Internet Publikation für
Allgemeine und Integrative Psychotherapie
(ISSN 1430-6972)
IP-GIPTDAS=27.06.2018
Internet Erstausgabe, letzte Änderung: 04.07.22
Impressum:
Diplom-Psychologe Dr. phil. Rudolf
Sponsel Stubenlohstr. 20 D-91052 Erlangen
Mail:_sekretariat@sgipt.org_
Zitierung
& Copyright
Anfang Begriffsanalyse
Gesunder Menschenverstand Rel.
Aktuelles _Überblick_Überblick
Wissenschaft _Rel.
Beständiges_ Titelblatt_
Konzept_
Archiv_
Region_
Service
iec-verlag__Wichtige
Hinweise zu Links und Empfehlungen_
Willkommen in unserer Internet-Publikation
für Allgemeine und Integrative Psychotherapie IP-GIPT, Abteilung Wissenschaft,
Bereich Sprache und Begriffsanalysen und hier speziell zum Thema:
Begriffsanalyse Gesunder Menschenverstand
Querverweis: Beweis
und beweisen im Alltag.
"Alle Wissenschaft und alle Philosophie sind aufgeklärter Alltagsverstand."
Karl Popper Objektive
Erkennnis S. 34
_
Originalarbeit von Rudolf
Sponsel, Erlangen
_
Und nicht vergessen: «Es gibt mehr Ding' im Himmel
und auf Erden,/
Als Eure Schulweisheit sich träumt, Horatio.»
[Q]
Siehe bitte auch: Seltsames.
_
Inhaltsübersicht
Zusammenfassung - Abstract - Summary
Methodik.
Hauptbedeutungen:
Beschreibungen,
Bewertungen.
Liste
Einzelmerkmale (nach Index alphabetisch geordnet).
Abgrenzungen
und Sonderfragen: gesunder Fach- und Sachverstand.
Quellen des gesunden
Menschenverstandes.
Beurteilungen und Meinungen
zum Sinn und Wert des gesunden Menschenverstandes
Der gesunde
Menschenverstand in Wörterbüchern und Lexika nach Albersmeyer-Bingen.
Wertvolle
primitiv-tägliche Vernunft des gesunden Menschenverstandes.
Deutsches
Sprichwörter-Lexikon Menschenverstand.
Friedell:
Kulturgeschichte der Neuzeit.
Kritisches zum gesunden
Menschenverstand
Gilde &
Altrichter (1982) Seltsames um den gesunden Menschenverstand.
Fischer,
Ernst Peter (1989) Kritik des gesunden Menschenverstandes: unser Hindernislauf
zur Erkenntnis. * Definition des GMV.
Clausewitz:
gesunder Menschenverstand als Hindernis.
Armin
Nassehi – "Eine Kritik des gesunden Menschenverstandes Oder: Krankheit
als Chance
Albert
Einstein - die Summe aller Vorurteile ...
Einsteins
geistreiche Entgegnung.
Ungerechtfertige
Ueberheblichkeit des GMV.
Beispiele zum Gebrauch
der Wendung "gesunder Menschenverstand"
Alltag und
gesunder Menschenverstand.
Beispiele aus
The European Das Debatten Magazin 20.09.2014.
Financial
Technologies.
Deutsches
Ärzteblatt (Mindestmengen).
Jack
London: Ratgeber kritische Lebenserfahrung. * Lebenserfahrung mahnt
zur Vorsicht.
Balzac:
Gesunden Menschenstand anregen.
Fürst
von Pückler: Gesunder Menschenverstand und Gott.
Casanova
Gelehrsamkeit weniger nötig als gesunder Menschenverstand.
Zur
rechten Zeit am rechten Ort.
Medien
Trump ein Politiker des GMV.
Fehlleistung Der Spiegel.
Spiegel Online: Das Wachstum
ist schuld.
Welt (kritisch).
Zeit Online: Was ist eigentlich
"gesunder Menschenverstand"?
Internetseite "gutefrage (GMV:
nicht gut von einem hohen Gebäude zu springen).
Peter Holzer (youtube) GMV
vom Aussterben bedroht.
Mathematik
(als eigene Seite ausgelagert)
Philosophie:
Bergson *
Bolzano
* common sense * Nicolai
Hartmann * Hegel * Hume *
Kant,
Kant-2, Kant-3
* Moore * Nietzsche * Popper
* Rosenzweig * Russell
* Sinowjew *
Physik:
Lindley: GMV bei Raum und Zeit.
Psychologie:
Hans Aebli: GMV als gesunkenes Kulturgut.
Werner Greve: Common sense Psychologie
und Alltagssprache.
Psychopathologie:
Samuel Thoma: Common Sense und Verrücktheit
im sozialen Raum.
Recht (als eigene
Seite ausgelagert)
Soziologie:
Abels: Alltaegliche Lebenswelt und
GMV.
Abels: GMV als selbstaendig denkendes
und handelndes Subjekt.
Stehr: Normalitaet und Abweichung
Begriffe des GMV.
Statistik und Wahrscheinlichkeit.
Der gesunde Menschenverstand bei Jakob Bernoulli.
Der gesunde Menschenverstand bei Laplace.
Wirtschaft & Finanzen.
Gesunder
Fach- und Sachverstand:
Gesunder allgemeintechnischer Verstand
und Gesunder Fachverstand.
Fachverstand als Werbemittel.
Bayerle: Gesunder Menschenverstand
und Wissenschaft sind zwei Welten
Empirische Praegung des GMV.
Literatur zum GMV.
Literatur zur Bedeutungsanalyse. * Links
Glossar, Anermerkungen und Fußnoten
Atrocitaet, bona-fide, energische Klasse bei
Emerson, MoMIG, Internetseite, Moore Liste (2) ausführlicher, Ebner-Eschenbach,
Offensichtlich, Schleiermacher, Suhrkampausgabe (Moore).
Querverweise. * Zitierung * Änderungen. |
Zusammenfassung
- Abstract - Summary
"Der" gesunde Menschenverstand wird ebenso verteufelt und geringgeschätzt
wie gepriesen und wertgeschätzt. So wichtig und unverzichtbar er besonders
im praktischen Alltagsleben ist, so sehr man ihn auch braucht, so wichtig
ist es ebenso, ihm gegenüber ein gewisses Maß an Kritik und
gesundem ;-) Misstrauen zu bewahren (> Kritisches
...). Das Kippbild der psychologischen Heilmittel mit den unterschiedlichen
Wirkungen (+, -, 0, a) bei Gegebensein und Nichtgegebensein bringt das
symbolisch gut zum Ausdruck:
Zur
Kippbild-Symbolik.
Die allgemeine Doppelwertigkeit des gesunden Menschenverstandes ergibt
sich auch aus folgendem Zitat "Der gesunde Menschenverstand ist der größte
Feind der Phantasie und doch ihr bester Berater." Marie Freifrau von Ebner-Eschenbach:
Quelle).
Der gesunde Menschenverstand hat seine Hauptberechtigung
im praktischen Leben. In der Wissenschaft und beim Wissen spielt er eher
eine problematische Rolle und wird hier meist zu Recht sehr kritisch gesehen
(> Kritisches ...), denn oft trügt der Schein.
Deshalb sind Angaben zur Quelle der Erkenntnis und unter welchen Bedingungen
und aus welcher Perspektive sie gewonnen wurde sehr wichtig, ja unverzichtbar.
Echtes Wissen bedarf im Grunde des Beweises oder wenigstens guter, nachvollziehbarer
und besonders prüfbarer Gründe. Auch im Recht
spielt der gesunde Menschenverstand eine wichtige, aber auch bipolar-ambivalente
Rolle.
Was "der" gesunde Menschenverstand nun eigentlich
"ist", wird selten klarer und operationaler
ausgeführt. Um das genauer herauszufinden, wurde diese Seite angelegt.
"Den" gesunden Menschenverstand gibt es nicht, nur unterschiedliche Verständnisse,
die man meist durch den Wortgebrauch und Kontext erschließen muss.
Hier werden daher Wittgensteins begriffsanalytische Empfehlungen, den Wortgebrauch
zu studieren, konsequent angewandt und jede Wortgebrauchsstelle genau dokumentiert.
Dabei werden auch unterschiedliche Lebens- und Wissenschaftsbereiche zunehmend
mehr gesondert berücksichtigt (z.B. Recht,
Mathematik,
Psychologie, ...).
Genauere Bestimmungen (z.B. Fischer,
wenngleich problematisch) sind sehr selten. Nach den Bestimmungen in den
Wörterbüchern
sind aber wichtige Kennzeichen praktisch und wirklichkeitsnahe,
wobei auch wieder offen bleibt, worin denn nun das Praktische oder
Wirklichkeitsnahe
besteht. Der Operationalisierunggedanke
ist den meisten AutoriInnen leider fremd, obwohl der auch schon bald 100
Jahre alt wird (Bridgeman, 1927).
_
Methodik > allgemein
hier.
Die Methodik besteht darin,
-
Texte zu sammeln, die die Redewendung "Gesunder Menschensverstand" oder
ein Synonym, wie z.B. das in Österreich übliche "Hausverstand"
enthalten;
-
hierbei wird der Gebrauch der Redewendung "Gesunder Menschenverstand" in
zunehmend mehr Lebens- und Wissenschaftsbereiche differenziert, z.B.
GMV
im Recht, GMV in der Mathematik, GMV
in der Psychologie, GMV in der Wirtschaft, GMV in der Politik, ... ;
sodann werden die Bedeutungen
in diesem kon-textuellen Gebrauch durch Interpretation und Deutung nachvollziehbar,
also prüf- und kontrollierbar erfasst. Durch diese konkrete
Methode wird das sch^3-Syndrom
überwunden und es wird möglich, konstruktiv und zielorientiert
inhaltlich sich auseinanderzusetzen und zu streiten, denn Wissenschaft
muss prüfbar, kontrollierbar sein ...
-
... und es werden die speziellen Bedeutungen der Gebrauchsbeispiele
- sofern möglich - erfasst und indiziert.
-
Es entsteht eine Liste mit Bedeutungen. Bei neuen Gebrauchsbeispielen im
Text sieht man nach, ob eine der schon erfasten und gelisteten Bedeutungen
passt. Falls ja, dann signiert man diese. Falls nein, schafft man eine
neue Bedeutung, die man in die Liste aufnommt.
-
Mit zunehmenden Gebrauchsbeispielen werden immer weniger neue Bedeutungen
gefunden .
-
Genügend Bedeutungen erscheinen dann erreicht, wenn neue Textproben
keine neuen Bedeutungen mehr hervorbringen.
-
Nun können Analysen und Vergleich Hauptbedeutungsgruppen gesucht werden
...
-
... aus denen sich am Ende verschiedene Definitionen oder hinreichend klare
Charakterisierungen gewinnen lassen.
