Begriff, Begriffsanalyse und Gebrauchsbeispiele in der Philosophie
Originalarbeit von Rudolf Sponsel, Erlangen
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Begriffsanalysen (Überblick).
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Begriffsanalyse Begriff.
Definition
Begriff.
Signierung
Begriffe und Begriffsmerkmale (BM).
Begriff(e) und Gebrauchsbeispiele in der Philosophie
Status/Stand der Signierungen: e=bislang nur erfasst, m=markiert (), s= signiert (BM...), k=korrigiert, t=teilweise signiert]
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welche ihre Gedanken untereinander austauschen wollen, etwas voneinander verstehen; denn wie könnte denn, wenn dies nicht stattfindet, ein gegenseitiger Gedankenaustausch (...) möglich sein? Es muß also jedes Wort (...) bekannt sein und etwas, und zwar eins und nicht mehreres, bezeichnen; hat es mehrere Bedeutungen, so muß man erklären, in welcher von diesen man das Wort gebraucht. ..." Aus: Aristoteles (384-322) Metaphysik. 11. Buch, 5 Kap., S. 244 (Rowohlts Klassiker 1966) |
Was Aristoteles sagt, ist unzweifelhaft richtig. Er sagt aber nicht,
wie das geht oder gemacht werden kann und soll. Es fehlt auch bei Aristoteles
das so wichtige Referenzieren und damit das ganze semiotische
Dreieck, um durch einen operationalen Realitätsbezug dem geisteswissenschaftlichen
S^3
Syndrom zu entgehen. Aber das Problem der Vieldeutigkeit der
Worte beschreibt er sehr eindrucksvoll.
Die Worte sind die "Kleider" der Begriffe. Verschiedene
Menschen werden meist mit den gleichen Worten unterschiedliche Bedeutungen
verknüpfen, je nach ihren Erfahrungen, Wissen und Kenntnissen, Interessen
und Kommunikationssituationen. D.h., aus der bloßen Tatsache, dass
Menschen das gleiche Wort verwenden, kann leider nicht geschlossen werden,
dass sie auch den gleichen Begriff meinen. Die Problematik betrifft auch
keineswegs nur die Alltagskommunikation, die Geistes- und Sozialwissenschaften,
sondern auch die Naturwissenschaften und die Mathematik, wenngleich es
gerade bei Begriffen, die psychisches Erleben beschreiben besonders schwierig
ist, einen auch nur annähernd gleichen Begriff zu normieren (> nur_empfinden,
fühlen, spüren, > Terminologie).
[Quelle]
In dieser Begriffslehre fehlt das so wichtige
Referenzieren und damit das ganze semiotische
Dreieck, um durch einen operationalen Realitätsbezug dem geisteswissenschaftlichen
S^3
Syndrom zu entgehen.
Begriff heißt in der Logik von Port Royal meist Idee, wie
aus der Sachregisterzuordnung der Ausgabe der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft
(1994) hervorgeht. Man muss also das Wort "Idee" durch "Begriff" ersetzen.
In den zwei Definitionsregeln wird aber auch das Wort "Begriff" verwendet.
Idee/Begriff (idée) 15. 27-35
- allgemeine, universelle, gemeinsame 47. 115 - individuelle, einzelne 47. 115 - Klarheit und Deutlichkeit der I.n 60 - Dunkelheit und Verworrenheit der I.n 60 - die I.n betreffende Regeln 327 - I. als Gedankending, ens rationis (z. B. „Goldberg“) 38 - Inhalt (comprehension) der I. 48. 162 - Umfang (extension, étendue) der I. 48. 155. 162 - I. eines Dinges/I. eines Zeichens 41 - I. „Mensch“/I. „Lebewesen“ 164 - Nebenideen 90
|
Im "Kapitel I Über die Ideen hinsichtlich ihrer Natur oder
ihres Ursprungs" heißt es S. 27:
Diese Auffassung ist sicher falsch und passt
eigentlich gar nicht zu dem überwiegend sehr scharfsinnigen Werk.
S. 327 führt 8 Regeln für wissenschaftliches Arbeiten aus,
wobei die ersten beiden Regeln für die Definition sind:
"Die auf acht Hauptregeln zurückgeführte Methode der Wissenschaften
Aus dem bisher Gesagten ergibt sich, daß man den im Kapitel II angeführten fünf Regeln noch zwei oder drei hinzufügen muß, damit man über eine Methode verfügt, die noch vollkommener als die von den Mathematikern gebrauchte ist, so daß alle Regeln sich auf acht zurückführen lassen.
Die zwei ersten Regeln dieser Methode betreffen die
Ideen und können auf den ersten Teil dieser Logik bezogen werden.
Die dritte und die vierte betreffen die Axiome und
können auf den zweiten Teil bezogen werden.
Die fünfte und die sechste betreffen die Schlüsse
und können auf den dritten Teil bezogen werden.
Die zwei letzten betreffen die Ordnung und können
auf den vierten Teil bezogen werden.
Zwei Regeln für die Definitionen:
1. Keinen der ein wenig dunklen oder mehrdeutigen Begriffe
() undefiniert lassen;
2. In den Definitionen nur vollkommen bekannte oder bereits erläuterte
Begriffe
() verwenden.
Zwei Regeln für die Axiome:
3. Nur vollkommen evidente Dinge als Axiome ansetzen;
4. Das als evident ansehen, was nur geringer Aufmerksamkeit bedarf,
um als Wahres erkannt zu werden.
Zwei Regeln für die Beweise:
5. Alle ein wenig dunklen Sätze beweisen, indem man zu ihrem Beweis
entweder die Definitionen verwendet, die vorausgegangen sind, oder die
Axiome, die man uns zugestanden hat, oder die Sätze, die schon bewiesen
wurden.
6. Sich niemals durch die Mehrdeutigkeit der Begriffswörter
() irreführen lassen, indem man versäumt, die Definitionen, die
sie abgrenzen und sie erläutern, im Geiste einzusetzen.
Zwei Regeln für die Methode:
7. Die Dinge soweit als möglich gemäß ihrer natürlichen
Ordnung behandeln, indem man bei den allgemeineren und einfacheren be-[>328]ginnt
und alles, was zu der Natur der Gattung gehört, erklärt, bevor
man zu den besonderen Arten übergeht.
8. Soweit als möglich jede Gattung in alle ihre Arten, jedes Ganze
in alle seine Teile und jede Schwierigkeit in alle ihre Teilaspekte unterteilen.
In diese beiden Regeln habe ich die Wörter „soweit als möglich“
eingefügt, weil es wahr ist, daß es viele Fälle gibt, in
welchen man sie nicht ganz genau befolgen kann, sei es wegen der Schranken
des menschlichen Geistes, sei es wegen der Grenzen, die man notgedrungen
um jede einzelne Wissenschaft gezogen hat.
Daher spricht man oft von einer Art, ohne daß
man hier alles behandeln könnte, was zur Gattung gehört. In der
gewöhnlichen Geometrie behandelt man zum Beispiel den Kreis, ohne
besonders auf die Kurve einzugehen, die seine Gattung ist und mit deren
bloßer Definition man sich zufriedengibt.
Man kann ebenfalls nicht eine Gattung erklären,
indem man alles, was man über sie sagen könnte, entfaltet, denn
ein solches Verfahren würde oft zu langatmig sein. Es genügt
jedoch, alles das zu sagen, was man über sie sagen will, bevor man
zu den Arten übergeht.
Ich glaube aber, daß man eine Wissenschaft
nie in vollkommener Weise behandeln kann, wenn man diese beiden letzten
Regeln nicht ebensosehr wie die anderen beachtet und wenn man sich entschließt,
sich über sie nur dann hinwegzusetzen, wenn dies unumgänglich
ist oder durch einen großen anderen Vorteil gerechtfertigt erscheint."
Auch in dem scharfsinnigen Werk der Logik von Port
Royal fehlt das so wichtige Referenzieren und damit das ganze semiotische
Dreieck, um durch einen operationalen Realitätsbezug dem geisteswissenschaftlichen
S^3
Syndrom zu entgehen.
"Begriff (BMDefiniendum)
- gedankliche Widerspiegelung einer Klasse von Individuen oder von Klassen
auf der Grundlage ihrer invarianten Merkmale, d.h. Eigenschaften oder Beziehungen
(BMDefiniens). Der
Begriff
(BMGERD) stellt neben
der >Aussage das Grundelement jeglichen rationalen Denkens dar. Während
die Aussage Widerspiegelung eines Sachverhalts ist, bilden die Begriffe
(BMmerkm) die einzelnen Strukturelemente der Sachverhalte
(Individuen, Eigenschaften, Beziehungen usw.) ab. So wie die Aussage ihre
sprachliche Existenzform im Aussagesatz findet, hat der Begriff
(BMName) die seine im Wort.
