Kommentar: Die Behauptung Schlicks "Das Urteil, das aussagt, daß
ein Verhalten einer Norm entspricht, sei daher ein Tatsachen-Urteil." ist
richtig und Kelsens Kritik: "Das ist darum unrichtig, weil der Sinn der
sittlichen Bewertung, das ist des Urteils, daß ein Verhalten gut
ist, nicht die Behauptung einer Tatsache der Wirklichkeit, das heißt
eines Seins, sondern eines Sollens ist." daran falsch und überdies
ein Selbstwiderspruch. Man muss
hier sehr aufpassen, sorgfältig, genau und klar definieren, sonst
kommt man in Teufels Küche: Zu den
Spezielle rechtswissenschaftliche
Kategorien
Recht
Suchwort "recht" (8814 Treffer)
R-Zusammenfassung und Kommentar Recht:
Das Thema wird ausführlich abgehandelt. Im Wesentlichen Kommt es Kelsen
darauf an, zwischen Recht und Rechtspolitik oder anderen im Kern fremden
Elementen scharf zu trennen, um die reine Rechtslehre hervortreten zu lassen.
7 der 9 Kapitel enthalten Recht im Titel. Recht stellt sich "bei den verschiedensten
Völkern und zu den verschiedensten Zeiten" dar als "Ordnungen menschlichen
Verhaltens".
K1-R Kommt das Kategorien-Wort "Recht" im
Inhaltsverzeichnis vor?
Ja, schon im Titel und in den Vorworten:
Vorwort Erste Auflage III: "... Es galt, ihre nicht auf Gestaltung,
sondern ausschließlich auf Erkenntnis des Rechts gerichteten Tendenzen
zu entfalten und deren Ergebnisse dem Ideal aller Wissenschaft, Objektivität
und Exaktheit, soweit als irgend möglich anzunähern."
7 der 9 Kapitel enthalten Recht im Titel:
-
Kapitel I. Recht und Natur 1-59
-
Kapitel II. Recht und Moral 60-71
-
Kapitel III. Recht und Wissenschaft 72-113
-
Kapitel IV. Rechtsstatik 114-195
-
Kapitel V. Rechtsdynamik 196-282
-
Kapitel VI. Recht und Staat 283-320
-
Kapitel VII. Staat und Völkerrecht 321-345
K2-R Kommt das Kategorien-Wort "Recht" im Stichwortregister
vor?
Ja:
Recht, siehe auch: Rechtsordnung
- Begriff 31ff., 54f.
- Einheit des Rechts als erkenntnistheoretische Forderung 329
- Flexibilität des Rechts und Rechtssicherheit 255ff., 259, 391
- und Freiheit 43f., 131, 388.f
- und Friede 39f., 49f., 66f., 223
- und Gerechtigkeit, siehe: Gerechtigkeit und Recht
- alles Recht Gerichtsrecht 260, 274
- als „Ideologie" 107ff., 111
- als Lehre und Macht 74
- Lücken im Recht 251ff.
- und Macht 2201, 285
materielles und formelles 236ff.
- und Moral, siehe: Moral und Recht
und Natur, siehe: Natur und Recht
- Negation des Rechts, Unrecht (Delikt) als 116ff., 118ff., 331
- objektives und subjektives 130f., 135, 137ff., 174f., 194
- öffentliches: öffentlichrechtliches Verhältnis als
Gewalt- oder Herrschaftsverhältnis 284
- - und Privatrecht 168, 170f., 284f.
- - und Staat 168, 284
- als Ordnung 31ff., 195
- als Organismus 195
- Personenrecht und Sachenrecht 135f., 176
- politisches 143ff.
- und subjektives Privatrecht 143f., 149, 287
- positives, siehe auch: Rechtspositivismus
- - Bewertung des 69, 112, 358ff., 441
- Geltung des, siehe: Geltung
- und Naturrecht, siehe: Naturrecht und positives Recht
- - (reales) und transzendentes, Dualismus 403
- - als Rechtswirklichkeit 111 ff.
- Positivität des 9, 201
- primitives, als dezentralisierte Zwangsordnung 64
- als Ordnung des Zwanges 39
- Quellen des 238, 260, 404
- Rechtfertigung des Staates durch das Recht 288, 319
- rechtswidriges 271
- und Rechtswissenschaft, Vermengung von 61, 75, 194, 263, 425
als Regelung des äußeren und inneren Verhaltens 611
- Sanktionen des 34f., 114ff.
- als Sanktionen statuierende Gesellschaftsordnung 26ff., 34ff., 45ff.,
52ff., 59
Recht
- Selbsterzeugung des 73, 228, 283, 314
- Soziologie des 108, 111
- und Staat 55, 168, 182, 240, 267, 283ff., 286, 288, 297, 314, 319f.
- - Identität 289ff., 319f.
- - in der marxistischen Gesellschaftslehre 107f.
- staatliches, Anerkennung durch das Individuum als Geltungsgrund 335
Primat 221, 333, 335, 336, 340f.
- und imperialistische Ideologie 342f., 345
Sanktionen des staatlichen Rechts und des Völkerrechts 114, 328
Sanktionen des staatlichen Rechts delegiert durch Völkerrecht
328
- - und Völkerrecht, siehe: Völkerrecht und staatliches Recht
- subjektives (Berechtigung) 130ff., 133ff., 136ff., 139ff., 1421.,149f.,
163f., 1701, 174, 310f.
- - absolute und relative Rechte 137
- - und Anspruch 131ff., 134, 140
- - als Berechtigung 130ff.
- - als Beteiligung an der Rechtserzeugung 144f., 171
- - Eigentum als 134ff., 174
- - als positive (behördliche) Erlaubnis 142f., 149
- - als Freiheit 174
- - Grund- und Freiheitsrechte 1481., 305
- - als rechtlich geschütztes Interesse 137ff., 1641., 172
- - Interessentheorie und Willenstheorie 139f.
- - als Konzession (Lizenz) im Verwaltungsrecht 143
- - und objektives 130ff., 135, 137f., 174f., 194
- - und Pflicht (Rechtspflicht) 44, 123, 130ff., 136, 168, 173
- - und Privatrecht 141
- - als Rechtsmacht 139ff., 150, 164f., 170, 310f.
- - als Reflex einer Rechtspflicht 133ff., 136ff., 139ff., 149, 168,
170, 311
- - und Rechtssubjekt 174
- - als politisches Recht 143ff.
- - politisches Recht und subjektives Privatrecht 1431, 149, 287
- - des Staates nach allgemeinem Völkerrecht 325
- - auf Strafe 138
- - im technischen Sinne 139ff., 170
- als System von Normen 32, 48, 78
- Rechtfertigung des Rechts durch Moral 69ff., 2231., 226
- - des positiven Rechts durch Naturrecht 225, 435, 437
- - des Staates durch das Recht 288, 319
- und Unrecht 116ff., 118ff., 151, 307, 331, siehe auch: Unrecht (Delikt)
- als Wille des Staates 143, 307, 336
- als wirtschaftliche Beziehungen 108
- und Wissenschaft 72ff.
- als Zwangsordnung 34ff., 39, 45ff., 52ff., 59, 64f., 114ff., 150,
244
K3-R Wird das Kategorien-Wort "Recht" im Text
genannt, aber ohne nähere inhaltliche Erörterung?
Ja, einige Beispiele:
S. 1: "Die Reine Rechtslehre ist eine Theorie des positiven Rechts;
des positiven Rechts schlechthin, nicht einer speziellen Rechtsordnung.
...
Als Theorie will sie ausschließlich und allein ihren Gegenstand
erkennen. Sie versucht, die Frage zu beantworten, was und wie das Recht
ist, nicht aber die Frage, wie es sein oder gemacht werden soll. Sie ist
Rechtswissenschaft, nicht aber Rechtspolitik.
Wenn sie sich als eine „reine" Lehre vom Recht bezeichnet, so darum,
weil sie nur eine auf das Recht gerichtete Erkenntnis sicherstellen und
weil sie aus dieser Erkenntnis alles ausscheiden möchte, was nicht
zu dem exakt als Recht bestimmten Gegenstande gehört. ... ... Diese
Vermengung mag sich daraus erklären, daß diese Wissenschaften
sich auf Gegenstände beziehen, die zweifellos mit dem Recht in engem
Zusammenhang stehen. ..."
K4-R Wird das Kategorien-Wort "Recht" im Text
auch inhaltlich erörtert?
Ja, mehrfach, hier einige Beispiele:
S. 48: "Handelt es sich um den vereinzelten Akt
eines einzelnen Individuums, kann dieser schon darum nicht als ein Rechtsakt,
sein Sinn nicht als eine Rechtsnorm angesehen werden, weil Recht — wie
betont — nicht eine einzelne Norm, sondern ein System von Normen, eine
soziale Ordnung ist, und eine besondere Norm als Rechtsnorm nur insoferne
anzusehen ist, als sie einer solchen Ordnung angehört. ..."
S. 50 Zitat Augustinus: "Denn „Recht kann nicht
bestehen, wo es die wahre Gerechtigkeit nicht gibt. Was gemäß
dem Recht geschieht, geschieht in der Tat gerecht; was in ungerechter Weise
getan wird, kann nicht nach dem Recht geschehen." ..."
K5-R Wird das Kategorien-Wort "Recht" vollständig
in allen drei Dimensionen (5.1 Name, 5.2 Begriffsinhalt oder Bedeutung,
5.3 Referenz) definiert?
Ja, wenn auch nicht immer klar referenziert wird.
S.31f: "a) Das Recht: Ordnung menschlichen Verhaltens
Eine Theorie des Rechts muß vor allem ihren Gegenstand begrifflich
bestimmen. Um zu einer Definition des Rechts zu gelangen, empfiehlt es
sich, [>32] zunächst von dem Sprachgebrauch auszugehen, das heißt
die Bedeutung festzustellen, die das Wort „Recht" in der deutschen Sprache
und seine Äquivalente in anderen Sprachen (law, droit, diritto usw.)
haben. Es gilt festzustellen, ob die gesellschaftlichen Phänomene,
die mit diesem Wort bezeichnet werden, gemeinsame Merkmale aufweisen, durch
die sie von anderen, ihnen ähnlichen Erscheinungen unterschieden werden
können, und ob diese Merkmale bedeutsam genug sind, um als Elemente
eines Begriffes gesellschaftswissenschaftlicher Erkenntnis zu dienen. Das
Resultat dieser Untersuchung könnte durchaus sein, daß mit dem
Wort „Recht" und seinen anderssprachlichen Äquivalenten so verschiedene
Gegenstände bezeichnet werden, daß sie unter keinen gemeinsamen
Begriff zusammengefaßt werden können. Das trifft jedoch auf
den Gebrauch dieses Wortes und seiner Äquivalente nicht zu. Denn wenn
wir die Objekte, die bei den verschiedensten Völkern und zu den verschiedensten
Zeiten als „Recht" bezeichnet werden, miteinander vergleichen, so ergibt
sich zunächst, daß sie alle sich als Ordnungen menschlichen
Verhaltens darstellen. Eine „Ordnung" ist ein System von Normen, deren
Einheit dadurch konstituiert wird, daß sie alle denselben Geltungsgrund
haben; und der Geltungsgrund einer normativen Ordnung ist — wie wir sehen
werden — eine Grundnorm, aus der sich die Geltung aller zu der Ordnung
gehörigen Normen ableitet. Eine einzelne Norm ist eine Rechtsnorm,
sofern sie zu einer bestimmten Rechtsordnung gehört, und sie gehört
zu einer bestimmten Rechtsordnung, wenn ihre Geltung auf der Grundnorm
dieser Ordnung beruht."
K6-R Wird zu der Kategorie Recht eine Theorie
zitiert oder / und entwickelt?
Ja > K5-R.
S. 72f Abschnitt "15. Statische und dynamische Rechtstheorie"
K7-R Wird die Anwendbarkeit der Definition oder
/ und Theorie der Kategorie Recht ausführlich und gründlich dargestellt
sowie anhand von Beispielen demonstriert?
Ja. > Einträge im Sachregister.
K8-R Sonstiges für die Kategorie "Recht"
zu Berücksichtigendes? Keine.
Rechtswissenschaft
(Jurisprudenz)
>
Zum Wissenschaftsbegriff;
Zum
allgemeinen Wissenschaftsbegriff.
Suchworte: Rechtswissenschaft (198 Treffer), Jurisprudenz (49 Treffer).
RW-Zusammenfassung und Kommentar
Rechtswissenschaft oder Jurisprudenz: Rechtswissenschaft als "reine
Rechtslehre" Das Thema spielt eine große Rolle und wird vielseitig
erörtert.
K1-RW Kommt das Kategorien-Wort "Rechtswissenschaft"
oder "Jurisprudenz" im Inhaltsverzeichnis vor?
Ja:
Vorwort III, IV, VI, VII, VIII.
14. Rechtsnormen als Gegenstand der Rechtswissenschaft 72
f) Die juristische Person als Hilfsbegriff der Rechtswissenschaft
193
47. Die rechtswissenschaftliche Interpretation 352
K2-RW Kommt das Kategorien-Wort "Rechtswissenschaft"
oder "Jurisprudenz" im Stichwortregister vor?
Ja:
Rechtswissenschaft 1, 60f., 72, 75, 78ff., 83f., 91, 107f., 111, 194,
208f., 263f., 425
als empirische Wissenschaft 61, 82
- und Existenzialismus 258f.
- Gegenstand der, Rechtsnormen als 72, 108
- menschliches Verhalten als 72
- und Naturwissenschaft 1, 60, 78ff.
- keine normsetzende Autorität 208f.
- als Normwissenschaft 60, 72ff., 78ff., 107
- Objektivität der 70, 83f.
- als Prophezeiung 91
- und Recht, Vermengung von 61, 75, 194, 263f., 425
- als Rechtssoziologie 108, 111
K3-RW Wird das Kategorien-Wort "Rechtswissenschaft"
oder "Jurisprudenz" im Text genannt, aber ohne nähere inhaltliche
Erörterung?
K4-RW Wird das Kategorien-Wort "Rechtswissenschaft"
oder "Jurisprudenz" im Text auch inhaltlich erörtert?
Ja: > K5-RW.
47: "... Handelt es sich um eine historisch erste
Verfassung, ist dies nur möglich, wenn wir voraussetzen, daß
man sich dem subjektiven Sinn dieses Aktes entsprechend verhalten, daß
man Zwangsakte unter den Bedingungen und in der Weise setzen soll,
wie es die als Verfassung gedeuteten Normen bestimmen; das heißt:
wenn wir eine Norm voraussetzen, derzufolge der als Verfassung-Gebung zu
deutende Akt als ein objektiv gültige Normen setzender Akt und die
diesen Akt setzenden Menschen als verfassunggebende Autorität anzusehen
sind. Diese Norm ist — wie später noch näher ausgeführt
werden wird *) — die Grundnorm einer staatlichen Rechtsordnung. Sie ist
nicht durch einen positiven Rechtsakt gesetzt, sondern — wie eine Analyse
unserer juristischen Urteile zeigt — vorausgesetzt, wenn der in Frage stehende
Akt als verfassunggebender Akt und die auf Grund dieser Verfassung gesetzten
Akte als Rechtsakte gedeutet werden. Diese Voraussetzung festzustellen,
ist eine wesentliche Funktion der Rechtswissenschaft. In dieser Voraussetzung
liegt der letzte, aber seinem Wesen nach nur bedingte und in diesem Sinne
hypothetische Geltungsgrund der Rechtsordnung."
*) "Vgl. infra S. 196 ff."
50: "... Die rechtswissenschaftliche Feststellung, daß
eine Rechtsordnung die von ihr konstituierte Rechtsgemeinschaft befriedet,
involviert keinerlei Werturteil; sie bedeutet insbesondere nicht die Zuerkennung
eines Gerechtigkeitswertes, der damit keineswegs zu einem Element des Rechtsbegriffes
erhoben wird und daher auch nicht als Kriterium für die Unterscheidung
zwischen Rechtsgemeinschaft und Räuberbande dienen kann, wie dies
in der Theologie des Augustinus der Fall ist. ... Wird Gerechtigkeit als
Kriterium der als Recht zu bezeichnenden [>51] normativen Ordnung angenommen,
dann sind die kapitalistischen Zwangsordnungen der westlichen Welt, vom
Standpunkt des kommunistischen Gerechtigkeitsideals, und die kommunistische
Zwangsordnung der Sowjetunion, vom Standpunkt des kapitalistischen Gerechtigkeitsideals,
kein Recht. Ein zu solcher Konsequenz führender Begriff des Rechts
kann von einer positivistischen Rechtswissenschaft nicht akzeptiert
werden. ... "
K5-RW Wird das Kategorien-Wort "Rechtswissenschaft"
oder "Jurisprudenz" vollständig in allen drei Dimensionen (5.1 Name,
5.2 Begriffsinhalt oder Bedeutung, 5.3 Referenz) definiert?
Ja, aber beschränkt auf die Reine Rechtslehre
> K6-RW
K6-RW Wird zu der Kategorie Rechtswissenschaft
oder Jurisprudenz eine Theorie zitiert oder / und entwickelt?
-
K6.1-RW Werden die rechtswissenschaftlichen Grund-
und Standardbegriffe in einem Glossar erfasst?
-
K6.2-RW Werden die rechtswissenschaftlichen Grund-
und Standardbegriffe im Text erläutert oder sogar definiert?
-
K6.3-RW Werden die allgemein rechtswissenschaftlich
anerkannten Methoden genannt und erläutert?
Ja:
S. 1 "1. Die „Reinheit"
Die Reine Rechtslehre ist eine Theorie des positiven Rechts; des positiven
Rechts schlechthin, nicht einer speziellen Rechtsordnung. Sie ist allgemeine
Rechtslehre, nicht Interpretation besonderer nationaler oder internationaler
Rechtsnormen. Aber sie gibt eine Theorie der Interpretation.
Als Theorie will sie ausschließlich und allein
ihren Gegenstand erkennen. Sie versucht, die Frage zu beantworten, was
und wie das Recht ist, nicht aber die Frage, wie es sein oder gemacht werden
soll. Sie ist Rechtswissenschaft, nicht aber Rechtspolitik.
Wenn sie sich als eine „reine" Lehre vom Recht bezeichnet,
so darum, weil sie nur eine auf das Recht gerichtete Erkenntnis sicherstellen
und weil sie aus dieser Erkenntnis alles ausscheiden möchte, was nicht
zu dem exakt als Recht bestimmten Gegenstande gehört. Das heißt:
sie will die Rechtswissenschaft von allen ihr fremden Elementen befreien.
Das ist ihr methodisches Grundprinzip. Es scheint eine Selbstverständlichkeit
zu sein. Aber ein Blick auf die traditionelle Rechtswissenschaft, so wie
sie sich im Laufe des 19. und 20. Jahrhunderts entwickelt hat, zeigt deutlich,
wie weit diese davon entfernt ist, der Forderung der Reinheit zu entsprechen.
In völlig kritikloser Weise hat sich Jurisprudenz mit Psychologie
und Soziologie, mit Ethik und politischer Theorie vermengt. Diese Vermengung
mag sich daraus erklären, daß diese Wissenschaften sich auf
Gegenstände beziehen, die zweifellos mit dem Recht in engem Zusammenhang
stehen. Wenn die Reine Rechtslehre die Erkenntnis des Rechts gegen diese
Disziplinen abzugrenzen unternimmt, so nicht etwa darum, weil sie den Zusammenhang
ignoriert oder gar leugnet, sondern darum, weil sie einen Methodensynkretismus
zu vermeiden sucht, der das Wesen der Rechtswissenschaft verdunkelt und
die Schranken verwischt, die ihr durch die Natur ihres Gegenstandes gezogen
sind."
K7-RW Wird die Anwendbarkeit der Definition oder /
und Theorie der Kategorie Rechtswissenschaft oder Jurisprudenz ausführlich
und gründlich dargestellt sowie anhand von Beispielen demonstriert?
Ja
-
K7.1-RW Werden die rechtswissenschaftlichen Grund-
und Standardbegriffe im Text gründlich ( nicht weitschweifig und ausufernd)
mit Beispielen dargestellt?
-
K7.3-RW Werden die allgemein rechtswissenschaftlich
anerkannten Methoden gründlich ( nicht weitschweifig und ausufernd)
mit Beispielen dargestellt?
K8-RW Sonstiges für die Kategorie Rechtswissenschaft
oder Jurisprudenz zu Berücksichtigendes? Keine
Juristische
Methodik
Suchworte: "method" (40 Treffer), erfasst auch: "methodisch"
(4 Treffer), "Methode" (34 Treffer), "Methodik" (0 Treffer), Methodologie"
(0 Treffer), "methodologisch" (0 Treffer),
jM-Zusammenfassung und Kommentar
Juristische Methodik oder Methodik im juristischen Sinne: Das Thema
nimmt großen Raum ein, ohne im einzelnen klar ausgeführt zu
werden, bleibt also meist auf der Behauptungs- und Meinungsebene stehen
(K4-jM Ja, aber).
K1-jM Kommt das Kategorien-Wort "juristische Method*"
oder Methodik im juristischen Sinne Kategorie" im Inhaltsverzeichnis vor?
Ja: e) Die sogenannten Interpretationsmethoden 349
K2-jM Kommt das Kategorien-Wort "juristische Method*"
oder Methodik im juristischen Sinne im Stichwortregister vor?
Ja: Methodensynkretismus 1
Staatsform als Methode der Rechtserzeugung 283f.
Interpretationsmethoden 349f.
K3-jM Wird das Kategorien-Wort "juristische Method*"
oder Methodik im juristischen Sinne im Text genannt, aber ohne nähere
inhaltliche Erörterung?
1: "methodisches Grundprinzip, Methodensynkretismus; 24 FN Lit; 82
FN Zitat; 238 alle Methoden der Rechtserzeugung, 283 Im Mittelpunkt der
Probleme einer Rechtsdynamik steht die Frage nach den verschiedenen Methoden
der Rechtserzeugung oder nach den Formen des Rechts. ... 285: Es ist der
typische Fall einer autokratischen Normerzeugung; während der privatrechtliche
Vertrag eine ausgesprochen demokratische Methode der Rechtsschöpfung
darstellt. Daher hat denn auch schon die ältere Theorie die rechtsgeschäftliche
Sphäre als die der Privatautonomie bezeichnet. ... Begreift man den
entscheidenden Unterschied zwischen privatem und öffentlichem Recht
als den Unterschied zweier Rechtserzeugungsmethoden, ..."
K4-jM Wird das Kategorien-Wort "juristische Method*"
oder Methodik im juristischen Sinne im Text auch inhaltlich erörtert?
Ja:
61: " ... Die methodische Reinheit der Rechtswissenschaft
wird nun nicht nur dadurch gefährdet, daß die Schranke, die
sie von der Naturwissenschaft trennt, nicht beachtet, sondern — viel mehr
noch — dadurch, daß sie nicht oder nicht deutlich genug von der Ethik
geschieden, daß zwischen Recht und Moral nicht klar unterschieden
wird."
111: "... Was not tut, ist nicht: diese Rechtswissenschaft
zugleich mit der Kategorie des Sollens oder der Norm aufzuheben, sondern
sie auf ihren Gegenstand einzuschränken und ihre Methode kritisch
zu klären."
209: "Mit ihrer Theorie der Grundnorm inauguriert
die Reine Rechtslehre durchaus nicht eine neue Methode der Rechtserkenntnis.
..."
283: "... Es ist die Rechtsform, das heißt
die Rechtserzeugungsmethode auf der obersten Stufe der Rechtsordnung, das
ist im Bereiche der Verfassung. Mit dem Begriffe der Staatsform wird die
Methode der durch die Verfassung geregelten Erzeugung der generellen Normen
gekennzeichnet. ..."
284: "... Das Problem der Staatsform als Frage nach
der Methode der Rechtserzeugung ergibt sich aber nicht nur auf der Stufe
der Verfassung, somit nicht nur für die Gesetzgebung, sondern auf
allen Stufen der Rechtserzeugung und insbesondere für die verschiedenen
Fälle der Setzung individueller Normen: Verwaltungsakt, Gerichtsentscheidung.
Rechtsgeschäft."
320: "Diese methodenkritische Auflösung des
Dualismus Staat — Recht ist zugleich die rücksichtslose Vernichtung
einer der wirksamsten Legitimitäts-Ideologien; daher der leidenschaftliche
Widerstand, den die traditionelle Rechts- und Staatstheorie der von der
Reinen Rechtslehre begründeten These der Identität von Staat
und Recht entgegensetzt."
349: "Die traditionelle Jurisprudenz glaubt jedoch,
von der Interpretation nicht nur die Feststellung des Rahmens für
den zu setzenden Rechtsakt, sondern auch noch die Erfüllung einer
weiteren Aufgabe erwarten zu dürfen; und sie ist geneigt, darin sogar
ihre Hauptaufgabe zu sehen. Die Interpretation soll eine Methode entwickeln,
die ermöglicht, den festgestellten Rahmen richtig auszufüllen.
Die übliche Theorie der Interpretation will glauben machen, daß
das Gesetz, auf den konkreten Fall angewendet, stets nur eine richtige
Entscheidung liefern könne und daß die positivrechtliche „Richtigkeit"
dieser Entscheidung im Gesetz selbst begründet ist. Sie stellt den
Vorgang dieser Interpretation so dar, als ob es sich dabei nur um einen
intellektuellen Akt des Klärens oder Verstehens handelte, als ob das
rechtsanwendende Organ nur seinen Verstand, nicht aber seinen Willen in
Bewegung zu setzen hätte und als ob durch eine reine Verstandestätigkeit
unter den vorhandenen Möglichkeiten eine dem positiven Recht entsprechende,
im Sinne des positiven Rechts richtige Auswahl getroffen werden könnte.
e) Die sogenannten Interpretationsmethoden
Allein von einem auf das positive Recht gerichteten Standpunkt aus
gibt es kein Kriterium, auf Grund dessen die eine der im Rahmen des anzuwendenden
Rechts gegebenen Möglichkeiten der anderen vorgezogen werden könnte.
Es gibt schlechthin keine — als positivrechtlich charakterisierbare — Methode,
nach der von mehreren sprachlichen Bedeutungen einer Norm nur die eine
als „richtig" ausgezeichnet werden könnte; vorausgesetzt natürlich,
daß es sich um mehrere mögliche, das heißt: im Zusammenhang
mit allen anderen Normen des Gesetzes oder der Rechtsordnung mögliche
Sinndeutungen handelt. Es ist trotz aller Bemühungen der traditionellen
Jurisprudenz bisher nicht gelungen, den Konflikt zwischen Wille und Ausdruck
in einer objektiv gültigen Weise zugunsten des [>350] einen oder des
anderen zu entscheiden. Alle bisher entwickelten Interpretationsmethoden
führen stets nur zu einem möglichen, niemals zu einem einzig
richtigen Resultat. ..."
375: "... Aristoteles versichert, er habe eine wissenschaftliche,
nämlich mathematisch-geometrische Methode gefunden, um
Tugenden zu bestimmen, das heißt die Frage zu beantworten, was
sittlich gut ist. ..."
399: "... Platon verweist wiederholt auf eine spezifische
Methode abstrakten, von allen sinnlichen Vorstellungen befreiten Denkens,
die sogenannte Dialektik, die — wie er behauptet — denjenigen, der sie
meistert, befähigt, die Idee zu erfassen. Aber er selbst wendet diese
Methode in seinen eigenen Dialogen nicht an oder teilt uns doch die Ergebnisse
dieser Dialektik nicht mit. ..."
430: "... Mit den Methoden der Naturrechtslehre
kann man in bezug auf die Frage der Gerechtigkeit alles und daher nichts
beweisen."
K5-jM Wird das Kategorien-Wort "juristische Method*"
oder Methodik im juristischen Sinne vollständig in allen drei Dimensionen
(5.1 Name, 5.2 Begriffsinhalt oder Bedeutung, 5.3 Referenz) definiert?
Nein.
K6-jM Wird zu der Kategorie juristische Methodik
oder Methodik im juristischen Sinne eine Theorie Kategorie zitiert oder
/ und entwickelt? Nein.
K7-jM Wird die Anwendbarkeit der Definition oder
/ und Theorie der Kategorie juristische Methodik oder Methodik im juristischen
Sinne ausführlich und gründlich dargestellt sowie anhand von
Beispielen demonstriert? Nein.
K8-jM Sonstiges für die Kategorie "juristische
Method*" oder Methodik im juristischen Sinne zu Berücksichtigendes?
Keine.
Juristische
Begriffsbildung
Suchwort "begriff" (369 Treffer), Begriffsbildung (1 Treffer).
jBB-Zusammenfassung und Kommentar Juristische Begriffsbildung oder
Begriffsbildung im juristischen Sinne: Kelsen beschäftigt sich
nicht grundlegend und methodisch mit der juristischen Begriffsbildung.
K1-jBB Kommt das Kategorien-Wort "Juristische
Begriffsbildung" oder Begriffsbildung im juristischen Sinne im Inhaltsverzeichnis
vor?
Ja:
f) Die juristische Person als Hilfsbegriff der Rechtswissenschaft 193
K2-jBB Kommt das Kategorien-Wort "Juristische Begriffsbildung"
oder Begriffsbildung im juristischen Sinne im Stichwortregister vor?
Ja: Begriff
- und Norm 17f., 51, 363, 398
K3-jBB Wird das Kategorien-Wort "Juristische Begriffsbildung"
oder Begriffsbildung im juristischen Sinne im Text genannt, aber ohne nähere
inhaltliche Erörterung?
Nein, denn hier werden viele juristische Begriffe
zwar erwähnt, aber nicht die Frage der juristischen Begriffsbildung,
wie die folgenden Textstellen zeigen:
IV; VII; 5 (inbegriffen), FN; 8 (Begriff der „Berechtigung");
14 Begriff des sachlichen Geltungsbereiches; 17 FN (Schlick); 25 (Sidgwick);
26 Lohn und Strafe können im Begriff der Sanktion zusammengefaßt
werden; 28 Begriff der Wirksamkeit; 33 Begriff der Rechtspflicht;
38f Begriff der kollektiven Sicherheit; 40 Dieser Begriff der Sanktion
und der Begriff des Unrechts stehen in Korrelation; 42f Begriffe des Unrechts
und der Unrechtsfolge (Sanktionen); 50 Rechtsbegriffes; 51 Ein zu solcher
Konsequenz führender Begriff des Rechts kann von einer positivistischen
Rechtswissenschaft nicht akzeptiert werden. FN Verhältnis von Norm
und Begriff; 52 Rechtsbegriff; 54; 55; 58; 61 inbegriffen; 63 Begriff der
Moral; FN Kant; 67 Norm und Wert sind korrelative Begriffe.; 68; 69 Begriff
des „Guten"; 70 Begriff der Gerechtigkeit; 72 Begriff des Rechtsverhältnisses;
74 FN Begriffe „Rechtsnorm" und „Rechtssatz"; 79 begriffen; 85f Begriff
„Zurechnungsfähigkeit"; 89 Begriff der Kausalität; 92 Begriff
der Rechtsnorm; 99 FN Kant; 104 FN keine Verstandesbegriffe; 106 Inbegriff
der Umstände; 107f Begriff des Sollens; 114 begriffen; 115 Begriff
der Strafe; 117 Begriffen des Unrechts und der Unrechtsfolge; 118 Begriff
des Unrechts; 119 als Recht begriffen, von dem guten Gott gewollt begriffen
werden; 120 Begriffsbestimmung; 121ff Begriff der Rechtspflicht; 122 ...
so wird neben dem Begriff des subjektiven Rechts der Begriff eines Subjekts
des Rechts als seines Trägers verwendet. ... 125 Ein mit dem Begriff
der Rechtspflicht wesentlich verbundener, aber von ihm doch zu unterscheidender
Begriff ist der der Haftung (oder der rechtlichen Verantwortlichkeit).;
128 Unter Schuldhaftung wird für gewöhnlich auch der Fall von
sogenannter Fahrlässigkeit begriffen.; 133 Begriff eines subjektiven
Rechtes, Begriff eines Reflexrechtes; 134 Begriffsbildung der allgemeinen
Rechtslehre; 135 Begriff der Rechtsordnung; 138 Oberbegriff subsummiert;
139 Hilfsbegriffes des Reflexrechts; 142 Ermächtigung inbegriffen;
144 Begriff des subjektiven Rechts; 153 Einschränkung des Kompetenzbegriffes;
154f Begriff des Organs, FN Begriff der juristischen Person; 155ff Begriff
der Organfunktion; Substanzbegriff, Grund-Begriff; 156 Begriff der Handlungsfähigkeit;
164 Begriff des subjektiven Rechtes nicht als Rechtsmacht; 166 Gesetzliche
Stellvertretung und Organschaft sind verwandte Begriffe; 167 In engem Zusammenhange
mit den Begriffen der Rechtspflicht und Berechtigung steht, nach traditioneller
Anschauung, der Begriff des Rechtsverhältnisses. ... 168 Wird es als
ein Verhältnis zwischen Individuen begriffen, ist die traditionelle
Definition zu eng.
Abbruch Fundstellensuche juristische Begriffsbildung
auf S. 168.
K4-jBB Wird das Kategorien-Wort "Juristische Begriffsbildung"
oder Begriffsbildung im juristischen Sinne im Text auch inhaltlich erörtert?
Ja, z.B.
S. 352f: "... Die Anschauung, es sei möglich,
durch [>353] eine bloß erkenntnismäßige Interpretation
des geltenden Rechtes neues Recht zu gewinnen, ist die Grundlage der sogenannten
Begriffsjurisprudenz, die von der Reinen Rechtslehre abgelehnt wird. ..."
K5-jBB Wird das Kategorien Wort "Juristische Begriffsbildung"
oder Begriffsbildung im juristischen Sinne vollständig in allen drei
Dimensionen (5.1 Name, 5.2 Begriffsinhalt oder Bedeutung, 5.3 Referenz)
definiert? Nein.
K6-jBB Wird zu der Kategorie Juristische Begriffsbildung
oder Begriffsbildung im juristischen Sinne eine Theorie zitiert oder /
und entwickelt? Ja
Ja, z.B.
S. 31: "Eine Theorie des Rechts muß vor allem
ihren Gegenstand begrifflich bestimmen. Um zu einer Definition des Rechts
zu gelangen, empfiehlt es sich, [>32] zunächst von dem Sprachgebrauch
auszugehen, das heißt die Bedeutung festzustellen, die das Wort „Recht"
in der deutschen Sprache und seine Äquivalenten in anderen Sprachen
(law, droit, diritto usw.) haben. Es gilt festzustellen, ob die gesellschaftlichen
Phänomene, die mit diesem Wort bezeichnet werden, gemeinsame Merkmale
aufweisen, durch die sie von anderen, ihnen ähnlichen Erscheinungen
unterschieden werden können, und ob diese Merkmale bedeutsam genug
sind, um als Elemente eines Begriffes gesellschaftswissenschaftlicher Erkenntnis
zu dienen. Das Resultat dieser Untersuchung könnte durchaus sein,
daß mit dem Wort „Recht" und seinen anderssprachlichen Äquivalenten
so verschiedene Gegenstände bezeichnet werden, daß sie unter
keinen gemeinsamen Begriff zusammengefaßt werden können. Das
trifft jedoch auf den Gebrauch dieses Wortes und seiner Äquivalente
nicht zu. Denn wenn wir die Objekte, die bei den verschiedensten Völkern
und zu den verschiedensten Zeiten als „Recht" bezeichnet werden, miteinander
vergleichen, so ergibt sich zunächst, daß sie alle sich als
Ordnungen menschlichen Verhaltens darstellen. Eine „Ordnung" ist ein System
von Normen, deren Einheit dadurch konstituiert wird, daß sie alle
denselben Geltungsgrund haben; und der Geltungsgrund einer normativen Ordnung
ist — wie wir sehen werden — eine Grundnorm, aus der sich die Geltung aller
zu der Ordnung gehörigen Normen ableitet. Eine einzelne Norm ist eine
Rechtsnorm, sofern sie zu einer bestimmten Rechtsordnung gehört, und
sie gehört zu einer bestimmten Rechtsordnung, wenn ihre Geltung auf
der Grundnorm dieser Ordnung beruht."