_
Die Hauptbedeutungen,
die sich zum Teil mehr oder minder überschneiden, des geflügelten
Wortes gesunder Menschenverstand (GMV) sollen die Wortgebrauchsanalyse
erfasst und erforscht werden. Der gesunde Menschenverstand wird sehr vielfältig
bewertet, positiv, differenziert, kritisch oder negativ-entwertend (z.B.
als oberflächlich, naiv, dumm, kurzsichtig, trügerisch, platt,
unkritisch, kritiklos, unwissenschaftlich, einfach gestrickt, profan, vorurteilsvoll,
dem Schein aufsitzend, kleingeistig, spießig, Sicht des kleinen Mannes,
Stammtisch, ...). Auch diese Beurteilungen sollen in Signaturen erfasst
werden können. Im wesentlichen erscheinen folgende Klassifikationsgruppen
an Bezugnahmemöglichkeiten nützlich:
-
Beschreibungen des gesunden Menschenverstandes
(GMV) mit den Untergruppen:
-
Unspezifische, allgemeine Bezugnahme (signiert mit GMVonS).
-
Spezifische Bezugnahme mit Nennung von Merkmalen oder Kriterien, was also
inhaltlich zum GMV gehört (signiert mit GMVKriterium),
(GMVErfahr), (GMVjeder), (GMVnormal),
(GMVaugsch), ...
-
Unklare Bezugnahme (signiert mit GMV?)
-
Bewertungen des gesunden Menschenverstandes
GMV mit den Untergruppen
-
Positiv wertschätzend (signiert mit GMVwert)
-
Negativ entwertend (signiert mit GMVentw).
-
Kritische Bewertung (signiert mit GMVkritisch).
-
Differenziert, sowohl als auch (signiert mit GMVdiffer)
-
Neutral, ohne Bewertung (signiert mit GMVneutral).
-
Unklare Bewertung (signiert mit GMV?).
_
Einzelmerkmale (nach Index alphabetisch
geordnet)
Viele Einzelmerkmale erklären nichts, sondern verschieben das
Problem nur auf ein anderes Wort bzw. anderen Begriff, z.B. Klarheit, Erfahrung,
Lebenserfahrung, Selbstverständlichkeit, Offensichtlichkeit, Vernunft
usw. Nicht so bei dem Mathematiker Geog Polya.
-
AAVPop Aufgeklärter Alltagsverstand.
Ausdruck Poppers Objektive Erkenntnis, S. 37. > Poppers
Alltagsverstand.
-
AVPop Alltagsverstand Ausdruck Poppers in
Objektive
Erkenntnis im Kaptel 2 (S. 32-108), Zusammenfassung S. 106-108. > Poppers
Alltagsverstand.
-
GMV? Unklare Bedeutung. (> Friedell).
-
GMVaufgekl der aufgeklärte
GMV weiß, dass die Sachverhalte dieser Welt nicht so "sind", wie
sie erscheinen, wie der naive GMV meint. Popper (1993) spricht in Objektive
Erkenntnis, S. 37 vom aufgeklärten Alltagsverstand. ""
-
GMVaugsch Berufung oder Bezug auf Augenschein,
Wahrnehmung, Anschauung, sehen (> )
-
GMVbegrenzt Beschränkung oder
Begrenzung (> Emerson).
-
GMVBerufung Beruf auf den gesunden
Menschenverstand zur Legimation und Rechtfertigung (> Bolzano)
-
GMVdiffer diferenzierte Bewertung, das
sowohl
als auch sehend. (> Kursbuch)
-
GMVego Was man selbst für den GMV
hält, Bezug ist also das eigene Denken. (> )
-
GMVentw Klare Entwertung (> Einstein).
-
GMVErfahr Berufung oder Bezugnahme auf
die (Lebens-) Erfahrung. (> )
-
GMVErkl Erklärung: Handlungsfolgen
werden auf den gesunden Menschenverstand zurückgeführt. (> Hitler
durch Hess)
-
GMVfach gesunder Sach-
und Fachverstand. (> )
-
GMVgemein gemeiner (Menschen-) Verstand,
z.B. von Kant und Russel
verwendet, wobei offen bleiben muss, ob der "gemeine" dem "gesunden" Menschenverstand
gleichgesetrzt werden darf.
-
GMVgerade Ausdruck Kants,
synonym zu "schlichtem" von ihm verwendet verwendet, wobei offen
bleibt, ob "gerade", "schlicht" und "gemeiner" dem GMV gleichgesetzt werden
dürfen.
-
GMVgesund als Ausdruck von Gesundheit
(Beispiel ver-rueckt)
-
GMVgew Gewöhnlicher
Menschenverstand, eine Begriffsschöpfung Bertrand Russells
-
GMVgewiss Berufung auf Gewissheit: so
wie es unzweifelhaft
jeder sehen, beurteilen oder machen
würde. (> )
-
GMVhyposta Es wird gesprochen
als ob der GMV ein selbständig handelndes Subjekt sei (Beispiel)
-
GMVintuitiv Schöpfung Betrand
Russels (> )
-
GMVjeder Berufung auf jedermann: so wie
es jeder sehen, beurteilen oder machen würde.
(> )
-
GMVklar Berufung auf Klarheit. (>
)
-
GMVkonkret Kriterium Kants (> Kant-3)
-
GMVkritisch Kritische Bewertung (>
Kritisches).
-
GMVkrivern Idee Kants, den GMV um kritische
Vernunft anzureichern, damit er seinen Wert behalten kann. (> Kant)
-
GMVKriterium (operationales)
Kriterium für die Anwendung des GMV (> Bsp1,
Bsp2,
)
-
GMVKultur Der GMV als Kulturgut;
als "gesunkenes Kulturgut" im Vorwort
Aeblis zu Neisser.
-
GMVnatürl Berufung auf Natürlichkeit.
(> )
-
GMVneutral neutral, keine Bewertung
erkennbar.
-
GMVnormal Berufung auf jeden Normalen:
so wie es
jeder sehen, beurteilen oder machen würde,
der seine fünf Sinne beisammen hat, einigermaßen normal ist,
im Leben steht. (> )
-
GMVnuecht Nüchterner
Menschenverstand, eine Begriffsschöpfung Bertrand Russells
-
GMVOffens Berufung auf Offensichtlichkeit.
(> )
-
GMVonS ohne nähere Spezifikation,
allgemeine Berufung oder Bezugnahme. (> )
-
GMVOrakel Kritische Bewertung Kants,
wenn man sich auf den GMV begründungslos wie auf ein Orakel beruft.
(> Kant)
-
GMVPolya
Verständnis des Mathematiker Georg Polyas, der eine Problemlösungssystematik
für mathematische Probleme entwickelt und in seinem Buch "Schule des
Denkens" (1949), verdichtet in einer sog. "Tabelle" entwickelt, wo auch
der gesunde Menschenverstand
S. 16 in Punkt 4. ausdrücklich genannt wird.
-
GMVreal Berufung auf Wirklichkeit / Realität.
(> )
-
GMVselbstv Berufung auf Selbstverständlichkeit.
(> )
-
GMVvergl Vergleich gesunder Menschenverstand
und X. (> )
-
GMVvernunft Allgemeine Berufung
oder Bezugnahme auf die Vernunft (> )
-
GMVwichtig Dem GMV wird eine - mitunter
sehr - wichtige Bedeutung zuerkannt. (> Entscheidungen)
-
GMVvorwis vorwissenschaftlicher gesunder
Menschenverstand, eine Schöpfung Bertrand Russells.
-
GMVwissens wissenschaftlicher gesunder
Menschenverstand, eine Schöpfung Bertrand Russells.
-
GMVwert Positive Bewertung des gesunden
Menschenverstandes. (> 1,2,3,4,5,6,)
-
GMVwiderspr Im Widerspruch zum
Gesunden Menschenverstand, z.B. aufgrund der Logik oder empirischer Gegebenheiten.
(> )
-
GMVzweckm Berufung auf Zweckangemessenheit.
(> Emerson).
-
GMVzuschr Zuschreibung eines gesunden
Menschenverstandes (> Hitler durch Hess)
_
Abgrenzungen und Sonderfragen:
gesunder
Fach- und Sachverstand
Gibt es auch einen "gesunden Fachverstand" oder einen fachbezogenen
"gesunden Menschenverstand", etwa einen gesunden Menschenverstand in den
Natur-, Geistes- Sozial- und Rechtswissenschaften? Das wird allgemein hier
und speziell in den einzelnen Rubriken erörtert.
_
Quellen des gesunden Menschenverstandes
Nach ersten psychologischen Vorüberlegungen und Auswertungen sehe
ich folgende Quellen:
-
Wissen
-
Erfahrung, auch Lebenserfahrung
-
Eigenes Denken und meinen
-
Übernahme von anderen (allgemeine Meinung, öffentliche Meinung,
Umgebung, Milieu, ...)
_
Beurteilungen und Meinungen
zum Sinn und Wert des gesunden Menschenverstandes
Der gesunde Menschenverstand in Wörterbüchern und Lexika
nach Albersmeyer-Bingen
"In deutschen Wörterbüchern wird gesunder Menschenverstand
nicht derart positiv beurteilt. Kennt der Brockhaus noch eine positive
und eine pejorative Bedeutung;
„1) allgemein: im positiven Sinn ein wirklichkeitsnahes Denken als Gegensatz
zu weltfremder Grübelei;
abwertend: das nicht wissenschaftliche, methodisch unkritische
Denken des Laien" FN32,
so Meyers Encyklopädisches Lexikon nur eine pejorative:
, ... im allgemeinen Sprachgebrauch in Rechtfertigungs- und Persuasionsstrategien
verwendete Norm von Handlungen und ihrer Beurteilung, bei der nicht weiter
begründet und begründbar und unkritisch, deshalb dem ideologischen
Mißbrauch offen, in ahistorischer Betrachtungsweise die Existenz
und die Allgemeingültigkeit des Menschenverstandes als unveränderliches
Faktum vorausgesetzt wird, wo doch der sogenannte Menschenverstand unter
anderem von psychischen, physischen und sozialen Faktoren prozessual determiniert
und so als Norm relativiert ist." FN33
Der gesunde Menschenverstand, in Trübners
Deutschem Wörterbuch FN34 als 'Alltags-,
Bauern- oder Hausverstand' bezeichnet, ist ein nüchterner, aus der
praktischen Lebensbewältigung gewachsener, wirklichkeitsnaher Verstand.
Synonyme im Deutschen sind auch heute Mutterwitz, Menschenwitz, natürliche
Schlaue. FN35 Der daraus resultierende normsetzende
Charakter alltags-[>25]praktischen Faust- und Regelwissens grenzt abweichendes
Verhalten folgerichtig vom 'normalen, gesunden' Verhalten ab: derjenige,
der nicht nach den Grundsätzen des gesunden Menschenverstandes handelt,
gilt als verrückt. FN36 Die Bedeutungsentwicklung
von gesundem Menschenverstand ist interessant, so daß ich an dieser
Stelle etwas näher darauf eingehen möchte.
Menschenverstand wurde häufig auch mit
dem Adjektiv gemein belegt, ebenso Vernunft und Menschenvernunft. Die ursprüngliche
Bedeutung von gemein = gemeinsam, zusammengehörig, hat sich bereits
im frühen Mittel- alter verschoben in gemein = gewöhnlich, alltäglich,
durchschnittlich und niedrig, im Gegensatz zum Besonderen, Außergewöhnlichen.
