Internet Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie
    (ISSN 1430-6972)
    IP-GIPTDAS=13.10.2018 Internet Erstausgabe, letzte Änderung: 17.10.21
    Impressum: Diplom-Psychologe Dr. phil. Rudolf Sponsel   Stubenlohstr. 20   D-91052 Erlangen
    Mail:_sekretariat@sgipt.org_ Zitierung  &  Copyright

    Anfang_ Begriffsanalysen Kommunikationswissenschaften_ Rel. Aktuelles _Überblick_Überblick Wissenschaft _Rel. Beständiges_ Titelblatt_Konzept_Archiv_Region_Service iec-verlag___ _Wichtige Hinweise zu Links und Empfehlungen

    Willkommen in unserer Internet-Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie IP-GIPT1, Abteilung Wissenschaft, Bereich Sprache und Begriffsanalysen und hier speziell zum Thema:

    Begriffsanalyse Begriff und Gebrauchsbeispiele in Sprachwissenschaft, Linguistik, Semiotik, Hermeneutik, Kommunikationswissenschaft, Literaturwissenschaft und Suchmaschinen

    Haupt- und Verteilerseite Begriffsanalysen (Überblick).
    Zur Haupt- und Verteilerseite Begriffsanalyse Begriff.
    Definition Begriff.
    Signierung Begriffe und Begriffsmerkmale (BM).

    Originalarbeit von  Rudolf Sponsel, Erlangen

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    Inhaltsverzeichnis
    Begriff in der Sprachlehre und Linguistik:
        Duden. 
        Sprachbrockhaus.
        Begriffsarten (Hauptarten).
        Begriffs-Normen.
        Benennung in Wikipedia.
        Einführung in die Terminologiearbeit.
        Whorf über Die Frage nach der Bedeutung als Kern der Linguistik.
        Paprotte Linguistische Aspekte der Begriffsentwicklung. 
        Stalins Irrlehre.
    Begriff in der Hermeneutik:
        Grundlage der Hermeneutik nach Schleiermacher.
        Begriff in der Hermneneutik Gadamers.
    Semiotik:
        Begriff in der Semiotik.
           Das semiotische Dreieck.
        Die Zeichentheorie Charles Sanders Peirce:
            Spekulative Grammatik aus Phänomen und Logik der Zeichen. 
              1. Ikon, Index und Symbol (H).
              Interpretanten: Die Vorläufige Analyse des Dicizeichens (H).
        Morris Die Natur des Zeichens.
           Kommentar Morris 1938.
        Morris:Die Grundbegriffe der Semiotik (1946).
           Kommentar Morris 1946.
    Begriff in der Kommunikationswissenschaften:
        Begriff in Colin Cherrys Kommunikationsforschung. 
    Begriff in der Literaturwissenschaft.
    Begriffe in den Suchmaschinen:
    Notizen.



    Begriff in derSprachlehre und Linguistik.

    Duden (Abruf 13.09.18)
    Begriff, der
    Wortart:  Substantiv, maskulin
    Bedeutungsübersicht?

    1. Gesamtheit wesentlicher Merkmale in einer gedanklichen Einheit; geistiger, abstrakter Gehalt von etwas
    2. umgangssprachlich) Ausdruck, Wort
    3. Vorstellung, Auffassung, Meinung von etwas
    4. in »im Begriff[e] sein/stehen« und anderen Wendungen, Redensarten oder Sprichwörtern
    Synonyme zu Begriff?
        Ausdruck, Benennung, Bezeichnung, Terminus, Vokabel, Wort
        Anschauung, Auffassung, Bild, Gedanke, Vorstellung; (Philosophie) Idee, Notio, Notion; (antike Philosophie) Logos"

    Sprachbrockhaus (1951)
    der Begriff, -s/-e, 1) Bedeutungsgehalt; Gedankeneinheit, 2) U Ahnung, blasse Vorfteilung: du kannft dir keinen B. davon machen. 3) U Auffaffung: Schwerer B., langsamer Verstand. begriffen in ihm, beschäftigt: er war mitten in der Arbeit begriffen. begrifflich, begriffsmäßig, gedanklich (abstrakt); Gegensatz: gegenständlicb, dinglich, begriffliches Hauptwort, Verdeutlichung von Abstraktum. die Begrlffsbeltimmung, eindeutige, fachlichere Umfchreibung eines Begriffs (Definition), begriffsstutzig, schwer begreifend, das Begriffsvermögen, Auffaffungsgabe. das Begriffswort, Bezeichnung eines Gedankendinges. [von begreife]"

    Begriffsarten (Hauptarten) [Quelle Hauptseite]
    Alltäglicher Begriff (Grundbegriff der Alltags-Sprach-Sozialisation in einer bestimmten Soziokultur).
    Allgemeinbegriff (Universalie) und abstrakter Begriff
    Konkreter Begriff für einzelne Dinge oder Sachverhalte
    Unbestimmter, unklarer Begriff
    Vorbegriffliche Schemata und Umschreibungen.
    Vorwissenschaftlicher Begriff, der wenigsten beschrieben und charakterisiert sein sollte,
    Wissenschaftlicher Begriff, der definiert sein sollte.

    Begriffs-Normen
    "Das Verständnis von „Begriff“, das dabei zugrundeliegt, hat sich in der philosophischen Begriffslehre früh entwickelt und wirkt bis heute fort; es hat unter anderem in den Normen DIN 2330 und DIN 2331 seinen Niederschlag gefunden." Ganter & Wille (), Vorwort.

        Wikipedia (Abruf 15.09.18) hierzu:
    "Die DIN 2330 Begriffe und Benennungen; Allgemeine Grundsätze stellt die Anforderung, dass Benennungen sprachlich richtig und treffend sein sollen und fordert insbesondere:[5]
        Genauigkeit von Benennungen
        Knappheit von Benennungen
        Orientierung am anerkannten Sprachgebrauch
    Bei einer eindeutigen Beziehung zwischen einem Begriff und einer Benennung ist jedem sprachlichen Ausdruck jeweils nur ein Inhalt zugeordnet.[6] Hierbei kann allerdings derselbe Inhalt auch durch einen oder mehrere andere Ausdrücke wiedergegeben werden.[6] Bei einer eineindeutigen oder umkehrbar eindeutigen Beziehung ist jedem Ausdruck nur ein Inhalt und jedem Inhalt nur ein Ausdruck zugeordnet.[6] Insofern heißt es in der DIN 2330 bezüglich der „Genauigkeit von Benennungen“:
        „Genauigkeit von Benennungen wird dadurch erreicht, daß zwischen einem Begriff und einer Benennung möglichst eine eineindeutige Beziehung hergestellt wird, d. h. jedem Begriff möglichst nur eine Benennung und jeder Benennung nur ein Begriff zugeordnet wird.“[7]
    Diese Anforderungen beziehen sich auf Fachsprachen. In der sog. Gemeinsprache gilt Eindeutigkeit oder Eineindeutigkeit weder als realisierbar, noch als wünschenswert, da hier die Flexibilität eine große Rolle spielt.[8]
    Probleme bei der Zuordnung von Begriff und Benennung ergeben sich, insbesondere für Fachsprachen, aus:
        Synonymie: zwei oder mehr Benennungen sind einem Begriff zugeordnet.[9]
        Polysemie: die Benennung ist mehrdeutig, zwischen den betroffenen Bedeutungen besteht allerdings ein Zusammenhang, im Deutschen vergleichsweise häufig.[9]
        Homonymie: die Benennung ist mehrdeutig, zwischen den betroffenen Bedeutungen besteht kein Zusammenhang, im Deutschen vergleichsweise selten.[9]"
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    Benennung in Wikipedia [Abruf 15.09.18]
    "Eine Benennung ist die Bezeichnung eines Gegenstandes durch ein  Wort  oder mehrere Wörter.[1] Die Benennung gilt in der Sprachwissenschaft und in der  Terminologielehre  als die sprachliche Form, mit der  Begriffe  ins Bewusstsein gerufen werden.[2] Eine Benennung ist insofern die Versprachlichung einer Vorstellung.[2] Der weiter gefasste Oberbegriff Bezeichnung beinhaltet demgegenüber, neben der Benennung, auch nichtsprachliches, wie Nummern, Notationen und Symbole.[3] Bei einer fachsprachlichen Benennung spricht man auch von einem Fachausdruck oder Terminus.[2] Benennungen kommen als Einwort- und als Mehrwortbenennungen, auch Mehrworttermini genannt, vor.
        Die Beziehungen zwischen Benennung (auch Bezeichnung, Zeichen usw.) zu Begriff (auch Inhalt, Bedeutung usw.) zu Gegenstand (auch Objekt, Bezeichnetes usw.) werden in Semiotik und Sprachwissenschaft im Semiotischen Dreieck veranschaulicht."

    Begriff in Einfuehrung in die Terminologiearbeit
    Arntz, Reiner; Picht, Heribert & Schmitz, Klaus-Dirk (2014) Einführung in die Terminologiearbeit. Hildesheim: Olms. S. 48f.

    "3.3 Begriff

    3.3.1 Bedeutung des „Begriffs“ ()
    Es ist bereits deutlich geworden, dass der „Begriff“ () in der Terminologielehre eine zentrale Rolle spielt. Daraus ergeben sich in methodischer Hinsicht wichtige Konsequenzen, insbesondere in folgenden Bereichen:

    Normung
    In der nationalen mid internationalen Normung steht die Klärung der Begriffe () an erster Stelle; erst wenn klar ist, worüber man spricht, ist es sinnvoll zu überlegen, wie man den betreffenden Begriff () am zweckmäßigsten benennen kann. Von dem gleichen Grundsatz gehen auch die Bemühungen um eine internationale Angleichung von Begriffen () und Benennungen () aus.

    Information und Dokumentation
    Auf dem Gebiet der Information und Dokumentation ist die Vorherrschaft der Begriffe () besonders deutlich. Eine Klassifikation wie z.B. die DK (Universelle Dezimalklassifikation) kann nur von den Begriffen () ausgehen; diese werden zur eindeutigen Kennzeichnung im System mit numerischen Notationen versehen. Die Benennungen () sind zwar für die Kommunikation unentbehrlich, sie können jedoch die Systemstruktur nicht sichtbar machen.

    Fachsprachliche Lexikographie
    In systematisch - also nicht alphabetisch - gegliederten Wörterbüchern bildet die begriffliche Systematik () das Gliederungskriterium. Wenn also die Einträge in einem Wörterbuch gelegentlich auch als „Wortstellen“ bezeichnet werden, so würde es sich hier eher anbieten, von ,Begriffstellen' () zu sprechen.
    Es wurde bereits gesagt, dass die Frage nach dem Verhältnis zwischen Sprache, Denken und Realität eine ganze Reihe von Disziplinen beschäftigt. Jede dieser Disziplinen ist von ihrem speziellen Ansatz her zu Antworten gelangt, die in unterschiedlichem Umfang auch von der Terminologielehre genutzt werden.
    Aufgrund der großen Bedeutung des „Begriffs“ () für Terminologielehre und Terminologiearbeit wird dieser Themenbereich im Folgenden ausführlich erörtert.

    3.3.2 Definitionen von „Begriff" ()
    Einleitend sei noch einmal an die bereits zitierte Definition in DIN 2342 (2011) erinnert:

      Begriff (): Denkeinheit, die aus einer Menge von Gegenständen unter Ermittlung der diesen Gegenständen gemeinsamen Eigenschaften mittels Abstraktion gebildet wird
    Diese Definition wird in der Norm durch folgende Anmerkung ergänzt:
      Begriffe () sind nicht an einzelne Sprachen gebunden, sie sind jedoch von dem jeweiligen gesellschaftlichen und/oder kulturellen Hintergrund einer Sprachgemeinschaft beeinflusst.
    Die der Anmerkung zugrundeliegenden Überlegungen sind für die mehrsprachige Terminologiearbeit von Bedeutung; sie werden in Kap. 4 eingehend behandelt.
    Vergleicht man die obige Definition von 'Begriff ()' mit der entsprechenden Definition in der internationalen Grundsatznorm ISO 1087, so stellt man weitgehende, aber nicht völlige Übereinstimmung fest. ISO 1087-1 (2000) definiert wie folgt:
      concept (): unit of knowledge created by a unique combination of characteristics
      NOTE: Concepts () are not necessarily bound to particular languages. They are, however, influenced by the social or cultural background which often leads to different categorizations.


    Beide Definitionen orientieren sich an der Theorie Wüsters, wie der Vergleich mit der Wüsterschen Definition (1979:7) zeigt:

      Ein 'Begriff' () - von „Individualbegriffen“ () werde hier abgesehen - ist das Gemeinsame, das Menschen an einer Mehrheit von Gegenständen feststellen und als Mittel des gedanklichen Ordnens („Begreifens“ ()) und darum auch zur Verständigung verwenden. Der Begriff () ist so ein Denkelement.


    In dieselbe Richtung weist die Definition in der österreichischen Grundsatznorm „Terminologie - Allgemeine Grundsätze für Begriffe () und Bezeichnungen ()“ (ÖNORM A 2704, 1990:4), die wegen ihrer Klarheit und Vollständigkeit ebenfalls zitiert werden soll:

      Begriffe () dienen dem Erkennen von Gegenständen, der Verständigung über Gegenstände sowie dem gedanklichen Ordnen von Gegenständen. Ein Begriff () kann auch durch Verknüpfung von anderen Begriffen () gebildet werden.