Es kann sich dabei um ein einzelnes Wort - z. B. «Widerspruch»
- oder um eine Folge von Wörtern handeln, die keinen selbständigen
Satz bildet - z. B. «dialektischer Widerspruch», «Widerspruch,
der den Charakter und die Entwicklung einer gegebenen Erscheinung bestimmt».
Aus semiotischer Sicht (>Semiotik) kann der Begriff
(BMAKgbW) als Abstraktionsklasse
gleichbedeutender Wörter definiert werden. Die Beziehung zwischenBegriff
(BMBBW) und Wort ist
nicht eindeutig. Verschiedene Wörter können Existenzform des
gleichen Begriffs (BMBBW)
sein (Synonymie). Ein und dasselbe Wort kann aber auch verschiedene Begriffe
(BMBBW) bedeuten (Homonymie).
In einer exakten wissenschaftlichen Terminologie muß die umkehrbar
eindeutige Zuordnung von Begriff (BMBBW)
und Wort gefordert werden.
Begriffe (BMinhalt)
haben einen Inhalt (Intension intensional) und einen
Umfang
(Extension extensional). Der Begriffsumfang
(BMumfang) widerspiegelt
die Klasse von Individuen usw., auf die der Begriff
(BMumfang) zutrifft.
Der Begriffsinhalt (BMinhalt)
hingegen widerspiegelt den Komplex der Merkmale, der allen im entsprechenden
Begriffsumfang
(BMumfang) widergespiegelten
Dingen gemeinsam ist.
Die moderne formale Logik, die sich auf die Untersuchung der
extensionalen Beziehungen beschränkt, betrachtet den Begriff
(BMumfang) in erster
Linie von der Seite seines Umfangs her. Die Beziehung des Begriffs
(BMBBW) zur Aussage ergibt
sich in dieser Sicht als Aussagefunktion (Satzfunktion usw.). Der Gedanke,
die Begriffe (BMfunktion)
als eine spezielle Klasse von Funktionen zu behandeln, stammt von FREGE.
Dieser Auffassung entsprechen die nachstehenden Schreibweisen:
"Begriff
(BMDefiniendum)
(logos, horos, ennoia, conceptus, notio, terminus, idea) ist das, was wir
unter einem Namen begreifen, zusammenfassen, die isolierte Fixierung, Verwendung
eines bestimmten Bewußtseinsinhaltes, der Inbegriff aller Merkmale,
die wir als das Wesen einer Sache bestimmend, konstituierend in einer Reihe
von Urteilen aussagen können, so daß der Begriff
(BMDefiniens)
die Potenz zu einer Reihe von Urteilen bedeutet, in denen er allein lebendig
ist. Der logische Begriff (BMLogB)
unterscheidet sich vom psychologischen
(BMPsyB)
durch die volle Bestimmtheit (BMpraez),
Präzision seines Inhaltes (BMpraez).
Dieser besteht in dem Konstanten (BMMetaM),
Allgemeinen (BMMetaM),
Charakteristischen (BMMetaM),
Typischen (BMMetaM),
Objektiven einer Reihe von Vorstellungen desselben Gegenstandes (BMMetaM),
das durch die aktive Apperzeption (s. d.) erfaßt, festgehalten, herausgehoben,
abstrahiert wird und das vom Gesichtspunkt der Betrachtung abhängig
ist (BMpersp)
Der Begriff (BMPsyB)
ist als solcher ein Product des Denkens, ein Niederschlag von Urteilen,
hat aber seinen Stoff, sein Fundament im konkreten Erleben, in der Erfahrung,
bestehe diese auch nur in einem Postulate (s. d.) des Denkens oder Wollens.
Vertreten wird der Begriff ()
durch
eine »repräsentative« Vorstellung sinnlichen Inhalts (konkreter
Begriff (BMMetaM;
BMPsyB)
,
s. d.) oder symbolischer Art (abstrakter Begriff
(BMabstr)
,
s. d.), wobei ein »Begriffsgefühl«
(BMMetaM; BMPsyB)
(Begriffsbewußtsein) (BMMetaM;
BMPsyB)
auftritt, d.h. das Bewußtsein, daß die Individualvorstellung
eine ganze Klasse vertritt. Es sind Individual-
(BMindivB; BMMetaM)
und Allgemein-(Gattungs-)Begriffe
(BMallgB; BMMetaM)
(s.
d.) zu unterscheiden. Inhalt (s. d.) eines
Begriffes
(BMinhalt)
ist das Ganze des von ihm zu einer Einheit Zusammengefaßten, Umfang
(s. d.) des Begriffes (BMumfang)
die Reihe der Objekte (Vorstellungen), auf die er sich bezieht oder Anwendung
findet. Die begriffliche Erkenntnisart unterscheidet sich von der anschaulichen,
unmittelbaren dadurch, daß sie den Inhalt der Erlebnisse zu abstrakten
Symbolen der Dinge verarbeitet. Ursprung und Wert der Begriffe
(BMTheNam)
werden anders vom Rationalismus (s. d.), anders vom Empirismus (s. d.)
und Sensualismus (s. d.), anders vom Dogmatismus (s. d.) und Kritizismus
(s. d.) aufgefaßt. Von »angeborenen«
(s. d.) Begriffen (BMangeb)
spricht man nicht mehr wissenschaftlich.
Begriff
- Heraklit (BMTheNamHeraklit)
,
Platon (BMTheNamPlaton)
,
Aristoteles (BMTheNamAristoteles)
Die Lehre, daß der Begriff im Gegensatze
zur Sinneswahrnehmung das Wesen (An-sich) der Dinge erfaßt, bestimmt,
daß er die eigentliche Form der Erkenntnis ist, durchzieht die ganze
Geschichte der Philosophie, nicht ohne Widerspruch seitens verschiedener
Denkrichtungen. Schon HERAKLIT, die Eleaten, DEMOKRIT (s. Erkenntnis) werten
das begriffliche Erkennen so. SOKRATES erst betont vollbewußt die
fundamentale Bedeutung des Begrifflichen für Wissenschaft
und Ethik (BMfBWis),
(BMTheNamSokrates) .
Das logische Verfahren besteht darin, das Was der Dinge (ti hekaston eiê),
das Konstante, Allgemeingültige, durch »Induktion« (s.
d.), auf dem Wege des Zusammendenkens, der Unterredung zu bestimmen. So
gelangt man zum Wesen, Sein der Dinge und überwindet den sophistischen
Skeptizismus und Subjektivismus (s. d.) (vgl. ARISTOTELES, Met. I, 6, XIII,
4; XENOPHON, Memor. I, 1, 16, IV, 6, 1). PLATO baut auf dieser Lehre weiter.
Im Begriffe ()
wird das gemeinsame Was einer Gattung von Dingen, ihr Wesen, ihr wahres,
objektives, ihr An-sich-sein, ihr Unwandelbares (aei on), ihre Idee (s.
d.) erkannt (Lach. 191 E, Meno 72, Phaedr. 238 D, Phaedo 65 D etc.). Der
Begriff
(BMMetaM)
setzt Einheit, Bestimmtheit in die Mannigfaltigkeit der Vorstellungen (Phil.
23 E, 26 D). Die Begriffe (BMPsyB),
(BMfragl), (BMTheOnS)
beruhen auf der Gesetzmäßigkeit des Denkens (s. d.). Nur das
begrifflich
Bestimmbare ist Object des Wissens(BMwissen)
(hôn
men mê esti logos, ouk epistêta einai,, Theaet. 201 D). Auch
ARISTOTELES lehrt, der Begriff
(BMWesen)
(logos) gehe auf das Wesen der Dinge (ho logos tên ousian horizei,
De part. an. IV, 5). Er hat zum Gegenstande das to ti ên einai (s.
d.), die Wesenheit des Dinges (De an. II 1, 412 b 16), die Form (s. d.)
desselben (l.c. 414 a 9, I 1, 403 b 2). Der Begriff
(BMTheNamAristoteles)
ist zeitlos, unwandelbar (BMfragl),
er gilt oder gilt nicht, hat aber kein Werden tou de logou ouk estin houtôs
hôste phtheiresthai oude gar genesis...,all' aneu geneseôs
kai phthoras eisi kai ouk eisin (Met. VII 15, 1039 b 24 squ.). Es gibt
einen allgemeinen (BMallgB)
(koinos
logos) und Einzelbegriff (BMindivB)
(idios
logos) (De an. II 1, 412 a 5, II 3, 414 b 23). »Materieller«
Begriff (BMmatB)
(logos hylinos) ist der im Objekte steckende Begriff
(BMmatB) ,
den das Denken heraushebt (De an. I 1, 403 a 25). Begriff
(BMdiff) und
Vorstellung (phantasia) sind zu unterscheiden (De an. III 3, 428 a 24).