So heißt es in Grimms Wörterbuch:
„e) da gehl denn überall gemein zugleich schon
in den begriff des folgenden über, von der menge, in welcher der einzelne
nicht mehr aufgehen will, während sie ursprünglich als maszstab
und ziel über alles einzelne leben galt, was eben mit gemein ausgedrückt
wurde." FN37
Fussnoten:
FN32 Brockhaus Enzyklopädie,
Wiesbaden 1971 (17. Aufl.), Bd. 12, S. 412.
FN33 Meyers Enzyklopädisches
Lexikon in 25 Bänden. Mannheim-Wien-Zürich 1978, Bd. 16,
S. 68 zum Stichwort 'gesunder Menschenverstand'. Bd. 5 weist ‘common sense'
jedoch in erster Linie in der philosophischen Bedeutung der ‘Schottischen
Schule' nach.
FN34 Trübners Deutsches
Wörterbuch, hrsg. v. A. Götze. Berlin 1956, Bd. 7, S. 595.
FN35 Ruth Klappenbach, W. Steiniiz
u. a. (Hg.): Wörterbuch der deutschen Gegen¬wartssprache. Berlin
(Ost) 1974, Bd. 4, S. 2490, 2580 und Trübners, ebd.
FN36 Trübners, 1943,
Bd, 3, S, 155, zu 'gesund'. Bedeutsam scheint mir die Tatsache, daß
in der Beifügung von 'gesund' zu Menschenverstand, anders als im Englischen,
Französischen oder Italienischen, die antike Lebenslehre und Ethik
(Empedokles, Platon, Hippokrates, Cicero, Zenon u. v. a.) anklingt:
Gesundheit und Krankheit der Einzelwesen als unzerstörbare Einheit
von Leben und Tod liegen im Ganzen der Welt begründet. Dieses antike
Kosmosideal liegt allen bekannten Heilskunden, auch den modernen, zugrunde:
„Wenn das Erste, Göttliche, als einfach und ungemischt gilt, ist Schöpfung
Mischung: So wurde von den Griechen die Gesundheit des Kosmos als 'harmonische
Mischung' der Elemente und die des Mikrokosmos als ‘vernünftige Harmonie
und Mischung' der Gegensätze, als 'Isonomie' oder 'Wohlmischung’ der
Urqualitäten, als peoörrfe und ovpptTpux erklärt",
Joachim
Ritter (Hrsg.): Historisches Wörterbuch. (Völlig neubearb.
Ausg. des 'Wörterbuchs der philosophischen Grundbegriffe' v. R. Eisler).
Darmstadt 1974, Bd. 3, S. 559. Vgl. hierzu nochmals Trübners, ebd.,
S. 154-156.
Gesundheit gibt es — nach Platon — nicht nur für
den Leib, sondern auch für die Seele. Gesundheit und Tugend als reziproke
Relation von Körper und Seele geben der 'gesunden Vernunft' den Charakter
einer Medizin oder Therapie für Körper und Seele. Die teleologische
Bestimmung der Gesundheit als Medium und Ziel kosmischer Harmonie wurde
in der Neuzeit abgelöst durch die genetische: qua Gattungszugehörigkeit
wird z, B, bei Herbert v. Cherbury das Gesunde zum Gängigen,
Normalen: „So erhält die alte Lehre von der 'medicina mentis' neuen
Sinn als Kunstlehre des Denkens und des Findens von Wahrheiten (TSCHIRNHAUS),
neben den homo 'sapiens' der Biologen tritt also der 'gesunde' Mensch als
Logiker, obwohl nur das Deutsche die alte Wendung direkt übernimmt
(hingegen frz. bon sens, engl, common sense)“, J. Ritter, ebd., Sp. 560.
Hierher gehört auch Juvenals 'Mens sana in corpore sano’. Makrobiotik,
Homöopathie und andere Heilkunden bewahren dieses Erbe als Ganzheitstherapien
und finden zunehmend Entsprechung in psychologischen Therapieformen.
FN37 Jakob und Wilhelm Grimm:
Deutsches Wörterbuch. (Bearb. v. R. Hildebrand und H. Wunderlich.)
Leipzig 1897, Bd. 4, 2. Th., Sp. 3209, Stichwort 'gemein".
_
Wertvolle primitiv-tägliche Vernunft
des gesunden Menschenverstandes
"Der Mensch soll denken lernen, weil die Natur ihn mit Vernunft ausstattete.
Und jeder Mensch kann denken lernen, jeder einzelne hat die Möglichkeit,
die erste und notwendigste Waffe, deren er sich dauernd und überall
im Kampfe um das Dasein bedient, zu schärfen und sachgemäß
anzuwenden. Selbst das Genie läuft immer wieder Gefahr, zu scheitern,
wenn und weil es in dieser Welt nicht lernen will, mit Wirklichkeiten,
mit Tatsachen und Notwendigkeiten zu rechnen und herabzusteigen zu einem
Gebrauch der primitiven täglichen Vernunft, des „gesunden
Menschenverstandes“, über den keineswegs jeder Gelehrte
verfügt. Darum erscheint der Gelehrte weltfremd, ungeschickt, zerstreut
und sonderbar. Es ist nicht Unfähigkeit, die Welt zu begreifen, sie
zu verstehen, ihr zu nützen, ihr Wertvollstes zu schenken, sondern
der Mangel an Interesse für Belanglosigkeiten und Kleinigkeiten, d.
h. für Vorgänge und Zustände, die nur deshalb dauernd übersehen
werden, weil sie nicht auf fallen, d. h. nicht interessant sind. Das Selbstverständliche,
Tägliche, nie Beachtete aber bestimmt das Schicksal der meisten Menschen."
Quelle S. 92: Beyer, Alfred (1925) Die Technik des
Denkens. Probleme der naiven Vernunft. Berlin: Dt. Buch-Gemeinschaft.
_
Deutsches Sprichwörter-Lexikon
Menschenverstand.
1. Der Menschenverstand hat nur eine kleine Hand. Er kann nicht alles
fassen.
2. Ein Loth gesunder Menschenverstand ist so viel werth wie ein Pfund
Witz. – Demokritos, I, 383. Goethe: »Der Menschenverstand wird mit
dem gesunden Menschen rein geboren, entwickelt sich aus sich selbst und
offenbart sich durch ein entschiedenes Gewahrwerden und Anerkennen des
Nothwendigen und Nützlichen. Praktische Männer und Frauen bedienen
sich dessen mit Sicherheit. Wo er mangelt, halten beide Geschlechter für
nothwendig, was sie begehren, und für nützlich, was ihnen gefällt.«
(Loeper, Goethe's Sprüche, 303.) »Le sens commun est le génie
de l'humanité.« (Loeper, Goethe's Sprüche, 60.)
3. Mit Menschenverstand kommt man durch alle Land. Leider kann man
von diesem Pass nicht stets Gebrauch machen. »Wahn und Irrsinn«,
sagt Jachmann (Reliquien, II, 56), »herrschen unter den europäischen
Völkern noch so gewaltig, dass es lebensgefährlich ist, gesunden
Menschenverstand blicken zu lassen.« Frz.: Avec du bon sens
le reste vient. (Cahier, 1623.)
4. Wo Menschenverstand, aufhört, da fängt Gottes Weisheit
an. Goethe: »Des Menschenverstandes angewiesenes Gebiet und Erbtheil
ist der Bezirk des Thuns und Handelns. Thätig, wird er sich selten
verirren; das höhere Denken, Schliessen, Urtheilen jedoch ist nicht
seine Sache.« (Loeper, Sprüche, 955.). Böhm.: Ne vse na
rozum, ale více na Bohu dátí.
5. Wo der gesunde Menschenverstand anfängt, hört das rostocker
Stadtrecht auf. »Woher nehme man die staatsrechtliche Sanction
für die neubraunschweigische Landschaftsordnung vom 12. Oct. 1832,
die nicht, wie das rostocker Stadtrecht, aufhöre, wo der gesunde Menschenverstand
anfange, sondern anfange, wo dieser aufhöre.« (H. von Treitschke's
Preussische Jahrbücher, 1873, in einem Artikel: Die letzte Scholle
welfenscher Erde.)
*6. Er hat nicht ein Körnchen gesunden Menschenverstand. Lat.:
Mica salis tibi non inest. (Philippi, I, 249.)
[Sprichwörterlexikon: Menschenverstand. Deutsches
Sprichwörter-Lexikon, S. 31543 (vgl. Wander-DSL Bd. 5, S. 1605)
http://www.digitale-bibliothek.de/band62.htm ] Auch Zeno.org: http://www.zeno.org/Wander-1867/A/Menschenverstand?hl=gesunder+menschenverstand
Egon Friedell: Kulturgeschichte der Neuzeit
- Erstes Kapitel Gesunder Menschenverstand
und Rückkehr zur Natur. Quelle: http://gutenberg.spiegel.de/buch/kulturgeschichte-der-neuzeit-4950/2
Kritisches zum gesunden Menschenverstand
Gilde & Altrichter (1982) Seltsames um den
gesunden Menschenverstand
"Dies Buch soll an Beispielen zeigen, daß es im täglichen
Leben, in der Technik und in der Wissenschaft immer mindestens eine Lösung
mehr gibt, als der berühmte gesunde Menschenverstand uns glauben macken
will. Solle also der eine oder andere Leser zu dem Schluß gelangen,
daß die naheliegenden Lösungen nicht immer die besten sind,
würde uns das mit tiefer Befriedigung erfüllen." Vorwort der
Verfasser"
Aus dem 1. Kapitel "Von den fünf Sinnen
Die meisten Menschen sind (mit Recht) überzeugt, daß sie
ihre fünf Sinne beieinanderhaben.
Sie wollen damit sagen: ich sehe, höre, schmecke, fühle und
rieche einwandfrei, und mein Gehirn hilft mir, die Eindrücke der Umwelt,
die ich durch meine Sinnesorgane erhalte, richtig zu deuten.
Da ein bißchen Kritik nie schaden kann, möchten wir in diesem
Buch einige meist amüsante oder belehrende Beispiele bringen, die
uns die Leistungen unserer fünf Sinne mit Einschränkungen betrachten
lassen. Weiter möchten wir zeigen, daß unser Menschenverstand
erst dann wirklich ,,gesund“, d. h. zuverlässig ist, wenn wir ihm
mit leichtem Mißtrauen begegnen.
Der Mensch ist nur lebensfähig, weil seine Sinnesorgane bestimmte
Fehler aufweisen, die wir bei technischen Meßapparaten nie zulassen
würden.
Häufig wird das Bild einer Informationslawine beschworen, der
wir in zunehmendem Maße ausgesetzt sind. Dabei sind wir, zumindest
was die Sinneswahrnehmungen betrifft, durchaus in der Lage, damit fertig
zu werden.
In jeder Sekunde erreichen bis zu 1 Milliarde Bit (das sind die kleinsten
Einheiten der Informationsübertragung) unsere Sinnesorgane aus der
Umwelt. Etwa 16 davon werden von uns bewußt aufgenommen. Die anderen
werden „fallengelassen“ oder auf dem Wege zum Gehirn und dort selbst aussortiert,
verarbeitet oder ins Unterbewußtsein ab gespeichert.