K7-jBB Wird die Anwendbarkeit der Definition oder
/ und Theorie der Kategorie Juristische Begriffsbildung oder Begriffsbildung
im juristischen Sinne ausführlich und gründlich dargestellt sowie
anhand von Beispielen demonstriert? Nein.
K8-jBB Sonstiges für die Kategorie "Juristische
Begriffsbildung" oder Begriffsbildung im juristischen Sinne zu Berücksichtigendes?
Keine.
Unbestimmte
Rechtsbegriffe > juristische
Begriffsbildung > Begriffbildung
> Sprache des Rechts.
Suchworte: unbestimmte Rechtsbegriffe (0 Treffer), unbestimmter
Rechtsbegriff (0 Treffer), Rechtsbegriff (12 Treffer), Generalklausel (1
Treffer).
uRB-Zusammenfassung und Kommentar
unbestimmte Rechtsbegriffe: Das Thema spielt in Kelsens Reiner Rechtslehre
außer gelegentlichen Erwähnungen keine Rolle.
K1-uRB Kommt das Kategorien-Wort "unbestimmte(r)
Rechtsbegriff(e)" im Inhaltsverzeichnis vor? Nein
K2-uRB Kommt das Kategorien-Wort "unbestimmte(r)
Rechtsbegriff(e)" im Stichwortregister vor? Nein
K3-uRB Wird das Kategorien-Wort "unbestimmte(r)
Rechtsbegriff(e)" im Text genannt, aber ohne nähere inhaltliche Erörterung?
Generalklausel ja:
S. 336: "... Geht man von der Geltung des Völkerrechts aus, das
keine Anerkennung von Seiten des Staates verlangt, bedeutet die erwähnte
Verfassungsbestimmung nicht, daß das Völkerrecht für den
betreffenden Staat in Geltung gesetzt wird, sondern daß es — durch
eine Generalklausel — in staatliches Recht transformiert wird. ..."
K4-uRB Wird das Kategorien-Wort "unbestimmte(r) Rechtsbegriff(e)"
im Text auch inhaltlich erörtert? Nein
K5-uRB Wird das Kategorien-Wort "unbestimmte(r)
Rechtsbegriff(e)" vollständig in allen drei Dimensionen (5.1 Name,
5.2 Begriffsinhalt oder Bedeutung, 5.3 Referenz) definiert? Nein
K6-uRB Wird zu der Kategorie unbestimmte(r) Rechtsbegriff(e)
eine Theorie zitiert oder / und entwickelt? Nein
K7-uRB Wird die Anwendbarkeit der Definition oder
/ und Theorie der Kategorie unbestimmte(r) Rechtsbegriff(e) ausführlich
und gründlich dargestellt sowie anhand von Beispielen demonstriert?
Nein
K8-uRB Sonstiges für die Kategorie unbestimmte(r)
Rechtsbegriff(e) zu Berücksichtigendes?
Anmerkung: das Wort Rechtsbegriff
kommt öfter vor:
S. 50: "... Die rechtswissenschaftliche Feststellung,
daß eine Rechtsordnung die von ihr konstituierte Rechtsgemeinschaft
befriedet, involviert keinerlei Werturteil; sie bedeutet insbesondere nicht
die Zuerkennung eines Gerechtigkeitswertes, der damit keineswegs zu einem
Element des Rechtsbegriffes erhoben wird und daher auch nicht als Kriterium
für die Unterscheidung zwischen Rechtsgemeinschaft und Räuberbande
dienen kann, wie dies in der Theologie des Augustinus der Fall ist. ..."
S. 52: "Nun wird gegen die Definition des Rechts
als Zwangsordnung, das heißt gegen die Aufnahme des Zwangsmomentes
in den Rechtsbegriff, geltend gemacht, daß die historisch gegebenen
Rechtsordnungen tatsächlich Normen enthalten, die keine Zwangsakte
statuieren, Normen, die ein Verhalten erlauben oder zu einem Verhalten
ermächtigen; aber auch Normen, die ein Verhalten gebieten, zu einem
Verhalten verpflichten, ohne an das gegenteilige Verhalten als Bedingung
einen Zwangsakt als Folge zu knüpfen; und insbesondere, daß
die Nichtanwendung der Zwangsakte statuierenden Normen häufig nicht
zur Bedingung von als Sanktionen fungierenden Zwangsakten gemacht werden."
S. 123: "... Um die Möglichkeit solchen Konfliktes
zu vermeiden, wurde sogar behauptet, daß die Pflicht überhaupt
kein Rechtsbegriff sei, daß nur die Moral, nicht aber das Recht verpflichte,
daß die spezifische Funktion des Rechts — zum Unterschied von der
Moral — sei, zu berechtigen. ..."
S. 216ff: FN.
S. 321: "Nach der hier vorgetragenen Bestimmung des Rechtsbegriffes
ist das sogenannte Völkerrecht Recht, wenn es eine als souverän
vorausgesetzte Zwangsordnung menschlichen Verhaltens ist; wenn es an von
ihm bestimmte Tatbestände als Bedingungen von ihm bestimmte Zwangsakte
als Folgen knüpft und daher, so wie das staatliche Recht, in Rechtssätzen
beschrieben werden kann."
Juristische
Logik
Suchworte juristische Logik (0 Treffer), Logik (13 Treffer), Normenlogik
(0 Treffer)
jL-Zusammenfassung und Kommentar
zur rechtswissenschaftlichen Kategorie juristische Logik: Das Thema
spielt in Kelsens Reiner Rechtslehre keine besondere Rolle.
K1-jL Kommt das Kategorien-Wort "juristische Logik"
oder "Logik" im juristischen Sinne im Inhaltsverzeichnis vor? Nein.
K2-jL Kommt das Kategorien-Wort "juristische Logik"
oder "Logik" im juristischen Sinne im Stichwortregister vor? Ja.
K3-jL Wird das Kategorien-Wort "juristische Logik"
oder "Logik" im juristischen Sinne im Text genannt, aber ohne nähere
inhaltliche Erörterung? Ja:
S. 25: "Die Logik hat zum Gegenstand eine normative
Ordnung, die keinen gesellschaftlichen Charakter hat."
S. 393: "c) Sieht man näher zu, ist der Grundsatz,
daß Gleiche gleich, Ungleiche ungleich zu behandeln sind, überhaupt
keine Forderung der Gerechtigkeit, sondern der Logik. Denn er ist nur die
logische Konsequenz des generellen Charakters jeder Norm, die vorschreibt,
daß bestimmte Individuen unter bestimmten Umständen in bestimmter
Weise behandelt werden sollen, oder allgemeiner formuliert, die vorschreibt,
daß unter einer bestimmten Bedingung eine bestimmte Folge eintreten,
insbesondere eine bestimmte Behandlung erfolgen soll."
S. 394: "... Die Gleichheit, die darin besteht,
daß Gleiche gleich behandelt werden sollen, ist somit eine Forderung
der Logik, nicht der Gerechtigkeit."
S. 396f: "d) Wenn der Grundsatz, daß Gleiche
gleich behandelt werden sollen, nur in wesentlicher Verbindung mit dem
Grundsatz gelten kann, daß Ungleiche ungleich behandelt werden sollen,
und wenn dieser Doppelgrundsatz nur die logische Konsequenz des generellen
Charakters einer Norm ist, die vorschreibt, daß unter [>397] bestimmten
Bedingungen eine bestimmte Behandlung erfolgen soll, daß er also
eine Forderung der Logik und nicht der Gerechtigkeit ist, kann dieser Grundsatz
nicht als das Gerechtigkeitsprinzip der Gleichheit und die Gleichheit nicht
als das allen Gerechtigkeitsnormen gemeinsame Element angesehen werden.
..."
K4-jL Wird das Kategorien-Wort "juristische Logik"
oder "Logik" im juristischen Sinne im Text auch inhaltlich erörtert?
Nein.
K5-jL Wird das Kategorien-Wort "juristische Logik"
oder "Logik" im juristischen Sinne vollständig in allen drei
Dimensionen (5.1 Name, 5.2 Begriffsinhalt oder Bedeutung, 5.3 Referenz)
definiert? Nein.
K6-jL Wird zu der Kategorie juristische Logik oder
Logik im juristischen Sinne eine Theorie zitiert oder / und entwickelt?
Nein.
K7-jL Wird die Anwendbarkeit der Definition oder
/ und Theorie der Kategorie juristische Logik oder Logik im juristischen
Sinne ausführlich und gründlich dargestellt sowie anhand
von Beispielen demonstriert? Nein.
K8-jL Sonstiges für die Kategorie "juristische
Logik" oder "Logik" im juristischen Sinne zu Berücksichtigendes? Keine.
Juristischer
Beweis (juristische Beweismethoden). > Freie
Beweiswürdigung.
Suchwort "beweis" (17 Treffer).
jBew-Zusammenfassung und Kommentar
juristischer Beweis oder "Beweis" im juristischen Sinne: Das Thema
juristischer Beweis spielt in der Reinen Rechtslehre Kelsens
keine nennenswerte Rolle.
K1-jBew Kommt das Kategorien-Wort "juristischer
Beweis" oder "Beweis" im juristischen Sinne im Inhaltsverzeichnis vor?
K2-jBew Kommt das Kategorien-Wort "juristischer Beweis"
oder "Beweis" im juristischen Sinne im Stichwortregister vor?
K3-jBew Wird das Kategorien-Wort "juristischer Beweis"
oder "Beweis" im juristischen Sinne im Text genannt, aber ohne nähere
inhaltliche Erörterung?
Ja, Vorwort V, 18, 215 FN, 227, 253 (Lücke), 263, 430.
K4-jBew Wird das Kategorien-Wort "juristischer Beweis"
oder "Beweis" im juristischen Sinne im Text auch inhaltlich erörtert?
K5-jBew Wird das Kategorien-Wort "juristischer Beweis"
oder "Beweis" im juristischen Sinne vollständig in allen drei Dimensionen
(5.1 Name, 5.2 Begriffsinhalt oder Bedeutung, 5.3 Referenz) definiert?
Nein.
K6-jBew Wird zu der Kategorie juristischer Beweis
oder "Beweis" im juristischen Sinne eine Theorie zitiert oder / und entwickelt?
Nein.
-
K6.1 Wird das Prinzip der freien Beweiswürdigung und
richterlichen Überzeugungsbildung kritisch erörtert? Nein
-
K6.2 Wird die gefährliche Nähe zwischen Beweiswürdigung
und bloßem Meinen
gesehen und kritisch erörtert? Nein
-
K6.3 Wird kritisch erörtert, weshalb jedes
Rechtsgebiet, z.B. ZPO 286; StPO 261; § 108 VwGO seine seine eigene
"freie Beweiswürdigung" braucht? Nein
-
K6.4 Wird kritisch erörtert, ob das Recht selbst die
oberste Supervisions-Position dessen einnehmen darf, was ein gültiger
Beweis ist? Nein
K7-jBew Wird die Anwendbarkeit der Definition oder
/ und Theorie der Kategorie juristischer Beweis oder "Beweis" im juristischen
Sinne ausführlich und gründlich dargestellt sowie anhand von
Beispielen demonstriert?
K8-jBew Sonstiges für die Kategorie "juristischer
Beweis" oder "Beweis" im juristischen Sinne zu Berücksichtigendes?
Keine.
Juristisches
Erklaeren
Suchwort "erklär" (86 Treffer), erfasst auch Erklärung
und die grammatischen Varianten.
jErk-Zusammenfassung und Kommentar
juristisches Erklären: Juristisches Erklären heißt hier
erklären von juristischen Sachverhalten: Juristisches Erklären
bedeutet, zu sagen, wie juristische Sachverhalte, Beziehungen und Zusammenhänge
zustande kommen, wie sie entstehen und auseinander hervorgehen. Hierzu
äußert sich Kelsen nicht weiter.
K1-jErk Kommt das Kategorien-Wort "Erklären"
im juristischen Sinne im Inhaltsverzeichnis vor? Nein
K2-jErk Kommt das Kategorien-Wort "Erklären"
im juristischen Sinne im Stichwortregister vor?
Ja:
Dezentralisation der Nichtigkeitserklärung von Rechtsnormen 281
Kausalerklärung und Geltungsbegründung 364
Wille und Erklärung 263
K3-jErk Wird das Kategorien-Wort "Erklären"
im juristischen Sinne im Text genannt, aber ohne nähere inhaltliche
Erörterung?
Ja
Vorwort III; Vorwort V; 1.
S. 165 FN Willenserklärung
S. 259: "... Es ist daher erklärlich, daß mitunter die Anschauung
vertreten wird, Gewohnheitsrecht sei durch Gerichte geschaffenes Recht.
..."
S. 263ff mehrfach: "... Willenserklärungen ..."
S. 281f "... Nichtigkeitserklärung...; ...erklärt ..."
S.286 "... erklärt ..."
S. 297: "... was nur damit zu erklären ist, ..."
S. 308: "... wurde schon im Vorhergehenden erklärt.*)"
S. 324: " ... erklärte Willensübereinstimmung ..."
S. 407: "... Im Decretum Gratiani58) wird erklärt, daß das
unwandelbare Naturrecht zugleich ..."
S. 408: " ... Grotius 61) erklärt, daß das von ihm dargestellte
Naturrecht ..."
S. 412: " ... der Aggressionstrieb für unnatürlich erklärt
..."
S. 413: " ... daß sie erklären, die Natur des Menschen ..."
S. 416: "..., denn Gott erklärt er für den Urheber dieses
ewigen und unabänderlichen Rechtes.71"
S. 418: FN
S. 428 "... nur daraus erklären ..."
S. 430: "... das heißt gerechte Gesellschaftsordnung erklären
..."
S. 439: "... aber praktisch für so gut wie ausgeschlossen erklären
..."
K4-jErk Wird das Kategorien-Wort "Erklären"
im juristischen Sinne im Text auch inhaltlich erörtert?
Ja, z.B.
S. 101: "... Was die beiden ersten Fälle betrifft,
so liegt die Erklärung darin, daß man annimmt, Kinder und Geisteskranke
können, der Beschaffenheit ihres Bewußtseins wegen, durch die
Vorstellung von Rechtsnormen nicht oder nicht hinreichend zu dem gebotenen
Verhalten verursacht werden, daß andere Motive in der Regel stärker
sind als diese Vorstellungen, zumal diesen Individuen die Rechtsnormen
zumeist gar nicht bewußt sind. ..."
S. 174 "... Dieser Widerspruch drückt sich
am augenfälligsten darin aus, daß der Sinn des objektiven Rechts,
als einer heteronomen Norm, die Bindung, ja der Zwang ist, während
als das Wesen der Rechtssubjektivität gerade die Negation aller Bindung,
nämlich die Freiheit im Sinne der Selbstbestimmung oder Autonomie
erklärt wird; ... Puchta ..."
S. 271: "... In der traditionellen Unterscheidung
kommt nicht ein Unterschied von Funktionen, sondern der Unterschied zweier
— als Justiz und als Verwaltung bezeichneter — Behördenapparate zum
Ausdruck, deren Ausbildung im modernen Staat nur historisch zu erklären,
nicht aber rechtssystematisch zu rechtfertigen ist."
S. 364: "... Wäre dem anders, wäre das
Verfahren der normativen Geltungsbegründung so wie das Verfahren der
kausalen Erklärung, das, dem Begriff der Kausalität gemäß,
zu keinem Ende, zu keiner letzten Ursache führen kann, endlos, bliebe
die Frage, wie wir handeln sollen, unbeantwortbar. ..."
K5-jErk Wird das Kategorien-Wort "Erklären"
im juristischen Sinne vollständig in allen drei Dimensionen (5.1 Name,
5.2 Begriffsinhalt oder Bedeutung, 5.3 Referenz) definiert? Nein.
K6-jErk Wird zu der Kategorie Erklären im
juristischen Sinne eine Theorie zitiert oder / und entwickelt? Nein.
K7-jErk Wird die Anwendbarkeit der Definition
oder / und Theorie der Kategorie Erklären im juristischen Sinne ausführlich
und gründlich dargestellt sowie anhand von Beispielen demonstriert?
Nein.
K8-jErk Sonstiges für die Kategorie Erklären
im juristischen Sinne zu Berücksichtigendes? Keine.
Juristisches
Verstehen > verstehen
(allgemein) > interpretieren = verstehen, auslegen,
exegieren,
Gesetze
verstehen und/ oder auslegen.
Suchwort "versteh" (151 Treffer), interpret (116 Treffer)
jVerst-Zusammenfassung und Kommentar
verstehen im juristischen Sinne: Es kann natürlich keinen Zweifel
geben, dass ein Gesetzestext verstanden werden muss, um ihn anwenden zu
können. Der Begriff verstehen wird in Kelsens Reiner Rechtslehre
nicht unter dem Wort "verstehen" erörtert, aber unter dem von ihm
bevorzugten Wort "Interpretieren". Der Interpretation ist das VIII und
letzte Kapitel mit knapp 9 Seiten gewidmet. Wie interpretieren aber genau
geht, erfahren wir nicht. Kelsen lehnt die üblichen Interpretations-
und damit Auslegungs- und Verstehensmethoden ab, weil es keine allgemeinverbindlichen
richtigen, nur gleichmögliche Ergebnisse gäbe. Kelsen unterscheidet
authentische Interpretation, d.h. ist eine solche, die Recht schafft, also
Gerichte. Alle anderen Interpretationen heißen nicht authentisch.
K1-jVerst Kommt das Kategorien-Wort "verstehen"
im juristischen Sinne im Inhaltsverzeichnis vor?
Suchwort "verstehen": Nein.
Suchwort "interpret": Ja, das ganze Kapitel VIII
Die Interpretation S. 346-354
K2-jVerst Kommt das Kategorien-Wort "verstehen"
im juristischen Sinne im Stichwortregister vor?
Suchwort "verstehen": Nein.
Suchwort "interpret": Ja
Interpretation 210, 346ff., 349ff., 352f.
— authentische und nicht authentische 346, 351f.
— als Erkenntnis- oder Willens-Akt 350ff.
— und Lücken im Recht 353
— durch das rechtsanwendende Organ oder durch Privatperson 346ff.
— Rechtserkenntnis und 210
— Rechtserzeugung durch 352
— durch Rechtswissenschaft 351ff.
— Wesen der 346
Interpretationsmethoden 349f.
Interpretationsvorbehalt
- der rechtsetzenden Autorität 440
Interpretation der Rechtsordnung 210, 346ff.
K3-jVerst Wird das Kategorien-Wort "verstehen"
im juristischen Sinne im Text genannt, aber ohne nähere inhaltliche
Erörterung?
Suchwort "verstehen":
Ja: S. 11 "... zu verstehen ist ... S. 23 Unter „Zweck" kann man einen
objektiven oder einen subjektiven Zweck verstehen.; S. 34: ... Daß
mit dem als Sanktion fungierenden Zwangsakt dem davon Betroffenen ein Übel
zugefügt wird, ist dahin zu verstehen, das dieser Akt normalerweise
von dem davon Betroffenen als Übel empfunden wird. ... S. 43: zu verstehen
ist); S, 57: zu verstehen sind; S. 90: zu verstehen; S. 102: ... Daher
das Sprichwort: Alles verstehen heißt alles verzeihen. ... S. 152:
"Versteht man unter Handlungsfähigkeit die Fähigkeit, durch sein
Verhalten Rechtsfolgen herbeizuführen, und sieht man als Folge eines
rechtsgeschäftlichen Aktes die durch diesen Akt erzeugte Rechtspflicht,
das heißt das In-Geltung-Setzen einer individuellen Norm an, kann
man als Handlungsfähigkeit (im Sinne von Geschäftsfähigkeit)
auch die Fähigkeit verstehen, Rechtspflichten zu erfüllen, das
heißt: die Fähigkeit, durch sein eigenes Verhalten die Sanktion
zu vermeiden. Darin besteht die — negative — Rechtsfolge der Pflichterfüllung."
S. 168: ... im Sinne der traditionellen Theorie zu verstehen sind ... S.
175: "... Es ist nicht schwer zu verstehen, weshalb die Ideologie der Rechtssubjektivität
an den ethischen Wert der individuellen Freiheit, der autonomen Persönlichkeit
anknüpft, wenn in dieser Freiheit immer auch das Eigentum mit eingeschlossen
ist*). ..." S. 182: ... eine positive Erlaubnis zu verstehen ist ...;
S. 240: ... den wahren Sinn der üblichen Behauptung zu verstehen,
... ; S. 384: ... ob unter „Bedürfnis" zu verstehen ist, was jeder
einzelne tatsächlich als Bedürfnis empfindet ...; 322: "... Dabei
ist unter „Krieg" die mit bewaffneter Macht durchgeführte Aktion zu
verstehen, ..." S. 386: ... Es liegt näher, das Gebot der Nächstenliebe
dahin zu verstehen, ...; S. 387: ... aus dem Glauben zu verstehen ...;
S. 396: "... Wenn der Grundsatz, daß Gleiche gleich behandelt werden
sollen, als eine Anwendung des Gleichheitsprinzipes dargestellt wird, so
ist die „Gleichheit", um die es sich hier handelt, jene „Gleichheit", die
man im juristischen Sprachgebrauch als Gleichheit vor dem Gesetz bezeichnet,
zum Unterschied von der Gleichheit im Gesetz, wobei unter „Gesetz" eine
generelle Norm zum Unterschied von der individuellen Norm zu verstehen
ist, die in der Entscheidung des rechtsanwendenden Organs besteht. ..."
S. 402: ... sofern unter Recht nur eine geltende Ordnung zu verstehen ist
...";
Suchwort "interpret" (Beispiele):
S. 58: ... authentisch interpretieren. ...
S. 89: ... sozio-normative Interpretation der Natur ...
S. 188: ... von der Interpretation dieser Ordnung abhängt ...
S. 206: ... „,rechtslogische` Interpretation der Grundnorm" ...
(Ablehnung Engisch)
K4-jVerst Wird das Kategorien-Wort "verstehen"
im juristischen Sinne im Text auch inhaltlich erörtert?
Suchwort "verstehen"
Ja:
[Unter allgemein verstehen eingeordnet: S. 102:
"... Das Verhalten eines Menschen verstehen heißt: seine Ursachen
erkennen; ..."]
S. 346: "Aber auch die Individuen, die das Recht
— nicht anzuwenden, sondern — zu befolgen haben, indem sie das die Sanktionen
vermeidende Verhalten an den Tag legen, müssen die von ihnen zu befolgenden
Rechtsnormen verstehen und daher ihren Sinn feststellen. Und schließlich
muß auch die Rechtswissenschaft, wenn sie ein positives Recht beschreibt,
dessen Normen interpretieren."
S. 349: "Die traditionelle Jurisprudenz glaubt jedoch,
von der Interpretation nicht nur die Feststellung des Rahmens für
den zu setzenden Rechtsakt, sondern auch noch die Erfüllung einer
weiteren Aufgabe erwarten zu dürfen; und sie ist geneigt, darin sogar
ihre Hauptaufgabe zu sehen. Die Interpretation soll eine Methode entwickeln,
die ermöglicht, den festgestellten Rahmen richtig auszufüllen.
Die übliche Theorie der Interpretation will glauben machen, daß
das Gesetz, auf den konkreten Fall angewendet, stets nur eine richtige
Entscheidung liefern könne und daß die positivrechtliche „Richtigkeit"
dieser Entscheidung im Gesetz selbst begründet ist. Sie stellt den
Vorgang dieser Interpretation so dar, als ob es sich dabei nur um einen
intellektuellen Akt des Klärens oder Verstehens handelte, als ob das
rechtsanwendende Organ nur seinen Verstand, nicht aber seinen Willen in
Bewegung zu setzen hätte und als ob durch eine reine Verstandestätigkeit
unter den vorhandenen Möglichkeiten eine dem positiven Recht entsprechende,
im Sinne des positiven Rechts richtige Auswahl getroffen werden könnte."
S. 351: "Die Interpretation durch das rechtsanwendende
Organ ist stets authentisch. ..."
S. 359: "... Dabei ist unter „Geltung" objektive
Geltung zu verstehen. ..."
Suchwort "interpret"
S. 346: "Wenn das Recht von einem Rechtsorgan anzuwenden
ist, muß dieses den Sinn der von ihm anzuwendenden Normen feststellen,
muß es diese Normen interpretieren. Interpretation ist somit ein
geistiges Verfahren, das den Prozeß der Rechtsanwendung in seinem
Fortgang von einer höheren zu einer niedrigeren Stufe begleitet. In
dem Fall, an den zumeist gedacht wird, wenn von Interpretation die Rede
ist, im Falle der Gesetzesinterpretation, soll die Frage beantwortet werden,
welcher Inhalt der aus der generellen Norm des Gesetzes in ihrer Anwendung
auf einen konkreten Tatbestand zu deduzierenden individuellen Norm
eines richterlichen Urteils oder eines Verwaltungsbescheides zu geben ist.
Aber es gibt auch eine Interpretation der Verfassung, sofern es eben gilt,
die Verfassung — im Gesetzgebungsverfahren, bei Erlassung von Notverordnungen
oder sonstigen verfassungsunmittelbaren Akten — auf einer niederen Stufe
anzuwenden; und eine Interpretation völkerrechtlicher Verträge
oder der Normen des allgemeinen Gewohnheitsvölkerrechts, wenn diese
oder jene in einem konkreten Fall von einer Regierung oder einem internationalen
oder nationalen Gericht oder Verwaltungsorgan anzuwenden sind. Und es gibt
ebenso eine Interpretation von individuellen Normen, richterlichen Urteilen,
Verwaltungsbefehlen, Rechtsgeschäften usw., kurz aller Rechtsnormen,
sofern sie angewendet werden sollen.
Aber auch die Individuen, die das Recht — nicht
anzuwenden, sondern — zu befolgen haben, indem sie das die Sanktionen vermeidende
Verhalten an den Tag legen, müssen die von ihnen zu befolgenden Rechtsnormen
verstehen und daher ihren Sinn feststellen. Und schließlich muß
auch die Rechtswissenschaft, wenn sie ein positives Recht beschreibt, dessen
Normen interpretieren.
Damit sind zwei Arten von Interpretationen gegeben,
die voneinander deutlich unterschieden werden müssen: die Interpretation
des Rechts durch das rechtsanwendende Organ, und die Interpretation des
Rechts, die nicht durch ein Rechtsorgan, sondern durch eine Privatperson
und insbesondere durch die Rechtswissenschaft erfolgt. Hier soll zunächst
nur die Interpretation durch das rechtsanwendende Organ in Betracht gezogen
werden."
S. 348: "c) Unbeabsichtigte Unbestimmtheit des rechtsanwendenden
Aktes
Allein die Unbestimmtheit des Rechtsaktes kann auch
die unbeabsichtigte Folge der Beschaffenheit der Rechtsnorm sein, die durch
den fraglichen Akt angewendet werden soll. Hier steht in erster Linie die
Mehrdeutigkeit eines Wortes oder einer Wortfolge, in denen sich die Norm
ausdrückt: Der sprachliche Sinn der Norm ist nicht eindeutig; das
Organ, das die Norm anzuwenden hat, steht vor mehreren möglichen Bedeutungen.
Die gleiche Situation liegt vor, wenn der Normvollzieher annehmen zu können
glaubt, daß zwischen dem sprachlichen Ausdruck der Norm und dem dadurch
auszudrückenden Willen der normsetzenden Autorität eine Diskrepanz
besteht, wobei durchaus dahingestellt bleiben mag, auf welche Weise dieser
Wille festgestellt werden kann. Es muß jedenfalls als möglich
gelten, ihn aus anderen Quellen als aus dem sprachlichen Ausdruck der Norm
selbst zu erforschen, sofern dieser als dem Willen des Normsetzers nicht
entsprechend angenommen werden darf. Daß der sogenannte Wille des
Gesetzgebers oder die Absicht der ein Rechtsgeschäft setzenden Parteien
den Worten nicht entspricht, die in dem Gesetz oder in dem Rechtsgeschäft
ausgesprochen werden, ist eine von der traditionellen Jurisprudenz ganz
allgemein anerkannte Möglichkeit. Die Diskrepanz zwischen Willen und
Ausdruck kann eine vollständige, sie kann aber auch eine nur teilweise
sein; letzteres dann, wenn der Wille des Gesetzgebers oder die Absicht
der Parteien wenigstens einer der mehreren Bedeutungen entspricht, die
der sprachliche Ausdruck der Norm mit sich führt. Die Unbestimmtheit
des zu setzenden Rechtsaktes kann schließlich auch die Folge der
Tatsache sein, daß zwei Normen, die gleichzeitig zu gelten beanspruchen
— weil sie etwa in einem und demselben Gesetz enthalten sind —, sich ganz
oder teilweise widersprechen."
S. 349: "Versteht man unter „Interpretation" die
erkenntnismäßige Feststellung des Sinnes des zu interpretierenden
Objektes, so kann das Ergebnis einer Rechtsinterpretation nur die Feststellung
des Rahmens sein, den das zu interpretierende Recht darstellt, und damit
die Erkenntnis mehrerer Möglichkeiten, die innerhalb dieses Rahmens
gegeben sind. Dann muß die Interpretation eines Gesetzes nicht notwendig
zu einer einzigen Entscheidung als der allein richtigen, sondern möglicherweise
zu mehreren führen, die alle — sofern sie nur an dem anzuwendenden
Gesetz gemessen werden — gleichwertig sind, wenn auch nur eine einzige
von ihnen im Akt des rechtsanwendenden Organs, insbesondere des Gerichtes,
positives Recht wird. Daß ein richterliches Urteil im Gesetz begründet
ist, bedeutet in Wahrheit nichts anderes, als daß es sich innerhalb
des Rahmens hält, den das Gesetz darstellt, bedeutet nicht, daß
es die, sondern nur, daß es eine der individuellen Normen ist, die
innerhalb des Rahmens der generellen Norm erzeugt werden können.
Die traditionelle Jurisprudenz glaubt jedoch, von
der Interpretation nicht nur die Feststellung des Rahmens für den
zu setzenden Rechtsakt, sondern auch noch die Erfüllung einer weiteren
Aufgabe erwarten zu dürfen; und sie ist geneigt, darin sogar ihre
Hauptaufgabe zu sehen. Die Interpretation soll eine Methode entwickeln,
die ermöglicht, den festgestellten Rahmen richtig auszufüllen.
Die übliche Theorie der Interpretation will glauben machen, daß
das Gesetz, auf den konkreten Fall angewendet, stets nur eine richtige
Entscheidung liefern könne und daß die positivrechtliche „Richtigkeit"
dieser Entscheidung im Gesetz selbst begründet ist. Sie stellt den
Vorgang dieser Interpretation so dar, als ob es sich dabei nur um einen
intellektuellen Akt des Klärens oder Verstehens handelte, als ob das
rechtsanwendende Organ nur seinen Verstand, nicht aber seinen Willen in
Bewegung zu setzen hätte und als ob durch eine reine Verstandestätigkeit
unter den vorhandenen Möglichkeiten eine dem positiven Recht entsprechende,
im Sinne des positiven Rechts richtige Auswahl getroffen werden könnte.
e) Die sogenannten Interpretationsmethoden
Allein von einem auf das positive Recht gerichteten Standpunkt aus
gibt es kein Kriterium, auf Grund dessen die eine der im Rahmen des anzuwendenden
Rechts gegebenen Möglichkeiten der anderen vorgezogen werden könnte.
Es gibt schlechthin keine — als positivrechtlich charakterisierbare — Methode,
nach der von mehreren sprachlichen Bedeutungen einer Norm nur die eine
als „richtig" ausgezeichnet werden könnte; vorausgesetzt natürlich,
daß es sich um mehrere mögliche, das heißt: im Zusammenhang
mit allen anderen Normen des Gesetzes oder der Rechtsordnung mögliche
Sinndeutungen handelt. Es ist trotz aller Bemühungen der traditionellen
Jurisprudenz bisher nicht gelungen, den Konflikt zwischen Wille und Ausdruck
in einer objektiv gültigen Weise zugunsten des [>350] einen oder des
anderen zu entscheiden. Alle bisher entwickelten Interpretationsmethoden
führen stets nur zu einem möglichen, niemals zu einem einzig
richtigen Resultat. Sich unter Vernachlässigung des Wortlautes an
den mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers zu halten oder den Wortlaut
streng zu beobachten und sich dabei um den — meist problematischen — Willen
des Gesetzgebers nicht zu kümmern, ist — positivrechtlich — durchaus
gleichwertig. Liegt der Fall vor, daß sich zwei Normen desselben
Gesetzes widersprechen, dann stehen die früher erwähnten logischen
Möglichkeiten der Rechtsanwendung positivrechtlich auf einer und derselben
Linie. Es ist ein vergebliches Bemühen, die eine unter Ausschluß
der anderen „juristisch" begründen zu wollen. Daß die üblichen
Interpretationsmittel des argumentum a contrario und der Analogie
völlig wertlos sind, geht schon daraus zur Genüge hervor, daß
beide zu entgegengesetzten Resultaten führen und es kein Kriterium
dafür gibt, wann das eine oder das andere zur Anwendung kommen soll.
Auch der Grundsatz der sogenannten Interessenabwägung ist nur eine
Formulierung, keine Lösung des Problems, das hier vorliegt. Es liefert
nicht den objektiven Maßstab, nach dem entgegengesetzte Interessen
miteinander verglichen und demnach Interessenkonflikte entschieden werden
können. Dieser Maßstab ist insbesondere nicht aus der zu interpretierenden
Norm oder dem diese enthaltenden Gesetz oder der ganzen Rechtsordnung zu
holen, wie die Lehre von der sogenannten Interessenabwägung meint.
Denn die Notwendigkeit einer „Interpretation" ergibt sich gerade daraus,
daß die anzuwendende Norm oder das System von Normen mehrere Möglichkeiten
offen läßt, das heißt aber: noch keine Entscheidung darüber
enthält, welches der im Spiele stehenden Interessen das höherwertige
ist, diese Entscheidung, diese Rangbestimmung der Interessen vielmehr einem
erst zu setzenden Akt der Normerzeugung — dem richterlichen Urteil z. B.
— überläßt."
S. 353: "... Rechtswissenschaftliche Interpretation
muß auf das sorgfältigste die Fiktion vermeiden, daß eine
Rechtsnorm stets nur eine, die „richtige" Deutung zuläßt. Das
ist eine Fiktion, deren sich die traditionelle Jurisprudenz zur Aufrechterhaltung
des Ideals der Rechtssicherheit bedient. Angesichts der Vieldeutigkeit
der meisten Rechtsnormen ist dieses Ideal nur annäherungsweise realisierbar.
Es soll nicht geleugnet werden, daß diese Fiktion der Eindeutigkeit
der Rechtsnormen, von irgendeinem politischen Standpunkt aus gesehen, große
Vorteile haben mag. Aber kein politischer Vorteil kann rechtfertigen, daß
von dieser Fiktion in einer wissenschaftlichen Darstellung positiven Rechts
Gebrauch gemacht wird, indem eine Interpretation, die von einem subjektiv-politischen
Standpunkt aus erwünschter ist als eine andere, logisch ebenso mögliche
Interpretation, als die von einem objektiv wissenschaftlichen Standpunkt
aus allein richtige proklamiert wird. Denn dann wird, was nur ein politisches
Werturteil ist, fälschlich als wissenschaftliche Wahrheit präsentiert."
K5-jVerst Wird das Kategorien-Wort "verstehen"
im juristischen Sinne vollständig in allen drei Dimensionen (5.1 Name,
5.2 Begriffsinhalt oder Bedeutung, 5.3 Referenz) definiert?
Suchwort "verstehen": Nein.
Suchwort "interpret": Jein, ja als negatives Resultat,
dass es keine eindeutige Interpretationsmethoden zum Verstehen eines juristischen
Textes gibt.
K6-jVerst Wird zu der Kategorie verstehen im
juristischen Sinne eine Theorie zitiert oder / und entwickelt?