Psychologisch geht der Begriff
(BMPsyB)
(noêma) aus der Verarbeitung der Erfahrung durch den Intellect hervor
(De memor. 1; Anal. post. II, 9, 1). Die Stoiker glauben wiederum, daß
erst das begriffliche Denken
(BMwahrE) wahre
Erkenntnis verschafft (CICERO, Acad. II, 7). Von besonderer Wichtigkeit
sind die prolêpseis (s. d.) und koinai ennoiai (»notitiae communes«
bei CICERO), die von allen auf gleiche Weise ursprünglich erworben,
wenn auch nicht angeboren sind (vgl. STEIN, Psych. d. Stoa II, 238). Die
Begriffe
(BMEWGB)
(ennoiai) entstehen aus der Wahrnehmung und Erfahrung (BMTheoEmp)
(s. d.), entweder natürlich-psychologisch (physikôs, anepitechnêtôs)
oder wissenschaftlich-bewußt, planmäßig (di' hêmeteras
didaskalias kai epimeleias, Plac. IV, 11, Dox. 400; »aut usu - aut
coniunctione aut similitudine aut collatione« CICERO, De fin. III,
33). Nach EPIKUR entspringt jeder Begriff
(BMEWGB)
aus der Wahrnehmung (BMTheoEmp),
ist sinnlichen Ursprungs (pas logos apo tôn aisthêseôn
êrtetai, Diog. L. X, 32; hai epinoiai pasai apo tôn aisthêseôn
gegonasi kata te periptôsin kai analogian kai homoiotêta kai
synthesin, ib. ennoêma de esti phantasma dianoias, oute to on oute
poion, hôsanei de ti on kai hôsanei poion, l.c. VII, 1, 61).
Die prolêpsis (s. d.) ist eine Allgemeinvorstellung. PLOTIN bestimmt
die »Begriffe«
(BMTheNamPlotin)
(logoi) als geistige Kraftformen der Dinge, als plastische, schöpferische
Wesenheiten (BMWesen),
die sich in den sinnlich wahrnehmbaren Erscheinungen manifestieren und
in unserem Denken zum Bewußtsein kommen (Enn. II, 6). Die »materiellen«
Begriffe (BMmatB)
(logoi hylinoi) sind die Begriffe
(BMfragl) ,
wie sie durch das Stoffliche, in dem sie wirken, verunreinigt sind (Enn.
I, 8, 8). Auch BOËTHIUS glaubt, daß die Dinge gewisse Begriffe
(BMmatB), (BMTheNamBoethius)
verkörpern (Consol. V)."
_
Begriff
- Kant, Schelling, Fichte, Hegel (nach Eisler) [m]
"KANT scheidet scharf zwischen Begriff
() und Anschauung (s. d.). Ersterer ist »eine allgemeine Vorstellung
oder eine Vorstellung dessen, was mehreren Objekten gemein ist, also eine
Vorstellung, sofern sie in verschiedenen enthalten sein kann« (Log.
S. 139). An jedem Begriffe ()
sind Materie und Form zu unterscheiden (l.c. S. 140). Es gibt empirische
(BMemp)
und reine Begriffe
(BMrein), letztere entspringen auch dem Inhalte nach aus dem
Denken (ib.). Der empirische Begriff, »entspringt aus den Sinnen
durch Vergleichung der Gegenstände der Erfahrung und erhält durch
den Verstand bloß die Form der Allgemeinheit« (l.c. S. 141).
Es gibt »gegebene (conceptus dati) oder gemachte Begriffe
() (conceptus factitii). Die ersteren sind entweder a priori oder a posteriori
gegeben« (ib.). Die Begriffe ()
entstehen durch »Komparation«, »Reflexion« und
»Abstraktion« (l.c. S. 145). Anschauung und Begriff
() sind »der Spezies nach ganz verschiedene Vorstellungsarten«
(Üb. d. Fortschr. d. Met. S. 120). Begriffe
() sind Produkte oder »Funktionen« des Verstandes (s. d.),
der Spontaneität (s. d.) des Denkens, die sich auf die Gegenstände
nur mittelst der Anschauung, nicht unmittelbar richten (Kr. d. r. Vern.
S. 88). Sie sind ohne Inhalt »leer«, wie Anschauungen ohne
Begriffe
() »blind« sind (l.c. S. 77). Die »reinen« Begriffe
() (Kategorien, s. d.) können nichts Empirisches enthalten, »müssen
aber gleichwohl lauter Bedingungen a priori zu einer möglichen Erfahrung
sein« (l.c. S. 113). Begriffe
() sind Bestandteile möglicher Urteile. Nach REINHOLD ist der Begriff
() eine »Vorstellung, welche aus einer Anschauung durch die Handlungsweise
der Spontaneität entsteht« (Th. d. Vorst. II, 425). BECK versteht
unter Begriff () ein »Beilegen
gewisser Bestimmungen, wodurch wir einen Beziehungspunkt uns fixieren«
(Erl. III, 141). Nach KIESEWETTER ist ein Begriff
() »die Vorstellung, welche mehrere Vorstellungen unter sich begreift,
oder wodurch mehrere Vorstellungen als eine in einer Einheit verbunden
gedacht werden« (Gr. d. Log. § 12, vgl. § 17). CHR. SCHMID
nennt Begriff () eine Vorstellung »mit
Rücksicht auf die bestimmte Art der Tätigkeit, die das Gemüt
an dem gegebenen Stoff ausübt, wie das Gemüt den Stoff behandelt,
nämlich ihn zu verbinden (begreifen)« (Emp. Psych. S. 199).
G. E. SCHULZE versteht unter Begriffen
() »allgemeine oder gemeinsame« Vorstellungen, indem sie das
vorstellen, was »mehrere Dinge als Bestimmungen miteinander gemein
haben« (Gr. d. allg. Log.3, S. 3). Nach FRIES entstehen die Begriffe
() »durch Vergleichung und Abstraction, indem wir einzelne Teilvorstellungen
aus einer ganzen Erkenntnis heraus trennen« (N. Kritik I, 210). »Jeder
Begriff enthält ein abgesondertes Bewußtsein einer allgemeinen
Vorstellung. Seine Form besteht in der Allgemeinheit der Vorstellung, das
heißt darin, daß mehrere andere Vorstellungen, denen er als
Teilvorstellung zukommt, unter ihm stehen, er aber andere, die seine Teilvorstellungen
sind, in sich enthält« (Syst. d. Log. S. 105). Nach SCHELLING
ist der Begriff () ein Denkakt (Syst.
d. tr. Id. S. 45). Er ist nicht das Allgemeine, sondern »die Regel,
das Einschränkende, das Bestimmende der Anschauung« (l.c. S.
286). »Die Begriffe () als solche
existieren... nirgends als im Bewußtsein« (WW. I, 10, 140).
Nach SCHOPENHAUER ist der Begriff ()
»Vorstellung einer Vorstellung« (W. a. W. u. V. Bd. I, §
9), keine eigentliche Vorstellung, sondern hat sein Wesen in der Beziehung
auf Vorstellungen. Es gibt auch Begriffe von Einzeldingen (ib.). Die Begriffe
() bilden »eine eigentümliche, von den... anschaulichen Vorstellungen
toto genere verschiedene Klasse, die allein im Geiste des Menschen vorhanden
ist« (ib.). Nach HILLEBRAND ist der Begriff
() »die freie Zusammennahme der einzelnen endlich-bestimmten Vorstellungen
und Beziehungen in uns unter der Einheit des allgemeinen Wesens«
(Phil. d. Geist. I, 206). GÜNTHER versteht unter Begriff
() den Gedanken von dem Allgemeinen der Erscheinungen (Vorsch. I, 236).
Nach J. G. FICHTE ist der Begriff
(), »wenn er nur ein der Vernunft notwendiger ist, selbst das Ding,
und das Ding nichts anderes als der notwendige Begriff
() von ihm« (Syst. d. Sittenl. S. 83). HEGEL
hypostasiert den Begriff (), macht ihn
zum Wesen und treibenden Faktor der Dinge; der logische, subjektive Begriff
() ist eine Entwicklung des natürlichen Begriffes
(), der in einem ewigen »Prozeß« (s. d.) besteht, Aktivität,
Schöpferkraft besitzt und in dialektischer Weise (s. d.) jedesmal
seinen Gegensatz erzeugt, um sich mit diesem in einer höheren Einheit
zu verbinden, »aufzuheben«. Der Begriff
() ist »nicht bloß eine subjektive Vorstellung, sondern das
'Wesen' des Dinges selbst, dessen 'An-sich'« (Phän. S. 68),
die »an sich seiende Sache« (Log. I, 21). Als Gedanke ist er
in der Vernunft als dem »Ort aller Begriffe
()« (Encykl. § 105), dieser ist er als »lebendiger Trieb«
angeboren; er ist »zeitlos« (l.c. § 108). Das »Sein«
bildet ein Moment des Begriffs () (l.c.
