot
* Sache * sachgerecht *
Sachverhalt
* Sachverhalt
und Rechtsbegriff * Savigny, FC
* Schulenstreit * Scire leges
non hoc est verba earum tenere, sed vim ac potestatem * secundum
legem * Sein und Sollen * Semantisches
= Semiotisches Dreieck * Servitut * Sprache
des Rechts * Ständige Rechtsprechung
* StGB * Strengbeweis
*
Subjektives
Recht * Subjektive Theorie
* Subsumtion * supplet praetor
in eo, quod legi deest * Tatbestand * Tatbestandsirrtum
* Teleologische Reduktion
* Text * TOA * Topik
*
Treu und Glauben * Typisierender
Fallvergleich * Umkehrschluss * Unbestimmte
Rechtsbegriffe. * Unterschied
Generalklausel und unbestimmter Rechtsbegriff * Urteilsstil
* Verbotsirrtum * Verfassungsgericht
* Verhalten * Verjährung
* Verkehrssitte * Verkehrspflichten
* Verstehen * Volk * Volksgeist
* Vorjudikatur * Vorsatz
* Wahn im juristischen Denken * Wahrheitsbegriff
* Wahrscheinlichkeit im Recht *
Welten
* Werte * Wesentlichkeitstheorie
* Widerspruch * Wille *
Wille
des Gesetzgebers * Willenserklaerung
* Windscheid * Wissenschaft
* Wissenschaftstheorie * Wortlaut
* Wortlautgrenze * Wortsinn
* ZGB * Zwischenverfahren
* |
_
Das Glossar ist keine Sammlung von Definitionen, das wäre zu anspruchsvoll
und ist bei den Rechtsbegriffen auch Sache der JuristInnen und nicht von
mir zu leisten. Aber es gibt Beschreibungen, Kennzeichnungen, Merkmale,
die dem Verständnis dienen können und sollen.
Abstraktionsgrundsatz sachenrechtlicher
Grundsatz, wonach schuldrechtliches und dingliches Rechtsgeschäft
voneinander unabhängig sind. (Nach Alpmann (2014, Hrsg.)). Für
Laien unverständlich.
__
ABGB Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch
Österreich. [Online]
__
Abwaegen - der Sinne ist im allgemeinen
verständlich, eine rechtswissenschaftliche Theorie, Methodik und Anwendung
des Abwägens habe ich bislang nicht gefunden. Abwägen
kann in die Liste der Kategorien-Kandidaten aufgenommen werden.
-
Riehm, Thomas (2006) Abwägungsentscheidungen in der
praktischen Rechtsanwendung: Argumentation, Beweis, Wertung. München:
Beck. [GB]
__
Adaequanztheorie >
Kausalität,
juristische.
Nach Fahl & Winkler (2008), S. 3: "Kausal sind nur solche Bedingungen,
die nicht völlig außerhalb der Lebenswahrscheinlichkeit liegen."
Mie dieser "Definition" wurde mit den Worten "nicht völlig außerhalb
der Lebenswahrscheinlichkeit " ein neuer "Verschiebebahnhof" eingerichtet.
__
Aequivalenztheorie
>
Kausalität,
juristische.
Nach Fahl & Winkler (2008), S. 3: "Alle Bedingungen sind im Hinblick
auf die Kausalität als gleichwertig anzusehen."
__
aliud - etwas anderes.
__
Alternative Kausalitaet >
Kausalität,
juristische.
Nach Fahl &Winkler (2008), S. 3: "Von zwei Bedingungen, die alternativ,
aber nicht kumulativ hinweggedacht werden können, sind beide kausal."
__
Altern von Gesetzen
"II. Das Altern von Gesetzen
Literatur: Engisch, S. 109 ff.; Larenz/Canaris, Kap. 4, 1 b,
S. 138 ff., Kap. 4, 3 b, S. 170 ff.; Zippelius § 4 III, S. 24 ff.
Wenn ein Gesetz in derselben Legislaturperiode verabschiedet wurde,
in der es angewandt werden soll, so ist der Legitimationszusammenhang zwischen
dem heutigen Gesetzgeber und dem Gesetz klar erkennbar. Die überwiegende
Zahl der heute geltenden Gesetze stammt aber von Gesetzgebern aus früheren
Legislaturperioden, unter teilweise anderen Regierungen und unter anderen
Regierungsformen. Solange allerdings der heutige Gesetzgeber keine Veranlassung
sieht, diese Gesetze aufzuheben oder zu ändern, gelten sie fort."
Quelle S. 45: Wank, Rolf (2005)
Die Auslegung von Gesetzen. 3. Auflage. Köln: Heymanns.
__
Analogie > Gegenteil: teleologischer
Reduktion,
__
Analogieschluss (im Recht)
"Analogieschluss: Der Analogieschluss findet dann Anwendung, wenn in
einem Fall zwar die tatbestandlichen Voraussetzungen einer gewissen Norm
nicht erfüllt sind, jedoch ein ähnlicher Fall vorliegt. Dann
wird die Norm auch auf diesen ähnlichen Fall angewendet. Voraussetzung
ist, dass die Gesetzeslücke vom Gesetzgeber nicht gewollt ist. " Quelle:
8.3 Glossar Prof. Dr. Matthias Mehlmann, Zürich.
Wikipedia (Abruf 18.03.2019): "Analogie (Recht)
Unter Analogie versteht man in der Rechtswissenschaft die Anwendung einer
Rechtsnorm mit anderen Tatbestandsvoraussetzungen auf einen ähnlichen,
ungeregelten Tatbestand.[1] Der Analogieschluss erweitert also den Geltungsbereich
einer rechtlichen Regelung auf bisher ungeregelte Fälle. Dies gründet
sich auf den Gleichheitssatz, wenn und weil die Unterschiede zwischen den
schon geregelten und den noch nicht geregelten Fällen eine unterschiedliche
Behandlung nicht rechtfertigen.[2]
Auch der Gesetzgeber bedient sich der Analogie, wenn er eine entsprechende
oder sinngemäße Anwendung einer Norm fordert. Dies ist methodologisch
dann aber keine Rechtsfortbildung durch Analogie, sondern Rechtsanwendung[3].
"
__
Analogieverbot (§ 103 GG)
__
Angemessen
Nicht zu viel, nicht zu wenig, passend.
__
Argumentationlehre juristische
Tarellos 13 Argumenttypen:
Beschrieben und erläutert von Perelmann (1979
Juristische Logik als Argumentationslehre. Freiburg: Alber: Rn 33, S. 79-86.
-
I. Das Argument a contrario.
-
II. Das Argumente simili, oder das analogische Argument.
-
III. Das Argument a fortiori.
-
IV. Das Argument a completudine.
-
V. Das Argument a coherentia.
-
VI. Das psychologische Argument.
-
VII. Das historische Argument.
-
VIII. Das apagogische Argument.
-
IX. Das teleologische Argument.
-
X. Das ökonomische Argument.
-
XI. Das Argument ab exemplo.
-
XII. Das systematische Argument.
-
XIII. Das naturalistische Argument.
__
Argumentum a fortiori
"Argumentum a fortiori – der Schluss vom Stärkeren her – beschreibt
einen logischer Analogieschluss (Größenschluss), bei dem eine
Behauptung bewiesen werden soll durch eine schon bewiesene stärkere
Behauptung." (Quelle Proverbia juris Abruf 10.05.2019)
__
argumentum a maiori ad
minus
(m.E. Fehler im DRL durch die Wendung "erst recht")
__
argumentum e contrario
Proverbia juris (Abruf 10.05.2019): Umkehrschluss, Schluss vom
Gegenteil aus. Das DRL führt aus: "argumentum e contrario. Das argumentum
e contrario (Schluß aus dem Gegenteil, Umkehrschluß ist der
Schluß von der Regelung eines geregelten Falles auf die umgekehrte
Regelung des nicht geregelten Falles. Er ist dann zulässig, der Gesetzgeber
durch die Wahl einer engen Fassung einer Regel zum Ausdruck bringen wollte,
daß ihre Geltung auf die genannten Fälle beschränkt
sein soll und damit —> Analogie ausgeschlossen sein soll (zB ist aus §
90 BGB zu schließen, daß die Vorschriften des Bürgerlichen
Gesetzbuches über Sachen auf Sachen im Sinne von körperlichen
Gegenständen beschränkt sein sollen. Auf Grund des Umkehrschlusses
gelten für Gegenstände die entsprechenden Vorschriften nicht).
(Kö)"
__
argumenta ex causis factorum vel
futurorum
Beweise aus den Gründen geschehener oder auch künftiger Handlungen.
(Muthorst 2011, S. 45 Rn 24)
__
argumentum per analogiam
__
Auslegung
Juraindividuell (Abruf 12.03.2019) erwähnt im Kapitel Auslegung
mehrere lexikalische Sprachebenen (Wortlaut, Alltag, Fach, Recht):
-
Wortlaut "Die grammatikalische Auslegung setzt am Wortlaut des Gesetzes
an. Es wird folglich eine Interpretation des Rechtssatzes vorgenommen,
um den Wortsinn des einzelnen Gesetzes zu ermitteln.
-
Alltag "Der Bearbeiter muss eine Analyse vornehmen, welche Bedeutung
dem Gesetzestext beziehungsweise einzelnen Wörtern der zu prüfenden
Norm im Alltags-"
-
Fach "oder Fachsprachengebrauch zukommt."
-
Recht "Es gibt aber auch Situationen, bei denen die Rechtssätze
beziehungsweise Wörter mehrdeutig sind und ebenso mehrere Bedeutungen
in der Alltags- und Fachsprache zukommen. In solchen Fällen wird auf
die gebräuchlichste Verwendung des Wortes abgestellt. In Ausnahmefällen,
kann es aber auch sein, dass die Alltagsbedeutung sich mit dem juristischen
Begriff nicht immer deckt. Dann ist auf die anderen Auslegungsmethoden
zurückzugreifen"
-
Systematisch "Bei der systematischen Auslegung wird das Normensystem
des Gesetzes betrachtet, um die genaue Bedeutung des Rechtssatzes zu ermittelt.
Es wird dabei ein Vergleich zu anderen Normen vorgenommen, also zu anderen
Paragraphen. Aber auch innerhalb eines Rechtssatzes können die einzelnen
Absätze Hinweise für die Auslegung geben. Ebenso können
Überschriften und Titel der einzelnen Abschnitte des in der Anwendung
befindlichen Gesetzes auf die nähere Bedeutung des auszulegenden Gesetzestextes
hinweisen."
-
Historisch "Die historische Auslegung ist dadurch gekennzeichnet,
dass zur Bedeutungsfindung des einzelnen Rechtssatzes die Vorstellung,
der Wille und die Motive des Gesetzgebers ermitteln werden sollen und die
bei der Gesetzgebung stattgefundenen Diskussionen berücksichtigt werden.
Der Wille des Gesetzgebers sowie eine Begründung, warum das jeweilige
Gesetz eingeführt wurde, ist beispielsweise im Bundesgesetzblatt zu
finden."
-
Teleologisch "Die teleologische Auslegung kommt häufig zur
Anwendung, wenn die historische Auslegung nicht genügend oder gar
keine Anhaltspunkte bietet. Bei dieser Auslegungsform wird auf den Sinn
und den Zweck der Norm abgestellt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass
der Rechtssatz eine gerechte und sachgemäße Regelung sein soll.
Es soll folglich ein Interessenausgleich vorgenommen werden, damit ein
ungerechtes und auch sachfremdes Ergebnis vermieden wird."
_
Eine Erklärung für die Erfordernis der Auslegung gibt Juraindividuell
(am 12.01.2019 von RA Tim Turnier in Allgemein, Juristische Ausbildung)
"Gesetzesauslegung – Fälle zur Methodenlehre
Durch die Gesetzesauslegung soll bestimmt werden, ob der in der Klausur
oder Hausarbeit vorgegebene Lebenssachverhalt zu dem Rechtssatz, d.h. dem
zu prüfenden Paragraphen passt. Es ist aber häufig problematisch,
festzustellen, ob der Sachverhalt von dem Rechtssatz erfasst wird. Eines
der häufigsten Probleme besteht darin, dass der Gesetzestext mehrdeutig
ist oder zu unbestimmt. Ebenso kann einem eindeutigen Gesetzestext durch
den wirtschaftlichen und rechtlichen Wandel eine neue Bedeutung zukommen
und schlussendlich neu bewertet werden müssen. Liegt ein solches Problem
mit dem Rechtssatz vor, muss man sich der Auslegungsmethoden bedienen,
um die genaue Bedeutung des Gesetzestextes ermitteln zu können."
Kommentar: Hier werden drei Gründe genannt: (1) Mehrdeutigkeit,
(2) Unbestimmtheit, (3) Wandel.
Subjektive Auslegung nach Walz (2010)
"2. Die Subjektive Theorie a) Der historische WilleTRWK
als Auslegungsziel Früher herrschte die subjektive Theorie
vor.24 Ihr zufolge bedeutet Auslegung
„Feststellung des Sinnes, welchen der Gesetzgeber mit den von ihm gebrauchten
Worten verbunden hat“, der Rechtsanwender muss stets bestrebt sein, „sich
[...] möglichst vollständig in die SeeleKRWK
des Gesetzgebers hineinzudenken“25.
In ihrer strengen Form wird sie (in Deutschland26)
nicht mehr vertreten.27 Allerdings findet
sich ihr Grundgedanke häufig bei der Argumentation der Gerichte wieder."
Fußnoten:
24 Vertreten u.a.
von: Beling, in: Stoll (Hrsg.), Festgabe
für Philipp Heck, Max Ruemelin, Arthur
Benno Schmidt, 1931, S. 12; Enneccerus, L. /Nipperdey, H. C.
Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, Bd. 1 Halbe.
1, 15. Aufl. 1959/1960, § 54 II; Hassold, ZZ
94 (1981), 210; Heck, Gesetzesauslegung und Interessenjurisprudenz,
1914, S. 59; Regelsberger, Pandekten, Bd. 1, 1893, S. 143; von Savigny
(Fn. 16), S. 213.
25 Windscheid, Lehrbuch des Pandektenrechts,
Bd. 1, 9. Aufl. 1963, § 21.
26 In den Vereinigten Staaten ist die
streng subjektive Theorie herrschend, s. Fikentscher (Fn. 14), S. 665 mit
Fn. 67.
27 Wank (Fn. 1), S. 32."
Quelle S. 484: Walz, Christian (2010) Das Ziel
der Auslegung und die Rangfolge der Auslegungskriterien. Zeitschrift für
das Juristische Studium 4/2010, 482-490.
Kommentar: "In die Seele des Gesetzgebers hineinzudenken" ist eine
metaphysische Konstruktion, die nur durch die freie projektive Phantasie
des Interpreten gedeutet werden kann und damit unwissenschaftlich.
Suchen "auslegen und Verstehen" in juristischen Datenbanken
30616 Treffer bei Wolters Kluver
Analyse mit den Suchbegriffen <verstehen und auslegen> bei Wolters
Kluwer führt am 13.03.2019 zu 30616 Treffern. Die Suchfunktion dieses
Formulierungsformates ist allerdings nicht trennscharf und sauber, denn
es werden alle Textstellen gefunden, die "verstehen" oder "auslegen"
enthalten:
Sucht man "verstehen und auslegen", so sind es immerhin noch 107
Treffer, die eine Zwillingsverwendung von "verstehen" und "auslegen"
nahelegen.
Sucht man wort- und satzteilgenau nach "Unterschied zwischen verstehen
und auslegen" gibt es 0 Treffer, wonach die Hypothese, dass bei rechtlichen
Entscheidungen kein Unterschied zwischen verstehen und auslegen gemacht
wird, eine gewisse Bestätigung erfährt.
__
Bedeutungsspielraum
__
Begriff
und Begriffsbildung
__
Begriffshof
Rüthers et al. (2018), S. 114 Rn 167 erklären: "Philipp Heck,
der Begründer der Interessenjurisprudenz, hat das bildhaft ausgedrückt:217
„Wir haben einen Vorstellungskern, den nächstliegenden
Wortsinn, und einen Vorstellungshof, der allmählich in wortfremde
Vorstellungen führt. Die Bedeutung läßt sich dann mit einem
Monde vergleichen, der in dunstigen Wolken sich mit einem Hofe umgibt".
[>115] Das Bild von Philipp Heck unterscheidet eigentlich drei Zonen
(„Vorstellungen").218 Im Kernbereich ist die Zugehörigkeit der »Vorstellung"
zum Begriff unzweifelhaft. Im Bereich des „Hofes", der nicht klar abgrenzbar
ist, bedarf die Zugehörigkeit der Sachvorstellungen zu diesem Begriff
(Wort) besonderer Prüfung. Sie ist zweifelhaft. Außerhalb des
„Hofes" ist die Nichtzugehörigkeit unzweifelhaft.
Die Problematik kann sich erhöhen, wenn der Hof nach beiden Richtungen
(zum Kern und nach außen) nicht scharf begrenzt ist. Diese quasi
zwangsläufige Unbestimmtheit umgangssprachlicher und auch juristischer
Begriffe kann dem Juristen bei der Gesetzgebung wie bei der Gesetzesanwendung
erhebliche Schwierigkeiten bereiten. Juristen sind in weiten Bereichen
auf den Gebrauch umgangssprachlicher Wörter angewiesen."
Wank (1985), S. 27 "Insofern ist die üblicherweise
vorgenommene Anknüpfung an die Unterscheidung zwischen Begriffskem
und Begriffshof schon im Ansatz zu eng. Sie beruht auf dem Gedanken, daß
es nur eine Vagheit, aber keine Mehrdeutigkeit gibt; also nur eine Bedeutung
mit unscharfen Rändern, während es in Wahrheit zahlreiche
Bedeutungsvarianten gibt, von denen jede ihrerseits wiederum unscharf
ist?)."
__
Begriffsjurisprudenz >
Kritisch
bei Puchta.
Nach Haferkamp 2011 wurde der (Kampf-)Begriff 1884 von Ihering erfunden
nachdem er mit dieser Auffassung gebrochen hatte ("Damaskus-Erlebnis").
> Kritisch bei Puchta.
DRL: "Begriffsjurisprudenz ist diejenige Richtung
der Rechtswissenschaft, welche davon ausgeht, daß die Rechtsordnung
aus einem lückenlos geschlossenen System von Begriffen bestehe, aus
welchem allein durch logische Operation eine Lösung jedes Einzelfalles
ermittelt werden könne. ..." Hauptvertreter: Georg Friedrich Puchta
(1798-1846), Bernhard Winscheid (1817-1892). Zentrale Annahme: Aus der
Begriffspyramide könne jedes Problem einer konstruktiven Lösung
zugeführt werden. Vorgänger: Historische Schule: FC von Savigny.
Nachfolger:
Interessenjurisprudenz
Eigene Forschungen zu Puchta
und der Geschichte der "Begriffsjurisprudenz" ergaben, dass die Behauptungen
über ihn oft einseitig - wenn nicht falsch - sind und gewöhnlich
nicht mit Originalzitaten belegt werden.
__
beschränkt Doch: "In der
Beschränkung zeigt sich erst der Meister." (Goethe)
__
Bestimmtheitsgebot
DRL: "Bestimmtheitsgrundsatz
A. Verfassungsrecht
Der B. ist ein wichtiges Element des Prinzips des —> Rechtsstaates.
Er richtet sich an den Gesetzgeber und verlangt, daß die Regelung
durch oder auf Grund eines Gesetzes für den Betroffenen meßbar
und in gewissem Ausmaß voraussehbar und berechenbar ist. Eine spezielle
Ausprägung des B. für Strafgesetze enthält Art 103 II GG:
„Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt
war, bevor die Tat begangen wurde“ (vgl auch BVerfGE 60, 215/233f= NJW
1982, 2488); für Bundesgesetze verlangt Art 80 I 2 GG, daß Inhalt,
Zweck und Ausmaß der Ermächtigung in dem ermächtigenden
Gesetz bestimmt sind (—> Rechtsverordnung). Schon in BVerfGE 1, 14/16 =
NJW 1951, 877 (Leitsatz 14) betont das BVerfG: „Wenn die Fassung eines
Gesetzes seinen wirklichen Gehalt nicht zum Ausdruck bringt, wenn sie mißverständlich
oder irreführend ist, oder wenn das Gesetz in sich widerspruchsvoll
ist, kann es wegen Widerspruchs mit den Grundsätzen des Rechtsstaates
nichtig sein.“ Der B. verbietet dem Gesetzgeber allerdings nicht, Generalklauseln
und unbestimmte Rechtsbegriffe zu verwenden. Die Vielfalt der Verwaltungsaufgaben
läßt sich nicht immer in klar umrissene Begriffe einfangen.
Der Gesetzgeber muß sich abstrakter und unbestimmter Formulierungen
bedienen können, um die Verwaltungsbehörden in die Lage zu versetzen,
ihren Aufgaben, den besonderen Umständen des einzelnen Falles und
den schnell wechselnden Situationen des Lebens gerecht zu werden. Zwar
darf der Gesetzgeber die Grenzziehung im einzelnen nicht mittels einer
vagen Gcneralklausel dem Ermessen der Verwaltung überlassen. An die
tatbestandliche Fixierung dürfen aber auch keine nach der konkreten
Sachlage unerfüllbaren Anforderungen gestellt werden. Welche Anforderungen
an das Ausmaß der erforderlichen Bestimmtheit im Einzelfall zu stellen
sind, läßt sich danach nicht allgemein festlegen. Der Grad der
jeweils zu fordernden Bestimmtheit einer Regelung hängt vielmehr von
der Eigenart des geregelten Sachverhalts ab, insbes auch davon, in welchem
Umfang der zu regelnde Sachbereich einer genaueren begrifflichen Umschreibung
überhaupt zugänglich ist. Darüber hinaus ist auch auf die
Intensität der Auswirkungen der Regelung für den Betroffenen
Bedacht zu nehmen. Je schwerwiegender die Auswirkungen sind, desto höhere
Anforderungen werden an die Bestimmtheit der Ermächtigung zu stellen
sein. Insoweit berührt sich das Bestimmtheitsgebot mit dem Verfassungsgrundsatz
des —> Vorbehalts des Gesetzes, der fordert, daß der Gesetzgeber
die entscheidenden Grundlagen des zu regelnden Rechtsbereichs, die des
Freiheits- und Gleichheitsbereich des Bürgers wesentlich betreffen,
selbst festlegt und dies nicht dem Handeln der Verwaltung überläßt
(BVerfGE 56, l/12f = NJW 1981, 1311). Der B. hindert den Gesetzgeber nicht
daran, prognostische Erwägungen anzustellen und sie zum Inhalt seiner
Regelung zu machen. So wenig Ungewißheit über die Auswirkung
eines Gesetzes in einer ungewissen Zukunft die Befugnisse des Gesetzgebersl
ausschließen kann, ein Gesetz zu erlassen (BVerfGE 50, 290/332 =
NJW 1979, 701) sehr muß dem Gesetzgeber in solchen Fällen gewisse
Unbestimmtheit hinsichtlich der Auswirkungen des Gesetzes zugestanden werden
(— Prognoseentscheidung, Gesetzgebung).
Der B. ergibt sich aus dem Wesen des Rechts, Rechtsnormen, die unklar,
unverständlich, sprachlich unzulänglich und unbestimmt &
formuliert sind, verfehlen ihr Ziel (Stern Staatsrecht I, 1984,
§ 20 IV 4). Der B. muß daher auch für anderen staatlichen
Handlungen Geltung beanspruchen (zur Bestimmtheit eines —>Verwaltungsakts
siehe ausdrücklich § 37 VwVfG).
B. Verfahrensrecht
1. Gesetzlicher Richter
Der in Art 101 I 2 GG zum Ausdruck gekommene B. erfordert eine durchnormierte
Zuständigkeitsordnung von der Rechtswegzuständigkeit bis zur
Festlegung des Aufgabenbereichs des einzelnen Richters innerhalb des Spruchkkörpers.
Dazu ist auch erforderlich, daß die generell abstrakte Regelung nach
Möglichkeit einen solchen Grad an Bestimmtheit erreicht, daß
nicht durch weite Ermessensspielräume doch wieder Manipulationsmöglichkeiten
eröffnet werden. Das BVerfG hat dieses Bestimmtheitserfordernis stets
betont, wenn es erklärt, daß sich der im Einzelfall zuständige
Richter „möglichst eindeutig“ aus der allgemeinen Norm ergeben müsse.
Der Geschäftsverteilungsplan (—> Geschäftsverteilung in Gerichten)
muß die zur Entscheidung der anhängig werdenden Verfahren berufenen
Richter so eindeutig und genau wie möglich bestimmen. Vermeidbares
Auslegungsermessen muß ausgeschaltet werden, jede unnötige Unbestimmtheit
ist verboten (BVerfGE 17, 294/299, 300 = NJW 1964, 1020). Das verfassungsrechtliche
Erfordernis der Bestimmtheit des Richters fordert den Ausschluß sachfremder
Einflüsse und im Rahmen des Möglichen - die Eindeutigkeit der
geschäftsverteilenden Regelung. Der B. bezieht sich nicht nur auf
die Bezeichnung der Geschäfte, sondern auch auf die Richter.
Im Hinblick auf den B. ist die § 348 I ZPO, wonach die Zivilkammer
den Rechtsstreit einem ihrer Mitglieder als Einzelrichter übertragen
kann, wenn nicht a) " die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher
oder rechtlicher Art aufweist oder b) die Rechtssache grundsätzliche
Bedeutung hat, wegen einer möglichen Verletzung des Art 101 1 2 GG
verfassungs-[>745]rechtlich bedenklich; es dürfte aber eine verfassungskonforme
Auslegung möglich sein (vgl dazu Schumann in Stein/Jonas
ZPO-Kommentar, § 348, RdNr 30)."
__
Beurteilungsspielraum
Sachliche Grundvoraussetzung für Ermessensentscheidungen.
__
Beweis
__
Beweislast
__
billig, billigerweise, Billigkeit >
Gerechtigkeit.
Rechtslexikon.net (Abruf 03.04.2019): "billig (Adj.) gerecht Lit.:
Arzt, G., Die Ansicht aller billig und gerecht Denkenden, 1962
Rechtslexikon.net (Abruf 03.04.2019): "Billigkeit Unter B. versteht
man in der Rechtssprache die (natürliche) Gerechtigkeit. Der B. oder
dem "billigen Ermessen" entspricht eine Entscheidung, wenn sie das naturgegebene
Gerechtigkeitsempfinden zufriedenstellt. Zur Milderung von Härten,
die sich bei der strikten Gesetzesanwendung (Gesetzesauslegung) ergeben,
sieht das G z. T. ausdrücklich Billigkeitsregelungen vor (z. B. in
§ 242 BGB oder in § 1310 des österr. ABGB). ..."
__
BVerfG 1951 Ein Bild sagt mehr als
1000 Worte - Die Frau im Recht (1/24)
Sekundärquelle Tagesspiegel
vom 10.04.2019 aus dem Artikel Verfassungsrichterin Erna Scheffler Hymne
auf eine unterschätzte Figur der Bundesrepublik
__
BVerfG und Richterrecht
"„Die traditionelle Bindung des Richters an das Gesetz, ein tragender
Bestandteil des Gewaltentrennungsgrundsatzes und damit der Rechtsstaatlichkeit,
ist im Grundgesetz jedenfalls der Formulierung nach dahin abgewandelt,
daß die Rechtsprechung an „Gesetz und Recht' gebunden ist (Art. 20
Abs. 3). Damit wird nach allgemeiner Meinung ein enger Gesetzespositivismus
abgelehnt.
Die Formel hält das Bewußtsein aufrecht,
daß sich Gesetz und Recht zwar faktisch im Allgemeinen, aber nicht
notwendig und immer decken. Das Recht ist nicht mit der Gesamtheit der
geschriebenen Gesetze identisch. Gegenüber den positiven Satzungen
der Staatsgewalt kann unter Umständen ein Mehr an Recht bestehen,
das seine Quelle in der verfassungsmäßigen Rechtsordnung als
einem Sinnganzen besitzt und dem geschriebenen Gesetz gegenüber als
Korrektiv zu wirken vermag; es zu finden und in Entscheidungen zu verwirklichen,
ist Aufgabe der Rechtsprechung. Der Richter ist nach dem Grundgesetz nicht
darauf verwiesen, gesetzgeberische Weisungen in den Grenzen des möglichen
Wortsinns auf den Einzelfall anzuwenden. Eine solche Auffassung würde
die grundsätzliche Lückenlosigkeit der positiven staatlichen
Rechtsordnung voraussetzen, ein Zustand, der als prinzipielles Postulat
der Rechtssicherheit vertretbar, aber praktisch unerreichbar ist.165"
Quelle: BVerfG, Beschl. v. 14.2.1973,
1 BvR 112/65, BVerfGE 34, 269, 286 f. - Soraya; zu Montesquieu s. auch
BVerfG, Beschl. v. 8.4.1987, 2 BvR 687/85, BVerfGE 75, 223, 243 f. - Kloppenburg-Beschluss.
Zitiert nach Möllers 2017, S. 26, Rn 80.
__
Blaue Blume
Sehnsuchtssymbol
und Metapher für Ideale der Romantik, z.B. nach dem Vollkommenen,
Absoluten, Totalen.
__
canones nach Savigny
(1840):
"Das Eigenthümliche derselben [der Auslegung, M.H.] zeigt sich
aber, wenn wir sie in ihre Bestandtheile zerlegen. So müssen wir in
ihr vier Elemente unterscheiden: ein grammatikalisches, logisches, historisches
und systematisches.
Das grammatische Element zur Auslegung
hat zum Gegenstand das Wort, welches den Übergang aus dem Denken des
Gesetzgebers in unser Denken vermittelt. Es besteht daher in der Darlegung
der von dem Gesetzgeber angewendeten Sprachgesetze.
Das logische Element geht auf die
Gliederung des Gedankens, also auf das logische Verhältnis, in welchem
die einzelnen Theile desselben zu einander stehen.
Das historische Element hat zum Gegenstand
den zur Zeit des gegebenen Gesetzes für das vorliegende Rechtsverhältnis
durch Rechtsregeln bestimmten Zustand. In diesen Zustand sollte das Gesetz
auf bestimmte Weise eingreifen, und die Art dieses Eingreifens, das was
dem Recht durch dieses Gesetz neu eingeführt worden ist, soll jenes
Element zur Anschauung bringen.