Suchwort "verstehen": Jein, ja nur als Programm:
S. 112: "... In diesem Sinne hat die Reine Rechtslehre eine ausgesprochen
antiideologische Tendenz. Sie bewährt diese Tendenz darin, daß
sie in ihrer Darstellung des positiven Rechts dieses von jeder Vermengung
mit einem „idealen" oder „richtigen" Recht freihält. Sie will das
Recht darstellen, so wie es ist, nicht so, wie es sein soll: sie fragt
nach dem wirklichen und möglichen, nicht nach dem „idealen", „richtigen"
Recht. Sie ist in diesem Sinne eine radikale realistische Rechtstheorie,
das heißt eine Theorie des Rechtspositivismus. Sie lehnt es ab, das
positive Recht zu bewerten. Sie betrachtet sich als Wissenschaft zu nichts
anderem verpflichtet, als das positive Recht seinem Wesen nach zu begreifen
und durch eine Analyse seiner Struktur zu verstehen. ..."
Suchwort "interpret":
S. 349f: Jein, weil es keine Interpretationsmethoden gibt.
K7-jVerst Wird die Anwendbarkeit der Definition
oder / und Theorie der Kategorie verstehen im juristischen Sinne
ausführlich und gründlich dargestellt sowie anhand von Beispielen
demonstriert?
Suchwort "verstehen": Nein.
Suchwort "interpret": Nein.
K8-jVerst Sonstiges für die Kategorie
verstehen im juristischen Sinne zu Berücksichtigendes?
Suchwort "verstehen": Keine.
Suchwort "interpret": Ja:
S. 352: "Vor allem aber muß die Interpretation des Rechtes durch
die Rechtswissenschaft von der Interpretation durch Rechtsorgane als nicht
authentisch auf das schärfste unterschieden werden."
Kritik: Die Rechtswissenschaft ist eine geistige Konstruktion und keine
Person, die handelt, sie interpretiert also nicht und kann auch gar nicht
interpretieren. Aber RechtswissenschaftlerInnen können das.
Problem der Willensfreiheit. S. 95-102.
Auslegen
> Grundfragen
der Auslegung > verstehen, > Gesetze
verstehen und/ oder auslegen.
Suchwort "ausleg" (1 Treffer), "Auslegung ( 1 Treffer )
Ausl-Zusammenfassung und Kommentar
Auslegen: Kelsen ist ein Gegner jeglicher Auslegung, obwohl er dem
Thema Interpretation (> juristisches
Verstehen) ein eigenes, wenn auch kurzes, das letzte VIII. Kapitel
einräumt. Es fragt sich, ob er das Problem der Auslegung nicht bloß
auf das Wort Interpretation verschiebt, was natürlich keine Lösung
ist.
K1-Ausl Kommt das Kategorien-Wort "Auslegen"
im Inhaltsverzeichnis vor? Nein.
K2-Ausl Kommt das Kategorien-Wort "Auslegen"
im Stichwortregister vor? Nein.
K3-Ausl Wird das Kategorien-Wort "Auslegen" im
Text genannt, aber ohne nähere inhaltliche Erörterung?
Ja:
S. 252f: "Trotz aller dieser Einwände spielt
die Lückentheorie, das ist die Annahme, daß es Fälle gibt,
in denen das geltende Recht nicht angewendet werden kann, weil es keine
auf den Fall anwendbare generelle Norm enthält, in der Technik moderner
Gesetzgebung eine bedeutende Rolle. Typisch ist die Bestimmung des Schweizerischen
Zivil-Gesetzbuches: „Das Gesetz findet auf alle Rechtsfragen Anwendung,
für die es nach Wortlaut oder Auslegung eine Bestimmung enthält.
Kann dem Gesetze keine Vorschrift entnommen werden, so soll der Richter
nach Gewohnheitsrecht, und, wo auch ein solches fehlt, nach der Regel entscheiden,
die er als Gesetzgeber aufstellen würde". Diese Bestimmung setzt die
Möglichkeit [>253] voraus, daß das schweizer Recht auf einen
konkreten, von einem schweizer Zivilgericht zu entscheidenden Fall logisch
nicht anwendbar ist. Da das aber tatsächlich nicht möglich ist,
da eine Rechtsordnung immer anwendbar ist und auch angewendet wird, wenn
das Gericht die Klage aus dem Grunde abweisen muß, weil die Rechtsordnung
keine generelle Norm enthält, die dem Beklagten die von dem Kläger
behauptete Pflicht auferlegt, ist die Voraussetzung, von der die zitierte
Bestimmung ausgeht, eine Fiktion. Sie besteht darin, daß ein auf
einem subjektiven, moralisch-politischen Werturteil beruhender Mangel einer
bestimmten Rechtsnorm innerhalb einer Rechtsordnung als logische Unmöglichkeit
ihrer Anwendung dargestellt wird."
K4-Ausl Wird das Kategorien-Wort "Auslegen" im Text
auch inhaltlich erörtert? Nein.
K5-Ausl Wird das Kategorien-Wort "Auslegen" vollständig
in allen drei Dimensionen (5.1 Name, 5.2 Begriffsinhalt oder Bedeutung,
5.3 Referenz) definiert? Nein.
K6-Ausl Wird zu der Kategorie Auslegen eine Theorie
zitiert oder / und entwickelt? Nein.
K7-Ausl Wird die Anwendbarkeit der Definition
oder / und Theorie der Kategorie "Auslegen" ausführlich und gründlich
dargestellt sowie anhand von Beispielen demonstriert? Nein.
K8-Ausl Sonstiges für die Kategorie "Auslegen"
zu Berücksichtigendes? Keine.
Juristische
Analogie (Analogieanwendung, Analogieschluss) > Allgemein
wissenschaftliche Analogie.
Suchwort "analog" (32 Treffer)
jAna-Zusammenfassung und Kommentar
zur rechtswissenschaftlichen Kategorie Analogie: Das Wort "analog"
wird zwar 32 mal gebraucht, aber nicht weiter erörtert oder problematisiert.
K1-jAna Kommt das Kategorien-Wort "Analogie"
im juristischen Sinne im Inhaltsverzeichnis vor? Nein
K2-jAna Kommt das Kategorien-Wort "Analogie"
im juristischen Sinne im Stichwortregister vor? Nein
K3-jAna Wird das Kategorien-Wort "Analogie" im
juristischen Sinnei im Text genannt, aber ohne nähere inhaltliche
Erörterung?
Ja:
S. 83 FN Lit.
S. 99 FN
S. 208 FN Lit Patterson, "Analogie zu Kants Transzendental-Logik"
K4-jAna Wird das Kategorien-Wort "Analogie" im juristischen
Sinne im Text auch inhaltlich erörtert?
Ja:
S. 80: "... Die Analogie besteht darin, daß
das in Rede stehende Prinzip in den Rechtssätzen eine ganz ähnliche
Funktion hat wie das Kausalitätsprinzip in den Naturgesetzen, mit
denen die Naturwissenschaft ihren Gegenstand beschreibt. ..."
S. 350: "... Daß die üblichen Interpretationsmittel
des argumentum a contrario und der Analogie völlig wertlos
sind, geht schon daraus zur Genüge hervor, daß beide zu entgegengesetzten
Resultaten führen und es kein Kriterium dafür gibt, wann das
eine oder das andere zur Anwendung kommen soll. ..."
K5-jAna Wird das Kategorien-Wort "Analogie"
im juristischen Sinne vollständig in allen drei Dimensionen (5.1 Name,
5.2 Begriffsinhalt oder Bedeutung, 5.3 Referenz) definiert? Nein.
K6-jAna Wird zu der Kategorie Analogie eine Theorie
im juristischen Sinne zitiert oder / und entwickelt? Analogie bedeutet
Ähnlichkeit. Eine Theorie der Analogieanwendung oder der Analogieschlüsse
beruht daher auf einer Ähnlichkeitstheorie.
Ja, z.B.
S. 84: "Da der Rechtssatz, so wie das Naturgesetz,
einen Funktionszusammenhang aussagt, kann er — nach Analogie des Naturgesetzes
— auch als Rechtsgesetz bezeichnet werden. Er drückt, wie bemerkt
und wie mit Nachdruck betont werden muß, mit dem Worte „sollen" nur
den spezifischen Sinn aus, in dem Bedingung und Folge, insbesondere Unrecht
und Unrechtsfolge, durch die Rechtsnorm miteinander verknüpft sind;
wobei diese im Rechtsgesetz beschriebene Verknüpfung der im Naturgesetz
ausgedrückten Verknüpfung von Ursache und Wirkung zwar analog,
aber doch von ihr verschieden ist.
So wie das Naturgesetz eine die Natur beschreibende
Aussage, nicht der zu beschreibende Gegenstand, so ist das Rechtsgesetz,
das ist die das Recht beschreibende Aussage, nämlich der von der Rechtswissenschaft
formulierte Rechtssatz, nicht der zu beschreibende Gegenstand, das ist
das Recht, die Rechtsnorm. Diese ist — obgleich sie, wenn sie generellen
Charakter hat, als „Gesetz" bezeichnet wird — kein Gesetz, das heißt:
nicht etwas, das in irgendeiner Analogie zum Naturgesetz als „Gesetz" bezeichnet
werden kann. Denn sie ist nicht eine Aussage, mit der eine Verknüpfung
von Tatbeständen, ein funktioneller Zusammenhang beschrieben wird.
Sie ist überhaupt keine Aussage, sondern der Sinn eines Aktes, mit
dem etwas vorgeschrieben und so die Verknüpfung von Tatbeständen,
der funktionelle Zusammenhang erst hergestellt wird, der mit dem Rechtssatz
als dem Rechtsgesetz beschrieben wird."
-
K6.1 Wird eine Theorie der Ähnlichkeit zitiert oder
/ und entwickelt? Nein.
K7-jAna Wird die Anwendbarkeit der Definition oder
/ und Theorie der Kategorie Analogie im juristischen Sinne ausführlich
und gründlich dargestellt sowie anhand von Beispielen demonstriert?
Nein.
K8-jAna Sonstiges für die Kategorie "Analogie"
im juristischen Sinne zu Berücksichtigendes? Keine.
Gesetze verstehen
oder/ und auslegen >
verstehen
(=interpretieren), > auslegen, exegieren.
Suchworte "Gesetze verstehen" (0 Treffer), "Gesetze auslegen" (0
Treffer), "Gesetz" (1555),
Ges-Zusammenfassung und Kommentar
zur rechtswissenschaftlichen Kategorie Gesetz(e) verstehen oder/ und auslegen:
Kelsen thematisiert keine Probleme mit den Worten Gesetze verstehen oder
auslegen. Er weicht auf den Begriff Interpretation (> juristisch
verstehen) aus, ohne genau zu sagen, wie Interpretieren nun richtig
geht, obwohl sein ganzes VIII. Kapitel mit 9 Seiten das Interpretieren
zum Thema hat. Im Wesentlichen weicht er dem Problem aus. Zwar hat er Recht,
wenn er dem hermeneutischen Wind, der allenthalben entfacht wurde und immer
noch wird, kritisch gegenübersteht. Ich denke, man kann viel mehr
verstehen als die hermeneutischen Sirenen uns einflüstern wollen.
Hier werden Scheinprobleme in unerträglicher Weise aufgeblasen. Es
gehört sicher zu Kelsens großen Verdiensten, dagegen klar Stellung
bezogen zu haben. Noch besser wäre es gewesen, das Problem verstehen,
auslegen und interpretieren gründlich und klar anzugehen und auszuarbeiten.
K1-Ges Kommt das Kategorien-Wort "Gesetz" im Inhaltsverzeichnis
vor? Nein.
K2-Ges Kommt das Kategorien-Wort "Gesetz" im Stichwortregister
vor? Nein.
K3-Ges Wird das Kategorien-Wort "Gesetz" im Text
genannt, aber ohne nähere inhaltliche Erörterung? Nein.
K4-Ges Wird das Kategorien-Wort "Gesetz" im Text
auch inhaltlich erörtert? Nein.
K5-Ges Wird das Kategorien-Wort "Gesetz" vollständig
in allen drei Dimensionen (5.1 Name, 5.2 Begriffsinhalt oder Bedeutung,
5.3 Referenz) definiert? Nein.
K6-Ges Wird zu der Kategorie Gesetz eine Theorie
zitiert oder / und entwickelt? Nein.
-
K6.1-Ges Wird erläutert, was es heißt, ein
Gesetz zu verstehen? Nein
-
K6.2-Ges Wird die These vertreten, dass verstehen immer
auch auslegen bedeutet? Nein.
-
K6.3-Ges Wird erkannt, dass der Auslegungsanspruch
bedeutet, den Gesetzestext, so wie er formuliert ist, in Frage zu stellen?
Nein.
K7-Ges Wird die Anwendbarkeit der Definition oder
/ und Theorie der Kategorie Gesetz ausführlich und gründlich
dargestellt sowie anhand von Beispielen demonstriert? Nein.
K8-Ges Sonstiges für die Kategorie "Gesetz"
zu Berücksichtigendes? Keine.
Rechtsfortbildung
(Richterrecht) > Lücken,
Analogie.
Suchbegriffe "Rechtsfortbildung" (keine Treffer), "Richterrecht"
(keine Treffer).
RFB-Zusammenfassung und Kommentar
zur rechtswissenschaftlichen Kategorie Rechtsfortbildung (Richterrecht):
Das Thema spielt keine Rolle.
K1-RFB Kommt das Kategorien-Wort "Rechtsfortbildung"
oder "Richterrecht)" im Inhaltsverzeichnis vor?
Nein.
K2-RFB Kommt das Kategorien-Wort "Rechtsfortbildung"
oder "Richterrecht" im Stichwortregister vor? Nein.
K3-RFB Wird das Kategorien-Wort "Rechtsfortbildung"
oder "Richterrecht" im Text genannt, aber ohne nähere inhaltliche
Erörterung? Nein.
K4-RFB Wird das Kategorien-Wort "Rechtsfortbildung"
oder "Richterrecht" im Text auch inhaltlich erörtert?
Nein.
K5-RFB Wird das Kategorien-Wort "Rechtsfortbildung"
oder "Richterrecht" vollständig in allen drei Dimensionen (5.1 Name,
5.2 Begriffsinhalt oder Bedeutung, 5.3 Referenz) definiert? Nein.
K6-RFB Wird zu der Kategorie eine Theorie Rechtsfortbildung"
oder "Richterrecht zitiert oder / und entwickelt? Nein.
K7-RFB Wird die Anwendbarkeit der Definition oder
/ und Theorie der Kategorie Rechtsfortbildung" oder "Richterrecht ausführlich
und gründlich dargestellt sowie anhand von Beispielen demonstriert?
Nein.
K8-RFB Sonstiges für die Kategorie "Rechtsfortbildung"
oder "Richterrecht" zu Berücksichtigendes? Keine.
Rechtsdogmatik
Suchbegriff "dogmati" (4 Treffer)
Dog-Zusammenfassung und Kommentar
zur Rechtsdogmatik: Sie spielt keine
Rolle in Kelsens Reiner Rechtslehre.
K1-Dog Kommt das Kategorien-Wort "Rechtsdogmatik"
im Inhaltsverzeichnis vor? Nein.
K2-Dog Kommt das Kategorien-Wort "Rechtsdogmatik"
im Stichwortregister vor? Nein.
K3-Dog Wird das Kategorien-Wort "Rechtsdogmatik"
im Text genannt, aber ohne nähere inhaltliche Erörterung?
Ja:
S. 111: "Die Möglichkeit und Erforderlichkeit einer solchen auf
das Recht als normativen Sinngehalt gerichteten Disziplin ist schon durch
das jahrtausendealte Faktum der Rechtswissenschaft erwiesen, die — solange
es ein Recht gibt — als dogmatische Jurisprudenz den intellektuellen Bedürfnissen
der mit dem Recht Befaßten dient. Es liegt kein Grund vor, diese
durchaus legitimen Bedürfnisse unbefriedigt zu lassen und auf solche
Rechtswissenschaft zu verzichten. Sie durch Rechtssoziologie zu ersetzen,
ist unmöglich, da diese auf ein ganz anderes Problem eingestellt ist
als jene. So wie, solange es eine Religion gibt, es eine dogmatische Theologie
geben muß, die durch keine Religions-Psychologie oder -Soziologie
zu ersetzen ist, so wird es — solange es ein Recht gibt — eine normative
Rechtslehre geben. Deren Rang im Gesamtsystem der Wissenschaften ist eine
andere, eine untergeordnete Frage. Was not tut, ist nicht: diese Rechtswissenschaft
zugleich mit der Kategorie des Sollens oder der Norm aufzuheben, sondern
sie auf ihren Gegenstand einzuschränken und ihre Methode kritisch
zu klären."
K4-Dog Wird das Kategorien-Wort "Rechtsdogmatik" im
Text auch inhaltlich erörtert? Nein.
K5-Dog Wird das Kategorien-Wort "Rechtsdogmatik"
vollständig in allen drei Dimensionen (5.1 Name, 5.2 Begriffsinhalt
oder Bedeutung, 5.3 Referenz) definiert? Nein.
K6-Dog Wird zu der Kategorie Rechtsdogmatik eine
Theorie zitiert oder / und entwickelt? Nein.
K7-Dog Wird die Anwendbarkeit der Definition oder
/ und Theorie der Kategorie Rechtsdogmatik ausführlich und gründlich
dargestellt sowie anhand von Beispielen demonstriert? Nein.
K8-Dog Sonstiges für die Kategorie "Rechtsdogmatik"
zu Berücksichtigendes? Keine.
Normen
und Werte im juristischen Sinne >
Normen,
> Werte
Normen und Werte werden noch gesondert erfasst. Hier geht es um das
Wortpaar "Normen und Werte" und ihre gemeinsame, zusammenfassende Behandlung.
Suchworte "Norm und Wert" (3 Treffer) "Normen und Werte" bzw. "Werte
und Normen" (0 Treffer).
jNW-Zusammenfassung und Kommentar
zur rechtswissenschaftlichen Kategorie Norm & Wert: Norm und Wert
ist ein eigener Abschnitt in Kelsen Reiner Rechtslehre, S. 16-24.
Sein Vorschlag, Normen definieren Verhaltens-Werte, erscheint sehr plausibel.
Falsch ist aber, die Normen als Grund für die Werte anzugeben.
K1-jNW Kommt das Kategorien-Wortpaar "Normen und
Werte" im Inhaltsverzeichnis vor?
Ja: e) Norm und Wert 16-24
K2-jNW Kommt das Kategorien-Wortpaar "Normen und Werte"
im Stichwortregister vor?
Ja: Norm und Wert 16ff., 67
K3-jNW Wird das Kategorien-Wortpaar "Normen und Werte"
im Text genannt, aber ohne nähere inhaltliche Erörterung?
Ja:
S. 16 Überschrift: e) Norm und Wert
S. 67: Norm und Wert sind korrelative Begriffe.
K4-jNW Wird das Kategorien-Wortpaar "Normen und Werte"
im Text auch inhaltlich erörtert?
Ja: S. 16f:
"e) Norm und Wert
Wenn eine Norm ein bestimmtes Verhalten als gesollt (im Sinne von „geboten")
statuiert, kann das tatsächliche Verhalten der Norm entsprechen oder
wider[>17]sprechen. Es entspricht der Norm, wenn es so ist, wie es der
Norm gemäß sein soll; es widerspricht der Norm, wenn es nicht
so ist, wie es der Norm gemäß sein soll, weil es das Gegenteil
eines Verhaltens ist, das der Norm entspricht. Das Urteil, daß ein
tatsächliches Verhalten so ist, wie es einer objektiv gültigen
Norm gemäß sein soll, ist ein Wert-Urteil, und zwar ein positives
Werturteil. Es bedeutet, daß das tatsächliche Verhalten „gut"
ist. Das Urteil, daß ein tatsächliches Verhalten nicht so ist,
wie es einer gültigen Norm gemäß sein soll, weil es das
Gegenteil eines Verhaltens ist, das der Norm entspricht, ist ein negatives
Werturteil. Es bedeutet, daß das tatsächliche Verhalten „böse",
„schlecht" ist. Eine objektiv gültige Norm, die ein bestimmtes Verhalten
als gesollt setzt, konstituiert einen positiven oder negativen Wert. Das
Verhalten, das der Norm entspricht, hat einen positiven, das Verhalten,
das der Norm widerspricht, einen negativen Wert. Die als objektiv gültig
angesehene Norm fungiert als Wertmaßstab für tatsächliches
Verhalten. Werturteile, die aussagen, daß ein tatsächliches
Verhalten einer als objektiv gültig angesehenen Norm entspricht und
in diesem Sinne gut, das ist wertvoll, ist, oder einer solchen Norm widerspricht
und in diesem Sinne böse (schlecht), das ist wertwidrig, ist, müssen
von Wirklichkeitsurteilen unterschieden werden, die ohne Beziehung zu einer
als objektiv gültig angesehenen Norm, und das heißt letzten
Endes: ohne Beziehung zu einer vorausgesetzten Grundnorm aussagen, daß
etwas ist und wie es ist *)."
16*) In bezug auf dieses „Erlauben" (im Sinne von „berechtigen")
habe ich früher die Unterscheidung von gebietendem und erlaubendem
Recht (imperative und permissive law) abgelehnt. Diese Unterscheidung
muß jedoch in Bezug auf die anderen Bedeutungen des Wortes „erlauben"
aufrecht erhalten werden; insbesondere dann, wenn unter „erlauben" auch
„ermächtigen" verstanden wird. Vgl. infra S. 57 f."
17*) Moritz Schlick, der Begründer der philosophischen
Schule des logischen Positivismus, behauptet in seiner Schrift: Fragen
der Ethik. Schriften zur wissenschaftlichen Weltauffassung, Bd. 4,
Wien, 1930, S. 11, daß eine Norm (er hat dabei speziell eine moralische
Norm im Auge) „durchaus nichts anderes ist als eine bloße Wiedergabe
einer Tatsache der Wirklichkeit, sie gibt nämlich nur die Umstände
an, unter denen eine Handlung oder eine Gesinnung oder ein Charakter tatsächlich
als 'gut' bezeichnet, das heißt als sittlich gewertet werden. Die
Aufstellung von Normen ist gar nichts anderes als die Festlegung des Begriffes
des Guten, welches die Ethik zu erkennen unternimmt." Das Urteil, das aussagt,
daß ein Verhalten einer Norm entspricht, sei daher ein Tatsachen-Urteil.
Das ist darum unrichtig, weil der Sinn der sittlichen Bewertung, das ist
des Urteils, daß ein Verhalten gut ist, nicht die Behauptung einer
Tatsache der Wirklichkeit, das heißt eines Seins, sondern eines Sollens
ist. Wenn die Norm die Umstände angibt, unter denen ein Verhalten
gut ist, so bestimmt sie nicht, wie ein Verhalten tatsächlich ist,
sondern wie es sein soll. Die Norm ist nicht ein Begriff oder, wie Schlick
auch sagt, eine Definition. Der
Begriff von etwas sagt aus, daß, wenn etwas die
in der Definition des Begriffes bestimmten Qualitäten hat, es unter
diesen Begriff fällt, das heißt dasjenige ist, was der Begriff
bezeichnet; und wenn es diese Qualitäten nicht hat, es nicht unter
diesen Begriff fällt, das heißt nicht ist, was der Begriff bezeichnet.
Der Begriff sagt nicht aus, daß etwas die in der Definition bestimmten
Qualitäten haben soll. Der Begriff des guten Verhaltens ist: ein Verhalten,
das einer Norm entspricht. Dieser Begriff enthält drei Elemente: „Norm",
„Verhalten", „Entsprechen" als Beziehung zwischen „Norm" und „Verhalten".
Dieser Begriff sagt nicht aus, daß ein Verhalten einer Norm entsprechen
soll, sondern nur, daß, wenn es einer Norm nicht entspricht, es nicht
unter den Begriff des guten Verhaltens fällt, also nicht ein gutes
Verhalten ist. Daß das Verhalten der Norm entsprechen soll,
ist der Sinn der „Norm", die zusammen mit dem „Verhalten" und „Entsprechen"
ein Element des Begriffes des guten Verhaltens ist, nicht der Sinn des
Begriffes. Es kann der Norm, aber nicht dem Begriff widersprechen,
K5-jNW Wird das Kategorien-Wortpaar "Normen und Werte"
vollständig in allen drei Dimensionen (5.1 Name, 5.2 Begriffsinhalt
oder Bedeutung, 5.3 Referenz) definiert?
Nein, aber schon näher bestimmt.
K6-jNW Wird zu dem Kategorien-Wortpaar "Normen und
Werte" eine Theorie zitiert oder / und entwickelt? Ja. Abschnitt Norm und
Wert S. 16-24. > K4-jNW
S. 19: "Bezeichnet man die Aussage, daß ein menschliches Verhalten
einer objektiv gültigen Norm entspricht oder widerspricht, als Wert-Urteil,
dann muß das Werturteil von der den Wert konstituierenden Norm unterschieden
werden. ... Eine Norm dagegen ist weder wahr noch unwahr, sondern nur gültig
oder nicht gültig."
S. 67: "... Was allen möglichen Moralsystemen gemeinsam ist, ist
ihre Form, das Sollen, der Normcharakter. Moralisch gut ist, was der ein
bestimmtes menschliches Verhalten statuierenden Sozialnorm entspricht;
moralisch böse, was einer solchen Norm widerspricht. Der relative
moralische Wert wird durch die ein bestimmtes menschliches Verhalten als
gesollt setzende Sozialnorm konstituiert. Norm und Wert sind korrelative
Begriffe."
-
K6.1-NW Werden Wesen der Normen und Werte ausführlich
und gründlich erfasst, dargelegt, erörtert und unterschieden?
Ja.
-
K6.2-NW Wird dargelegt, dass jeder normative
Satz zwei kategorial unterschiedliche Elemente enthält: a) die Norm
(Gebote, Verbote, Gewährung) und b) den Sachverhalt, den die
Norm regelt (gebietet oder verbietet). Ja.
-
K6.3-NW Wird deutlich gemacht, dass Normen nicht
wahr oder falsch, sondern gesetzt oder nicht gesetzt, gültig oder
nicht gültig sind, z.B. dadurch dass sie im Gesetz stehen oder sich
aus den Gesetzen ergeben? Ja.
K7-jNW Wird die Anwendbarkeit der Definition oder
/ und Theorie des Kategorien-Wortpaares Normen und Werte ausführlich
und gründlich dargestellt sowie anhand von Beispielen demonstriert?
Ja.
Beispiele: S. 18 Selbstmord und Lüge; S. 19 Haltung gegenüber
Freunden und Feinden, Strafe für Diebe; S. 31 FN Mord, Darlehen (Mehr
oder weniger Problem).
K8-jNW Sonstiges für das Kategorien-Wortpaar
"Normen und Werte" zu Berücksichtigendes? Keine
Norm(en)
>
Zur Unterscheidung Normen und Werte.
>
Werte > Juristische
Normentheorie > Grundfragen
an Rechtsnormen bei der Analyse.
Suchwort "norm" (3577 Treffer), "Rechtsnorm" (613 Treffer),
"Normbegriff" (0 Treffer), "Tatbestand" (227 Treffer), "Rechtsfolge"
(63 Treffer).
jNorm-Zusammenfassung und Kommentar
zur rechtswissenschaftlichen Kategorie Norm(en):
Das Thema Norm nimmt in Kelsens Reiner Rechtslehre großen
Raum ein und durchzieht das ganze Werk. Als zentrale Frage Kelsens kann
das Geltungsproblem von Normen angesehen werden: warum gelten Normen oder
warum sollen Normen gelten? Wie können Normhierarchien begründet
werden? S. 200: "... Eine Rechtsnorm gilt nicht darum, weil sie einen bestimmten
Inhalt hat, das heißt: weil ihr Inhalt aus dem einer vorausgesetzten
Grundnorm im Wege einer logischen Schlußfolgerung abgeleitet werden
kann, sondern darum, weil sie in einer bestimmten, und zwar in letzter
Linie in einer [>201] von einer vorausgesetzten Grundnorm bestimmten Weise
erzeugt ist. Darum und nur darum gehört sie zu der Rechtsordnung,
deren Normen dieser Grundnorm gemäß erzeugt sind. ..." Das ist
eine formale Lösung des Geltungsproblems.
K1-jNorm Kommt das Kategorien-Wort "Norm" im
Inhaltsverzeichnis vor?
Ja:
4. Die Norm 3
a) Die Norm als Deutungsschema 3
b) Norm und Normerzeugung 4
c) Geltung und Geltungsbereich der Norm 9
d) Positive und negative Regelung: gebieten, ermächtigen, erlauben
15
e) Norm und Wert 16
c) Das Recht als normative Zwangsordnung, Rechtsgemeinschaft und
„Räuberbande" 45
e) Unselbständige Rechtsnormen 55
7. Moralnormen als soziale Normen 60
14. Rechtsnormen als Gegenstand der Rechtswissenschaft 72
16. Rechtsnorm und Rechtssatz 73
17. Kausalwissenschaft und Normwissenschaft 78
21. Kausale und normative Gesellschaftswissenschaft 89
24. Andere Tatsachen als menschliches Verhalten. Inhalt sozialer Normen
103
25. Kategorische Normen 106
34. Der Geltungsgrund einer normativen Ordnung: Die Grundnorm
196
d) Die Grundnorm als transzendental-logische Voraussetzung 204
e) Die logische Einheit der Rechtsordnung; Normkonflikte 209
h) Die Grundnorm des Völkerrechts 221
i) Theorie der Grundnorm und Naturrechtslehre 223
j) Die Grundnorm des Naturrechts 226
Die Beziehung zwischen der richterlichen Entscheidung und den anzuwendenden
generellen Rechtsnormen 247
Erzeugung genereller Rechtsnormen durch Gerichte: Der Richter als Gesetzgeber;
Flexibilität des Rechts und Rechtssicherheit 255
j) Konflikt zwischen Normen verschiedener Stufen 271
c) Das gegenseitige Verhältnis zweier Normensysteme 332
I. Die Normen der Gerechtigkeit 357
K2-jNorm Kommt das Kategorien-Wort "Norm" im Stichwortregister
vor?
Ja:
Norm siehe auch: Rechtsnorm
- Anwendung und Befolgung 11, 122, 239ff.
- und Aussage 76ff., 81E, 83, 91f., 209f.
- Begriff der 4
- und Begriff 17f., 51, 363, 398
- begriffsdefinierende, als unselbständige Norm 58
- Bewertung von Normen 18, 69, 358ff.
- Derogation von Normen 57
- derogierende Normen 57
- als Deutungsschema 3f.
- Entsprechen und Widersprechen des tatsächlichen Verhaltens 16ff.,
19
- und Erzeugen der Norm 41f., 196f.
- Gebieten, Ermächtigen, Erlauben als Funktionen 4f., 15f., 57f.,
73
- Geltung als Existenz 9f., 196, 215
- Geltung und Geltungsbereich 9ff., 12ff., 264f., 291f., 315ff.
- Geltung und Wirksamkeit 10ff., 48f., 51, 78, 82, 91f., 208, 213,
215ff., 218ff., 279
- Geltungsgrund und Geltungsinhalt 198ff., 213, 224, 339, 443
- als Geltungsgrund einer Norm 196ff., 364
- generelle, Erzeugung durch Gerichte 255ff.
- - Individualisierung (Konkretisierung) 236, 238, 247ff., 283f., 316
- Gerechtigkeitsnormen 357ff.
- Gesetz als Norm und als Naturgesetz 107
- gesetzte (positive) und vorausgesetzte (Grund-) Norm 9, 23, 46f.,
197ff., 201f., 206ff., 221f., 226
- gewollte (gesetzte) und gedachte( vorausgesetzte) 206ff.
- historische und logische Beziehung von Normen 338
- höhere und niedere 8, 12, 196f., 213, 228, 239ff., 332, 347,
364
- - Vorausbestimmung der niederen durch die höhere Norm 12, 196ff.,
228ff., 273f., 277f., 331, 347
- und Imperativ 73, 75, 110
- individuelle und generelle 20, 74, 85, 107, 121, 153, 220, 236, 242,
244, 250, 258f., 260, 265, 272, 283f., 287, 315f., 362f., 393ff.
- - - Rechtfertigung einer individuellen durch eine generelle 250,
258
- - - Erzeugung durch Vertrag 265
- Inhalt von Normen, menschliches Verhalten als 12, 103ff., 170
- kategorische und hypothetische 106f.
- Logik und Normen 76ff., 209f.
- und Naturgesetz 107, 406
- Normwidrigkeit einer Norm 330f.
- Positivität der 9
- im Bewußtsein der Primitiven 86
- Raum und Zeit als Inhalt (räumlicher und zeitlicher Geltungsbereich)
von Normen 12, 213, 264f., 291, 315ff.
- rechtswidrige 271
- Rückwirkung von Normen 13, 250f., 280f.
- selbständige und unselbständige 52f., 55ff., 58, 244, 262
- als Sinn eines Aktes 4ff., 23, 60, 111
- als objektiver Sinn eines Befehlsaktes 7, 46, 110
- und Sollen 7f.
- als objektives Sollen 7, 46, 110
- soziale 60, 103ff.
- - Bedingung und Wirkung menschlichen Verhaltens als Inhalt sozialer
Normen 103ff.
- und Tatsache 17f., 60, 196f., 364, 405
- Unterlassungsnormen 106
- und Wert 16ff., 67
- als Wertmaßstab 17
- und Wert-Urteil 19
- Widerspruch zwischen Normen 26, 358
- normative Deutung, siehe: Deutung
- - Idee und Normgeltung 216
- - und kausale Gesellschaftswissenschaft 89ff.
- - Wissenschaft als Wissenschaft, die Normen zum Gegenstand hat 90
Normativität
- und Kausalität 98
Nonnenkonflikte 26, 209ff., 271ff., 329ff., 358
Normensysteme
- Einheit zweier, als Delegationszusammenhang 332
- gegenseitiges Verhältnis zweier 332f.
- Gleichordnung von 332
- statischer und dynamischer Typus 198ff.
- Über- und Unterordnung 332
Normerzeugung
— Delegation der 332
— Gewohnheit als 9
— Kompetenz zur 197
Normwidrigkeit
— einer Norm 330f.
Normwissenschaft
— und Kausalwissenschaft 78ff.
— Rechtswissenschaft als 60, 72ff., 78ff., 107
Fettungen von R.S.
Grundnorm 8, 17, 32, 46f., 51, 54, 110, 196ff., 202ff., 204ff.,
208f., 212, 214, 219, 221ff., 224f., 228f., 232ff., 239, 317, 325, 339,
364, 404, 443
- und Definition des Rechts 51
- und Einheit des Rechtsgebietes 317
- erkenntnistheoretische Funktion der 225, 444
- keine ethisch-politische Rechtfertigung des positiven Rechts 223f.,
444
- Formulierung 203f., 214
- Funktion: Begründung der Geltung einer positiven Rechtsordnung
205, 209, 211
- - nur bedingte Begründung der Geltung einer positiven Rechtsordnung
224
- als oberster Geltungsgrund 32, 46f., 196ff., 219, 224, 228, 239,
364, 404, 443
- und Gerechtigkeit der positiven Rechtsordnung 204, 223, 404, 443
- Gerechtigkeitsnorm als Grundnorm 365
- und Gewohnheitsrecht 229, 232f.
- einer von Gott gesetzten normativen Ordnung 205f.
- des Naturrechts 226ff.
- Theorie der 209, 215, 223ff., 442ff.
- - und Anerkennungstheorie 225
- - und Naturrechtslehre 223ff., 226, 442f.
- - und Rechtspositivismus 209, 215, 223ff., 442ff.
- als vorausgesetzte, nicht gesetzte (positive) Norm, siehe: Setzung
und Voraussetzung einer Norm
- mögliche, nicht notwendige Voraussetzung der 224
- als transzendental-logische Bedingung 204ff., 208, 225, 443f.
- als unmittelbarer Geltungsgrund der historisch ersten Verfassung
203f.
- als Verfassung im rechtslogischen Sinne 202, 222
- positivrechtliche Verfassung als 206f.