      Allen diesen Definitionen ist gemeinsam, dass sie von einem „Denkelement“ (), einer „Denkeinheit“ () oder einem „Wissenselement“ () sprechen, die - explizit oder implizit ausgedrückt - durch Abstraktion entstanden sind.
        Auf dem Wege vom Gegenstand zum Begriff () werden diejenigen Eigenschaften zusammengefasst, die einer bestimmten Menge von Gegenständen gemeinsam sind. Bei materiellen Gegenständen ist das geschilderte Verfahren relativ unproblematisch, weil sich ihre Eigenschaften mit Hilfe der Sinne [>50] direkt oder indirekt feststellen lassen und sich die Auswahl der begriffskonstituierenden Eigenschaften () auf eine breite Erfahrungsgrundlage stützen kann.
        Bei der Bildung von Begriffen (), die auf immateriellen Gegenständen basieren, ist das Verfahren der Begriffsbildung () wesentlich komplizierter, wie bereits in dem vierteiligen Wortmodell Wüsters zum Ausdruck kam. Dies lässt sich am Beispiel des „ombudsman“ () (ungefähre deutsche Entsprechung: „Bürgeranwalt“ oder „Bürgerbeauftragter“) veranschaulichen. ... ... ... "

    Metzler Lexikon Sprache, 5.A. 2016
    Begriff (lat. conceptus, no¯tio¯. Engl., frz. concept, notion) Aggregat kategorialer oder relationaler Merkmale, das die Gegenstände, Zustnde, Prozesse etc., denen die Merkmale zukommen, zu einer  Klasse zusammenfasst und das mit einem kommunizierbaren, i. d. R. verbalen Ausdruck verknpft ist;wer eine Entität mit diesem Ausdruck benennt, ›begreift‹ sie als Instanz der durch das Merkmalsaggregat (die  Intension) gekennzeichneten Klasse.Vom konkreten Objekt her gesehen ist also der B. abstraktiv (Ausblendung nicht-klassenbildender Merkmale) und verallgemeinernd (Einordnung in Klassen) sowie eben deshalb »ungesättigt« (Frege 31969 , 29); als prdikativer Funktor bedarf er der
    Ergänzung durch einen (so Frege) oder mehrere referentielle Ausdrcke (z. B. »Sohn« [x, y] ‹x: Igor, y: David) mit dem Ergebnis der log. Normalform eines wahren oder falschen Urteils ([Igor ist] »Sohn« [von David]). Zugleich ist der B. notwendig analytisch: Eine holist. ›Vorstellung‹ ist noch kein B.; sie wird dazu in dem Maße, in dem sich die Spezifika ihrer ›Gestalt‹ ausdifferenzieren zu Merkmalsbegriffen, mit deren Hilfe der fragl. B. reflexiv geklrt und im Idealfalgegenüber konkurrierenden B. zureichend abgegrenzt werden kann. Ein durch derartige  Definition(en) konstituierterB. ist zugleich klar (= zureichend bestimmt) und deutlich (= vollständig analysiert) – eine bei komplexen B. oft unabschließbare Aufgabe, insbes. wenn auch für die definierenden Merkmalsbegriffe  rekursiv Klarheit und Deutlichkeit fordert. Die Möglichkeit, durch Vergrößerung der Merkmalsmenge aus  OberbegriffenUnterbegriffe engererExtension abzuleiten (»Fahrzeug« für »Automobil« für »Pkw« für »Kabrio«), zeigt, dass B. i. d. R.hierarchisch organisiert sind (in traditioneller Metaphorik: ›Baum‹ oder ›Pyramide‹). Quer dazu jedoch steht jeder B. durch seine unterscheidenden Merkmale (»differentiae specificae«) in vielfältigen Relationezu anderen B. (z. B. »Kabrio« für HAT : »Verdeck« für MÖLICH : »zurückklappen«), so dass es angemessener erscheint, B. als Knoten innerhalb vieldimensionaler ›Netze‹ zu bezeichnen, deren Kanten sich durch Vollständigkeit, Ökonomie, Stabilität und Wohlunterschiedenheit auszeichnen. Eine minimale Extension besitzen die sog. Individualbegriffe (»Heiland«, »Urknall«, »Französ. Revolution«); sie unterscheiden sich durch eine definierbare Intension von den deikt. Eigennamen, können allerdings in prädikativem Gebrauch aus diesen hervorgehen (Er ist ein neuer Caruso). – Ein Begriffsnetz kann man auch als  Terminologie bezeichnen; die (>denotative) Bedeutungeines in ihr präzise definierten  Terminus besitzt – zumindest dem Anspruch nach – die Struktur eines klaren und deutl. B., und zwar dieselbe im System und im (fachkommunikativen) Text. Dagegen zeigt die zumeist beträchtl. Differenz zwischen System- und äußerungsbedeutung in der Alltagssprache, dass diese begriffl. flexible  Lexeme ihr eigen nennt: Im Gegensatz zu Termini sind alltagssprachl. Lexeme durch Eigenschaften wie Polysemie, Vagheit Prototyp und  Emotionalität (> Konnotation (2), Gefühlswert,  Nebensinn), die die  Philosophie der idealenSprache als Mängel betrachtete, angelegt auf situative Anpassung, kreative Modifikation und hintersinnige Andeutung. Hinzu kommt, dass deren Repräsentationen im mentalen Lexikon der Sprachteilhaber selten das hohe Maß an begriffl. Transparenz der Bedeutung erreichen, wie es die Methodik der ling. Wortsemantik zuweilen suggeriert. Dennochist an dem Faktum ihrer analyt. Bedeutungsstruktur nicht zu rütteln; denn auch alltagssprachl. [>] sprachl. Autosemantika gilt, dass sie Klassen designierenmithilfe eines intensionalen Aggregats konventionaler Merkmale, in die sich die mentalen Bedeutungen seit frühester Kindheit ausdifferenzieren als Folge zahlloser Akte gelingender Prädikation, relevanter Unterscheidung und verständl. syntakt. Verbindung der lexemat. Einheiten. Lexembedeutungen tragen somit die Statur, nicht (immer) jedoch den ernsten Anspruch des (»wissenschaftl.«) B.; Schaff (1969, 252ff.) charakterisiert sie daher, unter dem »Gesichtspunkt des Denkprozesses«, als »umgangssprachl. B.«. Ihre Begriffsstatur macht Lexembedeutungen erreichbar für kommunikative und metakommunikative  Paraphrasen und garantiert zugleich dieÜbersetzbarkeit der Sprachen trotz aller Unterschiede im Lexembestand. Dies bedeutet auch, dass B. durchaus nicht nur in Lexemen ihren sprachl. Ausdruck finden, sondern ebensosehr in entsprechenden (nominalen, verbalen etc.)  Syntagmen; ja vom B. her gesehenist ein definitor. Syntagma wie gleichseitiges rechtwinkliges Viereck log. primär gegenüber dem Lexem Quadrat, das die dt. Sprache als ökonom.Abkürzung bereitstellt, während sie eine solche z.B. dem B. »gleichseitiges Dreieck« vorenthält. – Über den ontolog. Status des B. herrscht von der griech. Antike bis zur Gegenwart keine Einigkeit. Strittig waren oder sind insbes. die folgenden Punkte: (a) Existieren B. bzw. deren äquivalente außermental als ideale Entitäten (Plato, ma. ›Realisten‹, Bolzano, Husserl), oder sind B. »passiones animi« (Boethius), ›Gedanken‹ oder ›Vorstellungen‹, sei es als abstraktive mentale Konstruktionen (Nominalisten, Locke), sei es als psych. Abbilder der Dinge und ihrer Gemeinsamkeiten? Die letztere, von Aristoteles zuerst formulierte (Peri hermeneias, I, 16 a 3f.), von der Stoa und ma. Sprachtheoretikern tradierte und modifizierte Auffassung wurde auch für die Neuzeit bestimmend bis hin zur marxist.Widerspiegelungstheorie und entspricht mit ihrer triad. Struktur dem Semiotischen Dreieck (s. die Abb.). (b) Gibt es neben »empir.« abgeleiteten B. (wie »Energie«) auch projektiv entworfene (Hegel, Lipps) bzw. »kognitiv-konstitutive« (Burkhardt) B. (wie »Gerechtigkeit«) oder gar


     

    »eingeborene B.« (Descartes: »Gott«)? (c) Kant (Logik 1, § 1) bestimmt im Gegensatz zur »einzelnen Vorstellung« (= ›Anschauung‹) den ›B.‹ als »allgemeine oder reflektierte Vorstellung«, ohne für diese das Merkmal ›Sprachgebundenheit‹ zu fordern. Es ist aber fragl., ob B., seien sie »empir.« (wie »Katze« oder »Säugetier«) oder »rein« (wie »Ewigkeit«), eine eigene außersprachl. Repräsentationsebene bilden oder ob sie nicht vielmehr – wie dies schon die Stoiker nahelegen und in der Neuzeit u. a. Vico, Hamann, Herder und Humboldt fordern – konstitutiv sprachgebundene Einheiten sind. (d) Unter der letzteren Annahme muss aber der Synonymie und Heteronymie (2), d. h. der relativen Unabhängigkeit des B. von der einzelsprachl. Form Rechnung getragen werden. In der strukturellen Semantik resultiert daraus die Auffassung von der »Außereinzelsprachlichkeit« (Heger) der B., die als nicht einzelsprachl. definierte Einheiten ( Noem(3)) die method. Grundlage fr die Untersuchungeinzelsprachl. Bezeichnungsmöglichkeiten bilden
    ( Onomasiologie), ohne dass eine Aussage über ihren ontolog. Status getroffen würde. Wer darin die Gefahr einer Hypostasierung fürchtet, wird B. mit »Wörtern einer Einzelsprache« (Weinrich 1966, 29) identifizieren, insoweit diese sprachübergreifende und kontextinvariante Bedeutungsstrukturen aufweisen (z. B. Schaff, Schmidt). (e) Neuere kognitionswiss. Ansätze nehmen i. d. R. eine außersprachl. Repräsentationsebene an, sprechen dann aber seltener von ›B.‹ (Hoffmann) als von ›Konzepten‹ und verstehen darunter kognitive Reprsentationenaller Art, soweit sie nur eine gewisse invariante Struktur aufweisen wie u. a. auch die sensomotor. Muster und »inneren Bilder« (Piaget) des vorsprachl. Kindes. Die dt. Sprache bietet hier die Möglichkeit der terminolog. Differenzierung: einerseits das ›Konzept‹ als nicht-sprachl., jedoch oft mit einem sprachl. Ausdruck verknüpfte, in der individuellen ›Psyche‹ existente Reprsentation; andererseits der überindividuelle Geltung beanspruchende ›B.‹ als definierbare Position in der Struktur eines elaborierten konzeptuellen Netzes, dessen stabile Relationen auf interaktiv ›ausgehandelten‹, sprachl. fixierten, ggf. zu einer Theorie verbundenen Urteilen beruhen. Lit. H. Lipps, Die Verbindlichkeit der Spr. Ffm. 21958. – K. Heger, Monem, Wort, Satz und Text. Tbingen 21976. – H. Weinrich, Ling. der Lge. Heidelberg 1966. – I. Kant, Logik: Allgemeine
    Elementarlehre. In: Werke, hg. von W. Weischedel, Bd 5. Darmstadt 1968, 521–529. – G. Frege, Funktion, B., Bedeutung (1892). In: Ders., Funktion, B., Bedeutung. Gçttingen 2008. – S. J. Schmidt, Bedeutung und B. Braunschweig 1969. –  A. Schaff, Einf. in die Semantik. Ffm. 1969. – R. Haller, B. In: J. Ritter & K. Grnder (Hgg.), Histor.
    Wb. der Philosophie. Bd. 1. Darmstadt 1971, Sp. 780–785. – H. Wagner, B. In: H. Krings, H.M. Baumgartner & Ch. Wild (Hgg.), Hdb. philosoph. [>]
    Grundbegriffe. Bd. 1. Mchn. 1973, 191–209. – A. Burkhardt, Bedeutung und B. In: Zs. f. philsoph. Forschung 37, 1983, 68–87. – J. Hoffmann, Die Welt der B. Weinheim 1986. – J. H. J. Schneider & S. Majetschak, B. In: G. Ueding (ed.), Histor. Wb. der Rhetorik. Bd. 1. Tbingen 1992, Sp. 1399–1422. RB

    Begriffsbildung (auch: Konzeptualisierung) Entwicklung von Erkenntnisstrukturen beim Kind, die aus der Verallgemeinerung der Erfahrung in der Interaktion des Subjekts mit der dingl. und personalen Umwelt entstehen. In der Spracherwerbsforschung ist das Verhältnis von B. und Bedeutungserwerb ein zentrales Thema. Wörter kçnnen als Symbol für Begriffe verstanden werden; Wortbedeutungen sind demnach Begriffen zugeordnet. Die Spracherwerbsforschung befasst sich mit Strukturen, Inhalten und Entwicklungsstadien kindl. Begriffe und mit dem Verhältnis zwischen B. und Bedeutungsentwicklung. Der Begriff »Leben« von vierjährigen Kindern z. B. ist durch die Attribute »in Bewegung sein«, »in Funktion sein«, »dem Menschen ähnlich sein« charakterisiert. Pflanzen oder Tiere, die dem Menschen wenig ähnl. sind, werden nicht darunter subsumiert. Entsprechend unterscheidet sich die Bedeutung des Wortes »Leben« bei einem vierjährigen Kind von der eines Erwachsenen. In der Entwicklung eines Kindes wechseln Stadien, in denen die Begriffsentwicklung der Bedeutungsentwicklung vorauseilt, mit Stadien, in denen es sich umgekehrt verhält. Lit. P. Bloom, How Children Learn the Meaning of Words. Cambridge,
    Mass. 2000. – K. Nelson, Language in Cognitive Development. Cambridge 1996. – J. Piaget, Meine Theorie der geistigen Entwicklung. Ffm. 1983. – G. Szagun, Sprachentwicklung beim Kind.