§ 154). Auf dem Begriffe () beruht
alle Wahrheit und Wirklichkeit (l.c. § 157). Er ist die »Freiheit
und Wahrheit der Substanz«, die »Wahrheit des Seins und des
Wesens«, »das Freie, die Totalität, in dem jedes der Momente
das Ganze ist, das er ist, das an und für sich Bestimmte«, das
»schlechthin Konkrete« (l.c. §. 158-164). In der Natur
(s. d.) ist der Begriff nur ein »blinder« (Log. III, 20). Erst
im Leben als Seele kommt er zur innerlichen Existenz (Naturphil. S. 30).
Nur als »Gesetztes« ist der Begriff
() ein »Subjektives«, ein »formeller« Begriff
() (Log. S. 32). Als »adäquater« Begriff
() ist er »die Vernunft, die sich selbst enthüllende Wahrheit«
(l.c. S. 33). In der Wirklichkeit wie im Denken entwickelt sich der Begriff
() »in unaufhaltsamem, von außen nichts hereinnehmendem Gange«
(l.c. I, 41). Der Begriff () entwickelt
sich aus dem »An-sich« (s. d.) durch die Natur (s. d.) hindurch
zum An-und-für-sich, zum selbstbewußten Begriff
(), zum absoluten Geist (s. d.)."
Das Thema macht den Eindruck eines Spezialproblems und erscheint als
bewußtes Zugeständnis an die heute modemäßig vielbekämpfte
Spezialistik. Die nächstgegebene Auffassung läge noch in der
Meinung, es handle sich um spezifisch ästhetische Probleme, gar mit
besonderer Beziehung auf expressionistische Kunst. Das Herumrätseln
wäre auch nur scheinbar beruhigt, wenn ich versuchen wollte, gleich
zu Anfang der Reihe nach die Bedeutung der Worte »Phänomenologie«,
»Anschauung« und »Ausdruck« zu »erklären«.
Das würde zu gewissen Sätzen und Bestimmungen führen, die
nur täuschungsweise ein echtes
Verstehen gewährleisteten. Allenfalls könnte das Haftenbleiben
an Worten noch begünstigt werden. Daß es auf diese Weise in
der Philosophie überhaupt nicht geht, soll ja gerade in diesen Betrachtungen
mitgezeigt werden. Es gibt aber doch Wege, unter Absehen von festen Definitionen
auf den Fragepunkt hinzuleiten. Das in einer konkreten, die Prinzipienfragen
der Philosophie mitbeachtenden Weise durchzuführen, ist das vorläufige
und alleinige Ziel der folgenden Überlegungen.
Der Untertitel »Theorie der philosophischen
Begriffsbildung«
(BMphilosB) zeigt
an, daß die Aufgabe doch ins Prinzipielle zielt, wenn man auch den
Verdacht nicht los wird, daß es sich auch so noch um eine mehr abgelegene
Aufgabe handelt, die dazu gerade heute einer besonders scharfen Opposition
begegnen muß. Sofern die Absicht besteht, schrittweise aus der gegenwärtigen
philosophischen Gesamtsituation heraus und am Leitfaden ih[>4]rer typischen
Problemgestaltungen in den Problemzusammenhang hineinzuführen, wird
es notwendig, erst einmal die Widerstände anzuzeigen, die sich der
erstmaligen, rohen Annäherung an das gesuchte Problem entgegenstellen.
Zunächst möchte man eine solche Theorie
der philosophischen Begriffsbildung
(BMphilosB) für
reichlich verfrüht halten von der plausiblen Beziehung aus, die jede
so geartete Theorie offenbar zur Philosophie selbst haben muß. Eine
Philosophie muß zuvor eine bestimmte Stufe (BMEntNiv),
(BMBKrit-) der begrifflich-thematischen
Ausprägung und der systematischen Vollendung (BMEntNiv),
(BMBKrit-) erreicht haben, um an ihr
gleichsam die Struktur ihrer Begriffe
(BMBstruk) und die
Methode der Begriffsbildung (BMBB)
ablesen zu lassen.
Zwischen-Kommentar: Hier werden zwei Kriterien genannt, die einer philosophischen Begriffsbestimmung nach Heidegger vorausgehen müssen: (1) bestimmte Stufe, (2) systematische Vollendung. Im übernächsten Abschnitt wird (3) von einem "eindeutigen Faktum" als weitere Voraussetzung gesprochen. |
Zwischen-Kommentar: Wir sind nun bereits auf S. 7, also vier Seiten weiter, und es zeichnet sich immer noch keine nähere Bestimmung ab, wie philosophische Begriffsbildung geht oder gehen sollte. Neu hinzugekommen sind die Kriterien "aus dem Rahmen völlig heraustreten und ins Freie kommen", was unklar bleibt und nicht näher erklärt wird. Weiter wird verlangt: "Die phänomenologische Grundhaltung, sofern man sie im weitesten Sinne versteht als deskriptive Wesensanalyse der nicht psychologisch apperzipierten Bewußtseinsphänomene, genügt aber nicht, solange sie nicht selbst genuin philosophisch ursprünglich expliziert ist (BMBKrit-)." Hier wird also zusätzlich "genuin philosophisch ursprünglich expliziert" verlangt. |
Zwischen-Kommentar: Im obigen Abschnitt deutet Heidegger die Aufgabe um. Ziel ist nicht mehr, wie es im Titel heißt: "Theorie der philosophischen Begriffsbildung" sondern: "Das Ziel unserer konkreten Aufgabe ist es gerade, Idee sowie Begriff und Grundstruktur der phänomeno- logischen Philosophie als mitmotiviert aus der phänomenologischen Grundhaltung zu gewinnen und sie ihrerseits damit selbst »zu Begriff' zu bringen." |
Zwischen-Kommentar: Heidegger stellt kurz vor dem Ende des Abschnitts in Frage, "ob der Begriff eine zentrale Stellung in der Philosophie hat; und dann ganz prinzipiell, ob es überhaupt Sinn hat, in der Philosophie von Begriffen zu sprechen; ferner, ob Begriffe im meist verstandenen Sinne etwas aus der Philosophie Abgesetztes bedeuten, ob sie die Grundstruktur der Gegenständlichkeit der Philosophie ausmachen oder sie überhaupt auch nur tangieren können, und wenn ja, in welchem Sinne." |
Kommentar: Heidegger lässt am Ende der Arbeit, die sagen wollte, wie philosophische Begriffsbildung geht, die Katze aus dem Sack, indem er überraschend erklärt, dass er sich nun an mit Verweis auf § 2 die methodische Vorbereitung begeben will, wobei er auch hier bereits vorwegnimmt, dass dies wohl nichts werden wird: "Diese Bestimmung und das Verstehen der Weise ihres Vollzugs soll nun methodisch vorbereitet werden, und zwar so, daß von der bestimmt aufgefaßten gegenwärtigen Problemlage aus [>9] mit der Tendenz der Hinleitung auf den Ursprung die herrschende Problematik als nicht ursprünglich dargetan und der Ursprung selbst so negativ für das Verstehen angezeigt wird." |
"Begriff
(BMDefiniendum).
Der B. (BMTheNamHusserl)
ist für Husserl ein „Allgemeingegenständliches“ (BMallgB),
d.h. etwas Gegenständliches, das ein rein ideales Sein (BMidealS)
hat. Das >Allgemeine ist an keine Einzelheit gebunden, das Sein des Allgemeinen
wird durch den B. (BMontoB)
konstituiert. - Zu unterscheiden ist der bloß formale
B. (BMphaeFor),
(BMdiff) vom
sachhaltigen
B. (BMphaeSach),
(BMdiff);
kategorialeB.e
(BMphaeKat), (BMdiff)
entspringen im Hinblick auf die syntaktischen Formen. Zu unterscheiden
sind ferner deskriptive B.e
(BMphaeDes),
(BMdiff)
der Beschreibung (BMdiff)
und Idealbegriffe (BMphaeIdeal),
(BMdiff)
exakter »Bestimmung. Deren axiomatische (BMphaeAxi),
(BMdiff)
(also oberste) B.e , (BMBstruk)
sind in unmittelbarer > Intuition auszuweisen. Ob und inwieweit dies möglich
ist, hängt von der Eigenart des Sachgebietes ab. Ein wesentlicher
Unterschied besteht zwischen
thematischen
(BMphaeThe)
und operativen B..en
(BMphaeOp), (BMdiff)
(Fink 1976). Thematische B.e
(BMphaeThe), (BMdiff)
erwachsen
aus den Grundthemen der Philosophen (z. B. idea bei Platon, ousia bei Aristoteles,
Monade bei Leibniz usf.). In der Bildung der thematischen
B.e (BMphaeThe),
(BMdiff)
gebrauchen
die Philosophen intellektuelle >Schemata, sie denken durch bestimmte Denkvorstellungen
hindurch auf die wesentlichen
thematischeB.e
(BMphaeThe),
(BMdiff) hin.