83 Prozent der Informationen aus der Umwelt nehmen wir mit den Augen
auf, für 10 Prozent ist unser Gehör verantwortlich, für
4 Prozent der Geruchssinn, für 2 Prozent der Tastsinn und für
1 Prozent der Geschmackssinn. Das sind natürlich nur Mittelwerte aus
umfangreichen Versuchen mit stark streuenden Werten. Viele Menschen haben
bestimmte „Vorzugssinne“ und prägen sich die entsprechenden Wahrnehmungen
besonders leicht ein. Wir wollen die oben genannten Häufigkeitszahlen
aber trotzdem als Rangfolge der Bedeutung der einzelnen Sinneswahrnehmungen."
Aus dem 2. Kapitel "Vom gesunden Menschenverstand
Es gibt bei Diskussionen viele Arten der Argumente. Eines der beliebtesten
ist die Berufung auf den gesunden Menschenverstand. Das sieht man doch
sofort, das ist doch logisch, das ist doch ganz klar. Solche und ähnliche
Redewendungen bedeuten entweder, daß Meldungen unserer fünf
Sinne ganz einwandfrei gedeutet werden oder daß eine logische Gedankenkette
einen (und nur diesen einen!) Schluß zuläßt.
Über die Zuverlässigkeit unserer Sinnesorgane haben wir bereits
gesprochen.
Mit der Logik ist das so eine Sache, weil jeder logische Schluß
von einer oder mehreren Voraussetzungen aus geht. Und diese Voraussetzungen
sind oft reine Einbildungen. Wohin Logik bei falschen Voraussetzungen führt,
zeigt folgender Witz: Zu einem Arzt kommt ein Patient, der nach jedem Satz
mit den Fingern schnalzt. „Nun, was fehlt Ihnen?“ fragt der Arzt.
„Nichts, Herr Doktor“, sagt der Patient und schnalzt mit den Fingern.
„Haben Sie vielleicht Familiensorgen?“
„Nein, ich bin glücklich verheiratet.“ (schnalzt!)
„Haben Sie finanzielle Sorgen?“
„Nein, ich verdiene gut.“ (schnalzt!) [>16]
„Warum machen Sie dann immer so?“ fragt der Arzt und schnalzt mit den
Fingern.
„Damit jage ich die Elefanten fort!“ (schnalzt!)
„Aber hier sind doch gar keine Elefanten.“
„Daran können Sie sehen, wie das Schnalzen mit den Fingern hilft!“
(schnalzt!)
Der Patient denkt durchaus logisch, nur seine Voraussetzungen sind
etwas verrückt.
Leider gehen nicht nur Irre von falschen Voraussetzungen aus. Lange
Zeit hielten Millionen Menschen die Erde für eine Scheibe (was man
ja deutlich „sieht“). Tausend Jahre lang wähnten Wissenschaftler und
Denker die Erde als Mittelpunkt des Kosmos, was logisch aus den Voraussetzungen
folgt: Die Gestirne kreisen um die Erde, der Mensch ist das Maß aller
Dinge.
Die berühmtesten Physiker um 1900 hielten die Energie für
beliebig teilbar, bis Max Planck nach wies, daß sie „portionsweise“
gequantelt ist.
Da fast allen klugen und berühmten Männern logische Fehlschlüsse
nachzuweisen sind, wollen wir uns nicht scheuen, auch zumindest die Möglichkeit
von logischen Irrtümern bei uns selbst zuzugeben."
Fischer, Ernst Peter (1989) Kritik des
gesunden Menschenverstandes: unser Hindernislauf zur Erkenntnis.
Das Buch bringt viele Beispielsachverhalte und hebt sich damit wohltuenend
von vielen allgemein gehaltenen Arbeiten ab. Die GMV wird nicht generell
entwertet, sondern differenziert kritisch gesehen.:
"Der gesunde Menschenverstand - so sehr wir ihn auch brauchen, um uns
mit seiner Hilfe bei den praktischen Problemen des Lebens zurechtzufinden,
in theoretischen Fragen leitet er uns oft in die Irre." (Quelle: S. 9,
Kapitel
1: Die Irrtümer)
S. 12 wird eine wissenschaftliche Definition angekündigt
und ausgeführt:
"Die konkreten Operationen
Bevor wir zu verliebt in die Beispiele werden, wollen wir versuchen,
einige der verwendeten Begriffe etwas genauer zu fassen. Der gesunde Menschenverstand
wird später noch eine genaue und sogar wissenschaftlich fundierte
Definition erfahren. An dieser [>13] Stelle legen wir erst einmal noch
etwas vage fest, daß darunter konkrete Operationen im Kopf zu verstehen
sind, die ohne Komplikationen durchgeführt werden können. Beispiele
dafür sind etwa das Zusammenfassen von Gegenständen zu Mengen
(dem Ganzen) oder die Entfernung eines Teils aus einem Ganzen. Die formalen
Rechnungen der Mathematik werden dabei ausdrücklich nicht mit in die
Definition aufgenommen.
Wir werden in diesem Buch anstelle des gesunden Menschenverstandes
manchmal auch den Begriff der Intuition verwenden."
Definition des GMV S. 53
im Kapitel II: Die Entstehung:
"Wenn wir uns nun an die Definition des Senso comune erinnern und sie
auf das Piagetsche Schema ausdehnen, sind wir schließlich in der
Lage, den Common sense ganz genau zu definieren: Unter dem gesunden Menschenverstand
verstehen wir leicht durchführbare und konkrete mentale Operationen.
Diese konkreten Operationen sind Teil unseres biologischen Erbes und im
Rahmen der Evolution entstanden."
Kommentar: Wenn zu den Quellen für den
GMV Lebenserfahrung und Wissen gehören, dann kann diese Definition,
die das kognitive Niveau auf das 12. Lebensjahr begrenz, nicht richtig
sein.
Anmerkung: In der Darstellung, S. 43, des Piaget-Schemas
der kognitiven Stufen wird in der 3. Periode von "konkret-operational"
im Altersbereich 7-12 Jahre gesprochen. Es ist nicht ganz klar, ob Fischer
mit "konkrete mentale Operationen" genau diese meint. Vermutlich ja, weil
er ebenfall auf S. 53 noch bemerkt, dass Piagets 4. Phase (12-16) über
die Phase des GMV hinausgeht. Andererseits bemerkt Fischer aber auch noch,
S. 54:
"Daß die kognitive Entwicklung mit vier Schritten am Ziel ist, galt
zwar durch Piagets Arbeiten lange Zeit als unumstößliche Gewißheit,
aber die Psychologen glauben inzwischen einen weiteren Schritt identifiziert
zu haben, der den Übergang in das Erwachsenenalter begleitet (6).
Sie erkennen eine intellektuelle Entwicklung auch über das 16. Lebensjahr
hinaus. In diesem Alter liegt Piaget zufolge schon der erwachsene Geist
vor (und fest). Die fünfte Stufe zeigt aber, daß uns die Natur
offenbar noch eine gewisse Flexibilität mit auf den Weg gibt, bevor
sie uns in die Freiheit der Forschung entläßt.
Ausgangspunkt der Untersuchung, die diese Phase ans Licht gebracht
hat, war eine Frage, die sich eigentlich ganz natürlich ergibt, wenn
man an die Fähigkeit zur Bildung von Hypothesen denkt, die auf der
vierten Stufe erworben wird. Wie und wann ent[>55]scheiden Kinder, welche
von zwei unterschiedlichen Vermutungen oder Erklärungen nun zutrifft
und welche nicht? Wenn jemand gut und erfolgreich Tennis oder Klavier spielt,
liegt das an seinem harten Training oder an seinem Talent? Und wie ist
die Welt entstanden? Gibt es da einen Schöpfer, oder gab es da einfach
einen Urknall?"
Demnach ergäbe sich, dass der GMV nach der Definition Fischers den
kognitiven Urteils-Fähigkeiten eines (spätestens) 12jährigen
entspricht.
_
Clausewitz:
gesunder Menschenverstand als Hindernis
"Solange es keine erträgliche Theorie, d. h. keine verständige
Betrachtung über die Kriegführung gibt, muß der Methodismus
auch in den höheren Tätigkeiten über die Gebühr um
sich greifen, denn die Männer, welche diese Wirkungskreise ausfüllen,
sind zum Teil nicht imstande gewesen, sich durch Studien und höhere
Lebensverhältnisse auszubilden; in die unpraktischen und widerspruchsvollen
Räsonnements der Theorien und Kritiken wissen sie sich nicht zu finden,
ihr gesunder Menschenverstand stößt
sie von sich, und sie bringen also keine andere Einsicht mit als die der
Erfahrung; daher sie denn bei denjenigen Fällen, die einer freien,
individuellen Behandlung fähig und bedürftig sind, auch gern
die Mittel anwenden, die ihnen die Erfahrung gibt, d. h. eine Nachahmung
der dem obersten Feldherrn eigentümlichen Verfahrungsweise, wodurch
denn von selbst ein Methodismus entsteht."
Quelle: Carl von Clausewitz: Vom Kriege - Kapitel
12 Zweites Buch: Über die Theorie des Krieges Erstes Kapitel:
Einteilung der Kriegskunst. http://gutenberg.spiegel.de/buch/vom-kriege-4072/12
Kommentar: Der gesunde Menschenverstand (GMVkritisch)
wurzelt in der persönlichen Erfahrung und begrenzt daher weitergehende,
höhere und tiefere Einsichten .
Armin Nassehi – "Eine Kritik des gesunden
Menschenverstandes Oder: Krankheit als Chance
Ach, wie einfach ist doch diese Aufgabe, eine Kritik des gesunden
Menschenverstandes zu schreiben. Wie einfach ist es doch, der
vox Populi den Spiegel vorzuhalten. Wie schön lässt sich damit
punkten, es besser zu wissen. Und ach, wie wohlfeil wäre das! Aber
genau hingesehen, ist es vermintes Gelände, und es sich so einfach
zu machen, wie es zunächst erscheint, würde manche Mine zur Detonation
bringen – und zwar ganz praktisch. Ich würde einen ganz eigentümlichen
gesunden
Menschenverstand in Anspruch nehmen – und hätte die Aufgabe
verfehlt, etwas über den gesunden Menschenverstand
gesagt haben zu können. Das wird also nicht einfach.
Ohne Zweifel gibt es so etwas wie einen gesunden Menschenverstand,
der uns in die Lage versetzt, das Richtige zu tun, ohne genau und explizit
wissen zu müssen, was das Richtige ist. Das ist die eine Seite dessen,
was man den gesunden Menschenverstand nennen
kann. Andererseits aber weiß der gesunde Menschenverstand
allzu genau, was das Richtige ist. (…) (weiterlesen im Kursbuch 175)
Quelle: Kursbuch 194 anders alternativ, 09.05.2017.