- auf wirksame Verfassung bezogen 48, 214
- des Völkerrechts 221ff., 325, 339
- Wirksamkeit als Bedingung der Geltung: von der Grundnorm statuiert
208, 212, 219
- und Zentralisation und Dezentralisation 317
Rechtsnorm 8, 10f., 51f., 54, 57ff., 72ff., 83, 91ff., 108, 110,
120f., 132, 187, 200ff., 209f., 213, 228, 239ff., 271, 280, 289, 323, 333ff.,
353, 360f., siehe auch: Norm
- Anwendung und Befolgung 10f., 122, 239ff.
- und Befehl 8, 10, 73, 110, 359
- Eindeutigkeit und Vieldeutigkeit der Rechtsnormen 353
- Geltungsgrund einer bestimmten Rechtsnorm 202ff.
- und logisches Urteil 73
- und Rechtspflicht 120f., 132
- und Rechtssatz 57f., 59, 73ff., 83, 91f., 209f.
- rechtswidrige 271
Rezeption von Rechtsnormen 213
- sanktionslose 51ff., 54
- Setzung von Rechtsnormen: Gerechtigkeit als Eigenschaft 360f.
- Rechtsnormen als Gegenstand der Rechtswissenschaft 72, 108
- über- und Unterordnung von Rechtsnormen 228
Dualismus — von Sein und Sollen 5ff., 19, 102, 196, 215ff., 405,
409ff., 421, 424, 429ff.
K3-jNorm Wird das Kategorien-Wort "Norm" im Text
genannt, aber ohne nähere inhaltliche Erörterung?
K4-jNorm Wird das Kategorien-Wort "Norm" im Text
auch inhaltlich erörtert?
Ja:
S. 3: "... Den spezifisch juristischen Sinn, seine eigentümliche
rechtliche Bedeutung, erhält der fragliche Tatbestand durch eine Norm,
die sich mit ihrem Inhalt auf ihn bezieht, die ihm die rechtliche Bedeutung
verleiht, so daß der Akt nach dieser Norm gedeutet werden kann. ..."
K5-jNorm Wird das Kategorien-Wort "Norm" vollständig
in allen drei Dimensionen (5.1 Name, 5.2 Begriffsinhalt oder Bedeutung,
5.3 Referenz) definiert?
Jein, denn die folgende Definition enthält nicht die Erlaubnisse,
Gewährungen oder Rechte.
S. 4: "... Mit „Norm" bezeichnet man: daß etwas sein oder geschehen,
insbesondere daß sich ein Mensch in bestimmter Weise verhalten soll.
..."
S. 3:
"4. Die Norm
a) Die Norm als Deutungsschema
Der äußere Tatbestand, der seiner objektiven Bedeutung nach
ein Rechts- (oder Unrechts-) Akt ist, ist nun in allen Fällen, weil
ein in Zeit und Raum ablaufendes, sinnlich wahrnehmbares Geschehen, ein
Stück Natur und als solches kausal-gesetzlich bestimmt. Allein dieses
Geschehen als solches, als Element des Systems Natur, ist nicht Gegenstand
spezifisch juristischer Erkenntnis und sohin überhaupt nichts Rechtliches.
Was diesen Tatbestand zu einem Rechts- (oder Unrechts-) Akt macht, das
ist nicht seine Tatsächlichkeit, nicht sein natürliches, das
heißt kausal-gesetzlich bestimmtes, im System der Natur beschlossenes
Sein, sondern der objektive Sinn, der mit diesem Akt verbunden ist, die
Bedeutung, die er hat. Den spezifisch juristischen Sinn, seine eigentümliche
rechtliche Bedeutung, erhält der fragliche Tatbestand durch eine Norm,
die sich mit ihrem Inhalt auf ihn bezieht, die ihm die rechtliche Bedeutung
verleiht, so daß der Akt nach dieser Norm gedeutet werden kann. Die
Norm fungiert als Deutungsschema. Mit anderen Worten: Das Urteil, daß
ein in Raum und Zeit gesetzter Akt menschlichen Verhaltens ein Rechts-
(oder Unrechts-) Akt ist, ist das Ergebnis einer spezifischen, nämlich
normativen, Deutung. Aber auch in der Anschauung, daß er ein natürliches
Geschehen darstellt, kommt nur eine bestimmte, von der normativen verschiedene,
nämlich kausale Deutung zum Ausdruck. Die Norm, die dem Akt die Bedeutung
eines Rechts- (oder Unrechts-) Aktes verleiht, wird selbst [>4] durch einen
Rechtsakt erzeugt, der seinerseits wieder von einer anderen Norm her seine
rechtliche Bedeutung erhält. Daß ein Tatbestand rechtlich Exekution
eines Todesurteils und kein Mord ist, diese — sinnlich nicht wahrnehmbare
— Qualität ergibt sich erst durch einen Denkprozeß: aus der
Konfrontation mit dem Strafgesetzbuch und der Strafprozeßordnung.
Daß der vorerwähnte Briefwechsel rechtlich einen Vertragsabschluß
bedeutet, resultiert ausschließlich und allein daraus, daß
dieser Sachverhalt unter gewisse Bestimmungen des bürgerlichen Gesetzbuches
fällt. Daß ein Dokument nicht nur seinem subjektiven, sondern
auch seinem objektiven Sinne nach ein gültiges Testament ist, ergibt
sich daraus, daß es den Bedingungen entspricht, unter denen es nach
den Bestimmungen dieses Gesetzbuches als Testament gelten kann. Daß
eine Versammlung von Menschen ein Parlament und daß das Ergebnis
ihrer Tätigkeit rechtlich ein verbindliches Gesetz ist, mit anderen
Worten: daß diese Vorgänge diese Bedeutung haben, besagt nur,
daß der ganze Tatbestand den Normen der Verfassung entspricht. Das
heißt, daß der Inhalt eines tatsächlichen Geschehens mit
dem Inhalt einer als gültig angenommenen Norm übereinstimmt."
Kritik-jNorm: Den Tatbestand als unjuristisch
auszuklammern ist falsch, denn der Tatbestand ist eine juristische Voraussetzung
für die Rechtsfolge und insofern eine juristische Angelegenheit. Erst
Recht, wenn man bedenkt, dass in die Tatbestandsbeurteilung rechtliche
Wertungen eingehen. So gibt es z.B. keine juristisch relative Geschäftsunfähigkeit,
aber sehr wohl eine sachliche. Kelsen bringt ja selbst ein schönes
Beispiel für die Bedeutung des Rechtsbegriffes, S. 2: "... Jemand
verfügt schriftlich für den Fall seines Ablebens über sein
Vermögen. Der subjektive Sinn dieses Aktes ist ein Testament. Objektiv,
von Rechts wegen, ist er es aber — gewisser Formfehler wegen — nicht. ..."
K6-jNorm Wird zu der Kategorie Norm eine Theorie
zitiert oder / und entwickelt? Nein.
-
K6.1-Norm Wird eine Normenlogik und normative Satzlogik
entwickelt und begründet (Subsumtion)? Nein
-
K6.2-Norm Wird das Rangproblem bei Normen ausführlich
und gründlich erfasst und erörtert? Nein
-
K6.3-Norm Wird eine Normlogik erörtert, zitiert
oder entwickelt? Nein
K7-jNorm Wird die Anwendbarkeit der Definition oder
/ und Theorie der Kategorie Norm ausführlich und gründlich dargestellt
sowie anhand von Beispielen demonstriert?
Teils. (Fettungen von R. S.)
S. 197 Grundnorm: "Wie erwähnt, ist
die Norm, die den Geltungsgrund einer anderen Norm darstellt, dieser gegenüber
eine höhere Norm. Aber die Suche nach dem Geltungsgrund einer Norm
kann nicht, wie die Suche nach der Ursache einer Wirkung, ins Endlose gehen.
Sie muß bei einer Norm enden, die als letzte, höchste vorausgesetzt
wird. Als höchste Norm muß sie vorausgesetzt sein, da
sie nicht von einer Autorität gesetzt sein kann, deren Kompetenz
auf einer noch höheren Norm beruhen müßte. Ihre Geltung
kann nicht mehr von einer höheren Norm abgeleitet, der Grund ihrer
Geltung nicht mehr in Frage gestellt werden. Eine solche als höchste
vorausgesetzte Norm wird hier als Grundnorm bezeichnet. Auf sie mußte
schon in anderem Zusammenhang hingewiesen werden*). Alle Normen, deren
Geltung auf eine und dieselbe Grundnorm zurückgeführt werden
kann, bilden ein System von Normen, eine normative Ordnung. Die Grundnorm
ist die gemeinsame Quelle für die Geltung aller zu einer und derselben
Ordnung gehörigen Normen, ihr gemeinsamer Geltungsgrund. Daß
eine bestimmte Norm zu einer bestimmten Ordnung gehört, beruht darauf,
daß ihr letzter Geltungsgrund die Grundnorm dieser Ordnung ist. Diese
Grundnorm ist es, die die Einheit einer Vielheit von Normen konstituiert,
indem sie den Grund für die Geltung aller zu dieser Ordnung gehörigen
Normen darstellt."
S. 198:
"b) Das statische und das dynamische Prinzip
Nach der Natur des Geltungsgrundes kann man zwei verschiedene Typen
von Normensystemen unterscheiden: einen statischen und einen dynamischen
Typus. Die Normen einer Ordnung des ersten Typus gelten, das heißt:
das von ihnen bestimmte Verhalten der Menschen wird als gesollt angesehen
kraft ihres Inhaltes: weil ihre Geltung auf eine Norm zurückgeführt
werden kann, unter deren Inhalt sich der Inhalt der die Ordnung bildenden
Normen als das Besondere unter das Allgemeine subsummieren läßt.
So können z. B. die Normen: man soll nicht lügen, man soll nicht
betrügen, man soll ein gegebenes Versprechen einhalten, man soll kein
falsches Zeugnis geben, aus einer Norm abgeleitet werden, die Wahrhaftigkeit
gebietet. Aus der Norm, man soll seinen Nebenmenschen lieben, kann man
die Normen ableiten: man soll seinem Nebenmenschen kein Übel zufügen,
insbesondere ihn nicht töten, ihn nicht physisch oder moralisch schädigen,
ihm, wenn er in Not ist, beistehen. Vielleicht glaubt man, die Norm der
Wahrhaftigkeit und die Norm der Nächstenliebe auf eine noch allgemeinere
höhere Norm zurückführen zu können, etwa auf die Norm:
mit dem Universum in Harmonie zu bleiben. Auf ihr kann dann eine umfassende
Moralordnung begründet werden. Da alle Normen einer Ordnung dieses
Typus in dem Inhalt der vorausgesetzten Norm schon enthalten sind, können
sie aus ihr im Wege einer logischen Operation, durch einen Schluß
vorn Allgemeinen auf das Besondere, deduziert werden. Diese Norm, als Grundnorm
vorausgesetzt, liefert sowohl den Geltungsgrund als den Geltungsinhalt
der aus ihr in einer logischen Operation abgeleiteten Normen. Ein System
von Normen, deren Geltungsgrund und Geltungsinhalt aus einer als Grundnorm
vorausgesetzten Norm abgeleitet wird, ist ein statisches Normensystem.
Das Prinzip, nach dem die Begründung der Geltung der Normen dieses
Systems erfolgt, ist ein statisches Prinzip."
S. 200: "... Eine Rechtsnorm gilt nicht darum, weil
sie einen bestimmten Inhalt hat, das heißt: weil ihr Inhalt aus dem
einer vorausgesetzten Grundnorm im Wege einer logischen Schlußfolgerung
abgeleitet werden kann, sondern darum, weil sie in einer bestimmten, und
zwar in letzter Linie in einer [>201] von einer vorausgesetzten Grundnorm
bestimmten Weise erzeugt ist. Darum und nur darum gehört sie zu der
Rechtsordnung, deren Normen dieser Grundnorm gemäß erzeugt sind."
S.224: " ... - aus der Grundnorm kann nur die Geltung,
nicht der Inhalt der Rechtsordnung abgeleitet werden. ... "
Analyse K7-jNorm Beispiel der Wahrhaftigkeitsnorm: Kelsen sagt S. 198:
"... die Normen: man soll nicht lügen, man soll nicht betrügen,
man soll ein gegebenes Versprechen einhalten, man soll kein falsches Zeugnis
geben, aus einer Norm abgeleitet werden, die Wahrhaftigkeit gebietet. ..."
Wahrhaftigkeit wäre nach Kelsens Terminologie die höhere Norm,
nicht lügen, nicht betrügen, nicht falsches Zeugnis ablegen,
Versprechen einhalten, daraus abgeleitete Unternormen.
K8-jNorm Sonstiges für die Kategorie "Norm"
zu Berücksichtigendes?
Erlauben: S. 5: "... Denn eine Norm kann nicht
nur gebieten, sondern auch erlauben und insbesondere ermächtigen.
..."
Rechtsnorm undRechtssatz:
Unterschied Rechtssatz und Rechtsnorm:
Rechtsnorm und Rechtssatz 57f., 59, 73ff., 83, 91f., 209f.
S. 59: "... Das gesamte in den Rechtsnormen einer
Rechtsordnung gegebene Material fügt sich in dieses Schema des von
der Rechtswissenschaft formulierten Rechtssatzes, der von der durch die
Rechtsautorität gesetzten Rechtsnorm zu unterscheiden ist **)."
S. 73:
"16. Rechtsnorm und Rechtssatz ( Fettung von R. S.)
Indem die Rechtswissenschaft menschliches Verhalten nur insofern begreift,
als es Inhalt von Rechtsnormen, das heißt von Rechtsnormen bestimmt
ist, stellt sie eine normative Deutung dieser Tatbestände dar. Sie
beschreibt die durch Akte menschlichen Verhaltens erzeugten und durch solche
Akte anzuwendenden und zu befolgenden Rechtsnormen und damit die durch
diese Rechtsnormen konstituierten Beziehungen zwischen den von ihnen bestimmten
Tatbeständen. Die Sätze, in denen die Rechtswissenschaft diese
Beziehungen beschreibt, müssen als Rechtssätze von den Rechtsnormen
unterschieden werden, die von den Rechtsorganen erzeugt, von ihnen anzuwenden
und von den Rechtssubjekten zu befolgen sind. Rechtssätze sind
hypothetische Urteile, die aussagen, daß im Sinn einer — nationalen
oder internationalen — der Rechtserkenntnis gegebenen Rechtsordnung unter
gewissen von dieser Rechtsordnung bestimmten Bedingungen gewisse von dieser
Rechtsordnung bestimmte Folgen eintreten sollen. Rechtsnormen sind
keine Urteile, das heißt Aussagen über einen der Erkenntnis
gegebenen Gegenstand. Sie sind, ihrem Sinne nach, Gebote und als solche
Befehle, Imperative; aber nicht nur Gebote, sondern auch Erlaubnisse und
Ermächtigungen; jedenfalls aber nicht — wie mitunter, Recht mit Rechtswissenschaft
identifizierend, behauptet wird — Belehrungen. Das Recht gebietet, erlaubt,
ermächtigt, es „lehrt" nicht. Aber sofern Rechtsnormen sprachlich,
das heißt in Worten und Sätzen zum Ausdruck kommen, können
sie in der Form von Aussagen erscheinen, mit denen Tatsachen festgestellt
werden. Die Norm, daß Diebstahl bestraft werden soll, wird von dem
Gesetzgeber häufig in dem Satz formuliert: Diebstahl wird mit Gefängnis
bestraft; die Norm, die das Staatsoberhaupt ermächtigt, Staatsverträge
abzuschließen, in der Form: Das Staatsoberhaupt schließt Staatsverträge
ab. Worauf es ankommt, ist aber nicht die Sprachform, sondern der Sinn
[>74] des das Recht erzeugenden, die Norm setzenden Aktes. Und der Sinn
dieses Aktes ist ein anderer als der Sinn des das Recht beschreibenden
Rechtssatzes. In der Unterscheidung von Rechtssatz und Rechtsnorm kommt
der Unterschied zum Ausdruck, der zwischen der Funktion der Rechtserkenntnis
und der von ihr völlig verschiedenen Funktion der Rechtsautorität
besteht, die von den Organen der Rechtsgemeinschaft repräsentiert
wird *). Die Rechtswissenschaft hat das Recht — gleichsam von außen
her — zu erkennen und auf Grund ihrer Erkenntnis zu beschreiben. Die Rechtsorgane
haben — als Rechtsautorität — das Recht allererst zu erzeugen, damit
es dann von der Rechtswissenschaft erkannt und beschrieben werden kann.
Es ist richtig, daß auch die das Recht anwendenden Organe das von
ihnen anzuwendende Recht vorerst — gleichsam von innen her — zu erkennen
haben. Der Gesetzgeber, der in seinem Verfahren die Verfassung anwendet,
sollte die Verfassung, der Richter, der die Gesetze anwendet, die Gesetze
kennen. Aber diese Erkenntnis ist nicht das Wesentliche, ist nur die Vorbereitung
ihrer Funktion, die, wie noch näher zu zeigen ist, nicht nur im Falle
des Gesetzgebers, sondern auch in dem des Richters zugleich Rechtserzeugung,
die Setzung einer generellen Rechtsnorm — durch den Gesetzgeber — oder
die Setzung einer individuellen Rechtsnorm — durch den Richter — ist**)."
"*) In der Terminologie der traditionellen
deutschen Jurisprudenz werden allerdings die Ausdrücke „Rechtsnorm"
und „Rechtssatz" synonym gebraucht. Damit steht in einem inneren Zusammenhang,
daß diese Jurisprudenz die normative Funktion der Rechtsautorität
mit der Erkenntnisfunktion der Rechtswissenschaft konfundiert. Sehr bezeichnend
in dieser Beziehung ist, daß der vielleicht repräsentativste
Autor auf dem Gebiete der allgemeinen Rechtslehre, Adolf Merkel, in seinem
sehr einflußreichen Werke: Juristische Encyclopädie,
2. Aufl., 1900, in Paragraph 12 die Begriffe „Rechtsnorm" und „Rechtssatz"
ausdrücklich identifiziert, und in Paragraph 22 das „Recht als Lehre
und Macht" kennzeichnet. „Als Lehre, indem es Auskunft darüber gibt,
wie die Grenzen menschlicher Machtgebiete sich bestimmen sollen. Als Macht,
indem es die Beachtung dieser Grenzen fordert und verbürgt."
**) Vgl. infra S. 242 ff."
Anmerkung: Das DRL verwendet Rechtssatz und Rechtsnorm
synonym.
Wert(e, en)>
Zur
Unterscheidung Normen und Werte, > Normen.
> Grundtatsachen zu Sach-, Wert-
und Normaussagen.
Suchwort "wert" (444 Treffer), Werten (20 Treffer), Werturteil (43
Treffer),
jWert-Zusammenfassung und Kommentar
zur rechtswissenschaftlichen Kategorie Wert(e,en): Werte werden vielfach
erörtert. Juristische Normen definieren juristische Werte: S. "Das
Verhalten, das der Norm entspricht, hat einen positiven, das Verhalten,
das der Norm widerspricht, einen negativen Wert."
K1-jWert Kommt das Kategorien-Wort "Wert" im
Inhaltsverzeichnis vor?
Ja:
4 e) Norm und Wert 16
11. Relativität des Moral-Wertes 65
K2-jWert Kommt das Kategorien-Wort "Wert" im Stichwortregister
vor?
Ja:
Wert, 16f., 18, 20f., 23f., 60, 67, 69, 90, 358ff., 378, 403f., 405f.,
441, siehe auch: Gerechtigkeitswert,
Moralwert, Rechtswert
— absoluter und relativer 18, 65ff., 403f., 441f.
— und Norm 16ff., 67
— objektiver und subjektiver 20f., 378
— positiver und negativer 17
und Wirklichkeit 17f., 60, 69, 90, 358ff., 405f.
- — Bewertung der Wirklichkeit 17f., 69, 358ff., 405f.
- — Immanenz des Wertes 405f.
— und Zweck 23f.
Wertgrade 21f., 379f.
Wertmaßstab
— Norm als 17
K3-jWert Wird das Kategorien-Wort "Wert" im Text
genannt, aber ohne nähere inhaltliche Erörterung?
Ja:
S. 16: In der Abschnittsüberschrift "Norm und Wert"
S. 17: "... Eine objektiv gültige Norm, die ein bestimmtes Verhalten
als gesollt setzt, konstituiert einen positiven oder negativen Wert. ..."
und FN Schlick.
K4-jWert Wird das Kategorien-Wort "Wert" im Text
auch inhaltlich erörtert?
Ja:
S.18: "Das tatsächliche Verhalten, auf das
sich das Werturteil bezieht, das den Gegenstand der Bewertung bildet, das
einen positiven oder negativen Wert hat, ist ein in Zeit und Raum existentes
Seins-Faktum, ein Teil der Wirklichkeit. Nur ein Seins-Faktum kann, wenn
verglichen mit einer Norm, als wertvoll oder wertwidrig beurteilt werden,
kann einen positiven oder negativen Wert haben. Was bewertet wird, ist
die Wirklichkeit *). ..." und weitere Nennungen.
S.22: ""Bezeichnet man Werturteile, die einen objektiven
Wert aussagen, als objektive, und Werturteile, die einen subjektiven Wert
aussagen, als subjektive Werturteile, so ist zu beachten, daß sich
die Prädikate „objektiv" und „subjektiv" auf die ausgesagten Werte,
nicht auf die Urteils- als Erkenntnis-Funktion beziehen. Als Erkenntnisfunktion
muß ein Urteil stets objektiv sein; das heißt: es muß
ohne Rücksicht auf das Wünschen und Wollen des Urteilenden erfolgen.
Dies ist sehr wohl möglich. Man kann die Beziehung eines bestimmten
menschlichen Verhaltens zu einer normativen Ordnung feststellen, das heißt
aussagen, daß dieses Verhalten der Ordnung entspricht oder nicht
entspricht, ohne dabei selbst zu dieser normativen Ordnung emotional, das
heißt billigend oder mißbilligend, Stellung zu nehmen. Die
Antwort auf die Frage, ob es nach christlicher Moral gut ist, seine Feinde
zu lieben, und sohin das damit abzugebende Werturteil kann und muß
ohne Rücksicht darauf erfolgen, ob derjenige, der die Frage zu beantworten
und sohin das Werturteil abzugeben hat, die Liebe zum Feind billigt oder
mißbilligt. Die Antwort auf die Frage, ob nach geltendem Recht über
einen Mörder Todesstrafe verhängt werden soll, sohin die Todesstrafe
auf Mord im Sinne dieses Rechtes wertvoll ist, kann und muß ohne
Rücksicht darauf erfolgen, ob derjenige, der die Frage zu beantworten
hat, Todesstrafe billigt oder mißbilligt. Dann und nur dann ist dieses
Werturteil objektiv.
Wenn das Urteil die Beziehung eines Objektes, insbesondere
menschlichen Verhaltens, zu dem darauf gerichteten Wunsch oder Willen eines
oder auch vieler Menschen, also einen subjektiven Wert aussagt, ist dieses
Werturteil objektiv, sofern es der Urteilende ohne Rücksicht darauf
fällt, ob er selbst das Objekt oder
sein Gegenteil wünscht oder will, das Verhalten billigt oder mißbilligt,
sondern einfach die Tatsache feststellt, daß ein Mensch oder auch
viele Menschen ein Objekt oder sein Gegenteil wünschen oder wollen,
insbesondere ein bestimmtes Verhalten billigen oder mißbilligen."
S. 359: "... Wie könnte auch eine Norm, die
einen Wert konstituiert — und jede gültige Norm konstituiert einen
Wert —, wie könnte ein Wert bewertet werden, wie könnte ein Wert
einen Wert oder gar einen negativen Wert haben! Ein wertvoller Wert ist
ein Pleonasmus, ein wertwidriger Wert ein Widerspruch in sich selbst."
K5-jWert Wird das Kategorien-Wort "Wert" vollständig
in allen drei Dimensionen (5.1 Name, 5.2 Begriffsinhalt oder Bedeutung,
5.3 Referenz) definiert? Nein.
K6-jWert Wird zu der Kategorie "Wert" eine Theorie
zitiert oder / und entwickelt?
Normen definieren Werte: S. 17: "... Das Verhalten, das der Norm entspricht,
hat einen positiven, das Verhalten, das der Norm widerspricht, einen negativen
Wert. ..."
K7-jWert Wird die Anwendbarkeit der Definition oder
/ und Theorie der Kategorie Wert ausführlich und gründlich dargestellt
sowie anhand von Beispielen demonstriert? Nein
-
K7.1-jWert Wird eine Satzlogik der Werte entwickelt
und begründet? Nein
K8-jWert Sonstiges für die Kategorie "Wert"
zu Berücksichtigendes? Keine
Sachverhalt,
Tatbestand, Tatbestandsmerkmale > Grundfragen
an Sachverhalte oder Tatbestände.
Suchworte "Sachverhalt" ( 70 Treffer), "Tatbestand"
( 227 Treffer), "Tatbestandsmerkmal" (0 Treffer)
STM-Zusammenfassung und Kommentar
zum Sachverhalt (Tatbestand, Tatbestandsmerkmale): Sachverhalte,
die unter eine Norm fallen, heißen Tatbestände. Sachverhaltsermittlung
als Problem wird von Kelsen nicht erörtert. Klar hebt er indessen
hervor, dass einzig das Gericht die Kompetenz haben soll, Tatbestände
als Vorausetzung für Rechtsfolgen festzustellen (S. 244f).
K1-STM Kommt eines der Kategorien-Worte "Sachverhalt,
Tatbestand, Tatbestandsmerkmale" im Inhaltsverzeichnis in allgemeiner und
nicht spezifisicher Bedeutung vor?
Ja: Das Rechtsgeschäft als rechtserzeugender Tatbestand 261
K2-STM Kommt eines der Kategorien-Worte "Sachverhalt,
Tatbestand, Tatbestandsmerkmale" im Stichwortregister in allgemeiner
und nicht spezifisicher Bedeutung vor? Ja:
"... Feststellung des Tatbestandes durch das rechtsanwendende Organ
..." 234
"a) Das Rechtsgeschäft als rechtserzeugender Tatbestand"
261ff.
"... Gewohnheit als rechtserzeugender Tatbestand ..." 54f., 220, 229,
231f., 233f. "- Gewohnheit als Völkerrecht erzeugender Tatbestand
222, 323ff., 338" 493; "... völkerrechtlicher Vertrag als völkerrechterzeugender
Tatbestand ..." 324; "... Rückwirkung der Feststellung eines
Tatbestandes durch das rechtsanwendende Organ ..."234, 245 "...Staatengewohnheit
als Völkerrecht erzeugender Tatbestand ..." 222ff., 338 "... Tatbestand
Feststellung des, durch das rechtsanwendende Organ ..." 234 "... Tatbestand
normative Verknüpfung von Tatbeständen: Zurechnung als ..." 103f.,
154 "... Zurechnung als normative Verknüpfung von Tatbeständen
..." 103 f., 154 "... Unrechtstatbestand Feststellung des, nach allgemeinem
Völkerrecht ..." 324 "... Vertrag als normerzeugender Tatbestand und
als erzeugte Norm ..." 264
K3-STM Wird eines der Kategorien-Worte "Sachverhalt,
Tatbestand, Tatbestandsmerkmale" in allgemeiner und nicht spezifischer
Bedeutung im Text genannt, aber ohne nähere inhaltliche Erörterung?
Ja
Beispiele Sachverhalt:
S. 4: "... Daß der vorerwähnte Briefwechsel
rechtlich einen Vertragsabschluß bedeutet, resultiert ausschließlich
und allein daraus, daß dieser Sachverhalt unter gewisse Bestimmungen
des bürgerlichen Gesetzbuches fällt. Daß ein Dokument nicht
nur seinem subjektiven, sondern auch seinem objektiven Sinne nach ein gültiges
Testament ist, ergibt sich daraus, daß es den Bedingungen entspricht,
unter denen es nach den Bestimmungen dieses Gesetzbuches als Testament
gelten kann. ..."
S. 5: "... Darum muß der Sachverhalt, der
im Falle eines solchen Aktes vorliegt, in der Aussage beschrieben werden:
..."
S. 8: FN
S. 12: "... Sachverhalte als menschliches Verhalten,
...
S. 295: ... da man den Sachverhalt auch ohne Metapher
darstellen kann ..."
Beispiel Tatbestand:
S. 2: "... Tatbestände, wie etwa einen Parlamentsbeschluß,
..."
S. 3: "Der äußere Tatbestand, der
seiner objektiven Bedeutung nach ein Rechts(oder Unrechts-) Akt ist, ist
nun in allen Fällen, weil ein in Zeit und Raum ablaufendes, sinnlich
wahrnehmbares Geschehen, ein Stück Natur und als solches kausal-gesetzlich
bestimmt. ..."
K4-STM Wird eines der Kategorien-Worte "Sachverhalt,
Tatbestand, Tatbestandsmerkmale" in allgemeiner und nicht spezifischer
Bedeutung im Text auch inhaltlich erörtert? Ja, aber sehr dünn.
Beispiele Sachverhalt: Nein.
Beispiel Tatbestand:
S. 2: "Diese rechtliche Bedeutung kann man dem Akt, als einem äußerlichen
Tatbestand, nicht ohne weiteres ansehen oder anhören, so wie man etwa
die natürlichen Eigenschaften eines Gegenstandes wie Farbe, Härte,
Gewicht wahrnimmt. ..."
K5-STM Wird eines der Kategorien-Worte "Sachverhalt,
Tatbestand, Tatbestandsmerkmale" in allgemeiner und nicht spezifischer
Bedeutung vollständig in allen drei Dimensionen (5.1 Name, 5.2 Begriffsinhalt
oder Bedeutung, 5.3 Referenz) definiert?
Ja:
S. 3: "Der äußere Tatbestand, der seiner objektiven Bedeutung
nach ein Rechts(oder Unrechts-) Akt ist, ist nun in allen Fällen,
weil ein in Zeit und Raum ablaufendes, sinnlich wahrnehmbares Geschehen,
ein Stück Natur und als solches kausal-gesetzlich bestimmt. Allein
dieses Geschehen als solches, als Element des Systems Natur, ist nicht
Gegenstand spezifisch juristischer Erkenntnis und sohin überhaupt
nichts Rechtliches. Was diesen Tatbestand zu einem Rechts- (oder Unrechts-)
Akt macht, das ist nicht seine Tatsächlichkeit, nicht sein natürliches,
das heißt kausal-gesetzlich bestimmtes, im System der Natur beschlossenes
Sein, sondern der objektive Sinn, der mit diesem Akt verbunden ist, die
Bedeutung, die er hat. Den spezifisch juristischen Sinn, seine eigentümliche
rechtliche Bedeutung, erhält der fragliche Tatbestand durch eine Norm,
die sich mit ihrem Inhalt auf ihn bezieht, die ihm die rechtliche Bedeutung
verleiht, so daß der Akt nach dieser Norm gedeutet werden kann. Die
Norm fungiert als Deutungsschema. Mit anderen Worten: Das Urteil, daß
ein in Raum und Zeit gesetzter Akt menschlichen Verhaltens ein Rechts-
(oder Unrechts-) Akt ist, ist das Ergebnis einer spezifischen, nämlich
normativen, Deutung. Aber auch in der Anschauung, daß er ein natürliches
Geschehen darstellt, kommt nur eine bestimmte, von der normativen verschiedene,
nämlich kausale Deutung zum Ausdruck. Die Norm, die dem Akt die Bedeutung
eines Rechts- (oder Unrechts-) Aktes verleiht, wird selbst [>4] durch einen
Rechtsakt erzeugt, der seinerseits wieder von einer anderen Norm her seine
rechtliche Bedeutung erhält. Daß ein Tatbestand rechtlich Exekution
eines Todesurteils und kein Mord ist, diese — sinnlich nicht wahrnehmbare
— Qualität ergibt sich erst durch einen Denkprozeß: aus der
Konfrontation mit dem Strafgesetzbuch und der Strafprozeßordnung.
Daß der vorerwähnte Briefwechsel rechtlich einen Vertragsabschluß
bedeutet, resultiert ausschließlich und allein daraus, daß
dieser Sachverhalt unter gewisse Bestimmungen des bürgerlichen Gesetzbuches
fällt. Daß ein Dokument nicht nur seinem subjektiven, sondern
auch seinem objektiven Sinne nach ein gültiges Testament ist, ergibt
sich daraus, daß es den Bedingungen entspricht, unter denen es nach
den Bestimmungen dieses Gesetzbuches als Testament gelten kann. Daß
eine Versammlung von Menschen ein Parlament und daß das Ergebnis
ihrer Tätigkeit rechtlich ein verbindliches Gesetz ist, mit anderen
Worten: daß diese Vorgänge diese Bedeutung haben, besagt nur,
daß der ganze Tatbestand den Normen der Verfassung entspricht. Das
heißt, daß der Inhalt eines tatsächlichen Geschehens mit
dem Inhalt einer als gültig angenommenen Norm übereinstimmt."
K6-STM Wird zu den Kategorien "Sachverhalt, Tatbestand,
Tatbestandsmerkmale" eine Theorie zitiert oder / und entwickelt?
Teils.
S. 244: "Von größter Bedeutung aber ist
die Erkenntnis, daß auch die Feststellung der Tatsache des Deliktes
eine durchaus konstitutive Funktion des Gerichtes ist. Wenn die Rechtsordnung
an eine bestimmte Tatsache als Bedingung eine bestimmte Folge knüpft,
muß sie auch das Organ bestimmen, von dem, und das Verfahren, in
dem die Existenz der bedingenden Tatsache im konkreten Fall festzustellen
ist. Die Rechtsordnung kann dieses Organ ermächtigen, das Verfahren
nach eigenem Ermessen selbst zu bestimmen; aber Organ und Verfahren müssen
— direkt oder indirekt — durch die Rechtsordnung bestimmt sein, damit die
generelle Norm, die an diese Tatsache eine Folge knüpft, auf den konkreten
Fall angewendet, das heißt individualisiert werden kann. Einem von
der Rechtsordnung als Bedingung einer Folge bestimmten Tatbestand gegenüber
muß die erste Frage des Juristen sein: welches Rechtsorgan ist nach
der Rechtsordnung kompetent, diesen Tatbestand im konkreten Fall festzustellen,
und welches ist [>245] das von der Rechtsordnung bestimmte Verfahren, in
dem dies zu geschehen hat? Erst durch diese Feststellung gelangt der Tatbestand
in den Bereich des Rechts, erst durch sie wird er aus einem natürlichen
zu einem rechtlichen Tatbestand, wird er rechtlich als solcher allererst
erzeugt. Wird dagegen eingewendet, daß der Zeitpunkt, mit dem der
rechtliche Tatbestand als gegeben anzusehen ist, mit dem Zeitpunkt identisch
ist, mit dem der natürliche Tatbestand gegeben war, so ist zu erwidern,
daß die Feststellung des Tatbestandes durch das rechtsanwendende
Organ mit rückwirkender Kraft erfolgt. Der Tatbestand gilt nicht erst
als mit dem Zeitpunkt der Feststellung gesetzt, sondern als mit dem von
dem rechtsanwendenden Organ festgestellten Zeitpunkt, das heißt mit
dem Zeitpunkt gesetzt, mit dem der natürliche Tatbestand — der Feststellung
durch das rechtsanwendende Organ zufolge — gesetzt wurde. Die Feststellung
des bedingenden Tatbestandes durch das Gericht ist also in jedem Sinne
konstitutiv. Wenn eine generelle Rechtsnorm an das Verbrechen des Mordes
eine bestimmte Strafe knüpft, so ist dieser Sachverhalt nicht korrekt
beschrieben, wenn die Tatsache, daß ein Mensch einen Mord begangen
hat, als die Bedingung der Sanktion dargestellt wird. Nicht die Tatsache
an sich, daß ein Mensch einen Mord begangen hat, sondern die Tatsache,
daß ein nach der Rechtsordnung zuständiges Organ in einem von
der Rechtsordnung bestimmten Verfahren festgestellt hat, daß ein
Mensch einen Mord begangen hat, ist die von der Rechtsordnung statuierte
Bedingung. Wenn man sagt, das Gericht habe festgestellt, daß ein
bestimmter Mensch einen bestimmten Mord begangen habe, obgleich „in Wirklichkeit"
dieser Mensch den in Frage stehenden Mord nicht begangen habe, oder das
Gericht habe festgestellt, daß ein bestimmter Mensch einen bestimmten
Mord nicht begangen habe, obgleich „in Wirklichkeit" dieser Mensch den
in Frage stehenden Mord begangen habe, so bedeutet das, daß das Gericht
die Existenz oder Nicht-Existenz eines Tatbestandes festgestellt habe,
der, nach der Meinung anderer, zur Feststellung rechtlich nicht zuständiger
Menschen, nicht besteht oder besteht.