Dieses thematisch-begriffliche Verstehen
(BMphaeVerst)
bewegt sich in einem Begriffsfeld (BMFeld)
, dem
Begriffsmedium (BMFeld)
der operativen B.e, (BMphaeOp),
(BMdiff)
welche als „operative Schatten“ die thematischen
B.e (BMphaeThe)
, (BMdiff)
begleiten.
Die > „Naivität“ der Philosophie besteht darin, daß die naiv-natürlichen
Leitmodelle (bei Husserl z. B. das der > „Leistung“) in ihrem Abstand zu
den spekulativen B.n
(BMspekB), (BMdiff)(z.
B. zu dem der >Konstitution) nicht hinlänglich herausgearbeitet werden.
Qu.: Hua XIX/l, 246-248, 255-258. - Hua ??/1,
§ 73. - Hua XVII, §§ 38-39. - Husserl 1939, §§49,
82, 91.-Fink 1976, 180 ff. - Merleau-Ponty 1967,45 ff. HV"
Quelle: Vetter, Helmuth (2004,
Hrsg.) Wörterbuch der phänomenologischen Begriffe. Hamburg: Meiner.
"IV. Abschnitt
Methodologische Grundfragen
36. Kapitel. Projektive Begriffsbildung (BMproijB)
der Ontologie
a) Wissenschaftliche (BMwissB) und philosophische (BMphilosB) Begriffsbildung
Die Bildung ontologischer Begriffe
(BMontoB) bietet
natürlich eine Reihe von Schwierigkeiten dar. Der Gegenstand leistet
ihr durch seine Fernstellung und Abgekehrtheit eine ganz spezifische Art
von Widerstand. Nicht erst die partiale Irrationalität, sondern schon
die einfache Bewußtseinstranszendenz macht ihn zum an sich
Unbegrifflichen
(BMunbegr), (BMuonS).
Ein jeder Immanenzstandpunkt hat in dieser Hinsicht unvergleichlich leichteres
Spiel, Sein Stoff liegt in einer Ebene mit den Begriffsformen
(BMBForm) , die ihn fassen
sollen. Aber er bezahlt das leichte Spiel mit dem Verfehlen des Erkenntnisproblems.
Indessen fehlt es nicht an methodologischen Orientierungspunkten
für die Aufgabe der ontologischenBegriffe
(BMontoB) . Die Naturwissenschaft
ist von Grund aus ontologisch eingestellt, und alle ihre Begriffe sind
Versuche, im Gegensatz zur immanenten Bewußtseinswelt ein ihr transzendentes
und heterogenes Natursein mit den logischen Mitteln der ratio zu fassen.
Ihre Begriffsbildung (BMNatWis)
befindet sich daher von vornherein in einem gewissen Gegensatz zu den Formungen
desjenigen Bewußtseins, welches sie betreibt. Das Absehen von subjektiv
mitgebrachten Vorurteilen, die Überwindung unvermeidlicher Fehlerquellen
in Beobachtung und Experiment sind die charakteristischen Züge dieser
auf das Objekt als ansichseiendes eingestellten Orientierung. [>288]
Jeden Begriff (BMwissB)
, jede Hypothese muß sich das wissenschaftliche Denken erst in solchem
bewußten Absehen von sich selbst, irn Ausschalten seiner subjektiven
Bedingtheit, abringen.
Was die Wissenschaft kann, muß die Philosophie
auch können. Sie arbeitet tatsächlich unausgesetzt an der Begriffsbildung
(BMphilosB) , die den
transzendenten Gegenstand fassen soll. Sie tut das ohne Unterschied des
Standpunktes; in aller Systematik ist ein gesundes Stück Ontologie.
Überall, z. B. wo die Forschung sich auf Kategorien wirft, arbeitet
sie in dieser Richtung. Denn unter den Kategorien sucht man in erster Linie
Wesenszüge des Gegenstandes. Die erarbeiteten Kategorienbegriffe
(BMontoB) sind dann Versuche,
diese Wesenszüge in Begriffe (BMWesen)
zu fassen. Die ontologische Arbeit der Philosophie ist nur um vieles schwerer
und ungewisser als die der positiven Wissenschaft, weil ihr Gegenstandsproblem
viel weiter ausschaut und, statt sich auf Ausschnitte aus dem Sein zu beschränken,
aufs Ganze geht, zugleich aber auch, weil ihr Gegenstand in noch ganz anderem
Maße irrational ist und sich der Begriffsfassung
(BMontoB), die als solche
immer rational ist, weit schwerer fügt. Ihre Begriffsbildungen
(BMontoB) tragen
daher in viel höherem Maße den Charakter des Versuchsweisen
und Hypothetischen (BMExpHyp).
b) Die Aporie der ontologischen Begriffe (BMontoB) und ihre Hebung,
Die idealistische Aporie, die der Erkenntnis des Ansichseienden anhaftet,
darf als prinzipiell gehoben gelten (vgl. Kap. 30. c. und d.). Das Sefcjen
des Ansichseienden im Denken hebt das Ansichsein nicht in ein Geselltes
auf, sondern das Ansichseiende bleibt der Setjung transzendent. Wir denken
das Seiende tatsächlich durch einen Seinsbegriff
(BMontoB),
die Seinsbestimmtheiten durch Bestimmungsbegriffe
(BMBestB) . Aber wir denken
es durch diese Begriffe (BMuonS)
nur sehr abstrakt und unvollkommen. Denn die Begriffsbildung
(BMontoB) hält sich
an die Tatsache, daß das Denken des Seins selbst über sich hinausweist
auf ein Denkfremdes und im Einzelnen Unerkennbares, welches nichtsdestoweniger
an diesem Sein, und daher auch für das Denken des Seins, das eigentlich
Wesentliche ist. Wir seßen die ontologischenBegriffe
(BMontoB) im philosophischen
System, d. h. in einem Denkzusammenhang, dessen ideale Vollendung das ganze
Seinsgebiet' repräsentieren soll. Aber weder sind unsere Begriffe
(BMontoB), in welchen wir
das Seiende zu umschreiben suchen, das Sein selbst, noch ist unser philosophisches
System, auch das ideale, das Seinssystem. Sondern beides sind nur rationale
Verkürzungen, nur Repräsentationen des Seienden. Man kann sehr
gut in spekulativen Begriffen (BMspekB)
etwas intendieren, was in ihnen selbst bloß angedeutet oder gestreift
ist, ohne wirklich darin enthalten zu sein. [>289] Man darf alle objektive
Begriffsbildung (BMobjektive)
überhaupt als Verendlichung des Seins ansehen. Die Inadäquatheit,
die darin liegt, hebt ihre straffe Bezogenheit auf das Sein nicht auf.
Wie wir in mathematischer Spekulation mit den Begriffen
(BMspekB) des Unendlichen
und des Kontinuums das wirkliche Unendliche und das wirkliche Kontinuum
meinen und repräsentieren, ohne es doch jemals aktuell nachbilden
zu können — das Denken kommt hier nie über gewisse Gesetzesbeziehungen
zum Endlichen und Diskreten hinaus — so auch in der Ontologie. Wir tasten
mit unseren Begriffen () gleichsam
in ein Gebiet höherer Bestimmtheiten hinein, die ihnen heterogen,
und doch für sie determinierend sind, und die wir deswegen in dieser
ihrer determinierenden Funktion annähernd aufspüren können.
Wir können sie versuchsweise begrifflich umreißen, sie gleichsam
mit projektiver Begriffsbildung
(BMproijB) betasten.
Wäre das denkende Bewußtsein absolut
in sich gefangen, wie die subjektivistische Skepsis lehrt, wäre keine
Intention eines Denkfremden möglich, so könnte von solch einem
begrifflichenSich-Hinaus-tasten
(BMExpHyp) der ratio
aus sich selbst nicht die Rede sein. Es gibt für sie kein anderes
Sich-Herantasten an das Sein als das Intendieren von Seinsbestimmtheiten
durch Denkbestimmungen. Sie kann das an der Hand der in sie hineinragenden
Seinsrelationen, sofern gewisse Glieder von ihnen ihr gegeben sind. Die
ontologische Begriffs- (BMontoB)
und Systembildung kann daher auch nicht abhängig gedacht werden von
dem Grade ihres positiven Erfolges, etwa vom Grade der Adäquatheit
ihrer Begriffe (BMontoB).
Ihre Berechtigung kann vielmehr nur davon abhängig sein, ob überhaupt
ein Weg der Adäquation, eine Methode der Approximation, sich ihr eröffnet.