Albert Einstein „Der gesunde Menschenverstand
ist die Summe aller Vorurteile, die sich bis zum 18. Lebensjahr im Bewusstsein
festgesetzt haben“." Quelle: Internetseite
[bislang keinen Beleg gefunden]
Einsteins geistreiche
Entgegnung
XING Swen-William`s Mentaltrainerblog (08.06.2009): "Albert Einstein:
"Der gesunde Menschenverstand ... Nach einem Vortrag über Raum und
Zeit sagte einmal ein Teilnehmer zu Albert Einstein: „Nach meinem gesunden
Menschenverstand kann es nur das geben, was man sehen und überprüfen
kann!“ Einstein lächelte und erwiderte: „Dann kommen Sie doch mal
nach vorne und legen Ihren gesunden Menschenverstand
auf den Tisch!“" [noch nicht geprüft]
Ungerechtfertige Ueberheblichkeit
des GMV
"Der Mediziner hat sich allmählich daran gewöhnt, daß
der Laie ihm mit der größten Dreistigkeit und einer nur durch
jeden Mangel an wirklichem Wissen verständlichen Selbstsicherheit
ins Handwerk pfuscht; der Irrenarzt erlebt häufig, daß man sein
Urteil als unrichtig, ja verbrecherisch bezeichnet. Man glaubt nur zu leicht,
mit seinem gesunden Menschenverstand auch über
Fragen urteilen zu können, zu deren Entscheidung neben jahrelanger
Spezialausbildung und sorgfältigen Beobachtungen eine lange Erfahrung
in jedem einzelnen Falle unbedingt erforderlich ist. Diese Umstände
könnten nur dadurch geändert werden, daß man das Publikum
sachkundig aufklärt oder ihm gar einen Blick in das Arbeitsgebiet
und die Werkstatt des Seelenarztes oder eines sonstigen Fachmannes gestattet
Wenn das große Wissen des Sokrates dazu führte, daß er
das Resultat seiner Lebensarbeit in die Worte kleidete: „Ich weiß,
daß ich nichts weiß“, so zeigt dies, daß nur der Unwissende
sich für den Alleswisser halten kann, weil er den Umfang des gesamten
Wissens einfach nicht überblicken, die Grenzen des Wissens [>44] nicht
sehen, geschweige denn seinen Inhalt erkennen und beurteilen kann.
Bescheiden ist nur der Wissende. Mit inhaltlosen Behauptungen sollte
man gegen Ergebnisse wissenschaftlicher Forschung nicht zu Felde ziehen.
Nur wer die Argumente wirklich widerlegen, wer Gegenbeweise führen
kann, hat das Recht und dann allerdings auch gleichzeitig die hohe Pflicht
zur Kritik und damit zur Mitarbeit an den wissenschaftlichen Fortschritten
der Menschheit."
Quelle S. 43f: Beyer, Alfred (o.KJ. Bib-Schätzung
1930?) Der Sieg des Denkens. Gesunder Menschenverstand und Alltagsleben.
Berlin: Dt. Buch-Gemeinschaft.
Kommentar: Kritische (GMVkritisch)
Beurteilung des GMV, der sich auch dort ein Urteil anmaßt, wo ihm
alle Kompetenzen fehlen. Im Ergänzungband Die Technike des Denkens,
S. 92, bewertet der Autor den GMV positiv.
Anmerkung: Obwohl der Titel verheißungsvoll klingt,
kommt der Ausdruck "gesunder Menschenverstand" im Text kaum vor, jedenfalls
nicht in direkter Erwähnung.
Beispiele zum Gebrauch der
Wendung "gesunder Menschenverstand"
In den Kommentaren werden Deutungen zur Bedeutung und zum Gebrauch gegeben.
Hierbei wird natürlich kein Anspruch erhoben, die einzig richtige
oder wahre Bedeutung erkannt zu haben. Manchmal ist es auch schwierig,
die Bedeutung aus dem Zusammenhang klar zu erkennen (> Friedell).
Alltag und gesunder Menschenverstand
"„Unter alltäglicher Lebenswelt soll jener Wirklichkeitsbereich
verstanden werden, den der wache und normale Erwachsene in der Einstellung
des gesunden Menschenverstandes als schlicht
gegeben vorfindet. Mit schlicht gegeben bezeichnen wir alles, was wir fraglos
erleben, jeden Sachverhalt, der uns bis auf weiteres unproblematisch ist.“
(Schütz/Luckmann 1994, Bd. 1, 25 zitiert in Lehr et al. 2001, XVI)"
Sekundärquelle S. 28: Stanaityt MA, Greta (2005)
Alltagsdefinitionen und ihre Funktionen. Inauguraldissertation zur Erlangung
des akademischen Grades eines Doktors der Philosophie der Universität
Mannheim.
Kommentar: Allgemeine (GMVonS),
nicht spezifizierte neutrale (GMVneutral)
Verwendung.
Beispiele aus The European Das Debatten Magazin 20.09.2014
-
TE1: „Ich bin zwar kein Jurist, aber das sagt einem ja
schon der gesunde Menschenverstand, dass der
Mann die Frau umgebracht hat.“
Kommentar TE1: Bezugnahme auf das Offensichtliche (GMVoffens)
-
TE2: „Ich bin zwar kein Pädagoge, aber dass das
mit der Inklusion nicht funktionieren kann, sagt einem schon der gesunde
Menschenverstand.“
Kommentar TE2: Bezugnahme auf das Offensichtliche (GMVoffens)
-
TE3: „Eine spätere Geschichtsschreibung wird anerkennen,
was Hitler für die Konsolidierung nicht nur der deutschen, sondern
auch der europäischen Verhältnisse dadurch getan hat, daß
er einen ebenso entschiedenen, wie klaren Weg der deutschen Politik einschlug
und daß er vor aller Welt aussprach, was ist. So wie in der Innenpolitik
Deutschlands hat er auch in der Außenpolitik den gesunden
Menschenverstand ausschlaggebend zur Geltung gebracht. Für
Deutschland hat Adolf Hitler durch Taten dieses gesunden
Menschenverstandes die Gesundung gebracht. Ich bin der Überzeugung,
daß er auch in der Außenpolitik durch die Anwendung des gleichen
Prinzips klarere und gesündere Verhältnisse schafft, die helfen
werden, der Welt diese notwendige Beruhigung zu bringen.“ Quelle: Rudolf
Hess bei seiner Rede in Stockholm am 14.5.1935.
-
Kommentar TE3: Zuschreibung GMV Hitlers durch Hess (GMVzuschr),
worauf Hess auch die Hitler zugeschriebenen innenpolitischen Erfolge (GMVErkl)
zurückführt. Hier könnte sich ein Zirkel verstecken: Erfolg
hat, wer GMV anwendet und GMV hat, wer Erfolg hat.
"Handelsidee Der "gesunde Menschenverstand"
sollte die wichtigste Rolle bei den
Entscheidungen spielen. ..." Quelle: wikifolio Financial Technologies
22.06.2018
"Mindestmengen: Gesunder
Menschenverstand
Die Evidenz für die Wirksamkeit von Mindestmengen ist hoch. Trotzdem
entfalten sie bis heute kaum eine Wirkung. Denn Krankenhäuser, die
die Mindestmengen nicht einhalten, werden nicht sanktioniert. Das soll
sich bald ändern (DÄ 12/2017: „Mehr Vorgaben, mehr Sanktionen“
von Falk Osterloh). ... Der gesunde Menschenverstand
sagt, dass häufig durchgeführte Tätigkeiten, zum Beispiel
Operationen, sicherer von der Hand gehen als selten geübte. ... "
Quelle: Dtsch Arztebl 2017; 114(17): A-854 / B-719 / C-705, Sabo, Desiderius
Kommentar: Erfahrung und Routine fördern das Ergebnis - sagt schon
den GMV (GMVerfahr).
"Gesunder Menschenverstand ist hilfreich
für Aktienanlage
„Die deutschen Anleger investieren zu wenig in Aktien“, klagen viele
Finanzprofis. Stattdessen werde Erspartes lieber als Cash gehalten. In
der aktuellen Lage mit historisch niedrigen Zinsen gewinnen Sachwerte an
Attraktivität. Was kann da besser sein als eine Beteiligung an einem
erfolgreichen Unternehmen? Wer diesen Schritt wagen möchte, der muss
kein Börsenexperte sein. Ein gutes Basiswissen und eine Portion gesunder
Menschenverstand reichen schon aus." Quelle: fnp 24.10.2017
_
Jack
London: Ratgeber kritische Lebenserfahrung
"»Ich bin nicht romantisch«, begann sie und sah ihn wieder
an, während sie sprach. »Es wäre vielleicht besser für
mich, wenn ich es wäre. Dann könnte ich die herrlichsten Dummheiten
machen und für den Rest meiner Tage unglücklich sein. Aber daran
hindert mich mein gräßlich gesunder Menschenverstand,
ohne daß er mich freilich im geringsten glücklich macht.«
»Das ist mir immer noch dunkel«, sagte
Daylight, nachdem er vergebens gewartet hatte, daß sie fortfahren
sollte. »Sie müssen mir schon klaren Wein einschenken, bis jetzt
haben Sie es nicht getan. Ihr gesunder Verstand
und Ihr Gebet, daß ich Pleite machen soll, gehen über meinen
Horizont. Ich brauche Sie so notwendig, und ich will, daß Sie mich
heiraten. Das ist so einfach, wie es nur sein kann. Wollen Sie?«
Sie schüttelte langsam den Kopf. Als sie dann zu reden begann, war
es, als ob der Zorn in ihr aufstieg, ein Zorn, der sich mit Kummer mischte,
und der sich, wie Daylight wußte, gegen ihn richtete.
»Lassen Sie es mich Ihnen denn erklären,
und das ehrlich und offen, wie Sie gefragt haben.« Sie schwieg, als
wisse sie nicht recht, wo beginnen. »Sie sind selbst ehrlich und
aufrichtig. Wollen Sie, daß ich es auch bin, daß ich Ihnen
Dinge sage, die Ihnen weh tun werden?«
Der Arm, der um ihre Schulter lag, drückte
sie ermutigend, aber Daylight sagte nichts.
»Ich möchte Sie so gern heiraten, aber ich bin bange. Ich
bin stolz und gedemütigt zugleich darüber, daß ein Mann
wie Sie sich etwas aus mir macht. Aber Sie haben zuviel Geld. Das ist der
Punkt, wo mein gräßlich gesunder Menschenverstand
ein Wort mitsprechen will. Selbst wenn wir uns wirklich heirateten, so
würden Sie nie mein Mann – mein Geliebter und Gatte – sein. Sie würden
der Mann Ihres Geldes sein. Ihr Geld besitzt Sie, nimmt Ihre Zeit, Ihre
Gedanken, Ihre Energie, alles in Anspruch, gebietet Ihnen, hierhin und
dorthin zu gehen, dies und jenes zu tun. Sehen Sie das nicht ein? Ja, ich
fühle, daß ich sehr lieben, viel geben – alles geben kann; aber
dagegen verlange ich auch, zwar nicht alles, aber viel – viel mehr, als
Ihr Geld zulassen würde."
Quelle: Jack London: Lockruf des Goldes - Kapitel
10. http://gutenberg.spiegel.de/buch/lockruf-des-goldes-10084/10
Kommentar: Ein schönes Beispiel zur Partnerwahl (> Ehemotive).
Interpretation: GMVreal. Sie könnte
eine "gute" Partie machen, sie will aber Liebe, daher schlägt sie
das Heiratsangebot aus.
Jack
London: Lebenserfahrung mahnt zur Vorsicht
"Glaubt mir, ich litt auch mein Teil dabei! Ich hatte früher gesehen,
wie Frauen geprügelt wurden, aber noch nie, wie diese Frau es wurde.