    Intension (lat. intendere ›bedacht sein, achten auf‹) In der philosoph. Semantik Bez. für die Bestimmung eines Begriffs durch seinen Begriffsinhalt bzw. Bedeutungsgehalt (Ggs.  Extension, d. h. Bestimmung durch den Begriffsumfang). Der Begriffsinhalt wird durch die Klasse der ihm eigenen Merkmale erklärt, z. B. der Begriff ›Säugetier‹ durch die
    für Säugetiere spezif. Eigenschaften. PR Weinheim u. a. 62003. – L. S. Vygotskij, Denken und Sprechen. Weinheim u. a. 2002. AN Begriffsgeschichte  Historische Semantik,  Bedeutungswandel Begriffsinhalt > Intension


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    Whorf über
    "Die Frage nach der Bedeutung als Kern der Linguistik

    Kulturanthropologen haben vielleicht weithin die Vorstellung, die Linguistik sei bloß ein hochspezialisiertes und ermüdend technisches Werkzeug in einer fernen Ecke ihrer Werkstatt. Diesen Anthropologen muß deutlich werden, daß die Linguistik ihrem Wesen nach die Erforschung von Sinn oder BEDEUTUNG ist. Dem Außenseiter mag es scheinen, als sei sie übermäßig mit der Aufzeichnung haarspaltender Lautunterscheidunen beschäftigt, mit phonetischer Gymnastik und mit dem Anfertigen komplizierter Grammatiken, die nur von Grammatikern gelesen werden. Tatsächlich ist ihr eigentliches Anliegen jedoch die Aufhellung der tiefen Dunkelheiten der Sprache und damit des Denkens, der Kultur und der Lebensanschauungen einer gegebenen Gemeinschaft. Das erhellende Licht ist jenes 'goldene Irgendwas', wie es einmal genannt wurde, das Prinzip der Bedeutung. Ich habe versucht zu zeigen, daß es dabei um weit mehr geht als um die Erlernung des Sprechens und Verstehens einer Sprache. Wer eine Kultur erforschen will, sollte in der Linguistik einen heuristischen Weg zur Behandlung psychologischer Probleme sehen, vor denen er bisher zurückgescheut ist. Die Linguistik ist eine optische Linse, durch die er bei richtiger Einstellung des Brennpunktes die WAHREN GESTALTEN von vielen Kräften sehen wird, die ihm bisher in der unerforschlichen Weite des unsichtbaren und körperlosen Denkens verborgen waren."
        Quelle S.119: Whorf, Benjamin L. (dt.1965) Sprache, Denken, Wirklichkeit. Reinbek: rde.
    Anmerkung: Das Sachregister enthält keinen Eintrag zu "Begriff", aber zur "Begriffsbildung": 78, 130, 133, 136f. S. 78 enthält nicht "Begriffsbildung" aber (unten) "Begriffe", so auch S. 133.
     

      Kommentar Whorf
      Sinn und Bedeutung kann Begriff und dem Denken geleichgesetzt werden. Die offene und weite Grundstellung Whorfs zur Erforschung auch seltener oder "exotischer" Sprachen ist sicher sehr hilfreich für Erkenntnisse zur Begriffsbildung.
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    "KAPITEL 4
    Linguistische Aspekte der Begriffsentwicklung (BMDefiniendum)
    W. Paprotte

    1 Zum Problem: eine pessimistische Vorbemerkung?

    Begriff (BMDefiniendum) ist philosophisch und psychologisch ein kontroverser Term, definierbar auf der Basis metaphysischer und epistemologischer Traditionen (BMversch). Dem linguistischen Begriff der Bedeutung (BMLBdB) geht es nicht besser. Empirismus und Rationalismus; Nominalismus und Realismus; Phänomenalismus, Relativismus, Objektivismus, Subjektivismus, und vor allem die kognitiven Wissenschaften hantieren mit diesen Termen(BMKritik)wie Hänsel und Gretel mit ihren Brotkrumen im Märchenwald.
        Einer behavioristischen Unlust, den Wald zu betreten, soll trotzdem nicht das Wort geredet werden. Dies verbietet ein naiver common-sense. Glaube an eine Welt von Individuen und die Erkenntnis ermöglichende psychologische Realität von Begriffen (BMBpsyR). Begriffe (BMDefCha) sind Einheiten mentaler Repräsentationen (des Wissens) von Welt, die der Darstellung, Organisation, Planung, Steuerung und Kontrolle des menschlichen Stoffwechsels mit Welt und Umwelt dienen (BMBziel). Sprachliche Ausdrücke dagegen sind Instrumente des sozialen Verkehrs, denen eine Mittlerfunktion zukommt: vox significat (rem) mediantibus conceptibus (Ullman, 1957, S. 71).
        Aus linguistischer Sicht tragen sprachliche Ausdrücke Bedeutungen, welche jedoch nicht als Eigenschaften des akustisch-artikulatorischen Signals auftreten, sondern als sozial normierte, konventionelle mentale Entitäten eines sprachbenutzenden Individuums angesehen werden. 'Begriff'(BMvergl) und 'Bedeutung' teilen also das Schicksal empirisch nicht, bzw. nur indirekt bestätigbarer Terme, deren Zusammenhang darüber hinaus zu vielfältigen Vermutungen Anlaß gibt.
        Häufig wird Begriff (BMDefCha) reduktiv als Wortbedeutung definiert (so bereits Ach, 1921). Obwohl diese Festlegung viele Probleme aufwirft, soll sie heuristischer Ausgangspunkt des Artikels sein. Zu den hierbei unmittelbar bemerkbaren Problemen gehört beispielsweise, daß keine eindeutige Zuordnung von sprachlichen Ausdrücken und Begriffen (BMunklar) möglich scheint. So kann etwa sowohl ein Name wie eine Vielzahl definiter, beschreibender Ausdrücke einem Begriff, hier NAPOLEON, zugeordnet sein: "Napoleon" "der kleine Korse"; "der Sieger von Jena"; "der Verlierer von Waterloo" "der Franzose, dessen Bruder König von Westfalen war", usw. Zeigt dieses Beispiel nicht auch, daß die Zuordnung der komplexen Ausdrücke zu NAPOLEON nur möglich ist, weil der Begriff (BMunklar) auch Inskriptionen enzyklopädischen Wissens umfaßt, mit deren Hilfe dann der intendierte Referenzpunkt von "der Verlierer von Waterloo" erschließbar wird? Ähnliche Fragen wirft das Nebeneinander von idiomatischen, vielfach metaphorischen Ausdrücken wie "das Handtuch werfen" und nicht übertragen, wörtlich benutzten Ausdrücken wie "aufgeben" auf. Auch hier scheint das Wissen eines Sprechers über (Box)Kampf beendende Signale die Zuweisung des komplexen Ausdrucks zum Begriff (BMBB) erst zu ermöglichen. Beide Beispiele führen zu einem weiteren Problem: Weder sind Begriffe (BMdiff) mit Wortbedeutungen gleichzusetzen, noch kann eine logische Priorität von [>76] Wort vor Phrasen- und Satzbedeutung angenommen werden, da nicht auszuschließen ist, daß Begriffsinhalte (BMinhalt) anstatt durch atomare, semantische Merkmale vielmehr durch Propositionen beschrieben werden müssen.
        Wörter (i.e. Lexeme) kommen in verschiedenen Wortformen vor ("bohren", "bohrte", "gebohrt") und haben an Wortderivations- und Kompositionsprozessen teil ("Bohrer", "Bohrturm"). Wie beeinflußt syntaktische und morphologische Variation das Verhältnis von Ausdrucksform und Begriff (BMausdrf)? Aus linguistischer Sicht ist die Beschreibung eines Lexems ein Tripel (phonetische, syntaktische, semantische Regeln), bestehend aus einer phonetischen (oder graphischen), einer morpho-syntaktischen und einer semantischen Beschreibung. Diese Beschreibungsaspekte korrelieren auf eine höchst unklare Art und Weise mit dem Wissen der Muttersprache, das ein Sprecher tatsächlich hat. Ebenso unklar, weil auf unterschiedliche Weise in konkurrierenden Grammatikmodellen beschrieben, ist der Zusammenhang phonetischer, syntaktischer und semantischer Aspekte (vgl. z.B. Kempson, 1977; Bierwisch, 1981, S. 345 f.). Es dürfte einleuchten, daß eine explanatorische Theorie der Begriffsentwicklung (BMBB) den Beitrag innersprachlicher, phonetischer und morphologisch-syntaktischer Faktoren nicht übergehen darf. Dieser Problembereich soll aber hier unberücksichtigt bleiben (vgl. dazu etwa Karmiloff-Smith, 1984).
        Eine Äußerung wird gewöhnlich als Sprechereignis aufgefaßt, welches ein Sprecher aufgrund seines phonetischen, syntaktischen und semantischen Wissens zu einem gewissen Zeitpunkt und Kontext produziert. Dabei wird gewöhnlich angenommen, daß, so wie das phonetische Regelsystem das artikulatorisch-akustische Ereignisprodukt bestimmt, semantische Regeln die Äußerungsbedeutung determinieren. Eine Äußerung wäre demnach ein Oktupel (Ereignis, Sprecher, Zeit (phonetische, syntaktische, semantische Regeln), Kontext, Äußerungsbedeutung}, wobei semantische Regeln Funktionen von Kontexten in Äußerungsbedeutungen sind, bzw. es sind semantische Regeln Intensionen, die Äußerungsbedeutungen von Sprechereignissen in Kontexten als Extensionen haben. Dieser Denkansatz führt zwangsläufig zur strikten Unterscheidung (BMBdif) von ’semantischen’und ’enzyklopädischen’ Begriffen. Die Berechtigung, dies zu tun, wird unten als kleiner Beitrag zur Verbreiterung der "semantic development framework principles" (Carey, 1982) diskutiert.
        Begriffe (BMBart), (BMdiff) werden vielfach dichotomisch als einfache oder komplexe, abstrakte oder konkrete, singulär oder allgemeine usw. klassifiziert und als Knoten in einem Netzwerk aufgefaßt, in welchem die Relationen zu anderen Knoten den Begriffsinhalt (BMinhalt) festlegen (vgl. Collins & Quillian, 1972). Nach anderen Auffassungen sind Begriffe (BMunklar) Einträge eines mentalen Lexikons, deren Inhalt in semantische Komponenten zerlegbar ist (Smith et al. , 1974; Bierwisch, 1981; Clark, 1973). Bedeutungspostulate bieten hierzu eine Beschreibungsalternative (Kempson, 1977; Biggs, 1982; Fodor et al., 1980; Bierwisch, 1981). Der klassischen Auffassung von Begriff (BMBling), die den linguistischen Ansätzen zugrunde liegt, werde ich Einsichten in prototypische Begriffsstrukturen (BMBstruk) entgegenhalten und die Relevanz beider für eine genetische Theorie der Begriffsentwicklung besprechen."
        Quelle S. 75f: Seiler, Th.B. & Wannenmacher, W. (1985, Hrsg.) Begriffs- und Wortbedeutungsentwicklung. Berlin: Springer.

      Kommentar: Ein schwieriger Text, bei dem mir nicht klar wurde, was nun die linguistische Auffassung des Autors vom Begriff ist. Eingangs wird die Bedeutung von Begriff auf metaphysische und epistomologische Traditionen verschoben, die sich dann wie im Märchenwald Hänsels und Gretel verlieren. Am verständlichsten erscheint mir noch die Bestimmung: "Begriffe sind Einheiten mentaler Repräsentationen (des Wissens) von Welt, ...". Insgesamt wenig erhellend.