Und gegen eine solche läßt sich prinzipiell
kein Bedenken finden, es sei denn, daß man die subjektivistische
Skepsis als ein solches gelten läßt. Das Faktum der empirischen
Wissenschaft setzt sie jedenfalls schon voraus. Also muß sie wohl
irgendwie zu Recht bestehen, da doch empirische Wissenschaft als Tatsache
besteht. Man müßte denn die gesamte Arbeit der letzteren grundsätzlich
für Illusion erklären. Zweifeln läßt sich hieran nur
in jenem gewollten Sinn, in dem Descartes an der Möglichkeit der Erkenntnis
überhaupt zweifelte: vielleicht ist alle unsere Seinserkenntnis falsch,
weil unser Erkenntnisvermögen grundsätjlich auf Täuschung
angelegt ist. Man braucht diesen Gedanken nicht notwendig teleologisch
auf die Absicht eines deus malignus zu beziehen.
Aber dieser Zweifel wäre durchaus bedeutungslos.
Es ist gar nicht nötig, was bei aller Skepsis sehr nahe liegt, ihn
erst gegen sich selbst zu wenden. Denn erstens, da wir doch nicht wissen,
ob unsere Erkenntnis Seinserkenntnis ist oder nicht, so könnte uns
der bloße [>290] ... ... "
"b) Der Begriff ()
Wir beschreiben den Begriff
(BMDefCha-) nach seinen
Grundcharakteren, Der Begriff
ist ein fixierter Sinn (BMversch);
der Begriff hat eine Struktur: eins aus zweien zu sein (BMunklar);
der Begriff bezieht sich auf eine Sache
(BMRef); Begriffe
stehen miteinander in Ordnungen
(BMhierar).
1. Begriff als
fixierter Sinn (BMkonst).
Gegenüber dem Fließen [>277] der Vorstellungen, dem Wandel der
Bilder, dem ruhelosen Werden und Vergehen der Dinge, gegenüber allem
Schwankenden und Entgleitenden wird im Begriff
(BMkonst) eine Bedeutung
fixiert und unverwechselbar (BMBeleg)
festgehalten (BMBunter-).
Der Begriff (BMkonst)
bringt gleichsam zum Stehen, indem er seinen Sinn unterscheidet und anderen
ausschließt, dadurch sich eindeutig bestinmt. Im unbewegten
Begriff
(BMkonst) wird auch
die Bewegung gedacht. Auch der Begriff
(BMbegriff) vom
Geschehen ist als Begriff (BMkonst)
kein Geschehen. Begriff von etwas, das
erst in der Zeit wirklich geworden ist (BMunklar),
ist als Begriff (BMkonst)
ein zeitloser Sinn (> Ewige Wahrheiten?).
Ein Begriff (BMunklar)
ist also da, wenn ein Sinn mit sich identisch gemeint wird: er bleibt derselbe.
Begrifflich
(BMkonst) denken,
das heißt, einen sich gleichbleibenden Sinn denken, ein zeitlos Bestehendes,
dem Wandel und Wechsel Enthobenes.
Verlust des mit sich identischen Begriffssinns
(BMunklar) läßt
das Denken im Unklaren versinken. Der Fortgang unseres Denkens vollzieht
zwar Sinn bewegungen und Sinnverschiebungen; aber den Begriff
(BMkonst) gibt es
nur als konstanten Sinn: daher müssen die Sinnbewegungen als Schritte
von Sinn zu Sinn bewußt und übersehbar geschehen, sonst gleitet
man aus dem Begriff (BMunklar)
zurück in bloße Vorstellungsbewegung als verdunkelte Begrifflichkeit
(BMunklar) oder in Sophistik
als täuschende Begrifflichkeit
(BMunklar) .
Die Beschreibung des Begriffs
(BMkonst) als Fixierung
eines identischen Sinns macht das Wesen des Begriff
(BMunklar) noch keineswegs
klar. Alles liegt daran, was der identische Sinn ist (BMunklar).
Nehme ich den Begriff
(BMunklar) gleichsam als
Fach oder Kasten, in den das Vorkommende hineingepackt wird, als
ob es damit erkannt sei (man nennt es subsumieren, vollzieht aber damit
nichts weiter als Bezeichnung durch ein Allgemeines), — oder nehme ich
ihn gleichsam als identischen Bestandteil, der in den vorkommenden
Dingen enthalten sei, so habe ich noch keineswegs zureichend vor Augen,
was eigentlich Begriff (BMFrage)
ist, sondern nur bestimmte, wenig ergiebige Weisen, in denen Begriffe
(BMKritik) auch gebraucht
werden.
Im wirklichen Erkennen ist der identische Sinn eines
Begriffs
(BMunklar) eher noch eine
erzeugende
Funktion: der Begriff (BMunklar)
muß jeweils in einer anschaulichen Gestalt - durch ein Schema
der Einbildungskraft nach Kant im - unendlichen Umkreis seiner Möglichkeiten,
die er umgreift, hervorgebracht werden (z. B. der Begriff
(BMBspGeg) des Dreiecks
in der unendlichen Mannigfaltigkeit der Dreiecke). Er ist nicht Name und
Zeichen, sondern die Identität eines Allgemeinen (BMallgB),
dessen bestimmter Sinn immer nur in der Bewegung seiner Verwirklichung
erfaßt wird.
Aber auch mit der Identität einer Funktion
der Erzeugung ist der Sinn der Begriffsidentität
(BMunklar) nicht erschöpft.
Dieser umfaßt alle Festig-[>278]keiten, ob als Fach, als Bestandteil,
als erzeugende Funktion. Festigkeit liegt in einem Identischen des Sinnes,
ist ein in aller Bewegung Unbewegtes. Sie umfaßt alle Bestimmtheiten,
die sich gleich bleiben, das, was in aller Gedankenbewegung den Halt und
die Stützpunkte abgibt.
Die Gedankenbewegung schafft durch die Festigkeit
des Begriffs die Klarheit ihres Sinns. Der Begriff
(BMDefCha-) ist eigentlich
das „ich denke' in jeweils bestimmter Gestalt. Ein Begriff
(BMDefCha-) zeigt den
Sinn seiner Identität erst in den Operationen, die dadurch möglich
werden. Ziel des Denkens im Begriff
(BMBziel)ist ja nicht der
Begriff
(BMBziel) selber, die Festigkeit
eines bloß identischen Sinns, sondern mit diesem als Mittel die Erkenntnis
im Ganzen. Der Begriff (BMunklar)
in seiner jeweils bestimmten Gestalt stellt hin, was in sich abgeschlossen
nichtig wäre, seinen Sinn vielmehr im Zusammenhang des Erkennens zeigt.
Es ist das Mißverständnis abzuwehren,
als ob im fixierten Begriffssinn (BMkonst)
schon Erkenntnis vorläge. Wie Erkenntnis nicht stattfindet im einzelnen
Denkakt, sondern in der Bewegung von Denkakt zu Denkakt, so liegt Erkenntnis
nicht abgeschlossen vor in Sätzen, sondern entfaltet sich in Satzfolgen.
Wie diese Erkenntnisbewegung aber geschieht, das
wird später in anderen Zusammenhängen Thema. Es genügt nicht,
die Erkenntnisbewegung aufzufassen als Zusammensetzung
fester Begriffe (BMkonst)
oder Beziehung der Begriffe (BMBzB).
Es genügt auch nicht, zu sagen, die begriffliche
Erkenntnis (BMKritik)
bestehe in der Hinleitung zu neuer, aus der Sache bewegter Anschauung.
Man macht die Erkenntnisbewegung im ganzest nur unzureichend faßlich
als Beziehung von Elementen, als ein Trennen und Verbinden, als ein Operieren
mit festen Begriffsklötzen (sei es der Kausalfaktoren, die sich verflechten,
sei es der Bestandteile, die sich gruppieren, sei es der Glieder, die sich
in Gestalten ordnen usw.). Im Erkennen ist immer noch mehr als dies alles,
die Führung aus dem Ursprung und aus dem Ziel.
Nur eines bleibt gewiß: In allem Erkennen,
auch dem Erkennen von Bewegung und Werden, erwächst Klarheit allein
unter Voraussetzung vorhergegangener und überwundener Begriffsfixierungen.
Aber eine Verkehrung des Erkennens wird jedesmal vollzogen, wenn die Fixierung
das Ziel ist.
2. Begriffsstruktur.
Begriff
(BMBstruk) (von begreifen
im Sinne von zusammengreifen, concipere, Begriff
(BMDefCha-) = conceptus)
bedeutet ein Zufassen, in dem Getrenntes zusammengebracht wird. Dieses
Zufassen heißt Urteilen. Jeder Begriff
(BMDefCha) ist das Ergebnis
eines Urteils. Und der Sinn eines Begriffs
(BMBSinn) kann jeweils
wieder in einem Urteil ausgesprochen [>279] werden. Der
Begriff
(BMDefCha) ist sowohl
Resultat eines Urteils als auch Element neuer Urteile.