Ihr Kleid hing in Fetzen von den Schultern. Einen der Schläge hatte
sie nicht abwehren können, und er riß ihr einen blutigen Striemen
von der Backe bis zum Kinn. Nicht ein Schlag, nicht zwei, nicht ein oder
zwei Dutzend Schläge, ein endloser Schauer von Schlägen regnete
auf sie herab. Ich war in Schweiß gebadet; ich atmete schwer und
griff mit beiden Händen ins Gras, bis ich es mit der Wurzel herausriß.
Und unterdessen flüsterte mir mein gesunder Menschenverstand
ins Ohr: »Du Narr! Du Narr!« Der blutunterlaufene Striemen
im Gesicht der Frau hätte meiner Selbstbeherrschung fast ein Ende
gemacht. Ich machte Miene aufzuspringen, aber der Mann neben mir legte
mir die Hand auf die Schulter und hielt mich zurück.
Quelle: Jack London: Abenteurer des Schienenstranges
- Kapitel 4 Zigeuner. http://gutenberg.spiegel.de/buch/abenteurer-des-schienenstranges-6180/4
»Ruhig, Kamerad, ruhig!« warnte er mich
leise. Ich sah ihn an, und sein Blick begegnete dem meinen ohne Zögern.
Er war ein großer, breitschultriger und muskulöser Mann, und
sein Gesicht war schlaff, phlegmatisch, träge, nicht unfreundlich,
aber ohne Leidenschaft und ganz ohne Intelligenz; eine Seele, die in der
Finsternis tappte, nicht schlecht, aber bar aller Moral und dumpf und starrsinnig
wie die eines Büffels. Wie ein Tier war er, mit einem schwachen Funken
von Verstand, ein gutmütiges, sprachloses Tier mit den Körper-
und Geisteskräften eines Gorillas. Seine Hand lag schwer auf meiner
Schulter, und ich fühlte das Gewicht der Muskeln hinter diesem Griff.
Ich betrachtete die beiden andern, die auch nichts sprachen – zwei waren
ganz teilnahmslos und uninteressiert, der dritte freute sich offenbar über
den Anblick, und da erwachte mein gesunder Menschenverstand,
meine Muskeln erschlafften, und ich sank wieder ins Gras zurück."
Quelle: Jack London: Abenteurer des Schienenstranges
- Kapitel 4 Zigeuner. http://gutenberg.spiegel.de/buch/abenteurer-des-schienenstranges-6180/4
Kommentar: Interpretation: GMVreal.
Hier greift das Prinzip, wenn man nicht mit dem Rücken an der Wand
steht und gar nicht anders kann, nur dann zu kämpfen, wenn man auch
eine Chance hat. Die Realitätseinschätzung besagt aber, so wie
die Situation beschrieben wird, dass er keine Chance hatte, was sein gesunder
Menschenverstand gerade noch rechtzeitig einsah.
Emerson
Tatkraft, Beschraenkung und Zweckmäßigkeit
"Ich könnte eher mit einem Menschen essen, der unwahr ist oder
die Gesetze nicht achtet, als mit einer schmutzigen und unsalonfähigen
Person. Sittliche Qualitäten regieren die Welt, aber auf kurze Entfernungen
sind die Sinne Despoten! Dieselbe Unterscheidung des Nützlichen und
Schönen kehrt, wenn auch mit geringerer Bedeutung, in allen Verhältnissen
des Lebens wieder. Der allgemeine Geist der energischen
Klasse ist gesunder Menschenverstand,
der unter gewissen Beschränkungen und für gewisse Ziele arbeitet.
Sie nimmt jede natürliche Gabe gastlich auf. Ihrer ganzen Natur nach
gesellig, achtet sie alles, was die Menschen zu einen strebt. Vor allem
aber ist das Maß ihre Freude. Der Sinn fürs Schöne ist
hauptsächlich Sinn für Maß und richtige Verhältnisse."
Quelle: Ralph Waldo Emerson: Essays. Erster Teil
- Kapitel 7 Manieren. http://gutenberg.spiegel.de/buch/essays-erster-teil-7606/7.
Kommentar: Gesunder Menschenverstand wird hier durch gewisse Beschränkungen
(GMVbegrenzt) und gewisse Ziele
(GMVzweckm) charakterisiert. Gesunder
Menschenverstand wird vor allem tatkräftigen und entscheidungsbereiten
Menschen zugeordnet (Gefahr: Zirkel).
_
Gesunder Menschenverstand
reicht weit
"Es ist zum Erstaunen, wie weit ein gesunder Menschenverstand
reicht. Es ist auch hier, wie im gemeinen Leben, der gemeine Mann geht
hin, wohin der Vornehme mit Sechsen fährt."
Quelle: Georg Christoph Lichtenberg: Aphorismen
(Sudelbücher) - Kapitel 9. http://gutenberg.spiegel.de/buch/-6445/9
Kommentar: Lichtenberg betont hier allgemein (GMVonS),
dass man einfach - nämlich mit GMV - und kompliziert zum Ziel gelangen
kann. Damit drückt er auch eine gewisse Wertschätzung (GMVwert)
aus
_
Balzac: Gesunden
Menschenstand anregen
"Ich brauchte nur ein Wort zu sagen, um ihnen neue Absatzwege anzuzeigen,
ihr gesunder Menschenverstand tut das übrige."
Quelle: Honoré de Balzac: Szenen aus dem
Landleben - Kapitel 1 Szenen aus dem Landleben Der Landarzt Das Land und
der Mensch. http://gutenberg.spiegel.de/buch/szenen-aus-dem-landleben-4851/1
Kommentar: Wertschätzende (GMVwert)
Verwendung im Wirtschaftsbereich.
_
Fürst von Pückler: Gesunder Menschenverstand und Gott
"Wenn aber ein schlichter, sich vernünftig anstellender Mann,
mir zuerst von Duldung, Tugend, ewiger Wahrheit und Liebe spricht, dann
aber vom Gott der Gerechtigkeit und Liebe und einem seiner edelsten Verkünder
auf Erden, dergleichen Märchen und Atrocitäten,
die den gesunden Menschenverstand beleidigen,
erzählt, und sie für etwas Heiliges und Göttliches ausgeben
will – so wende ich mich mit Widerwillen von solcher Heuchelei oder Torheit
ab. Ein cagot wird mir hierauf antworten wollen: ›Euer gesunder
Menschenverstand ist kein Maßstab für Gott‹ – worauf
ich ihm erwidere: › E u e r Gott ist aber ein Mensch – und unser Verstand
und unsere Vernunft ist, mit der Erkenntnis der äußern Natur
und daraus abstrahierten Erfahrung, eben die einzige wahre und echte Offenbarung
Gottes, deren wir teilhaftig geworden sind.. und die niemand bezweifeln
kann. "
Quelle: Hermann Fürst von Pückler: Briefe
eines Verstorbenen - Kapitel 71 Einundvierzigster Brief (30.10.1828). http://gutenberg.spiegel.de/buch/briefe-eines-verstorbenen-4338/71
Kommentar: Wertschätzende (GMVwert)
Anwendung.
_
Gelehrsamkeit weniger noetig als gesunder
Menschenverstand
"Diese Kritiker stützen sich besonders auf die Autorität
des venetianischen Staatsarchivar, Abbate Fulin, der zweifellos ein sehr
gelehrter Mann war und dem wir einige der wichtigsten Beiträge zur
Casanovaforschung verdanken. Nach meiner Meinung ist aber zur Beurteilung
dieser Frage weniger Gelehrsamkeit als gesunder Menschenverstand
nötig."
Quelle: Giacomo Casanova: Erinnerungen, Band 2 -
Kapitel 34 Anhang Casanovas Flucht und die Kritiker. http://gutenberg.spiegel.de/buch/erinnerungen-band-2-605/34
Kommentar: Wertschätzende (GMVwert)
Anwendung.
_
Zur rechten Zeit am
rechten Ort
"Sie kennen die Redewendung „zur rechten Zeit am rechten Ort“. Für
manche Ziele ist die Zeit reif, für andere noch nicht. Das sagt uns
schon der gesunde Menschenverstand (GMV). Wann
der richtige Augenblick gekommen ist, ist individuell verschieden und kann
neuerdings individuell ermittelt werden."
Quelle: XING Start Gruppen > Gesunder Menschenverstand
(GMV) > Zur rechten Zeit am rechten Ort? 20.03.2011
Kommentar: Wertschätzende (GMVwert)
Anwendung.
Medien
"Trump ist ein Politiker des gesunden
Menschenverstandes. () Er stellt die offensichtlichen Fragen
und gibt die natürlichen Antworten. "
Quelle (Online): Dr. Maximilian Krah im Deutschland
Kurier vom 13.12.2017. ist Rechtsanwalt und ehemaliges Mitglied der CDU.
Seit 2016 engagiert er sich in der AfD.
_
"Markus Feldenkirchen Der gesunde Menschenverstand.
Die Grenze des Sagbaren"
Quelle: Spiegel 28, 2018, S. 8
Kommentar: Der Ausdruck "gesunder Menschenverstand" (GMVonS)
kommt in dem Artikel gar nicht vor. Er erscheint völlig bezugslos
(GMV?) und nicht erklärt im Titel wie
zitiert dieses Qualitäts- und Wahrheitsmediums. Inhatlich geht es
um den Gebrauch ursprünglich fremdenfeindlich eingestufter Worte wie
z.B. "Asyltourismus", die inzwischen auch von PolitikerInnen der sog. Mitte
wie selbstverständlich gebraucht werden.
_
"Das Wachstum ist schuld! Wachstum. Das
Unwort der letzten 20 Jahre. Jetzt hat es endgültig ausgedient. Der
so genannte gesunde Menschenverstand will sich
an neuen Legenden beruhigen. ... Ja sicher, wir können Pegida machen
und ein wenig randalieren, aber mal ehrlich: Who gives a fuck about die
sogenannte Volksmeinung oder noch sülziger: den gesunden
Menschenverstand, der meist nur eine Umschreibung für mäßige
Intelligenz ist. ... Wir glauben diesen Wachstumsbullshit nicht mehr.
Die konservativen Revolutionäre haben es schon längst erkannt.
Der gesunde Menschenverstand will neuen Scheiß
hören, Dinge wie Rückkehr zu alten Werten (so etwas wie: wir
sind ein Volk, die Homogenität der einzelnen Kulturen ist anzustreben,
jedem seinen Garten). ..."
Quelle: SPIEGEL ONLINE 02.07.2016, S.P.O.N. - Fragen
Sie Frau Sibylle Das Wachstum ist schuld!
Kommentar: Kritische (mäßige Intelligenz; GMVkritisch),
entwertende Bezugnahme (will neuen Scheiß hören; GMVentw)
Bezugnahme.
_
"Wo ist eigentlich der gesunde Menschenverstandgeblieben?
... Wieso werden Bilder abgehängt, weil sie vermeintlich frauenfeindlich
sind? Wer bestimmt, dass sie frauenfeindlich sind? Welche Frauen mit welcher
Absicht? Warum ist alles immer gleich soo schlimm? Wo ist der gesunde
Menschenverstand? Ist der liegen geblieben, als auch Umgangsformen
als nicht mehr zeitgemäß betrachtet wurden? "
Quelle: Welt, Gesellschaft, Bauchgefühl,
12.11.2017.