Vom Standpunkt der durch Menschen anzuwendenden
Rechtsordnung kommen nur Meinungen von Menschen darüber in Betracht,
ob ein bestimmter Mensch einen bestimmten Mord begangen hat. Diese Meinungen
sind mehr oder weniger zuverlässig, sie mögen sich widersprechen,
der als Mörder in Betracht kommende Mensch mag die Tatsache selbst
zugeben oder leugnen. Wenn die generelle Rechtsnorm angewendet werden soll,
kann nur eine Meinung gelten. Welche, das muß durch die Rechtsordnung
bestimmt werden. Es ist die Meinung, die in der Entscheidung des Gerichtes
zum Ausdruck kommt. Sie allein ist rechtlich relevant; die Meinung aller
anderen ist rechtlich irrelevant. ... "
-
K6.1-STM Wird die Ermittlung des Sachverhalts (Tatbestands,
der Tatbestandsmerkmale) als Problem erkannt und erörtert? Nein.
-
K6.2-STM Wird erkannt und erörtert, dass
die Ermittlung der Sachverhalte (Tatbestands, der Tatbestandsmerkmale)
universales Wissen bzw. Methoden benötigt? Nein.
-
K6.3-STM Wird eine juristische Sachverhaltstheorie
(Tatbestand, Tatbestandsmerkmale) erörtert und entwickelt? Nein,
nur förmlich.
K7-STM Wird die Anwendbarkeit der Definition oder
/ und Theorie der Kategorien-Worte "Sachverhalt, Tatbestand,
Tatbestandsmerkmale" ausführlich und gründlich dargestellt sowie
anhand von Beispielen demonstriert?
Sachverhalt: Nein.
Tatbestand: Nein.
K8-STM Sonstiges für die Kategorien "Sachverhalt,
Tatbestand, Tatbestandsmerkmale" zu Berücksichtigendes? Keine.
Juristische
Psychologie
Handlungstheorie ( Treffer), Psychologie (8 Treffer),
juristische
Psychologie (0 Treffer), im einzelnen ohne Anspruch auf Vollständigkeit::
Absicht (54 Treffer), Affekt (1 Treffer),
Aufmerksamkeit
(0 Treffer),
Befinden (1 Treffer: Wohlbefinden),
bewusst
(0 Treffer), Bewusstsein (0 Treffer),
Denken (48 Treffer),
Empfind
(11 Treffer), Erinner (5 Treffer),
Fähig (218 Treffer),
Gedächtnis
(0 Treffer),
Fühl
(82 Treffer),
Handlung (284 Treffer),
Irrtum
(7 Treffer),
Können (275 Treffer),
Plan (11 Treffer),
Steuerung
(0 Treffer),
Vermeiden (31 Treffer),
Vorsatz (0 Treffer),
Wahrnehm
(10 Treffer),
Wollen (82 Treffer),
Wille (341 Treffer), Wissen
(545 Treffer),
Ziel (66 Treffer)
Psy-Zusammenfassung und Kommentar
zur rechtswissenschaftlichen Kategorie Juristische Psychologie:
Das Problem der juristischen Psychologie spielt bei Kelsen keine Rolle.
Im Sinne der Reinen Rechtslehre ist die vom Recht angewandte Psychologie
richtig, die verfahrensmäßig korrekt hervorgebracht wird, egal
wie hanebüchen sie sein mag.
K1-Psy Kommt das Kategorien-Wort "Psychologie"
im Inhaltsverzeichnis vor? Nein
K2-Psy Kommt das Kategorien-Wort "Psychologie"
im Stichwortregister vor? Nein
K3-Psy Wird das Kategorien-Wort "Psychologie"
im Text genannt, aber ohne nähere inhaltliche Erörterung?
Ja:
S.1: "... In völlig kritikloser Weise hat sich
Jurisprudenz mit Psychologie und Soziologie, mit Ethik und politischer
Theorie vermengt. Diese Vermengung mag sich daraus erklären, daß
diese Wissenschaften sich auf Gegenstände beziehen, die zweifellos
mit dem Recht in engem Zusammenhang stehen. Wenn die Reine Rechtslehre
die Erkenntnis des Rechts gegen diese Disziplinen abzugrenzen unternimmt,
so nicht etwa darum, weil sie den Zusammenhang ignoriert oder gar leugnet,
sondern darum, weil sie einen Methodensynkretismus zu vermeiden sucht,
der das Wesen der Rechtswissenschaft verdunkelt und die Schranken verwischt,
die ihr durch die Natur ihres Gegenstandes gezogen sind."
S. 60: "... daß Ethik nur ein Zweig der Psychologie
und Soziologie sei ..."
S. 89: "Ist das Prinzip der Kausalität einmal
erkannt, ist es auch auf menschliches Verhalten anwendbar. Psychologie,
Ethnologie, Geschichte, Soziologie sind Wissenschaften, die menschliches
Verhalten zum Gegenstand haben, insoweit es durch Kausalgesetze bestimmt
ist, das heißt: im Bereich der Natur oder natürlicher Wirklichkeit
vor sich geht. Wenn eine Wissenschaft als Gesellschaftswissenschaft bezeichnet
wird, weil sie auf das gegenseitige Verhalten der Menschen gerichtet ist,
unterscheidet sich eine solche Gesellschaftswissenschaft, sofern sie menschliches
Verhalten kausal zu erklären sucht, wie schon hervorgehoben, nicht
wesentlich von Naturwissenschaften, wie Physik, Biologie oder Physiologie.
Bis zu welchem Grade eine solche Kausalerklärung menschlichen Verhaltens
möglich ist, ist eine andere Frage. ... "
S. 111: "... So wie, solange es eine Religion gibt,
es eine dogmatische Theologie geben muß, die durch keine Religion-Psychologie
oder -Soziologie zu ersetzen ist, so wird es — solange es ein Recht gibt
— eine normative Rechtslehre geben. ..."
S. 215: FN
S. 411: "... in der modernen Psychologie ..."
K4-Psy Wird das Kategorien-Wort "Psychologie" im Text
auch inhaltlich erörtert?
Ja, aber dünn.
S. 415: "39. Vom Standpunkt empirischer Psychologie aus gesehen, ist
die spezifische Funktion der Vernunft das Erkennen ihr gegebener oder aufgegebener
Gegenstände. Als Vernunft bezeichnen wir die Erkenntnisfunktion des
Menschen. Normsetzung, Gesetzgebung ist aber nicht Erkenntnisfunktion.
Mit der Setzung einer Norm wird nicht ein schon gegebener Gegenstand erkannt,
so wie er ist, sondern etwas gefordert, das sein soll. In diesem Sinne
ist Normsetzung eine Funktion des Wollens, nicht des Erkennens. Eine normsetzende
Vernunft ist eine erkennende und zugleich wollende Vernunft, ist zugleich
erkennen und wollen. Es ist der in sich widerspruchsvolle Begriff der praktischen
Vernunft, der nicht nur in der als Vernunftrechtslehre sich darstellenden
Naturrechtslehre, sondern darüber hinaus in der Ethik eine entscheidende
Rolle spielt 68). Dieser Begriff der praktischen Vernunft ist theologisch-religiösen
Ursprungs."
K5-Psy Wird das Kategorien-Wort "Psychologie" vollständig
in allen drei Dimensionen (5.1 Name, 5.2 Begriffsinhalt oder Bedeutung,
5.3 Referenz) definiert? Nein.
K6-Psy Wird zu der Kategorie Psychologie eine
Theorie zitiert oder / und entwickelt? Nein.
K7-Psy Wird die Anwendbarkeit der Definition oder
/ und Theorie der Kategorie Psychologie ausführlich und gründlich
dargestellt sowie anhand von Beispielen demonstriert? Nein.
K8-Psy Sonstiges für diese Kategorie "Psychologie"
zu Berücksichtigendes? Keine.
Freie Beweiswürdigung
(richterliche Überzeugungsbildung, meinen) > Allgem.
Beweis, > jur. Beweis.
Suchbegriffe: "freie beweiswürdigung" (keine Treffer), "beweiswürdigung"
(keine Treffer), "richterliche Überzeugungsbildung" (keine Treffer),
meinen als Problem (keine Treffer), schlüssige Argumentation (0
Treffer),
Argumentation (4 Treffer),
FBW-Zusammenfassung und Kommentar
zur rechtswissenschaftlichen Kategorie Freie Beweiswürdigung, richterliche
Überzeugungsbildung, Meinen: Das Thema spielt in Kelsens
Reiner
Rechtslehre keine Rolle.
K1-FBW Kommt die Kategorien-Worte "Freie Beweiswürdigung"
oder "richterliche Überzeugungsbildung" oder "meinen" im Inhaltsverzeichnis
vor? Nein.
K2-FBW Kommt das Kategorien-Wort "Freie Beweiswürdigung"
oder "richterliche Überzeugungsbildung" oder "meinen" im Stichwortregister
vor? Nein.
K3-FBW Wird das Kategorien-Wort "Freie Beweiswürdigung"
oder "richterliche Überzeugungsbildung" oder "meinen" im Text genannt,
aber ohne nähere inhaltliche Erörterung? Nein.
K4-FBW Wird das Kategorien-Wort im Text "Freie
Beweiswürdigung" oder "richterliche Überzeugungsbildung" oder
"meinen" auch inhaltlich erörtert? Nein.
K5-FBW Wird das Kategorien-Wort "Freie Beweiswürdigung"
oder "richterliche Überzeugungsbildung" oder "meinen" vollständig
in allen drei Dimensionen (5.1 Name, 5.2 Begriffsinhalt oder Bedeutung,
5.3 Referenz) definiert? Nein.
K6-FBW Wird zu der Kategorie "Freie Beweiswürdigung"
oder "richterliche Überzeugungsbildung" oder "meinen" eine Theorie
zitiert oder / und entwickelt? Nein.
-
K6.1-FBW Wird das bloße "meinen" als wissenschaftsfremdes
Problem kritisch erörtert? Nein.
-
K6.2-FBW Werden Kriterien für die freie Beweiswürdigung
erörtert? Nein.
-
K6.3-FBW Werden Kriterien für die richterliche
Überzeugungsbildung erörtert? Nein.
K7-FBW Wird die Anwendbarkeit der Definition oder
/ und Theorie der Kategorie "Freie Beweiswürdigung" oder "richterliche
Überzeugungsbildung" oder "meinen" ausführlich und gründlich
dargestellt sowie anhand von Beispielen demonstriert? Nein.
K8-FBW Sonstiges für die Kategorie "Freie
Beweiswürdigung" oder "richterliche Überzeugungsbildung" oder
"meinen" zu Berücksichtigendes? Keine.
Herrschende
Meinung > Grundfragen
zur "herrschenden Meinung = herrschende Ansicht (Österreich)
Suchwort "herrschende Meinung" (0 Treffer ), h.M. (0
Treffer).
hMei-Zusammenfassung und Kommentar
zur rechtswissenschaftlichen Kategorie herrschende Meinung (hM): Das
Thema herrschende Meinung spielt in Kelsens Reiner Rechtslehre keine
Rolle.
K1-hMei Kommt das Kategorien-Wort "herrschende
Meinung" im Inhaltsverzeichnis vor? Nein.
K2-hMei Kommt das Kategorien-Wort "herrschende
Meinung" im Stichwortregister vor? Nein.
K3-hMei Wird das Kategorien-Wort "herrschende
Meinung" im Text genannt, aber ohne nähere inhaltliche Erörterung?
Nein.
K4-hMei Wird das Kategorien-Wort im Text "herrschende
Meinung" auch inhaltlich erörtert? Nein.
K5-hMei Wird das Kategorien-Wort "herrschende
Meinung" vollständig in allen drei Dimensionen (5.1 Name, 5.2 Begriffsinhalt
oder Bedeutung, 5.3 Referenz) definiert? Nein.
K6-hMei Wird zu der Kategorie herrschende Meinung
eine Theorie zitiert oder / und entwickelt? Nein.
K7-hMei Wird die Anwendbarkeit der Definition
oder / und Theorie der Kategorie herrschende Meinung ausführlich und
gründlich dargestellt sowie anhand von Beispielen demonstriert?
Nein.
K8-hMei Sonstiges für die Kategorie herrschende
Meinung zu Berücksichtigendes? Keine
Subsumtion
Suchbegriff "subsum" (0 Treffer)
Sub-Zusammenfassung und Kommentar
zur rechtswissenschaftlichen Kategorie der Subsumtion: Das Thema spielt
keine Rolle in der Reinen Rechtslehre Kelsens.
K1-Sub Kommt das Kategorien-Wort "Subsumtion"
im Inhaltsverzeichnis vor? Nein.
K2-Sub Kommt das Kategorien-Wort "Subsumtion"
im Stichwortregister vor? Nein.
K3-Sub Wird das Kategorien-Wort "Subsumtion" im
Text genannt, aber ohne nähere inhaltliche Erörterung? Ja
S. 137f: "... Wenn das Recht im objektiven Sinne
Norm, oder ein System von Normen, eine nor-[>138] mative Ordnung, das Recht
im subjektiven Sinne aber etwas davon gänzlich Verschiedenes, nämlich:
Interesse, ist, kann objektives und subjektives Recht nicht unter einem
gemeinsamen Oberbegriff subsummiert werden. ..."
S. 198: "Nach der Natur des Geltungsgrundes kann
man zwei verschiedene Typen von Normensystemen unterscheiden: einen statischen
und einen dynamischen Typus. Die Normen einer Ordnung des ersten Typus
gelten, das heißt: das von ihnen bestimmte Verhalten der Menschen
wird als gesollt angesehen kraft ihres Inhaltes: weil ihre Geltung auf
eine Norm zurückgeführt werden kann, unter deren Inhalt sich
der Inhalt der die Ordnung bildenden Normen als das Besondere unter das
Allgemeine subsummieren läßt. ..."
K4-Sub Wird das Kategorien-Wort "Subsumtion" im Text
auch inhaltlich erörtert? Nein.
K5-Sub Wird das Kategorien-Wort "Subsumtion" vollständig
in allen drei Dimensionen (5.1 Name, 5.2 Begriffsinhalt oder Bedeutung,
5.3 Referenz) definiert? Nein.
K6-Sub Wird zu der Kategorie Subsumtion eine Theorie
zitiert oder / und entwickelt? Nein.
K7-Sub Wird die Anwendbarkeit der Definition oder
/ und Theorie der Subsumtion ausführlich und gründlich dargestellt
sowie anhand von Beispielen demonstriert? Nein.
K8-Sub Sonstiges für die Kategorie "Subsumtion"
zu Berücksichtigendes? Nein.
Rang (Rangfolge,
Hierarchie, Konflikte, Probleme) > Grundfragen
zum Rang der Normen.
Suchworte "Rang" (48 Treffer), "Rangfolge" (0 Treffer),"Normenrang"
(0
Treffer), "Hierarchie" (0 Treffer), "Konflikt" (88 Treffer),
"Normkonflikt" (1 Treffer), "Normenkonflikt" (9 Treffer), "Anwendungsvorrang"
(0 Treffer), "Normenpyramide" (0 Treffer), "Verfassungsrang"
(0 Treffer). "Instanzen" (5 Treffer), "Bundesverfassungsgericht"
(0 Treffer)
Rg-Zusammenfassung und Kommentar
zum Rang (Rangfolge, Hierarchie, Konflikte, Rangprobleme): Hier gibt es
verschiedene Ebenen: Das Thema Rang, Rangfolge, Normhierarchie, Normkonflikte
und Rangprobleme wird von Kelsen hauptsächlich unter dem Wort "Normenkonflikt"
und im Kapitel V (Rechtsdynamik) erörtert. Die Grundfragen
zum Rang der Normen werden nicht beantwortet.
K1-Rg Kommt das Kategorien-Wort "Rang" ... im Inhaltsverzeichnis
vor? Nein
Rang: Nein
Normenhierarchie: Nein.
Normenkonflikt: Nein
Konflikt: Ja
e) Die logische Einheit der Rechtsordnung; Normkonflikte 209
j) Konflikt zwischen Normen verschiedener Stufen 271
b) Kein Konflikt zwischen Völkerrecht und staatlichem Recht 330
K2-Rg Kommt das Kategorien-Wort "Rang" ... im
Stichwortregister vor?
Rang: Nein
Normenhierarchie: Nein
Normenkonflikt Ja: Normenkonflikte 26, 209ff., 271ff., 329ff., 358
Konflikt Ja
Konflikt
- zwischen Normen (Normenkonflikt) 26, 209ff., 271ff., 280, 329ff.,
358
- zwischen Gerechtigkeit und positivem Recht 360f.
- zwischen Völkerrecht und staatlichem Recht 329ff..
Interessenkonflikt 214, 249
möglicher Konflikt zwischen Moral und Recht 32
K3-Rg Wird das Kategorien-Wort "Rang" ... im Text genannt,
aber ohne nähere inhaltliche Erörterung?
Rang: Ja:
S. 341f: "... So behaupten die Vertreter des Primates
der Völkerrechtsordnung, daraus, daß das Völkerrecht dem
staatlichen Recht übergeordnet, ihm gegenüber die höhere
Rechtsordnung sei, [>342] folge, daß im Falle eines Konfliktes zwischen
beiden das Völkerrecht den Vorrang habe, das heißt: das ihm
widersprechende staatliche Recht nichtig sei. Wie aus vorher Gesagtem ersichtlich,
kann ein solcher Normenkonflikt zwischen Völkerrecht und staatlichem
Recht gar nicht vorliegen. ..."
S. 111: "... So wie, solange es eine Religion gibt,
es eine dogmatische Theologie geben muß, die durch keine Religion-Psychologie
oder -Soziologie zu ersetzen ist, so wird es — solange es ein Recht gibt
— eine normative Rechtslehre geben. Deren Rang im Gesamtsystem der Wissenschaften
ist eine andere, eine untergeordnete Frage. ... "
S. 350: "... Denn die Notwendigkeit einer „Interpretation"
ergibt sich gerade daraus, daß die anzuwendende Norm oder das System
von Normen mehrere Möglichkeiten offen läßt, das heißt
aber: noch keine Entscheidung darüber enthält, welches der im
Spiele stehenden Interessen das höherwertige ist, diese Entscheidung,
diese Rangbestimmung der Interessen vielmehr einem erst zu setzenden Akt
der Normerzeugung — dem richterlichen Urteil z. B. — überläßt."
S. 384: "b) Auch der zweiten Forderung des kommunistischen
Gerechtigkeitsprinzipes gegenüber, jedem nach seinen Bedürfnissen,
entsteht die Frage, ob dabei ein subjektives oder ein objektives Kriterium
vorausgesetzt ist, ob unter „Bedürfnis" zu verstehen ist, was jeder
einzelne tatsächlich als Bedürfnis empfindet, insbesondere, ob
dieser Forderung gemäß alle Bedürfnisse in diesem subjektiven
Sinne befriedigt werden sollen; oder ob nur die von der Gesellschaftsordnung
als der Befriedigung würdig anerkannten Bedürfnisse und nur in
einem von der Gesellschaftsordnung bestimmten Rang und nur mit den von
der Gesellschaftsordnung bestimmten Mitteln befriedigt werden sollen. ..."
S. 385: "... Der wahre Sinn des kommunistischen
Gerechtigkeitsprinzipes kann nur sein: Jeder soll nach seinen der Gesellschaftsordnung
gemäß festgestellten Fähigkeiten die ihm von der Gesellschaftsordnung
auferlegte Arbeit leisten; und jedem sollen die von der Gesellschaftsordnung
anerkannten Bedürfnisse in ihrem von der Gesellschaftsordnung bestimmten
Rang, mit den durch die Gesellschaftsordnung bestimmten Mitteln befriedigt
werden. ..."
S. 428: "... Selbst zum Offizier avanciert, mag
er auf Grund seines Rechtsgefühls diese differentielle Behandlung
als gerecht billigen, weil er jetzt — emotional bestimmt — die Gerechtigkeitsnorm
voraussetzt, daß jeder nach seinem Rang behandelt werden soll. ..."
S. 437: "... Die Verderbnis der Menschen während
der dem goldenen Zeitalter nachfolgenden Geschichtsperioden macht das positive
Recht als eine Sanktionen statuierende Zwangsordnung, mit seinen Institutionen
des Staates, der Klassen- und Rangunterschiede, des Individualeigentums,
der Unterschiede zwischen Besitzenden und Besitzlosen, Freien und Sklaven
usw. notwendig. ..."
Normenhierarchie: Nein.
Normenkonflikte: Nein, > K4-Rg.
Konflikt: Ja: - zwischen Normen (Normenkonflikt) 26, 209ff., 271ff.,
280, 329ff., 358
K4-Rg Wird das Kategorien-Wort "Rang" im Text auch
inhaltlich erörtert?
Rang: Ja. S. 196ff: höhere Norm;
Normenhierarchie: Nein.
Normenkonflikte Ja:
S. 209ff:
"e) Die logische Einheit der Rechtsordnung; Normenkonflikte
Da die Grundnorm der Geltungsgrund aller zu einer und derselben Rechtsordnung
gehörigen Normen ist, konstituiert sie die Einheit in der Vielheit
dieser Normen. Diese Einheit drückt sich auch darin aus, daß
eine Rechtsordnung in Rechtssätzen beschrieben werden kann, die sich
nicht widersprechen. Es kann natürlich die Möglichkeit nicht
geleugnet werden, daß Rechtsorgane tatsächlich Normen setzen,
die miteinander in Konflikt stehen. Das heißt: daß sie Akte
setzen, deren subjektiver Sinn ein Sollen ist und daß, wenn dies
auch als ihr objektiver Sinn gedeutet wird, wenn sie als Normen angesehen
werden, diese Normen miteinander in Konflikt stehen. Ein solcher Normenkonflikt
liegt vor, wenn die eine Norm ein Verhalten als gesollt, die andere ein
damit unvereinbares Verhalten als gesollt bestimmt. Wenn z. B. die eine
Norm bestimmt, daß Ehebruch bestraft, die andere, daß Ehebruch
nicht bestraft werden soll; oder wenn die eine Norm bestimmt, daß
Diebstahl mit Tod, die andere, daß Diebstahl mit Gefängnis (also
nicht mit Tod) bestraft werden soll. Dieser Konflikt ist, wie im Vorhergehenden
gezeigt *), kein logischer Widerspruch im strengen Sinne des Wortes, obgleich
man zu sagen pflegt, daß sich beide Normen „widersprechen". Denn
logische Prinzipien und insbesondere der Satz vom Widerspruch sind auf
Aussagen anwendbar, die wahr oder unwahr sein können; und ein logischer
Widerspruch zwischen zwei Aussagen besteht darin, daß nur die eine
oder die andere Aussage wahr sein kann; daß, wenn die eine wahr ist,
die [>210] andere unwahr sein muß. Eine Norm ist aber weder
wahr noch unwahr, sondern gültig oder ungültig. Aber die eine
normative Ordnung beschreibende Aussage, daß gemäß dieser
Ordnung eine bestimmte Norm gilt, und insbesondere der eine Rechtsordnung
beschreibende Rechtssatz, daß gemäß dieser Rechtsordnung
unter bestimmten Bedingungen ein bestimmter Zwangsakt gesetzt oder nicht
gesetzt werden soll, kann — wie gezeigt — wahr oder unwahr sein. Daher
können logische Prinzipien im allgemeinen und daher kann der Satz
vom Widerspruch im besonderen auf Rechtsnormen beschreibende Rechtssätze
und sohin indirekt auch auf Rechtsnormen angewendet werden. Es ist somit
keineswegs so abwegig, zu sagen, daß zwei Rechtsnormen einander „widersprechen".
Und daher kann nur eine von beiden als objektiv gültig angesehen werden.
Daß A sein soll und zugleich nicht sein soll, ist ebenso sinnlos,
wie daß A ist und zugleich nicht ist. Ein Normenkonflikt stellt ebenso
wie ein logischer Widerspruch etwas Sinnloses dar.
Da aber die Erkenntnis des Rechts — wie jede Erkenntnis
— ihren Gegenstand als sinnvolles Ganze zu begreifen und in widerspruchslosen
Sätzen zu beschreiben sucht, geht sie von der Annahme aus, daß
Normenkonflikte innerhalb des ihr gegebenen — richtiger, aufgegebenen —
Normenmaterials im Wege der Interpretation gelöst werden können
und gelöst werden müssen. Da die Struktur der Rechtsordnung ein
Stufenbau einander über- und untergeordneter Normen ist, wobei eine
Norm höherer Stufe die Erzeugung der Norm niederer Stufe bestimmt,
stellt sich das Problem des Normenkonfliktes innerhalb einer Rechtsordnung
in verschiedener Weise, je nachdem ob es sich um einen Konflikt zwischen
Normen derselben Stufe oder um einen Konflikt zwischen einer Norm höherer
und einer Norm niederer Stufe handelt. Hier sollen zunächst nur Konflikte
zwischen Normen derselben Stufe in Betracht gezogen werden. Handelt es
sich um generelle Normen, die von ein und demselben Organ aber zu verschiedenen
Zeiten gesetzt wurden, hebt die Geltung der später gesetzten Norm
die Geltung der früher gesetzten, ihr widersprechenden Norm nach dem
Grundsatz lex posterior derogat priori auf. Da das normsetzende
Organ — etwa der Monarch oder das Parlament — normaler Weise zur Setzung
abänderbarer und sohin aufhebbarer Normen ermächtigt ist, kann
der Grundsatz lex posterior derogat priori als in der Ermächtigung
mitinbegriffen angenommen werden. Dieser Grundsatz findet auch Anwendung,
wenn die miteinander in Konflikt stehenden Normen von zwei verschiedenen
Organen gesetzt sind, wenn z. B. die Verfassung den Monarch und das Parlament
ermächtigt, denselben Gegenstand durch generelle Normen zu regeln,
oder Gesetzgebung und Gewohnheit als rechtserzeugende Tatbestände
eingesetzt sind. Die miteinander in Konflikt stehenden Normen können
gleichzeitig, das heißt mit einem und demselben Akt von einem und
demselben Organ gesetzt sein, so daß der Grundsatz der lex posterior
nicht an-[>211]gewendet werden kann; so wenn sich in ein und demselben
Gesetz zwei einander widersprechende Bestimmungen finden, etwa: daß,
wer Ehebruch begangen hat, bestraft, und: daß, wer Ehebruch begangen
hat, nicht bestraft werden soll; oder daß jeder, der ein in dem Gesetz
bestimmtes Delikt begangen hat, bestraft werden soll, und: daß Personen
unter 14 Jahren nicht bestraft werden sollen. Dann ergeben sich folgende
Möglichkeiten, den Konflikt zu lösen: Entweder die beiden Bestimmungen
können dahin verstanden werden, daß dem zur Anwendung des Gesetzes
ermächtigten Organ, einem Gericht z. B., die Wahl zwischen den beiden
Normen überlassen ist; oder wenn — wie im zweiten Beispiel — die beiden
Normen sich nur teilweise widersprechen, daß die eine Norm die Geltung
der anderen einschränkt. Der das Recht beschreibende Rechtssatz lautet
nicht: wenn jemand Ehebruch begeht, soll er bestraft und soll er nicht
bestraft werden, sondern: wenn jemand Ehebruch begeht, soll er bestraft
oder nicht bestraft werden; und nicht: jeder, der ein in dem Gesetz bestimmtes
Delikt begangen hat, soll bestraft werden und Personen unter 14 Jahren
sollen nicht bestraft werden, sondern: jeder der ein in dem Gesetz bestimmtes
Delikt begangen hat, mit Ausnahme von Personen unter 14 Jahren, soll bestraft
werden. Wenn weder die eine noch die andere Interpretation möglich
ist, schreibt der Gesetzgeber etwas Sinnloses vor, liegt ein sinnloser
Normsetzungsakt und sohin überhaupt kein Akt vor, dessen subjektiver
Sinn als sein objektiver Sinn gedeutet werden kann, und sohin liegt keine
objektiv gültige Rechtsnorm vor; und dies obgleich der Akt grundnormgemäß
gesetzt wurde. Denn die Grundnorm verleiht nicht jedem Akt den objektiven
Sinn einer gültigen Norm, sondern nur einem Akt, der einen Sinn hat,
und zwar den subjektiven Sinn, daß sich Menschen in bestimmter Weise
verhalten sollen. Der Akt muß — in diesem normativen Sinne — sinnvoll
sein. ..."
K5-Rg Wird das Kategorien-Wort "Rang" vollständig
in allen drei Dimensionen (5.1 Name, 5.2 Begriffsinhalt oder Bedeutung,
5.3 Referenz) definiert? Nein.
K6-Rg Wird zu der Kategorie Rang eine Theorie zitiert
oder / und entwickelt? Ja. Kapitel V.
K7-Rg Wird die Anwendbarkeit der Definition oder
/ und Theorie der Kategorie Rang ausführlich und gründlich dargestellt
sowie anhand von Beispielen demonstriert? Nein.
K8-Rg Sonstiges für die Kategorie "Rang" zu
Berücksichtigendes? Keine.
Konkurrenzen
Suchwort "Konkurrenz" (0 Treffer).
Kku-Zusammenfassung und Kommentar
zur rechtswissenschaftlichen Kategorie Konkurrenzen: Das Thema spielt
in Kelsens Reiner Rechtslehre keine Rolle.
K1-Kku Kommt das Kategorien-Wort "Konkurrenzen"
im Inhaltsverzeichnis vor? Nein.
K2-Kku Kommt das Kategorien-Wort "Konkurrenzen"
im Stichwortregister vor? Nein.
K3-Kku Wird das Kategorien-Wort "Konkurrenzen"
im Text genannt, aber ohne nähere inhaltliche Erörterung? Nein.
K4-Kku Wird das Kategorien-Wort "Konkurrenzen"
im Text auch inhaltlich erörtert? Nein.
K5-Kku Wird das Kategorien-Wort "Konkurrenzen"
vollständig in allen drei Dimensionen (5.1 Name, 5.2 Begriffsinhalt
oder Bedeutung, 5.3 Referenz) definiert? Nein.
K6-Kku Wird zu der Kategorie Konkurrenzen eine
Theorie zitiert oder / und entwickelt? Nein.
K7-Kku Wird die Anwendbarkeit der Definition oder
/ und Theorie der Kategorie ausführlich und gründlich dargestellt
sowie anhand von Beispielen demonstriert? Nein.
K8-Kku Sonstiges für die Kategorie "Konkurrenzen"
zu Berücksichtigendes? Keine
Luecken
> Grundfragen zu Luecken.
Suchwort "Lücke" (32 Treffer).
Lue-Zusammenfassung und Kommentar
zur rechtswissenschaftlichen Kategorie Lücke(n):: Kelsen anerkennt
Lücken und die Aufgabe, sie zu schließen, was er erörtert
und problematisiert.
K1-Lue Kommt das Kategorien-Wort Lücke im
Inhaltsverzeichnis vor?
Ja: "Die sogenannten „Lücken" im Recht" 251
K2-Lue Kommt das Kategorien-Wort "Lücke" im Stichwortregister
vor?
Ja:
"Lücken
— im Recht 251ff.
- — echte und technische 254
- — als Differenz zwischen positivem Recht und Wunschrecht 254
- — als Fiktion 253
- — und Interpretation 353"
K3-Lue Wird das Kategorien-Wort "Lücke" im Text
genannt, aber ohne nähere inhaltliche Erörterung?
K4-Lue Wird das Kategorien-Wort "Lücke" im Text
auch inhaltlich erörtert?
K5-Lue Wird das Kategorien-Wort "Lücke" vollständig
in allen drei Dimensionen (5.1 Name, 5.2 Begriffsinhalt oder Bedeutung,
5.3 Referenz) definiert? Nein.
K6-Lue Wird zu der Kategorie Lücke eine Theorie
zitiert oder / und entwickelt? Ja
S. 251ff:
"Gamma) Die sogenannten „Lücken" im Recht
Aus dem Vorhergehenden ergibt sich, daß eine Rechtsordnung von
einem Gericht auf einen konkreten Fall immer angewendet werden kann, auch
in dem Falle, daß die Rechtsordnung nach Ansicht des Gerichtes keine
generelle Norm enthält, durch die das Verhalten des Beklagten oder
Angeklagten in positiver Weise, das heißt in der Weise geregelt ist,
daß ihm die Pflicht zu einem Verhalten auferlegt ist, das er nach
Behauptung des privaten Klägers oder des öffentlichen Anklägers
nicht an den Tag gelegt hat. Denn in diesem Fall ist sein Verhalten von
der Rechtsordnung negativ, das heißt dadurch geregelt, daß
ihm dieses Verhalten rechtlich nicht verboten und in diesem Sinne erlaubt
ist. Dieser Fall wird jedoch in der traditionellen Jurisprudenz — unter
gewissen Umständen — als eine „Lücke" der Rechtsordnung gedeutet.
Worauf es bei Beurteilung der Lückentheorie
ankommt, ist: die Umstände zu bestimmen, unter denen nach dieser Theorie
eine „Lücke" im Recht vorliegt. Nach dieser Theorie ist das geltende
Recht in einem konkreten Fall nicht anwendbar, wenn keine generelle Rechtsnorm
sich auf diesen Fall bezieht. Daher muß das Gericht, das den Fall
zu entscheiden hat, diese Lücke durch Erzeugung einer entsprechenden
Rechtsnorm ausfüllen. Das Wesentliche dieser Argumentation liegt darin,
daß die Anwendung des geltenden Rechts, als ein Schluß vom
Allgemeinen auf das Besondere, in diesem Falle logisch nicht möglich
sei, da es an der notwendigen Premisse, der generellen Norm, fehle. Diese
Theorie
ist irrig, denn sie beruht auf der Ignorierung der Tatsache, daß,
wenn die Rechtsordnung keine Pflicht eines Individuums zu einem bestimmten
Verhalten statuiert, sie dieses Verhalten erlaubt. Die Anwendung der geltenden
Rechtsordnung ist in dem Fall, in dem die traditionelle Theorie eine Lücke
annimmt, nicht logisch unmöglich. Zwar ist in diesem Falle die Anwendung
einer einzelnen Rechtsnorm nicht möglich, aber die Anwendung der Rechtsordnung,
und auch das ist Rechtsanwendung, ist möglich. Rechtsanwendung ist
nicht logisch ausgeschlossen. Tatsächlich nimmt man keineswegs in
allen Fällen, in denen die von dem Kläger oder Ankläger
behauptete Pflicht des Beklagten oder Angeklagten durch keine Norm des
geltenden Rechts statuiert ist, die Existenz einer „Lücke" an. Sieht
[>252] man näher zu, so zeigt sich, daß die Existenz einer „Lücke"
nur dann angenommen wird, wenn der Mangel einer solchen Rechtsnorm von
dem rechtsanwendenden Organ als rechtspolitisch unerwünscht angesehen
und daher die logisch mögliche Anwendung des geltenden Rechtes aus
diesem rechtspolitischen Grunde abgelehnt, weil von dem rechtsanwendenden
Organ als unbillig oder ungerecht angesehen wird. Aber als unbillig oder
ungerecht kann die Anwendung der geltenden Rechtsordnung nicht nur dann
angesehen werden, wenn diese keine generelle Norm enthält, die dem
Beklagten oder Angeklagten eine bestimmte Pflicht auferlegt, sondern auch,
wenn sie eine solche Rechtsnorm enthält. Die Tatsache, daß die
Rechtsordnung keine Rechtsnorm enthält, die auf Elektrizitätsdiebstahl
eine Strafe setzt, kann ebenso als unbillig oder ungerecht angesehen werden
wie die Tatsache, daß eine Rechtsordnung eine Rechtsnorm enthält,
die auf Raubmord ebenso anzuwenden ist wie auf den Fall, daß ein
Sohn seinen an einem unheilbaren Leiden erkrankten Vater auf dessen Wunsch
tötet. Eine Lücke in dem Sinne logischer Unanwendbarkeit des
geltenden Rechtes liegt in dem einen Fall ebensowenig vor wie in dem anderen;
und es ist zumindest inkonsequent, nur in dem einen, nicht aber in dem
anderen eine Lücke anzunehmen. Dazu kommt, daß das Urteil, demzufolge
das Fehlen einer Rechtsnorm bestimmten Inhaltes unbillig oder ungerecht
ist, ein höchst relatives Werturteil darstellt, das ein entgegengesetztes
Werturteil keineswegs ausschließt. Enthält eine Rechtsordnung
keine generelle Rechtsnorm, die die Verpflichtung zur Gutmachung eines
durch einen Angestellten verursachten Schadens dem Unternehmer auferlegt,
in dessen Geschäftsbetrieb der Schaden verursacht wurde, muß
daher das Gericht eine gegen den Unternehmer gerichtete Klage abweisen
und kann nur einer gegen den Angestellten gerichteten Klage stattgeben,
wird die Anwendung der geltenden Rechtsordnung von einem Sozialisten als
unbefriedigend, von einem Liberalen aber als durchaus befriedigend beurteilt
werden. Das Fehlen einer generellen Rechtsnorm, das zur Abweisung einer
Klage oder zum Freispruch eines Angeklagten führt, wird von diesem
oder dem Beklagten zumeist als befriedigend und daher als billig oder gerecht,
von dem Kläger oder Ankläger als unbefriedigend und daher als
unbillig oder ungerecht angesehen werden.