Das systematische Element endlich
bezieht sich auf den inneren Zusammenhang, welcher alle Rechtsinstitute
und Rechtsregeln zu einer großen Einheit verknüpft […]. Dieser
Zusammenhang, so gut als der historische, hat dem Gesetzgeber gleichfalls
vorgeschwebt, und wir werden also seinen Gedanken nur dann vollständig
erkennen, wenn wir uns klar machen, in welchem Verhältnis dieses Gesetz
zu dem ganzen Rechtssystem steht, und wie es in das System wirksam eingreifen
soll.
Felder (Savigny, System des heutigen Römischen Rechts, Erster
Band, 1840, S. 213f, Hervorhebungen nicht im Original).
Wir halten fest: Savigny beschreibt vier Elemente
der Auslegung:
– Das grammatikalische
– Das logische
– Das historische
– Das systematische
Diese vier Elemente decken sich nicht mit den vier bei Linderkamp/Kreke
genannten Auslegungsmethoden. Sie decken sich auch nicht mit der Aufzählung
bei Christensen/Pötters."
Quelle: www.klartext-jura: "Die klassischen canones
nach Savigny 5.2.2016" (Abruf 08.04.2019).
Carnaps Sachregister in Der logische Aufbau
der Welt
__
conditio per quam
Ausdruck bei Kelsen 1960, S. 197.
__
contra legem gegen das Gesetz
(verstoßen, sich verhalten) > prater legem > secundum legem
__
Da mihi factum, dabo
tibi ius
"Da mihi factum, dabo tibi ius – „Gib mir die Tatsachen, ich gebe dir
das Recht“ – bezeichnet den Grundsatz der richterlichen Rechtsanwendung
im Zivilprozessrecht: die Parteien eines Rechtsstreits müssen nur
die Sachlage vortragen, § 138 ZPO, während für die rechtliche
Wertung der Richter zuständig ist." (proverbia-juris Abruf 22.03.2019)
__
Dazwischentreten eines
Dritten unterbricht, wenn nicht den Kausalzusammenhang, so doch möglicherweise
den Zurechnungszusammenhang. (Nach Fahl &Winkler 2008, S. 3) >
Kausalität,
juristische.
__
de lege ferenda zukünftiges,
noch zu erlassendes Recht im Unterschied zum geltenden Recht (de lege lata)
__
de lege lata geltendes Recht
__
Derogierung - teilweise außer
Kraft setzen
__
Deutsche Sprachen
Nach Bünting: Ca. 1400 Jahre deutsche Sprache, ausgegliedert aus
dem Westgermanischen als:
Althochdeutsch (ca. 650-1050)
Mittelhochdeutsch (ca. 1050-1350)
Frühneuhochdeutsch (ca. 1350-1650)
Neuhochdeutsch einschließlich der Gegenwartssprache
Schweikle, Günther (1996) Germanisch-deutsche Sprachgeschichte
im Überblick Taschenbuch. Stuttgart: Metzler.
__
Dogmatik > Rechtsdogmatik.
__
Dolus directus
Dolus directus I. Das Lexikon des Juraforums (Abruf 2009.19) gibt an:
"Dolus Directus 1. Grades
Die Absicht ist ein Merkmal im Strafrecht und wird in der subjektiven
Tatbestandsebene geprüft. Bekannt ist die Absicht auch unter dem Begriff
des Vorsatzes (dolus directus I. Grades). Er ist der zielgerichtete Wille,
den tatbestandlichen Erfolg herbeiführen zu wollen und die stärkste
Vorsatzform."
Dolus directus II. Grades: billigendes in Kauf nehmen.
__
ECTS
"Europäisches System zur Übertragung
und Akkumulierung von Studienleistungen[1] (nach der englischen Bezeichnung
European Credit Transfer and Accumulation System oft ECTS abgekürzt)
ist ein Instrument, das der Gliederung des Hochschulstudiums dient und
die Gewichtung seiner Bestandteile transparent macht. Dies soll helfen,
die Qualität der Hochschulbildung zu sichern und kontinuierlich zu
optimieren. " (Wikipedia
Abruf 23.02.2019)
__
Elementaraussage
Kamlah, Wilhelm & Lorenzen, Paul (1973) Die Elementaraussage und
ihre Form. In (34-39) Logische Propädeutik. Mannheim: BI. Eine Elementaraussage
hat die Form bei Zusprechung (x e P) bzw. bei Absprechung (x e' P), in
Worten P kommt X zu oder P kommt X nicht zu.
Bei rechtsnormtheoretischen Analysen stellt sich
u.a. die Frage ob der Ausdruck "Jeder" oder "Jeder Mensch" als Tatbestand
aufgefasst werden darf.
__
Entscheidungen
>
richterlicher
Entscheidungszwang.
Gerichte: Urteil, Beschluss, Verfügung.
__
Entscheidungsgruende
-
Jura-Forum [Abruf
26.06.2019]
"Erklärung zum Begriff Entscheidungsgründe
Die Entscheidungsgründe sind in Deutschland
neben Rubrum, Tenor und Tatbestand ein Teil eines gerichtlichen schriftlichen
Urteils. Sie enthalten eine kurze Zusammenfassung der Erwägungen,
auf denen die Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht
beruht (im Zivilprozess: § 313 Abs. 3 ZPO). Sie begründen die
im Tenor getroffene Entscheidung des Spruchkörpers (Einzelrichter,
Kammer, Senat) und haben ihre Grundlage in den angewendeten rechtlichen
Normen, dem Tatsachenvortrag der Parteien und ggf. dem Ergebnis einer Beweisaufnahme.
Grundsätzlich sind alle
Urteile mit Entscheidungsgründen zu versehen. Ausnahmen gelten im
Zivilprozess, wenn kein Rechtsmittel gegen das Urteil möglich ist
und die Parteien auf die Entscheidungsgründe verzichten oder der Inhalt
der Entscheidungsgründe bereits bei der Verkündung des Urteils
in das Protokoll aufgenommen wurde. Ebenso bedarf es zum Teil keiner Entscheidungsgründe,
wenn beide Parteien auf Rechtsmittel verzichten. Rückausnahmen gelten
hiervon wieder in Familien- und Kindschaftssachen, bei Verurteilung zu
künftig fällig werdenden Leistungen und wenn zu erwarten ist,
dass das Urteil im Ausland geltend gemacht werden wird. Auch Versäumnisurteil,
Anerkenntnisurteil und Verzichtsurteil enthalten in der Regel keine Entscheidungsgründe.
In anderen Gerichtsordnungen
gelten zum Teil besondere Vorschriften über den Inhalt der Entscheidungsgründe
und deren Verzichtbarkeit. Im Verwaltungsprozess kann beispielsweise nicht
vollständig auf die Beifügung von Entscheidungsgründen verzichtet
werden, sondern nur insoweit, als das Gericht der Begründung des Verwaltungsakts
oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt
(§ 117 Abs.5 VwGO).
Eingehende Hinweise zur Abfassung
der Entscheidungsgründe im Zivilurteil finden sich bei Anders/Gehle,
Das Assessorexamen im Zivilrecht, 8. Auflage, S. 127 ff. (1. Instanz) und
S. 571 ff. (Berufung)." [Quelle: Juraforum Abruf
26.06.2019]
-
Rechtslexikon.net: ähnlich wie Jura-Forum.
__
Entscheidungshierarchie
-
"1. Rangordnung der Rechtssätze
Zum geschriebenen Recht gehören Rechtssätze,
die sich danach unterscheiden, wer sie erlassen hat und wo sie gelten.
Sie haben unterschiedlichen Rang, der dann von Bedeutung ist, wenn ihr
Inhalt widersprüchlich ist. An der Spitze stehen die Verfassung des
Bundes (das Grundgesetz) und die Verfassungen der Länder sowie die
allgemeinen Regeln des Völkerrechts, im Rang darunter die formellen
Bundes- und Landesgesetze, die das Bundesparlament (der Bundestag) oder
die Länderparlamente erlassen haben. Den untersten Rang nehmen die
Verordnungen und Satzungen ein, die die Bundes- oder eine Landesregierung,
eine Gemeinde oder ein Gemeindeverband erlassen haben. Diese sind nur gültig,
wenn dazu in einem formellen Gesetz ermächtigt wurde. Vom Bund erlassene
Rechtsvorschriften gelten in der ganzen Bundesrepublik, die von einem Land
erlassenen nur auf dem Gebiet des betreffenden Landes; entsprechend ist
es bei Gemeinden. Widersprechen sich Vorschriften des Bundes und Vorschriften
eines Landes, so gilt immer der Vorrang des Bundesrechts (Art. 31 GG; so
genannter Geltungsvorrang). Das bedeutet, dass sogar eine Verordnung des
Bundes Vorrang vor den Bestimmungen in einer Landesverfassung hat.
Quelle S. 21: Simon, Heike
& Funk-Baker, Gisela (2017) Deutsche Rechtssprache. Ein Studien- und
Arbeitsbuch mit Einführung in das deutsche Recht. 6. A. München:
Beck.
__
Enthymematisch
Unvollständige rhetorisch-logische Argumentations-Figur,
die durch das Denken der Adressaten vervollständigt werden soll. Erinnert
an die sokratische Methode und an Rhetorik.
Anmerkung: Fehlt im Alpmann (2014, Hrsg.)
__
Erklaeren,
Erklaerung
Die drei Kernbedeutungen von erklären_Erkl
Der DUDEN (Abruf
16.04.2019): "erklären;
-
1. a. deutlich machen; [in allen Einzelheiten] auseinandersetzen;
so erläutern, dass der bzw. die andere die Zusammenhänge
versteht
b. begründen, deuten
c. seine Begründung in etwas finden
2.a. äußern, [offiziell] mitteilen, sagen
b. seine Haltung zum Ausdruck bringen
3. [amtlich] bezeichnen, als jemanden, etwas kennzeichnen
Synonyme zu erklären
-
aufzeigen, auseinanderlegen, auseinandersetzen, ausführen, begreiflich/deutlich
machen, darlegen, definieren, entwickeln, erläutern, erörtern,
konkretisieren, veranschaulichen, verdeutlichen, verständlich machen,
zeigen; (bildungssprachlich) exemplifizieren, explizieren; (umgangssprachlich)
klarlegen, klarmachen, verdeutschen, verklickern; (salopp) verkasematuckeln
-
auslegen, begründen, belegen, deuten, kommentieren, motivieren, rechtfertigen;
(bildungssprachlich) fundieren, interpretieren, legitimieren, substanziieren
-
aufklären, die Augen öffnen, einweihen, informieren, unterrichten;
(besonders schweizerisch) sich orientieren; (nachdrücklich) in Kenntnis/ins
Bild setzen
-
anbringen, anmelden, ausdrücken, äußern, aussprechen, bekannt
geben, bekennen, bekunden, darlegen, eröffnen, formulieren, in Worte
fassen/kleiden, melden, mit der Sprache herausrücken, mitteilen, sagen,
verlautbaren, verlauten [lassen], vorbringen, wissen lassen, zum Ausdruck/zur
Sprache bringen; (gehoben) kundgeben, kundtun, offenbaren, unterbreiten,
verkünden, verkündigen; (bildungssprachlich) artikulieren, dokumentieren,
verbalisieren
-
angeben, ausweisen, bescheinigen, bezeichnen, deklarieren, kennzeichnen
-
sich aussprechen, sich bekennen, die Stange halten, eine Lanze brechen/einlegen,
sich einsetzen, einstehen, eintreten, Flagge zeigen, halten zu, Partei
ergreifen/nehmen, stehen zu, Stellung beziehen/nehmen, zustimmen; (umgangssprachlich)
Farbe bekennen, sich starkmachen
-
sich bekennen, sich enthüllen; (gehoben) sich offenbaren; (Jargon)
sich outen"
Das DRL unterscheidet:
Erklärung eines Willens > Willenserklärung.
Erklärungsbewusstsein
Erklärungsirrtum
Erklärungstheorie
Erklärungswille
__
Erklaerter Wille
Amtlicher Leitsatz
a) Gegenstand der Vertragsauslegung
ist der erklärte, nicht ein geheimgehaltener abweichender Wille.
Bundesgerichtshof Urt. v. 25.01.1977, Az.: VI ZR 85/75; VI ZR 195/70
__
Ermessen
"Der „unbestimmte Rechtsbegriff“ zählt –
wie auch das Ermessen – zu den wichtigsten Fachbegriffen des Öffentlichen
Rechts." [jurindividuell Abruf 26.02.2019]
__
Evaluation
Bewertung.
"Evaluieren heißt das Tun,
das die Wirkungen (Nutzen, Schaden, Anderes und Neutrales Element = keine
Wirkung) von Sachverhalten in Bezug auf bestimmte Kriterien ermittelt
und bewertet, z.B. die Wirkung einer Therapie auf eine bestimmte Störung
oder die Wirkung einer Intervention auf einen bio-psycho-sozialen
Sachverhalt (Hinweis: Was
bedeutet Evaluation in der Psychotherapie?). Warnung: Viele Arbeiten
sind von Theoretikern, die von Idiographik, der Einzelfallwissenschaft
und Praxissituation wenig Ahnung zu haben scheinen (hierzu
Aporie ...)" [Quelle]
Auch im Recht, vor allem in
Entscheidungen, gibt es sehr viele Bewertungen, die oft nicht begründet,
nur gemeint werden: (nicht) abwegig,
ausgeschlossen;
Belastungseifer,
Beweis, Beweiswert, durchgreifen; fernliegend;
glaubhaft,
glaubhaft
und glaubwürdig; hinreichend; hinreichend
wahrscheinlich; Indiz; kausaler Zusammenhang; könnte,
hätte, würde, wäre; lebensfremd; möglich;
naheliegend;
nicht
ausschließbar; plausibel;
(nicht) überzeugend,
(un-)
wahrscheinlich;
zwanglos;
Zweifel;
keine
durchgreifenden Zweifel; ...)
__
ex praemissione nach den
Voraussetzungen
__
Extensive Auslegung
-
In seiner Dissertation 1967 Die Grenze zwischen der extensiven Auslegung
und der Analogie im Strafrecht erläutert Danckert S. 73:
"II. Die Bedeutung des Begriffs
Es ist deshalb zu untersuchen, worin der Aussagewert des Begriffs 'extensive
Auslegung' eigentlich besteht. Angesichts dieser unterschiedlichen Begriffsdefinitionen
wäre zu erwägen, ob man nicht besser nur von Auslegung sprechen
sollte, zumal - worauf Germann mit Recht hinweist - es nur eine "richtige"
Interpretation gibt. Allerdings ist nicht zu bestreiten, daß man
von einer ausdehnenden oder extensiven Auslegung sprechen kann. Jedoch
ist hier die Frage zu stellen, worin der Bezugspunkt einer solchen Wertung
gesehen werden kann. Die Aussage, es handle sich in einem bestimmten Fall
um eine ausdehnende/extensive Auslegung, ist nur berechtigt, wenn eine
Größe besteht, an der das konkrete Auslegungsergebnis gemessen
werden kann 167).
Die Schwierigkeit besteht demnach darin, eine feste Bezugsgröße
zu bestimmen, mit der das Auslegungsergebnis verglichen werden kann. Ein
Aufschluß wird nur aus dem Begriffspaar extensive-restruktive bzw.
ausdehnende-einengende Auslegung zu gewinnen sein."
Nach Diskussion verschiedener Aspekte und Meinungen
kommt er S. 76f zu dem Ergebnis:
"V. Zusammenfassung
Zusammenfassend läßt sich feststellen: es kann immer nur
ein 'richtiges' Auslegungsergebnis geben. Dieses Ergebnis ist von sich
aus nie extensiv oder [>77] restriktiv. Insofern hat der Zusatz enge bzw.
weite Auslegung immer nur eine erklärende Bedeutung im Hinblick auf
das vom normalen Sprachgebrauch erwartete Auslegungsergebnis. Dieser Sprachgebrauch
ist auf die Dauer gesehen ebenfalls keine konstante Größe, da
er den ständigen Veränderungen der Umgangssprache unterworfen
bleibt. Die Einteilung in eine restriktive und extensive Auslegung ist
damit ebenfalls notwendig relativ 171 und besitzt nur geringen wissenschaftlichen
Wert; zumal durch diese Bezeichnung der Eindruck hervorgerufen wird, es
gebe noch andere vertretbare und ebenfalls ’richtige’ Auslegungsergebnisse.
Ex definitionem können sich aus dem Begriff der extensiven Auslegung
als solchem keine Folgerungen auf eine Grenze ergeben. Diese kann nur durch
die Auslegungskriterien bestimmt werden."
Er kommt am Ende S. 186f zu folgendem Ergebnis:
"Sch1ußbemerkungen
Die Untersuchung hat zu folgenden Ergebnissen geführt: Aufgrund
von Art.103 Abs.2 GG besteht ein Verbot im Strafrecht über den gesetzlich
bestimmten Tatbestand hinauszugehen. Soweit das Analogieverfahren diesem
Zweck dient und sich für den Angeklagten nachteilig auswirkt«
ist es unzulässig. Aufgrund seiner besonderen Struktur setzt der außertatbestandliche
Analogieschluß jedoch erst dort ein« wo die Auslegung ihre
Grenze erreicht. Die Auslegung selbst muß - wie die Analyse von Begriffs-
und Interessenjurisprudenz gezeigt hat - formal begrenzt sein, soll sich
auf das Nachprüfbare beschränken. Die Grenze der Auslegung kann
nicht durch den "Sinn und Zweck" einer Vorschrift begrenzt werden, weil
dieses noch unbestimmte Kriterium nicht formal begrenzend wirken kann und
zum anderen, weil sowohl Auslegung als auch Analogie sich auf den Sinn
und Zweck stützen, mithin nicht durch dieses Merkmal von einander
unterschieden werden können.
Diese Anforderung erfüllt nur der Wortlaut der gesetzlichen Bestimmung,
über den zu ungunsten des Täters auch nicht ausnahmsweise hinausgegangen
werden kann, jede sinnentsprechende Rechtsanwendung über den Wortlaut
hinaus «beruht auf dem unzulässigen Analogieverfahren.
Die höchstrichterliche Rechtsprechung geht zwar von dem "Analogieverbot"
aus, berücksichtigt aber die methodischen Auswirkungen dieses Verbots
häufig nicht. Teilweise wird der Wortlaut als Auslegungsgrenze anerkannt,
z.T. wird aber auch eine über den Wortlaut hinausgehende sinnentsprechende
Rechtsfindung - mithin also eine analoge Anwendung - für zulässig
und notwendig gehalten. Eine klare Linie scheint sich erst neuerdings [1960er
Jahre] durch die Rechtsprechung des 3.Strafsenats abzuzeichnen, der in
klarer Form ausgesprochen hat, daß der Wortlaut die Grenze der Auslegung
sein muß.
Es ist zu hoffen, daß diese sich mit dem Ergebnis des 1.Teiles
der vorliegenden Untersuchung deckende Ansicht als verfassungsrechtlich
allein vertretbarer Standpunkt den Zugang zur Rechtsprechung und zum Schrifttum
findet und so Allgemeingut im Strafrecht werden wird."
Kritik: Die abstrakt-allgemeinen Erörterungen
führen naturgemäß zu nichts. Eine Worthülse folgt
der anderen. Wieso es nur ein 'richtiges' Auslegungsergebnis geben soll
bleibt unbegründet; wahrscheinlich ist es auch falsch.
__
extra legem, intra ius -
außerhalb des Gesetzes, innerhalb des Rechts
__
Freibeweis keine Bindung an Förmlichkeiten.
> Strengbeweis.
__
Freirechts-Allmachts-Phantasien
Nach Rüthers/ Fischer/ Birk (2018) S. 384, Rn 610: "Aus der richtigen
Beobachtung von Oskar Bülow882 daß ein Gesetz erst mit dem Richterspruch
durchgesetzt wird, folgerten Eugen Ehrlich883, Hermann Kantorowicz884,
Ernst Fuchs885 und Hermann Isaysu886 eine königliche Freiheit des
Richters: Er stehe über dem Gesetz. Die These geht zu weit. Sie verkennt
die rechtstheoretische, die verfassungsrechtliche und verfassungspolitische
Bedeutung der Gewaltentrennung und der Gesetzesbindung des Richters (Art.
20 Abs. 3, 97 Abs. 1 GG). Denn nicht einmal dort, wo das Gesetz schweigt
(„Lückenproblem", Rn. 822 ff.) ist der Richter „königlich" frei.
Er ist an die gesetzlichen Wertmaßstäbe der gesamten Rechtsordnung
gebunden. Er hat auch bei der Ausfüllung von „Gesetzeslücken"
das geltende Recht als verbindliche Grenze seiner Rechtsfortbildung zu
beachten (Rn. 878 ff.). Er ist nach der Verfassung der dienende Partner
des Gesetzgebers und hat die gesetzlich ihm vorgegebenen Wertungen in denkendem
Gehorsam zu verwirklichen. Die Freirechtsschule darf — unbeschadet der
Verdienste ihres an der Wirklichkeit orientierten Denkansatzes im Hinblick
auf die Fortwirkung ihrer Irrtümer in manchen modernen Auffassungen
— als überholt gelten."
__
Fristen - wichtiger Begriff und Kandidat
für die Kategorien-Liste. Eine rechtswissenschaftliche Theorie zu
den Fristen habe ich bislang noch nicht gefunden. Zu den Fristen gehört
auch die Verjährung.
__
Fussnoteritis
Viele juristische Textseiten enthalten Fußnoten, oft mehrere.
Zwar sind sie fast immer formal korrekt belegt, in aller Regel auch mit
Seitenfundort, aber so gut wie nie eine kurze, klare, informative Angabe,
was mit der Fußnote inhaltlich belegt werden soll. Das ist zwar nicht
so schlimm wie der in der Psychologie verbreitete Hochstaplerzitierstil,
aber auch ein erheblicher Mangel. Anscheinend gibt es auch im Recht keine
vernünftige Zitiertheorie.
__
GA Goltdammers Archiv, seit 1953 Goltdammers
Archiv für Strafrecht.
__
Generalklausel > unbestimmter
Rechtsbegriff, Begriff, Rechtsbegriff > AW16
Unbestimmte Rechtsbegriffe.
-
"Generalklausel allg. gehaltener Begriff in einem Gefüge von Normen
(v. a. einem Gesetz), den der Normgeber (insbesondere der Gesetzgeber)
verwendet, um einerseits detaillierte Einzelbegriffe zu vermeiden und um
andererseits dem Normanwender, besonders einem Gericht, eine möglichst
sinngerechte Auslegung und Anwendung der Norm zu ermöglichen. Beispiele
für Generalklauseln: allgemeine Verkehrsauffassung, gute Sitten, Billigkeit.
Im Polizeirecht gilt neben speziellen Ermächtigungen die polizeiliche
Generalklausel , die der Polizei die Eingriffsermächtigung zur Gefahrenabwehr
verleiht.
Quelle: Duden Recht A-Z. Fachlexikon
für Studium, Ausbildung und Beruf. 3. Aufl. Berlin: Bibliographisches
Institut 2015. Lizenzausgabe Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung."
[Online
Abruf 02-04-2019]
-
"Generalklauseln sind Rechtsnormen, die - in der Regel unter Verwendung
allgemeiner bzw. wert-ausfüllungsbedürftiger Rechtsbegriffe -
nur einen allgemeinen Grundsatz aufstellen, um so die Anwendbarkeit auf
eine Vielzahl von Fällen sicherzustellen und dadurch das Recht von
einer Vielzahl von Einzelregelungen zu entlasten. Die konkrete Inhaltsbestimmung
im Einzelfall bleibt somit letztlich den Gerichten (unter Mithilfe der
Rechtswissenschaft) überlassen. Bedeutende Generalklauseln enthalten
§§ 138, 826 BGB ("gute Sitten"),
§§ 157, 242 BGB ("Treu und Glauben"), die "Rechtswidrigkeitsklausel"
in § 240 Abs. 2 StGB oder als Ermächtigungsnormen die polizeilichen
Generalklauseln (§§ 1, 3 bw. PolG bzw. sächs. PolG) sowie
die Zuständigkeits- und (seit StVÄndG1999 auch) Befugnisnormen
für die Staatsanwaltschaft und Polizei im strafverfahrensrechtlichen
Ermittlungsverfahren (§§ 161 Abs. 1, 163 Abs. 1 StPO).
Quelle: Wilhelm (2006).
-
Schapp (2009), S. 131: "Üblicherweise werden mit dem Begriff der Generalklausel
die Bestimmungen der §§ 138, 242 und 826 BGB bezeichnet. Von
generalklauselartiger Weite sind jedoch darüber hinaus eine große
Zahl weiterer Bestimmungen und Tatbestandsmerkmale von Vorschriften, für
die die aufgeworfene Problematik ebenfalls von Bedeutung sein dürfte.
Wir wählen als Beispiel die Rechtsprechung des BGH zur Sittenwidrigkeit
von Bürgschaften naher Angehöriger und damit einen Teilbereich
der Konkretisierung des § 138 Abs. 1 BGB. ..."
-
Beispiele: allgemeine Verkehrsauffassung, gute Sitten, Treu und Glauben,
Rechtswidrigkeitsklausel, Billigkeit.
__
Gerechtigkeit > AW42
Gerechtigkeit.
Groeschner, Rolf 2015, erläutert
hierzu: "Zur Gerechtigkeit bei Celsus und Ulpian
Am Beginn der Digesten steht der berühmte Satz des Celsus „ius
est ars boni et aequi“ – Das Recht ist die Kunst des Guten und Gerechten
(siehe Juristenlatein Nr. 32). Nicht weniger berühmt ist ein
Satz des Ulpianus (um 170-228 n. Chr.), der als „Ulpianische Formel“ zum
geflügelten Wort römischer Gerechtigkeitsvorstellungen geworden
ist: „iustitia est constans et perpetua voluntas ius suum cuique tribuens”
(I. 1, 1 pr.; in D. 1, 1, 10 pr. endet der Satz dagegen mit „tribuendi”)
–„Gerechtigkeit ist der unwandelbare und dauerhafte Wille, einem jedem
sein Recht zukommen zu lassen” (siehe Nr. 33). In dieser Formel muß
zunächst einmal beachtet werden, daß es um die Bestimmung der
Gerechtigkeit (iustitia) und nicht des Rechts (ius wie bei Celsus) geht;
des weiteren ist zu beachten, daß es nicht heißt, jedem müsse
„das Seine” zukommen. Bei Ulpian ist ausdrücklich die Rede davon,
daß einem jeden „sein Recht” zuteil werde – was in heutiger
Terminologie bedeutet, daß hier vom Recht im subjektiven Sinne
die Rede ist, nicht wie bei Celsus vom Recht im objektiven
Sinne. Während das objektive Recht die kunstgerecht gestalteten Regelungen
bereitstellt, nach denen Fallgruppen systematisch richtig entschieden
werden können, erfordert die Gerechtigkeit den in jedem einzelnen
Streitfall zu betätigenden Willen, den subjektiven Rechten der Streitenden
– unter bestmöglicher Wahrung der Gegenrechte – zur Durchsetzung zu
verhelfen. Wegen der Korrelation von Rechten und Gegenrechten bzw. von
Rechten und Pflichten ist der Gerechtigkeitsbegriff des Rechts notwendig
ein personaler, genauer: interpersonaler Begriff."
Quelle: Gröschner, Rolf
(Sommersemester 2015) Grundzüge der Rechtsphilosophie und der Juristischen
Methoden- und Argumentationslehre [https://www.rewi.uni-jena.de/rewi2media/Downloads/Emeritierte_Professoren/Prof+Groeschner/Grundz%C3%BCge/8.pdf]
__
Gesetz > AW23
Gesetze verstehen und/ oder auslegen.
__
Gesetz und Recht nach dem BVerfG
"„Die traditionelle Bindung des Richters an das Gesetz, ein tragender
Bestandteil des Gewaltentrennungsgrundsatzes und damit der Rechtsstaatlichkeit,
ist im Grundgesetz jedenfalls der Formulierung nach dahin abgewandelt,
daß die Rechtsprechung an „Gesetz und Recht' gebunden ist (Art. 20
Abs. 3). Damit wird nach allgemeiner Meinung ein enger Gesetzespositivismus
abgelehnt.
Die Formel hält das Bewußtsein aufrecht,
daß sich Gesetz und Recht zwar faktisch im Allgemeinen, aber nicht
notwendig und immer decken. Das Recht ist nicht mit der Gesamtheit der
geschriebenen Gesetze identisch. Gegenüber den positiven Satzungen
der Staatsgewalt kann unter Umständen ein Mehr an Recht bestehen,
das seine Quelle in
der verfassungsmäßigen Rechtsordnung als einem Sinnganzen
besitzt und dem geschriebenen Gesetz gegenüber als Korrektiv zu wirken
vermag; es zu finden und in Entscheidungen zu verwirklichen, ist Aufgabe
der Rechtsprechung. Der Richter ist nach dem Grundgesetz nicht darauf verwiesen,
gesetzgeberische Weisungen in den Grenzen des möglichen Wortsinns
auf den Einzelfall anzuwenden. Eine solche Auffassung würde die grundsätzliche
Lückenlosigkeit der positiven staatlichen Rechtsordnung voraussetzen,
ein Zustand, der als prinzipielles Postulat der Rechtssicherheit vertretbar,
aber praktisch unerreichbar ist."'"
Quelle: BVerfG, Beschl. v. 14.2.1973,
1 BvR 112/65, BVerfGE 34, 269, 286 f. - Soraya; zu Montesquieu s. auch
BVerfG, Beschl. v. 8.4.1987, 2 BvR 687/85, BVerfGE 75, 223, 243 f. - Kloppenburg-Beschluss.
Zitiert nach Möllers 2017, S. 26, Rn 80.
__
Gesetzgeber > Wille
des Gesetzgebers.
Außerordentlich beliebte Worthülse in Recht, Rechtsprechung
und Rechtswissenschaft. Oft metaphysische Phantastereien, die schon auf
der einfachsten Stufe der Begriffsbildung
und Definition, insbesondere wie so oft an der Referenzierung
scheitert. Der Gesetzgeber ergibt sich klar aus den Gesetzen zum Gesetzgebungsverfahren.