    Stalins Irrlehre
    "'Es ist allgemein bekannt, daß das Denken, dessen Formen und Gesetze Gegenstand.der Logik sind, untrennbar mit der Sprache verbunden ist. J. W. Stalin lehrt:
      „Welche Gedanken im Kopf (BMBdenk) des Menschen auch immer entstehen mögen, sie können nur auf der Grundlage des sprachlichen Materials, auf der Grundlage der sprachlichen Termini und Sätze entstehen und existieren, Gedankten, frei vom sprachlichen Material, frei von der sprachlichen ,natürlichen Materie, gibt es nicht (BMBeleg-), (BMfragl). ,Die Sprache ist die - unmittelbare Wirklichkeit des Gedankens (Marx). Die 'Realität des Gedanken offenbart sich in der Sprache. Nur Idealisten können von einem Denken, das mit der natürlichen Materie der Spräche nicht verbunden ist, von einem Denken ohne  Sprache sprechen (BMfragl)“2."
        Sekundärequelle: Bekradse, K. S. (dt. 1954) Über das Verhältnis von Logik und Dialektik, In (7-26) Kuszynski, Jürgen & Steinitz, Wolfgang (dt. 1954, Hrsg.) Üner formale Logik und Dialektik. Diskussionsbeiträge. 29. Beiheft zur Sowjetwissenschaft. 2. erg. Aufl.
        Quelle: J. Stalin, J. (1951) Der Marxismus und die Fragen der Sprachwissenschaft, 1951, S. 39; deutsch: ebenda, Berlin 1952, S- 47/48. Online auf der Seite der kpd-ml, Stalin-Werke, Bd. 15, 113-137 (Prawda 20. Juni 1950 ff). Das obige Zitat findet sich in der "Antwort an Genossin J. Krascheninnikowa", S. 130.
      Kommentar Stalin : Stalins Aufassung ist grundfalsch und auch nicht belegt. Stalin zeigt hier erhebliche Kenntnislücken und Denkfehler, wenn er das Denken der Gehör- und Sprachlosen (Furth) das Denken kleiner Kinder (BMEntDen) vor dem Spracherwerb und das Denken der Tiere (BMBTier) missachtet. Die Denunziation derjenigen als "Idealisten", die Denken unabhängig von der Sprache sehen, ist eben falsch wie demagogisch. Dieses üble Beispiel Stalins lehrt uns einmal wieder, wie grundfalsch und schädlich das "Parteilichkeitskonzept" des dialektischen Materialismus war und ist.




    Begriff in der Hermeneutik
    Hermeneutik heißt die Lehre von der Auslegung. Sie spielt allgemein eine große Rolle, weil vieles nicht streng klar ist und deshalb ausgelegt werden muss. Wahrscheinlich wird sehr vieles im praktischen Leben ausgelegt, ohne dass es besonders bewusst - und kritisch reflektiert - wird.

        Schmidt-Schischkoff erklären im Wörterbuch der Philosophischen Begriffe:

      "Hermeneutik (vom griech. her- meneHtike [ledme], „Kunst der Auslegung“) , Verdolmetschungskunst, Erklärungskunst (Hermes war in der griech. Mythologie der Vermittler zw. Göttern und Menschen). Die H. war die besond. Methode der klass. Sprachwissenschaft, um alte Literaturdenkmale sinngemäß auszulegen. Bes durch die Arbeit der sog. Historischen Schule im 19. Jh., seit Schleiermacher, wurde sie die spezifisch geisteswiss. Methode. Sie ist die Lehre vom >Verstehen, vom wiss. Begreifen geisteswiss. Gegenstände. Die Bedeutung der H. erkannt zu haben, kommt vor allem Dilthey zu. Heidegger nennt H. die von ihm in „Sein u. Zeit“ durchgeführte Phänomenologie des Daseins.
          H.-G. Gadamer, Wahrheit und Methode, Grundzüge einer philos. H., 1961."


    Viele Schriften der Hermneutiker sind aber selbst extrem auslegungsbedürftig, weil schwer verständlich.

    Grundlage der Hermeneutik nach Schleiermacher
    Die Hermeneutik ist von Schleiermacher nie als ein Werk verfasst worden. Es existieren nur Notizen zu den Vorlesungen und Mitschriften (1809/10-1831). In der kritischen Gesamtausgabe sind diese Quelle alle zusammengestellt:
    [Inhaltsverzeichnis-PDF]

    "Die allgemeine Hermeneutik.
    von Dr. Fr. Schleiermacher.
    Geschrieben im Winter 1809-10.
    (angefangen den 24sten November 09.)

    "5 Einleitung

    Erklärung
    E1 Die Hermeneutik beruht auf dem Factum des Nichtverstehns der Rede.
    In seiner größten Allgemeinheit genommen auch in der Muttersprache und im gemeinen Leben.
    E2 Das Nichtverstehn ist theils Unbestimmtheit theils Zweydeutigkeit des Inhalts.
    Nämlich ohne Schuld des Redenden gedacht.
    E3 Die Auslegungskunst ist also die Kunst, sich in den Besitz aller Bedingungen des Verständnisses dazu.rstehens zu setzen.
    ...
    E12 Das Ziel der Hermeneutik ist das Verstehn im höchsten Sinne.
    Niedrige Maxime: man hat alles verstanden, was man, ohne auf Widerspruch zu stoßen, wirklich aufgefaßt hat. Höhere Maxime: Man [>75] hat nur verstanden, was man in allen seinen Beziehungen und in seinem Zusammenhänge nachconstruirt hat. - Dazu gehört auch, den Schriftsteller besser zu verstehn, als er sich selbst.
    E13  Das Verstehn hat eine doppelte Richtung, nach der Sprache und nach den Gedanken hin.
    1. Die Sprache ist Inbegriff alles in ihr Denkbaren, weil sie ein geschlossenes Ganze ist, und sich auf eine bestimmte Denkweise bezieht. Alles Einzelne in ihr muß aus der Totalität können verstanden werden.
    2. Jede Rede ist einer Gedankenreihe des Redenden entsprechend, und muß also aus der Natur des Redenden, seiner Stimmung, seinem Zweck, vollkommen können verstanden werden. Jenes nennen wir die gram|matische, dies die technische Interpretation.

    E14 Dies sind nicht zwey Arten der Interpretation, sondern jede Auslegung muß beides vollkommen leisten.
    E15  Man hat oft von Arten der Interpretation gesprochen; Art ist aber das, was den Begriff der Gattung vollkommen in sich faßt. Dies findet hier nicht Statt. Wer nur grammatisch verstehn will, will immer nur unkünstlerisch verstehn. Wer nur psychologisch verstehn will (man nennt das nicht übel a priori} wird immer unphilologisch verstehn.
    ...
    E24 Jede Rede oder Schrift ist nur in einem großem Zusammenhänge zu verstehn.
    1. Entweder ich bin im Studium des Schriftstellers begriffen, und bringe seine Kenntniß schon mit; oder ich bin im Studium des Gegenstandes begriffen, und kenne ihn schon so weit, daß ich das Verständniß einer bestimmten Darstellung anknüpfen kann.
    2. Wenn ich zu einem Redenden zuerst komme, finde ich ihn in bestimmten Verhältnissen. Wenn ich zu einem Schriftsteller auf die rechte Weise hinzukomme, finde ich ihn da, wo er sich selbst aus der Masse in bestimmten Beziehungen aussondert. Eben so wenn ich zuerst zu einem Gegenstände komme, muß ich mit dem anfangen, was zur ersten Bekanntschaft bestimmt ist als Unterricht, oder ich muß ihn da auffassen, wo er sich zuerst entwickelt, d.h. als eigne Sphäre aus einer größem aussondert; so Philosophie aus Poesie, und die andern Arten der Poesie aus dem Epos.
    3. Wo nur eins von beiden stattfindet, muß das andre supplirt werden.
    E25  Es giebt kein rechtes Verstehn als im Fortschritt eines gründlichen Studiums. Jedes gründliche Studium ist historisch und fangt von Anfang an.
    Alles unzulängliche Verstehen hat im Mangel desselben seinen Grund.
    Wo man nun so zu Werke geht, muß man wissen, daß man nur partial und unvollkommen versteht.
    E26  Wo die historische Reihe unterbrochen ist, muß die Lücke auf b anderweitige Art ergänzt werden."

        Quelle S. 73ff: Schleiermacher, Friedrich (2012) Vorlesungen zur Hermeneutik und Kritik. Kritische Gesamtausgabe. II. Abt. Bd.4. Herausgegeben von Wolfgang Virmond unter Mirwirkung von Hermann Patsch. Berlin: De Gruyter.
     

      Kommentar: Motivation für die Hermeneutik ist das Nichtverstehen einer Rede, wofür Schleiermachen zwei Gründe anführt: (1) die Unbestimmtheit und (2) die Zweideutigkeit des Inhalts. Die berüchtigte Aussage, "den Schriftsteller besser zu verstehn, als er sich selbst." (E12) erscheint mir reichleich gewagt, ja fragwürdig. Die Erfahrung "Es giebt kein rechtes Verstehn als im Fortschritt eines gründlichen Studiums" dürfte wohl meistens richtig sein. Man kann nicht alle Lücken schließen und nicht alles verstehen, vor allem dann nicht, wenn Rückfragen und ein Dialog nicht mehr möglich sind.


    _
    Begriff in der Hermeneutik Gadamers
    Im 2. Band der Hermeneutik Wahrheit und Methode findet sich ein Sachregister zu den beiden Bänden. Dort werden folgende Einträge ausgewiesen:

      Begriff, Begriffsgeschichte, Begrifflichkeit I 4, 400, 407; II 11 f., 77ff., 90, 292ff., 366, 375ff., 460, 494
      Begriffsbildung I 356ff., 432ff.; II 77 u. ö., 149f., 462
    Im Band 2 gibt es im Teil "II. Vorstufen" ein Kapitel "7. Begriffsgeschichte als Philsosophie" (S. 77-91)
    Im Bd. 1 finden sich folgende Arbeiten mit Bezug zum Begriff:
      I, 1.b Humanistische Leitbegriffe (Bildung, sensus communis, Urteilskraft, Geschmack) (S. 15-47)
      I, 2.b, gamma Der Begriff des Erlebnisses (S. 70-76)
      III. Teil, 2.c Sprache und Begriffsbildung (S. 432-442)


    G1S4
        "Eine Besinnung auf das, was in den Geisteswissenschaften Wahrheit ist, darf sich nicht selber aus der Überlieferung herausreflektieren wollen, deren Verbindlichkeit ihr aufgegangen ist. Sie muß daher für ihre eigene Arbeitsweise die Forderung aufstellen, soviel geschichtliche Selbstdurchsichtigkeit zu erwerben, wie ihr nur irgend möglich ist. Bemüht, das Universum des Verstehens besser zu verstehen, als unter dem Erkenntnisbegriff (BMBerkMW) der modernen Wissenschaft möglich scheint, muß sie auch ein neues Verhältnis zu den Begriffen (BMBgwis) suchen, die sie selber gebraucht. Sie wird sich dessen bewußt sein müssen, daß ihr eigenes Verstehen und Auslegen keine Konstruktion aus Prinzipien ist, sondern die Fortbildung eines von weit herkommenden Geschehens. Begriffe (BMBgwis), die sie gebraucht, wird sie daher nicht unbefragt in Anspruch nehmen dürfen, sondern zu übernehmen haben, was ihr aus dem ursprünglichen Bedeutungsgehalt ihrer Begriffe (BMBgwis) überkommen ist."
     

      Kommentar zu Gadamer :  Die von mir eingesehen Text-Stichproben an den oben angegebenen Stellen sind begriffsanalytisch nicht ergiebig. Sie taugen hauptsächlich als zwar gebildete, aber wissenschaftlich unbrauchbare Beispiele. Das Begriffsproblem wird durch Gadamer nicht geklärt und voran gebracht, sondern weiter unfruchtbar angereichert.


    Querverweise aus: Kritik des Sprachgebrauchs in den Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften:

    • Die Philosophie als autonomes Subjekt bei Gadamer.
    • Gadamer die Philosophie meint.




    Semiotik

    Begriff in der Semiotik
    Semiotik (Zeichentheorie) heißt die Lehre oder Wissenschaft von den Zeichen, begründet durch Charles S. Peirce und Charles W. Morris. Die Semiotik wird - nach Georg Klaus - unterteilt in Syntaktik (Zeichenvorrat, Anordnung, "Grammatik"), Semantik (Bedeutung), Pragmatik (Handhabung, Anwendung, Gebrauch), Sigmatik (Sachverhalte, die bezeichnet werden).

    Das semiotische Dreieck
    Zeichen (Wort), Bedeutung (Begriff), Sachverhalt (Referenz).