... ..."
S. 253: "... Die rein erkenntnismäßige
Interpretation der Rechtswissenschaft ist daher auch unfähig, angebliche
Lücken im Recht auszufüllen. Die Ausfüllung einer sogenannten
Lücke im Recht ist eine rechtserzeugende Funktion, die nur von einem
rechtsanwendenden Organ geleistet werden kann*);"
K7-Lue Wird die Anwendbarkeit der Definition oder
/ und Theorie der Kategorie Lücken ausführlich und gründlich
dargestellt sowie anhand von Beispielen demonstriert? Teilweise >
K6-Lue
K8-Lue Sonstiges für die Kategorie "Lücke"
zu Berücksichtigendes? Ja: Fiktion.
In der Lückentheorie nimmt der Begriff der Fiktion eine wichtige
Rolle ein, die aber nicht erklärt wird
S. 98f: "Mitunter leugnet man zwar nicht, daß
der Wille des Menschen, wie alles Geschehen, tatsächlich kausal bestimmt
ist, behauptet aber, man müsse, um moralisch-rechtliche Zurechnung
möglich zu machen, den Menschen so betrachten, als ob sein Wille frei
wäre; das heißt: man glaubt die Freiheit des Willens, seine
kausale Nichtbestimmtheit als eine notwendige Fiktion aufrechterhalten
[>99] zu müssen *). Allein wenn Zurechnung als eine von der Kausalität
verschiedene, mit ihr jedoch keineswegs in Widerspruch stehende Verknüpfung
von Tatbeständen erkannt ist, bedarf es dieser Fiktion nicht; sie
erweist sich als völlig überflüssig." > FN (Kant).
S. 104: FN Kant.
S. 154: "Organ einer Gemeinschaft ist ein Individuum,
sofern es eine Funktion ausübt, die der Gemeinschaft zugeschrieben*)
werden kann, eine Funktion, von der man daher sagt, daß sie die als
Person gedachte Gemeinschaft durch das als ihr Organ fungierende Individuum
ausübt. Darin liegt eine Fiktion, denn es ist nicht die Gemeinschaft,
es ist ein menschliches Individuum, das die Funktion ausübt. Organ
einer Gemeinschaft ist ein Individuum, sofern es eine Funktion ausübt,
die der Gemeinschaft zugeschrieben *) werden kann, eine Funktion, von der
man daher sagt, daß sie die als Person gedachte Gemeinschaft durch
das als ihr Organ fungierende Individuum ausübt. Darin liegt eine
Fiktion, denn es ist nicht die Gemeinschaft, es ist ein menschliches Individuum,
das die Funktion ausübt. ..."
S. 165: FN
S. 166: "... Diese Darstellung des Sachverhaltes,
in der das Wesen der gesetzlichen Stellvertretung zum Ausdruck kommt, beruht
ebenso wie die Darstellung des Sachverhaltes im Falle der Organschaft auf
einer Fiktion: der Fiktion der Zuschreibung. Denn ebenso wie es nicht die
Gemeinschaft, sondern das als Organ bezeichnete Individuum ist, ist es
nicht der Handlungsunfähige, sondern sein gesetzlicher Stellvertreter,
der das rechtlich relevante Verhalten an den Tag legt. Nur mit Hilfe dieser
Fiktion kann die Gemeinschaft als handelnde Person, kann der Handlungsunfähige
als handlungsfähig und damit als rechtsfähig, das heißt
als Subjekt von Pflichten und Rechten angesehen werden."
S. 182: "... in dieser anthropomorphen Metapher
einer Fiktion von der gleichen Art ..."
S. 184: "... ohne Zuhilfenahme der Fiktion einer
Zuschreibung ..."
S. 185: "... Zuschreibung eines Deliktes zu einer
Körperschaft eine Fiktion involviert. ..."
S. 223: FN "*) Die von manchen Autoren — und ursprünglich
auch von mir — vertretene Lehre, derzufolge die Norm pacta sunt servanda
als Grundlage des Völkerrechts anzusehen sei, lehne ich ab, da sie
nur mit Hilfe der Fiktion aufrechterhalten werden kann, daß die Staatengewohnheit
ein stillschweigender Vertrag ist."
S. 253: "... Da das aber tatsächlich
nicht möglich ist, da eine Rechtsordnung immer anwendbar ist und auch
angewendet wird, wenn das Gericht die Klage aus dem Grunde abweisen muß,
weil die Rechtsordnung keine generelle Norm enthält, die dem Beklagten
die von dem Kläger behauptete Pflicht auferlegt, ist die Voraussetzung,
von der die zitierte Bestimmung ausgeht, eine Fiktion. Sie besteht darin,
daß ein auf einem subjektiven, moralisch-politischen Werturteil beruhender
Mangel einer bestimmten Rechtsnorm innerhalb einer Rechtsordnung als logische
Unmöglichkeit ihrer Anwendung dargestellt wird.
Zu dem Gebrauch dieser Fiktion mag der Gesetzgeber
durch die Einsicht veranlaßt werden, daß die Anwendung der
von ihm gesetzten generellen Norm unter gewissen von ihm nicht vorausgesehenen
und nicht voraussehbaren Umständen zu einem unbefriedigenden Ergebnis
führen kann, und daß es daher empfehlenswert ist, das Gericht
zu ermächtigen, in solchen Fällen anstatt die den Inhalt seiner
Entscheidung vorausbestimmenden generellen Normen eine von dem Gericht
selbst zu erzeugende, den von dem Gesetzgeber nicht vorausgesehenen
Umständen angepaßte individuelle Rechtsnorm zu setzen. Würde
er diese Ermächtigung in einer theoretisch richtigen Weise, das heißt
ohne jede Fiktion formulieren, müßte er bestimmen: wenn die
Anwendung der geltenden Rechtsordnung nach der moralisch-politischen Anschauung
des Gerichtes in dem ihm vorliegenden Fall unbefriedigend ist, kann das
Gericht den Fall nach seinem Ermessen entscheiden. Eine solche Formulierung
würde aber dem Gericht eine offenbar viel zu weitgehende Machtbefugnis
einräumen. Der Richter wäre ermächtigt, nach seinem Ermessen
zu entscheiden, wenn immer er die Anwendung der geltenden Rechtsordnung
für unbefriedigend hält, insbesondere auch dann, wenn er die
Anwendung einer generellen Rechtsnorm für unbefriedigend hält,
die dem Beklagten oder Angeklagten die Pflicht auferlegt, die er nach Behauptung
des Klägers oder Anklägers verletzt hat."
S. 254: ... "zu der Fiktion, daß die geltende
Rechtsordnung in gewissen Fällen — nicht aus einem subjektiven, moralisch-politischen,
sondern — aus einem objektiven, logischen Grunde nicht angewendet werden
kann, daß der Richter nur dann als Gesetzgeber fungieren darf, wenn
das Recht eine Lücke hat."
S. 302: "... Da man im juristischen Sprachgebrauch
Interesse mit Wille mehr oder weniger identifiziert, indem man annimmt,
daß, was ein Mensch „will", sein Interesse ist, glaubt man das Wesen
der Repräsentation darin zu sehen, daß der Wille des Repräsentanten
der Wille des Repräsentierten ist, daß der Repräsentant
mit seiner Aktion nicht den eigenen, sondern den Willen des Repräsentierten
realisiert. Das ist eine Fiktion, selbst dann, wenn der Wille des Repräsentanten
durch den Willen des Repräsentierten mehr oder weniger gebunden ist,
wie im Falle der rechtsgeschäftlichen Vertretung oder der Repräsentation
unter einer ständischen Verfassung, nach deren Bestimmung die Vertreter
der Stände an die Instruktion ihrer Wähler gebunden sind und
von diesen jederzeit abberufen werden können. ..."
S. 303: "Die Frage ist nur, unter welcher Bedingung
man sich in einer wissenschaftlichen Darstellung des Rechts der Fiktion
bedienen darf, die in der Zuschreibung der von einem bestimmten Individuum
geleisteten Funktion zu einer juristischen Person oder zu einem anderen
Individuum gelegen ist, oder, mit anderen Worten: unter welchen Bedingungen
der Gebrauch der Begriffe Organschaft, Stellvertretung oder Repräsentation
wissenschaftlich legitim ist: Unter der Voraussetzung, daß man sich
der Natur der Zuschreibung bewußt ist, und mit der Zuschreibung zu
einer juristischen Person, das ist mit Organschaft, nichts anderes aussagen
will als die Beziehung dieser Funktion auf die Einheit der sie bestimmenden,
eine Gemeinschaft konstituierenden Rechtsordnung; mit der Zuschreibung
zu einem anderen Individuum oder zu anderen, insbesondere zu allen die
Staatsgemeinschaft bildenden Individuen, dem Staatsvolk, das ist mit Stellvertretung
oder Repräsentation nichts anderes, als daß das die Funktion
ausübende Individuum rechtlich oder nur moralisch-politisch gebunden
ist, diese Funktion im Interesse des Individuums oder der Individuen auszuüben,
dem oder denen die Funktion eben darum zugeschrieben wird. Der Gebrauch
der Fiktion ist unwissenschaftlich, wenn mit der Zuschreibung einer Funktion
zu einer juristischen Person, das ist mit der Aussage, daß die juristische
Person einer Körperschaft oder des Staates die Funktion durch ein
Organ leistet, eine Pflicht erfüllt oder ein Recht ausübt, wenn
mit dieser Zuschreibung gemeint wird, daß die juristische Person
als der Träger dieser Funktion, als das Subjekt der Pflicht, die mit
ihr erfüllt, als das Subjekt des Rechtes, das mit ihr ausgeübt
wird, ein reales Wesen ist, das von den Mitgliedern der Körperschaft
oder des Staates verschieden ist; oder wenn im Falle der gesetzlichen Stellvertretung
eines Handlungsunfähigen dessen Rechtsfähigkeit fingiert oder
mit der Darstellung des Parlaments als Re[>304]präsentation des Volkes
die wesentliche Modifikation verhüllt werden soll, die das demokratische
Prinzip der Selbstbestimmung des Volkes dadurch erfährt, daß
dieses auf die Wahl des Parlaments durch eine mehr oder weniger ausgedehnte
Gruppe von Staatsbürgern eingeschränkt wird; oder wenn mit der
Behauptung, ein absoluter Monarch oder Diktator repräsentiere das
Volk, die Geltung des in Wahrheit völlig aufgehobenen Prinzipes der
Demokratie vorgetäuscht werden soll. Daher ist die oben erwähnte
Fiktion, der unabhängige Richter repräsentiere den Monarchen,
in keiner Weise rechtfertigbar. Denn da damit nicht gemeint sein kann und
nicht gemeint ist, daß der Richter seine Funktion im Interesse des
Monarchen auszuüben hat, kann nur gemeint sein, daß diese Funktion
eigentlich dem Monarchen zusteht, der sie nur aus irgendeinem Grunde dem
von ihm ernannten Richter überläßt. Diese Fiktion steht
aber selbst dann im Widerspruch zu dem positiven Recht, wenn sich ihrer
der Gesetzgeber selbst bedient, wenn das Gesetz den Richter anweist, sein
Urteil „im Namen" des Monarchen zu promulgieren. Diese Fiktion hat keinen
anderen als den politischen Zweck, die Autorität des Monarchen dadurch
zu erhöhen, daß ihm eine Funktion zugeschrieben wird, die ihm
bei dem Übergang von der absoluten zur konstitutionellen Monarchie
ausdrücklich entzogen wurde."
S. 306: " ... Aber da Zuschreibung eine nur mögliche,
keine notwendige Gedankenoperation ist und stets eine Fiktion involviert,
da es in Wahrheit nie der Staat als juristische Person, sondern ein ganz
bestimmter Mensch ist, der die in der Rechtsordnung statuierte Pflicht
erfüllt oder verletzt, kann im Sprachgebrauch dem Staat eine Pflicht
und das ihre Erfüllung darstellende Verhalten zugeschrieben werden,
ohne daß dem Staat auch die Verletzung der Pflicht zugeschrieben
wird; kann — im Interesse der Autorität des Staates, und das heißt
seiner Regierung — die Vorstellung aufrecht erhalten werden, daß
der Staat zwar — pflichtgemäß — Recht, aber nicht — in Verletzung
seiner Pflicht — Unrecht tun könne. ..."
S. 313: "... In diesem Sinne ist Staatseigentum
Kollektiveigentum, Staatsvermögen Kollektivvermögen der Staatsmitglieder,
das heißt die Zuschreibung kann ebenso wie zu der Person des Staates
zu den realen Menschen erfolgen, die die als Staat bezeichnete, durch die
Rechtsordnung konstituierte Gemeinschaft bilden. Sie involviert in beiden
Fällen eine Fiktion. ..."
S. 353: "... Rechtswissenschaftliche Interpretation
muß auf das sorgfältigste die Fiktion vermeiden, daß eine
Rechtsnorm stets nur eine, die „richtige" Deutung zuläßt. Das
ist eine Fiktion, deren sich die traditionelle Jurisprudenz zur Aufrechterhaltung
des Ideals der Rechtssicherheit bedient. Angesichts der Vieldeutigkeit
der meisten Rechtsnormen ist dieses Ideal nur annäherungsweise realisierbar.
Es soll nicht geleugnet werden, daß diese Fiktion der Eindeutigkeit
der Rechtsnormen, von irgendeinem politischen Standpunkt aus gesehen, große
Vorteile haben mag. Aber kein politischer Vorteil kann rechtfertigen, daß
von dieser Fiktion in einer wissenschaftlichen Darstellung positiven Rechts
Gebrauch gemacht wird, indem eine Interpretation, die von einem subjektiv-politischen
Standpunkt aus erwünschter ist als eine andere, logisch ebenso mögliche
Interpretation, als die von einem objektiv wissenschaftlichen Standpunkt
aus allein richtige proklamiert wird. Denn dann wird, was nur ein politisches
Werturteil ist, fälschlich als wissenschaftliche Wahrheit präsentiert.
Im übrigen kann die streng wissenschaftliche Interpretation eines
staatlichen Gesetzes oder völkerrechtlichen Vertrages, die auf Grund
kritischer Analyse alle möglichen, auch die politisch unerwünschten
und vom Gesetzgeber und den vertragschließenden Parteien vielleicht
gar nicht beabsichtigten, aber in dem von ihnen gewählten Wortlaut
eingeschlossenen Bedeutungen aufzeigt, eine praktische Wirkung haben, die
den politischen Vorteil. [>354] der Eindeutigkeitsfiktion bei weitem aufwiegt:
Eine solche wissenschaftliche Interpretation kann der rechtsetzenden Autorität
zeigen, wie weit ihr Werk hinter der rechtstechnischen Forderung bleibt,
Rechtsnormen möglichst eindeutig oder doch so zu formulieren, daß
die unvermeidliche Vieldeutigkeit auf ein Minimum beschränkt bleibt
und so der größtmögliche Grad von Rechtssicherheit erzielt
wird."
Kommentar: Wie Fiktionen als ALS OB-Urteile gerechtfertigt
werden können und sollen, erörtert Kelsen leider nicht.
Unklarheiten,
Mehrdeutigkeiten > Grundfragen
zur Unklarheit und Mehrdeutigkeit.
Suchworte "unklar" (2 Treffer), "mehrdeutig" (1 Treffer).
unk-Zusammenfassung und Kommentar
zur rechtswissenschaftlichen Kategorie unverträglich, widersprüchlich:
Obwohl Unklarheiten und Mehrdeutigkeiten im Recht eine große Rolle
spielen, wird das Thema in Kelsens Reiner Rechtslehre nur am Rande
berührt.
K1-unk Kommt eines der Kategorien-Worte "unklar,
mehrdeutig" im Inhaltsverzeichnis vor? Nein.
K2-unk Kommt eines der Kategorien-Worte "unklar,
mehrdeutig" im Stichwortregister vor? Nein.
K3-unk Wird eines der Kategorien-Worte "unklar,
mehrdeutig" im Text genannt, aber ohne nähere inhaltliche Erörterung?
Ja:
S. 318: "... unklarer Vermengung ..."
S. 344: "... In dem Gegensatz dieser beiden Formulierungen liegt weder
ein Widerspruch noch eine Unklarheit, es handelt sich nur um zwei verschiedene
Betrachtungsweisen. ..."
K4-unk Wird eines der Kategorien-Worte "unklar, mehrdeutig"
im Text auch inhaltlich erörtert?
Ja:
". 348: "... Hier steht in erster Linie die Mehrdeutigkeit eines Wortes
oder einer Wortfolge, in denen sich die Norm ausdrückt: Der sprachliche
Sinn der Norm ist nicht eindeutig; das Organ, das die Norm anzuwenden hat,
steht vor mehreren möglichen Bedeutungen. ..."
K5-unk Wird eines der Kategorien-Worte "unklar, mehrdeutig"
vollständig in allen drei Dimensionen (5.1 Name, 5.2 Begriffsinhalt
oder Bedeutung, 5.3 Referenz) definiert? Nein.
K6-unk Wird zu den Kategorie-Worten "unklar, mehrdeutig"
eine Theorie zitiert oder / und entwickelt? Nein.
K7-unk Wird die Anwendbarkeit der Definition oder
/ und Theorie der der Kategorien-Worte "unklar, mehrdeutig" ausführlich
und gründlich dargestellt sowie anhand von Beispielen demonstriert?
Nein.
K8-unk Sonstiges für die Kategorien-Worte
"unklar, mehrdeutig" zu Berücksichtigendes? Keine.
Unvertraeglichkeiten
/ Widersprüche
Suchworte "ungereimt" (0 Treffer), "unverträglich" (0 Treffer)
= "nicht verträglich" (1 Treffer), "widerspr" (209 Treffer).
unv-Zusammenfassung und Kommentar
zur rechtswissenschaftlichen Kategorie unverträglich, widersprüchlich:
Unverträglichkeiten und Widersprüche im Recht nehmen einen gewissen
Raum ein, letztlich wird aber nicht geklärt und entwickelt, wie Unverträglichkeiten
und Widersprüche zu bearbeiten und zu überwinden sind.
K1-unv Kommt eines der Kategorien-Worte "Unverträglich
/ Widerspruch" im Inhaltsverzeichnis vor? Nein
K2-unv Kommt eines der Kategorien-Worte "Unverträglich
/ Widerspruch" im Stichwortregister vor?
Ja:
"Entsprechen und Widersprechen des tatsächlichen Verhaltens 16ff.,
19
Widerspruch zwischen Normen 26, 358
Widerspruchslosigkeit der Rechtsordnung 209ff., 280, 329
Unrecht und Recht: Unrecht als Bedingung des Rechts: die Rechtsgemeinschaft
kann kein Unrecht tun 156, 185, 307
Widerspruch
— logischer, zwischen Recht und Unrecht 118, 331
— — zwischen Normen 27, 358
— — zwischen Norm und tatsächlichem Verhalten 16ff., 19, 118f.
— — zwischen Normen beschreibenden Sätzen 26f., 188f., 329
Widerspruchslosigkeit
— der Rechtsordnung 209ff., 280, 329"
K3-unv Wird eines der Kategorien-Worte "Unverträglich
/ Widerspruch" im Text genannt, aber ohne nähere inhaltliche
Erörterung? Ja, Beispiele:
S. 8 FN (zu Mally); S. 17 "... widerspricht der Norm ..."; S. 18" ...
widersprechende Norm ...", FN; S. 19; ... S. 65...; S. 66 "... widersprechende
Moralsysteme ...", FN ; S. 67f; S. 70 "... Widerspruches zwischen Moral
und Rechtsordnung, ..."; S. 74 "... einheitlichen, widerspruchslosen System
...";
K4-unv Wird eines der Kategorien-Worte "Unverträglich
/ Widerspruch" im Text auch inhaltlich erörtert?
Ja:
S. 26f: "Daraus ergibt sich, daß innerhalb
einer solchen normativen Ordnung ein und dasselbe Verhalten in diesem Sinne
„geboten" und zugleich „verboten" sein und daß diese Situation ohne
logischen Widerspruch beschrieben werden kann. [>27] Die beiden Sätze:
A soll sein, und A soll nicht sein, schließen sich gegenseitig aus;
von den beiden damit beschriebenen Normen kann nur eine gelten. Beide können
nicht zu gleicher Zeit befolgt oder angewendet werden. Aber die beiden
Sätze: Wenn A ist, soll X sein, und: Wenn non-A ist, soll X sein,
schließen sich gegenseitig nicht aus, die beiden damit beschriebenen
Normen können zu gleicher Zeit gelten; unter einer Rechtsordnung kann
eine Situation bestehen — und tatsächlich bestehen solche Situationen,
wie wir noch sehen werden —, in der ein bestimmtes menschliches Verhalten
und zugleich das gegenteilige Verhalten eine Sanktion zur Folge haben [RS:
hier wäre ein Querverweis / Fußnote erforderlich]. Die beiden
— die Sanktionen als gesollt setzenden — Normen können nebeneinander
gelten und tatsächlich angewendet werden, weil sie sich nicht widersprechen,
das heißt: sie können ohne logischen Widerspruch beschrieben
werden. Aber in den beiden Normen kommen zwei einander entgegengesetzte
politische Tendenzen, zwar kein logischer Widerspruch, aber ein teleologischer
Konflikt, zum Ausdruck. Die Situation ist möglich, aber sie ist politisch
unbefriedigend. Daher enthalten Rechtsordnungen in der Regel Bestimmungen,
denenzufolge eine der beiden Normen nichtig ist oder vernichtet werden
kann. ... "
S. 29: "... Dabei ist zu beachten, daß die
Moralnorm, die ein bestimmtes Verhalten gebietet, und die Moralnorm, die
vorschreibt, ein ihr widersprechendes Verhalten zu mißbilligen, in
einem wesentlichen Zusammenhang stehen, in ihrer Geltung eine Einheit bilden.
..."
S. 60: "... Es ist richtig, daß „Wertungen",
das sind die Akte, mit denen ein Verhalten als einer Norm entsprechend
oder widersprechend beurteilt wird, ebenso wie die Akte, mit denen Werte
konstituierende Normen gesetzt werden, Seins-Tatsachen sind. Aber die Normen,
die durch diese Akte gesetzt sind und in den Wertungsakten angewendet werden,
sind keine Seinstatsachen, sondern Sinngehalte, und zwar der Sinn der die
Normen setzenden Akte. Dieser Sinn ist ein Sollen. ..."
S. 62: "... Der Mensch kann einander widersprechende
Neigungen oder Interessen haben. ..."
K5-unv Wird eines der Kategorien-Worte "Unverträglich
/ Widerspruch" vollständig in allen drei Dimensionen (5.1 Name,
5.2 Begriffsinhalt oder Bedeutung, 5.3 Referenz) definiert? Nein
K6-unv Wird zu den Kategorien Unverträglich
/ Widerspruch eine Theorie zitiert oder / und entwickelt? Ja
S. 76ff: "Da Rechtsnormen als Vorschreibungen, das
heißt als Gebote, Erlaubnisse, Ermächtigungen weder wahr noch
unwahr sein können, ergibt sich die Frage, [>77] wie logische Prinzipien,
insbesondere der Satz vom Widerspruch und die Regeln der Schlußfolgerung
auf das Verhältnis zwischen Rechtsnormen angewendet werden können
(so wie dies die Reine Rechtslehre seit jeher getan hat), wenn, traditioneller
Anschauung nach, diese Prinzipien nur auf Aussagen anwendbar sind, die
wahr oder unwahr sein können. Die Antwort auf diese Frage ist: daß
logische Prinzipien, wenn nicht direkt, so doch indirekt, auf Rechtsnormen
angewendet werden können, sofern sie auf die diese Rechtsnormen beschreibenden
Rechtssätze, die wahr oder unwahr sein können, anwendbar sind.
Zwei Rechtsnormen widersprechen sich und können daher nicht zugleich
als gültig behauptet werden, wenn die beiden sie beschreibenden Rechtssätze
sich widersprechen; und eine Rechtsnorm kann aus einer anderen abgeleitet
werden, wenn die sie beschreibenden Rechtssätze in einen logischen
Syllogismus eingehen können.
Dem steht nicht im Wege, daß diese Sätze
Sollsätze sind und Sollsätze sein müssen, weil sie Sollnormen
beschreiben. Der Satz, der die Geltung einer Strafrechtsnorm beschreibt,
die für Diebstahl Gefängnisstrafe vorschreibt, wäre unwahr,
wenn er aussagen würde, daß dieser Norm gemäß Diebstahl
mit Gefängnis bestraft wird; denn es gibt Fälle, in denen trotz
Geltung dieser Norm Diebstahl tatsächlich nicht bestraft wird, z.
B. weil der Dieb sich der Bestrafung entzieht. Der diese Strafrechtsnorm
beschreibende Rechtssatz kann nur lauten: daß, wenn jemand Diebstahl
begeht, er bestraft werden soll. Aber das Sollen des Rechtssatzes hat nicht,
wie das Sollen der Rechtsnorm, einen vorschreibenden sondern einen beschreibenden
Sinn. Diese Doppeldeutigkeit des Wortes „Sollen" wird übersehen, wenn
man Sollsätze mit Imperativen idenfiziert *).
*) Christoph Sigwart, Logik,
3. Aufl., Tübingen, 1904, S. 17 ff., unterscheidet zwischen Imperativen,
die nicht wahr sein, sondern befolgt werden wollen und daher weder wahr
noch falsch sein können, und Urteilen, die als Aussage- oder Behauptungssätze
wahr sein wollen und daher wahr oder falsch sein können. Unter diesen
Urteilen hebt er Aussagen über Imperative hervor. Er führt aus:
„Der Imperativ ... verlangt nicht Glauben an seine Wahrheit, sondern Gehorsam
... An dieser nächsten und gewöhnlichen Bedeutung des Imperativs
als Ausdruck eines bestimmten individuellen Wollens wird nichts Wesentliches
geändert, wenn er als Form eines allgemeinen Gesetzes auftritt. Indem
der Gesetzgeber den Staatsbürgern oder den Religionsgenossen mit einem
Imperativ gegenübertritt, verhält er sich zu ihnen wie der Einzelne
zu dem Einzelnen; er spricht nicht, um eine Wahrheit mitzuteilen, die geglaubt,
sondern um ein Gebot zu verkündigen, das befolgt werden soll; ob der
Befehlende als wirkliches Individuum oder als Collectivum auftritt, ob
das vorausgesetzte Motiv des Gehorsams Unterwerfung unter die persönliche
Autorität oder unpersönliche Staatsordnung ist — der Inhalt des
Ausgesprochenen ist nicht die Mittheilung einer Wahrheit, sondern die Aufforderung,
das eine zu thun, das andere zu lassen. — Auch die Form »du sollst«,
in der solche Gebote, wie im Decalog, auftreten, drückt zunächst
nichts anderes aus. Sollen ist das Correlat von Wollen Aber nun liegt allerdings
in diesem »du sollst« eine Zweideutigkeit, die in dem einfachen
Imperativ nicht liegt. Denn »Sollen« hat auch die Bedeutung
eines eigentlichen Prädikats in einer Aussage, die wahr sein will;
es bedeutet verpflichtet sein, gebunden sein — ein modales Prädikat,
welches ein bestehendes Verhältnis des subjektiven individuellen Wollens
zu einer gebietenden Macht oder einer objectiven [>78] Norm ausspricht.
Der ursprüngliche Imperativ ist jetzt in die Bedeutung des Prädikats
gewandert ... und die Behauptung, daß ich verpflichtet bin [das heißt,
daß ich mich in bestimmter Weise verhalten soll] kann — auf Grund
einer vorausgesetzten rechtlichen oder moralischen Ordnung, wahr oder falsch
sein . Schließlich geht dieselbe Zweideutigkeit auch über auf
Sätze, welche die grammatische Form einer einfachen Aussage zeigen.
Der Paragraph des Strafgesetzbuches: Wer das und das thut, wird so und
so bestraft — will nicht mittheilen, was wirklich geschieht, wie die Formel
eines Naturgesetzes, sondern eine Vorschrift geben; derselbe Satz enthält
aber eine wirkliche Aussage, wenn das Gesetz in seiner Wirksamkeit geschildert
wird; er sagt jetzt, was innerhalb eines bestimmten Staates regelmäßig
geschieht." Der traditionellen Jurisprudenz folgend, identifiziert Sigwart
Geltung mit Wirksamkeit. Da die Rechtswissenschaft die Geltung einer Rechtsordnung
schildert, sagt sie nicht aus, was regelmäßig geschieht, sondern
was nach einer bestimmten Rechtsordnung geschehen soll. Worauf es ankommt
ist: daß diese Soll-Sätze nach Sigwart Urteile sind, die wahr
oder falsch sein können. Man kann daher der ein bestimmtes Verhalten
als gesollt statuierenden Norm, die weder wahr noch unwahr, sondern nur
gültig oder ungültig sein kann, nicht nur ein ein tatsächliches
Verhalten beschreibendes Seins-Urteil, sondern auch ein eine Norm beschreibendes
Soll-Urteil entgegensetzen, das ebenso wahr oder unwahr sein kann wie das
Seins-Urteil."
S. 358: FN: "Da eine Norm weder wahr
noch unwahr, sondern nur gültig oder ungültig sein kann, ist
ein Normenkonflikt kein logischer Widerspruch im strikten Sinne. Vgl. supra
S. 26. Wenn von einander „widersprechenden" Normen gesprochen wird, sind
Normen gemeint, die miteinander in Konflikt stehen, so zwar, daß
die eine vorschreibt, daß man sich in bestimmter Weise verhalten
soll, die andere, daß man sich so nicht verhalten soll. Die Geltung
der einen Norm ist mit der Geltung der anderen unvereinbar. Daher können
beide nicht zugleich gelten. In diesem Sinne verwendet auch Kant das Wort
„widersprechen". Vgl. infra S. 369 f."
K7-unv Wird die Anwendbarkeit der Definition oder
/ und Theorie der Kategorien "Unverträglich / Widerspruch" ausführlich
und gründlich dargestellt sowie anhand von Beispielen demonstriert?
Nein
K8-unv Sonstiges für die Kategorie "Unverträglich
/ Widerspruch" zu Berücksichtigendes? Keine
Sprache des Rechts>
Verstehen,
Begriffsbildung,
[Rechtsbegriffe],
unbestimmte
Rechtsbegriffe, verstehen AW, auslegen
AW, > Sprachkritik.
Suchworte "sprach" (115 Treffer), "verständlich" (24 Treffer)
Spr-Zusammenfassung und Kommentar
zur rechtswissenschaftlichen Kategorie Sprache: Die Sprache des
Rechts wird von Kelsen nicht kritisch oder ausführlich erörtert.
K1-Spr Kommt das Kategorien-Wort "Sprache" im
Inhaltsverzeichnis vor? Nein
K2-Spr Kommt das Kategorien-Wort "Sprache" im
Stichwortregister vor? Nein
K3-Spr Wird das Kategorien-Wort "Sprache" im Text
genannt, aber ohne nähere inhaltliche Erörterung?
Ja: S. 90; 123; 130f; 173 "... Rechtssprache ..., ... personalistischen
Sprache ...; 177 ...substantivischen Sprache ...; 191 ... daß sich
die Sprache sträuben würde ... ; 221 ... In die Sprache des Rechts
übertragen ...; 261 ... In der traditionellen Rechtssprache wird das
Wort „Rechtsgeschäft" ... ; 290 ...Sprache ...; 318 ...Sprache ...
; 336...Sprache ... 399 ... menschlicher Sprache ...".
K4-Spr Wird das Kategorien-Wort "Sprache" im Text
auch inhaltlich erörtert? Ja.
S. 31f:
"a) Das Recht: Ordnung menschlichen Verhaltens
Eine Theorie des Rechts muß vor allem ihren Gegenstand begrifflich
bestimmen. Um zu einer Definition des Rechts zu gelangen, empfiehlt es
sich, [>32] zunächst von dem Sprachgebrauch auszugehen, das heißt
die Bedeutung festzustellen, die das Wort „Recht" in der deutschen Sprache
und seine Äquivalenten in anderen Sprachen (law, droit, diritto
usw.) haben. Es gilt festzustellen, ob die gesellschaftlichen Phänomene,
die mit diesem Wort bezeichnet werden, gemeinsame Merkmale aufweisen, durch
die sie von anderen, ihnen ähnlichen Erscheinungen unterschieden werden
können, und ob diese Merkmale bedeutsam genug sind, um als Elemente
eines Begriffes gesellschaftswissenschaftlicher Erkenntnis zu dienen. Das
Resultat dieser Untersuchung könnte durchaus sein, daß mit dem
Wort „Recht" und seinen anderssprachlichen Äquivalenten so verschiedene
Gegenstände bezeichnet werden, daß sie unter keinen gemeinsamen
Begriff zusammengefaßt werden können. Das trifft jedoch auf
den Gebrauch dieses Wortes und seiner Äquivalente nicht zu. Denn wenn
wir die Objekte, die bei den verschiedensten Völkern und zu den verschiedensten
Zeiten als „Recht" bezeichnet werden, miteinander vergleichen, so ergibt
sich zunächst, daß sie alle sich als Ordnungen menschlichen
Verhaltens darstellen. Eine „Ordnung" ist ein System von Normen, deren
Einheit dadurch konstituiert wird, daß sie alle denselben Geltungsgrund
haben; und der Geltungsgrund einer normativen Ordnung ist — wie wir sehen
werden — eine Grundnorm, aus der sich die Geltung aller zu der Ordnung
gehörigen Normen ableitet. Eine einzelne Norm ist eine Rechtsnorm,
sofern sie zu einer bestimmten Rechtsordnung gehört, und sie gehört
zu einer bestimmten Rechtsordnung, wenn ihre Geltung auf der Grundnorm
dieser Ordnung beruht."
S. 295: "Untersucht man den in Betracht kommenden
Sprachgebrauch, das heißt: versucht man festzustellen, unter welchen
Bedingungen in der Rechtssprache gewisse in der nationalen Rechtsordnung
bestimmte Funktionen dem Staate zugeschrieben werden, wenn man sagt, daß
der Staat — durch einen bestimmten Menschen als sein Organ — eine bestimmte
Funktion leistet, so zeigt sich, daß im allgemeinen eine in der Rechtsordnung
bestimmte Funktion dem Staate nur dann zugeschrieben, als Staatsfunktion
gedeutet wird, wenn sie von einem der Rechtsordnung gemäß hiezu
berufenen, arbeitsteilig funktionierenden Individuum geleistet wird, oder
— was dasselbe bedeutet — daß ein Individuum als Organ des Staates
nur dann angesehen wird, wenn es in einem von der Rechtsordnung bestimmten
Verfahren zur Leistung dieser Funktion berufen ist. ..."