Sein "Wille" äußert sich in den verabschiedeten Gesetzen und
nirgendwo sonst. Dass die meisten Gesetze unzulänglich formuliert
sind, ist ein anderes Kapitel. Nachdem an allen Gesetzgebungsverfahren
JuristInnen beteiligt sind, bedeutet das, dass die JuristInnen nicht deutsch
können (wollen) und / oder methodisch schlecht ausgebildet sind (>
Sprache
des Rechts). Der "Wille des Gesetzgebers" ist eine weitgehend unklare
und falsche Konstruktion. Der Gesetzgeber drückt sich in den Gesetzen
aus, das ist sein Wille. Dahinter gibt es nichts außer spekulativem
metaphysischem Mumpitz, der in der Wissenschaft nicht zu suchen hat und
bei klaren und für jedermensch verständlichen Gesetzestexten
auch überflüssig ist.
__
Gesetzgebungsverfahren
Quelle: Duden Recht A-Z. Fachlexikon für Studium,
Ausbildung und Beruf. 3. Aufl. Berlin: Bibliographisches Institut 2015.
Lizenzausgabe Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung:
"Gesetzgebungsverfahren: Schematische Darstellung
im Gesetzgebungsverfahren des Bundes Gesetzgebungsverfahren: Schematische
Darstellung im Gesetzgebungsverfahren des Bundes im GG festgelegtes förmliches
Verfahren zum Erlass von Gesetzen im formellen Sinn.
A. Gesetzgebungskompetenz
Bundesgesetze können nur erlassen werden, soweit dem Bund die
ausschließliche oder konkurrierende Gesetzgebungskompetenz zusteht;
sonst verbleibt die Gesetzgebungszuständigkeit bei den Ländern
(Art. 70 GG). Die Gegenstände der Gesetzgebungskompetenzen des Bundes
sind im GG ausdrücklich aufgezählt. Im Bereich der in Art. 73
GG aufgelisteten Gegenstände der ausschließlichen Gesetzgebung
ist allein der Bund zum Erlass von Gesetzen befugt (besonders: auswärtige
Angelegenheiten, Verteidigung, Staatsangehörigkeit, Währung,
Postwesen, Telekommunikation); eine Gesetzgebung der Länder setzt
hier voraus, dass eine ausdrückliche Ermächtigung durch Bundesgesetz
erfolgt ist (Art. 71 GG).
Gegenstände des weiten Bereichs der konkurrierenden
Gesetzgebung (Art. 74 GG) können durch Landesgesetz geregelt werden,
solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit
nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat. Das Gesetzgebungsrecht des Bundes
ist allerdings an die Voraussetzung geknüpft, dass die Herstellung
gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung
der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine
bundesgesetzliche Regelung erforderlich macht (Art. 72 GG). Die früher
in Art. 75 GG verankerte Rahmengesetzgebungskompetenz des Bundes ist im
Zuge der Föderalismusreform (2006) abgeschafft worden.
B. Erlass von Bundesgesetzen
Gesetzesvorlagen werden von der Bundesregierung, durch den Bundesrat
oder aus der Mitte des Bundestags bei diesem eingebracht. Nach der Geschäftsordnung
des Bundestages (§ 76) müssen Vorlagen von Mitgliedern des Bundestags
entweder von einer Fraktion oder von 5 % der Mitglieder des Bundestages
unterzeichnet sein. Gesetzesvorlagen der Bundesregierung (die in der Praxis
am häufigsten sind) sind zunächst dem Bundesrat zuzuleiten und
gehen mit dessen Stellungnahme an den Bundestag. Vorlagen des Bundesrats
sind dem Bundestag durch die Bundesregierung zuzuleiten, die dabei ihre
eigene Auffassung zu der Vorlage darzulegen hat. Im Bundestag werden die
Bundesgesetze in dreimaliger Lesung beraten. In der ersten Lesung wird
i. d. R. lediglich beschlossen, den Entwurf an einen oder mehrere Bundestagsausschüsse
zu
überweisen. Anhand von deren Stellungnahme werden dann die zweite
und dritte Lesung durchgeführt; vielfach geschieht das in der gleichen
Sitzung. Über die Annahme oder Ablehnung des Gesetzes wird dann nach
Abschluss der Beratung, d. h. am Ende der dritten Lesung, abgestimmt.
Nach Annahme im Bundestag, für die – abgesehen
von verfassungsändernden Bundesgesetzen – die einfache Mehrheit genügt,
werden die Bundesgesetze dem Bundesrat vorgelegt. Dieser kann gegen das
vom Bundestag beschlossene Gesetz innerhalb von drei Wochen den Vermittlungsausschuss
anrufen. Bei zustimmungsbedürftigen Gesetzen steht auch Bundestag
und Bundesregierung diese Möglichkeit offen. Schlägt der Vermittlungsausschuss
eine Änderung des Gesetzes vor, so muss der Bundestag darüber
beschließen, ob er sich dem Änderungsvorschlag anschließen
will; auf diese Weise kann u. U. verhindert werden, dass der Bundesrat
seine Zustimmung verweigert oder Einspruch einlegt.
Ist das Vermittlungsverfahren abgeschlossen, so
richtet sich das weitere Verfahren danach, ob es sich bei dem Bundesgesetz
um ein Gesetz handelt, das der Zustimmung des Bundesrats bedarf oder nicht.
Zustimmungsbedürftig sind Gesetze nur, wenn dies im GG ausdrücklich
vorgesehen ist. Bei solchen Zustimmungsgesetzen ist das vom Bundestag beschlossene
Bundesgesetz endgültig abgelehnt, wenn der Bundesrat nicht zustimmt.
Bei Gesetzen, die der Zustimmung des Bundesrats nicht bedürfen (Einspruchsgesetze),
kann dieser nach Beendigung des Vermittlungsverfahrens Einspruch einlegen
(suspensives Veto). Den Einspruch kann der Bundestag mit derselben (einfachen
oder Zweidrittel-)Mehrheit zurückweisen, mit der der Bundesrat ihn
beschlossen hat, mindestens jedoch mit der Mehrheit seiner Mitglieder;
damit ist der Bundesrat überstimmt (Art. 76, 77 GG).
Die vom Bundestag beschlossenen Bundesgesetze werden
vom Bundespräsidenten nach Gegenzeichnung durch den Bundeskanzler
und die zuständigen Bundesminister ausgefertigt. Dabei hat der Bundespräsident
zu prüfen, ob das Bundesgesetz in einem ordnungsgemäßen
G. zustande gekommen ist und ob es inhaltlich mit der Verfassung in Einklang
steht. Voraussetzung für das Inkrafttreten des Gesetzes ist außerdem,
dass das Bundesgesetz im Bundesgesetzblatt (BGBl.) verkündet worden
ist. Der Tag des Inkrafttretens soll im Bundesgesetz selbst bestimmt sein;
ist das nicht der Fall, tritt das Gesetz mit dem 14. Tag nach Ausgabe des
entsprechenden Bundesgesetzblatts in Kraft. Ein rückwirkendes Inkrafttreten
ist nur in Ausnahmefällen möglich (Rückwirkung). Über
die Vereinbarkeit der Bundesgesetze mit dem GG entscheidet das Bundesverfassungsgericht
aufgrund einer abstrakten oder konkreten Normenkontrolle oder einer Verfassungsbeschwerde
(Verfassungsgerichtsbarkeit).
__
Gesetzesvorbehalt
"Gesetzesvorbehalt
einfacher G., qualifizierter G.
dem Gesetzgeber ausdrücklich in der Verfassung erteilte Befugnis,
ein Grundrecht unmittelbar durch Gesetz einzuschränken oder die Verwaltung
gesetzlich zur Einschränkung zu ermächtigen. Der G. kann den
Gesetzgeber allgemein zur Einschränkung ermächtigen (einfacher
G., z. B. in Art. 2 Abs. 1 und 2; 8; 12 Abs. 1 GG), kann die Einschränkung
aber auch von bestimmten Voraussetzungen abhängig machen oder auf
bestimmte Zwecke beschränken (qualifizierter G., z. B. Art. 11, 13
GG). Grundrechte ohne G. werden nach herrschender Meinung nur durch das
Verhältnis der einzelnen Grundrechte zueinander eingeschränkt."
Quelle: Duden Recht A-Z. Fachlexikon für Studium,
Ausbildung und Beruf. 3. Aufl. Berlin: Bibliographisches Institut 2015.
Lizenzausgabe Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung.
__
Gesetzlichkeitsprinzip
Die Seite Jurastudent führt aus (Abruf
20.09.19): "
Das Gesetzlichkeitsprinzip verpflichtet den Gesetzgeber, grundrechtsrelevante
bedeutende Akte öffentlicher Gewalt durch Gesetz selbst zu regeln.
Dem Bürger garantiert das Gesetzlichkeitsprinzip, dass sich die Strafbarkeit
einer bestimmten Verhaltensweise nur aus einem vor der Tat erlassenen Gesetz
ergeben kann.
Quelle: Rengier, StrafR AT, 5. Auflage München
2013, § 4 Rdn. 2; Wessels/Beulke/Satzger, StrafR AT, 43. Auflage Heidelberg
2013, Rdn. 44"
__
Gewohnheitsrecht
-
DRL (2001): "Gewohnheitsrecht ist das durch langdauernde Übung in
der Überzeugung, damit recht zu handeln, von den Beteiligten geschaffene
Recht. G. ist also ein Teil des Rechts, der sich von anderen Teilen durch
die Art seiner Entstehung unterscheidet. Für sie werden langdauernde
Übung (lat longa consuetudo) und Rechtsüberzeugung (lat opinio
iuris) gefordert. Auf die Schriftlichkeit bzw Schriftlosigkeit kommt es
dagegen nicht an.
Dem G. steht vor allem das —> Gesetz bzw das Gesetzesrecht
gegenüber. Dieses ist seit der ersten bewußten Rechtssetzung
(zB römische Königsgesetze) im Vordringen. Erst von diesem Zeitpunkt
an kann auch die Denkfigur G. entstanden sein (Wort stammt erst aus dem
ausgehenden 18. Jahrhundert, vorher wurde das G. Gewohnheit genannt) .
In der Gegenwart ist das G. durch Art 2 EGBGB ausdrücklich
anerkannt. Es kann ältere Gesetze abändern. Seine Bedeutung ist
gegenüber dem Gesetzesrecht aber gering. Vielfach wird auch das durch
richterliches Urteil gebildete Recht nach einiger Zeit als G. anerkannt.
Vom G. streng zu trennen ist die bloße Gewohnheit,
die allein (dh ohne Rechtsüberzeugung) noch kein Recht schaffen kann.
(Kö)
Schrifttum: Enneccerus, L. /Nipperdey,
H. C. Allgemeiner Teil des bürgerlichen Rechts, 15. Auf! 1959, §
38."
Gewohnheitsrecht (Verfahrensrecht). Gesetz im Sinne von Art
1 EGBGB, Art 12 EGZPO, Art 7 EGStPO usw ist auch das Gewohnheitsrecht.
A. Ermittlung und Nachweis des Gewohnheitsrechts
Nach § 293 ZPO bedürfen die Gewohnheitsrechte
des Beweises nur insofern, als sie dem Gericht unbekannt sind. Bei Ermittlung
dieser Rechtsnormen ist das Gericht auf die von den Parteien beigebrachten
Nachweise nicht beschränkt; es ist befugt, auch andere Erkenntnisquellen
zu benutzen und zum Zwecke einer solchen Benutzung das Erforderliche anzuordnen.
Zum Gewohnheitsrecht iS dieser Vorschrift gehören namentlich die Gewohnheitsrechte
engeren Geltungsbereichs, die Herkommen, die Observanzen, etwaige Regelungen
der Streupflicht. [RS Über den Nachweis wird inhaltlich nichts gesagt]
Zu beachten ist bei § 293 ZPO, daß es
hier keine —> Beweislast im eigentlichen Sinne gibt (str). § 293 ZPO
erlaubt nur, die Ermittlung des Gewohnheitsrechts in den Formen des Beweises
vorzunehmen, dh unter Benutzung der Beweismittel wie überhaupt aller
zugänglichen Erkenntnisquellen. Wie sich das Gericht die Kenntnis
verschafft, steht in seinem pflichtgemäßen Ermessen.
B. Revisibilität
Nach § 549 I ZPO (vgl auch § 137 VwGO,
§ 162 SGG, § 118 FGO) kann die Revision nur darauf gestützt
werden, daß die Entscheidung auf der Verletzung des Bundesrechts
oder einer Vorschrift beruht, deren Geltungsbereich sich über den
Bezirk eines OLG hinaus erstreckt. Dazu gehört auch das Gewohnheitsrecht.
(Beweiserhebung über das Bestehen von Bundesgewohnheitsrecht durch
den BGH: NJW 1965, 1862). Ob das Gewohnheitsrecht der Kompetenzverteilung
der Art 72 bis 75 GG unterliegt, ob es, soweit es sich auf früheres
Recht bezieht, der Regelung der Art 124, 125 GG unterliegt, ist umstritten.
Bedeutung hat die Frage vor allem für die ungeschriebenen Grundsätze
des allgemeinen Verwaltungsrechts. Das BVerwG entscheidet die Frage, ob
Gewohnheitsrecht als Bundes- oder Landesrecht anzusehen ist, danach, für
welches Rechtsgebiet es ergänzend angewandt werden soll (BVerwGE 26,
305; NJW 1968, 2393); nur wenn dieses Bundesrecht ist, gilt auch das Gewohnheitsrecht
als Bundesrecht.
C. Gewohnheitsrecht als Gegenstand der Normenkontrolle nach §
47 VwGO
Der Überprüfung im Normenkontrollverfahren
unterliegt auch abgeleitetes Gewohnheits-[>2023]recht, das sich kraft gesetzlicher
Ermächtigung gebildet hat, wie die örtliche Observanz (str).
(Grü)
Gewohnheitsrecht (Völkerrecht) —> Völkergewohnheitsrecht.
-
Gewohnheitsrecht nach Rüthers et al. (2018)
S. 150, Rn 232f: "VII. Gewohnheitsrecht
Von der traditionellen Rechtsquellenlehre wird auch
das Gewohnheitsrecht als eigenständige Quelle objektiven Rechts anerkannt.
Das Gewohnheitsrecht setzt nach der h. L. eine dauerhafte tatsächliche
Übung („Gewohnheit") in der Rechtsgemeinschaft voraus. Die Übung
muß allgemein sein und auf der Rechtsüberzeugung (dem „Rechtsgeltungswillen")
der Rechtsgemeinschaft beruhen.293 Das Gewohnheitsrecht muß also
von der Mehrheit der sozialen Gruppe (z. B. der Deutschen, der Kaufleute,
der freien Völker) als verbindlich anerkannt werden.
Die Bedeutung von Gewohnheitsrecht ist heute nur
noch gering. Das war früher anders: Historische Gesetzessammlungen
wie der
Sachsenspiegel oder das Decretum Gratiani (siehe Rn. 173) waren ursprünglich
oft »private" Aufzeichnungen überlieferter gewohnheitsrechtlicher
Rechtssätze.
Auf nationaler Ebene gibt es heute Gewohnheitsrecht
praktisch ausschließlich in der Erscheinungsform eines festen Gerichtsgebrauchs.
Beispiele: Vor der Schuldrechtsreform
des Jahres 2002 waren die jetzt in § 311 Abs. 2, 3 BGB geregelten
Grundsätze der culpa in contrahendo ungeschrieben anerkannt. In vereinzelten
Fällen ordnet der Gesetzgeber ausdrücklich die Beachtung von
Gewohnheiten an (vgl. Rn. 98). Das wichtigste Beispiel hierfür ist
§ 346 HGB, wonach auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten
und Gebräuche Rücksicht zu nehmen ist.294 Mittels dieser Vorschrift
werden etwa die Grundsätze über das kaufmännische Bestätigungsschreiben
und die Handelsklauseln (Incoterms) in rechtlich relevante Regeln transformiert.
233 Größere Bedeutung hat das Gewohnheitsrecht
heute noch im Völkerrecht. Dort spielen die ungeschriebenen allgemeinen
Regeln des [>151]Völkerrechts als "Völkergewohnheitsrecht" eine
erhebliche Rolle (Rn. 221)."
S. 151 Rn 233: "Für den Rechtsanwender ist es nicht leicht, klare
Rechtssätze aus dieser Rechtsquelle zu schöpfen, weil heute Gewohnheitsrecht
ex definitione nicht-geschriebenes Recht ist. Ob ein gewohnheitsrechtlicher
Rechtssatz besteht und was genau sein Inhalt ist, wird in einem Rechtsstaat
verbindlich durch die letzten zuständigen Gerichtsinstanzen entschieden.
Gewohnheitsrecht ist also letzten Endes nur das, was das zuständige
höchste Gericht dazu erklärt. Hier zeigt sich eine wichtige Verknüpfung
des Gewohnheitsrechts mit dem Richterrecht (Rn. 238). Der gelernte Jurist
und große Soziologe Max Weber295 hat daher die Auffassung vertreten,
daß Gewohnheitsrecht in Wahrheit stets Juristenrecht sei. Er spricht
von einem „halb mystischen Begriff" des Gewohnheitsrechts. In der Tat hält
das Gewohnheitsrecht als eigenständige Rechtsquelle einer Überprüfung
kaum stand, wenn man etwas anderes darunter versteht, als die gefestigte
— und veränderbare — Rechtsprechung der zuständigen letzten Gerichtsinstanzen.
In justizstaatlich organisierten Rechtssystemen kann Gewohnheitsrecht wohl
nur noch als Gerichtsgebrauch auftreten und erkannt werden. Sowohl die
Eigenständigkeit als auch die Erforderlichkeit der Rechtsquelle „Gewohnheitsrecht"
erscheint daher zweifelhaft."
Fußnoten
292 Vgl. H. Brox/B. Rüthers/M. Henssler, Arbeitsrecht,
19. Aufl., Stuttgart 2016, Rn. 113ff., 128ff.; K. Adomeit, Rechtsquellenfragen
im Arbeitsrecht, München 1969, S. 141 ff.
293 Vgl. L. Enneccerus/ H. C. Nipperdey, Allgemeiner
Teil des Bürgerlichen Rechts, 15. Aufl., Tübingen 1959, S. 261ff.;
F. Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff, 2. Aufl., Wien
1991, S. 214 ff.
294 Zur Ermittlung der Handelsbräuche: BGH NJW 1994,
659; 2001, 2465.
295 M. Weber, Wirtschaft und Gesellschaft, 5. Aufl.,
Tübingen 1976, S. 508.
296 K. Marx, Verhandlungen des 6. Rheinischen Landtages
(1842) — Debatten über das Holzdiebstahlsgesetz, in: Marx/Engels,
Werke, Bd. 1, Berlin 1970, S. 109ff. (116).
__
Glossar ein Glossar sollte die für
das Werk wichtigen Begriffe definieren, insbesondere referenzieren.
__
Glosse
Erklärung eines Rechtsbegriffs z.B. des römischen Rechts
durch einen sog. Glossator. Begriff aus dem 13. Jhd. Entspricht heute ungefähr
einem Kommentar.
__
Gutachtenstil
> Urteilsstil.
-
Die Basics zum Urteilsstil (Abruf
22.09.19): "Auf die Einhaltung des Gutachtenstils wird vor allem in
den ersten Semestern des Jurastudiums viel Wert gelegt. Dieser zeichnet
sich dadurch aus, dass sprachlich genau der Denkprozess zum Ausdruck gebracht
wird, mit dem der Verfasser zum Ergebnis einer Rechtsfrage gelangt ist:
Am Anfang des Textes steht die Frage, es folgt die Prüfung der einzelnen
Voraussetzungen, von denen ihre Beantwortung abhängt, und am Schluss
steht das Ergebnis."
-
Anmerkung: Fehlt im Alpmann (2014, Hrsg.)
__
Heck, Philipp Nicolai
(1858-1943). Vertreter der Interessenjurisprudenz.
__
Hermeneutik -
Lehre vom Verstehen und auslegen (geisteswissenschaftlicher Orientierung).
Hermeneutik kann allgemein als die Lehre vom
Verstehen bezeichnet werden. Leider sind viele hermeneutische Arbeiten
wenig klar und operational formuliert, die dem Verstehen gerade nicht dienen.
__
Historische
Rechtsschule
Nach Kern (2012/13): Die Historische Rechtsschule Friedrich Carl von
Savigny
(1779 - 1861) Vom Beruf unserer Zeit für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft
(1814)
-
Anton Friedrich Justus Thibaut (1772 - 1840) Über die Notwendigkeit
eines allgemeinen bürgerlichen Rechts für Deutschland (1814)
-
Gustav Hugo (1764 - 1844)
-
Justus Möser (1720 - 1794) Patriotische Phantasien
-
Georg Friedrich Puchta (1798 - 1846) Das Gewohnheitsrecht (1828 - 1837)
-
Karl Friedrich Eichhorn (1781 - 1854) Einleitung in das deutsche Privatrecht
(1823)
-
Jacob Grimm (1785 - 1863) Deutsche Rechtsalterthümer (1828)
-
Carl Gustav Homeyer (1795 - 1874)
-
Nikolaus Falck (1784 - 1850)
-
Georg Ludwig Maurer (1790 - 1872) Stadtverfassung: Einleitung
zur Geschichte der Mark-, Hof-, Dorf- und Stadt-Verfassung (1854 - 1871)
-
Wilhelm Eduard Albrecht (1800 - 1876) Die Gewere als Grundlage des ältern
deutschen Sachenrechts. Königsberg (1828)
-
Karl Joseph Anton Mittermaier (1787 - 1867) Lehrbuch des deutschen
Privatrechts (1821)
-
Georg Beseler (1809 - 1888) System
des gemeinen deutschen Privatrechts (1847 - 1855)
-
August Ludwig Reyscher (1802 - 1880)
-
Wilhelm Eduard Wilda (1800 - 1856)
Das Strafrecht der Germanen (1842)
-
Johann Caspar Bluntschli (1808 - 1881)
Deutsches Privatrecht (1853)
-
Johann Friedrich Kierulff (1806 - 1894) Theorie des gemeinen
Zivilrechts (1839)
-
Heinrich Thöl (1807 - 1884) Handelsrecht (1841 - 1847)
-
Karl Friedrich Wilhelm Gerber (1823 - 1891)
System des deutschen Privatrechts (1848/49)
-
Bernhard Windscheid (1817 - 1892) Lehrbuch
des Pandektenrechts (1862 - 1870)
-
Rudolf von Ihering (1818 - 1892) Der Zweck im Recht (1877 -
1883)
-
Otto von Gierke (1841 - 1921) Das deutsche
Genossenschaftsrecht (1868 - 1881)
-
Otto Bähr (1817 - 1895) Der Rechtsstaat (1864)
-
Hugo Preuß (1860 - 1925) Gemeinde, Staat, Reich als Gebietskörperschaften
(1889)
__
Humes Prinzip
Nach Iwin (1975), Grundlagen der Logik von Wertungen,
S.299f : "1. Das HUMEsche Prinzip
Mit dem Namen HUMES verbindet man gewöhnlich
die Behauptung, daß es unmöglich sei, von Urteilen mit der Kopula
„ist“ logisch zu Urteilen mit der Kopula „soll“ überzugehen.1 Grundlage
für diese Behauptung ist der folgende Auszug aus dem „Traktat über
die menschliche Natur“: „In jedem Moralsystem, das mir bisher vorkam, habe
ich immer bemerkt, daß der Verfasser eine Zeitlang in der gewöhnlichen
Betrachtungsweise vorgeht, das Dasein Gottes feststellt oder Betrachtungen
über menschliche Dinge vorbringt. Plötzlich werde ich damit überrascht,
daß mir anstatt der üblichen Verbindungen von Worten mit ,ist‘
und ,ist nicht' kein Platz mehr begegnet, in dem nicht ein ,sollte' oder
,sollte nicht' sich fände. Dieser Wechsel vollzieht sich unmerklich,
aber er ist von größter Wichtigkeit. Dies ,sollte' oder ,sollte
nicht' druckt eine neue Beziehung oder Behauptung aus, muß also notwendigerweise
beachtet und erklärt werden. Gleichzeitig muß ein Grund angegeben
weiden für etwas, das sonst ganz unbegreiflich scheint, nämlich
dafür, wie diese neue Beziehung zurückgeführt werden kann
auf andere, die von ihr ganz verschieden sind. Da die Schriftsteller diese
Vorsicht meistens nicht gebrauchen, so erlaube ich mir, sie meinen Lesern
zu empfehlen; ich bin überzeugt, daß dieser kleine Akt der Aufmerksamkeit
alle gewöhnlichen Moralsysteme umwerfen und zeigen würde, daß
die Unterscheidung von Laster und Tugend nicht in der bloßen Beziehung
der Gegenstände begründet ist, und nicht durch die Vernunft erkannt
wird“ [80, S. 211 f.].
Diese Stelle aus dem „Traktat“
HUMES ist sehr bekannt. Es ist jedoch nicht leicht, sie richtig auszulegen2.-
Unklar ist vor allem, was [>300] HUME unter Urteilen mit „sollen“ verstand
— Wertungen oder Normen. Philosophen und Ethiken die glauben, daß
die grundlegende und wohl auch einzige Funktion deontischer Sätze
das Ausdrücken von Normen sei, bildeten die HUMEsche Unterscheidung
von Urteilen, die ein Sollen ausdrücken, und Faktenurteilen in eine
Unterscheidung zwischen Normen und Fakten um. Doch „sollen“ wird für
die Formulierung von Wertungen wahrscheinlich nicht weniger häufig
benutzt als für das Formulieren von Normen. Es scheint, daß
HUME selbst, wenn er über Moral spricht, in der wertende und normative
Begriffe besonders eng verbunden sind, unter Urteilen mit „sollen“ sowohl
Normen als auch Wertungen verstand, ohne eine scharfe Grenze zwischen beiden
zu ziehen. Diejenigen, die im angeführten Auszug aus dem „Traktat“
lediglich einen Hinweis auf die Existenz einer Kluft zwischen Fakten und
Normen sehen, engen sofort die von HUME gemachte Unterscheidung zwischen
Faktenbehauptungen einerseits und normativen Behauptungen andererseits
ein.3
[>301] Hume führt eigentlich
keinerlei Beweisgrund für die Nichtableitbarkeit von „sollen“ aus
„sein“ an. Er beruft sich darauf, daß es fehlerhaft wäre, in
einem Schluß bestimmte Beziehungen oder Behauptungen einzuführen,
die in den Prämissen fehlen, und weist lediglich darauf hin, daß
Ausdrücke mit „sollen“ „klar verschieden sind“ von solchen, die mit
„sein“ ausgedrückt werden. Black bemerkt richtig, daß der Beweisgrund
Humes nicht überzeugend ist [32, S. 166-167]. „Sollen“ unterscheidet
sich natürlich von „sein“, doch wenn Hume glaubt, daß das schon
hinreichend sei, die Unmöglichkeit eines logischen Übergangs
von „sein“-Prämissen zu „sollen“-Folgerungen zu beweisen, so irrt
er. Notwendig für die Widerlegung des angeführten Übergangs
ist folgendes: Der Terminus A ist klar vom Terminus B unterschieden genau
dann, wenn eine Behauptung, die A enthält, nicht aus Prämissen
ableitbar ist, die B enthalten und nicht A enthalten; d. h., um zu zeigen,
daß „sollen“ „klar unterschieden“ von „sein“ ist, muß die Nichtableitbarkeit
von Behauptungen mit „sollen“ aus solchen mit „sein“ gezeigt werden. Aber
gerade darin besteht das Problem, als dessen Lösung ein Rückgang
auf eine „klare Unterscheidung“ der einen Kopula von der anderen vorgeschlagen
wird.4 Man kann unschwer Beispiele begründeter Schlußfolgerungen
anführen, in deren Schlußsätzen Termini vorkommen, die
sich scheinbar von den in den Prämissen vorkommenden Termini „klar
unterscheiden“ („wenn das Pferd ein Tier ist, so ist der Pferdekopf ein
Tierkopf“).
1 Diese Behauptung wird in der ethischen
Literatur gewöhnlich HUMEsches Prinzip und manchmal Prinzip der Autonomie
oder HuMEsche Guillotine
genannt.
2 Obwohl das Prinzip von der Unmöglichkeit
eines logischen Übergangs von Faktenbehauptungen zu Behauptungen,
die ein Sollen ausdrücken, gewöhnlich mit dem Namen HUMES verbunden
wird, ist noch heute heftig umstritten, ob HUME selbst von der Wahrheit
dieses Prinzips überzeugt war. A. MCINTYRE negierte in [113] die übliche
Auslegung des angeführten [>300] Auszuges aus dem „Traktat“, nach
der diese Stelle die erste klare Formulierung des Prinzips der Autonomie
der Moral sei, das HUME selbst ? akzeptiert habe. Nach MCINTYRE stellt
HUME in diesem Auszug nur die Frage nach der Ableitbarkeit von „sollen“
aus „sein“, die er danach mit seiner Theorie der Ethik positiv entscheidet.
R. ATKINSON [25] und ?. SCOTT-TAGGART
[161] stimmen darin überein, daß die Standardformulierung des
Prinzips der Autonomie kaum ohne Einwände von HUME akzeptiert worden
wäre, fanden aber gleichzeitig, daß die von MCINTYRE vorgeschlagene
Interpretation des Auszuges aus dem „Traktat“ in einigen Punkten nicht
hinreichend klar und nicht adäquat sei. ATKINSON bemerkte insbesondere,
daß die Behauptung über die Autonomie zwei verschiedene Bedeutungen
habe: 1. moralische Schlußfolgerungen können logisch nicht aus
nichtmoralischen Prämissen folgen, und deshalb kann man moralische
Prinzipien nicht begründen, wenn man über die Grenzen der Moral
hinausgeht, 2. Faktenaussagen und Moralaussagen können nicht nur nicht
durch die logische Folgebeziehung verbunden sein, sondern auch durch keine
andere logische Beziehung. Die zweite Bedeutungsvariante ist stärker
als die erste. MCINTYRE und ATKINSON meinen nun, HUME habe das Prinzip
der Autonomie der Moral in der ersten Bedeutung vertreten, nicht aber im
zweiten Sinne. Gegen die Auffassung, nach HUME sei die Moral unabhängig
von Fakten, insbesondere von Fakten, die Gefühle der Menschen betreffen,
sprach sich auch G. HUNTER [81] aus. Die Meinung, das Prinzip der Autonomie
der Moral stimme gut mit dem Geist des gesamten „Traktats“ überein,
vertreten viele Autoren, so auch A. FLEW [57].