Die Struktur des Begriffs
(BMBstruk) ist die einer
Verbindung aus zweien (die Mannigfaltigen), Der sich gleichbleibende Sinn
des Begriffs (BMBSinn)
ist eine Beziehung, in der eins aus zweien gedacht wird (BMunklar).
Die zwei heißen Form und Material (BMunklar).
In jedem Begriff
(BMallgB) wird ein Allgemeines
gedacht, die Form, in der ein Besonderes, das Material, aufgefangen ist.
Dieses besondere Mataerial kann selber wieder ein Allgemeines in bezug
auf anderes sein, das Besondere ein Individuum schlechthin. Meine ich ein
Individuum, so kann ich es mit Namen nennen. Denke und erkenne ich es aber
so nur vermittelst jeweils einer Weise des Allgemeinen. Durch jeden Begriff
(BMallgB), auch den auf
ein Individuum gerichteten, meine ich stets ein Allgemeines. Vom schlechthin
Individuellen gilt seit Aristoteles, daß es nur ein Gegenstand der
Anschauung, nicht des Denkens ist (BMfragl).
Für ein Individuum gibt es nur einen Namen, keinen Begriff
(BMfragl).
In der bloßen Anschauung aber ist das Individuum, weil nicht gedacht,
auch nicht für das Bewußtsein wirklich da. Das Individuum ist
das Unerreichbare, Unaussagbare, Unerkennbare, ein Unendliches, in das
wir erkennend eindringen, das wir aber nie erschöpfen, sei es das
Individuum des Weltganzen oder jedes einzelne Individuum (BMfragl),
(BMunklar).
Um denken zu können, muß ich sprechen
(BMfragl). Sprache
geht durch Worte, den Ausdruck von Begriffen
(BMallgB), auf das Allgemeine.
Worte zeigen diese Grundstruktur des Begriffs
(BMDefCha) an, einen Gegenstand
durch ein Allgemeines im Besonderen zu treffen. Die Endlosigkeit des Seienden
ist übersichtlich geworden in einer endlichen Welt von Begriffen
(BMOrd) oder des Allgemeinen:
die Sprache bezeichnet durch Worte eine „Sache“. Würde die Sprache
alle Dinge bezeichnen durch je individuelle Worte, so müßte
es so viel Worte geben wie Gegenstände. Die Sprache hätte ihren
Sinn verfehlt. Sie wäre so unverständlich wie die Gegenstände
selbst. Eine Endlosigkeit in Worten wäre so wenig wissend festzuhalten
wie eine Endlosigkeit von Gegenständen. Es würde eine bloße
Verdoppelung der Endlosigkeit vorliegen. Aber die Sprache ist Sprache der
Begriffe
(BMsprache), die Begriffe
(BMfragl) ergreifen die
Sache d. h. das Allgemeine. Durch dieses wird jeweils eine Endlosigkeit
des Besonderen als ein im Allgemeinen Gemeinsames faßlich. Die Begriffsstruktur
(BMBstruk) ist die durchgehende
Form des Ergreifenkönnens der Dinge durch ein Allgemeines (mit Hilfe
der Sprache), und zwar in einem vieldimensionalen Aufbau, vom schlechthin
Individuellen zum absolut Allgemeinen (beide Grenzfälle sind für
uns nicht vollkommen zu verwirklichen) in einer Fülle von Zwischenstufen
(in denen allein wir wirklich denken) das Sein als jeweilige Einheit von
Allgemeinem und Besonderem erfaßt wird. [>280]
3. Begriffsordnung
(BMOrd). Eine Grundeigenschaft
alles Begrifflichen () (im Gegensatz
zum Ästhetischen (BMfragl)
ist, daß kein Begriff (BMzush)
isoliert besteht. Begriffe (BMBSinn)
stehen zueinander in Beziehung durch ihren Sinn. Dieser Sinn ist nur in
gegenseitigem Bezug sichtbar. Er besteht zuletzt nur in einem jeweils Ganzen.
Kein Begriff (BMOrd)
ist ohne wenigstens den Beginn einer Begriffsordnung
(BMOrd).
Will ich einen Begriff
(BMBzB) fassen, so setze
ich ihn dabei sofort in Beziehung zu anderen Begriffen
(BMBzB), von denen er abhängt,
von denen er unterschieden wird, und mit denen er zusammengehört in
einer Ordnung die ihn selber verständlich macht.
Diese Ordnungen haben ihre gedachte Form, z. B.
in Schlüssen. Diese heben heraus, was in meinen Begriffen
(BMunklar) lag. Was ich
in einem Begriffe (BMunklar)
besitze, das wird mir erst klar in solchen Zusammenhängen, in denen
er zutage tritt, was mir überraschend und neu erscheinen kann, obgleich
es implicite schon in dem gewonnenen Begriff
(BMunklar) in Besitz war.
4. Begriff und
Sache (BMRef). Im Denken
trennen wir das Denken vom Sein, den Begriff
() von der Sache, auf die er sich bezieht. Begriffe
(BMRef) haben ihren Sinn
durch Bezug auf die Sache, die in ihnen gemeint wird. Dieser Bezug ist
das Rätsel des Begriffs (BMunklar).
Liegen die Begriffe
() im Sein der Dinge (BMontoB)
und werden sie vom Gedanken nur herausgeholt? Sind die Begriffe
(BMFrage) nur Worte, d.
h. Zeichen Namen, die unser Denken hervorbringt, um mit ihnen in bezug
auf die Dinge zu operieren? Wo liegt die Herkunft der Begriffe
(BMBherk)? Woher gewinnen
wir sie, und wie machen wir das?
Es gibt viele Antworten auf solche Fragen, z. B.:
Wir gewinnen Begriffe (BMabsgen)
durch Abstraktion, d. h. wir lassen
in der Auffassung Dinge das in ihnen Verschiedene fort und behalten das
Gemeinsame im Auge. Was nach Weglassen des Verschiedenen einer Gruppe von
Dingen als ihnen ausnahmslos gemeinsam übrigbleibt, ist das Allgemeine,
das wir im Begriff (BMallgB)
meinen. Je umfangreicher die Masse Dinge ist, die wir gemeinsam auffassen,
desto weniger wird das Allgemeine, desto leerer wird der Begriff
(BMÍnhUmf). — Oder eine andere
Antwort: Die Begriffe (BMangeb)
sind eingeborene Ideen, vermöge derer wir a priori wissen, was das
Sein im Allgemeinen ist, sei es, daß wir, es aus uns selbst zu entfalten
vermögen, sei es, daß es aus Anlaß der anschaulichen Erfahrung
in uns erst erweckt wird. Es liegt in uns selbst, was im Sein liegt. Wir
erfassen im Begriff (BMBSein),
was das Sein selbst ist (BMunklar).
Wie auch immer die Antworten lauten, die vor allem
in dem tiefsinnigen Universalienstreit des Mittelalters versucht sind und
deren Fragen bis heute andauern, es zeigt sich in jedem Falle, daß
schon im Ansatz der Fragen die Weisen der jeweils entgegengesetzten Antworten
liegen. Es gibt keine allgemeingültige, für sich isolierbare
er-[>281]kenntnistheoretische Frage, sondern im Fragen liegt schon eine
Weise des Wissens um das Sein, um den Sinn des Wissens und um das, was
Wissen tue und tun kann. Frage wie Antwort sind hier Weisen des Innewerdens
des Umgreifenden. Wie sie geschehen, das gibt jeweils den Hintergrund,
den Raum und die Tiefe allen unseren Wissens; darin spricht sich aus die
Verbindung des Gewußten mit seinem ungegenständlichen Grund,
sein Bezug auf ein ständig Überschreitendes und Tragendes. Das
Denken
der
Begriffe
(BMZwiWelt) ist die Zwischenwelt
(BMunklar), in der ein
Bezug von Begriff (BMRef)
und Sache besteht. Die Begriffe (BMRef)
haben ihren Sinn durch Bezug auf die Sache, die in ihnen gemeint wird.
Indem wir in allen jenen Fragen und Antworten, von denen zwei aufgezählt
wurden, irgendeinen Wahrheitssinn anerkennen, charakterisieren wir den
Bezug von Begriff (BMRef)
und Sache in mehreren Richtungen:
aa) Begriffe
(BMunklar) haben einen
Sinn größerer Nähe und Ferne zum Sein. Das zeigt
sich in folgender Weise. Man nennt die Mannigfaltigkeit von Einheiten,
die in der Einheit des Begriffs () zusammenkommen,
die Merkmale des Begriff (BMmerkm).