    Die Zeichentheorie Charles Sanders Peirce

    Klare, deutliche und dunkle, verworrene Begriffe
    Peirce, Charles S. (orig 1877/78, dt. 1968)  Über die Klarheit unserer Gedanken. Frankfurt aM: Suhrkamp. Hier S. 37f:

    "l. Klarheit und Deutlichkeit
        388. Wer einmal einen Blick in eine moderne Abhandlung Iber Logik von der üblichen Sorte1 geworfen hat, erinnert sich zweifellos der zwei Unterscheidungen, nämlich zwischen klaren und dunklen Begriffen (BMDefiniendum) und zwischen deutlichen und verworenen Begriffen (BMDefiniendum).  Sie stehen seit nunmehr fast zwei Jahrhunderten in den Lehrbüchern, unverbessert und unverändert und werden im allgemeinen von den Logikern unter die Edelsteine ihrer Lehre gezählt.
        389. Ein klarer Begriff (BMDefiniendum)wird definiert als ein solcher, der so gefaßt ist, daß er wiedererkannt wird, wo er auch angetroffen weden mag, und der so erfaßt ist, daß kein anderer Begriff mit ihm verwechselt wird (BMDefiniens). Wenn er dieser Klarheit ermangelt, nennt man ihn dunkel. (BMDefiniens)
        Das ist ein ziemlich gefälliges Stück philosophischer Terminologie. Doch da es die Klarheit ist, die die Logiker definieren, wünschte ich, sie hätten ihre Definition ein bißchen einfacher gemacht. Niemals es zu verfehlen, einen Begriff (BMKritik) wiederzuerkennen und unter keinen Umständen ihn mit einem anderen zu verwechseln, mag er auch in noch so schwer verständlicher Form vorkommen, das würde eine so erstaunliche Kraft und Klarheit des Verstandes voraussetzen, wie man sie in dieser Welt selten antrifft. Andererseits, bloß derart eine Kenntnis des Begriffs (BMKritik) zu haben, daß man mit ihm vertraut geworden ist und des Zögern, ihn in gewöhnlichen Fällen wiederzuerkennen, verloren hat, scheint kaum den Namen der Klarheit des Begreifens [>38] Beherrschung hinausläuft, welches völlig im Irrtum sein kann. Ich nehme jedoch an, daß, wenn die Logiker von „Klarheit“ sprechen, sie nicht mehr meinen als eine solche Vertrautheit mit einem Begriff  (), da sie ja diese Qualität nur als ein kleines Verdienst ansehen, das durch ein anderes ergänzt werden muß, welches sie Deutlichkeit nennen.
        390. Ein deutlicherBegriff  () wird definiert als ein solcher, der nichts enthält, was nicht klar ist. Das ist technische Sprache. Unter dem Inhalt eines Begriffs () verstehen die Logiker alles, was in einer Definition enthalten ist. So daß gemäß ihrer Auffassung in Begriff () dann deutlich erfaßt ist, wenn wir in abstrakten Termini eine präzise Definition von ihm geben können. An diesem Punkt lassen die Berufslogiker die Sache auf sich beruhen, und ich hätte den Leser nicht mit dem belästigt, was sie zu sagen haben, wenn das nicht ein so schlagendes Beispiel dafür wäre, wie sie ganze Zeitalter geistiger Tätigkeit verschlafen haben, die Maschinerie des modernen Denkens gleichgültig übersahen und sich nicht im Traum einfallen ließen, sie zur Verbesserung der Logik anzuwenden. Man kann leicht zeigen, daß die Lehre, daß vertrauter Gebrauch und abstrakte Deutlichkeit die Vollkommenheit des Begreifens ausmachen, ihren einzigen richtigen Platz in Philosophien hat, welche schon lange tot sind (BMKritik). Es ist ist an der Zeit, die Methode zu formulieren, mit der man eine größere Klarheit des Denkens erreichen kann, so wie wir sie bei den Denkern unserer Zeit sehen und bewundern. (BMBklar)"
     

      Fußnote1: Eine der Abhandlungen über Logik, wie es sie von der L’Art de Penser Port-Royal bis in die jüngste Zeit gibt. — 1893

      Kommentar Klarheit ...: Die Kritik der Logiker mit ihrer unrealistischen und wenig evaluativen Version von Klarheit und Deutlichkeit ist nachvollziehbar, wobei Peirce sich selbst den Vorwurf gefallen lassen muss, ziemlich dunkle und verworrene Begriffe geschaffen zu haben, wie z.B. seine Kategorien Erstheit, Zweitheit, Drittheit. .

    _
    Aus S.64-67: Peirce, Charles S. (orig. 1903, dt. 1983) Phänomen und Logik der Zeichen. Frankfurt aM: Suhrkamp.

    "IV. Spekulative Grammatik23

    Ein Zeichen oder Repräsentamen ist alles, was in einer solchen (BMunklar) Beziehung zu einem Zweiten steht, das sein Objekt (BMunklar) genannt wird, daß es fähig ist ein Drittes, das sein Interpretant genannt wird, dahingehend zu bestimmen, in derselben triadischen Relation zu jener Relation auf das Objekt zu stehen (BMunklar), in der es selbst steht (BMunklar). Dies bedeutet, daß der Interpretant selbst ein Zeichen ist, der ein Zeichen desselben Objekts bestimmt und so fort ohne Ende (BMunklar).
     

      Kommentar zu Perice 1903
      Der erste Text von Peirce - Spekulative Grammatik - ist ein schwieriger, mehrfach unklarer und damit schwer verständlicher Text.


    1. Ikon, Index und Symbol (H)

    Zeichen unterteilen sich in zwei Trichotomien. Zuerst einmal ist jedes Zeichen entweder ein Ikon, ein Index oder ein Symbol. Kein Zeichen fungiert nämlich als ein Zeichen, bevor es einen tatsächlichen (BMunklar) Interpretanten hat, jedoch wirkt jedes Zeichen als ein Zeichen aufgrund einer zeichenkontstitutiven Beschaffenheit (BMunklar)(significant character), die nicht notwendig davon abhängt, daß es einen Interpretanten besitzt (BMwid) und also ein Zeichen ist, nicht einmal davon, daß es ein Objekt hat und also ein reagierendes Ding, oder existiert. Ein Ikon ist ein Zeichen, dessen zeichenkonstitutive Beschaffenheit eine Erstheit (BMunklar) ist, das heißt, daß es unabhängig davon ist, ob es in einer existentiellen Beziehung zu seinem Objekt steht, das durchaus nicht existieren kann. Ein reines Ikon kann nur in der Phantasie existieren, wenn es streng genommen überhaupt je existiert. Das Bild (image)24 eines Dreiecks im Geist eines Denkenden ist eine Repräsentation25 von allem, was ihm auch immer ähneln sein mag und zwar ausschließlich deswegen, weil es die Qualität der Dreieckigkeit (BMversch) besitzt. Jedes materielle Bild, wie z. B. ein Gemälde, repräsentiert sein Objekt hauptsächlich auf konventionelle Art und Weise. Außerdem ist ihm meistens eine Legende oder ein Namensschild beigefügt, was ihm eine indexikalische Eigenschaft verleiht. Ikons lassen sich, wenn auch nur grob, unterteilen in jene, die Ikons aufgrund einer Empfindungsqualität, also Bilder sind, in jene, die Ikons in Bezug auf die dyadischen Relationen ihrer Teile zueinander, also Diagramme, oder dyadische Analogien sind, und in jene, die Ikons in Bezug auf ihre intellek-[>64]tuellen Eigenschaften., also Beispiele, sind.
        Ein Index ist ein Zeichen, dessen zeichenkonstitutive Beschaffenheit in einer Zweitheit oder einer existentiellen Relation zu seinem Objekt liegt. Ein Index erfordert deshalb, daß sein Objekt und er selbst individuelle Existenz besitzen müssen. Er wird zu einem Zeichen aufgrund des Zufalls, daß er so aufgefaßt wird, ein Umstand, der die Eigenschaft, die ihn erst zu einem Zeichen macht, nicht berührt. Ein Ausruf wie »He!«, »Sag bloß!« oder »Hallo!« ist ein Index. Ein deutender Finger ist ein Index. Ein Krankheitssymptom ist ein Index. Das indizierte Objekt muß tatsächlich vorhanden sein: dies macht den Unterschied zwischen einem Index und einem Ikon aus. Doch sind beide insofern gleich, als die zeichenkonstitutive Beschaffenheit gänzlich unabhängig davon ist, ob sie tatsächlich jemals als Zeichen wirken, indem sie als solche verstanden werden. Die Indices kann man natürlich je nach den Eigenschaften der existentiellen Relationen zu ihren Objekten unterscheiden. Wichtiger ist jedoch, daß Indices unterteilt sind in jene, die als Zeichen nur auf eine Weise wirken und jene, die als Zeichen desselben Objekts in zwei Weisen wirken. Aus der letzteren Gruppe sind besonders jene Indices wichtig, mit denen Ikons verbunden sind. So ist ein Foto ein Index, weil die physikalische Wirkung des Lichts beim Belichten eine existentielle eins-zu-eins-Korrespondenz zwischen den Teilen des Fotos und den Teilen des Objekts herstellt, und genau dies ist es, was an Fotografien oft am meisten geschätzt wird. Doch darüberhinaus liefert ein Foto ein Ikon des Objekts, indem genau die Relation der Teile es zu einem Bild des Objekts macht. So ist ein Wetterhahn nicht nur ein Zeichen des Windes, weil der Wind tatsächlich auf ihn wirkt, sondern er ist außerdem dem Wind ähnlich in Bezug auf die Richtung, die dieser nimmt.
        Ein Symbol ist ein Zeichen, dessen zeichenkonstitutive Beschaffenheit ausschließlich in der Tatsache besteht, daß es so interpretiert werden wird. Nehmen wir z. B. das Wort »Eule«. Es läßt sich vermuten, daß es, als es zuerst in seiner ursprünglichen Form verwendet wurde, für fähig befunden wurde, die Vorstellung des Vogels hervorzurufen, weil es ähnlich klang wie der Schrei des Vogels oder wie das Wort Heulen. Wenn dem so ist, dann war es in seiner anfänglichen Verwendung ein Ikon. Der Dichter wird sich dieser Ähnlichkeit weiterhin bewußt sein, so daß dieses Wort in der Poesie bis auf den heutigen Tag ein Rudiment seines iko[>66]nischen Ursprungs bewahrt hat. Was aber den täglichen Gebrauch betrifft, ist der einzige Grund dafür, daß das Wort die Idee zu vermitteln in der Lage ist, der, daß sich der Sprecher gewiß ist, daß es so interpretiert werden wird. Dies gilt in der gleichen Weise für jedes Wort und jeden Satz der Sprache. Nun ist eine Gewißheit, daß etwas so and so sein wird, von der Art dessen, was wir in der Physik ein Gesetz nennen. Es kann nur für etwas wahr sein, das unbegrenzt oft wieder sich ereignen kann. Im strengen Sinne kommt nun aber individuelle Existenz nur einem singulären Ereignis zu, das sich dort und dann ereignet, wo es sich ereignet und kein anderes Sein hat. Denn obwohl wir z. B. von Philipp von Makedonien als von einem Individuum sprechen, waren doch »der betrunkene Philipp« und »der nüchterne Philipp« voneinander verschieden. Das »existierende« Ding ist individuell nur in dem Sinne als es ein kontinuierliches Gesetz ist, das Ereignisse in einer Folge von Augenblicken kontrolliert und vereinheitlicht.26 Dies ist keine vollkommen genaue Aussage, doch ist sie so genau wie man dies auf einfache Weise mit wenigen Worten erreichen kann. Es folgt daraus, daß die Art von Zeichen, über die etwas konditional in der Zukunft gewiß ist, nicht streng individuell sein muß. Denn dies Zeichen muß in der Lage sein, wieder und wieder aufzutreten. Diese Wiederholungen existieren, da das Symbol selbst (BMautonS) ihre Existenz beherrscht (BMunklar). Ein Wort kann unbegrenzt oft wiederholt werden. Jedes seiner Vorkommnisse kann man als eine Replika dieses Wortes bezeichnen. Das Sein des Wortes selbst besteht in der Gewißheit (die sich der Konvention verdankt), daß eine Replika, die aus einer Folge von Lauten eines gegebenen Typus zusammengesetzt ist, im Geist eine äquivalente Replika hervorruft. Ein Symbol ist also ein allgemeines Zeichen, und als solches hat es die Seinsweise einer Gesetzmäßigkeit (im wissenschaftlichen Sinne).27 Folglich verrät, wenn bestimmte Leute sagen, daß etwas »bloß« ein Wort ist, das Adjektiv »bloß« ein tiefgehendes Unverständnis für das Wesen eines Symbols. Ein Wort kann mit dem Urteil eines Gerichts verglichen werden. Es ist nicht selbst der rechte Arm des Sheriffs, doch ist es fähig, sich einen Sheriff zu schaffen und seinem Arm den Mut und die Energie zu verleihen, die ihn wirksam werden läßt. Ist dies nicht für das Urteil des Gerichts im strikten Sinne wahr, ohne jede Metaphorik? Dies zu leugnen würde bedeuten, eine der prinzipiellen Wahrheiten des Lebens zu ignorieren. Aber das Urteil des Gerichts ist nichts anderes als ein Symbol, und es besitzt keine andere Art von Wirkung als jene, welche zu einem gewissen Grade zu jedem genuinen Symbol gehört.
     

      Kommentar zu Perice 1903 Ikon ...
      Anfangs heißt es im ersten Abschnmitt, dass ein Zeichen einen Interpretanten braucht, um ein Zeichen zu sein: "Kein Zeichen fungiert nämlich als ein Zeichen, bevor es einen tatsächlichen Interpretanten hat, ..." Nach dem "." heißt es direkt widersprüchlich: "jedoch wirkt jedes Zeichen als ein Zeichen aufgrund einer zeichenkontstitutiven Beschaffenheit (significant character), die nicht notwendig davon abhängt, daß es einen Interpretanten besitzt." Es braucht also nicht notwendig einen Interpetanten. Das ist ein Widerspruch in ein und demselben Satz.
      Von  Dreieck  auf Dreieckigkeit zu verwiesen, klärt nicht wirklich, sondern verschiebt das Problem nur.
      ...