3 Dafür, daß HUME in
diesem Auszug vor allem auf Wertungen zielt, spricht vor allem der Fakt,
daß er direkt „Laster“ und „Wohltat“ er- [>301] wähnt, während
im angegebenen Auszug das Wort „Norm“ überhaupt nicht vorkommt.
4 P. NOUWELLl-SMOTH wiederholt
den HUMEschen Fehler. Er behauptet, Schlüsse, die von. faktischen
Prämissen zu bestimmten ethischen Folgerungen führen, wären
keine logischen Gesetze, da die Konklusion eines Schlusses nichts in den
Prämissen Fehlendes enthalten könne, und insbesondere könne
sie nicht das in den Prämissen nicht vorkommende „sollen“ enthalten
[127, S. 37]."
__
Hypothetische Kausalitaet
> > Kausalität,
juristische.
Nach Fahl &Winkler (2008), S. 3: "Außer Betracht bleiben
Ersatzursachen, die beim Hinwegdenken der Ursachen den Erfolg herbeigeführt
haben würden." "Ersatzursachen" wird nicht erklärt.
__
ignoratio
enlenchi
Argumentationsfehler, es wird nicht die Behauptung,
sondern etwas anderes bewiesen.
__
Imperativentheorie >
juristische
Normentheorie.
> Wikipedia.
__
Inbegriff
Inbegriff im Duden (Abruf
16.04.19):
"1. vollkommene, reinste, absolute Verkörperung von etwas [Begrifflichem];
in einer Person verkörperte, vollkommene Ausprägung eines Typs
o. Ä.
2. (besonders Philosophie) höchster, reinster Begriff von
etwas; Wesen
Synonyme zu Inbegriff
Idealbeispiel, Idealbild, Idealtyp, Idealtypus, Musterbeispiel, Musterbild,
Urbild, vollkommene Verkörperung; (gehoben) Inbild; (bildungssprachlich)
Inkarnation, Modell, Prototyp; (oft abwertend oder ironisch) Ausbund; (gehoben
abwertend) Ausgeburt; (veraltet) Summarium; (Philosophie, Psychologie)
Archetyp
Inbegriff im HWdP A. VERAART führt
im Historischen Wörterbuch der Philosophie, I-K, (1976) aus:
"Inbegriff. Der Terminus «I.» ist seit dem 18. Jh. gebräuchlich.
Ergebnis seiner Präzisierung ist der spätere Mengenbegriff der
Mengenlehre (s.d.).
M. MENDELSSOHN [1] verwendet <I.> noch im Sinne
von «Aggregat» (s.d.), wobei die I. nur im «denkenden
Subjekt» existieren [2]. Als Beispiele nennt er die Vorstellungen
einer Herde Schafe und eines Sandhaufens [3j.
Nähere Bestimmungen finden sich bei B.
BOLZANO, der unter <I.> ein «Etwas, das Zusammengesetztheit
hat»
[4] versteht. Dieses «Abstractum» hält er für
nicht weiter definierbar. I., bei denen die Art der Verbindung zwischen
den Teilen «gleichgültig» ist, nennt er «Mengen»
[5] , zu denen er aber auch noch die Aggregate zählt [6],
Den weitesten Gebrauch von «I.» hat
E. HUSSERL. Danach kommen I. durch psychische Akte zustande, durch die
«alle und jede Inhalte, seien sie noch so disparat», zusammengedacht
werden können (z. B. Röte, Mond und Napoleon) [7].
B. ERDMANN bestimmt < I.> als «Gegenstände
zweiter Ordnung», die durch die Zusammenfassung von «Gegenständen
erster Ordnung» entstehen [8].,
Anmerkungen. [1] ?. MENDELSSOHN:
Morgenstunden oder Vorles. Über das Daseyn Gottes (1786, ND 1968)
I, 227. - (2] a.a.O. 230. - (3] 229. - [4] B. BOLZANO: Wissenschaftslehre
1 (1837, >1929, ND 1970) § 82, 1. - [5] a. a. O. 5 84, 1. - [6] §
84, 2. - (7] E. HUSSERL: Philos., der Arithmetik (1891, ND 1970) 74. -
[8] B. ERDMANN: Logik 1 (1892, >1907) 162. "
Inbegriff im dB Das deutsche Wörterbuch
führt aus (Abruf
16.04.19):
inbegriff, m. das was innerhalb seiner etwas anderes begriffen, umschlossen
hält, summa, complexio, comprehensio; die umschlossene sache steht
im genitiv oder mit der Präp.. von vermittelt. das wort wird zuerst
von Steinbach verzeichnet (seine [Bd. 10, PS. 2104] Hauptquelle Hederich
hat es nicht): inn begrieff, compendium, ein inn begrieff aller tugent,
conspectus omnium virtutum. 1, 641; dann von Frisch 1, 373a mit wesentlich
weiterer bedeutung: inbegriff, area ambitu adstricta, locus in finibus
suis contentus; item, quae in libro aliquo continentur; in letzterer beziehung
braucht Kant der inbegriff eines buches. 8, 17, der sonst das wort im heute
gewöhnlichen sinne öfters anwendet: der weite inbegriff einer
vorzüglichen erkenntnis. 8, 10; die sphäre der ausgebildeten
natur ist nur ein kleiner theil desjenigen inbegriffs, der den samen zukünftiger
welten in sich hat. 324; die dauerhaftigkeit, die bei den anstalten der
schöpfung an den groszen gliedern ihres inbegriffs angetroffen wird.
9, 3; bei andern: mit dem geliebten heimgehen ist der inbegriff aller seligkeit.
Bettine briefe 2, 107;
ja selbst von einem grün- und bunten garten ..
scheint er (der schweif des pfauen) der inbegriff und auszug recht
zu sein.
Brockes 4, 165;
als glied des deutschen reichs, des inbegriffs von reichen,
das hohe bürger hat.
J. E. Schlegel 4, 12;
drangvoller wünsche holden inbegriff,
erfüllung hoffend, heiter zu gestehn.
Goethe 9, 251;
wenn ich den inbegriff von meinen sorgen
dir auch eröffne. 273;
du (phiole) inbegriff der holden schlummersäfte,
du auszug aller tödtlich feinen kräfte. 12, 42;
musz ich an diesem hingestreckten leibe
den inbegriff von allen himmeln sehn? 124;
von personen: Julius, inbegriff aller vollkommenheiten! Leisewitz Jul.
v. Tarent 2, 6; soll ich Mariannen verlieren! die letzte meiner hoffnungen,
den inbegriff meiner sorgen? Goethe 7, 139; ihr werdet in ihm den inbegriff
aller gaben finden, die ein kavalier nur wünschen kann zu sehn. Shakesp.
Haml. 5, 2.
Artikelverweis Artikel als PDF ausgeben (Test-Version) inbegriffen,
part. von einbegreifen theil 3, 148, innerhalb einer sache begriffen, beschlossen
(vgl. unter in oben sp. 2082): in dieser summe sind alle unkosten inbegriffen."
Inbegriff-Gebrauch
bei Karl Larenz (1991) :
S. 165: "Es [das Recht[ hat ferner einen nahen Bezug zum sozialen Dasein
des Menschen: es ist, nach allgemeiner Meinung, ein Inbegriff von Regeln,
nach denen die Menschen ihr Verhalten untereinander einrichten, und an
denen sie es messen lassen."
"Inbegriff" nicht im Glossar
bei Muthorst (2011) enthalten.
__
Institut
DRL: "(lat institutum: Eingerichtetes, Einrichtung) ist eine als relative
Einheit zu begreifende Anzahl von —> Rechtssätzen zur Bewältigung
eines Sachproblems (zB I. der Stellvertretung, der Strafaussetzung zur
Bewährung, des Öffentlich-rechtlichen Vertrags).
Im Wissenschaftsverwaltungsrecht ist I. eine der
Wissenschaft dienende rechtlich meist unselbständige Einheit von persönlichen
und sachlichen Mitteln (zB I. für deutsche Rechtsgeschichte, I. für
Strafrecht). (Kö)"
__
Institution ...
...
DRL: "Der Plural Institutionen wird insbesondere Bezeichnung von Einführungslehrbüchern
zum römischen Recht verwandt. Am bekanntesten sind die Institutionen
des Gaius (159?, 161? n Chr) und die Institutionen (Kaiser) Justinians•«
(533 n Chr). Bis in das 20. Jahrhundert wurden vielfach auch die auf diese
Bücher bezogenen Vorlesungen als Institutionen benannt.
(Kö)"
__
Interesse Allgemeiner und juristischer
Grundbegriff. Im DRL kein eigener Eintrag.
__
Interessenjurisprudenz
DRL (2001), S. 2339f: "Interessensjurisprudenz. Die I. ist eine gegen
die streng axiomatisch-deduktive Methode der >Begriffsjurisprudenz gerichtete
Rechtsanwendungslehre. Sie sucht interessengeleitet die Lösung des
einzelnen Streitfalles, der stets einen Interessenkonflikt darstellt, aus
dem Gesetz. Erster Schritt bei der Rechtsanwendung ist ihr das Erkennen
und Abwägen der widerstreitenden Interessen der beteiligten (sog Realzweck).
In einem zweiten Schritt folgt deren Einschätzung vor dem Hintergrund
der durch die Rechtsnorm bereits getroffenen Lösung, dh eines vom
Gesetzgeber erkannten und vorentschiedenen Wertungskonflikts. Damit ist
der Richter zum gesetzestreuen Nachvollzug der gesetzgeberischen Wertentscheidung
verpflichtet. Eine eigene Verwirklichung neuer Wertvorstellungen außerhalb
des Gesetzes ist ihm verwehrt. Dem entsprechend stößt die I.
an ihre Grenzen, wenn der Richter die Entscheidung nicht allein aus dem
Gesetz entnehmen kann (zB Generalklausel), Regelungslücken vorhanden
sind (Wertungslosigkeit) oder seit dem Inkrafttreten des Gesetzes ein Wertewandel
eingetreten ist.
Vorbereitet wurde die I. von Rudolf von Ihering (Zweckgedanke im Recht).
Entwickelt wurde sie von der sog Tübinger Schule (Philipp Heck 1858—1943,
Max Rümelin 1861—1931, Heinrich Stoll 1891-1937). (Kö)
Schrifttum: Kalifass Die Tübinger Schule der Interessenjurisprudenz,
1972; Interessenjurisprudenz, hrsg Ellscheid/Hassemer 1974"
__
Intertextualität
"Auf juristischer Seite werden Gesetze nicht "gelesen", sondern ausgelegt,
das heißt es werden Wissensrahmen konstruiert, um Sachverhalte der
Lebenswelt so "zuzubereiten", dass rechtssichere Entscheidungen getroffen
werden können. Sprachlich drückt sich dies im Merkmal der Intertextualität
aus. Hierzu zählen Gesetzesverweise im Text ebenso wie Rechtsbegriffe,
die als "Texthüllen" [1] benutzt werden. Gemeint sind Begriffe wie
zum Beispiel grobe Fahrlässigkeit oder Überschussbeteiligung,
die für sich genommen verständlich wirken, hinter denen sich
aber ganze Bündel von miteinander vernetzten Rechtssätzen verbergen."
Quelle: bpb 12.11.2010 Verwaltungssprache: Bürokratenspeak
oder Bürgerdeutsch (Online abgerufen am 09.03.2019)
Kommentar: Die Auffassung, Gesetze nicht zu lesen,
sondern immer auszulegen, markiert einen großen Fehler im deutschen
Rechtssystem. Gesetze, die nicht aus ihrer Formulierung heraus verständlich
sind und der Auslegung bedürfen, sind Fehlkonstruktionen und gehören
aufgehoben. Der "Wille des Gesetzgebers"
ist eine weitgehend unklare und falsche Konstruktion. Der Gesetzgeber drückt
sich in den Gesetzen aus, das ist sein Wille. Dahinter gibt es nichts außer
spekulativen metaphysischen Mumpitz, der in der Wissenschaft nicht zu suchen
hat und bei klaren und für jedermensch verständlichen Gesetzestexten
überflüssig ist.
__
Inzidentfrage(n) Frage
in oder zum Zwischenverfahren
__
iura novit curia
Rechtslexikon /Abruf 22.03.2019): "([lat.] das Recht bzw. die Rechtsregeln
kennt der Gerichtshof) ist der Rechtsgrundsatz, der besagt, dass die Parteien
nur Tatsachen beizubringen und zu beweisen haben, nicht dagegen Rechtssätze
(gilt nicht für das in einem anderen Staate geltende Recht sowie die
dem Gericht unbekannten Gewohnheitsrechte und Statuten, § 293 ZPO).
Lit.: Liebs, D., Lateinische Rechtsregeln, 6. A. 1998"
__
Institut > Rechtsinstitut.
__
intra legem - innerhalb des Gesetzes
__
intra verba legis - im
Rahmen des Gesetzes
__
jura in re aliena
Rechtslexikon lexeakt (Abruf 29.06.19): "Mit "jura in re aliena" wurden
im Pandektenrecht Rechte an fremden Sachen, d.h. Sachen die in fremden
Eigentum standen bezeichnet. Das Pandektenrecht kannte folgende jura in
re aliena:
Servituten
Emphyteutrecht
Superficiarrecht
Lehensrecht/Erbzinsgutrecht
Pfandrecht
Reallasten"
__
Juristische Psychologie
> AW30 Juristische Psychologie.
__
Kabinettsordre Friedrichs II. v. 27.7.1780
[Nach
Kern 2012/13]
1.
Die Intention Sr Königlichen Majestät geht nicht so wohl dahin,
daß neue Gesetze gemacht, als vielmehr nur, daß die bereits
vorhandnen gesammlet; in Ordnung gebracht; deutlich und allgemein verständlich
vorgetragen; dabey aber auch revidirt, und wo es nöthig, den
gegenwärtigen Zeiten, Sitten, Gebräuchen, Religions- und Landes-Verfassungen,
so wie dem Recht der Natur und der Billigkeit, gemäßer eingerichtet
werden sollen.
2.
Das gantze Corps der Gesetze soll bestehen I. Aus den Sammlungen der speciellen
Rechte, welche in jeder der verschiedene Königlichen Provintzen gelten;
II. Aus einem allgemeinen subsidiarischen Gesetz-Buche,
welches in allen durch die Provintzial-Rechte nicht entschiedene
Fällen zur Richtschnur diene.
3.
Einer Abfassung des allgemeinen Gesetz-Buches soll das Corpus Juris vom
Kayser Justinian zum Grunde gelegt werden; weil
dasselbe in Sr Königlichen Majestät
Landen als ein subsidiarisches Recht durchgehends angenommen; an und für
sich das Vollständigste; auch in den meisten Seiner Entscheidungen
dem Rechte der Natur und der Billigkeit gemäß ist.
4.
Aus diesem Römische Gesetz-Buche soll jedoch weggelassen werden: a.)
Alles was auf solche Verhältnüsse
und Geschäffte sich bezieht, die nach
heutiger Verfassung nicht mehr vorkommen können; Zum Exempel, die
Lehre von der Sklaverey, von den Rechten eines Patrons auf seine Clienten
und Freygelassenen pp. b.) Alles was bloß die alte Römische
Staats- Krieg- Religions- und Gerichts-Verfassung betrifft;
oder bloß darinn und in der Denckungs-Art
den Meinungen, Vorurtheilen, Sitten, Gebräuchen und Gewohnheiten
der damaligen Zeiten, oder auch in bloßen Subtilitäten
und Chimären der alten sophistischen oder Mönchs-Philosophie
seinen Grund hat. c.) Die weitläuftigen, unnützen, mehrenteils
aus leerem Gewäsche bestehenden Prologen und Eingänge vieler
Gesetze und die bey andern angegebene gar nicht passenden Raisons
und Motiven derselben.
__
Kanones (canones)
Bezeichnung für die "kanonischen" Auslegungsmethoden, wie sie
in erster Linie von Savigny dargelegt wurden.
__
Kausalitaet, juristische
Adäquanztheorie, Äquivalenztheorie,
Alternative
Kausalität, Dazwischentreten
eines Dritten, Hypothetische Kausalität,Kummulative
Kausalität, Relevanztheorie,
Quellen: Fahl & Winkler (2008), S. 3. (siehe
obige Links), Nomos Lehrbuch Taschendefinitionen (2017), S. 67 (haftungsbegründende);
121: "Ein Verhalten ist die Ursache eines Erfolgs, wenn es unter den gegebenen
Umständen nicht hinweg gedacht werden kann, ohne dass der Eintritt
dieses Erfolgs in seiner konkreten Gestalt nach Maßgabe der anerkannten
Kausalgesetze entfiele". Hier wäre ein Verweis auf die "anerkannten
Kausalgesetze" förderlich. Auch "hinweg gedacht" ist nicht sehr klar.
__
Kollision (Normenkollision)
Unverträglichkeiten oder Widersprüche zwischen Normen.
__
Konkurrenz(en)
Man spricht von Konkurrenzen wenn mehrere Normen für einen Sachverhalt
oder Tatbestand gelten.
__
Kontrolle > AW40
Kontrolle.
__
Kritik
-
externe (nach Puppe Video Einführung in die Methodenlehre ...)
-
interne (nach Puppe Video Einführung in die Methodenlehre ...)
__
Kummulative Kausalitaet
>
Kausalität,
juristische.
Nach Fahl &Winkler (2008), S. 3: "Von zwei Bedingungen, die nur
beide zusammen den Erfolg herbeiführen, jede einzelne für sich
aber nicht, sind beide kausal."
__
Lex Lata geltendes Recht > de lege
lata.
__
Lex-lata-Grenze
Ausdruck bei Bydlinsiki (2008), S. 108ff
__
Luecken Sachverhalt der im Gesetz nicht
ausdrücklich erfasst ist.
Definition Canaris (1964), S. 198 (Zusammenfassung
der wesentlichen Ergebnisse S.197-203): "Zusammenfassend ergibt sich als
Definition der Lücke: Eine Lücke ist eine planwidrige Unvollständigkeit
innerhalb des positiven Rechts (d. h. des Gesetzes im Rahmen seines möglichen
Wortsinnes und des Gewohnheitsrechts) gemessen am Maßstab der gesamten
geltenden Rechtsordnung."
Kritik: In der Definition werden folgende Worte,
deren Begriffe und Referenzen unklar bleiben, gebraucht: planwidrig,
positives Recht, möglicher Wortsinn, Gewohnheitsrecht, gemessen oder
messen, Maßstab, gesamte geltende Rechtsordnung. Einige davon
werden im Sachregister gar nicht erwähnt: positives Recht, Maßstab,
gesamte geltende Rechtsordnung, auch nicht Rechtsordnung. Das
Beispiel zeigt eindrucksvoll, das hier lediglich der Schein einer Definition
durch die Grammatik und Form suggeriert wird, fast alle verwendeten und
anscheinend wesentliche Begriffe unklar bleiben.
Beispielliste-Canaris:
Die arabischen Zahlen verweisen auf die Paragraphen des Textes, die
römischen Zahlen mit nachfolgenden arabischen auf die Kapitel u. Fußnoten.
Abschlußpflicht 25, 149
Actio negatoria 24, 102, 159
Gehör, rechtliches 40 a. E., 51
Angleichung (und Kollisionslücken)
Arglistige Vorspiegelung (§463 BGB) 8, 48, 91, 128, 138, 140 )
Aufopferungsanspruch (im Privatrecht) 66
Ausschluß eines GmbH-Gesellschafters 95, 160
Bedingung (bei Prozeßhandlungen) 116
Bereicherung (und Minderjährigenschutz) 97 a. E. Kuppelei 106
Beseitigungsanspruch 103, 159
Betriebsrisiko 112
Bigamie 61, 77, 128, 145
Dauerschuldverhältnis 91, 95, 160
Dienstbarkeit 94 .
Drittschadensliquidation 25, 45, 150 - im Zivilrecht 71, 156
Eigentümergrunddienstbarkeit 94
Einwilligung (als Rechtfertigungsgrund) 104, 124 137
Entmündigung (bei Rauschgiftsucht) 38, 178
Erbunwürdigkeit 179
Faktische Gesellschaft 25, 96,
Fürsorgepflicht 24, 111
Gefährdungshaftung 71 (zu Fn. 72), 87
Gefahrgeneigte Arbeit 111, V Fn. 37
Gehilfenhaftung 83 a. E.
Gehör rechtliches 83 59, II Fn. 31
Geschäft „für den, den es angeht" 25, 147
Geschäftsfähigkeit (Schutz mangelnder) 74, 97, 128, 152
Hausarbeitstag 182
Kindstötung 185
Kontrahierungszwang 25, 149
Kündigung (aus wichtigem Grund) 91, 95
Nichtigkeit (von Beschlüssen bei der GmbH) 56, V Fn. 40
Notstand,
entschuldigender - 71
rechtfertigender - 24, 101, 154 ff
- im Zivilrecht 71, 156
Obligationsstatut 25, 45, 52, 128, 131 f.,
Parteiwechsel im Zivilprozeß 24, 117
Persönlichkeitsrecht 115, IV Fn. 66, 180, V Fn. 57
Prokura 82
Prozeßökonomie 117
Rauschgiftsucht 38, 178
Schadensliquidation im Drittinteresse 25, 45, 150
Tonbandaufnahme 183
Treuepflicht 24, 111
Uneheliches Kind 21 a. E., 67, 127, 141
Verbotsirrtum 98, 158
Vertreter, Strafbarkeit des gesetzlichen - 188
Vorspiegelung (§ 463 BGB) 8, 48, 91, 128, 138, 140
Waffengleichheit im Zivilprozeß 100
Wahlfeststellung 25, 124, 148
Werkvertrag (§ 618 III) 64, 141, 173
Widerklage 100
Willensmängel (bei der Gründung einer AG) 96, 152
Witwenrente 82
Zurückbehaltungsrecht, handelsrechtliches 66, 142
__
Meinen einer der häufigsten
Fehler in der Rechtsprechung, Rechtswissenschaft und Hilfswissenschaften
(z.B. forensische Psychiatrie). Meinen ist eine Aussage oder ein Urteil
ohne Begründung oder Belege.
__
metaphysische Anmaßung
__
Methode
fehlt im Alpmann (2014, Hrsg.), erfasst nur spezielle wie idealtypisch-vergleichende,
intuitive, klinische, biologische, psychologische.
__
Methoden (rechtswissenschaftliche Arbeit
und Anwendung) nach Larenz (1991)
-
Historisch-philosophische (systematische) Methode (Savigny)
-
Begriffsjurisprudenz
-
Positivistische Rechtstheorie
-
Abwendung vom Positivismus 1. Hälfte 20. Jhd.
-
2. Hälfte 20. Jhd.:
__
Methodologie
Anmerkung: Fehlt im Alpmann (2014, Hrsg.)
__
Mueller-Erzbach, Rudolf
(1874-1959) Vertreter der Interessenjurisprudenz.
__
Natuerliches Recht (Kirchmann)
Natürliches Rechtsempfinden des Volkes.
fehlt im Alpmann (2014, Hrsg.), aber Naturrecht.
__
Naturrecht
mehrdeutiger Begriff, der meist von seinen VerwenderInnen nicht richtig
definiert wird.
-
NaturrechtAMR im Sinne der Allgemeinen Menschenrechte,
ewige, nicht aufhebbare Gesetze
-
Naturrecht? ohne nähere Spezifikation, also völlig
unklar.
-
NaturrechtE im Sinne von Recht einfacher Menschen und
Völker.
-
Naturrechterg im Sinne eine Rechts das sich ergeben hat
auch ohne Vereinbarungen oder mündliche Überlieferungen.
-
NaturrechtG im Sinne von Gewohnheitsrecht, wobei
hier meist unklar ist, worin die Referenz beim Begriff Gewohnheitsrecht
besteht und wie es bestimmt wird.
-
NaturrechtMa im absoluten metaphysischen Sinne. Die Idee
eines Rechts unabhängig von Menschen, das sich aus der Natur oder
auch aus höheren Gewalten wie z.B. Gott ergeben soll. Wie, das
wird gewöhnlich nicht gesagt, sondern unerläutert frei phantasiert.
-
NaturrechtMr im relativen metaphysischen Sinne. Die Idee
eines Rechts für die Menschen, von dem behauptet wird, dass
es sich aus der Natur ergeben soll. Wie und warum wird gewöhnlich
nicht gesagt, sondern unerläutert frei phantasiert.
-
NaturrechtAMR im Sinne der Allgemeinen Menschenrechte,
ewige, nicht aufhebbare Gesetze
-
NaturrechtN im natürlichen Sinne (> Kirchmann), wobei
unklar bleibt, was im "natürlichen Sinne" bedeuten soll.
-
NaturrechtS als Recht des Stärkeren.
-
NaturrechtV im Sinne was das Volk unter Recht versteht,
wobei hier meist unklar ist, worin die Referenz beim Begriff Volk besteht
und wie man das Verständnis des Volkes vom Recht feststellt.
-
Naturrechtvw im Sinne eine Rechts, das sich mündlich
aufgrund von Vereinbarungen "natürlich" herausgebildet hat. Es ist
nicht aufgeschrieben in Gesetzbücher. Es gab oder gibt keine eigenen
oder gar wissenschaftlichen Rechtsberufe.
__
Negationsverbot
Ausdruck bei Rüthers et al. (2015) S. 204, Rn 331, nicht erklärt,
auch kein Eintrag im SR. Findet sich auch nicht im DRL. In: Rüthers
et al. 2018 S. 203, R 323 ja. Im https://www.rechtslexikon.net/i/index-n.htm
findet sich ebenfalls kein Eintrag.
__
Non liquet ungeklärt, unklärbar,
nicht beweisbar. Folge im Strafrecht zu Gunsten des Angeklagten ("in dubio
pro reo"), im Zivilrecht zu Lasten der anspruchserhebenden Partei. Hierzu
aus:
Riehm, Thomas (2006) Abwägungsentscheidungen in der praktischen
Rechtsanwendung: Argumentation, Beweis, Wertung. München: Beck. [GB]
"1. Das non liquet als entscheidungspsychologische Realität
Begründet wird die Unzulässigkeit eines non liquet in Rechtsfragen
zunächst mit der apodiktischen Feststellung, dass Rechtsfragen einer
Beweislastentscheidung nicht zugänglich seien.53 Die Behauptung,
bei einer Rechtsfrage sei ein non liquet nicht möglich bzw. eine Anwendung
der Beweislastregeln nicht zulässig, ist indessen eine bloße
petitio
principii. Sie ignoriert die entscheidungspsychologische Realität
eines non liquet, die auch bei der Entscheidung von Rechtsfragen eintreten
kann.54 weil sie der allgemeinen Struktur von Abwägungsentscheidungen
immanent ist. Es handelt sich dabei um die jedem Praktiker bekannte Situation,
dass er sich zwischen zwei oder mehreren Alternativen nicht entscheiden
kann, weil ihm die Gesichtspunkte für die eine Alternative ebenso
überzeugend (oder ebenso wenig überzeugend) wie die für
die andere Alternative erscheinen.
Wenn demgegenüber vom Richter verlangt wird,
er müsse sich in Rechtsfragen „zu einer bestimmten Entscheidung durchringen"55,
so wird dabei verkannt, dass ein non liquet erst dann vorliegt, wenn er
sich gerade nicht mit einer für sein persönliches Rechtsgefühl
genügenden Überzeugung zu einer bestimmten Entscheidung durchringen
konnte. Selbstverständlich bleibt es die Aufgabe des Richters, das
gesamte erforderliche Abwägungsmaterial gründlich zu ermitteln
und sorgfältig gegeneinander abzuwägen, ein schwieriges Problem
mehrfach zu durchdenken und zu diskutieren, um möglichst doch noch
eine Oberzeugung von der Richtigkeit einer Lösung zu gewinnen. Gelingt
ihm dies, so liegt kein non liquet vor; dieses setzt vielmehr gerade voraus,
dass der Richter trotz aller Bemühungen keine Lösung findet,
die in ihm das Gefühl der Überzeugung hervorruft. Ein weiteres
Abwägen kann daher bereits ex praemissione nicht zu einem bestimmten
Ergebnis führen. Wer dennoch [>116] darauf besteht, dass der Richter
im Wege der Abwägung zu einem bestimmten Ergebnis kommen müsse,
verlangt Unmögliches.56 Allenfalls würde der Richter gezwungen,
nur um des Abschlusses des Rechtsstreites willen eine subjektiv willkürliche
Entscheidung zu treffen, die nicht seiner Überzeugung entspricht.
Das wiederum widerspräche in eklatanter Weise dem Gebot rationaler
Rechtsfindung57 und würde zudem das Gerechtigkeitspotential unausgeschöpft
lassen, das in der Anwendung von Abwägungslastregeln liegt58.
2. Non liquet und "iura novit curia"
Gegen die Zulassung eines non liquet in Rechtsfragen
wird weiterhin der Grundsatz „iura novit curia" angeführt, der ein
Offenlassen der Rechtsfrage ausschließe.59 Dieser Umstand greift
indessen nicht durch. Denn dieser ungeschriebene prozess-rechtliche Grundsatz
betrifft - ebenso wie der gleichbedeutende Grundsatz "da
mihi factum, dabo tibi ius" - nicht die Frage des non liquet oder einer
Entscheidungsregel für diesen Fall. Er besagt lediglich, dass das
Gericht die anzuwendenden Rechtsnormen und hierfür ggfs. erforderliche
Normtatsachen60 grundsätzlich61 von Amts wegen zu ermitteln hat und
bei der Rechtsanwendung insgesamt nicht an den Parteivortrag gebunden ist.62
„Iura novit curia" steht also der Annahme einer Darlegungslast oder
Vortragslast in Rechtsfragen entgegen.63 Die Frage nach Entscheidungsregeln
für den Fall des non liquet, also die Existenz der Abwägungslast,
ist hiervon indessen unabhängig. Das zeigt sich bereits darin, dass
anerkanntermaßen auch in Verfahrenordnungen mit Untersuchungsgrundsatz
Beweislastregeln erforderlich sind, um etwa verbleibende Erkenntnisdefizite
aufzulösen.64 Mit der materiellen Abwägungslast und damit mit
der Anerkennung eines non liquet in Rechtsfragen hat der Grundsatz „iura
novit curia" daher nichts zu tun.