Wie diese Merkmale aus der Sache heraus zusamengehören, das macht
die bestimmte
Begriffsform (BMBForm)
aus; die Begriffsformen (BMBForm),
diese Weisen des Zusammengehörens der Merkmale, sind die Kategorien.
Die leerste Form, die dem Sein am fernsten ist, ist das bloße Zusammengeratensein
von Merkmalen. Dies ist der Grenzfall, in dem das Zusammengehören
verschwunden ist; statt dessen bleibt ein willkürliches Zusammennehmen,
das für formale Betrachtungen einmal als Begriffsdefinition
() fixiert werden kann. Aber in ihm steckt kein oder nur ein verschwindendes
Minimum von Sachgehalt (BMBeleg),
(BMunklar).
bb) Sofern aber der Begriff
(BMBSein) dem Sein nahe
ist (BMunklar), sich auf
die Sache bezieht, heißt er die „Natur der Sache“ (BMWesen).
Er scheint nicht mehr nur getrennt zu sein, sondern in der Trennung zugleich
"das wahre Wesen“ des Seins zu bedeuten (BMunklar).
Je entschiedener dieses Verhältnis im Erkennen
sich verwirklicht, desto freier steht der Begreifende dem Begriffenen
(BMunklar) gegenüber:
er ist ganz darin; das denkende Erkennen und die Sache fallen zusammen
(BMfragl), Dem Unbegriffenen
und Unbegreiflichen dagegen stehen wir unfrei gegenüber, wir sind
nicht darin, es ist uns fremd und undurchsichtig das bloß Andere.
Das Sichselbstfinden des Denkens in der Sache bleibt
aber die Grenze, der wir uns nur nähern (BMunklar).
Die Freiheit des Denkens als Zusammenfallen von Denken und Sein ist wie
ein Transzendieren ohne Transzendenz: ein In-der-Sache-finden, was das
Denken selber ist.
cc) Im Denken, das erkennt, meine ich die Sache
und nicht den Begriff (BMfragl),
meine ich sie durch den Begriff (BMfragl),
(BMunklar). [>282]
Erst im Denken über das Denken meine ich den
Begriff
(BMunklar), (BMfragl),
kann ich mit Begriffen () hantieren,
mit Begriffen (BMhand)
rechnen.
Jedoch ist die Begriffswelt
(BMBSein) kein für
sich bestehendes ideales Sein, nicht eine aus sich bestehende Wirklichkeit,
sondern immer bezogen auf ein solches Sein, das im Begriff
(BMunklar) getroffen wird.
Daher wird alle direkte Beschäftigung mit Begriffen
(BMunklar) der verführende
Weg zu einem verwunderlichen Mißverstehen. Es kann zwar ein logisch
klares, für bestimmte Erkenntniszwecke mögliches Rechnen mit
Begriffen
(BMhand) das ausdrückliche
Thema werden. Aber die Haltung, die nach den Begriffen
(BMunklar) statt nach
den Sachen fragt (BMfragl)
[RS: wie kann man nach Sachen ohne Begriffe fragen?], damit das Interesse
von der Sache auf die „Begriffsbildung“
(BMKritik) verschiebt,
den Begriff an die Stelle der Sache setzt und dort, wo von Sachen gehandelt
wird, nur Begriffe (BMKritik)
zu sehen vermag, wird der Ursprung für ein Versinken ins Leere mit
Hilfe anstrengenden Denkens.
Die Loslösbarkeit der Begriffe
(BMKritik+) von den Sachen
ermöglicht mit dem leeren Denken das leere Sprechen. Da im Sprechen
die Scheidung von Denken und Sein vollzogen wird, muß der Bezug
beider ständig wiederhergesteilt werden. Gegen die Tendenz zur Isolierung
des Sprechens und des Begriffs (BMKritik+)
von der Sache, gegen die Tendenz zum Denken von Begriffen
(BMKritik+), die nur gedacht
sind und keinen Bezug zur Anschauung mehr haben, muß der Denkende
die Verantwortung der Seinsverbundenheit erfahren, um nicht in jene Loslösungen
zu geraten."
Abstrakte
und allgemeine Begriffe nach Vaihinger (Quelle)
"Es ist prinzipiell genau zu unterscheiden zwischen
abstrakten
Begriffen (BMabstr)
und allgemeinen Begriffen (BMallgB):
„Güte, Farbe, Glätte, Gleichheit" sind abstrakte Begriffe, denn
die betreffenden Eigenschaften sind von konkreten Dingen durch Isolation
losgelöste, aber in Wirklichkeit nicht selbständig vorkommende
Qualitäten der Dinge; "Stein, Pflanze, Tannenbaum, Schiff" sind allgemeine
Begriffe (BMallgB),
welche
durch Generalisation (BMabsgen)
aus vielen ähnlichen Einzelerscheinungen zusammengesetzt sind. Die
Scheidung ist eine prinzipielle, aber auch nur eine prinzipielle: in praxi
wirken die beiden Operationen der Isolation und der Generalisation fast
immer zusammen. Um der Klarheit der Darstellung willen ist es jedoch zweckmässig,
diese beiden Arten theoretisch genau zu trennen. In den Verhandlungen über
Abstraktion, welche von Steinthal, Wundt, Liebmann, Lotze, Caspari, Schuppe,
Göring u. A. geführt worden sind, ist jener prinzipielle Unterschied
meist nicht genügend zur Geltung gekommen. Condillac (De l'art de
penser, Ch. VIII, S. 96) macht zwar eine scharfe prinzipielle Scheidung
zwischen idées abstraites und idées générales,
wirft aber faktisch doch beides durcheinander. Vgl. Logique (Oeuvres XXII)
S. 131ff." (Vaihinger 1922, S. 399, Fußnote 1., Gesperrtschrift bei
Vaihinger hier fett)
Kommentar: Ob die strenge
Unterscheidung zwischen abstrakten und allgemeinen Begriffen, die Vaihinger
fordert, geboten ist, kann bezweifelt werden.
__
Allgemeinbegriff
nach Vaihinger (Quelle)
"Was ist nun aber im Verhältnis zur realen
Wirklichkeit das Allgemeinbild, was der Begriff
()? Objektiv gibt es nur Einzelnes, gibt es nur Getrenntes.
Wir sahen eben, dass der Vorstellung [>401] „Baum" nichts Reales entspricht,
was sich mit ihr deckt. Also weicht auch hier das Denken von der Wirklichkeit
ab. Alle die geschilderten Operationen und psychischen Prozesse verändern
den unmittelbaren Stoff der Wahrnehmung und treiben die Begriffe
(BMallgB)
heraus, in denen allgemeine Typen, denen also nichts Nachweisbares, nichts
Wirkliches entspricht, dargestellt werden. Es gibt nur einzelne „Sterne",
keinen „Stern", es gibt nur einzelne „Hunde", keinen „Hund" überhaupt.
Es gibt nur einzelne „Menschen", keinen „Menschen" überhaupt. Alle
diese Vorstellungen stellen absolut nichts Wirkliches dar: wirklich ist
nur das einzelne Geschehen, welches der Seele zugetragen wird, welches
sie aufnimmt und verarbeitet. In diesem allgemeinen Flusse
bilden sich Knotenpunkte, indem sich einige prominente Eigenschaften als
Kern
konstituieren.
Also „Stern", „Hund", „Mensch"
sind Vorstellungen, denen keine Wirklichkeit entspricht. Diese Begriffe
(BMallgB)
sind demnach psychische Gebilde, welche das Denken aus dem gegebenen Material
herausarbeitet vermöge des dargelegten psychischen Mechanismus.
Allein diese rein mechanischen Produkte des psychischen Lebens erfüllen
einen ungeheuer wichtigen Zweck. Der Begriff
(BMallgB),
die Allgemeinvorstellung für sich bedeuten noch keine Erkenntnis;
— abgelöst und isoliert vom Satz sind sie fiktive Gebilde, denen nichts
Wirkliches korrespondiert.
Allein an die Allgemeinvorstellung
knüpft sich der Satz an, sie drängt von selbst zum Satz. Vermittelst
dieses an die Allgemeinvorstellung angehefteten Satzes wird nun der eigentliche
Zweck des Denkens erreicht; nur dadurch ist das allgemeine Urteil
möglich; und darauf beruht, wie Steinthal S. 21 bemerkt, alles Klassifizieren,
Ordnen, alles Begreifen, Beweisen und Schliessen." (Vaihinger 1922, S.
400f, Gesperrtschrift bei Vaihinger hier fett)
Suchen in der IP-GIPT,
z.B. mit Hilfe von "google": <suchbegriff>
site:www.sgipt.org
z.B. Wissenschaft site:www.sgipt.org. |
noch nicht end-korrigiert