    2. Interpretanten: Die Vorläufige Analyse des
    Dicizeichens (H)

    Eine andere Trichotomie von Repräsentanten von kaum geringerer Bedeutsamkeit als die eben vorgestellte ist die Aufteilung in einzelne Zeichen (BMunklar), substitutive Zeichen (BMDefiniendum), oder wie wir auch sagen könnten, Sumizeichen; als dann in doppelte Zeichen, informative Zeichen, oder, wie wir auch sagen können, Dicizeichen (BMDefiniendum) oder Quasi-Propositionen und schließlich noch in dreifache Zeichen (BMDefiniendum), rational überzeugende Zeichen, Argumente, oder, wie wir auch sagen können, Suadizeichen. Von diesen drei Klassen ist die zweite Klasse der Quasi-Propositionen diejenige, deren Wesen (BMWesen) bei weitem am leichtesten zu verstehen ist, trotz der Tatsache, daß die Frage nach der wesentlichen Natur des »Urteils« heute eine der kompliziertesten Fragen der Logik ist. (BMAbschw) In Wahrheit haben alle diese Klassen eine äußerst verwickelte Natur. Doch die gegenwärtige Problemstellung wird unnötig dadurch kompliziert, daß sich die Aufmerksamkeit der meisten Logiker, statt sich auf Propositionen im allgemeinen zu richten, auf »Urteile« oder geistige Akte der Zustimmung zu Propositionen beschränkt, die nicht nur Eigenschaften einschließen, die Propositionen im allgemeinen zukommen, sondern auch noch Eigenschaften, die erforderlich sind, um sie als Propositionen spezieller Art zu kennzeichnen, die neben der geistigen Proposition selbst noch den Akt der Zustimmung einschließen. Das Problem ist schon schwierig genug, wenn wir nur versuchen, ganz allgemein die wesentliche Natur der Diazeichen (BMDefiniendum), (BMunklar) zu analysieren, das heißt der Gattung eines Zeichens, die Informationen vermittelt, im Gegensatz zu Zeichen, aus denen man Informationen ableiten kann. (BMunklar)"
     

      Kommentar zu Peirce 1903 Interpretanten
      Hier wären Belege für den Nutzen oder die Wichtigkeit dieser Klassifikation, der "anderen Trichotomie", wünschenswert.



    Morris Die Natur des Zeichens

    Morris gilt neben Peirce als einer der Begründer der Zeichentheorie. Die erste Arbeit erschien 1938: hier mit "Die Natur des Zeichens" zitiert. Ausführungen zu wichtigeren Begriffen werden 14pt-fett-kursiv markiert. Durch die vielen Signierungen ist der Text schwer lesbar, so dass sich empfiehlt, den Originaltext hinzuzuziehen. Die zweite zitierte Arbeit von Morris (1946), hieraus "Die Grundbegriffe der Semiotik"  ist kürzer und klarer. In den Grundbegriffen konnte ich bislang nur eine Änderung feststellen: "Designat" verschwindet, stattdessen wird "Signitfikat" eingeführt. Die Arbeit 1946 enthält auch ein Glossar (S. 415-424).
        Aus S. 20-23: Morris, Charles Williams (orig. 1938, dt. 1979 ) Grundlagen der Zeichentheorie. Ästhetik und Zeichentheorie. Berlin: Ullstein.

    "II. Semiose (BMDefiniendum) und Semiotik (BMDefiniendum)

    2. Die Natur des Zeichens (BMDefiniendum)

    Man kann den Prozeß, in dem etwas als Zeichen (BMDefiniendum) fungiert, Zeichenprozeß (BMDefiniendum) oder Semiose (BMDefiniendum) nennen. Die Tradition, die bis auf die Griechen zurückgeht, stellt sich gemeinhin vor, daß dieser Prozeß aus drei (oder vier) Faktoren bestehe: nämlich aus dem, was als Zeichen wirkt (ZTMZeff), (BMunklar), aus dem, worauf das Zeichen referiert (ZTMZref), und aus dem Effekt, der in irgendeinem Rezipienten ausgelöst wird (ZTMZeff) und durch den die betreffende Sache (ZTMZref) ihm als Zeichen (ZTMZei) erscheint. Diese drei Komponenten der Semiose sollen jeweils Zeichenträger (BMDefiniendum), (ZTMZtr), Designat  (BMDefiniendum), (ZTMZdes)und Interpretant (BMDefiniendum), (ZTMZptant) heißen; hinzu kommt als vierter Faktor der Interpret(BMDefiniendum), (ZTMZipret). Diese Termini heben Faktoren heraus, die in der herkömmlichen Redeweise, daß ein Zeichen für jemanden etwas bezeichnet (BMunklar), unartikuliert bleiben.
        Ein Hund antwortet mit einem Verhalten (I) (ZTMZptant), das zum Jagen von Eichhörnchen (D) gehört, auf einen bestimmten Laut (Z) (ZTMZei): ein Reisender stellt sich ein (I) (ZTMZptant) auf eine bestimmte Gegend der Welt (D), wenn er von einem Freund einen Brief (Z) erhält (BMBspGeg). In diesen Fällen ist Z der Zeichenträger (ZTMZtr) (und durch seine Funktion ein Zeichen (ZTMZei) ), D das Designat (ZTMZdes) und I der Interpretant (ZTMZptant)des Interpreten (ZTMZipret). Ein Zeichen (BMDefCha), (BMDefiniendum) ist nun am besten folgendermaßen zu charakterisieren: Z ist für ein Verhalten I (ZTMZptant) ein Zeichen (ZTMZei) des Gegenstandes D (ZTMZref), sofern I eine Notiznahme (ZTMnnv) von D aufgrund des Auftretens von Z ist (BMDefiniens). Demnach nimmt in der Semiose (ZTMZproz) etwas von etwas anderem mittelbar, das heißt durch die Vermittlung von etwas Drittem, Notiz. Eine Semiose ist also ein mittelbar-Notiz-Nehmen-von (ZTMnnv). Die Vermittler sind Zeichenträger (ZTMZtr), die Notiznahmen (ZTMnnv) sind Interpretanten (ZTMZptant), die Akteure in diesem Prozeß (ZTMZproz) sind Interpreten (ZTMZipret), das, von dem Notiz genommen wird, sind Designate (ZTMZdes). Diese Formulierung erfordert freilich mehrere Erläuterungen.
        Offensichtlich sind die Begriffe »Zeichen (BMfragl)«, »Designat« (ZTMZdes), »Interpretant« (ZTMZptant) und »Interpret« (ZTMZipret)  voneinander abhängig, denn sie verweisen nur auf Einzelaspekte eines Zeichenprozesses (ZTMZproz). Ein Gegenstand hat es nicht nötig, daß ein Zeichen (ZTMZei) auf ihn referiert (ZTMZref), aber ohne eine solche Referenz (ZTMZref) gibt es kein Designat (ZTMZdes); etwas ist nur dann Zeichen (ZTMZei), wenn es von einem Interpreten als Zeichen (ZTMZei) von etwas angesehen wird; ein von-etwas-Notiz-Nehmen (ZTMnnv) ist ein Interpretant (ZTMZptant) nur insofern, als es von etwas hervorgerufen wird, das als Zeichen (ZTMZei) fungiert; ein Gegenstand ist nur Interpret (ZTMZipret), wenn er von irgendetwas mittelbar Notiz (ZTMnnv) nimmt. Die Eigenschaften, ein Zeichen (ZTMZei), ein Designat (ZTMZdes), ein Interpret (ZTMZipret) oder ein Interpretant (ZTMZptant) zu sein, sind relationale Eigenschaften, welche die Dinge annehmen, wenn sie an dem Funktionsprozeß der Semiose (ZTMZproz) beteiligt sind. Die Semiotik (ZTSemiotik) beschäftigt sich daher nicht mit einem speziellen Gegenstandsbereich, sondern mit allen Gegenständen, insoweit (und nur insoweit) sie an einer Semiose (ZTMZproz) beteiligt sind. Wie wichtig dieser Punkt ist, wird nach und nach deutlicher werden.
        Zeichen (ZTMZei), die auf denselben Gegenstand referieren, brauchen nicht dieselben Designate (ZTMZdes) zu haben, da das, wovon an dem Gegenstand Notiz genommen wird, für verschiedene Interpreten (ZTMZipret) verschieden sein kann. Das eine Extrem ist, daß das Zeichen eines Gegenstandes den Interpreten (ZTMZipret) des Zeichens (ZTMZei) nur auf den Gegenstand aufmerksam macht, das andere Extrem ist, daß der Interpret (ZTMZipret) sich auf jedes einzelne Merkmal des Gegenstandes einstellt, obgleich der Gegenstand selbst abwesend ist (BMunklar). Es ist also mit einem potentiellen Zeichenkontinuum (ZTMZkont) zu rechnen: In Bezug auf jeden Gegenstand und jeden Sachverhalt sind Semiosen (ZTMZproz) beliebigen Grades möglich, und die Frage nach dem Designat (ZTMZdes) eines Zeichens (ZTMZei) in einer gegebenen Situation ist die Frage, von welchem Merkmal eines Gegenstandes oder eines Sachverhalts tatsächlich allein aufgrund der Gegenwart des Zeichenträgers (ZTMZtr) Notiz genommen wird.
        Jedes Zeichen hat ein Designat (ZTMZdes); doch referiert offensichtlich nicht jedes Zeichen (ZTMZei) auf einen real existierenden Gegenstand. Aus solchen Schwierigkeiten können sich Scheinprobleme ergeben; zu ihrer Lösung bedarf es aber nicht der Einführung eines metaphysischen Reichs der »Subsistenzen«. Da »Designat« (ZTMZdes) ein semiotischer Terminus ist, kann es keine Designate (ZTMZdes) ohne Semiose geben - wohl aber Gegenstände, ohne daß eine Semiose (ZTMZproz) stattfinden muß. Designat (ZTMZdes) eines Zeichen (ZTMZei) ist die Gegenstandsart, auf die das Zeichen (ZTMZei) anwendbar ist, d. h. die Gesamtheit der Objekte, die die Eigenschaften haben, von denen der Interpret durch die Gegenwart des Zeichenträgers (ZTMZtr) Notiz nimmt. Und die Notiznahme kann geschehen, ohne daß es Gegenstände oder Sachverhalte gibt, welche die notierten Merkmale besitzen. Das gilt sogar für das Zeigen: Im Hinblick auf bestimmte Zwecke kann man zeigen, ohne auf etwas zu zeigen. Sagt man, daß jedes Zeichen (ZTMZei) ein Designat (ZTMZdes) hat, aber nicht jedes Zeichen (ZTMZei) auf etwas real Existierendes referiert, so ist das nicht widersprüchlich. Wenn das, worauf referiert (ZTMZref) wird, als das existiert, worauf referiert wird, ist das Referenzobjekt ein Denotat (ZTMZden). Es ist also klar, daß zwar jedes Zeichen ein Designat (ZTMZdes), aber nicht jedes ein Denotat (ZTMZden) besitzt. Das Designat (ZTMZdes) ist nicht ein Ding, sondern eine Gegenstandsart bzw. eine Klasse von Objekten - und eine Klasse kann viele Elemente, ein Element oder gar kein Element enthalten. Die Denotate (ZTMZden) sind die Elemente der Klasse. Durch diese Unterscheidung wird die Tatsache erklärt, daß [>23] man in den Eisschrank nach einem nicht vorhandenen Apfel greifen und Vorbereitungen treffen kann, auf einer Insel zu leben, die es womöglich nie gegeben hat oder die schon lange im Meer versunken ist.
        Schließlich sollte man bei der Definition des Zeichens (ZTMZei) beachten, daß sich die allgemeine Zeichentheorie nicht an eine besondere Theorie über das zu binden braucht, was bei dem Akt der mittelbaren Notiznahme alles geschieht. Ja, es sollte möglich sein, das mittelbar-Notiz-Nehmen-von als einzigen Grundbegriff (ZTMnnv) für einen axiomatischen Aufbau der Semiotik zu nehmen. Nichtsdestoweniger eignet sich die obige Darstellung als Grundlage für eine Behandlung aus behaviöristischer Sicht, die wir im folgenden zu der unsrigen machen. Diese Deutung der Definition des Zeichens () ist jedoch nicht notwendig und wird hier nur übernommen, weil sie unter Psychologen in der einen oder anderen Form (obgleich nicht in der Form des Watsonschen Behaviorismus) weit verbreitet ist und weil viele Aporien, die in der Geschichte der Semiotik (ZTSemiotik) auftreten, davon herrühren, daß sich die Semiotik fast immer an die introspektive Schulpsychologie angelehnt hat. Vom behavioristischen Standpunkt aus gesehen ist die Notiznahme von D in der Anwesenheit von Z eine durch die Reaktion auf Z bedingte Reaktion auf D. Weiter unten wird klar, daß »private Erfahrungen« des Zeichenprozessen (ZTMZproz) oder anderer Prozesse nicht geleugnet zu werden brauchen, aber vom behavioristischen Standpunkt aus muß geleugnet werden, daß solche Erfahrungen eine zentrale Bedeutung haben oder daß allein schon ihre Existenz eine objektive Untersuchung von Zeichenprozessen (ZTMZproz) (und also von Zeichen (ZTMZei), Designat (ZTMZdes) und Interpretant (ZTMZptant) ) verhindert oder auch nur beeinträchtigt."
     