3. Non liquet und Rechtsverweigerungsverbot
Schließlich wird die Zulassung eines non liquet in der Rechtsfrage
unter Hinweis auf das Rechtsverweigerungsverbot abgelehnt.65 Dieses steht
bei näherer Betrachtung für verschiedene Einzelgesichtspunkte
auf die im Folgenden näher einzugehen ist.
a) Der richterliche Entscheidungszwang
Zunächst wird aus dem Rechtsverweigerungsverbot ein richterlicher
Entscheidungszwang abgeleitet, wonach Gerichte die Entscheidung eines Rechtfalles
nicht verweigern dürfen, nur weil sie sich in der Rechtsfrage keine
Meinung bilden können. Diese Schlussfolgerung ist zweifelsohne
richtig; sie bedeutet indessen nicht, dass die Entscheidung des Rechtsfalles
gerade aufgrund der Abwägung [>] gefunden werden muss. Dem richterlichen
Entscheidungszwang wird vielmehr auch dann genügt, wenn die Entscheidung
nicht aufgrund einer Abwägung, sondern aufgrund einer ahwägungsexternen
Entscheidungsregel, d.h. einer Ahwägungslastregel getroffen wird.
Denn auch dann wird die zu entscheidende Frage einer eindeutigen Antwort
zugeführt. Insoweit unterscheidet sieh die Behandlung des non liquet
in rechtlichen Fragen nicht von der Behandlung des non liquet in tatsächlichen
Fragen: Auch dort trifft der Richter letztlich eine Sachentscheidung. allerdings
nicht auf der Grundlage des Ergebnisses der Beweiswürdigung, sondern
aufgrund der Beweislastverteilung. also einer externen Entscheidungsregel.
In gleicher Weise kann er auch eine Rechtsfrage nicht aufgrund einer Abwägung,
sondern aufgrund einer Abwägungslastentscheidung beantworten.
b) Die richterliche Rechtsfindungsaufgabe
Verwandt mit dem Einwand des richterlichen Emseheidungszwanges
ist der Hinweis auf die in der Bezeichnung "Rechtsprechung" geradezu begrifflich
angelegte Aufgabe der Judikative, Recht zu sprechen", d.h. die Gesetze
auszulegen und anzuwenden67. Daraus wird abgeleitet, dass die Auslegung
um Anwendung der Gesetze nicht verweigert werden darf. Indessen steht auch
dieses Argument der Zulassung eines non liquet in Rechtsfragen nicht entgegen:
Soweit auch die Regeln über die Abwägungslast dem einfachen Recht
zu entnehmen sind (d.h. beim non liquet bei der Abwägung aller Umstände
des Einzelfalles).68 handelt es sieh auch bei einer Abwägungslastentscheidung
ohnehin um echte Gesetzesanwendung wie bei Beweislastentscheidungen auch.
Aber auch bei abstrakten Rechtsfragen, bei denen die Argumentationslastregeln
der Methodenlehre zu entnehmen sind.69 wird am Ende der Argumentationslastentscheidung
als Ergebnis eine bestimmte Auslegung ermittelt, und sei es auch nur in
dem Sinne, dass das Gericht nicht zu seiner Überzeugung feststellen
kann, dass es eine Rechtsnorm <bzw. einen Obersatz gibt, auf den sich
das klägerische Begehren stützen kann70. Auch ein solches Ergebnis
genügt der richterlichen Rechtsfindungsaufgabe, weil es eine abstrakt-generelle
Rechtsfrage klärt - nur eben nicht aufgrund einer Abwägung, sondern
aufgrund der Anwendung einer Abwägungslastregel.
In gleicher Weise lasst sich aus dem Dogma der Lückenlosigkeit
der Rechtsordnung nichts Entscheidendes gegen die Akzeptanz eines
rechtlichen non liquet herleiten: Dieses gebietet lediglich, dass auf jede
rechtliche Frage eine Antwort existiert.
Fußnoten
50 Vgl. auch Bydlinski, JZ 1985. 151 f.
51 Vgl. oben § 3 III 2 (S. 77 ff.).
52 Vgl. etwa Schwindel, Das non liquet in der
Tatfrage. S. 13 ff; Rosenberg, Beweislast, S. 9; Prütting,
Beweislast. S. 122; Staudinger/Coester, 1998, § 9 AGBG Rn.
162 ff; Staudinger/Schlosser. 12. Aull. 1983, § 9 AGBG
Rn. 13; wohl auch Wieczorek/Schütze/Schreiber, § 195 OVO
Rn. 1; wie hier dagegen Bydlinski, JZ 1985. 156f.; Conans,
Richtigkeit und Eigenwertung. S. 3(1: Krebs. AcP 195 (1995), S.
173 ff.
53 Vgl. etwa Rosenberg, Beweislast. S. 9: BGII
NJW 1987.901 (zur Auslegung von Willenserklärungen).
54 Vgl. soeben §4 I (S. 105IT.).
55 Vgl. Rosenberg. Beweislast. S. 9: Prütting,
Beweislast. S. 122: ähnlich RG JW 1915. 650 zur Auslegung einer Willenserklärung.
56 Ebenso Prölss FS Georgiades. S. 1065.
57 Vgl. auch Canaris, Lücken, S. 175.
58 Vgl. hierzu noch unten § 4 III 3c) (S. 130ff.)
59 Vgl. etwa Rosenberg. Beweislast S.9); Prütting,
Beweislast. S. 122.
60 d..h. den Gesetzestext und die zur Auslegung heranzuziehenden
Umstände wie etwa Gesetzesmaterialien oder im Rahmen der teleologisehen
Auslegung auch anderes. z.B. empirisches Material: vgl. dazu etwa Rüßmann,
KriV 1991.402 ff.
61 Vorbehaltlich des § 293 ZPO.
62 Vgl. dazu etwa Meier, Jura novit curia. S.
3, 60ff; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht § 131
Rn 34; Röhl, Allgemeine Rechtslehre, § 61 I (S. 489).
63 Vgl. Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht
§ 77 Rn 9 und dazu unten § 4 III 2 d) (S. 127f)
64 Vgl. nur Rosenberg. Beweislast S. 28ff; Walter,
JZ 2006, 341
65 Vgl. etwa Schumann, ZZP 81 (1968), S. 91ff.;
Oertmann,
Gesetzeszwang und Richterfreiheit, S. 26ff: Schwindel, Das non liquet
in der Tatfrage, S. 6ff."
__
Norm > AW27
juristische Norm(en), > AW26 Normen und
Werte, > Normentheorie.
Eine Norm gebietet, verbietet, gewährt (z.B. ein Recht) oder erlaubt
etwas ausdrücklich, meist unter mehr oder minder klar geäußerten
Bedingungen.
Fragen zum Thema Rechtsnormen:
-
Definition: Was "ist" eine Rechtsnorm, wie ist Rechtsnorm definiert,
also was heißt Rechtsnorm?
-
Inhalt: Was besagt die Rechtsnorm, was ist der Inhalt der Rechtsnorm?
-
Grund: Wie können Rechtsnormen begründet werden?
-
Klarheit: Ist der Inhalt der Rechtsnorm klar und allgemeinverständlich?
-
Wandel: Unterliegt oder unterlag der Inhalt der Rechtsnorm einem
Wandel?
-
Zweck: Welchem Zweck soll die Rechtsform dienen?
-
Zweckangemessenheit: Erfüllt die Rechtsnorm ihren Zweck? Wie
wird das festgestellt?
-
Geschichte: Wann wurde die Rechtsnorm geschaffen (verabschiedet,
in Kraft getreten)?
-
Entstehung: wie entstehen (Verhaltens-) Normen in der Gesellschaft?
-
Bedingungen: Gibt es Gültigkeitsbedingungen für die Rechtsnorm?
-
Vollstaendigkeit: Ist die Rechtsnorm vollständig oder sind
Lücken möglich?
-
Vertraeglichkeit: Ist die Rechtsnorm RN1 mit den anderen Rechtsnormen
RN2 .... RNn vereinbar?
-
Rang: Ist die Rechtsnorm RN1 anderen Rechtsnormen RN2 ....
RNn gleich, über- oder untergeordnet?
-
Norm-Logik: wie kann von Normen auf andere geschlossen werden?
-
Einfache Anwendung: Ist die Rechtsnorm einfach anzuwenden?
-
Bewertung: Ist die Rechtsnorm allgemein anerkannt und was heißt
allgemeine Anerkennung, wie stellt man diese fest?
__
Normative Wissenschaften
In Bezug auf Werte und Normen gibt es mehrere wissenschaftliche Fragestellungen:
-
Was sind Werte? Wie kommen sie in die Welt? Wie entwickeln und verändern
sie sich? Wie hängen Wert-Sachverhalte mit Sach-Sachverhalten zusammen?
(z.B. Es regnet und das ist gut für Wachstum und die Ernte)
-
Was sind Gebote, Verbote und Erlaubnisse? Wozu braucht man sie? Wie hängen
sie mit Wert-Sachverhalten und Sach-Sachverhalten zusammen?
__
Normentheorie
__
nulla poena sine lege -
Keine Strafe ohne Gesetz
__
nulla poena sine lege
scripta - Keine Strafe ohne schriftliches Gesetz
__
Nullhypothesen-Modell
"Es gilt die Nullhypothese: „Das methodische Grundprinzip besteht darin,
einen zu überprüfenden Sachverhalt (hier:
Glaubhaftigkeit der spezifischen Aussage) so lange zu negieren, bis
diese Negation mit den gesammelten Fakten
nicht mehr vereinbar ist. Der Sachverständige nimmt daher bei
der Begutachtung zunächst an, die Aussage sei unwahr
(sog. Nullhypothese). Zur Prüfung dieser Annahme hat er weitere
Hypothesen zu bilden. Ergibt seine Prüfstrategie,
daß die Unwahrhypothese mit den erhobenen Fakten nicht mehr in
Übereinstimmung stehen kann, so wird sie verworfen, und es gilt dann
die Alternativhypothese, daß es sich um eine wahre Aussage handelt“5.
5 BGH 1 StR 618/98 – Urteil v. 30.
Juli 1999, BGHSt 45, 164, Rdn. 12 juris."
[Sekundärquelle S. 137: Wolff, Thomas (2019) Scheinerinnerungen
und „false memory“ – aktuelle rechtliche Fragen an die Aussagepsychologie.
Forens Psychiatr Psychol Kriminol (2019) 13:136–141]
__
Obiter dictum - Gelegenheitsäußerung
__
Objektives Recht
Möllers 2017, S.37, § 2, Rn 7: "aa) In England definierte
Austin objektives Recht als Gebot und Befehl des Souveräns an seine
Untertanen." Ähnlich entwickelte Thon Ende des 19. Jahrhunderts in
Deutschland die Imperativentheorie. Für ihn ist das gesamte Recht
einer Gemeinschaft „nichts als ein Complex von Imperativen"» Ein
Rechtssatz besteht aus Geboten und Verboten".
__
Objektive Auslegung - sie
beschränkt sich auf den Gesetzestext.
__
Oeffentliches Recht
"Abteilung Öffentliches Recht
Für den Bereich des Verfassungs- und Verwaltungsrechts sowie des
Völker- und Europarechts – unter dem Begriff „Öffentliches Recht“
zusammengefasst – ist im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz
die Abteilung IV zuständig.
... ...
"Aufgabenbereiche der Referate
-
Grundrechte (IV A 1)
-
Verfassungsrecht der Staatsorganisation; Finanzverfassungsrecht (IV A 2)
-
Verfassungsgerichtsbarkeit; Justizverfassungsrecht (IV A 3)
-
Staatshaftungsrecht; Beamtenrecht; Soldatenrecht; Recht der zivilen Verteidigung
(IV A 4)
-
Datenschutzrecht; Recht der Bundesstatistik (IV A 5)
-
Rechtsprüfung; Sprachberatung; Allgemeines Verwaltungsrecht (IV A
6)
-
Polizeirecht; Recht der Nachrichtendienste; Ausweis- und Melderecht (IV
B 1)
-
Ausländer- und Flüchtlingsrecht (IV B 2)
-
Arbeits- und Sozialrecht (IV B 3)
-
Rehabilitierung (DDR-Unrecht); Gesundheitsrecht; Kranken- und Pflegeversicherungsrecht
(IV B 4)
-
Verbraucherpolitik im Sozial- und Gesundheitswesen
-
Umweltrecht; Baurecht; Recht der Kernenergie (IV B 6)
-
Menschenrechte (IV C 1)
-
Grundsatz- und Rechtsfragen der EU; Prozessrecht der EU (IV C 2)
-
Völkerrecht; Recht der Internationalen Organisationen; Internationale
Gerichtsbarkeit (IV C 3)
-
Recht der völkerrechtlichen Verträge (IV C 4)"
__
Ontisierung Das Universalienproblem
scheint in der Rechtswissenschaft namentlich nicht bekannt. Aber in der
Sache wird es von manchem erkannt, so von Rainer Wimmer in seinem Beitrag
"Weltansichten aus sprachlicher und rechtlicher Perspektive. Zur Ontisierung
von Konzepten des Rechts", in (81-95) Eichoff-Cyrus & Antos (2008).
Ich zitiere S. 82 und hebe fett-kursiv die universalienrelevante Stelle
hervor:
"Es geht in den rechtlichen Auseinandersetzungen
und Diskursen um eine Gegenstandskonstruktion und damit um eine Verdinglichung
von Vorstellungen, Begriffen und Konzepten, die aus rechtlicher Perspektive
entwickelt und begründet werden und die auf der Grundlage der Privilegierung
des rechtlichen Diskurses in unserer rechtsstaatlichen Gesellschaft in
die gemeinsprachlich konzipierte Vorstellungswelt der normalen Staatsbürger
hineingetragen wird. Der rechtliche Diskurs ist in unserer Gesellschaft
deshalb privilegiert, weil nach unserer Verfassung die Gerichte in relevanten
Situationen letztlich über die Bedeutungen von Ausdrücken zu
entscheiden haben. So hat das Verfassungsgericht verschiedentlich darüber
entschieden, was unter Gewalt zu verstehen ist. Ich spreche anstelle von
„Verdinglichung" auch von „Ontisierung". Es wird etwas als in der Wirklichkeit
seiend konzipiert und in diese hineingestellt, was in der gemeinsprachlich
bestimmten Wirklichkeitswelt der Normalbürger nicht fraglos seinen
Platz hat. Der Ausdruck Ontisierung hat gegenüber dem Ausdruck Verdinglichung
unter anderem den Vorteil, dass deutlich werden kann dass es nicht nur
um (materielle) Gegenstände geht, sondern auch um Sachverhalte. Sachverhalte
haben auch mit der Relationierung von Gegenständen zu tun. Ontisierung
ist ein Teil dessen, was man seit Berger/Luckmann (1969) die „gesellschaftliche
Konstruktion der Wirklichkeit" nennt." [Quelle1,
Quelle2,
Quelle3,
]
__
Operationalisierung
Anmerkung: Fehlt im Alpmann (2014, Hrsg.)
__
Palaestra Freier
(Sport-) Platz, mit Sand bedeckte Fläche
__
Pandektenrecht Zivilrecht (Herkunft:
Pandekten, Zusammenstellung römischer Rechtsbücher).
Savigny S. 278: "Eine bestimmte Erklärung über
den Zweck und die Bedeutung der gegenwärtigen Vorlesungen ist um so
unentbehrlicher, dab in unsren Zeiten in den juristischen
Vorträgen eine so große Mannichfaltigkeit der Methoden herrschend
geworden ist. Betrachtet man indessen diese Verschiedenheiten genauer,
so findet sich, daß in Einem Punkt fast alle Lehrer übereinstimmen,
darin nämlich, daß eine ausführliche Dogmatik des Römischen
Rechts unentbehrlich und gewißermaßen der Mittelpunkt für
das gesammte juristische Studium sey. Diese ausführliche Dogmatik,
gegründet auf einleitende Vorträge (Institutionen), und auf Rechtsgeschichte,
ist es, welche gewöhnlich, und auch hier, mit dem Namen der Pandekten
bezeichnet wird.
b verbessert aus: als"
__
petitio principii Zirkelschluss,
was zu beweisen ist, wird vorausgesetzt.
__
Phaenomenologie
Querverweise:
__
Phaenomenologische
Rechtswissenschaft > Hruschka.
-
Loidolt, Sophie (2010) Einführung in die Rechtsphänomenologie.
Eine historisch-systematische Darstellung. Tübingen: Mohr Siebeck.
__
Positives Recht
Positives Recht, eine unglückliche Wortschöpfung, bedeutet
das vom Gesetzgeber erlassene Recht. Trefflich wäre also der Ausdruck
Gesetzgeberrecht. Die Frage ist, ob es ein Recht über dem des Gesetzgebers
geben soll, z.B. die Menschenrechte, dem auch auch das Gesetzgeberrecht.
Im Islam ist das die Scharia. Im Rechtssystem der Bundesrepublik ist es
das Grundgesetz das Bundesverfassungsgericht, das Gesetze für nicht
verfassungskonform und nicht erklären kann. Das man dem Recht misstrauen
muss, wusste nicht erst der alte Fritz, sondern davon künden auch
die Ephoren. Sieht man sich vor allem - aber nicht nur - die Diktaturen
der Welt- und Zeitgeschichte an, sieht man, dass das wenig fruchtet. "Das"
Recht fühlt sich der Herrschaft verpflichtet und passt sich jedem
Unrecht an - nicht nur in Diktaturen, man kann es hier und jetzt und heute
auch in Deutschland sehen.
Material:
Von Rüthers et al. (2015) durch den Randnummernverweis 553ff im
Sachregister mit dem Recht des Nationalsozialismus gleichgesetzt.
Engisch (1971), S. 163ff
Im Glossar von Muthorst (2011) nicht enthalten.
Juraforum (Abruf 30.03.2019): "Das Wort 'Positives Recht' stammt vom
Lateinischen 'ponere bzw. positum. Bedeutet also setzen, stellen, legen.
Das hat somit wenig mit dem 'positiv' als 'Gut' zu tun, das der allgemeine
Sprachgebrauch kennt. Es ist eher das geschriebene, niedergelegte – gesetzte
Gesetz. Das positive Recht beschreibt sich als das geschriebene Gesetz
im Gegensatz zum Naturgesetz, zum Gewohnheitsrecht.
Es ist ein vom Menschen 'gesetztes' Recht. Das Naturrecht
ist dem Menschen bereits vorgegeben. Es ist die Gesamtheit der vom staatlichen
Gesetzgeber erlassenen Vorschriften, ob sie nun direkt sind oder indirekt.
Doch steht hier die Rechtswissenschaft vor einem Kontinuum der Veränderung,
das Schwierigkeiten bereitet.
Denn geltendes Recht muss durchaus 'positiv' sein.
Und zwar im Sinne des allgemeinen Sprachgebrauches. Will meinen, 'positiv'
bedeutet in diesem Zusammenhang eine Wertigkeitsanforderung der momentan
existierenden Gesellschafterstruktur."
__
Präjudizien - frühere Gerichtsentscheidungen.
Möllers (2018) Juristische Arbeitstechnik und wissenschaftliches
Arbeiten.
__
praeter legem neben dem Gesetz,
außerhalb A contra legem, secundum legem. Am Recht vorbei gehend,
nicht durch das Recht gedeckt
__
praeter verba legis - Lücke
im Gesetz.
__
Prinzip > Postulat, Grundsatz, Regel,
Axiom, Annahme
__
Psychologie, juristische
> AW30 Juristische Psychologie.
__
Puchta,
Georg Friedrich (1798-1846). Vertreter der Begriffsjurisprudenz.
Wird oft einseitig oder falsch dargestellt.
__
Radbruchsche Formel
"Wo also […] Gerechtigkeit nicht einmal erstrebt wird, können
die so geschaffenen Anordnungen nur Machtsprüche sein, niemals Rechtssätze
[…]; so ist das Gesetz, das gewissen Menschen die Menschenrechte verweigert,
kein Rechtssatz. Hier ist also eine scharfe Grenze zwischen Recht und Nicht-Recht
gegeben, während wie oben gezeigt wurde, die Grenze zwischen gesetzlichem
Unrecht und geltendem Recht nur eine Maßgrenze ist […]." [Juraforum
Abruf 14.07.19]
__
ratio legis - Sinn und Zweck des bzw.
eines Gesetzes (teleologische Auslegung)
__
rebus sic stantibus gleich
bleibende Umstände
__
Recht > AW12
Recht.
Sinn und Aufgabe des Rechts ist im Allgemeinen kein Problem und wird
von fast jedem verstanden.
__
Rechtsbegriff > Begriff,
unbestimmter Rechtsbegriff, Generalklausel. > AW15
Juristische Begriffsbildung.
__
Rechtsdogmatik > AW25
Rechtsdogmatik.
Lehre von aktuell geltenden Recht
nach den Gesetzen, Rechtsprechung, Gewohnheitsrecht und ihrer Auslegung.
Eine wenig gelungene Wortschöpfung. Weder "Dogmatik" noch "Rechtsdogmatik"
kommt bei Kelsen (1960) im gesamten Buch
(nut 2 Lit.). Auch im Alpmann (2014, Hrsg.) fehlen "Dogmatik" und "Rechtsdogmatik".
"Fügt man zu dieser Feststellung noch die aus
der Lektüre des Gesetzes zu entnehmende Feststellung hinzu, daß
der Gesetzestext- zusammen mit den Feststellungen über den Einzelsachverhalt
- nicht zur deduktiv vollständigen Begründung der Rechtsfolge
ausreicht, so ist damit die Aufgabe der Dogmatik gegeben: Sie hat diejenigen
Sätze zu ermitteln, um welche das Gesetz ergänzt werden muß,
damit eine notwendige Bedingung der Gleichbehandlungsforderung erfüllt
werden kann: die deduktiv vollständige Entscheidungsbegründung.
Die Gesamtheit des geltenden Rechts
kann demnach unterteilt werden in zwei Systeme: das kodifizierte Recht,
welches sich dadurch auszeichnet, daß sein Wortlaut im Sinne einer
bestimmten Buchstabenfolge2 innerhalb eines bestimmten ausgezeichneten
Textes immun ist, und das nicht-kodifizierte Recht, welches zu finden Aufgabe
der Dogmatik ist"
Quelle S. 106: Savigny, Eike von (1974) Die Rolle
der Dogmatik - wissenschaftstheoretisch gesehen. In (100-109) Neumann et
al. (1974).
"Der deutsche Begriff der Rechtsdogmatik bezeichnet
damit einerseits eine Tätigkeit – die systematisch-wissenschaftliche
Arbeit am geltenden Recht – und andererseits das Produkt bzw. den Gegenstand
dieser Tätigkeit. Auch wenn bislang keine Definition dieses Begriffs
allgemeine Anerkennung gefunden hat (vgl. etwa Esser 1974, S. 533 f.; de
Lazzer 1975, S. 90 ff.; Alexy 1983, S. 307 ff. m.w.N.), so lässt sich
„Dogmatik“ in diesem Sinne verhältnismäßig unproblematisch
als „ein System von Sätzen“ definieren, „mit denen das geltende Recht
begrifflich-systematisch durchdrungen und auf abstraktere Institute zurückgeführt
wird, um so seine Anwendung zu steuern“ (Volkmann 2005, S. 262). Diese
Definition trifft das Selbstverständnis einer dogmatischen Rechtswissenschaft
wie sie in Deutschland praktiziert wird; ihr Autor kann sich damit auf
so unterschiedliche Autoren wie Paul Laband, Josef Esser, Friedrich Müller
und Robert Alexy stützen."
Quelle Rn 2: Prof. Dr. Nils Jansen (2011) Rechtsdogmatik
im Zivilrecht. [Online Abruf 21.03.2019]
"2. Aufgabe der Rechtsdogmatik ist es, das geltende Recht möglichst
rational nach bestimmten Regeln zu finden, konkret anzuwenden und überzeugend
nachvollziehbar zu erklären. Es geht nicht um "Wahrheit", sondern
um "Richtigkeit" im Rahmen eines Rechtssystems. Dabei sollen sich die Lösungen
von Rechtsfragen möglichst widerspruchsfrei in das System einfügen.
Gleichzeitig sollen sie den konkreten Bedürfnissen der Gesellschaft
auf der Basis gemeinsamer Grundvorstellungen von Gerechtigkeit gerecht
werden (Folgenabwägung). Die R. systematisiert den unübersichtlichen
Rechtsstoff, macht Ordnungszusammenhänge durchschaubar und bietet
generell anwendbare Lösungsmuster für bestimmte Arten von Rechtsfragen.
Wenn neue Probleme auftreten, bietet die Rechtsdogmatik nach kritisch-offenem
Diskurs für weitere Fälle Lösungsangebote, ohne dass alle
Fragen stets wieder neu diskutiert werden müssten. Dadurch werden
rechtliche Entscheidungen besser vorhersehbar. Die Dogmatik – eine Art
"gespeicherte Diskussion" (Bernd Rüthers) – rationalisiert und stabilisiert
das Recht, bietet aber gleichzeitig durch ihre Systematik auch die Voraussetzung
für Entscheidungskritik, Rechtsfortbildung und Rechtserneuerung. Sie
deckt argumentative Schwächen von Rechtsentscheidungen auf. Es geht
um die vielfältigen Fragen der Auslegung von Rechtstexten, der Feststellung
und regelgerechten Füllung von Rechtslücken und erforderlichenfalls
um Fortbildung des Rechts. Trotz der konservativ-stabilisierenden Funktion
darf R. also nie "dogmatisch" im Sinn tabuisierter Sätze sein, sondern
muss stets offen bleiben für neue Entwicklungen. Wer deutlich bessere
Argumente hat, dessen Meinung soll sich bei richtig verstandener Rechtsdogmatik
durchsetzen."
Quelle: Institut für Weltanschauungsrecht (Online
Abruf 21.03.2019).
__
Rechtserforschungspflicht
wichtig
für den Verbotsirrtum
__
Rechtsfolge
-
DRL Rechtsfolge (Stand 2001): "Rechtsfolge
ist die durch eine —> Rechtsnorm für den abstrakten —» Tatbestand
dieser Norm vorgeschriebene abstrakte Folge (zB: Wer als Verkäufer
einen Kaufvertrag über eine Sache abschließt, ist verpflichtet,
dem Käufer die Sache zu übergeben und ihm Eigentum an der Sache
zu verschaffen, vgl § 433 II BGB). Sie ist damit einer der beiden
wesentlichen Teile der Rechtsnorm. Mit dem Tatbestand steht sie im Verhältnis
von Voraussetzung und Ergebnis oder von Ursache und Wirkung.
Die R. ist grundsätzlich in der Norm selbst enthalten. Der Gesetzgeber
kann sie aber auch im Wege der Verweisung festlegen (—> Rechtsfolgenverweisung).
Bei der —> Analogie wird sie ohne gesetzliche Festlegung in der Weise gefunden,
daß die R. eines (bestehenden) Rechtssatzes auf einen (ungerechterweise)
nicht erfaßten Tatbestand ausgedehnt wird. Umgekehrt wird bei der
—> Reduktion die gesetzlich angeordnete R. auf einen (ungerechterweise)
erfaßten Tatbestand nicht angewandt. Bei der —> Subsumtion der —>
Rechtsanwendung wird, falls der konkrete Sachverhalt als konkreter einzelner
Fall des abstrakten Tatbestandes angesehen wird, die abstrakte R. in konkreter
Form als konkrete R. ausgesprochen (zB Müller ist verpflichtet, dem
Meyer das Radio zu übergeben und ihm Eigentum an dem Radio zu verschaffen).
Im einzelnen sind die Rechtsfolgen innerhalb der einzelnen Rechtsgebiete
sehr unterschiedlich. So stehen etwa im Privatrecht die Rechte und Pflichten
im Vordergrund. Im Strafrecht bestehen die R. meist in Strafen. Im Prozeßrecht
werden insbesondere die Gestaltungsvarianten des Verfahrensablaufs geordnet.
Einzelne Rechtssätze sind auch unvollständig. (Kö)
Schrifttum: Larenz Methodenlehre
der Rechtswissenschaft, 6. Aufl 1991, II Kap 2,1."
Fragen an Rechtsfolgen:
-
Welche Rechtsfolgen gibt es?
-
Welche Rechtsfolgen sollte es geben?
-
Muss jede Rechtsnorm eine Rechtsfolge enthalten?
-
Welchem Zweck soll die Rechtsfolge dienen?
-
Erfüllt die Rechtsfolge diesen Zweck?
__
-
DRL Rechtsfolgenirrtum ist die falsche Vorstellung über die Rechtsfolgen
eines Verhaltens bzw einer Erklärung. Er ist nur dann beachtlich,
wenn die Rechtsfolgen Inhalt der Erklärung dh unmittelbar [> 3469]
Gegenstand der Erklärung sind (str). Anderenfalls würde die Rechtssicherheit
beeinträchtigt. (Kö)"
-
__
Rechtsfolgenseite
__
Rechtsfortbildung (Richterrecht)
>
AW24
Rechtsfortbildung (Richterrecht).
Durch Richter geschaffenes Recht; ein Unding in einem Rechtsstaat mit
Gewaltenteilung.
fehlt im Alpmann (2014, Hrsg.)
Im SR Möller 2017:
Rechtsfortbildung § 1 77 ff., § 6 13, 81 ff., 149 ff., §
11 23, § 14 97, 103 f.
- Abgrenzung § 4 34 ff., § 6 13
- als Gewohnheitsrecht § 3 23 f.
- contra legem § 1 58, § 7 86 ff., § 8 76 ff., §
13 21 f.