K5-Spr Wird das Kategorien-Wort "Sprache" vollständig
in allen drei Dimensionen (5.1 Name, 5.2 Begriffsinhalt oder Bedeutung,
5.3 Referenz) definiert? Nein
K6-Spr Wird zu der Kategorie Sprache eine Theorie
zitiert oder / und entwickelt? Nein.
-
K6.1-Spr Wird erkannt und gefordert, dass die Rechtssprache
für Durchschnittsmenschen verständlich und nachvollziehbar sein
muss? Nein.
-
K6.2-Spr Wird der Gebrauch vieler abstrakt-allgemeiner Worthülsen,
deren Bedeutung unklar bleibt, auch dann, wenn auf weitere unklare Worthülsen
verschoben wird, vermieden und gerügt? Nein.
-
K6.3-Spr Werden konstruierte Begriffe wie selbständig
handelnde Subjekte (BMautonS)
(Geister einer Geisterwelt) gebraucht? (hypostasisch-homunkulusartiger
Gebrauch). Nein.
K7-Spr Wird die Anwendbarkeit der Definition oder
/ und Theorie der Kategorie Sprache ausführlich und gründlich
dargestellt sowie anhand von Beispielen demonstriert? Nein.
K8-Spr Sonstiges für die Kategorie "Sprache"
zu Berücksichtigendes? Keine.
Kontrolle
Suchworte "Kontroll" (4 Treffer) "Berufung" (20 Treffer), "Revision",
(4 Treffer), "Öffentlich" (150 Treffer), "Volk" (649 Treffer), "Ephor"
(0 Treffer). Mit den Fundstellen: "Kontroll" (221; 254; FN 327; ), "Berufung"
(142; 148f; 151; 153; 158; 273f.), "Revision" (keine Treffer), "Instanz"
(202 verfassungsgebende; 246f Instanzenzuge; 255f letzter Instanz; 272ff
erstinstanzlichen Gerichtes; 275 analoger Instanzenzug; 277 etztinstanzliches;
279 höchstinstanzlichen; 315 einzigen Instanz; 324 objektiven
Instanz; 332; 352 letztinstanzliche Gerichte; 365f transzendenten
Instanz; ), "Ephor" (keine Treffer), "Öffentlich"im Sinne Öffentlichkeit
(keine Treffer), "Rechtsmittelverfahren" (142; 246f).
Kon-Zusammenfassung und Kommentar
zur rechtswissenschaftlichen Kategorie Kontrolle: Das Thema Kontrolle
wird von Kelsen nur nebenbei erwähnt und spielt in der Reinen Rechtslehre
nur eine untergeordnete Rolle.
K1-Kon Kommt das Kategorien-Wort "Kontrolle" im
Inhaltsverzeichnis vor? Nein.
K2-Kon Kommt das Kategorien-Wort "Kontrolle" im
Stichwortregister vor? Ja:
Berufung zur Organfunktion 158ff. [Betrifft nicht die Bedeutung Kontrolle,
sondern der Bestellung]
Gerichtsverfahren als Rechtsmittelverfahren 246f [Der Ausdruck "Rechtsmittelverfahren"
findet sich auf S. 246 nicht, aber "Rekursverfahren"]
K3-Kon Wird das Kategorien-Wort "Kontrolle" im Text
genannt, aber ohne nähere inhaltliche Erörterung?
Ja
S. 158: "... Rekursverfahren ..."
S. 273f "... Berufungsgericht ..."
K4-Kon Wird das Kategorien-Wort "Kontrolle" im Text
auch inhaltlich erörtert?
Ja:
S. 142: "In dieser einem Individuum erteilten Rechtsmacht
ist in der Regel die Ermächtigung inbegriffen, gegen eine ihm ungünstige
Gerichtsentscheidung im sogenannten Rechtsmittelverfahren aus dem Grunde
Berufung einzulegen, daß sie dem Recht nicht entspricht, und durch
diesen Akt ein Verfahren einzuleiten, das zur Aufhebung der angefochtenen
Entscheidung und zu ihrer Ersetzung durch eine andere führen kann.
Eine solche Rechtsmacht ist nicht nur dem Individuum eingeräumt, dem
gegenüber die behauptete Pflicht besteht, sondern auch dem Subjekt
der behaupteten Rechtspflicht. Nicht nur der Kläger, auch der Beklagte
kann nach den Bestimmungen moderner Prozeßordnungen gegen eine ihm
ungünstige Entscheidung Berufung einlegen. Die Ausübung dieser
Rechtsmacht erfolgt jedoch nicht zur Geltendmachung einer Rechtspflicht,
sondern umgekehrt, um die Geltendmachung einer behaupteten, aber nach Ansicht
des Beklagten nicht oder nicht in dem behaupteten Ausmaße bestehenden
Rechtspflicht hintanzuhalten. Da diese Rechtsmacht nicht mit einem Reflexrecht
verbunden ist, liegt — dem üblichen Sprachgebrauch nach — auch kein
subjektives Recht vor.
Eine analoge Rechtsmacht steht nach modernem Verwaltungsrecht
dem Individuum zu, an das sich ein seiner Ansicht nach rechtlich nicht
begründeter Verwaltungsbefehl, das heißt eine von einer Verwaltungsbehörde
gesetzte individuelle Norm richtet, die dem Individuum ein bestimmtes Verhalten
vorschreibt. Das so betroffene Individuum ist ermächtigt, gegen den
Verwaltungsbefehl ein als Beschwerde oder anderswie bezeichnetes Rechtsmittel
einzulegen und damit ein Verfahren einzuleiten, das zur Setzung einer anderen
individuellen Norm führen kann, mit der die erste aufgehoben oder
modifiziert wird. Auch in diesem Falle pflegt man nicht von einem subjektiven
Recht zu sprechen."
K5-Kon Wird das Kategorien-Wort "Kontrolle" vollständig
in allen drei Dimensionen (5.1 Name, 5.2 Begriffsinhalt oder Bedeutung,
5.3 Referenz) definiert? Nein.
K6-Kon Wird zu der Kategorie Kontrolle eine Theorie
zitiert oder / und entwickelt? Nein.
K7-Kon Wird die Anwendbarkeit der Definition oder
/ und Theorie der Kategorie Kontrolle ausführlich und gründlich
dargestellt sowie anhand von Beispielen demonstriert? Nein.
K8-Kon Sonstiges für die Kategorie "Kontrolle"
zu Berücksichtigendes? Es kann immer etwas übersehen worden oder
neu hinzugekommen sein, so dass eine Rest- und Auffangkategorie nützlich
ist. Keine.
Rechtsverweigerungsverbot
(Entscheidungszwang)
Suchbegriffe "Rechtsverweigerungsverbot" (kein Treffer), "Entscheidungszwang"
(kein Treffer).
RVV-Zusammenfassung und Kommentar
zur rechtswissenschaftlichen Kategorie: Das Thema spielt in
Kelsens Reiner Rechtslehre keine Rolle.
K1-RVV Kommt das Kategorien-Wort "Rechtsverweigerungsverbot"
im Inhaltsverzeichnis vor? Nein.
K2-RVV Kommt das Kategorien-Wort "Rechtsverweigerungsverbot"
im Stichwortregister vor? Nein.
K3-RVV Wird das Kategorien-Wort "Rechtsverweigerungsverbot"
im Text genannt, aber ohne nähere inhaltliche Erörterung?
Nein.
K4-RVV Wird das Kategorien-Wort "Rechtsverweigerungsverbot"
im Text auch inhaltlich erörtert? Nein.
K5-RVV Wird das Kategorien-Wort "Rechtsverweigerungsverbot"
vollständig in allen drei Dimensionen (5.1 Name, 5.2 Begriffsinhalt
oder Bedeutung, 5.3 Referenz) definiert? Nein.
K6-RVV Wird zu der Kategorie Rechtsverweigerungsverbot
eine Theorie zitiert oder / und entwickelt? Nein.
K7-RVV Wird die Anwendbarkeit der Definition oder
/ und Theorie der Kategorie Rechtsverweigerungsverbot ausführlich
und gründlich dargestellt sowie anhand von Beispielen demonstriert?
Nein.
K8-RVV Sonstiges für die Kategorie "Rechtsverweigerungsverbot"
zu Berücksichtigendes? Keine.
Gerechtigkeit,
gerecht
Suchworte "gerecht" (830 Treffer), "billig" (81 Treffer).
Ger-Zusammenfassung und Kommentar
zur rechtswissenschaftlichen Kategorie Gerecht, Gerechtigkeit: Die
zweite und hier zugrunde gelegte Auflage enthält einen Anhang "Das
Problem der Gerechtigkeit" 355-444. Kelsen nimmt hier in 52 Abschnitten
sehr differenziert und ausführlich zu den Problemen der Gerechtigkeit
Stellung. Er komm im Abschnitt 52, S. 443 zu dem Ergebnis: "... Wenn man
das positive Recht als gültig betrachtet, so setzt man die Norm voraus,
daß man sich so verhalten soll, wie die historisch erste Verfassung,
der gemäß die positive Rechtsordnung erzeugt ist, vorschreibt.
Diese Norm bezeichnet die Reine Rechtslehre als Grundnorm. Es ist keine
durch den Willensakt einer Rechtsautorität gesetzte, das ist positive,
sondern eine im juristischen Denken vorausgesetzte Norm. Ihre Voraussetzung
ist die Bedingung, unter der eine im Wege der Gesetzgebung oder Gewohnheit
erzeugte, im großen und ganzen wirksame Zwangsordnung als gültig
— und zwar als objektiv gültig — betrachtet wird. Die Grundnorm bestimmt
lediglich den Geltungsgrund, nicht den Geltungsinhalt des
positiven Rechts. ..."
K1-Ger Kommt das Kategorien-Wort "Gerecht" im
Inhaltsverzeichnis vor? Ja
I. Die Normen der Gerechtigkeit 357
II. Die Naturrechtslehre 402
K2-Ger Kommt das Kategorien-Wort "Gerecht" im Stichwortregister
vor? Ja:
Gerechtigkeit 28, 41, 50f., 61, 65, 68f., 70, 112, 204, 223, 225f.,
250, 257f., 300, 3191., 357ff., 360f., 3651., 377, 382f., 386f., 388f.,
396f., 398ff., 401ff., 415, 419, 428f., 434f., 441, 443.
- absolute, als irrationales Ideal 401, 428f., 441
- und relative 69, 366, 401, 402, 428, 434f., 441
- allgemeiner (formaler) Begriff der 365, 396f., 428f.
- als Eigenschaft der Behandlung von Menschen 357
- Freiheit als Gerechtigkeitsprinzip 388ff.
- ein Geheimnis 399, 401
- und Glück 401
- Gottes 387, 398ff.
- irdische und überirdische 401
- im Jenseits 401
- und Moral 357
- und Naturrecht 225E, 359
- in der Philosophie Platons 398ff.
- in der Predigt Jesu 28, 382f., 399f.
- als Problem 357ff.
- und Recht 50E, 61, 65, 68f., 70, 112, 226, 250, 258, 319f., 360,
402ff.
- Identifikation von 70
- Konflikt zwischen 360
- Trennung von 68f., 319f., 402
- - Unabhängigkeit der Geltung des positiven Rechts von Gerechtigkeit
403f.
- - Gerechtigkeit als Geltungsgrund des positiven Rechts 361f., 402
- der Gerichtsentscheidung 250, 258
- und Grundnorm der positiven Rechtsordnung 204, 223, 404, 443
- und freie Rechtsfindung 257f., 391, 432
- als Eigenschaft der Setzung von Rechtsnormen (Rechtserzeugung) 360f.
- und Staat 41, 300
- Sozialpolitik als Realisierung der 386
- als Tugend 357
und Vernunft 415, 419
- und Wahrheit 377
- Wissenschaft und das Problem der 365
Gerechtigkeitsgefühl 427ff.
Gerechtigkeitsnorm 258, 357ff., 362f., 365ff., 393, 403
- genereller Charakter 258, 362f., 393ff.
- Grundnorm als 365
- metaphysischer und rationaler Typus 365ff.
Gerechtigkeitsprinzip 366f., 368f., 373f., 376ff., 379ff., 382f., 385E,
387f., 389f., 392ff., 396,
398ff., 400f., 414, 429, 440
- Freiheit als 388f.
- Gleichheit der Behandlung als 376ff., 390ff., 393ff., 429
- Gewohnheit als 374, 414
- Goldene Regel als 367, 373
- „Jedem das Seine" als 366f., 368, 373, 376, 385, 429, 440
- „Jedem nach seiner Leistung" als 3801., 396
- kategorischer Imperativ als 368ff., 398
- kommunistisches 382ff.
- Leistungsprinzip als 380f., 396
- Liebe als 383
- Liebe Gottes als 387, 399f.
- Maßhalten als 374
- Nächstenliebe als 386, 400
- Proportionalität als 379ff.
- Selbstbestimmung als 389f.
- suum cuique als 366f., 368, 373, 376, 385, 429, 440
- Talion als 377
- „Tue das Gute, meide das Böse" als 374
Gerechtigkeitsprinzip
— Umkehrung des Bestehenden als 383, 387
— Ungleichheit der Behandlung als 391
— Vereinbarkeit der Freiheit aller als 369, 388 f.
— Vergeltung als 360, 366, 376ff., 395, 399, 401
Gerechtigkeitswert 357, 360
— und Rechtswert 360
K3-Ger Wird das Kategorien-Wort "Gerecht" im Text
genannt, aber ohne nähere inhaltliche Erörterung?
K4-Ger Wird das Kategorien-Wort "Gerecht" im Text
auch inhaltlich erörtert?
Ja, sehr differenziert und ausführlich in 52 Themen oder Abschnitten
in zwei Unterkapiteln: Die ersten 27 in Die Normen der Gerechtigkeit und
von 28-52 in Die Naturrechtslehre.
I. DIE NORMEN DER GERECHTIGKEIT
K4-Ger01 S. 357 Eigenschaften der Gerechtigkeit
K4-Ger02 S. 358 Gerechtigkeit als Eigenschaft menschlichen Sozialverhaltens
K4-Ger03 S. 358f Gerechtigkeit als Eigenschaft von Normen
K4-Ger04 S. 359 Was bedeutet ein gerechtes oder ungerechtes positives
Recht?
K4-Ger05 S. 362 Genereller Charakter der Gerechtigkeitsnormen
K4-Ger06 S. 363 Seinsurteil bei der Folgerung individuelle Norm aus
genereller Norm
K4-Ger07 S. 364 Generelle Norm nicht durch eine Seintatsache begründbar,
auch wenn die Seinstatsache ein Willensakt ist.
K4-Ger08 S. 365 Es werden viele z.T. sich entgegengesetzte Gerechtigkeitsnormen
als gültig vorausgesetzt
K4-Ger09 S. 365 Zwei Typen von Gerechtigkeitsnormen: metaphysischer
und rationale Typus
K4-Ger10 S. 366 Bekannteste Gerechtigkeitsnorm suum cuique -
Jedem das Seine
K4-Ger11 S. 367 Von gleicher Art die Goldene Regel: „Was du nicht willst,
daß man dir tu', das füg' auch keinem andern zu"
K4-Ger12 S. 368 Ähnlich Kategorischer Imperativ (Kant)
K4-Ger13 S. 374 Schon vorausgesetzte Moral- und Rechtsordnung, z.B.
Tue das Gute, meide das Böse (Thomas von Aquin)
K4-Ger14 S. 374 Tradition, wie es in der Gemeinschaft seit altersher
üblich ist
K4-Ger15 S. 374 Das rechte Maß, die goldene Mitte
K4-Ger16 S. 376 Vergeltungsprinzip
-
376 a) nach dem Gleichheitsprinzip
-
377 b) Auge um Auge, Zahn um Zahm
-
379 c) Angemessenheit der Reaktion zu Aktion (Gleichheit: Gutes für
Gutes)
-
379 d) Proportionalität (je mehr, desto)
K4-Ger17 S. 380 Jedem nach seiner Leistung
K4-Ger18 S. 381 Proportionalitätsdifferenzierung Belohnungssystem
(Leistung nach Produkt, Leistung nach Zeit)
K4-Ger19 S. 382 Kommunistisches Gerechtigkeitsprinzip:
Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen
(Marx)
-
383 a) Individuenorientiert: jeder was er kann
-
384 b) subjektives oder objektives Kriterium?
-
385 c) "Der wahre Sinn des kommunistischen Gerechtigkeitsprinzipes kann
nur sein: Jeder soll nach seinen der Gesellschaftsordnung gemäß
festgestellten Fähigkeiten die ihm von der Gesellschaftsordnung auferlegte
Arbeit leisten; und jedem sollen die von der Gesellschaftsordnung anerkannten
Bedürfnisse in ihrem von der Gesellschaftsordnung bestimmten Rang,
mit den durch die Gesellschaftsordnung bestimmten Mitteln befriedigt werden!
K4-Ger20 S. 386 Jedem nach seinen Bedürfnissen
als Gebot der Nächstenliebe "... Mit Berufung darauf, daß
die Seele eines Ungläubigen leidet, weil sie von dem wahren Gott getrennt
ist, daß sie in Not ist, da ihr die Hölle droht, haben gläubige
Christen in Ausübung ihrer Pflicht der Nächstenliebe — sogar
mit Gewaltanwendung — Bekehrungsversuche gemacht."
K4-Ger21 S. 387 Widersprüche bei Jesus gegenüber
der Nächstenliebe: Die ersten werden die letzten sein, im Grunde das
Prinzip der Vergeltung (K4-Ger16).
K4-Ger22 S. 388 Freiheit als höchster Wert
K4-Ger23 S. 389 Gesellschaftsvertrag "... Nur eine
solche Gesellschaftsordnung ist gerecht, die mit Zustimmung der ihr Unterworfenen,
das heißt aber durch Vertrag oder einstimmigen Beschluß zustande
kommt. ..."
K4-Ger24 S. 390 Gerechtigkeitsprinzip der Gleichheit.
-
391 a) alle Ungleichheiten sollen berücksichtigt werden "Es versteht
sich von selbst, daß die Forderung, alle Menschen gleich zu behandeln,
und das heißt: keine der tatsächlich vorhandenen Ungleichheiten
zu berücksichtigen, welchen Inhalt immer die Behandlung nach der von
der Gerechtigkeitsnorm vorausgesetzten Norm haben mag, zu absurden Konsequenzen
führt; und tatsächlich gibt es kein Moralsystem, das die Norm
enthält, Kinder ebenso wie Erwachsene, Männer ebenso wie Frauen,
Geisteskranke ebenso wie geistig Gesunde, Gewalttätige ebenso wie
Friedliebende zu behandeln. ..."
-
392 b) Nur Gleiche sollen gleich behandelt werden "... Der Grundsatz lautet
daher vollständig: Wenn Individuen gleich sind — genauer: Wenn Individuen
und die äußeren Umstände gleich sind —, sollen sie gleich
behandelt werden, wenn Individuen und die äußeren Umstände
ungleich sind, sollen sie ungleich behandelt werden. Dieser Grundsatz fordert,
daß Ungleichheiten in bezug auf gewisse Qualitäten berücksichtigt,
Ungleichheiten in bezug auf die anderen Qualitäten nicht berücksichtigt
werden sollen. Das Prinzip ist somit keineswegs ein Gleichheitsprinzip.
Es fordert nicht oder doch nicht nur gleiche, sondern auch ungleiche Behandlung.
..."
-
393 "c) Sieht man näher zu, ist der Grundsatz, daß Gleiche gleich,
Ungleiche ungleich zu behandeln sind, überhaupt keine Forderung der
Gerechtigkeit, sondern der Logik. Denn er ist nur die logische Konsequenz
des generellen Charakters jeder Norm, die vorschreibt, daß bestimmte
Individuen unter bestimmten Umständen in bestimmter Weise behandelt
werden sollen, oder allgemeiner formuliert, die vorschreibt, daß
unter einer bestimmten Bedingung eine bestimmte Folge eintreten, insbesondere
eine bestimmte Behandlung erfolgen soll."
-
396 "d) Wenn der Grundsatz, daß Gleiche gleich behandelt werden sollen,
nur in wesentlicher Verbindung mit dem Grundsatz gelten kann, daß
Ungleiche ungleich behandelt werden sollen, und wenn dieser Doppelgrundsatz
nur die logische Konsequenz des generellen Charakters einer Norm ist, die
vorschreibt, daß unter [> 397] bestimmten Bedingungen eine bestimmte
Behandlung erfolgen soll, daß er also eine Forderung der Logik und
nicht der Gerechtigkeit ist, kann dieser Grundsatz nicht als das Gerechtigkeitsprinzip
der Gleichheit und die Gleichheit nicht als das allen Gerechtigkeitsnormen
gemeinsame Element angesehen werden. Eine Gerechtigkeitsnorm ist — wie
wir gesehen haben — eine Norm, die eine bestimmte Behandlung von Menschen
vorschreibt. Wenn eine Gerechtigkeitsnorm nicht vorschreibt, daß
alle Menschen gleich behandelt werden sollen — und nach allen Gerechtigkeitsnormen,
mit Ausnahme einer einzigen, sollen nicht alle Menschen gleich behandelt
werden —, ist Gerechtigkeit nicht Gleichheit. ... "
K4-Ger25 S. 398 Die Idee des Guten wie Platon Ideenlehre.
"... Die Idee des Guten schließt die der Gerechtigkeit in sich; jene
Gerechtigkeit, auf [>399] deren Erkenntnis beinahe alle Dialoge Platons
abzielen. Die Frage: „Was ist Gerechtigkeit?" fällt daher mit der
Frage: „Was ist gut oder was ist das Gute ?" zusammen. In seinen Dialogen
macht Platon zahlreiche Versuche, diese Frage auf einem rationalen Wege
zu beantworten. Aber keiner dieser Versuche führt zu einem endgültigen
Ergebnis. Wenn irgendeine Definition erreicht zu sein scheint, erklärt
Platon durch den Mund des Sokrates sofort, daß vielmehr weitere Untersuchungen
notwendig seien. Platon verweist wiederholt auf eine spezifische Methode
abstrakten, von allen sinnlichen Vorstellungen befreiten Denkens, die sogenannte
Dialektik, die — wie er behauptet — denjenigen, der sie meistert, befähigt,
die Idee zu erfassen. Aber er selbst wendet diese Methode in seinen eigenen
Dialogen nicht an oder teilt uns doch die Ergebnisse dieser Dialektik nicht
mit. Von der Idee des absolut Guten sagt er sogar ausdrücklich, daß
sie jenseits aller rationalen Erkenntnis, das heißt allen Denkens
liegt. ..."
K4-Ger26 S. 399 Fortsetzung Platon, Vergleich
mit Jesus, Paulus, Gott. "... Das Seltsamste an dieser Liebe Gottes ist,
daß man sie als vereinbar mit der grausamen, sogar ewigen Strafe
hinnehmen muß, die über den Sünder im jüngsten Gericht
verhängt wird; und daher auch mit der tiefsten Furcht, deren ein Mensch
fähig ist, der GottesFurcht. Diesen und manchen anderen Widerspruch
hat Jesus nicht aufzuklären versucht. ..."
K4-Ger27 S. 401 Glück und Gerechtigkeit. "...
An Stelle des irdischen Glückes, um dessentwillen Gerechtigkeit so
leidenschaftlich gefordert wird, das aber keine relativ-irdische Gerechtigkeit
garantieren kann, tritt die überirdische Glück-Seligkeit, die
die absolute Gerechtigkeit Gottes denen verspricht, die an ihn und damit
an sie glauben. Das ist die List dieser ewigen Illusion."
"II DIE NATURRECHTSLEHRE"
K4-Ger28 S. 402 Unterscheidung Recht und Gerechtigkeit.
"28. Der Begriff der Gerechtigkeit muß von dem des Rechtes unterschieden
werden. Die Norm der Gerechtigkeit schreibt vor, wie das Recht, das ist
ein System von menschliches Verhalten regelnden Normen, die durch menschliche
Akte gesetzt und im großen und ganzen wirksam sind, das ist das positive
Recht, inhaltlich gestaltet werden soll. Da die Norm der Gerechtigkeit
eine bestimmte Behandlung von Menschen vorschreibt, bezieht sie sich —
wie im Vorhergehenden gezeigt — auf den Akt, mit dem das Recht gesetzt
wird. Gerechtigkeit kann daher mit Recht nicht identisch sein.
Für die Frage der Geltung des Rechtes, das
ist die Frage, ob seine Normen angewendet und befolgt werden sollen, ist
das Verhältnis entscheidend, das man zwischen Gerechtigkeit und Recht
annimmt. In dieser Hinsicht stehen zwei Anschauungen einander diametral
gegenüber. Nach der einen kann ein positives Recht nur dann und nur
insoweit als gültig angesehen werden, wenn und soweit seine Setzung
der Forderung der Gerechtigkeit entspricht. Geltendes Recht ist gerechtes
Recht, eine ungerechte Ordnung menschlichen Verhaltens hat keine Geltung
und ist, sofern unter Recht nur eine geltende Ordnung zu verstehen ist,
kein Recht. Das heißt, die Geltung der Gerechtigkeitsnorm ist der
Grund der Geltung des positiven Rechts. Nach der anderen Anschauung ist
die Geltung des positiven Rechts von der Geltung der Gerechtigkeitsnorm
unabhängig. Ein positives Recht gilt nicht darum, weil es gerecht
ist, das heißt: weil seine Setzung einer Gerechtigkeitsnorm entspricht,
und gilt auch, wenn es ungerecht ist. Seine Geltung ist von der Geltung
einer Gerechtigkeitsnorm unabhängig. Das ist die Anschauung des Rechtspositivismus,
das ist die Konsequenz einer positivistischen oder realistischen, im Gegensatz
zu einer idealistischen Rechtslehre.
Ein anderer hier in Betracht kommender Gegensatz
ist der zwischen relativer und absoluter Gerechtigkeit.
Die Norm der Gerechtigkeit, die eine bestimmte Behandlung
von Menschen vorschreibt, konstituiert einen absoluten Wert, wenn sie mit
dem Anspruch auftritt, die allein gültige zu sein, das heißt:
wenn sie die Möglichkeit der Geltung jeder Norm ausschließt,
die eine andere Behandlung von Menschen vorschreibt als sie selbst. Eine
solche, einen absoluten Wert konstituierende Gerechtigkeitsnorm kann —
wie im Vorhergehenden betont — nur von einer transzendenten Autorität
ausgehen und steht als solche dem positiven Recht als einem System von
Normen gegenüber, die durch menschliche Akte in der empirischen Wirklich[>403]keit
gesetzt sind. Dann ist ein charakteristischer Dualismus gegeben: der Dualismus
einer transzendenten, nicht von Menschen gesetzten und ihr übergeordneten
idealen Ordnung und einer von Menschen gesetzten, das heißt positiven
realen Ordnung. Es ist der typische Dualismus aller Metaphysik: einer empirischen
und einer transzendenten Sphäre, dessen klassische Gestaltung die
Platonische Ideenlehre ist und der als Dualismus von Diesseits und Jenseits,
Mensch und Gott, der christlichen Theologie zu Grunde liegt. Die idealistische
Rechtslehre hat — im Gegensatz zu der realistischen Rechtslehre — einen
dualistischen Charakter. Die realistische Rechtslehre dagegen ist monistisch,
denn sie kennt nicht, wie jene, ein ideales, nicht von Menschen gesetztes,
von einer transzendenten Autorität ausgehendes und daneben ein reales,
von Menschen gesetztes, sondern nur ein Recht: das von Menschen
gesetzte, positive Recht."
K4-Ger29 S. 403 Positives Recht unabhängig
von Gerechtigkeitsnormen. "Eine positivistische und das heißt realistische
Rechtslehre behauptet nicht — wie immer wieder betont werden muß
—, daß es keine Gerechtigkeit gebe, sondern daß tatsächlich
sehr viele, voneinander verschiedene und einander möglicherweise widersprechende
Gerechtigkeitsnormen vorausgesetzt werden. Sie leugnet nicht, daß
die Gestaltung einer positiven Rechtsordnung durch die Vor[>404]stellung
irgendeiner der vielen Gerechtigkeitsnormen bestimmt werden kann und in
der Regel tatsächlich bestimmt wird. Sie leugnet insbesondere nicht,
daß jede positive Rechtsordnung — das heißt die Akte, durch
die ihre Normen gesetzt werden — nach einer dieser vielen Gerechtigkeitsnormen
bewertet, als gerecht oder ungerecht beurteilt werden können53). Aber
sie besteht darauf, daß diese Wertmaßstäbe nur relativen
Charakter haben und daß daher die Akte, durch die eine und dieselbe
positive Rechtsordnung gesetzt wurde, mit dem einen Maßstab gemessen
als gerecht gerechtfertigt, mit dem anderen aber als ungerecht verurteilt
werden können; daß aber eine positive Rechtsordnung in ihrer
Geltung von der Gerechtigkeitsnorm unabhängig ist, nach der die ihre
Normen setzenden Akte bewertet werden; und daß daher eine positivistische
Rechtslehre, das ist eine Theorie des positiven Rechts, mit einer Bewertung
ihres Gegenstandes nichts zu tun hat. Eine positivistische Rechtslehre
erkennt den Geltungsgrund einer positiven Rechtsordnung nicht in irgendeiner
der vielen Gerechtigkeitsnormen, da sie keiner von ihnen den Vorzug vor
einer anderen geben kann; sondern — wie schon gezeigt — in einer hypothetischen,
das heißt im Rechtsdenken vorausgesetzten Grundnorm, derzufolge man
sich so verhalten, Menschen so behandeln soll, wie es einer historisch
ersten, im großen und ganzen wirksamen Verfassung entspricht, ohne
Rücksicht darauf, ob die dieser Verfassung gemäß errichtete
Rechtsordnung irgendeiner Gerechtigkeitsnorm entspricht oder nicht entspricht.
Sofern die Geltung des positiven Rechts in Frage steht, kommt keine andere
Norm als diese Grundnorm, kommt insbesondere keine Gerechtigkeitsnorm in
Betracht."
K4-Ger30 S. 404: Natur als Maßstab "30.
Die sogenannte Naturrechtslehre ist eine idealistisch-dualistische Rechtslehre.
Sie unterscheidet neben dem realen, das heißt positiven, von Menschen
gesetzten und daher veränderlichen, ein ideales, natürliches,
unveränderliches Recht, das sie mit der Gerechtigkeit identifiziert.
Sie ist also eine, aber nicht „die" idealistische Rechtslehre. Sie unterscheidet
sich von anderen idealistisch-dualistischen Rechtslehren — wie ihr Name
sagt — dadurch, daß sie als die Quelle, von der die Normen des idealen,
gerechten Rechts ausgehen, die „Natur" betrachtet. Die Natur, das ist die
Natur im allgemeinen oder die Natur des Menschen im besonderen, fungiert
als normative, das heißt normsetzende Autorität. Wer ihren Geboten
folgt, handelt gerecht. Diese Gebote, das heißt die Normen gerechten
Verhaltens, sind der Natur immanent. ..."
K4-Ger31 S. 405 Fundamentaler logischer Fehler.
"... Denn diese Natur ist ein Inbegriff von Tatsachen, die miteinander
nach dem Kausalprinzip, das heißt als Ursache und Wirkung, verknüpft
sind, ein Sein; und aus einem Sein kann kein Sollen, aus einer Tatsache
keine Norm geschlossen werden; dem Sein kann kein Sollen, den Tatsachen
können keine Normen, der empirischen Wirklichkeit kann kein Wert immanent
sein. ..."
K4-Ger32 S. 405 Naturgesetze als Gerechtigkeitsnorm.
"Da Natur, das ist die konkrete Wirklichkeit des tatsächlichen Geschehens,
in einem ständigen Wandel begriffen, das Sein der Natur ein Werden
ist, können die unwandelbaren Normen des Naturrechts nur in der zu
beobachtenden Regelmäßigkeit des tatsächlichen Geschehens
liegen; sie können nur die generellen Regeln sein, nach denen in dem
steten Wandel der konkreten Naturphänomene unter gleichen Bedingungen
gleiche Folgen eintreten. Die unwandelbaren Normen der Naturrechtslehre
können nur die Naturgesetze sein. Wenn die Naturrechtslehre aus der
Natur unwandelbare Normen gerechten Verhaltens deduziert, so transponiert
sie Seins-Regeln zu Soll-Normen und erzeugt so die Illusion eines der Wirklichkeit
immanenten Wertes."
K4-Ger33 S. 409 Natur des Menschen als Maßstab.
"33. Daß die Naturrechtslehre die angeblich aus der Natur deduzierten
Normen gerechten Verhaltens in Wahrheit voraussetzt und in die Natur projiziert,
zeigen deutlich die Versuche, Naturrecht auf die Natur des Menschen zu
gründen, wobei die „Natur" des Menschen bald in dessen Tendenzen,
Neigungen, Instinkten, das heißt dessen Trieben, bald in dessen Vernunft
oder in dessen Gefühlen gesucht wird. Diese Natur des Menschen ist
im wesentlichen seine psychische, nicht seine physische Natur, seine „innere"
Beschaffenheit. ..."
K4-Ger34 S. 410 Menschliche Triebe als Maßstab.
"34. Nimmt man an, daß die bei den Menschen beobachteten Triebe die
„Natur" des Menschen, also natürlich sind, und schließt man
aus dem Vorhandensein eines Triebes auf eine Norm, derzufolge die Menschen
sich so verhalten sollen, wie sie sich, durch diesen Trieb bestimmt, verhalten,
so ist eine solche Norm zunächst ganz überflüssig. Denn
die Menschen verhalten sich tatsächlich so, wie sie durch ihre Triebe
bestimmt werden; und es ist sinnlos, den Menschen zu gebieten, sich so
zu verhalten, wie sie sich tatsächlich und ohne jedes Gebot verhalten.
Dann aber ist zu beachten, daß die Triebe der Menschen miteinander
in Konflikt stehen, und zwar sowohl innerhalb des einzelnen Menschen selbst,
dessen Verhalten sehr häufig das Resultat einander widersprechender
Triebe, das heißt des stärkeren der beiden sich widersprechenden
Triebe ist, als auch im Verhältnis zwischen den Menschen, indem die
Befriedigung des Triebes des einen Menschen mit der Befriedigung des Triebes
eines anderen Menschen unvereinbar ist.
Ein typisches Beispiel ist der Selbsterhaltungstrieb,
der in der auf die Natur des Menschen gegründeten Naturrechtslehre
eine große Rolle spielt. So hat z. B. Thomas von Aquino 65) aus dem
Selbsterhaltungstrieb das naturrechtliche Verbot des Selbstmordes abgeleitet.
Aber der Mensch hat tatsächlich nicht immer und unter allen Umständen
den Trieb, sein Leben zu erhalten, sondern auch unter gewissen Umständen
den Trieb, sein Leben zu beenden. Die gar nicht seltenen Fälle von
Selbstmord zeigen dies. ... "
K4-Ger35 S. 411 Nächstenliebe und Altruismus.
"35. Es gibt auf das Verhalten gegenüber anderen gerichtete Triebe
des Menschen, die — wie der Selbsterhaltungstrieb — egoistischer Natur
sind. Aber es gibt auch Triebe, die altruistischer Natur sind. Nächstenliebe,
der Wunsch, mit seinen Nebenmenschen in Frieden und Freundschaft zu leben,
von ihnen geachtet zu werden, die Abneigung, anderen Gewalt anzutun, entspringen
sicherlich Trieben, die in vielen Menschen lebendig sind. Wer kann aber
leugnen, daß in vielen Menschen Triebe ebenso lebendig sind, die
auf ein gerade entgegengesetztes Verhalten gerichtet und die, in der modernen
Psychologie unter dem Namen des Aggressionstriebes bekannt, als ein integrierender
Bestandteil der menschlichen „Natur" erkannt sind? Wenn man aus dem in
vielen Menschen vorhandenen Trieb der Nächstenliebe auf ein Gebot
der Nächstenliebe, aus dem in vielen Menschen vorhandenen Willen zum
Frieden, auf ein Gebot des Friedens schließen zu können glaubt,
dann muß man zugeben, daß aus dem ebenso vorhandenen und daher
ebenso natürlichen Aggressionstrieb das Gebot folgt, sich diesem Trieb
entsprechend zu verhalten. Gibt es aber eine Naturrechtslehre, die bereit
wäre, eine solche Schlußfolgerung zu ziehen? ..."