      Kommentar Morris 1938 Zeichen sind Zeichen für jemand und referenzieren auf einen Sachverhalt (Designat). Existert das Designat tatsächlich, heißt es Denotat. Zeichen haben einen Zeichenträger und sie bedeuten etwas. Dieser Bedeutungssachverhalt heißt Interpretant und wird von einem - oder mehreren - Interpreten vorgenommen. Das Kerngeschehen und damit der Grundbegriff eines Zeichenprozesses oder einer Semiose ist das Notiz-nehmen-von. Es bleibt unklar, von was genau Notiz genommen wird: vom Zeichen, von der Bedeutung, vom Referenzsachverhalt oder von allen dreien? Unklar ist auch, ob eine konkrete Semiose-Situation oder die allgemeine Semiosesituation gemeint ist. Die Gleichsetzung von Zeichen und  Begriff  - "Offensichtlich sind die Begriffe »Zeichen« " - ist sicher falsch, wenigstens aber außerordentlich missverständlich. Ein Begriff  ist ein geistiges Gebilde, dessen Inhalt durch Begriffsmerkmale definiert wird. Im Rahmen der Semiotik liefert die Semantik die Bedeutung eines Zeichens bzw. mehrerer Zeichen den  Begriff.
    _
    Grundbegriffe der Semiotik (1946)
    Quelle: Morris, Charles Williams (orig. 1946, dt. 1981 ) Zeichen, Sprache und Verhalten. Berlin: Ullstein.
    Aus Gründen der Lesbarkeit, werden die Spezifikationen bei den 14pt-fett-kursiv markierten Worten nur bei neuen Worten / Begriffen angegeben, hier signifizieren, Signifikat: ZTMSignif.

    "6. Die Grundbegriffe der Semiotik (1946), S. 92-95.

    "Es ist jetzt möglich, die Grundbegriffe der Semiotik abzugrenzen da sich diese Begriffe einfach auf verschiedene unterscheidbare Aspekte des Zeichenverhaltens beziehen. Der Begriff Zeichen ist bereits eingeführt worden oder, um genauer zu sein, ein Kriterium ist angegeben worden, unter dem bestimmte Dinge als Zeichen zugelassen werden — ob im Verlauf unserer Untersuchung andere Kriterien festgelegt werden müssen, um andere Zeichenklassen zu bestimmen, bleibt im Augenblick unbeantwortet. Wir sind aber wenigstens in der Lage zu sagen, daß etwas ein Zeichen ist, wenn es ein vorbereitender Reiz von der Art ist, die in unserer obigen Formulierung spezifiziert wurde. Und das ist der notwendige erste Schritt beim Aufbau einer Wissenschaft von den Zeichen. Denn er identifiziert den Gegenstand einer solchen Wissenschaft und ermöglicht die Einführung einer Anzahl anderer Begriffe (BMBEinf), mit denen man über diesen Gegenstand sprechen kann. Solche Begriffe (BMBEinf) können auf vielfältige Weise eingeführt werden; wir schlagen die folgende Methode für den Aufbau einer Sprache vor, mit der man über Zeichen sprechen kann. Jeder Organismus, für den etwas ein Zeichen ist, wird Interpret genannt. Die Disposition eines Interpreten, aufgrund eines Zeichens mit einer Reaktionsfolge einer Verhaltensfamilie zu reagieren, wir ein Interpretant genannt. Alles, was den Abschluß der Reaktionfolgen ermöglicht, zu denen der Interpret aufgrund eines Zeichens disponiert ist, wird ein Denotat eines Zeichens genannt. Es wird vom Zeichen gesagt, daß es ein Denotat denotiert. Die Bedingungen, die erfüllt sein müssen, um etwas ein Denotat zu nennen, werden ein Signifikat (ZTMSignif) des Zeichens genannt. Vom Zeichen´ wird gesagt, daß es ein Signifikat (ZTMSignif) signifiziert; der Ausdruck »eine Signifikation  haben«  (ZTMSignif) wird als synonym mit »signifizieren«  (ZTMSignif) verstanden. [>93]
        So ist beim Beispiel des Hundes der Summton das Zeichen; der Hund der Interpret; die Disposition, Futter an einer bestimmten Stelle Suchen, ist dann, wenn sie durch den Summer hervorgerufen wurde, der Interpretant; das Futter an der auf gesuchten Stelle, das den Abfluß der Reaktionsfolge ermöglicht, zu der der Hund veranlaßt wurde, ist ein Denotat, und es wird durch den Summer denotiert; die Bedingung, ein eßbares Objekt (vielleicht einer bestimmten Art) in einer bestimmten Stelle zu sein, ist das Signifikat (ZTMSignif) des Summers, und es ist das, was der Summer signifiziert  (ZTMSignif).
        Im Falle des Fahrers sind die an ihn gerichteten Wörter Zeichen; der Fahrer ist der Interpret; seine Disposition, so zu reagieren, daß er den Erdrutsch an einer bestimmten Stelle der Straße umgeht, ist der Interpretant; der Erdrutsch an dieser Stelle ist das Denotat; die Bedingung, daß ein Erdrutsch an dieser Stelle passierte, ist das Signifikat (ZTMSignif) der gesprochenen Wörter.
        Übereinstimmend mit diesem Gebrauch der Begriffe (BMBGebr) muß ein Zeichensignifizieren (ZTMSignif), während es denotieren kann oder auch nicht. Der Summer kann für den Hund an einer bestimmten Stelle Futter signifizieren, ohne daß sich tatsächlich an der betreffenden Stelle Futter efindet, wie auch der Erdrutsch, der durch die gesprochenen Wörter signifiziert (ZTMSignif) wird, nicht tatsächlich zu existieren braucht. Gewöhnlich beginnen wir mit Zeichen, die denotieren, und dann versuchen wir, das Signifikat (ZTMSignif) eines Zeichens dadurch zu bestimmen, daß wir die Eigenschaften der Denotate beobachten. Auf einer höheren Ebene des menschlichen Zeichenverhaltens ist es jedoch möglich, das Signifikat (ZTMSignif) eines Zeichens durch eine Entscheidung zu bestimmen (die Bedingungen »festzulegen«, unter denen das Zeichendenotiert), und in diesem Fall besteht das Problem nicht darin, was das Zeichensignifiziert (ZTMSignif), sondern ob es irgend etwas denotiert oder nicht. Wir treffen häufig bei komplexenZeichenprozessen auf Fälle dieser Art."

    Kommentar Morris 1946

      Das Beispiel mit dem Hund ist insofern sehr eindrucksboll, weil es zeigt, dass Zeichen, Begriffsbildung und Referenzieren nicht an die menschliche Kommunikationssprache gebunden sind.
    _
    Literatur Semiotik (Auswahl)
    • Morris, Charles Williams (orig. 1938, dt. 1979 ) Grundlagen der Zeichentheorie. Ästhetik und Zeichentheorie. Berlin: Ullstein.
    • Morris, Charles Williams (orig. 1946, dt. 1981 ) Zeichen, Sprache und Verhalten. Berlin: Ullstein.
    • Nöth, Winfried (2000)  Handbuch der Semiotik. 2., vollständig neu bearb. und erw. Aufl.. Stuttgart: Metzler.
    • Peirce, Charles S. (1993) Phänomen und Logik der Zeichen. Frankfurt aM: Suhrkamp.
    • Peirce, Charles S. (1991) Naturordnung und Zeichenprozess : Schriften über Semiotik und Naturphilosophie. Frankfurt aM: Suhrkamp.
    • Peirce, Charles S. (1986) Semiotische Schriften  /1. (1986). - 481 S. Frankfurt aM: Suhrkamp.
    • Peirce, Charles S. (1990) Semiotische Schriften  /2. 1903 - 1906. - 1990. - 454 S.Frankfurt aM: Suhrkamp.
    • Peirce, Charles S. (1993)  Semiotische Schriften /3. 1906 - 1913. - 1993. - 510 S. Frankfurt aM: Suhrkamp.
    • Peirce, Charles S. (1968)  Über die Klarheit unserer Gedanken. Frankfurt aM: Suhrkamp.
    • Pelz, Heidrun (1975) Linguistik für Anfänger. 8.A. Hamburg: Hoffmann und Campe.
    • Sponsel, Rudolf (2018) Allgemeine und integrative Semiotik. Erlangen: IP-GIPT.



    Begriff in der Kommunikationswissenschaft

    Begriff in Colin Cherrys Kommunikationsforschung
    Cherry, Colin (orig. 1969; dt. 1971) Kommunikationsforschung - eine neue Wissenschaft. Frankfurt aM: Fischer.

    Sachregister Einträge Begriffe:

      abstrakte — 324, 326
      Allgemein- 323—328, 361 f., 369
      Verbal- 324
    Ergänzend:
      Bedeutung 66, 75, 99 f„ 153 ff., 277 siehe auch: Semantik, Ogden, Richards, Dreiecksdiagramm Theorie der — 266, 289; siehe: Semantik
      — und Kommunikationstheorie 216 f., 260
    Das Buch hat auch ein Glossar, "Terminologie" genannt (369-374)

    S.323: "Klassen des Erkennens
    Eine der Schwierigkeiten, auf die wir bei der Erörterung des Erkennens stoßen, besteht darin, daß dieses Wort in mehreren Bedeutungen (BMBunter) gebraucht wird. Erkennen — »Wiedererkennen« ist ein Allgemeinbegriff (BMallgB), durch den verschiedene Klassen von Phänomenen bezeichnet werden, die man unterscheiden sollte. Die eben erwähnte Einteilung von Charles Peirce (ZTPeirce) erläutert bestimmte Unterschiede. Beispielsweise (BMBspGeg) »erkennen« wir viereckige Karten, Blumen, Gesichter, Zylinderhüte usw. — Gegenstände in unserer Umgebung und ihre Eigenschaften und Beschaffenheiten. Ebenso sagen wir auch, wir «kennen« bereits früher erhobene Einwände oder einen Irrtum, die Lösung eines Problems oder einen Fehler. Wir folgen einem Beweis oder sahen einen Grund; dies aber vermögen wir auch, mit geschlossenen Augen, in einem Sessel sitzend zu tun. Beide Wörter — folgen und sehen — hat man dem auf konkrete Beobachtungen anwendbaren Vokabular entlehnt. Doch kann man beide Klassen des Erkennens einander sicherlich nicht gleichsetzen; auch sollten wir nicht annehmen, ihre physiologischen Grundlagen seien notwendigerweise die gleichen.

    3. DAS ERKENNEN VON ALLGEMEINBEGR1FFEN (BMallgB)
    Wenn ich mich in meinem Zimmer umsehe, erblicke ich eine Reihe von Gegenständen, die eine bestimmte gemeinsame Eigenschaft zu besitzen scheinen. Dieser Eigenschaft gebe ich die Bezeichnung »Viereckigkeit«. Beispielsweise (BMBspGeg) sehe ich ein viereckiges Fenster, einen viereckigen Bilderrahmen, ein viereckiges Stück Papier usw., das heißt, ich sehe eine Reihe viereckiger Gegenstände. Doch habe ich nie »Viereckigkeit« selbst gesehen. Ich besitze wohl den Begriff (BMBspGeg) der »Viereckigkeit«, ebenso wie den der »Geradheit« oder der »Winkeligkeit« und viele andere, mit denen wir bei der Losung geometrischer Aufgaben mit größter Selbstverständlichkeit umgehen. Nach demselben Prinzip erblicke ich auf meinem Schreibtisch eine rote Schachtel, ein rotes Buch und einen roten Bleistift, doch habe ich nie »Rotheit« gesehen, sondern nur rote Gegenstände. In einem noch anderen Sinne beziehen wir uns auf »Wörter« wie etwa auf die standardisierten Wörter (BMWstand), (BMunklar) »Buch«, »Schachtel« und »Bleistift«; dabei sind alles, was wir jemals sehen oder hören, ausschließlich spezifische Wortereignisse — verschiedene Typen gedruckter Buchstaben oder in unterschiedlichem Tonfall gesprochene Laute. [>324]