- Einzelanalogie s. Einzelanalogie
- folgenorientierte Überlegungen § 13 47
- Gesamtanalogie s. Gesamtanalogie
- gesetzesimmanente § 13 17
- gesetzeskonkretisierende § 1 77 ff., § 6 81 ff.
- gesetzesübersteigende § 13 18 f.
- Grenzen § 7 79 ff., § 13 4 ff., 81, 110 ff.
- praeter legem s. Rechtsfortbildung, gesetzesübersteigende
- primärrechtskonforme § 8 24 ff., § 13 79
- richtlinienkonforme § 8 55 ff., 60 ff., § 13 80
- teleologische Reduktion s. Teleologische
Reduktion
- unzulässige § 13 8, 24 ff.
- verdeckte § 13 9 ff.
- verfassungskonforme § 7 64 ff.
- zulässige § 13 8
Rechtsfortbildungsfunktion § 9 10
__
Rechtsinstitut
Zusammengefasste Rechtsgrundsätze zu einem bestimmten Sachgebiet
(Baurecht, Umweltrecht, Familienrecht).
Wikipedia (Abruf
24.02.19): "Ein Rechtsinstitut (auch Rechtseinrichtung oder Rechtsfigur)
besteht aus den zur rechtlichen Beurteilung eines bestimmten Lebenssachverhalts
durch Gesetzgebung, Rechtsprechung und Rechtswissenschaft entwickelten
Rechtsgrundsätzen.[1] Beispiele sind die „Betriebsrisikolehre“, das
„Berufsbeamtentum“, die Sicherungsübereignung oder die „Actio libera
in causa“." .
Fehlt im Alpmann (2014, Hrsg.).
__
Rechtsmissbrauchsverbot
Das ist ein wichtiges, gerechtes aber schwieriges Rechtsprinzip, das
im Schweizer Recht einen eigenen Artikel hat, nämlich: Art. 2 Abs.
2: ZGB der Schweiz: »Der offenbare Missbrauch eines Rechts
findet keinen Rechtsschutz«
__
Rechtsnorm Wenn Tatbestand
(Sachverhalt), dann Rechtsfolge (RF)
-
DRL Rechtsnorm (Stand 2001): "Rechtsnorm ist
die einzelne rechtliche Sollensanforderung, der einzelne —> Rechtssatz.
Ein klassisches Beispiel hierfür bietet etwa § 823 I BGB mit
den Worten: Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper,
die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein anderes Recht eines
anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatze des daraus
entstehenden Schadens verpflichtet. Diese Vorschrift nennt also bestimmte
Voraussetzungen (wer ... verletzt) und setzt für den Fall des Vorliegens
eine bestimmte Folge fest (ist... verpflichtet). Sie enthält also
einen —>Tatbestand und eine —> Rechtsfolge und verknüpft beide in
der Weise, daß für einen Tatbestand eine Rechtsfolge gilt (Geltungsanordnung:
Für (jeden Fall von) Tatbestand T gilt (ein Fall von) Rechtsfolge
R.
Neben der vollständigen R. stehen unvollständige
Rechtsnormen, welche nicht in gleicher Weise Tatbestand und Rechtsfolge
verbinden. Hierher gehören etwa erläuternde Rechtssätze
(zB § 90 BGB Sachen im Sinne des Gesetzes sind nur körperliche
Gegenstände), einschränkende Rechtssätze (zB § 460
I 1 BGB: Der Verkäufer hat einen Mangel der gekauften Sache nicht
zu vertreten, wenn der Käufer den Mangel bei dem Abschlüsse des
Kaufvertrags kennt) oder verweisende Rechtssätze (zB § 823 II
BGB: Die gleiche Verpflichtung trifft den, welcher gegen ein den Schutz
eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt). (Kö)"
Schrifttum: Larenz Methodenlehre
der Rechtswissenschaft, 6. Auf! 1991, II Kap 2. "
Fragen an eine Rechtsnorm (ohne
Anspruch auf Vollständigkeit):
-
Definition: Was "ist" eine Rechtsnorm, wie ist Rechtsnorm definiert,
also was heißt Rechtsnorm?
-
Inhalt: Was besagt die Rechtsnorm, was ist der Inhalt der Rechtsnorm?
-
Grund: Wie können Normen begründet werden?
-
Klarheit: Ist der Inhalt der Rechtsnorm klar und allgemeinverständlich?
-
Wandel: Unterliegt oder unterlag der Inhalt der Rechtsnorm einem
Wandel?
-
Zweck: Welchem Zweck soll die Rechtsform dienen?
-
Zweckangemessenheit: Erfüllt die Rechtsnorm ihren Zweck?
-
Geschichte: Wann wurde die Rechtsnorm geschaffen (verabschiedet,
in Kraft getreten)?
-
Entstehung: wie entstehen (Verhaltens-) Normen in der Gesellschaft?
-
Bedingungen: Gibt es Gültigkeitsbedingungen für die Rechtsnorm?
-
Vollstaendigkeit: Ist die Rechtsnorm vollständig oder sind
Lücken möglich?
-
Vertraeglichkeit: Ist die Rechtsnorm RN1 mit den anderen Rechtsnormen
RN2 .... RNn vereinbar?
-
Rang: Ist die Rechtsnorm RN1 anderen Rechtsnormen RN2 ....
RNn gleich, über- oder untergeordnet?
-
Norm-Logik: wie kann von Normen auf andere geschlossen werden?
-
Einfache Anwendung: Ist die Rechtsnorm einfach anzuwenden?
-
Sonst: Sonstiges, bislang nicht berücksichtigtes.
__
Rechtssatz
Das DRL verwendet Rechtssatz und Rechtsnorm synonym, auch Larenz 1991,
S. 250: "Der Ausdruck „Rechtssatz" wird hier also gleichbedeutend mit dem
Ausdruck „Rechtsnorm" gebraucht. Dies rechtfertigt sich eben daraus, daß
die Rechtsnorm sprachlich nur als ein Satz (oder als ein Gefüge von
Sätzen) ausgedrückt werden kann. KELSEN (Reine Rechtslehre, 2.
Aufl., S. 73 ff.) behält den Ausdruck „Rechtssatz" den Sätzen
der Rechtswissenschaft vor. Diese enthalten Aussagen über den Inhalt
oder die Geltung von Rechtsnormen; sie sind Aussagesätze, die sich
inhaltlich auf Normen beziehen, aber selbst keine Normen." Diese
Unterscheidung Kelsens (K8-jNorm Rechtssatz)
erscheint mir sinnvoll.
__
Rechtsquellen üblicherweise
die Gesetze, Richterrecht, Gewohnheitsrecht.
__
Rechtssyllogismus
Verträge sind einzuhalten. (Norm)
A. und B. haben einen Vertrag geschlossen. (Tatbestand)
A. und B. müssen den Vertrag einhalten. (Folgerung, Entscheidung).
__
Rechtstatsachenforschung
- sie erforscht das rechtliche Verhalten im sozialen und gesellschaftlichen
Leben und gehört damit zur Soziologie.
__
Rechtstheorie
als autonom handelndes Subjekt
"Die Rechtstheorie betrachtet und analysiert die bei der dogmatischen
Arbeit anfallenden Erscheinungen und Probleme. SieKaut
denkt über das Wirken der Dogmatik nach und erarbeitet eine über
dieser liegende Abstraktionsebene, auf welcher die Rechtsnormen als solche
Gegenstand der Betrachtung sind. Rechtstheorie ist also eine Art Meta-Dogmatik."
Quelle S. 14f: Rüthers, Bernd; Fischer, Christian
& Birk, Axel (2015) Rechtstheorie. Begriff, Geltung und Anwendung
des Rechts. München: Beck.
Kommentar Rechtstheorie:
Die Rechtstheorie ist eine Konstruktion des menschlichen Geistes, sie denkt
nicht nach und sie handelt nicht. In dieser Formulierung zeigt sich ein
naiver und falscher Platonismus, der geradezu typisch für das gesamte
Rechts(un)wesen ist.
__
Rechtsverdrehung
als technisches Grundprinzip
"Der zuständige Oberstaatsanwalt Wolfhard Meindl beschrieb seine
Lage vor dem Ausschuss so: "Mein Auftrag war: Führe ein Wiederaufnahmeverfahren
zugunsten Gustl Mollaths." Nur: Wo nimmt man einen Wiederaufnahmegrund
her? Eine undankbare Aufgabe, aber nicht unlösbar: "Ein guter Jurist
kann alles in jede Richtung schreiben", sagte Meindl vor dem Ausschuss.
"Sie können Unschuldige hinter Gitter bringen, einen Schuldigen freisprechen."
..." [Spiegel 27/2014 vom 30.06.2014]
__
Rechtsverweigerungsverbot
>
richterlicher
Entscheidungszwang.
Wikipedia Abruf 22.03.2019: "Seit dem 19. Jahrhundert besteht in den
europäischen Rechtsordnungen grundsätzlich ein „Rechtsverweigerungsverbot“,
d. h. eine Pflicht der Richter, ihnen vorliegende Fälle zu entscheiden,
und damit auch ein Zwang zur Interpretation und Lückenfüllung
der Gesetze.[26]"
Rüthers
et al /2018).
Schumann, Ekkehard (1968) Das Rechtsverweigerungsverbot. Historische
und methodologische Bemerkungen zur richterlichen Pflicht, das Recht auszulegen,
zu ergänzen und fortzubilden. ZZP 81, S. 79-102.
DRL: "Entscheidungszwang ist die Pflicht des Gerichts,
eine bei ihm anhängige Sache zu entscheiden, als Konsequenz aus dem
Erfordernis — »lückenlosen Rechtsschutzes und der staatliche
Justizgewährungspflicht. Der E. besteht a grundsätzlich bei nicht
eindeutiger oder gar fehlender gesetzlicher Regelung. Der Richter gegebenenfalls
durch Auslegung oder > Rechtsfortbildung einen Rechtssatz zur Entscheidung
finden, im Extremfall mangels rechtlicher Anhaltspunkte und bei Respektierung
der Gewaltenteilung einen Anspruch als unbegründet zurück weisen;
er darf nicht wegen fehlender G eine Entscheidung verweigern (> Entscheidungspflicht)."
DRL: "Entscheidungspflicht des Gerichts. Sie folgt
aus dem Rechtsstaatsprinzip (> Rechtsstaat) und dem staatlichen Rechtsprechungsmonopol;
das damit korrespondierende Verbot der Selbsthilfe hat eine staatliche
>Justizgewährungspflicht zur Folge (BGHZ 67, 187). Das ist die Pflicht
des angerufenen Gerichts, stets eine prozessual ordnungsgemäß
zustande kommende und im Einklang mit dem materiellen Recht stehende Entscheidung
zu treffen, auch da, wo keine unmittelbar „passende“ Rechtsvorschrift besteht.
Diese Justizgewährungspflicht und die sich daraus ergebende Entscheidungspflicht
gilt auch für Inzidentfragen (BVerfGE 46, 34). Bei nicht eindeutiger
Gesetzesregelung oder gar bei fehlender Regelung kann der Richter nicht
auf eine Entscheidung verzichten. Die Gerichte unterliegen der Entscheidungspflicht
(>Entscheidungszwang), dem Rechtsverweigerungsverbot. Der Richter muß
entscheiden, wobei seine Aufgabe und Befugnis zur Auslegung wie auch notfalls
zur schöpferischen >Rechtsfortbildung im Grundsatz nicht umstritten
ist. Siehe auch >Entscheidungszwang. (Grü)"
__
Rechtswissenschaft
-
DRL (Stand 2001): "Rechtswissenschaft ist die das
—> Recht betreffende Wissenschaft, Sie ist eine Geisteswissenschaft und
eine Sozialwissenschaft im weiteren Sinn. Mit ihnen teilt sie die überwiegende
Verwendung der geisteswissenschaftlichen Methoden des Verstehens von Texten.
Sie gliedert sich herkömmlich in —»Rechtsphilosophie (bzw —>
Rechtstheorie), —> Rechtssoziologie, —> Rechtsgeschichte, Rechtsvergleichung,
—> Rechtspolitik und —> Rechtsdogmatik.
Historisch geht die europäische R. auf die klassische römische
Jurisprudenz zurück, deren Ergebnisse Kaiser Justinian (527—565) in
den —> Digesten oder —> Pandekten zusammengefaßt hat. Seit dem 11.
Jahrhundert begann die erneute wissenschaftliche Beschäftigung mit
dem römischen Recht und dem von ihm beeinflußten kirchlichen
Recht. Von Bologna aus verbreitete sich diese Tätigkeit mit den neugegründeten
Universitäten über ganz Europa. Beeinflußt von der R. fand
das römische Recht in abgewandelter Form als —> gemeines Recht an
vielen Orten Eingang. Daneben entwickelte sich ein säkularisiertes
—> Naturrecht (Vernunftrecht), welches das Recht allein von der Vernunft
her zu bestimmen versuchte. In Abkehr von diesem schwierigen Unterfangen
entstand zu Beginn des 19. Jahrhunderts die —> historische Rechtsschule
mit dem Programm einer (geschichtlichen, am römischen Recht orientierten)
Wissenschaft des positiven Rechts. Aus ihr erwuchs im Zusammenhang mit
der vertieften wissenschaftlichen Befassung mit den Pandekten (—> Pandektistik)
die -> Begriffsjurisprudenz und der —> Rechtspositivismus. Sie wurden von
—> freier Rechtsschule und von der —> Interessenjurisprudenz bekämpft.
Die gegenwärtige R. ist durch pluralistische Vielfalt im Streit um
die Methode gekennzeichnet. (Kö)
Schrifttum: Stintzing/Landsberg
Geschichte der deutschen Rechtswissenschaft, Bd 1 ff, 1880 ff; Thieme Das
Naturrecht und die europäische Privatrechtsgeschichte, 2. Aufl 1954;
Enneccerus, L. /Nipperdey, H. C. Allgemeiner Teil des bürgerlichen
Rechts, 15. Aufl 1959, §§ 16 ff; Wieacker Privatrechtsgeschichte
der Neuzeit, 2. Aufl 1967; Mitteis/Lieberith Deutsche Rechtsgeschichte,
19. Aufl 1992; Schlosser Grundzüge der neueren Privatrechtsgeschichte,
8. Aufl 1996; KöblerJuristisches Wörterbuch, 8. Aufl 1996; Köbler
Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte, 1997."
__
Reichskammergericht. "Eine
wichtige „Klammerfunktion“ 16 (Eisenhardt) bis zur Auflösung des Reiches
im Jahre 1806 nahmen das mit der Reform neu errichtete Reichskammergericht
sowie der bereits bestehende Reichshofrat wahr: Beide
galten als oberste Berufungsorgane im Reich, konnten jedoch auf Grund der
starken Territorialmächte nur bedingt in die Gerichtsbarkeit
der Territorien und Städte eingreifen. Der Kaiser
hatte – gegen Entrichtung entsprechender Zahlungen -
zahlreichen Fürsten das sogenannte „privilegium
non appellando“ (p.a.) zugebilligt, demzufolge bestimmte gerichtliche Ent-
scheidungen auf territorialer Ebene als endgültig
galten und nicht vor dem 16 Insgesamt war die Reichsgewalt aber sehr
schwach: Das Reich besaß keine eigenen Steuereinkünfte (ein
sogenannter „Reichs pfennig“ wurde vergeblich eingeführt) und war
im Übrigen vom Wohlwollen der Fürsten abhängig. 23 Reichskammergericht
angefochten werden konnten. Das „privilegium non appellando illimitatum“
(p.a.i.) hin gegen, also das unbegrenzte Privileg, welches jegliche
Berufung vor dem Reichskammergericht ausschloss, wurde in der Geschichte
des Reiches nur den Kurfürstentümern (s. ebenda) zugebilligt.
" [Q]
__
Relevanztheorie >
Kausalität,
juristische.
Nach Fahl &Winkler (2008), S. 3: "Es kommen nur solche Bedingungen
in Betracht, die im Hinblick auf den tatbestandlichen Erfolg relevant sind."
Zirkulär.
__
Richterlicher Entscheidungszwang
> Rechtsverweigerungsverbot.
Riehm, Thomas (2006) Abwägungsentscheidungen in der praktischen
Rechtsanwendung: Argumentation, Beweis, Wertung. München: Beck. [GB]
1. Das non liquet als entscheidungspsychologische Realität
Begründet wird die Unzulässigkeit eines non liquet in Rechtsfragen
zunächst mit der apodiktischen Feststellung, dass Rechtsfragen einer
Beweislastentscheidung nicht zugänglich seien.53 Die Behauptung,
bei einer Rechtsfrage sei ein non liquet nicht möglich bzw. eine Anwendung
der Beweislastregeln nicht zulässig, ist indessen eine bloße
petitio
principii. Sie ignoriert die entscheidungspsychologische Realität
eines non liquet, die auch bei der Entscheidung von Rechtsfragen eintreten
kann.54 weil sie der allgemeinen Struktur von Abwägungsentscheidungen
immanent ist. Es handelt sich dabei um die jedem Praktiker bekannte Situation,
dass er sich zwischen zwei oder mehreren Alternativen nicht entscheiden
kann, weil ihm die Gesichtspunkte für die eine Alternative ebenso
überzeugend (oder ebenso wenig überzeugend) wie die für
die andere Alternative erscheinen.
Wenn demgegenüber vom Richter verlangt wird,
er müsse sich in Rechtsfragen „zu einer bestimmten Entscheidung durchringen"55,
so wird dabei verkannt, dass ein non liquet erst dann vorliegt, wenn er
sich gerade nicht mit einer für sein persönliches Rechtsgefühl
genügenden Überzeugung zu einer bestimmten Entscheidung durchringen
konnte. Selbstverständlich bleibt es die Aufgabe des Richters, das
gesamte erforderliche Abwägungsmaterial gründlich zu ermitteln
und sorgfältig gegeneinander abzuwägen, ein schwieriges Problem
mehrfach zu durchdenken und zu diskutieren, um möglichst doch noch
eine Oberzeugung von der Richtigkeit einer Lösung zu gewinnen. Gelingt
ihm dies, so liegt kein non liquet vor; dieses setzt vielmehr gerade voraus,
dass der Richter trotz aller Bemühungen keine Lösung findet,
die in ihm das Gefühl der Überzeugung hervorruft. Ein weiteres
Abwägen kann daher bereits ex praemissione nicht zu einem bestimmten
Ergebnis führen. Wer dennoch [>116] darauf besteht, dass der Richter
im Wege der Abwägung zu einem bestimmten Ergebnis kommen müsse,
verlangt Unmögliches.56 Allenfalls würde der Richter gezwungen,
nur um des Abschlusses des Rechtsstreites willen eine subjektiv willkürliche
Entscheidung zu treffen, die nicht seiner Überzeugung entspricht.
Das wiederum widerspräche in eklatanter Weise dem Gebot rationaler
Rechtsfindung57 und würde zudem das Gerechtigkeitspotential unausgeschöpft
lassen, das in der Anwendung von Abwägungslastregeln liegt58.
2. Non liquet und "iura novit curia"
Gegen die Zulassung eines non liquet in Rechtsfragen
wird weiterhin der Grundsatz „iura novit curia" angeführt, der ein
Offenlassen der Rechtsfrage ausschließe.59 Dieser Umstand greift
indessen nicht durch. Denn dieser ungeschriebene prozess-rechtliche Grundsatz
betrifft - ebenso wie der gleichbedeutende Grundsatz "da
mihi factum, dabo tibi ius" - nicht die Frage des non liquet oder einer
Entscheidungsregel für diesen Fall. Er besagt lediglich, dass das
Gericht die anzuwendenden Rechtsnormen und hierfür ggfs. erforderliche
Normtatsachen60 grundsätzlich von Amts wegen zu ermitteln hat und
bei der Rechtsanwendung insgesamt nicht an den Parteivortrag gebunden ist.62
„Iura novit curia" steht also der Annahme einer Darlegungslast oder
Vortragslast in Rechtsfragen entgegen.63 Die Frage nach Entscheidungsregeln
für den Fall des non liquet, also die Existenz der Abwägungslast,
ist hiervon indessen unabhängig. Das zeigt sich bereits darin, dass
anerkanntermaßen auch in Verfahrenordnungen mit Untersuchungsgrundsatz
Beweislastregeln erforderlich sind, um etwa verbleibende Erkenntnisdefizite
aufzulösen.64 Mit der materiellen Abwägungslast und damit mit
der Anerkennung eines non liquet in Rechtsfragen hat der Grundsatz „iura
novit curia" daher nichts zu tun.
3. Non liquet und Rechtsverweigerungsverbot
Schließlich wird die Zulassung eines non liquet in der Rechtsfrage
unter Hinweis auf das Rechtsverweigerungsverbot abgelehnt.65 Dieses steht
bei näherer Betrachtung für verschiedene Einzelgesichtspunkte
auf die im Folgenden näher einzugehen ist.
a) Der richterliche Entscheidungszwang
Zunächst wird aus dem Rechtsverweigerungsverbot ein richterlicher
Entscheidungszwang abgeleitet, wonach Gerichte die Entscheidung eines Rechtfalles
nicht verweigern dürfen, nur weil sie sich in der Rechtsfrage keine
Meinung bilden können. Diese Schlussfolgerung ist zweifelsohne richtig;
sie bedeutet indessen nicht, dass die Entscheidung des Rechtsfalles gerade
aufgrund der Abwägung [>] gefunden werden muss. Dem richterlichen
Entscheidungszwang wird vielmehr auch dann genügt, wenn die Entscheidung
nicht aufgrund einer Abwägung, sondern aufgrund einer ahwägungsexternen
Entscheidungsregel, d.h. einer Abwägungslastregel getroffen wird.
Denn auch dann wird die zu entscheidende Frage einer eindeutigen Antwort
zugeführt. Insoweit unterscheidet sieh die Behandlung des non liquet
in rechtlichen Fragen nicht von der Behandlung des non liquet in tatsächlichen
Fragen: Auch dort trifft der Richter letztlich eine Sachentscheidung. allerdings
nicht auf der Grundlage des Ergebnisses der Beweiswürdigung, sondern
aufgrund der Beweislastverteilung. also einer externen Entscheidungsregel.
In gleicher Weise kann er auch eine Rechtsfrage nicht aufgrund einer Abwägung,
sondern aufgrund einer Abwägungslastentscheidung beantworten.
b) Die richterliche Rechtsfindungsaufgabe
Verwandt mit dem Einwand des richterlichen Entscheidungszwanges
ist der Hinweis auf die in der Bezeichnung "Rechtsprechung" geradezu begrifflich
angelegte Aufgabe der Judikative, Recht zu sprechen", d.h. die Gesetze
auszulegen und anzuwenden67. Daraus wird abgeleitet, dass die Auslegung
um Anwendung der Gesetze nicht verweigert werden darf. Indessen steht auch
dieses Argument der Zulassung eines non liquet in Rechtsfragen nicht entgegen:
Soweit auch die Regeln über die Abwägungslast dem einfachen Recht
zu entnehmen sind (d.h. beim non liquet bei der Abwägung aller Umstände
des Einzelfalles).68 handelt es sieh auch bei einer Abwägungslastentscheidung
ohnehin um echte Gesetzesanwendung wie bei Beweislastentscheidungen auch.
Aber auch bei abstrakten Rechtsfragen, bei denen die Argumentationslastregeln
der Methodenlehre zu entnehmen sind.69 wird am Ende der Argumentationslastentscheidung
als Ergebnis eine bestimmte Auslegung ermittelt, und sei es auch nur in
dem Sinne, dass das Gericht nicht zu seiner Überzeugung feststellen
kann, dass es eine Rechtsnorm <bzw. einen Obersatz gibt, auf den sich
das klägerische Begehren stützen kann70. Auch ein solches Ergebnis
genügt der richterlichen Rechtsfindungsaufgabe, weil es eine abstrakt-generelle
Rechtsfrage klärt - nur eben nicht aufgrund einer Abwägung, sondern
aufgrund der Anwendung einer Abwägungslastregel.
In gleicher Weise lasst sich aus dem Dogma der Lückenlosigkeit
der Rechtsordnung nichts Entscheidendes gegen die Akzeptanz eines
rechtlichen non liquet herleiten: Dieses gebietet lediglich, dass auf jede
rechtliche Frage eine Antwort existiert.
Fußnoten
50 Vgl. auch Bydlinski, JZ 1985. 151 f.
51 Vgl. oben § 3 III 2 (S. 77 ff.).
52 Vgl. etwa Schwindel, Das non liquet in der
Tatfrage. S. 13 ff; Rosenberg, Beweislast, S. 9; Prütting,
Beweislast. S. 122; Staudinger/Coester, 1998, § 9 AGBG Rn.
162 ff; Staudinger/Schlosser. 12. Aull. 1983, § 9 AGBG
Rn. 13; wohl auch Wieczorek/Schütze/Schreiber, § 195 OVO
Rn. 1; wie hier dagegen Bydlinski, JZ 1985. 156f.; Conans,
Richtigkeit und Eigenwertung. S. 3(1: Krebs. AcP 195 (1995), S.
173 ff.
53 Vgl. etwa Rosenberg, Beweislast. S. 9: BGII
NJW 1987.901 (zur Auslegung von Willenserklärungen).
54 Vgl. soeben §4 I (S. 105IT.).
55 Vgl. Rosenberg. Beweislast. S. 9: Prutting,
Beweislast. S. 122: ähnlich RG JW 1915. 650 zur Auslegung einer Willenserklärung.
56 Ebenso Prölss FS Georgiades. S. 1065.
57 Vgl. auch Canaris, Lücken, S. 175.
58 Vgl. hierzu noch unten § 4 III 3c) (S. 130ff.)
59 Vgl. etwa Rosenberg. Beweislast S.9); Prütting,
Beweislast. S. 122.
60 d.h.. den Gesetzestext und die zur Auslegung heranzuziehenden
Umstände wie etwa Gesetzesmaterialien oder im Rahmen der teleologischen
Auslegung auch anderes. z.B. empirisches Material: vgl. dazu etwa Rüßmann,
KriV 1991.402 ff.
61 Vorbehaltlich des § 293 ZPO.
62 Vgl. dazu etwa Meier, Jura novit curia. S.
3, 60ff; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht § 131
Rn 34; Röhl, Allgemeine Rechtslehre, § 61 I (S. 489).
63 Vgl. Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht
§ 77 Rn 9 und dazu unten § 4 III 2 d) (S. 127f)
64 Vgl. nur Rosenberg. Beweislast S. 28ff; Walter,
JZ 2006, 341
65 Vgl. etwa Schumann, ZZP 81 (1968), S. 91ff.;
Oertmann,
Gesetzeszwang und Richterfreiheit, S. 26ff: Schwindel, Das non liquet
in der Tatfrage, S. 6ff."
__
Richterrecht > Rechtsfortbildungs.
__
Rueckwirkungsverbot
__
Rechtswissenschaft > AW13
Rechtswissenschaft.
__
Sache Körperlicher, räumlich abgrenzbarer
Gegenstand.
__
Sachgerecht
__
Sachverhalt
Ein Sachverhalt ist alles, was so oder so ausgeprägt der Fall
oder gedacht sein kann oder nicht.
__
Sachverhalt
und Rechtsbegriff
Es heißt allenthalben in der juristischen
Methodologie, dass der der Sachverhalt unter die Norm(en) passen muss.
Hier ist mir allerdings unklar, was genau passen muss, da es ja auf die
Rechtsbegriffe ankommt, die Sachverhalte aber gewöhnlich in Alltagsdeutsch
beschrieben werden. .
__
Savigny,
FC
__
Schulenstreit
Seltsames und schwierig zu verstehendes Phänomen etwa zwischen
Begriffs-
und Interessenjurisprudenz. Das geltende
Recht soll rechtliche Regelungen (Gesetze, Verordnungen, Satzungen,
...) anbieten und die Richter und Behörden sollen diese Regelungen
richtig und gerecht anwenden. Hierzu braucht man nicht nur keine Schulen,
sie sind auch eher hinderlich in ihrer Einseitigkeit und Fixierung auf
eine Idee.
__
Scire leges non hoc est verba earum tenere,
sed vim ac potestatem – die Gesetze zu kennen heißt nicht, sich
an ihren Wortlaut zu halten, sondern an ihren Sinn und Zweck. Motto, das
Engisch (1971) seiner Einführung voranstellt, womit er sich
als überzeugter Ausleger outet.
__
secundum legem gesetzmäßig
(verhalten) > prater legem, >contra legem.
__
Sein und Sollen
-
Sein-Sollen-Fehlschluss: https://www.sapereaudepls.de/was-soll-ich-tun/metaethik/sein-sollen-fehlschluss/.
-
Humes Gesetz: https://de.wikipedia.org/wiki/Humes_Gesetz.
Die These lautet seit ein paar Jahrhunderten: Es "gibt" keinen Schluss
vom Sein aufs Sollen. Das ist insofern grundfalsch, als sich in fast
jedem Gesetz die logische Verbindung zwischen Tatbestand und Rechtsfolge
findet. Wenn dieser Schluss nicht zulässig sein sollte, dann dürfte
es überhaupt keine Gesetze geben, denn in Abertausenden von Gesetzen
und Verordnungen wird SEIN und SOLLEN seit Jahrtausenden verknüpft.
Und es ist auch keineswegs so, dass man dies nicht begründen könnte
und aus reiner menschlicher oder Herrschafts-Willkür resultiert.
Was soll das heißen: Ein Schluss vom Sein
aufs Sollen ist nicht begründungsfähig. Tatsächlich handelt
es sich um eine wissenschaftstheoretische Norm. Denn es gibt diesen Schluss
ja so und so oft, und zwar in fast jedem Gesetz. Aber es sollte ihn nicht
geben, meint man, weil er nicht korrekt sei. Aber das ist Unsinn, weil
jeder Sachverhalt als positiv, negativ, ambivalent oder neutral bewertet
werden kann. Es handelt sich um zwei unterschiedliche Welten,
nämlich um die wirkliche (ist) und die normative Welt (soll). Wie
kann man nun diese beiden Welten so miteinander verbinden, dass Schlüsse
möglich sind? Hierzu muss lediglich die Welt der Werte eingebracht
werden. Sei S ein Sachverhalt der wirklichen Welt und W(S) ein Werturteil
über diesen Sachverhalt, so kann man zu der Wertung des Sachverhaltes
W(S) eine Norm N(W(S)) formulieren, die besagt, S zu erhalten, zu beseitigen
oder zu erlauben. S=Ernte bedroht. W(S) nicht gut. N(W(S)) Gegenmaßnahmen
sollen ergriffen werden. Eine normative Logik kann so leicht geschaffen
werden. Wir brauchen hierzu lediglich Wertungen und Handlungsempfehlungen
(Normen).