K4-Ger36 S. 412f Paradoxe Unterscheidung natürlichen
und unnatürlichen Triebe bzw. Natur.
K4-Ger37 S. 413 Maßstab "Normalmensch"
K4-Ger38 S. 414 Maßstab Vernunft. "38. Eine
prominente Richtung innerhalb der Naturrechtslehre, die üblicherweise
als die „rationalistische" bezeichnet wird, ist jene, deren Vertreter die
[>415] Natur des Menschen in seiner Vernunft erkennen und demgemäß
aus der Vernunft die Normen eines gerechten Rechtes zu deduzieren versuchen.
Sie nehmen an, daß diese Normen der Vernunft immanent sind oder,
was auf dasselbe hinausläuft, daß die Vernunft als normsetzende
Autorität, als Gesetzgeber, den Menschen das richtige, das ist gerechte
Verhalten vorschreibt. Dieses Naturrecht tritt als Vernunftrecht auf. Das
Gerechte ist das Natürliche, weil es das Vernünftige ist."
K4-Ger39 S. 415 Maßstab richtige Vernunft.
"Vom Standpunkt empirischer Psychologie aus gesehen, ist die spezifische
Funktion der Vernunft das Erkennen ihr gegebener oder aufgegebener Gegenstände.
Als Vernunft bezeichnen wir die Erkenntnisfunktion des Menschen. Normsetzung,
Gesetzgebung ist aber nicht Erkenntnisfunktion. Mit der Setzung einer Norm
wird nicht ein schon gegebener Gegenstand erkannt, so wie er ist, sondern
etwas gefordert, das sein soll. In diesem Sinne ist Normsetzung eine Funktion
des Wollens, nicht des Erkennens. Eine normsetzende Vernunft ist eine erkennende
und zugleich wollende Vernunft, ist zugleich erkennen und wollen. Es ist
der in sich widerspruchsvolle Begriff der praktischen Vernunft,
der nicht nur in der als Vernunftrechtslehre sich darstellenden Naturrechtslehre,
sondern darüber hinaus in der Ethik eine entscheidende Rolle spielt
68). Dieser Begriff der praktischen Vernunft ist theologisch-religiösen
Ursprungs.
Sieht man näher zu, so ist die Vernunft, aus
der das Naturrecht deduziert wird, nicht die empirische Vernunft des Menschen,
so wie sie tatsächlich funktioniert, sondern eine besondere Vernunft,
die „rechte" Vernunft, die Vernunft, nicht wie sie tatsächlich ist,
sondern wie sie sein soll. Schon Cicero definiert das Naturrecht als Produkt
der „richtigen Vernunft" (recta ratio), wobei er sehr deutlich eine
richtige, das heißt auf das Gute gerichtete, von einer nicht richtigen,
das heißt auf das Böse gerichteten Vernunft unterscheidet. ..."
K4-Ger40 S. 416 Maßstab Die Vernunft
Gottes im Menschen
K4-Ger41 S. 418 Irrationaler Maßstab
Die Vernunft Gottes im Menschen - Maßstab praktische Vernunft
K4-Ger42 S. 419 Praktische Vernunft logisch unhaltbarer
Begriff
K4-Ger43 S. 420 Praktische Vernunft im Sinne Kants.
"... Der Wille ist frei, denn die praktische [>421] Vernunft ist frei,
und praktische Vernunft ist Wille. ..."
K4-Ger44 S. 425ff Maßstab Rechtsgefühl.
Zwei Bedeutungen. Rechtgefühl und Gerechtigkeitsgefühl. S. 427:
"In der zweiten Bedeutung ist das sogenannte Rechtsgefühl ein Gerechtigkeitsgefühl.
...". S. 429: "Vor allem aber kann im Wege einer Deduktion aus dem Rechtsgefühl
der Menschen kein Naturrecht begründet werden. Daß eine bestimmte
Behandlung nach Naturrecht gefordert ist, bedeutet, daß diese Behandlung
objektiv gerecht ist. Aus der Tatsache, daß Menschen das subjektive
Gefühl haben, daß eine bestimmte Behandlung gerecht ist und
daher ihrer Meinung nach erfolgen soll, folgt nicht, daß diese Behandlung
objektiv gerecht ist; selbst dann nicht, wenn die Rechtsgefühle aller
Menschen gleich wären, das heißt unter den gleichen Umständen
die gleiche Behandlung als gerecht fordern würden. Das Gefühl,
auch das Rechtsgefühl, ist eine Seins-Tatsache; und aus einer Seins-Tatsache
kann keine Soll-Norm folgen; auf die Gewinnung von Normen, Gerechtigkeitsnormen,
„obersten Grundsätzen des Rechts", kommt es aber bei der Neugründung
des Naturrechts an."
K4-Ger45 S. 429 "45." Naturrechtlich " ...
sehr viele verschiedene und rinander entgegengesetzte Gerechtigkeitsnormen
gibt, ..."
K4-Ger46 S. 430 "46. Der unwiderlegbare Einwand,
daß die Naturrechtslehre bisher nicht im Stande war, allgemeine,
immer und überall, unter allen Umständen gültige Normen
gerechten Verhaltens zu formulieren, das heißt ein unwandelbares
Naturrecht festzustellen, hat zu der Theorie eines wandelbaren Naturrechts
geführt. ... " ... Das ist die radikale Version der Theorie eines
wandelbaren Naturrechts. Mit dieser Theorie kann aber auch nur gemeint
sein, daß es neben der unwandelbaren Natur des Menschen auch
eine wandelbare Natur gebe und daher so wie aus jener ein unwandelbares,
so aus dieser ein
wandelbares Naturrecht deduziert werden könne."
K4-Ger47 S. 431 47. Es ist daher begreiflich,
daß ein wandelbares Naturrecht zumeist nur als ein neben oder unter
dem unwandelbaren Naturrecht stehendes Normensystem dargestellt wird, so
zwar, daß man zwei Naturen des Menschen oder zwei Schichten der menschlichen
Natur unterscheidet, von denen die eine unwandelbar, die andere aber wandelbar
ist, und auf der einen das unwandelbare, auf der anderen das wandelbare
Naturrecht gründet.
K4-Ger48 S. 433 Papst Pius' XII. Variante
von 47.
K4-Ger49 S. 434 Zusammenfassung Kritik Naturrechtslehre:
"49. Wenn man erkennt, daß der Versuch der Naturrechtslehre, absolute
Maßstäbe für die Beurteilung der Gestaltung positiven Rechts,
das heißt absolut gültige Gerechtigkeitsnormen in der Natur
zu finden und sohin aus ihr zu deduzieren, gescheitert ist und vom Standpunkt
einer nicht metaphysisch-religiösen Anschauung scheitern muß,
dann kann man diese Lehre nicht damit rechtfertigen, daß sie tatsächlich
einen günstigen, weil reformatorischen Einfluß auf die Gestaltung
des positiven Rechts ausgeübt, das heißt: daß die Naturrechtslehre
zu einer Verbesserung des unter ihrem Einfluß gestalteten positiven
Rechts geführt habe 116). ... "
K4-Ger50 S. 435 Fortsetzung Zusammenfassung Kritik
Naturrechtslehre. "Der überwiegend konservative Charakter der Naturrechtslehre
ist die Konsequenz der Haltung, die die überwiegende Mehrheit und
insbesondere die klassischen Vertreter der Naturrechtslehre in der für
die ganze Lehre entscheidenden Frage des Verhältnisses zwischen Naturrecht
und positivem Recht einnehmen117).
-
S. 435: a) Aus dem Naturrecht folgt, dass positives Recht überflüssig
ist.
-
S. 436: b) Positives Recht durch Naturrecht delegiert.
-
S. 436: c) Teilhabe an der göttlichen Vernunft (Stoa)
-
S. 437: d) Christliche Lehre von den zwei Naturen des Menschen.
-
S. 439: e) DasNaturrecht enthält das positive Recht (Hobbes)
-
S. 440: f) "Die Frage, ob ein positives Recht als Ganzes oder
eine bestimmte Norm dieses Rechts dem Naturrecht entspricht oder widerspricht,
ist eine Frage der Interpretation des positiven Rechtes. Die Entscheidung
darüber, ob ein positives Recht oder eine bestimmte Norm desselben
wegen des Verhältnisses zum Naturrecht als gültig oder nichtig
anzusehen ist, liegt somit bei demjenigen, der zur authentischen Interpretation
des positiven Rechtes zuständig ist. Dies kann jedermann sein, der
dem positiven Recht unterworfen ist; die Interpretation kann aber auch
der das positive Recht setzenden Autorität vorbehalten sein. Ist das
erste der Fall, besteht die Gefahr völliger Anarchie. Ist das zweite
der Fall, ist die Entscheidung, daß das positive Recht dem Naturrecht
widerspricht, so gut wie ausgeschlossen oder doch auf ein Minimum reduziert.
Die Naturrechtslehrer zeigen nun die ausgesprochene Tendenz, die Interpretation
des positiven Rechts in bezug auf sein Verhältnis zum Naturrecht der
das positive Recht setzenden Autorität vorzubehalten 125). ..."
K4-Ger51 S. 441 Problemfaktum. "51. Mitunter glaubt
man, die Naturrechtslehre, die das Problem einer absoluten Gerechtigkeit
zu lösen versucht, damit rechtfertigen zu können, daß dieses
Problem besteht 129) und daß der relativistische Rechtspositivismus
nicht fähig ist, es zu lösen. Daß das Problem einer absoluten
Gerechtigkeit in dem Sinne besteht, daß Menschen das Bedürfnis
haben und vermutlich immer haben werden, ihr Verhalten als absolut gut,
absolut gerecht zu rechtfertigen, soll nicht geleugnet werden; auch nicht,
daß der relativistische Rechtspositivismus keine solche Rechtfertigung
liefern kann. Aber aus der Tatsache, daß ein Bedürfnis besteht,
kann nicht folgen, daß dieses Bedürfnis im Wege rationaler Erkenntnis
befriedigt, daß das Problem auf diese Weise gelöst werden kann.
Die Wissenschaft kann vielmehr zeigen, daß es so nicht gelöst
werden kann, weil es eine absolute Gerechtigkeit für eine rationale
Erkenntnis nicht gibt und nicht geben kann, daß es sich um ein für
die menschliche Erkenntnis unlösbares Problem handelt, das daher aus
dem Bereich dieser Erkenntnis ausgeschieden werden muß. Die Aufgabe
wissenschaftlicher Erkenntnis besteht nicht nur darin, Fragen, die wir
an sie richten, zu beantworten, sondern auch, uns zu lehren, welche Fragen
wir an sie sinnvoll richten können."
K4-Ger52 S. 442f Fazit. "52. Man hat der positivistischen
Rechtstheorie der Reinen Rechtslehre entgegengehalten, daß sie selbst
nur eine Naturrechtslehre sei, da sie den Geltungsgrund des positiven Rechts
in der von ihr so genannten Grundnorm, das heißt aber in einer Norm
erkennt, die außerhalb des positiven Rechts selbst liegt132). Es
ist richtig, daß die Grundnorm nicht eine Norm positiven Rechts,
das heißt einer durch Gesetzgebung oder Gewohnheit gesetzten, im
großen und ganzen wirksamen Zwangsordnung ist. Das ist aber auch
der einzige Punkt, in dem eine gewisse Ähnlichkeit zwischen der Lehre
von der Grundnorm und der Naturrechtslehre besteht. In allen anderen Punkten
stehen die beiden Theorien einander diametral entgegen. Die Naturrechtslehre
fragt nach dem Geltungsgrund des positiven Rechts, das heißt; ob
und warum eine positive Rechtsordnung gilt, und beantwortet diese Frage
kategorisch, das heißt; unbedingt, entweder mit dem Urteil, daß
sie gilt, weil ihr Inhalt dem Inhalt des Naturrechts entspricht und daher
gerecht ist, oder daß sie nicht gilt, weil ihr Inhalt dem Inhalt
des Naturrechts widerspricht. Der Geltungsgrund des positiven Rechts ist
wesentlich mit seinem Inhalt verbunden. Das positive Recht gilt, weil es
einen bestimmten Inhalt hat [>443] und darum gerecht ist; es gilt nicht,
weil es den gegenteiligen Inhalt hat und darum ungerecht ist. In dieser
Inhaltsbestimmung des positiven Rechts durch das jenseits des positiven
Rechts liegende Naturrecht liegt dessen wesentliche Funktion. Auch die
Reine Rechtslehre fragt nach dem Geltungsgrund einer positiven Rechtsordnung,
das ist einer im Wege von Gesetzgebung oder Gewohnheit erzeugten, im großen
und ganzen wirksamen Zwangsordnung. Aber sie gibt auf diese Frage keine
kategorische, das ist unbedingte, sondern nur eine hypothetische, das ist
bedingte Antwort. Sie sagt: Wenn man das positive Recht als gültig
betrachtet, so setzt man die Norm voraus, daß man sich so verhalten
soll, wie die historisch erste Verfassung, der gemäß die positive
Rechtsordnung erzeugt ist, vorschreibt. Diese Norm bezeichnet die Reine
Rechtslehre als Grundnorm. Es ist keine durch den Willensakt einer Rechtsautorität
gesetzte, das ist positive, sondern eine im juristischen Denken vorausgesetzte
Norm. Ihre Voraussetzung ist die Bedingung, unter der eine im Wege der
Gesetzgebung oder Gewohnheit erzeugte, im großen und ganzen wirksame
Zwangsordnung als gültig — und zwar als objektiv gültig — betrachtet
wird. Die Grundnorm bestimmt lediglich den Geltungsgrund, nicht
den Geltungsinhalt des positiven Rechts. Dieser Geltungsgrund ist
vom Geltungsinhalt völlig unabhängig. Den Inhalt des positiven
Rechts zu bestimmen, überläßt die Grundnorm dem durch die
Verfassung bestimmten Prozeß der positiven Rechtserzeugung. Die Inhaltsbestimmung
des positiven Rechts ist dessen ureigene Funktion. Ob der im Prozeß
des positiven Rechts bestimmte Inhalt des Rechts gerecht oder ungerecht
ist, kommt für seine Geltung nicht in Frage. Die Grundnorm einer positiven
Rechtsordnung ist keine Gerechtigkeitsnorm. Daher kann das positive Recht,
das heißt eine im Wege der Gesetzgebung oder Gewohnheit erzeugte,
im großen und ganzen wirksame Zwangsordnung niemals zu ihrer Grundnorm
in Widerspruch stehen, während eine solche Ordnung sehr wohl zum Naturrecht,
das sich als das gerechte Recht darstellt, in Widerspruch stehen kann.
Daher kann die Grundnorm der Reinen Rechtslehre nicht — wie das Naturrecht
— ein Wertmaß des positiven Rechts sein und kann daher nicht die
Funktion haben, die das Naturrecht dem positiven Recht gegenüber zu
leisten hat, und derentwegen die Naturrechtslehre der positivistischen
Rechtslehre entgegengesetzt wird: die ethisch-politische Funktion der Rechtfertigung.
Denn gerechtfertigt werden kann das positive Recht, richtiger; seine Setzung,
nur durch eine Norm oder normative Ordnung, der diese Setzung nicht nur
entsprechen, sondern auch widersprechen kann. Die Naturrechtslehre ist
eine dualistische Rechtslehre; denn es gibt ihr zufolge neben dem positiven
Recht ein Naturrecht. Die Reine Rechtslehre ist aber eine monistische Rechtslehre.
Ihr zufolge gibt es nur ein Recht, das positive Recht. Die von der Reinen
Rechtslehre festgestellte Grundnorm ist kein von dem positiven Recht verschiedenes
Recht, sie ist nur sein Geltungsgrund, die transzendental-logische Bedingung
[>444] seiner Geltung 133) und hat als solche keinen ethisch-politischen,
sondern einen erkenntnistheoretischen Charakter."
132) D'Entrèves, op. cit. S.
108, meint, Kelsens Grundnorm sei „nothing but a natural-law proposition",
weil damit anerkannt sei, „that the ultimate test of the validity of law
lies beyond law itself.
133) D'Entrèves, a. a. 0. S.
107 bemerkt: „... there is, and must be, a point at which the basic norm
... is converted into a fact"; it „can have a meaning for the jurist only
in as much as the commands of the sovereign are in fact obeyed." Das ist
eine nicht korrekte Darstellung der Bedeutung, die das Moment der Wirksamkeit
nach der Lehre von der Grundnorm hat. Die Grundnorm wird keineswegs in
eine Tatsache verwandelt. Eine Tatsache kann nicht der Geltungsgrund einer
normativen Ordnung sein. Die Grundnorm bezieht sich nur auf eine im großen
und ganzen wirksame Zwangsordnung. Diese Wirksamkeit ist nicht ihr Geltungsgrund."
K5-Ger Wird das Kategorien-Wort "Gerecht" vollständig
in allen drei Dimensionen (5.1 Name, 5.2 Begriffsinhalt oder Bedeutung,
5.3 Referenz) definiert? Ja, wenn auch nicht streng referenziert.
Begriffliche Differenzierungen:
S. 357: "1. Gerechtigkeit ist eine Eigenschaft, die von verschiedenen
Gegenständen ausgesagt wird. Zunächst von einem Menschen. Man
sagt, ein Mensch, insbesondere ein Gesetzgeber oder Richter sei gerecht
oder ungerecht. In diesem Sinn ist Gerechtigkeit als eine Tugend der Menschen
dargestellt. Wie alle Tugend ist auch die Tugend der Gerechtigkeit eine
moralische Qualität; und insofern liegt Gerechtigkeit innerhalb des
Bereiches der Moral."
S. 357: Gerechtigkeit als menschliche Eigenschaft
S. 357 Gerechtigkeit als Ausdruck des sozialen Verhaltens
S. 357 "... Gerechtigkeitsnorm bezeichnen. ..."
S. 357 Unterschied Moralnorm und Gerechtigkeitsnorm:
"Aber nicht jede Moralnorm ist eine Gerechtigkeitsnorm, nicht jede Norm
einer Moral konstituiert den Gerechtigkeitswert. Als Gerechtigkeitsnorm
kann nur eine Norm gelten, die eine bestimmte Behandlung eines Menschen
durch einen anderen Menschen, insbesondere die Behandlung der Menschen
durch einen Gesetzgeber oder Richter vorschreibt. Die Norm: man soll sich
selbst nicht töten, kann die Norm einer Moral sein, die solches Verhalten
wegen seiner üblen Wirkungen auf die Gemeinschaft verbietet, aber
diese Norm kann nicht eine Gerechtigkeits-Norm sein, da sie nicht die Behandlung
eines Menschen durch einen anderen Menschen vorschreibt; das heißt:
Selbstmord kann als unmoralisch, nicht aber als ungerecht beurteilt werden.
..."
S. 358: "2. Gerechtigkeit ist somit die Eigenschaft
eines spezifischen menschlichen Verhaltens, eines Verhaltens, das in der
Behandlung anderer Menschen besteht. Das Urteil, daß ein solches
Verhalten gerecht oder ungerecht ist, stellt Be-urteilung, Bewertung des
Verhaltens dar. Das Verhalten, das ein in Zeit und Raum existentes Seins-Faktum
ist, wird mit einer Gerechtigkeits-Norm, die ein Sollen statuiert, konfrontiert.
Das Ergebnis ist ein Urteil, das entweder aussagt, daß das Verhalten
so ist, wie es — gemäß der Gerechtigkeitsnorm — sein soll,
das heißt: daß das Verhalten wertvoll ist, nämlich einen
positiven Gerechtigkeitswert hat, oder daß das Verhalten nicht so,
weil das Gegenteil davon ist, wie es — gemäß der Gerechtigkeitsnorm
— sein soll, das heißt: daß das Verhalten wertwidrig ist, nämlich
einen negativen Gerechtigkeitswert hat. Gegenstand der Be-urteilung, Bewertung
ist ein Seins-Faktum. Nur ein Seins-Faktum kann, wenn konfrontiert mit
einer Norm, als wertvoll oder wertwidrig beurteilt werden, kann einen positiven
oder negativen Wert haben. Mit anderen Worten: Was bewertet wird, was wertvoll
oder wertwidrig sein, einen positiven oder negativen Wert haben kann, ist
die Wirklichkeit."
K6-Ger Wird zu der Kategorie Gerecht eine Theorie
zitiert oder / und entwickelt? Ja > K4-Ger.
K7-Ger Wird die Anwendbarkeit der Definition oder
/ und Theorie der Kategorie Gerecht ausführlich und gründlich
dargestellt sowie anhand von Beispielen demonstriert? Ja > K4-Ger.
K8-Ger Sonstiges für die Kategorie "Gerecht"
zu Berücksichtigendes? Keine.
Sonstiges
> spezifizieren > Zwei: Subjektiver
und objektiver Sinn von Akten * Larenz zu Kelsens
Reiner Rechtslehre *
Zusammenfassung und Kommentar zur rechtswissenschaftlichen Kategorie
Sonstiges:
K1-So Kommt das Kategorien-Wort "Sonstiges" im
Inhaltsverzeichnis vor? Nicht Dif
K2-So Kommt das Kategorien-Wort "Sonstiges" im
Stichwortregister vor? Nicht Dif
K3-So Wird das Kategorien-Wort "Sonstiges" im Text
genannt, aber ohne nähere inhaltliche Erörterung? Nicht Dif
K4-So Wird das Kategorien-Wort "Sonstiges" im Text
auch inhaltlich erörtert? Nicht Dif
K5-So Wird das Kategorien-Wort "Sonstiges" vollständig
in allen drei Dimensionen (5.1 Name, 5.2 Begriffsinhalt oder Bedeutung,
5.3 Referenz) definiert? Nicht Dif
K6-So Wird zu der Kategorie eine Theorie Sonstiges
zitiert oder / und entwickelt? Nicht Dif
K7-So Wird die Anwendbarkeit der Definition oder
/ und Theorie der Kategorie Sonstiges ausführlich und gründlich
dargestellt sowie anhand von Beispielen demonstriert? Nicht Dif
K8-So Sonstiges für die Kategorie "Sonstiges"
zu Berücksichtigendes?
Ja, zwei:
Subjektiver
und objektiver Sinn von Akten
Stichwortregister: Sinn - subjektiver und objektiver, eines Aktes 2f.,
7f., 46ff., 110, 203ff., 209, 261, 359ff., 361
S.2: "Diese rechtliche Bedeutung kann man dem Akt,
als einem äußerlichen Tatbestand, nicht ohneweiteres ansehen
oder anhören, so wie man etwa die natürlichen Eigenschaften eines
Gegenstandes wie Farbe, Härte, Gewicht wahrnimmt. Zwar, der vernunftmäßig
handelnde, den Akt setzende Mensch verbindet mit seinem Akt einen bestimmten
Sinn, der sich in irgendeiner Weise ausdrückt und von anderen verstanden
wird. Dieser subjektive Sinn kann, muß aber nicht, mit der objektiven
Bedeutung zusammenfallen, die der Akt von Rechts wegen hat. Jemand verfügt
schriftlich für den Fall seines Ablebens über sein Vermögen.
Der subjektive Sinn dieses Aktes ist ein Testament. Objektiv, von Rechts
wegen, ist er es aber — gewisser Formfehler wegen — nicht. ..."
S. 7: "... Doch muß der subjektive von dem
objektiven Sinne unterschieden werden. „Sollen" ist der subjektive Sinn
jedes Willensaktes eines Menschen, der intentional auf das Verhalten eines
anderen gerichtet ist. Aber nicht jeder solche Akt hat auch objektiv diesen
Sinn. Nur wenn er auch objektiv den Sinn des Sollens hat, bezeichnet man
das Sollen als „Norm". Darin, daß „Sollen" auch der objektive Sinn
des Aktes ist, kommt zum Ausdruck, daß das Verhalten, auf das der
Akt intentional gerichtet ist, nicht nur vom Standpunkt des den Akt setzenden
Individuums, sondern auch vom Standpunkt eines unbeteiligten Dritten als
gesollt angesehen wird; und das auch dann, wenn das Wollen, dessen subjektiver
Sinn das Sollen ist, faktisch aufgehört hat zu existieren, wenn mit
dem Willen nicht auch der Sinn, das Sollen verschwindet; wenn das Sollen
auch nach Aufhören des Wollens „gilt", ja wenn es gilt, selbst wenn
das Individuum, dessen Verhalten dem subjektiven Sinne des Willensaktes
nach gesollt ist, von diesem Akt und seinem Sinn gar nichts weiß,
wenn dieses Individuum als verpflichtet oder berechtigt angesehen wird,
sich sollensgemäß zu verhalten. Dann ist das Sollen, als „objektives
"Sollen, eine „geltende", den Adressaten bindende „Norm". Dies ist dann
der Fall, wenn dem Willensakte, dessen subjektiver Sinn ein Sollen ist,
dieser objektive Sinn durch eine Norm verliehen ist, wenn dieser Akt durch
eine Norm ermächtigt [>8] ist, die darum als eine „höhere" Norm
gilt. Der Befehl eines Gangsters, ihm eine bestimmte Geldsumme zu geben,
hat denselben subjektiven Sinn wie der Befehl eines Steuerbeamten, nämlich,
den Sinn, daß das Individuum, an den der Befehl gerichtet ist, eine
bestimmte Geldsumme leisten soll. Aber nur der Befehl des Steuerbeamten,
nicht der Befehl des Gangsters hat den Sinn einer geltenden, den Adressaten
verpflichtenden Norm, nur der eine, nicht der andere ist ein norm-setzender
Akt: weil der Akt des Steuerbeamten durch ein Steuergesetz ermächtigt
ist, während der Akt des Gangsters auf keiner solchen ihn ermächtigenden
Norm beruht *). Daß der gesetzgebende Akt, der subjektiv den Sinn
des Sollens hat, auch objektiv diesen Sinn, das heißt den Sinn einer
geltenden Norm hat, ist darum der Fall, weil die Verfassung dem Gesetzgebungsakt
diesen objektiven Sinn verleiht. Der verfassungsgebende Akt hat nicht nur
subjektiv, sondern auch objektiv normativen Sinn, wenn vorausgesetzt wird,
daß man sich so verhalten soll, wie der Verfassungsgeber vorschreibt.
..."
S. 45f:
"c) Das Recht als normative Zwangsordnung. Rechtsgemeinschaft und „Räuberbande"
Man pflegt das Recht als Zwangsordnung mitunter in der Weise zu charakterisieren,
daß man sagt, das Recht gebiete ein bestimmtes menschliches Verhalten
unter „Androhung" von Zwangsakten, das heißt von gewissen Übeln,
wie die Entziehung von Leben, Freiheit, Eigentum u. dgl. Aber diese Formulierung
ignoriert den normativen Sinn, in dem die Zwangsakte im allgemeinen und
die Sanktionen im besonderen von der Rechtsordnung statuiert sind. Der
Sinn einer Drohung ist, daß ein Übel unter bestimmten Bedingungen
zugefügt werden wird; der Sinn der Rechtsordnung ist, daß
gewisse Übel unter gewissen Bedingungen zugefügt werden sollen,
daß, allgemeiner formuliert, bestimmte Zwangsakte unter bestimmten
Bedingungen vollstreckt werden sollen. Dies ist nicht nur der subjektive
Sinn der Akte, mit denen das Recht gesetzt wird, sondern auch ihr objektiver
Sinn. Gerade darin, daß dies als ihr objektiver Sinn gedeutet wird,
werden sie als recht-setzende, norm-erzeugende oder norm-vollziehende Akte
[>46] anerkannt. Auch der Akt eines Straßenräubers'), der jemandem
unter Androhung irgendwelcher Übel befiehlt, ihm sein Geld auszuliefern,
hat — wie schon früher betont — den subjektiven Sinn eines Sollens.
..."
S. 46: "Aber warum deuten wir den subjektiven Sinn
des Aktes in einem Fall auch als seinen objektiven Sinn, in dem anderen
Falle aber nicht? Für eine voraussetzungslose Betrachtung haben
auch die rechtsetzenden Akte nur den subjektiven Sinn von Sollen. Warum
nehmen wir an, daß von den beiden Akten, die beide den subjektiven
Sinn von Sollen haben, nur der eine objektiv eine gültige [>47] das
heißt verbindliche Norm erzeugt? Oder mit anderen Worten: Was ist
der Geltungsgrund der Norm, die wir als den objektiven Sinn dieses Aktes
ansehen? Das ist die entscheidende Frage.
Eine Analyse der Urteile, in denen wir die Akte
als Rechtsakte, das heißt als Akte deuten, deren objektiver Sinn
Normen sind, liefert die Antwort; sie zeigt die Voraussetzung, unter
der diese Deutung möglich ist."
S. 359: "... Daß eine Norm positiven, das
heißt durch menschliche Akte gesetzten Rechtes „gilt", bedeutet,
daß der subjektive Sinn des Aktes: daß sich Menschen in bestimmter
Weise verhalten sollen, auch als sein objektiver Sinn gedeutet wird. Jeder
Befehlsakt hat den subjektiven Sinn, daß sich derjenige, an den der
Befehl gerichtet ist, in bestimmter Weise verhalten soll. Aber der subjektive
Sinn nicht jedes Befehlsaktes wird als sein objektiver Sinn, das heißt:
als verbindliche Norm gedeutet. Dadurch unterscheidet sich der Befehlsakt
eines Straßenräubers von dem Befehlsakt eines Rechtsorganes.
Unter welcher Bedingung der subjektive Sinn eines Befehlsaktes als sein
objektiver Sinn, als verbindliche Norm, gedeutet wird, wurde im Vorhergehenden
gezeigt."
Larenz zu
Kelsens Reiner Rechtslehre (1991, S. 80f:)
"... Wenn aber KELSEN, um jede Art von Werturteilen von ihr femzuhalten,
die Rechtswissenschaft für unfähig erklärt, durch „Interpretation“
einer Norm „richtige“ Urteile zu gewinnen, dann „schüttet er das Kind
mit dem Bade aus“. Richtig ist, daß das richterliche Urteil immer
auch ein Willensakt ist, indem es darauf abzielt, eine unter den Parteien
nicht mehr angreifbare Rechtslage herbeizuführen. Richtig ist weiter,
daß sowohl die Interpretation wie die Anwendung einer Norm auf den
konkreten Fall weit mehr erfordern als eine logisch einwandfreie Deduktion
und Subsumtion. Sie erfordern vornehmlich Urteilsakte, die sich unter anderem
auf soziale Erfahrung, Wertverständnis und richtiges Auffassen von
Sinnzusammenhängen gründen. In Grenzfällen kann dabei auch
einmal die persönliche Werteinsicht des Urteilenden den Ausschlag
geben. Aber in weitem Umfange handelt es sich dabei doch um objektivierbare,
für andere nachprüfbare Denkprozesse, nicht um reine „Willensakte“
oder „Setzungen“. KELSEN kennt im Prinzip keinen Unterschied zwischen Gesetzgebung,
Rechtsprechung, Verwaltungstätigkeit und Betätigung der „Privatautonomie“.
Es handelt sich für ihn allemal um die Setzung einer rangniederen
Norm im Rahmen der ranghöheren. Das ist eine zwar durch ihre logische
Einfachheit bestechende, den sachlich begründeten Differenzierungen
aber in keiner Weise genügende Auffassung. Sie beschränkt die
Aufgabe der juristischen Interpretation auf die bloße Wortauslegung,
das Aufzeigen der dem Wortsinn nach möglichen Bedeutungen, unter denen
der Anwender der Norm dann eine zu wählen hat. Wie er die Wahl trifft,
bleibt ihm überlassen. Mit der Funktion der Rechtsprechung im Verfassungsstaat
verträgt sich diese Auffassung schlecht. Es fehlt denn auch nicht
an kritischen Stimmen100.
So wenig KELSENS Interpretationslehre den Juristen
zu befriedigen vermag, dem neben der Wortauslegung die „historische“, die
„systematische“ und die „teleologische“ Auslegung - Methoden, denen allen
KELSEN den Erkenntniswert abspricht (vgl. RR 349 f.) - geläufige Denkprozesse
sind, so darf doch nicht verkannt werden, daß sie vom positivistischen
Wissenschaftsbegriff aus durchaus folgerichtig und daher, teilt man diesen
Wissenschaftsbegriff, unangreifbar ist. Denn nach ihm darf ja nur ein solches
Denken eine „Wissenschaft“ heißen, das jeden seiner Schritte entweder
auf logische (oder mathematische) Evidenz oder auf unbezweifelbare Tatsachen
zu gründen vermag. Von dieser Art aber ist die juristische, wie auch
jede andere Art der Interpretation nicht. Solange man dabei bleibt, daß
Werturteile (wie sie in der Rechtswissenschaft und der Rechtsprechung unvermeidbar
gefällt werden müssen) nicht (innerhalb gewisser Grenzen) zureichend
durch Erkenntnisakte [>81] vermittelt sein können, also einer rational
nachprüfbaren Begründung nicht fähig sind, solange man zwischen
der Logik der Tatsachenwissenschaften und der Teleo-Logik der deutenden
oder interpretativen Wissenschaften keinen Unterschied kennt, solange kann
man auch die Rechtswissenschaft nur entweder als die kausalwissenschaftliche
Erforschung der dem Rechtsleben zugrunde liegenden Fakten, also als Rechtssoziologie,
oder aber als eine Lehre von den logischen Formen der Rechtsbeziehungen,
als „Reine Rechtslehre“, gelten lassen. Was der Jurist als seine eigentliche
Aufgabe ansieht: die Interpretation von Rechtssätzen und Rechtsinstituten
und die „sinngemäße“, durch den Sachzusammenhang geforderte
Fortbildung des Rechts (mittels der „Analogie“ oder der Entfaltung eines
Rechtsprinzips), das kann dann allenfalls eine nach gewissen Regeln sich
vollziehende Technik oder „Kunst der Rechtsanwendung“ sein, aber keinesfalls
den Rang einer „Wissenschaft“ beanspruchen."
Glossar,
Anmerkungen und Fußnoten > Eigener
wissenschaftlicher Standort. > weltanschaulicher
Standort.
1)
GIPT= General and
Integrative
Psychotherapy,
internationale Bezeichnung für Allgemeine und Integrative Psychotherapie.
__
Stichworte Glossar:
__
[Intern:
Vortest Suchwort "beweis"
]
Querverweise
Standort: Kelsen Reine Rechtslehre .
*
Haupt- und Verteilerseite Recht
und Rechtswissenschaften
Elemente wissenschaftlicher
und sachlicher Texte - Kleines Wissenschaftsvokabular und -Glossar
mit Signierungsvorschlägen: Gebrauchsbeispiele,
Verteilerseite
Gebrauchsbeispiele *
Kritik
des Sprachgebrauchs in den Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften:
Allgemeine,
abstrakte, unklare, hypostase-homunkulusartige autonome Begrifflichkeiten
und Geisterwelten.
Funktionen der Sprache: Ziele,
Zwecke, Mittel. Eine sprachpsychologische Studie aus allgemeiner und integrativer
Sicht.
Überblick
Arbeiten zur Theorie, Definitionslehre, Methodologie, Meßproblematik,
Statistik und Wissenschaftstheorie besonders in Psychologie, Psychotherapie
und Psychotherapieforschung.
*
*
Dienstleistungs-Info.
*
Zitierung
Sponsel, Rudolf (DAS).
Auswertung
Hans Kelsens Reine Rechtslehre mit einem Anhang: das Problem der
Gerechtigkeit. Auswertung rechts- und rechtswissenschaftlicher
Werke. Eine wissenschaftstheoretische Analyse aus interdisziplinärer
Perspektive. Internet Publikation für Allgemeine und Integrative
Psychotherapie IP-GIPT Erlangen: https://www.sgipt.org/wisms/wistheo/WisSig/Recht/RAW/RAW_Kelsen.htm
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