    3.1 Allgemeinbegriffeals Schlußgewohnheiten ()
    Die unmittelbarste Methode, derartige Allgemeinbegriffe (BMallgB) wie »Viereckig keit«, »Rotheit«, »Geradheit« usw. (BMBspGeg) zu interpretieren, besteht darin, sie als invariante, gemeinsame Eigenschaften der Gegenstände darzustellen. Indessen bezieht sich diese Interpretation nur auf Gegenstände, sie vernachlässigt den Menschen, der die Viereckigkeit oder die Geradheit erkennt. Ein Begriff (BMBspGeg) wie Viereckigkeit kann nicht allein für die Eigenschaft eines Gegendstandes gehalten werden, er bezieht auch die Person ein, die sich den Gegenstand vorstellt (BMBBS). Wie bereits erwähnt, gibt es eine Vielzahl wertvolle Arbeiten zur Untersuchung invarianter Eigenschaften der Sprachreize unterschiedlicher Sprechweise oder bei Verzerrungen der »information tragenden Elemente«. Diese Invarianten kann man jedoch den Verbalbegriffen (BMBverbal) nicht gleichsetzen. Erstere definieren die von einem äußeren Beobachter gemessenen gemeinsamen Eigenschaften der physikalischen Reize. Verbalbegriffe (BMBverbal) indessen setzen denjenigen voraus, der sich den Begriff (BMBBS) bildet oder der auf die Reize so reagiert, als ob er die gemeinsame Eigenschaft erkannt hätte. Die Reaktion hängt ganz vom Einzelnen ab, das heißt von seinen eigenen, besonderen Erfahrungen und von den spezifischen Schlußgewohnheiten, die er ausgebildet hat.
        Unter »Verbalbegriffen« (BMBverbal) werden hier nicht einzelne, mit unterschiedlichen Tonfall und variierender Färbung gesprochene Wortereignisse verstanden, sondern der Allgemeinbegriff (BMallgB) ist die ein Kollektiv von Wortereignissen umfassende Klasse. Beispielsweise ist das standardisierte Wort »Mensch« (BMWstand) ein  Allgemeinbegriff (BMallgB), eine Klasse, die eine Vielzahl unterschiedlicher Äußerungen umfaßt, die von verschiedenen Menschen gemacht werden — von Menschen sehen mit sehr unterschiedlichen physischen Merkmalen, was freilich trotzalledem den Kommunikationsprozeß erstaunlicherweise kaum behindert. Diese Allgemeingültigkeit ist in der Tat bemerkenswert, dabei allerdings ein Gemeinplatz, den wir für gegeben hinnehmen. Allgemeingültigkeit bedeutet mehr als bloße Gruppierung oder Zuordnung verschiedener Zeichenereignisse in eine Klasse, sie bezieht sich auf alle drei Stufen der Sprache — auf die syntaktische, semantische und pragmatische Stufe. Erst unsere außerordentliche Fähigkeit, in abstraktenBegriffen (BMabstr) zu denken, begünstigt durch die Beweglichkeit und Allgemeingültigkeit der Sprache, garantiert dafür, daß die zwischenmenschliche Kommunikation funktioniert.
        Charles Morris (ZTMorris) bezeichnet verbale Allgemeinbegriffe (BMBverbal) als »Gesetze oder Gewohnheiten der Verwendung« [244] im Gegensatz zu spezifischen »Abbildern oder Wortträgern« (Wortereignissen). Ein Wortereignis gehört einer [>325] Klasse von Objekten an, die sämtlich ein und denselben linguistischen Regeln unterworfen sind und linguistisch gleich verwendet werden. Verbale Allgemeinheit bedeutet in der Metasprache eine Vielzahl von Situationen für ein Wort. Man kann mit demselben Wort unterschiedliche Sätze bilden (syntetische Allgemeinheit) und verschiedene Dinge bezeichnen (semantische llgemeinheit); schließlich reagieren verschiedene Menschen ähnlich auf ein unterschiedlichem Tonfall gesprochenes Wort (pragmatische Allgemeinheit). Bei all diesen Änderungen des Kontextes, der Designata und des Nutzers bleibt eine gewisse Invarianz erhalten: Kommunikation wird möglich. Allgemeinbegriffe sind in der Tat Zeichen, die auf invariante Bedungen hinweisen« [66]. Zwischen dem Erkennen — dem Wiedererkennen von realen oder abstrakten Gegebenheiten, die schon in den Bereich userer Erfahrung getreten sind — und der Perzeption eines vollständig neuen Begriffes (BMBneuE) besteht ein wesentlicher Unterschied. Erkennen setzt die Klassifikation des erkannten Objekts in eine bestehende Klasse voraus. Die Bildung neuer Klassen hingegen ist ein schöpferischer Akt. Helen Keller (BMBspGeg), die als Kleinkind erblindete und die Sprache verlor, konnte durch Betasten die Gesichter ihrer Angehörigen, Stühle, Türgriffe und andere Objekte erkennen. Sie entwickelte sogar Sprechmethoden, indem sie mit ihrer Hand die Mundbewegungen und Schwingungen des Kehlkopfes ihres Kindermädchens ertastete. Aber es vergingen Jahre, bevor ihr durch eine Art von Einübung der Gedanke kam, daß jedes Ding einen Namen hatte. Sie erkannte den Allgemeinbegriff  (BMallgB) — den Begriffeines »Namens« (BMName), der für eine unendliche Vielzahl von Situationen gilt — und sie reagierte darauf, indem sie umherlief und die Namen der vielen ihr bereits vertrauten Gegenstände lernte (siehe auch 3. Kapitel, Abschnitt 2.1) [186].
        Der Mensch hat eine bemerkenswerte Fähigkeit entwickelt, in abstrakten Begriffen (BMabstr) zu denken; dies wurde begünstigt durch die erstaunlichste aller seiner Fähigkeiten — die menschliche Sprache (BMsprache). Das Leben der niederen Tiere, der Vögel und Insekten, ist größtenteils eingezwängt in ein ausschließlich augenblicksbezogenes Dasein, ihre »Sprachen« (BMBTier) beziehen sich lediglich auf ihre gegenwärtigen und zukünftigen »Absichten«. Der Mensch dagegen vermag auch über nicht gegenwärtige Dinge zu sprechen, er kann über Klassen (BMklasse) von Dingen sprechen, und er kann schließlich in seiner Sprache auch über die Vergangenheit reden (). Und all diese Abstraktionen und Verallgemeinerungen und der ganze Bereich der Zeit — Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft — lassen sich in der Sprache ausdrücken. (BMZeit)"
     

      Kommentar zu Cherry



    Literaturwissenschaft

    Im  Online Lexikon Literaturwissenschaft  wird zu Begriff ausgeführt (Abruf 17.10.2021):

      (Assoziiert mit 'begreifen' im Sinn von 'sich eine Vorstellung von etwas machen') ein kognitives Konzept, mit dem Gegenstände oder Sachverhalte, abstrahierend von ihren varierenden Erscheinungsformen, aufgrund bestimmter gleichartiger Merkmale von anders gearteten Gruppen von Gegenständen oder Sachverhalten unterschieden und klassifiziert werden. Oft meint 'Begriff' auch die Bezeichnung (in der Wissenschaft den definierten 'Terminus'), die das kognitive Konzept benennt. (red)
      Literatur (Auswahl):
      Best, Otto F. (1972) Handbuch literarischer Fachbegriffe. Definitionen und Beispiele. Frankfurt aM:
      Harth, Dietrich (1973, Hrsg.) Propädeutik der Literaturwissenschaft. München: Fink (UTB)
      Lauer, Gerhard & Ruhrberg, Christine (2011)  Lexikon Literaturwissenschaft : hundert Grundbegriffe: Stuttgart: Reclam
      Moritz, Rainer; Brunner, Horst  & E. Schmidt (1997, Hrsg.) Literaturwissenschaftliches Lexikon : Grundbegriffe der Germanistik
      Berlin: Schmidt.
      Spörl, Uwe (2006) Basislexikon Literaturwissenschaft. 2. durchges. Aufl. Brill Schöningh
      Thiel, Christian (1973) Was heißt wissenschaftliche Begriffsbildung? In (95-125) Harth, Dietrich (1973, Hrsg.)
      Träger, Claus (1986, Hrsg.)  Wörterbuch der Literaturwissenschaft. Leipzig: Bibliograph. Inst.


    Begriff in den Suchmaschinen
    Siehe bitte auch: Überblicks- und Verteilerseite Merkwürdige Suchergebnisse bei Suchmaschinen insbesondere bei Google.

    Suchauftrag <definieren:begriff>
    Die Suchmaschinebing produziert an erster Stelle nach Eingabe <definieren:begriff" (Anfrage 13.09.18)

    1. nbspabstrakte (nicht konkrete, nicht mit Wort oder Ausdruck zu verwechselnde) Denkeinheit als kognitiv repraumlsentierter Wirklichkeitsausschnitt

    2. " HUNDE DIE
    3. ein sprachlich realisierter Ausdruck mit einer Bedeutung

    4. "Im Kindergarten können die Kinder aus Buchstabennudeln Begriffe zusammensetzen und die Begriffe sogar aufessen" · "Was versteht man unter dem Begriff (gemeint: Terminus) „isotonisch“?" · "Definiere mir den Begriff (gemeint: Terminus)..." · "ein abstrakter Begriff (gemeint: Terminus)"
    5. die Vorstellung, die jmd. von etwas hat

    6. "Ich glaube, die haben gar keinen Begriff, wie schwer diese Aufgabe ist!""
    _
    Suchmaschine DuckDuck erfasst die Anfrage nicht richtig (Anfrage 13.09.18)
    Die SuchmaschinenbspMetaGer erfasst die Anfrage nicht richtig (Anfrage 13.09.18)
    Google erfast erfasst die Anfrage nicht richtig und hebt auf definieren ab (Anfrage 13.09.18)



    Suchauftrag 15.10.2018 <was versteht die semiotik unter begriff?>
    Am 15.10.18 gab ich verschiedenen Suchmaschinen des Suchauftrag: <was versteht die semiotik unter begriff?>
    Subjekt der Anfrage ist die "Semiotik", Prädikat der Anfrage ist "verstehen", Und der "Begriff" ist Dativobjekt.
    Die Suchmaschinen verstehen das Objekt, wonach gesucht wird, gar nicht. Fragt man nach "'Begriff' in der Semiotik erscheinen die gleichen Fehlleistungen.

    Google 15.10.18
    Die Frage wird nicht verstanden. Es werden auf der ersten Seite Links ausgegeben, die den Begriff Semiotik betreffen, aber nicht, was die Semiotik unter Begriff versteht. Und so ist es auch bei den anderen Suchmaschinen bing, duchduck, MetaGerm.


     



    Notizen





    Literatur  > Hauptseite.
    • Arntz, Reiner; Picht, Heribert & Schmitz, Klaus-Dirk (2014) Einführung in die Terminologiearbeit. Hildesheim: Olms.
    • Cherry, Colin (orig. 1969; dt. 1971) Kommunikationsforschung - eine neue Wissenschaft. Frankfurt aM: Fischer.
    • Klaus, Georg (1969, Hrsg.) Wörterbuch der Kybernetik. 2 Bde. Frankfurt: Fischer.
    • Harth, Dietrich (1973, Hrsg.) Propädeutik der Literaturwissenschaft. München: Fink (UTB)
    • Paprotte, W. (1985) Linguistische Aspekte der Begriffsentwicklung.  In (75-105) Seiler, Th.B. & Wannenmacher, W. (1985, Hrsg.)
    • Savigny, Eike von (1969) Die Philosophie der normalen Sprache. Frankfurt: Suhrkamp.
    • Seiler, Th.B. & Wannenmacher, W. (1985, Hrsg.) Begriffs- und Wortbedeutungsentwicklung. Berlin: Springer.
    • Schleiermacher, Friedrich (2012) Vorlesungen zur Hermeneutik und Kritik. Kritische Gesamtausgabe. II. Abt. Bd.4. Herausgegeben von Wolfgang Virmond unter Mirwirkung von Hermann Patsch. Berlin: De Gruyter.
    • Thiel, Christian (1973) Was heißt wissenschaftliche Begriffsbildung? In (95-125) Harth, Dietrich (1973, Hrsg.) Propädeutik der Literaturwissenschaft. München: Fink (UTB)


    Links > Hauptseite.
    • Online Lexikon Literaturwissenschaft.




    Glossar, Anmerkungen und Fußnoten  > Eigener wissenschaftlicher Standort.
    1) GIPT= General and Integrative Psychotherapy, internationale Bezeichnung für Allgemeine und Integrative Psychotherapie.
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    Querverweise > Links.
    Standort: Begriffsanalysen Kommunikationswissenschaften.
    *
    Haupt- und Verteilerseite Begriffsanalysen.
    Überblick Arbeiten zur Theorie, Definitionslehre, Methodologie, Meßproblematik, Statistik und Wissenschaftstheorie besonders in Psychologie, Psychotherapie und Psychotherapieforschung.
    *
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    z.B. Wissenschaft site:www.sgipt.org.nbsp
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    *

    Zitierung
    Sponsel, R.  (DAS). Begriffsanalyse Begriff und Gebrauchsbeispiele in Sprachwissenschaft, Linguistik, Semiotik, Hermeneutik, Kommunikationswissenschaft und Suchmaschinen. Internet Publikation  für Allgemeine und Integrative Psychotherapie  IP-GIPT. Erlangen:  https://www.sgipt.org/wisms/sprache/BegrAna/BABegriff/BA_Komm.htm
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    Änderungen Kleinere Änderungen werden nicht extra ausgewiesen; wird gelegentlich überarbeitet und ergänzt.
    17.10.21    Einfügung Literaturwissenschaft.
    21.11.18    Stalins Irrlehre.
    31.10.18    Gadamer G1S4.
    18.10.18    Querverweis Suchmaschinen.
    15.10.18    Semiotik und Semiotisches Dreieck.
    13.10.18    Erstmals ins Netz gestellt.