__
Semiotisches Dreieck >
Definition
Begriff.
Es definiert die drei Seiten einer Begriffsbildung: Name, Inhalt (Bedeutung)
und Referenz in der Welt.
-
Ogden, C. K. & Richards, I. A. (1923) The Meaning
of Meaning A STUDY OF THE INFLUENCE OF LANGUAGE UPON THOUGHT AND OF THE
SCIENCE OF SYMBOLISM. New York: Harcourt, Brace & World, Inc.
Begründer des semiotischen Dreiecks p. 11:
__
Servitut Dienstbarkeit.
__
Sprache des Rechts >AW39
Sprache des Rechts.
__
Staendige Rechtsprechung
"Ständige Rechtsprechung bedeutet, dass jene Rechtsfrage seit
langer Zeit immer wieder gleich ausgelegt wird." (Juraforum Abruf 27.02.2019).
Ein solcher Verweis ist eine Bekräftigung für eine Beurteilung
oder Bewertung. Was in ständiger Rechtsprechung wiederkehrt hat gewöhnlich
ein besonderes, höheres Gewicht.
Anmerkung: Fehlt im Alpmann (2014, Hrsg.)
__
StGB Strafgesetzbuch
__
Strengbeweis > Freibeweis.
https://www.rechtslexikon.net/d/strengbeweis/strengbeweis.htm
__
Subjektives Recht individuelles
Recht, Recht des Inidividuums. Verwirrende Begriffsschöpfung.
__
Subjektive Theorie Phantastische
juristische Konstruktion, die glaubt, den Willen des Gesetzgebers
außerhalb des Gesetzestexte finden zu können, wobei, wie gewöhnlich
in der Rechtswissenschaft, nicht geklärt, wie das genau gegen soll
und zu begründen ist.
__
Subsumtion einordnen, unterordnen
Duden Subsumtion "Bedeutungsübersicht
(bildungssprachlich) einem Oberbegriff unterordnen,
unter einer Kategorie einordnen; unter einem Thema zusammenfassen
(Rechtssprache) einen konkreten Sachverhalt dem
Tatbestand einer Rechtsnorm unterordnen; prüfen, ob ein konkreter
Sachverhalt den Merkmalen einer bestimmten Rechtsnorm entspricht"
Aus dem Vorwort der
Herausgeber
Gabriel, Gottfried & Gröschner,
Rolf (2012, Hrsg.) Subsumtion. Schlüsselbegriff der juristischen Methodenlehre.
Tübingen: Mohr Siebeck.
"Vorwort der Herausgeber
»Subsumtion« ist ein traditionsreicher Terminus der Jurisprudenz.
Sein Verständnis geht auf einen etablierten logischen Gebrauch zurück.
Anders als in der Logik ist das Verfahren der Subsumtion in der Juristischen
Methodenlehre jedoch umstritten. Nicht einmal der Sinn des Wortes steht
hier fest. Er schwankt je nach Standort, Sichtweise und Sprachgebrauch
des Verwenders. Einerseits soll die Subsumtion — traditionell gesprochen
die Unterordnung eines Falles unter das einschlägige Gesetz — im deduktiven
Schema eines syllogistischen Schlusses darstellbar sein; andererseits soll
es beim Vorgang subsumierender Rechtsanwendung um enthymematische Urteile
und die rhetorische Kunst des Überzeugens durch abgewogene Argumente
gehen. Der vorliegende Band behandelt das Verhältnis der beiden Seiten
zueinander nicht als kontradiktorischen, sondern als konträren oder
genauer: polarkonträren Gegensatz. Zwischen den beiden Polen gibt
es eine Reihe wohlunterscheidbarer Positionen zur wissenschaftstheoretischen
Präzisierung des Verfahrens juristischer Entscheidungsfindung und
-begründung. ..."
Gabriel "Subsumierende und reflektierende
Urteilskraft
Zur Vermittlung zwischen Allgemeinem und Besonderem im Justizsyllogismus
Gottfried Gabriel1
»Urteil« ist nicht nur ein zentraler Terminus der Jurisprudenz,
sondern auch der Logik. Die rechtssprachliche Verwendung ist allerdings
die ursprüngliche. Der Ausdruck geht auf das althochdeutsche irteilen
im Sinne des Erteilens eines Gerichtsspruchs zurück. Ein Urteil im
logischen Sinne ist die Anerkennung einer Aussage als wahr oder falsch.
Sprechakttheoretisch gesehen, stellt es sich als Behauptung dar. Das logische
Urteil beschränkt sich auf die Entscheidung der Wahrheitsfrage. Entschieden
wird darüber, ob ein bestimmter Sachverhalt vorliegt oder nicht vorliegt.2
Für das juristische Urteil ist die Entscheidung der Wahrheitsfrage
lediglich eine Prämisse der eigentlichen Entscheidung, nämlich
darüber, welches Urteil »ergeht«, das heißt, wie
ein konkreter Fall (ein Sachverhalt oder »Tatbestand«) in Abhängigkeit
von vorgegebenen Normen (»Rechtssätzen«) zu behandeln
ist. Das juristische Urteil stellt sich demgemäß rein logisch
gesehen als eine Konklusion dar, und zwar als eine Konklusion aus zwei
Prämissen. Die erste Prämisse (der Obersatz) besteht aus einer
allgemeinen Rechtsnorm. Die zweite Prämisse (der Untersatz) besteht
aus einer Feststellung, daß der zu beurteilende Fall ein Fall des
Obersatzes ist, und die Konklusion zieht die Konsequenz aus der Anwendbarkeit
der Rechtsnorm auf den Fall.
1 Dieser Beitrag geht auf einen Vortrag zurück,
den ich am 22. Oktober 2009 auf Einladung des Hellmuth-Loening-Zentrums
für Staatswissenschaften in Jena gehalten habe. Rolf Gröschner,
Oliver W. Lembcke und weiteren Teilnehmern habe ich für die anregende
Diskussion zu danken. Ich bediene mich im folgenden in juristischen Fragen
einer vorsichtigen modalen Ausdrucksweise. Meine Ausführungen verstehen
sich als Bemühungen, die Methodologie der Rechtswissenschaft aus logischer
und erkenntnistheoretischer Perspektive zu beleuchten. Was die Rechtswissenschaft
selbst anbelangt, so wollen und können sie nur im Modus des Erwägens
und Zu-bedenken-Gebens verstanden werden.
2 Auch die logische Rede vom Sachverhalt ist aus der
Rechtssprache übernommen."
Quelle S. 1: Gabriel,
Gottfried & Gröschner, Rolf (2012, Hrsg.) Subsumtion. Schlüsselbegriff
der juristischen Methodenlehre. Tübingen: Mohr Siebeck.
Groeschner Logik und Dialogik der Subsumtion
Rolf Gröschner
Juristen subsumieren: Sie lassen lebensweltliche Sachverhalte unter
rechtliche Regelungen fallen, um das im Einzelfall geltende Recht zu erschließen.
Bei solchem »Unter-Fallen-Lassen« stellen sie fest, ob der
betreffende Sachverhalt ein »Unter-Fall« der einschlägigen
Regelung ist. So selbstverständlich erlebte, von den Fallbeteiligten
erzählte Ereignisse im juristischen Alltag unter das gesetzte Recht
gebracht oder ihm »sub-sumiert« werden, so evident sind die
Schwierigkeiten der Methodenlehre, die Praktiken des Subsumierens und mit
ihnen die Praxis der Jurisprudenz in einem wissenschaftstheoretisch überzeugenden
Modell zu erfassen. Kann aus dem »Sein« der Lebenswelt überhaupt
auf das »Sollen« des Rechts geschlossen werden?
Sind formallogische »Schlüsse«
hier nicht notwendig naturalistische Fehlschlüsse? Entgehen »Urteile«
diesem logischen Einwand? Und handelte es sich dann um Urteile über
die Unterordnung von Gegenständen unter Begriffe oder von Begriffen
unter Begriffe? Ersteres hieße im Sprachgebrauch der analytischen
Sprachphilosophie »Subsumtion«, letzteres dagegen »Subordination«.
Kann man in Kenntnis dieser terminologischen Differenzierung weiterhin
guten Gewissens sagen: »Juristen subsumieren«?
Das Inhaltsverzeichnis des vorliegenden Bandes ist
ein Spiegel dieser Problemlage. Die Themen spiegeln aber auch die verschiedenen
Versuche einer Problemlösung wider. Sie reichen vom Wechselspiel zwischen
subsumierender und reflektierender Urteilskraft (Gabriel) über die
besondere Beziehung zwischen syllogistischen Schlüssen und enthymematischen
Urteilen (van Zantwijk) bis hin zur Unterscheidung von Herstellung und
Darstellung juristischer Urteile (von Schlieffen) und zum Verweisungszusammenhang
zwischen Logik und Dialogik der Subsumtion als Thema des abschließenden
Beitrags. Dessen Verfasser ist als Dialogiker darum bemüht, mit allen
Autoren des Bandes ins Gespräch zu kommen. Sein philosophisches Verständnis
von Dialogik des Rechts und Dialogizität der Jurisprudenz stellt freilich
ein Vorverständnis dar, dem bestimmte Methodenmodelle näher liegen
als andere. Wissenschaftliche Nähebeziehungen wollen bekannt werden.
Soweit darin ein Bekenntnis zur Philosophie liegt, stärkt es ein ernsthaft
transdisziplinäres Selbstverständnis der Juristischen Methodenlehre."
Quelle S.421: Gabriel, Gottfried
& Gröschner, Rolf (2012, Hrsg.) Subsumtion. Schlüsselbegriff
der juristischen Methodenlehre. Tübingen: Mohr Siebeck.
__
supplet praetor in eo, quod legi deest (Engisch
1971, S. 134).
Gröschler, Peter (2002), Actiones in factum, S. 12: "Besonders
deutlich wird das bei der Abwandlung ziviler Klagen, die der Prätor
so in ihrem tatbestandsmäßigen Anwendungsbereich erweitert (supplet
praetor in eo quod legi deest)."
Kontext nach Martin Avenarius (Abruf
22.09.19): "Pomponius libro trigesimo nono ad Quintum MuciumD. 19,5,11Quia
actionum non plenus numerus esset, ideo plerumque actiones in factum desiderantur.
sed et eas actiones, quae legibus proditae sunt, si lex iusta ac necessaria
sit, supplet praetor in eo quod legi deest: quod facit in lege Aquilia
reddendo actiones in factum accommodatas legi Aquiliae, idque utilitas
eius legis exigit.
Weil die Zahl der Klagen nicht vollständig
ist, werden häufig actiones in factum (auf den Sachverhalt zugeschnittene
Klagen) verlangt. Aber auch jene Klagen, die in den Gesetzen vorgesehen
sind, ergänzt der Prätor, wenn das Gesetz gerecht und notwendig
ist, dort, wo das Gesetz Lücken hat: das tut er bei der lex Aquilia,
indem er actiones in factum gewährt, die der lex Aquilia angepaßt
sind, denn das verlangt der Sinn dieses Gesetzes."
__
Tatbestand
Etwas unglückliche Wortwahl für einen Sachverhalt. Bestandteil
jeder Norm, in der Sachverhalte - der "Tatbestand" - geregelt werden. Im
engeren Sinne sind es nur die rechtlich relevanten Merkmale eines Sachverhaltes.
In der sog. Normentheorie versteht man unter Tatbestand sämtliche
tatsächlichen Voraussetzungen einer Rechtsnorm.
-
objektive Straftatbestandsmerkmale: Merkmale, die außerhalb des Handelnden
liegen.
-
subjektve Straftatbestandsmerkmale: Merkmale aus dem psychischen Bereich
des Handelnden (z.B. Absicht, Wille, Wissen)
Im Juraforum wird auch von ungeschriebenen Tatbestandsmerkmalen gesprochen.
Am Beispiel Diebstahl, § 242,1 StGB wird ausgeführt (Abruf 21.05.2019):
"Die objektiven Tatbestandsmerkmale sind also:
-
fremd
-
beweglich
-
Sache
-
Wegnahme
-
Kausalität
-
objektive Zurechenbarkeit
Die subjektiven Tatbestandsmerkmale sind:
-
Vorsatz
-
(Dritt-) Zueignungsabsicht
Rechtsfolge: Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe
Ungeschriebene Tatbestandsmerkmale
In beiden Beispielen wird eine Kausalität, im zweiten Beispiel
zusätzlich eine objektive Zurechenbarkeit verlangt. Diese Begriffe
sind so in der Rechtsnorm nicht zu finden, gehören dennoch zum Tatbestand
und müssen somit für die angeordnete Rechtsfolge vorliegen. Man
nennt diese Merkmale daher ungeschriebene Tatbestandsmerkmale."
__
Tatbestandsirrtum Hier
ist der Vorsatz ausgeschlossen (BGH Urteil vom 24.1.2018)
__
teleologische Reduktion
> Gegenteil Analogie.
Rechtslexikon (Abruf 18.03.2019): "Nichtanwendung einer Norm auf einen
Fall, obwohl dieser nach dem Wortsinn von ihren Voraussetzungen erfasst
wird. Eine solche Unterschreitung des Wortsinns ist das Gegenstück
zur Analogie. Sie geht daher über die Auslegung hinaus. Die Einschränkung
des Anwendungsbereichs einer Norm nach ihrem Sinn und Zweck dient der Schließung
von Regelungslücken, die in dem Fehlen einer Ausnahmeregelung bestehen.
Soweit sich im Strafrecht die teleologische Reduktion tätergünstiger
Normen strafbegründend oder strafschärfend auswirkt, ist sie
mit der Garantiefunktion des Strafgesetzes gern. Art.103 Abs. 2 GG unvereinbar."
Quelle (Abruf 04.04.19): https://www.rechtslexikon.net/d/teleologische-reduktion/teleologische-reduktion.htm
Im Juraforum Lexikon als eigenen Stichwort nicht erfasst: https://www.juraforum.de/lexikon/teleologische-interpretation
Im bpb Lexion Recht nicht erfasst: https://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/recht-a-z/22967/t
__
Text
Text allgemein: Ein Text besteht besteht aus sinnvoll zusammengesetzten
Textelementen, im allgemeinen Worte oder Zeichen einer Sprache. Die einzelnen
Textelemente können mehr oder weniger klar und verständlich sein.
Der Text kann insgesamt klar und verständlich sein oder je nachdem
nur teilweise. In dem Maße wie ein Textelement klar und verständlich
formuliert ist, bedarf es keiner Auslegung. Besteht ein Verdacht auf Unklarheit,
braucht man Klärungsmethoden. Ein Verdacht auf Unklarheit wird belegt,
durch verschiedene für möglich erachtete Interpretationen. Wenn
auf der Straße ein Baum liegt, dann kann sie nicht befahren werden.
Der Satz, obwohl ihn fast jeder problemlos versteht, enthält grundsätzlicher
betrachtet mindestens drei Unklarheiten: (1) in diesem Satz ist das
Wörtchen "kann". "Kann" kann real ("seinslogisch") gemeint sein im
Sinne von es ist nicht möglich, weil das Hindernis liegender
Baum es nicht zu lässt. Oder es kann normativ gemeint sein im Sinne
von man darf nicht. (2) Was heißt "befahren"? Ein Panzer oder
ein Amphibienfahrzeug könnte wohl über den Baum hinwegfahren.
(3) Versteckt ist damit auch enthalten, welche Fahrzeuge gemeint sein können.
Text-Elemente: Man kann Aussagen in Elementaraussagen
zerlegen.
Text-Gliederung: Texte können in gedankliche Einheiten gegliedert
werden. Genaue Regeln gibt es hierfür aber nicht. Eine einfache Möglichkeit
und Konvention wäre der Absatz.
__
typisierende Fallvergleiche
- zwecks Lückenschließung.
Zippelius (2012) § 12.
__
TOA Täter-Opfer-Ausgleich
__
Topik
"Der Vollständigkeit halber soll hier auch die Lehre der Topik
zumindest kurz erwähnt werden, die ihre Probleme gerade nicht mit
Auslegung löst.
Topoi sind Gesichtspunkte, die im Pro und
Contra gebraucht werden und zum richtigen Ergebnis führen. Die Eignung
eines Topos für die Lösung eines Problems hängt davon ab,
ob er für das Problem „passt“ bzw. „der Problemerörterung dient“.
Prinzipiell können beliebige Topoi verwendet werden, die Zahl der
möglichen Topoi ist unbegrenzt. Zwischen den Topoi gibt es keine abstrakte
Hierarchie, entscheidend ist die Argumentation." Quelle: Juraforum Abruf
1.4.2019: https://www.juraforum.de/lexikon/auslegung-gesetz#viii-alles-nur-gerede-die-lehre-der-topik
__
Treu und Glauben (§
157 BGB)
-
Rechtslexikon.net:
(Einsicht 22.08.19) viel informatives und interessantes Material, aber
keine kurz und bündige, klare Definition.
-
Wirtschaftslexikon (Abruf
22.08.19): "Treu und Glauben heißt ein Rechtsgrundsatz, der in
weiten Teilen unseres Rechtssystems gültig und besonders wichtig im
Vertragsrecht ist. Ganz generell sagt er aus, dass an die Redlichkeit im
Geschäftsverkehr geglaubt werden kann. So sagt § 157 BGB aus,
dass Verträge so auszulegen sind, wie Treu und Glauben es mit Rücksicht
auf die Verkehrssitte erfordern. § 242 BGB bestimmt, dass der Schuldner
verpflichtet ist, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben es
mit Rücksicht auf die Verkehrssitte erfordern."
__
Umkehrschluss
Klug (1982), S. 137 [SL]:
"§ 10. Der Umkehrschluß (argumentum e contrario) Im Zusammenhang
mit dem Analogieproblem wird meist auch der Umkehrschluß behandelt,
da bei Zweifelsfragen hinsichtlich der Anwendung bestimmter Gesetze nicht
selten beide Schlußformen zugleich zur Debatte stehen. Bevor jedoch
auf das Verhältnis von Analogie- und Umkehrschluß eingegangen
wird (vgl. § 11 ), ist zunächst der Umkehrschluß selbst
einer logischen Analyse zu unterziehen.
1. In der Rechtswissenschaft wird per argumentum
e contrario meist nach folgendem Schema geschlossen:
Prämisse: Wenn ein Sachverhalt die
gesetzlichen Voraussetzungen V1, V2, ... Vm
erfüllt, so treten für ihn die Rechtsfolgen R1, R2,
... Rn ein.
Konklusion: Wenn ein Sachverhalt die gesetzlichen
Voraussetzungen V1, V2, ... Vm nicht
erfüllt, so treten für ihn die Rechtsfolgen R1, R2,
... Rn nicht ein."
"Der Umkehrschluss ist das Gegenstück zum Analogieschluss:
Aus der Nichtregelung eines Sachverhalts wird geschlossen, dass diese Nichtregelung
gewollt ist." Quelle: 8.3 Glossar Prof. Dr. Matthias Mehlmann, Zürich.
__
Unbestimmter Rechtsbegriff
> Generalklausel
-
"ein Begriff (z. B. »öffentliches Interesse«, »Eignung«,
»gute Sitten«), der nicht durch einen fest umrissenen Sachverhalt
ausgefüllt wird, sondern bei der Rechtsanwendung im Einzelfall präzisiert
werden muss. Ein u. R. erscheint, anders als das Ermessen im gesetzlichen
Tatbestand, nicht auf der Rechtsfolgenseite. Da es in rechtlicher Sicht
nur eine richtige Entscheidung geben kann, erfordert die Anwendung von
u. R. im Einzelfall eine Wertung und Abwägung der unterschiedlichen
Gesichtspunkte. Ihre Handhabung unterliegt der vollen richterlichen Überprüfung,
soweit nicht der Behörde ein Beurteilungsspielraum eingeräumt
ist.
Quelle: Duden Recht A-Z. Fachlexikon
für Studium, Ausbildung und Beruf. 3. Aufl. Berlin: Bibliographisches
Institut 2015. Lizenzausgabe Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung.
-
"Unbestimmte Rechtsbegriffe sind solche, deren Inhalt nicht durch einen
fest umrissenen Tatbestand ausgefüllt wird, sondern bei der Rechtsanwendung
auf einen bestimmten Sachverhalt im Einzelfall in tatsächlicher (z.B.
Begriff der "Dunkelheit" oder "Nacht") oder rechtlicher Hinsicht (z.B.
"berechtigte Interessen", "Gemeinwohl", "verwerflich", "Gefahr im
Verzug") einer Fixierung, oft durch Wertausfüllung, bedarf. Quelle:
Wilhelm (2006), S. 8.
-
"Unbestimmte Rechtsbegriffe: Begriffe auf Tatbestandsebene, deren Inhalt
und genaue Definition nicht selbstverständlich feststehen, sondern
verschiedenen Interpretationen zugänglich sind und der Auslegung bedürfen."
[Stelkens 2018]
-
"Unbestimmte Rechtsbegriffe und Generalklauseln beeinträchtigen die
Rechtssicherheit." Möllers 2017, S. 307, § 9, 2, Rn 6.
Beispiele: »öffentliches Interesse«, »Eignung«,
»gute Sitten« , Begriff der "Dunkelheit" oder "Nacht", "berechtigte
Interessen", "Gemeinwohl", "verwerflich", "Gefahr
im Verzug".
__
Unterschied Generalklausel
und unbestimmter Rechtsbegriff
-
"b) Generalklausel als „besonders" ausfüllungsbedürftige Norm.
Erfüllen Generalklauseln heute im Wesentlichen Ermächtigungs-
und Delegationsfunktionen, so sind sie in vergleichbarer Weise „wertausfüllungsbedürftig"
wie normativ-unbestimmte Rechtsbegriffe.56 Der Unterschied zwischen Generalklauseln
und der allgemeinen Gruppe der normativ-unbestimmten Rechtsbegriffe liegt
daher nicht im qualitativen, sondern lediglich im quantitativen Bereich.
Generalklauseln unterscheiden sich von normativ-unbestimmten Rechtsbegriffen
in dem Ausmaß ihrer Ausfüllungsbedürftigkeit; sie sind
in besonders großem Maße unbestimmt. In diesem Sinne kennzeichnet
E. Kramer57 Generalklauseln durch ihre „besonders qualifizierte Vagheit",
E Müller58 spricht von einem „besonders vagen Normtext", und R. Zippelius59
beschreibt sie als „besonders unscharf".60 ... "
Quelle S. 33: Röthel, Anne (2004)
Normkonkretisierung im Privatrecht. Tübingen: Mohr Siebeck. [GB
Abruf 02.04.2019]
__
Urteilsstil > Gutachtenstil.
-
Die Basics zum Urteilsstil (Abruf
22.09.19): "Ein Text im Urteilsstil wird in zwei Schritten gebildet:
-
Nennen des Ergebnisses
-
Angabe der tragenden Erwägungen, also die Begründung"
-
Anmerkung: Fehlt im Alpmann (2014, Hrsg.)
__
Verfassungsgericht
Die Existenz eines Verfassungsgerichtes widerspricht dem Prinzip der
Gewaltenteilung.
"Schweiz braucht kein Verfassungsgericht
Der Schweiz werden regelmässig Bestnoten für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit
ausgestellt. Irritierend für das Ausland ist aber die fehlende Verfassungsgerichtsbarkeit.
Der ehemalige Bundesgerichtspräsident Martin Schubarth erklärt,
warum in der Schweiz keine Richter die Vereinbarkeit von Bundesgesetzen
mit der Verfassung prüfen – und warum dies auch in Zukunft so bleiben
soll.
Soll das Bundesgericht überprüfen können, ob Bundesgesetze
mit der Bundesverfassung im Einklang stehen? Darauf antwortet die Bundesverfassung
mit einem Nein. In der Schweiz gibt es also anders als in vielen europäischen
Staaten keine umfassende Verfassungsgerichtsbarkeit, die es einem Gericht
erlaubt, vom demokratischen Gesetzgeber beschlossene Gesetze unter Rückgriff
auf die Verfassung zu überprüfen, die Gesetze gegebenenfalls
zu kassieren und dem Gesetzgeber vorzuschreiben, wie er zu legiferieren
hat.
Diese seit der Gründung des Bundesstaates im
Jahre 1848 bestehende Regelung wurde immer wieder in Frage gestellt, doch
wurden alle Reformvorschläge letztlich abgelehnt - zuletzt vor vier
Jahren nach einer längeren parlamentarischen Debatte. Dies mag insbesondere
im Ausland überraschen, da die Mehrheit der europäischen Staaten
über eine umfassende Verfassungsgerichtsbarkeit verfügt. ..."
Quelle: Von Prof. Dr. Martin Schubarth, ehemaliger
Bundesgerichtspräsident in Swissinfo vom 20.12.2016.
__
Verhalten In dieser Formulierung von
Muthorst zeigt sich der enge Zusammenhang mit der Psychologie als Wissenschaft
vom Erleben und Verhalten.
__
Verkehrssitte
Das übliche Verhalten in bestimmten Situationen. Damit ist auf
jeden Fall ein empirischer Sachverhalt angesprochen, der auch nur empirisch
z.B. von Soziologen oder Sozialpsychologen zu erfassen ist.
-
Rechtslexikon.net (Abruf
22.09.19): "Verkehrssitte die im Verkehr der beteiligten Kreise herrschende
Anschauung und tatsächliche Übung. Sie stellt (im Gegensatz zum
Gewohnheitsrecht) keine Rechtsnorm dar, ist jedoch bei der Auslegung von
Verträgen und bei der Bestimmung des Inhalts eines Schuldverhältnisses
nach Treu und Glauben zu berücksichtigen. Besondere Bedeutung kommt
der speziellen V. des Handels, dem Handelsbrauch, zu."
__
Verkehrspflichten
-
Rechtslexikon.net (Abruf
22.09.19): "Verkehrspflicht ist die im rechtlichen Verkehr der Menschen
entstehende Pflicht (z.B. Sorgfaltspflicht, Aufklärungspflicht). Verkehrssicherungspflicht
Lit.: Bar, C. v., Verkehrspflichten, 1980; Raab, T., Die Bedeutung der
Verkehrspflichten, JuS 2002, 1042."
-
Voss, Laurenz (2007) Die Verkehrspflichten.: Eine dogmatisch-historische
Legitimierung. (Schriften zum Bürgerlichen Recht). Berlin: Duncker
& Humblot: "Die Rechtsprechung hat sich zur Bewältigung von Fällen
mittelbar verursachter Schädigungen das Instrument der Verkehrspflichten
geschaffen. Die tatsächliche Bedeutung derartiger Schädigungen
und damit das praktische Bedürfnis nach einem solchen Instrument sind
nicht zu bestreiten. Dennoch spricht die Wissenschaft ganz überwiegend
der Verkehrspflichtenjudikatur nach wie vor die Legitimität ab: Diese
Rechtsprechung sei weder mit der Dogmatik des § 823 BGB noch mit den
historischen Wurzeln unserer Rechtsordnung zu vereinbaren."
__
Verbotsirrtum § 17 StGB (seit
4.7.1969 Zweites
Gesetz zur Reform des Strafrechts)
1Fehlt dem Täter bei Begehung der Tat die Einsicht, Unrecht zu
tun, so handelt er ohne Schuld, wenn er diesen Irrtum nicht vermeiden konnte.
2Konnte der Täter den Irrtum vermeiden, so kann die Strafe nach §
49 Abs. 1 gemildert werden.
Quelle: dejure.org Abruf 13.03.2019
Kritische Analyse und Kommentar:
Auf den ersten Blick ist dieses Gesetz verständlich, wenn man
die darin vorkommenden Worte als Alltagsbegriffe interpretiert. Signieren
wir den § 17 detailliert und konsequent mit semantischen Indizes durch,
erhalten wir mit dem Index § die Kennzeichnung für
einen Rechtsbegriff.
"1Fehlt§ dem Täter§
bei Begehung§ der Tat§ die Einsicht§,
Unrecht§ zu tun§, so handelt§
er ohne Schuld§, wenn er diesen Irrtum§
nicht vermeiden§ konnte. 2Konnte der Täter§
den Irrtum§ vermeiden§, so kann die Strafe§
nach § 49 Abs. 1 gemildert werden."
Wir sehen, dass dieser kurze Gesetzestext gespickt
ist mit Rechtsbegriffen. Rechtsbegriff bedeutet hierbei eine spezielle
Bedeutung einnehmen, die von anderen Bedeutungbezügen (Alltagssprache,
Bildungssprache, Fachsprache) abweichen.
Fehlt§:
Täter§:
Begehung§:
Tat§: Was ist eine Tat? 5 Schritte gehen? Die
Tür aufmachen? Ein Fenster einschlagen?
Einsicht§:
Unrecht§:
tun§, so:
handelt§:
Schuld§:
Irrtum§: Kernfrage: Was ist ein Irrtum in Abgrenzung
zu anderen Falschanahmen?
nicht vermeiden§ konnte : Kernfrage: Wann ist ein
Irrtum vermeidbar / unvermeidbar?
Beispiel für eine rechtliche Wertung zu einem vermeidbaren Verbotsirrtum:
"Oberlandesgericht Düsseldorf Beschl. v. 10.02.1972, Az.: 1 Ss
OWi 1/72
Redaktioneller Leitsatz
1. Der regelmäßige Verstoß gegen geltende gesetzliche
Regelungen (hier: Parken auf Gehwegen) begründet kein Gewohnheitsrecht.
2. Der damit verbundene Irrtum, die Duldung verbotswidrigen Parkens
auf Gehwegen durch die Polizei mache das Parken rechtmäßig,
stellt einen vermeidbaren Verbotsirrtum dar." Quelle Wolters Kluwer Abruf
13.03.2019."