Kommentar: Wertschätzendes (GMVwert)
Verlangen.
_
Kritisch zu sehender selbstverstaendlicher
Gebrauch
"Der gesunde Menschenverstand gehört
zu jenen scheinbar allereinfachsten inneren Instanzen, bei deren Gebrauch
eine Selbstverständlichkeit mitschwingt, die bei näherer Betrachtung
alles andere als selbstverständlich ist. Der gesunde
Menschenverstand ist eng verwandt mit Redewendungen wie „Weiß
man doch“ oder „Ist doch klar“, die vermeintlich jede weitere Diskussion
unnötig machen. Mindestens diskussionswürdig ist die Idee, dass
man den gesunden Menschenverstand in jedem
vorfindet, als eine irgendwie ordnende Instanz und dem Menschen innewohnende
Vernunft."
Quelle: Psychologie Magazin (Online 24.05.2016):
_
Unwissend unkritische
Bezugnahme auf dem GMV
"Oft wird in einer Diskussion behauptet, man müsse etwas mit dem
"gesunden Menschenverstand" sehen, als wäre
dieser das "Standard-Betriebssystem" eines Gehirns im Normzustand. Verstand,
Vernunft, Logik – was für Begriffe – sind das nur Fremdworte? Laufend
wird hier in Beiträgen mit diesen Begriffen operiert, obwohl ich den
dringlichen Verdacht habe, der leider manchmal zur Gewissheit wird, dass
einige JuhserInnen gar nicht wissen, worüber sie schreiben oder diskutieren!
... "Der gesunde Menschenverstand ist die am
besten verteilte Sache in der ganzen Welt, denn ein jeder fühlt sich
damit angemessen ausgestattet. So pflegen sich auch jene, die sonst in
allen Dingen sehr schwierig zufrieden zu stellen sind, von diesem nicht
mehr zu wünschen als sie bereits haben" (René Descartes, 1596-1650)!
Quelle: InternetseiteZeit
Online Leserartikel-Blog 02.02.2010: "Was ist eigentlich "gesunder
Menschenverstand"?
Kommentar: Kritische (GMVkritisch)
Verwendung unterstützt durch ein - nicht ordentlich belegtes - Ironiezitat
von Descartes
_
Beispiel nicht von hohem
Gebäude springen_
Beispiele "was bedeutet ein gesunder menschenverstand?
Wenn alle Menschen um dich herum sagen, es wäre gut von einem hohem
Gebäude, ohne Fallschirm oder anderer Sicherheitsmaßnahme zu
springen, so wird dir dein "gesunder Menschenverstand"
sagen: Nein danke! Das ist nicht wirklich gut!"
Quelle: Internetseite
(Abruf 00.07.18) gutefrage 2009.
Kommentar: Wertschätzende (GMVwert)
Beispielanwendung.
_
Truegerisch
Der gesunde Menschenverstand und simple
Erklärungen sind oft trügerisch ... [Welt 28.11.2005]
_
Gesunder Menschenverstand machte vieles einfacher
"Bitte mehr gesunder Menschenverstand "-
Kann man das nicht auch mit gesundem Menschenverstand
lösen? - Wozu steht man nachts an einer roten Ampel, wenn kein Auto
fährt? - Welche Art von Lernen macht Sinn? Ich habe das Gefühl,
der gesunde Menschenverstand ist vom Aussterben
bedroht. Viel zu oft begegnen mir unnötig komplizierte Vorgehensweisen.
Dabei könnte es viel einfacher sein."
Quelle: Peter Holzer (youtube 29.03.18)
Kommentar: Unspezifische (GMVonS),
aber wertschätzende (GMVwert) Berufung.
Mathematik
Gesunder Menschenverstand
in der Mathematik als eigene Seite ausgelagert
Philosophie
* Bergson * Bolzano
* common sense * Hartmann,
Nicolai * Hegel * Hume *
Kant,
Kant-2,
Kant-3
* Moore * Nietzsche
* Rosenzweig * Russell *
Sinowjew
*
Bergsons allgemeine Wertschaetzung des GMV
"Der Unterschied zwischen Innen und Außen läuft so auf den
Unterschied zwischen Teil und Ganzem hinaus. Zuerst ist also die Gesamtheit
der Bilder; in dieser Gesamtheit sind »Zentren von Aktivität«,
von denen die Bilder, soweit sie diese Aktivität interessieren, reflektiert
zu werden scheinen; auf diese Weise werden die Wahrnehmungen erzeugt und
die Handlungen vorbereitet. Was sich im Mittelpunkt der Wahrnehmungen abhebt,
ist mein Leib; meine Persönlichkeit ist dasjenige Wesen, auf das die
Handlungen zu beziehen sind. Alles wird klar und verständlich, wenn
man derart von der Peripherie der Wahrnehmung zum Zentrum geht, wie es
das Kind tut und wie uns unmittelbare Erfahrung und gesunder
Menschenverstand nahelegen. Dagegen wird alles dunkel und unklar,
und die Probleme vermehren sich ins Unabsehbare, wenn man mit den Männern
der Theorie vom Zentrum nach der Peripherie gehen will."
Quelle: Henri Bergson: Materie und Gedächtnis
- Kapitel 3 I. Von der Auswahl der Bilder bei der Vorstellung. Die
Funktion des Leibes. http://gutenberg.spiegel.de/buch/-7631/3
Kommentar: Unspezifische (GMVonS)
Verwendung, aber wertschätzend (GMVwert).
__
Bolzano
Wissenschaftslehre ()
"Wissenschaftslehre I
§ 2
Rechtfertigung dieses Begriffs und seiner Bezeichnung
Da ich soeben selbst behauptete, daß es nicht gleichgültig
sei, wieviele und welche Wissenschaften man in die Welt einführe;
so wird es sich geziemen, daß ich mich auch über die Wissenschaft,
die ich hier unter dem Namen Wissenschaftslehre aufstelle,
eigens zu rechtfertigen suche. Da aber die Regeln, nach welchen man bei
einer solche Untersuchung vorzugehen hat, erst im Verlaufe dieses Buches
selbst vorkommen sollen: so will ich mich gegenwärtig nur auf Gründe
von der Art berufen, die ich bei einem jeden meiner Leser schon durch den
bloßen gesunden Menschenverstand
oder doch anderswoher, als bekannt voraussetzen darft."
Quelle: BERNARD BOLZANO Wissenschaftslehre I [ 2
/ 2 ] [Quelle]
Kommentar: Die Begründung für die Wissenschaft der
Wissenschaft, die Wissenschaftslehre, gibt Bolzano mit der Berufung auf
den gesunden Menschenverstand (GMVBerufung).
__
"common sense
(lat,
scnsus communis, franz. bon sens), der allgemeine Sinn, Gemeinsinn, im
Deutschen meist mit 'gesunder Menschenverstand'
wiedergegeben. Grundbegriff der von der >Schottischen Schule vertretenen
>realistischen-, an der Erfahrung des 'Mannes auf der Straße- orientierten
Erkenntnistheorie. Bei T. Reid treten I. Newtons >regulae philosophandi«
als Maximen des c. s. auf (An Inquiry into the Human Mind, On the Principles
of C. S., Edinburgh 1764). Die Begriffsbildung geht auf Aristoteles (...
) und die >Stoa (>communes conccptioncs, >conscnsus gentium) zurück.
Zuletzt wurde sie von C. S. Peirce, G. L Moore (A Defence of CS., in: J.H.
Muirhead [ed.]. Contemporary British Philosophy. Personal Statements, 2nd
Scries, London 1925, 193-223) u.a. wieder aufgegriffen und mit modernen
(zum Teil sprachphilosophischen, zum Teil ethischen) Positionen verbunden.
Literatur: M.
]. Adler. The Time of Our Lives. The Ethics of C. S., New York/Chicago
Ill./San Francisco Calif. 1970; H. Alberv meyer-Bingen, C s.. Ein Beilrag
zur Wisscnssoziologic, Berlin 1986; CR. Brown, CS. Ethics, REP II (1998),
448-451; E. Castclli. I paradossi dd senso comunc. Padua 1970; R. F.lio
(ed.), C s., Reasoning, and Rationality- New York/Oxford 2002;H. Fcilke,
C s,-Kompetenz- Überlegungen zu einer Theorie des >sympathischen'
und • natürlichen' Meinens und V'erstehens, Frankfurt 1994; L. Forguson.
CS., London/New York 1989; S.A. Grave, The Scottish Philosophy of CS.,
Oxford I960 (repr. Westport Conn. 1973); ders-, CS., Enc Ph. II (1967),
155-160; F. van Holthoon/D. R. Olson (eds.l, CS.. The Foun dations for
Social Science, Lanham Md./New York/London 1987; C Hookway, Critical Common-Sensism
and Rational Self-Control, Nous 24 (1990), 397-411; J. Horty. C-S. Reasoning,
Theories of, REP II (1998). 451-453; N. Isaacs, The Foundation of C. S..
A Psychological Preface to the Problem* of Knowledge, London 1949: F. Jacques,
Sens commun, lieu commun, sens communicable. Rev. int. philos. 40 (1986),
207-220; J. Kekes, A New Defence of C $.. Amcr. Philos. Quart. 16 (1979),
115-122; H. Kimmerle/H. Ooslerling !ed.), Scnsus communis in Multi- and
Intercultural Perspective. On the Possibility of Common Judgment* in Arts
and Politics, Wiirzburg 2000-, E. E. Kleist, Judging Appearances. A Phenomenologkal
Study of the Kantian sensus communis, Dordrecht/London 2000; W. Kluback.
C. S. and Communicabiliry. Two Sources of Political and Moral Life, Rev.
int. philo*. 40 (1986), 259-275; H. Korvcr, CS.. Die Kntwicklung eines
englischen Schlüssel-wortes und seine Bedeutung flir die englische
< ieistcsgeschichtc vornehmlich zur Zeit des Klassizismus und der Romantik,
Bonn 1967; S. H. Lee, Di« realistische Perspektive. Die Rehabilitierung
der C-S.-Weltanschauung in der Realismusdebatte. Frankfurt 1999; N. M.
Lernt», C S. and >a priori' Epistemology, Monist 81 (1998), 473-487;
H. Lübbe. Die Wissenschaft und ihre kultu¬rellen Folgen. Über
die Zukunft des c. s., Opladen 1987; F. H. Madden, C. S. School. REP II
(1998). 446-448; T. Marlin. The Instructed Vision. Scottish C. S. Philosophy
and the Origins of American Fiction, Bloomington Ind. 1961 {repr. New York
1970); A. v. Maydell/R. Wiehl, Gemeinsinn, Hist. Wb. Ph. III (1974), 243-247;
K. H. Miskotie, Gemeinsinn, RGG II ('1958). 1374-1375; A. Musgrave, Cs.,
Science and Scepticism. A Hi¬storical Introduction to the Theory of
Knowledge, Cambridge/ New York 1993. 1996; J. D. Newell (cd.), Philosophy
and CS., Washington D.C 1980; R. Olson, Scottish Philosophy and British
Physics 1750-1880. A Study in the Foundations of the Victorian Scientific
Style, Princeton N. J./London 1975; H. Pu>t, C. s. von der zweiten Hälfte
des 17. Jahrhunderts bis zum Beginn des 18. Jahrhunderts, in: ]. Knobloch
u.a. (eds.). Europaische Schlüsselwörter. Wortvergleichende und
wortgeschichtliche Studien M/1 (Kiirzmonographien. Worter im geistigen
und sozialen Raum), München 1%4, 105-140; I.D. Schacffcr, Sensus communis.