Die Wertung wird im redaktionellen Leitsatz nicht
begründet: sie wird gemeint und geäußert.
vermeidbar in elektronischen Datsammlungen, Wörterbüchern
und Lexika
-
im Deutsches Rechtswörterbuch der Heidelberger Wissenschaften nicht
erfasst (Abruf 13.03.2019)
-
im Rechtslexikon.net nicht erfasst (Abruf 13.03.2019)
-
Wolter Kluwer (Jurion) findet zu "unvermeidbar" 10.867 Einträge
-
Wolter Kluwer (Jurion) findet zu "vermeidbar" 12.247 Einträge
-
Wolter Kluwer (Jurion) findet zu "vermeidbarer Verbotsirrtum" 764 Einträge
Abgrenzung von Tatbestandsirrtum und Verbotsirrtum
"Dieser Verbotsirrtum war für den Soldaten vermeidbar. Denn der
Soldat hätte sich nicht auf seinen subjektiven Eindruck verlassen
dürfen, ihm sei das Fernbleiben von der Informationsveranstaltung
durch eine Einzelfallentscheidung von seinem Dienstvorgesetzten OFA P.
konkludent erlaubt worden. Vielmehr hätte er sich bei seinem unmittelbaren
Vorgesetzten OFA P. oder gegebenenfalls bei dem Befehlsgeber, dem Kommandeur
der Brigade, unmittelbar rückversichern müssen, dass ihm eine
solche Erlaubnis tatsächlich erteilt worden war und er von der befohlenen
Teilnahme Abstand nehmen durfte. Dies ergibt sich bereits aus § 11
Abs. 1 Satz 2 SG, der einen Untergebenen u.a. dazu verpflichtet, den Befehl
eines Vorgesetzten nach besten Kräften und gewissenhaft auszuführen.
Dem Untergebenen wird damit abverlangt, seine ganze Kraft einzusetzen,
um das (in den Grenzen des § 10 Abs. 4 und § 11 Abs. 1 Satz 3
und Abs. 2 SG) Befohlene auszuführen und dabei größtmögliche
Sorgfalt walten zu lassen. Wenn auch der Vorgesetzte nach § 10 Abs.
5 Satz 1 SG die Verantwortung für die Rechtmäßigkeit und
Zweckmäßigkeit seiner Befehle zu tragen hat, folgt aus der Verpflichtung,
einen erteilten Befehl gewissenhaft auszuführen sowie aus der in §
7 SG normierten Pflicht zum treuen Dienen (vgl. dazu Beschluss vom 10.
Mai 1988 BVerwG 2 WD 6.87 ) nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht,
Gegenvorstellungen zu erheben (vgl. dazu u.a. Scherer/Alff, a.a.O., §
11 RNr. 7 m.w.N.), wenn er schwer wiegende Bedenken gegen die Durchführbarkeit
des Befehls hat. Bestehen Unklarheiten über Inhalt
und Umfang eines erteilten Befehls, hat ein Untergebener das Recht (vgl.
dazu auch u.a. Beschluss vom 10. August 1983 BVerwG 1 WB 64.82 ) und die
Pflicht (so Scherer/Alff, a.a.O., § 11 RNr. 11), Fragen zu stellen,
Gegenvorstellungen zu erheben sowie auf Klärung zu dringen. Daran
ließ es der Soldat fehlen."
Quelle: Bundesverwaltungsgericht Urt. v. 28.01.2004,
Az.: BVerwG 2 WD 13.03
_
[Einsehen/auswerten] Groteguth, Thomas (1993) Norm- und Verbots(un)kenntnis
§ 17 Satz 2 StGB. (Hamburger Rechtsstudien, Taschenbuch) –
__
Verjaehrung > Fristen.
Eine Anspruch erlischt nach einer gewissen Zeit, in der nicht gelten
gemacht worden ist. Das ist eine unmittelbar verständliche Erklärung.
Definiendum: Verjährung. Definiens: erlöschen eines Anspruch
nach einer gewissen Zeit. Referenziert sind alle, die Ansprüche in
einer gewissen Zeit geltend machen können.
-
Unterholzner, Karl August Dominikus (1828) Ausführliche Entwickelung
der gesammten Verjährungslehre aus den gemeinen in Deutschland geltenden
Rechten. Band 1. Leipzig: Barth. [GB]
__
Verstehen
__
Volk
Differenzierung siehe bitte Allgemeines Wissenschaftsglossar.
Querverweis:
__
Volksgeist
Wissenschaftlich spricht nichts dagegen, einen Begriff Volksgeist einzuführen.
Nur muss man genau erklären, was das sein soll, wie und wo man ihn
in der Welt finden kann. Ansonsten bleibt der Begriff eine bloße
metaphysische Phantasie wie bei Savigny.
Natürlich ist eine wissenschaftlich brauchbare Definition sehr schwierig.
Es wäre Aufgabe der Soziologie (Kulturanthropologie), das zu leisten.
__
Vorjudikatur > Präjudizien.
__
Vorsatz > juristische
Psychologie.
-
Rechtslexikon.net (Abruf
22.09.19): "Unter dem Begriff Vorsatz versteht man im juristischen
Bereich das Wissen und Wollen, etwas Verbotenes zu tun. Ein Täter
handelt also vorsätzlich, wenn er zum einen weiß, was er tut,
d. h. in Kenntnis der Tatbestandsmerkmale vorgeht, und zum andern den Willen
zur Verwirklichung der Tat hat. Es gibt den Vorsatz in drei verschiedenen
Arten: Absicht, direkter Vorsatz und bedingter Vorsatz."
__
Wahn im juristischen Denken
-
Wenn abstrakt-allgemeinen Begriffen Handlungskompetenz autonomer
Subjekte mit unkorrigierbarer Gewissheit zugesprochen wird.
-
Der Volksgeist
bei Savigny und der historischen Rechtsschule.
-
"Die gleiche Fiktion liegt vor, wenn man sagt, daß der Richter in
einer konstitutionellen Monarchie den Monarchen repräsentiert, daß
das richterliche Urteil der Wille des Monarchen ist, und dabei mitunter
so weit geht zu behaupten, daß der Monarch im Augenblick, da der
Richter sein Urteil fällt, unsichtbar anwesend ist." (Kelsen 1960,
S. 302)
__
Wahrheitsbegriff
materieller Wahrheitsbegriff (Strafrecht)
formelle Wahrheitsbegriff (Strafrecht)
Die LTO führt anläßlich des Kachelmann-Prozesses am
19.11.2012 aus: "... Im Strafprozess gilt das Prinzip der materiellen Wahrheit.
Nach dem dort geltenden Ermittlungsgrundsatz ist das Gericht dazu verpflichtet,
den relevanten Sachverhalt vollumfänglich selbst zu ermitteln.
Im Zivilprozess bilden hingegen die Verfahrensgrundsätze
der Dispositions- und Verhandlungsmaxime das Fundament für den dort
vorherrschenden formellen Wahrheitsbegriff. Den Tatsachenstoff, aufgrund
dessen der Sachverhalt ermittelt wird, bringen ausschließlich Parteien
bei. Auch die Wahrheit, welche der Richter seiner Entscheidung zugrunde
legt, kann er also ausschließlich dem Vortrag der Prozessbeteiligten
entnehmen."
__
Wahrscheinlichkeit im Recht
Was bedeutet Wahrscheinlichkeit als Rechtsbegriff? Eine genaue Analyse
zeigt, dass viele Rechtsbegriffe im Grunde bloße Worthülsen
sind, die JuristInnen mit projektiver Phantasie füllen, ohne dass
der Inhalt klar mitgeteilt und begründet wird. Als praktisches Beispiel
für eine solche leere Worthülse mag der Begriff der "hinreichenden
Wahrscheinlichkeit des Bundesverwaltungsgerichts" dienen. In 17 untersuchten
Entscheidungen von 2002 bis 2016 bleibt "hinreichende Wahrscheinlichkeit"
eine leere Worthülse ohne Inhalt und Begründung.
Rechtsprechung und Rechtswissenschaft finden für
ihre Arbeit offensichtlich "Variable" (Worthülsen") ohne echte, operational
nachvollziehbare Bedeutung nützlich, wichtig und richtig. Man gebraucht
Worte, denen die Begrifflichkeit und damit die Nachvollziehbarkeit und
Nachprüfbarkeit fehlt. Wie ein solches Vorgehen mit dem Anspruch von
"wissenschaftlich" einhergehen kann, ist mir unverständlich. Ich kann
darin auch kein "Recht" oder eine "Rechtssicherheit" erkennen. Die Justiz
phantasiert sich eine projektive Geisterwelt zusammen, die dem gesunden
Menschenverstand und der Wissenschaft entzogen ist. Sehr praktisch, dann
ist und bleibt man unter sich.
__
Welt(en)
Grundlegende ontologische Unterscheidungen
-
Wirklichkeit, wie sie unabhängig vom Menschen gedacht wird
-
Wirklichkeit, wie sie sich dem Menschen darstellt, wie er sie wahrnimmt
und sie sich denkt.
-
Wunschwelt: Wünsche wie sie der Mensch hat
-
Wertwelt: Werte wie sie der Mensch erlebt
-
Normwelt: Normen wie sie der Mensch verinnerlicht hat.
-
Phantasiewelt: Welt wie sie phantasiert werden kann (Kunst, Tagträume)
-
Rechtsnormwelt: Normen wie sie das Recht vorgibt.
-
Sprachwelt: Welt der Sprache und der Kommunikation.
__
Werte
Die unbelebte Natur kennt keine Werte. Elementare Werte der belebten
Natur ist alles, was dem Überleben dient, in zweiter Instanz dem wohlempfundenen
und nachhaltigen Überleben. Das kann von Lebensform zu Lebensform,
von Umwelt zu Umwelt, von Situation zu Situation, von Individuum zu Individuum
verschieden sein. Das Werterleben kann unterschiedlich aktualisiert sein.
Ob und wie sehr etwas für ein Individuum wertvoll ist, kann man dem
Erleben und Verhalten entnehmen, ist also eine Frage der Psychologie. Wertlogik
setzt im allgemeinen Wertzuweisungen voraus. Wenn Brot wichtiger ist als
der Aufstrich, dann haben beide Werte nicht den gleichen Rang, sondern
es gilt Wert(Brot) > Wert(Aufstrich). Damit ist das Problemfeld der Wertränge
eröffnet. Werte können miteinander unverträglich sein. Damit
ist das Problemfeld Wert-Rangkonflikte angesprochen. Die Realisation eines
Wertes kann die Verfügbarkeit eines anderen voraussetzen oder fördern.
Damit ist die Wissenschaft der Wertzusammenhänge gefordert. Im Rechtswesen
spielen die Beziehungen unterschiedlicher oder auch mehr oder minder unverträglicher
Werte eine häufige Rolle, z.B. wenn Persönlichkeitsrecht und
das Recht auf Meinungsfreiheit einander entgegenstehen.
__
Wesentlichkeitstheorie
- auch Wesentlichkeitslehre des BVerfG
Papier & Krönke (2015, 2, S. 67, Rn 156: "Der Parlamentsvorbehalt
gebietet es, dass der parlamentarische Gesetzgeber die - insbesondere für
die Ausübung der Grundrechte - grundlegenden, wesentlichen Entscheidungen
selbst trifft und nicht der Exekutive überlassen darf (sog. Wesentlichkeitstheorie)
268
das Verbot des Einzelfallgesetzes, Art. 19 Abs. 1 S. 1 GG;
die Wahrung des Zitiergebots, Art 19 Abs. 1 S. 2 GG;
die Wahrung der Wesensgehaltsgarantie, Art. 19 Abs. 2 GG.
Vgl. etwa BVerfGE 33,303 (345 f.)
- „Numerus clausus"; E 47,46 (79) - „Sexualkundeunterricht"."
__
Widerspruch > AW38
Unverträglichkeiten / Widersprüche.
Das Wort "Widerspruch" wird in sehr vielen unterschiedlichen, oft unklaren
und fragwürdigen Bedeutungen gebraucht.
> Formen
und Varianten des Widerspruchs (vorläufige Materialsammlung).
Besondere Widerspruchsformen im Recht. Tut jemand etwas (nicht), was
er (nicht) tun sollte, liegt ein Widerspruch vor, und zwar ein Widerspruch
zwischen dem Sein und der Sollen. So gesehen gibt es einen ganz normalen
und untrennbaren Zusammenhang zwischen Sein und Sollen.
__
Wille des Gesetzgebers
Der "Wille des Gesetzgebers" ist in der Regel eine unwissenschaftliche,
metaphysische und absurde Konstruktion. Der Wille des Gesetzgebers kann
sich nur im Gesetz selbst ausdrücken und nirgendwo sonst. Die Manie
zur Auslegung kann als schwere rechtswissenschaftliche Geistesstörung
angesehen werden, weil das Naheliegende und Natürliche übersehen
und nicht respektiert wird. Der Gesetzgeber auslegen müssen heißt,
ihn für unmündig zu erklären, ihm die Geschäftsfähigkeit
abzusprechen. Das ist einerseits eine schwere Missachtung des Gesetzgebers
und andererseits eine extreme Selbsterhebung der Juristen über den
Gesetzgeber, die einer Aufhebung der Gewaltenteilung gleichkommt, also
Grundrecht und die Verfassung bricht.
Pars pro toto Fehler
"2. Erkenntnis des Willens des Gesetzgebers
Literatur: Bydlinski, S. 430 ff.; Engisch, S. 119, 124 ff.; Larenz/Canaris,
Kap. 4, 2c, S. 149 ff.; Zippelius, § 4 II c, S. 23
Da der Gesetzgeber ein Gremium ist (Bundestag, Bundesrat), kann es
nicht auf die Vorstellungen einzelner Abgeordneter ankommen. Aber vielfach
gibt es Materialien darüber, wie diejenigen, die den Gesetzestext
verfasst haben (in der Regel ein Bundesministerium) oder wie die Meinungsführer
im Parlament das Gesetz verstanden haben. Sind derartige Materialien vorhanden,
so lässt sich daraus auch eine bestimmte Vorstellung des Gesetzgebers
erkennen.
Solche Materialien sind z.B.:
- Bundestags-Drucksachen
- Bundesrats-Drucksachen
- Stenographische Berichte des Bundestags
- Stenographische Berichte des Bundesrats.
Der häufig gegen die subjektive Theorie vorgebrachte Einwand,
man könne heutzutage den Willen des Gesetzgebers nicht feststellen,
überzeugt nicht. Zu beantworten wäre, warum er auch dann bedeutungslos
sein soll, wenn man ihn feststellen kann.
Quelle S. 44: Wank, Rolf (2005)
Die Auslegung von Gesetzen. 3. Auflage. Köln: Heymanns.
Kommentar: Zunächst muss der beweisen, der eine Behauptung in
den Raum stellt, nämlich der, der behauptet, den Willen des Gesetzgebers
über das Gesetz hinaus feststellen zu können. Der Wille des Gesetzgebers
äußert sich im Gesetzestext und den beigegebenen Erläuterungen
zum Gesetzestext. Der Gesetzgeber ist ein Ganzes und als Ganzes formuliert
er sein Gesetz. Was einzelne Teile des Gesetzgebers, etwa Parlamentarier,
dazu meinen, ist für das Ganze nicht von Bedeutung. Aus den Äußerungen
der Teile kann und darf man nicht aufs Ganze schließen, denn der
Teil steht nicht für das Ganze, jedenfalls dann nicht, wenn er vom
Gesetzestext abweicht.
"3. Divergenz zwischen dem Willen des Gesetzgebers und dem Gesetzestext
Manchmal hat der Gesetzgeber das, was er wollte, im Gesetzestext nicht
entsprechend zum Ausdruck gebracht. Ist der Ausdruck auslegungsbedürftig,
kann man ihn im Sinne des Gesetzgebers interpretieren. Für den Subjektivisten
ist das nicht nur eine Möglichkeit, sondern eine Verpflichtung. Ist
der Wille des Gesetzgebers einwandfrei zu erkennen und lässt er sich
mit einer Bedeutungsvariante des Textes vereinbaren, so ist diese Bedeutungsvariante
für die Auslegung verbindlich.
Besagt aber der ausgelegte Text (unter Berücksichtigung
aller Auslegungskriterien; vgl. auch unten II 3) eindeutig x und geht der
Wille des Gesetzgebers ebenso klar in Richtung y, so fragt sich, woran
der Interpret gebunden ist.
Da der Gesetzestext eine verlässliche Grundlage
für alle Gesetzesanwendungen bieten soll, muss in diesem Fall der
Text den Vorrang haben. Das hat nichts mit objektiver Auslegung (im eigentlichen
Sinne) zu tun.
Quelle S. 45: Wank, Rolf (2005)
Die Auslegung von Gesetzen. 3. Auflage. Köln: Heymanns.
Kommentar: Die Behauptung "Manchmal hat der Gesetzgeber das, was er
wollte, im Gesetzestext nicht entsprechend zum Ausdruck gebracht." setzt
bereits voraus, dass man den "wahren" oder "wirklichen" Willen des Gesetzgebers
feststellen kann.
Geschichte
zur Idee der Bestimmung des Willens des Gesetzgebers
"Eine der Säulen allen früheren hermeneutischen Schrifttums
war die Idee eines eindeutig feststellbaren, konsequenten und sämtliche
jeweils anstehenden Sachfragen erfassenden „gesetzgeberischen Willens“
- eine Anschauung, die auf Kaiser Justinian zurückgeht; diese Anschauung
unterliegt im Laufe des 19. Jh.s einer tiefgreifenden Wandlung. Seit der
Französischen Revolution und besonders nach 1848 gab es in fast allen
europäischen Staatsverfassungen eine Repräsentativversammlung
mit zunehmendem Einfluß auf die Gesetzgebung. In der Mehrzahl der
Fälle stellten die Gesetzestexte politische Kompromisse dar und waren
damit im Prinzip nicht mehr von irgendeinem der Beteiligten persönlich
„gewollt“, was sogar dann gilt, wenn der individuelle Wille eines bestimmten
Parlamentariers im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens praktisch feststellbar
bleibt. Die moderne Technik der Gesetzgebung brachte es zudem mit sich,
daß bestimmte das Gesetz vorbereitende Texte den das Recht anwendenden
Personen und Institutionen ganz allgemein zugänglich sind - es handelt
sich hierbei um die sogenannten „gesetzgeberischen Materialien“ (oder französisch:
travaux preparatoires), im einzelnen Kommissionsberichte, Regierungsvorlagen,
möglicherweise mit Kommentaren über die Auslegung des vorgeschlagenen
Wortlauts sowie die Berichte parlamentarischer Ausschüsse. Diese Dokumente
enthalten häufig nicht nur Informationen über den gesetzgeberischen
Prozeß und über allgemeine politische Erwägungen, sondern
häufig auch detaillierte Kommentare über die authentische Bedeutung
und die damit maßgebliche Auslegung der einzelnen gesetzlichen Bestimmungen.
In einer Zeit, in der die naive Bezugnahme auf den
„Willen des Gesetzgebers“ immer schwieriger zu rechtfertigen war, wurden
somit genau definierte, begriffstechnisch ausgearbeitete und logisch exakte
„ergänzende“ Materialien für eine auf den gesetzgeberischen Intentionen
beruhende Auslegung verfügbar. Als die Gesetzgebung zur Sache einer
parlamentarischen Körperschaft wurde - was in England und in Schweden
bereits seit dem Mittelalter der Fall war mußten die Regierungen,
in deren Hand die gesetzgeberische Initiative großenteils lag, Rechtfertigung
und Bedeutung der vorgeschlagenen gesetzlichen Regelungen einer neuen Gruppe
von Personen überzeugend darstellen. Da die parlamentarische Körperschaft
entweder unter Ausgehen von der Verfassung oder auch von der politischen
Wirklichkeit als die Inhaberin der gesetzgebenden Gewalt - oder zumindest
als ein [>] Teil dieser Gewalt - betrachtet wurde, erhielten die dicta,
die im Laufe der parlamentarischen Behandlung eines Gesetzesentwurfes geäußert
wurden, als Informationsquelle für den „gesetzgeberischen Willen“
besondere Bedeutung.
Kurz sei auch noch erwähnt, was lediglich Episode
im Bereich der Gesetzgebungstechnik bleiben sollte - obwohl dieses Verfahren
gelegentlich auch noch in der Gegenwart angewandt wird -, die sogenannte
„Volksbefragung“, in deren Rahmen neue Gesetzesentwürfe veröffentlicht
wurden und die Öffentlichkeit zur Stellungnahme aufgefordert wurde.
Dieses Verfahren war besonders in der Periode von 1770-1830 unter dem Einfluß
Rousseaus und anderer Philosophen des 18. Jh.s relativ verbreitet."
Quelle S. 283f: Strömholm, Stig () Kurze Geschichte
der abendländischen Rechtsphilosophie. Göttingen: Vandenhoek
& Ruprecht (UTB).
__
Widerspruechlichkeit
" Die Richter haben also das Recht und sofern sie dies für richtig
halten auch die Pflicht, aus Anlass eines
Falles neues strengeres Recht zu setzen,
auch wenn sie dieses Recht wegen
des Rückwirkungsverbot gar nicht
anwenden dürfen.13" Aus (S.5): BEMERKUNGEN ZUM VERBOTSIRRTUM
UND SEINER VERMEIDBARKEIT, Festschrift Rudolphi 2004, [Online Abruf
20.06.19]
__
Wille
__
Willenserklaerung
Möllers 2017, S. 128, Rn. 97: "(1) Bei den subjektiven Voraussetzungen
einer Willenserklärung ist zu unterscheiden
zwischen Handlungswille, Erklärungsbewusstsein und Geschäftswille.
Unstrittig notwendig für eine Willenserklärung ist der Handlungswille;
dagegen kann der Geschäftswille, also der Wille, eine bestimmte Rechtsfolge
auszulösen, fehlen. Aber der Handelnde kann wegen Irrtums anfechten.
Umstritten ist nun, ob das Erklärungsbewusstsein fehlen kann."
-
Handlungswille,
-
Erklärungsbewusstsein
-
Geschäftswille"
__
Windscheid, Bernhard Joseph Hubert
(1817-1892). Vertreter der Begriffsjurisprudenz.
__
Wissenschaft > AW01
Wissenschaft.
__
Wissenschaftstheorie
> AW02 Wissenschaftstheorie.
Anmerkung: Fehlt im Alpmann (2014, Hrsg.)
__
Wortlaut heißt der
Text, so wie er formuliert wurde und da steht.
Der Wortlaut gibt das Wort, aber nicht den Begriff wieder. Worte sind
die Kleider der Begriffe und meist vieldeutige Homonyme.
Nicht der Wortlaut ist entscheidend, sondern die begriffliche Bedeutung.
-
Bei Möllers 2017 nimmt das Wort "Wortlaut" erheblichen Raum ein, ohne
die Methode der Erschließung der begrifflichen Bedeutung kritisch
zu erörtern. Die begrifflichen Bedeutungen fallen weitgehend aus dem
meist platonistisch oder hegelianisch beherrschten Himmel:
-
§ 4 Wortlaut, Systematik und Geschichte als klassische Auslegungsmethoden
101
-
I. § 4 b) Die Wortlautgrenze als Grenze zwischen Auslegung und Rechtsfortbildung
113
-
II. 2. Hilfsmittel zur Bestimmung eines eindeutigen und mehrdeutigen Wortlauts
114
-
II. 3. Die Eindeutigkeitsregel des Wortlauts (Acte-clair-Doktrin; Literat
rufe) als Auslegungsfigur 118
-
II. 4. Wortlautgrenze und Analogieverbot 119
-
II. 5. Die Bedeutung des Wortlauts für den euch 125
-
II. 5. a) Der Wortlaut bei mehrsprachigen Rechtstexten 125
-
II. 5. c) Der euch und die Wortlautgrenze im Straf- und Steuerrecht 126
-
§ 6 1. Teleologische Gegenfiguren zu Formalargumenten 194
-
§ 6 1. 1. Wortlaut 194
-
§ 6 1. 1. c) Unmöglichkeit
der reinen Wortlautauslegung 196
-
5. Teil § 13, II. 1. Eindeutigkeit und Offenheit des Wortlauts 417
-
Pötters & Werkmeister (2015), S. 114:
"a. Wortlautauslegung
Die Auslegung beginnt mit dem Wortlaut. Den Wortlaut gibt es dabei
streng genommen nicht. Die Bedeutung eines Wortes kann im Fachsprachgebrauch
anders sein als im allgemeinen Sprachgebrauch. So sind etwa Besitz und
Eigentum im allgemeinen Sprachgebrauch synonym, nicht aber in der juristischen
Fachsprache. Ein Pilz mag in der Fachsprache der Biologie keine Pflanze
sein, dennoch fällt er unter den Pflanzenbegriff des Betäubungsmittelrechts
(BGH, NJW 2007, 524).
Im Europarecht besteht bei der Wortlautauslegung die Besonderheit,
dass jeder Rechtsakt in 23 verschiedene Sprachen übersetzt wird, wobei
- zumindest in der Theorie - „jeder Wortlaut gleichermaßen verbindlich
ist“ (s. ausdrücklich Art. 55 EUV). Diese Sprachenvielfalt kann die
Wortlautinterpretation verkomplizieren, aber auch Klarheit schaffen, wenn
etwa ein Wort in der einen Sprache mehrdeutig ist, in anderen aber nicht.
Kritischer Kommentar: Die These "Den Wortlaut gibt
es dabei streng genommen nicht." ist vollkommen falsch. Wenn es etwas immer
und sicher gibt, dann ist es der Wortlaut eines Gesetzes oder Rechtstextes.
-
Anmerkung: Der Eintrag "Wortlaut" Fehlt im Alpmann (2014, Hrsg.) und in
Bußmann (2008, Hrsg.), auch im Rechtslexikon.net (Abruf 1.7.19)
-
Eindeutiger Wortlaut Tettinger
/ Mann (2009) S. 158, Rn 256: "4. Zur Schließung von Regelungslücken
256 Der Bearbeiter einer Klausur wird manchmal vor der Frage stehen,
wie zu verfahren ist, wenn gewisse Fallgruppen selbst bei sorgfältiger
Auslegung nach Maßgabe der anerkannten Kriterien von den in Betracht
kommenden Rechtssätzen nicht erfasst werden, gleichwohl aber eine
Ausdehnung der in diesen Normen angeordneten Rechtsfolge auch auf die anvisierten
Fallgruppen als konsequent erscheint.
Beispiel: Vor der Bundestagswahl
1969 bewarb sich der seinerzeitige Bonner Oberbürgermeister D parteiintern
vergeblich um die Aufstellung als Wahlkreiskandidat im Wahlkreis Bonn.
Er kandidierte daraufhin als parteiunabhängiger Wahlbewerber und erhielt
bei der anschließenden Bundestagswahl über 20% der gültigen
Erststimmen in seinem Wahlkreis, erreichte aber nicht das erstrebte Bundestagsmandat.
Sein anschließender, auf § 18 I PartG in der damals geltenden
Fassung gestützter Antrag auf Wahlkampfkostenerstattung wurde
vom Bundestagspräsidenten abgelehnt, da das Parteiengesetz seinerzeit
die Erstattung derartiger Kosten nur in pauschalierter Form an Parteien
vorsah. Der Wortlaut des § 18 PartG in der 1969 gültigen Fassung
war eindeutig,
so dass sich ein Anspruch auf Wahlkampfkostenerstattung auch nicht im Wege
der Auslegung begründen ließ. Für die Beantwortung
der Frage, ob eine analoge Anwendung der Norm bezüglich der Wahlkampfkostenerstattung
auch auf parteiunabhängige Bewerber möglich war, kam es entscheidend
darauf an, ob überhaupt eine Regelungslücke bestand, ob also
die fehlende Regelung vom Gesetzgeber als bewusste Beschränkung des
Kreises der Erstattungsberechtigten gewollt war oder nicht (dazu auch Rn.
258, 308)."
__
Wortlautgrenze
U.a. Begriff bei Müllers (2017), der nicht erklärt, aber
genutzt wird.
__
Wortsinn
Anmerkung: Fehlt im Alpmann (2014, Hrsg.)
Die Lehre vom Wortsinn erscheint konfus und chaotisch.
__
ZGB Zivilgesetzbuch der Schweiz. Entspricht
dem deutschen BGN oder dem österreichischen ABGB. PDF.
__
Zwischenverfahren
__
Weitere evtl. zu erfassende Begriffe:
-
Anordnung
-
Anweisung
-
Ermächtigung
-
Maßnahme
-
Maßstab
-
Rechtsverordnung hoheitliche Regelung nach einem Verordnungverfahren
/ förmlichen Gesetz der Exekutive, im Rang unter einem Gesetz
-
Satzung Rechtsvorschrift der Kommunen (GG 28, 2)
-
Verfügung
-
Verordnung hoheitliche Regelung nach einem Verordnungverfahren
förmlichen Gesetz der Exekutive, im Rang unter einem Gesetz
-
Vollzug
-
Weisung
Literatur
(Auswahl)
..." []
Links (Auswahl: beachte)
> Querverweise.
-
Deutsches Rechtswörterbuch der Heidelberger
Akademie der Wissenschaften [Online]
-
Rechtslexikon
– Über 6.500 juristische Wörter im Jura Lexikon online.
-
bpb Recht A-Z: https://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/recht-a-z/
-
Latein:
-
https://www.juristenlatein.com/?kat=Juristenlatein&Buchstabe=E
-
https://www.juristischer-gedankensalat.de/juristen-latein/
-
Die Rezensenten.
Glossar,
Anmerkungen und Fußnoten > Eigener
wissenschaftlicher Standort. > weltanschaulicher
Standort.
1)
GIPT= General and
Integrative
Psychotherapy,
internationale Bezeichnung für Allgemeine und Integrative Psychotherapie.
__
Querverweise
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Recht und Rechtswissenschaft .
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und Wissenschaftstheorie besonders in Psychologie, Psychotherapie und Psychotherapieforschung.
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Zitierung
Sponsel, Rudolf (DAS).
Glossar, Endnoten, Anmerkungen: Recht und Rechtswissenschaft. Eine
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Internet Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie
IP-GIPT Erlangen: https://www.sgipt.org/wisms/wistheo/WisSig/Recht/GlossarRW.htm
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