Vico, Rhetoric, and the Limits of Relativism, Durham N.C/London 1990; T.
T. Segerstedt. The Problem of Knowledge in Scottish Philosophy. Reid
- Stewart - Hamilton -Ferner, Lund 1935. M. C. Singer, Ethics and CS.,
Rev. int. philos. 40 (1986). 221-258; M.A. Slotc. C.-S. Morality and Conscqucntlalism,
London etc 1985; T. Spriggc, Philosophy and CS., Rev. int. phtlos. 40(1986),
195-206. J.M."
Quelle S. 84f: J. Mittelstraß
(J.M.) in Mittelstraß, Jürgen (2005, Hrsg.) ENZYKLOPÄDIE
PHILOSOPHIE UND WISSENSCHAFTSTHEORIE, Band 2: C-F. 2., neubearbeitete und
wesentlich ergänzte Auflage. Stuttgart: Metzler / Springer.
_
Hartmann, Nicolai (1949) Metaphysik Erkenntnis
(geperrrt hier fett)
"II. Abschnitt
Realistische Theorien
13. Kapitel. Natürlicher Realismus „
a) Grundzüge der natürlichen Weltansicht
Aller philosophischen Standpunktbildung vorgelagert ist ein natürlicher
Standpunkt, der nicht zur Deutung des Gegebenen erdacht wird, sondern selbst
mit gegeben ist, auf dem sich der gesunde Menschenverstand
(GMVonS) vorfindet, wenn er zu reflektieren
beginnt. Dieser Standpunkt ist derart verwachsen mit dem praktischen Leben
(GMVKriterium), daß er überhaupt
erst bemerkt wird, wo ein reflektierter, philosophischer Standpunkt in
Gegensatz zu ihm tritt. Er deckt sich mit der natürlichen Weltansicht
(),
steht ausgesprochen diesseits aller Theorie, erstreckt sich aber mit seinen
charakteristischen Kategorien bis tief in das wissenschaftliche Weltbild
hinein. An bestimmender Kraft und Aktualität für das menschliche
Bewußtsein läßt sich kein künstlicher Standpunkt
mit ihm vergleichen (GMVvergl). Er bleibt
praktisch in Kraft, auch wo die Theorie ihn überflügelt hat,
und selbst der überzeugteste Anhänger einer weit von ihm abweichenden
Theorie kehrt notgedrungen und in aller Naivität zu ihm zurück,
sobald er sich vor die einfachste praktische Lebensfrage gestellt sieht.
Was der naive Mensch als gegebene Situation zwischen
ihm und der Außenwelt empfindet, ist nichtsdestoweniger, philosophisch
betrachtet, schon eine sehr bestimmte standpunktliche Einstellung, die,
auf genaue Formulierungen gebracht, eine ganze Theorie ergibt. Und zwar
ist es eine ausgesprochen realistische Theorie, die auf diese Weise entsteht,
mit realistischer Auffassung des Erkenntnisphänomens. Daher besteht
die Bezeichnung „naiver“ oder „natürlicher Realismus“ an ihr vollkommen
zu recht.
Nach dieser Ansicht ist der Mensch von einer Welt
dinglicher
Wirklichkeit umgeben, in die hinein er geboren wird, in der er lebt
und stirbt, die also unabhängig von ihm besteht und sich gleichgültig
gegen sein Dasein und sein Erkennen verhält. Seine Kenntnis von ihr
erhält er durch die Sinnesorgane, sein Nachdenken über sie ist
eine Anpassung an sie (GMVKriterium).
All sein Lernen und Verstehenwollen der Dinge und Geschehnisse fällt
unter diesen Gesichtspunkt. Die Erkenntnis hat die Tendenz ein getreues
Abbild
des [>134] Wirklichen zu sein, und. soweit sie sich praktisch bewährt,
spricht man von „wahrer Erkenntnis“.
Im allgemeinen aber steht die natürliche Weltansicht
noch diesseits der Wahrheitsfrage. Das Wahrgenommene ist das Wahre, unmittelbar
und unreflektiert. Gelegentliche Täuschung, über die eine , spätere
Wahrnehmung belehrt, gilt als „Versehen“, aus dem nichts Allgemeineres
folgt. Mit der Dinglichkeit und Konkretheit der Welt hält ihre unmittelbare
Anschaulichkeit
Schritt. „Das Ding und seine Eigenschaften“ — in dieser Formungsantithese
geht die Welt auf; das Geschehen im Weltlauf wird nicht als Veränderung
eines Beharrenden verstanden, sondern durchaus als Entstehen und
Vergehen
der Dinge — aus dem Nichts und ins Nichts. Audi der Mensch ist ein Ding,
und auch die Seele in ihm ist ein Ding. In dieser Auffassung wurzelt die
naive Frage nach der Bedeutung des Todes und nach, der Fortdauer der dinglich
existierenden Seele.
Das natürliche Weltbild ist räumlich und
zeitlich begrenzt. Nicht als hätte die Welt eine bestimmte
Sdiranke, nichts hindert die Erweiterung des Blicks. Nichts als die engere
oder weitere Interessensphäre des praktischen Lebens bannt den Blick,
er hat keinen Antrieb über sie hinaus. Die Welt bleibt ihm in fließenden,
verschwimmenden Umrissen endlich, eine Welt im Ausschnitt, eine Welt
als Ding. Ihr Zentrum ist der Mensch selbst; die Dinge, die ihn angehen,
machen sie aus, eine anthropozentrische Welt.
Neben der naiven Realitätsthese fällt
hier für das Erkenntnisproblem besonders die Überzeugung ins
Gewicht, daß die an sich seienden Dinge wirklich so beschaffen
sind wie das Bild, welches sich das Bewußtsein von ihnen macht. Den
Dingen werden unbedenklich die Qualitäten der Sinnesempfindung zugeschrieben,
ja sogar Gefühlswerte, die das Dingbewußtsein begleiten, Zwecktätigkeit
und Gesinnungen gegen den Menschen werden den Dingen angehängt. Nicht
nur das mythologische Bewußtsein ist auf solchem Anthropomorphismus
aufgebaut, das naive Bewußtsein bleibt immer mit ihm behaftet, auch
wo seine natürliche Einstellung bereits durch wissenschaftliche erseht
ist. Wh sprechen auch da noch vom „heiteren Himmel“, von einer „bösartigen
Krankheit“, einer „feindlichen Naturmacht“ usw.
..."
Quelle S. 133ff: Hartmann, Nicolai (1949)
Grundzüge einer Metaphysik der Erkenntnis. 4. Auflage. Berlin: De
Gruyter.
Kommentar: Hartmann gibt eine Reihe inhaltlicher Bestimmungen zum GMV.
Auf den ersten Blick scheint der Text verständlich. Aber was genau
soll die "natürliche Weltsicht" sein? Was sind "seinen
charakteristischen Kategorien"? Wie hat Hartmann sie gefunden? Wie belegt
er sie? Worin genau besteht der „naive“ oder „natürliche Realismus“?
Diese Fragen stoßen sofort ins Zentrum der philosophischen Krankheit
vor und zeigen, dass hie gemeint, behauptet, gemutmaßt und phantasiert
wird, ohne genau zu definieren, charakterisieren, zu belegen und zu begründen.
Hegel: "Mit dem, was hier Glauben und
unmittelbares Wissen heißt, ist [es] übrigens ganz dasselbe,
was sonst Eingebung, Offenbarung des Herzens, ein von Natur in den Menschen
eingepflanzter Inhalt, ferner insbesondere auch gesunder Menschenverstand,
common sense, Gemeinsinn, genannt worden ist. Alle diese Formen machen
auf die gleiche Weise die Unmittelbarkeit, wie sich ein Inhalt im Bewußtsein
findet, eine Tatsache in diesem ist, zum Prinzip." [Hegel: Enzyklopädie
der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse. DB Sonderband: 100 Werke
der Philosophie, S. 14785. (vgl. Hegel-W Bd. 8, S. 152) http://www.digitale-bibliothek.de/habenmuss_philosophie.htm
]
_
Hume
"Ein gesunder Verstand () wählt den
entgegengesetzten Weg, vermeidet alle weitgehenden und tiefen Untersuchungen
und beschränkt sich auf das gewöhnliche Leben und auf solche
Dinge, die zur täglichen Uebung und Erfahrung gehören."
Quelle S. 149: David Hume Untersuchung in Betreff
des menschlichen Verstandes [Zeno.org]
Kommentar: Falls "gesunder Verstand" als GMV interpretiert werden darf,
werden hier inhaltliche Kriterien angegeben: gewöhnliches Leben (),
solche Dinge, die zur täglichen Uebung () und Erfahrung () gehören.
Kant zum gesunden, gemeinen, schlichten Menschenverstand
und kritischer Vernunft
"Die Gegner des berühmten Mannes [RS: Hume] hätten aber,
um der Aufgabe ein Genüge zu tun, sehr tief in die Natur der Vernunft,
sofern sie bloß mit reinem Denken beschäftigt ist, hineindringen
müssen, welches ihnen ungelegen war. Sie erfanden daher ein bequemeres
Mittel, ohne alle Einsicht trotzig zu tun, nämlich die Berufung auf
den gemeinen Menschenverstand (GMVgemein).
In der Tat ist es eine große Gabe des Himmels (GMVwert),
einen geraden (oder, wie man es neuerlich benannt hat,
schlichten) Menschenverstand (GMVgerade)
zu besitzen. Aber man muß ihn durch Taten beweisen, durch das Überlegte
und Vernünftige, was man denkt und sagt, nicht aber dadurch, daß,
wenn man nichts Kluges zu seiner Rechtfertigung vorzubringen weiß,
man sich auf ihn als ein Orakel (GMVOrakel)
beruft. Wenn Einsicht und Wissenschaft auf die Neige gehen, alsdann und
nicht eher, sich auf den gemeinen Menschenverstand
(GMVgemein) zu berufen, das ist eine
von den subtilen Erfindungen neuerer Zeiten, dabei es der schalste Schwätzer
mit dem gründlichsten Kopfe getrost aufnehmen, und es mit ihm aushalten
kann. Solange aber noch ein kleiner Rest von Einsicht da ist, wird man
sich wohl hüten, diese Nothilfe zu ergreifen. Und, beim Lichte besehen,
ist diese Appellation nichts anders, als eine Berufung auf das Urteil der
Menge; ein Zuklatschen, über das der Philosoph errötet, der populäre
Witzling aber triumphiert und trotzig tut. Ich sollte aber doch denken,
HUME habe auf einen gesunden Verstand (GMV?)
ebenso wohl Anspruch machen können, als BEATTIE, und noch überdem
auf das, was dieser gewiß nicht besaß, nämlich eine kritische
Vernunft (GMVkrivern), die den gemeinen
Verstand (GMVgemein)
in Schranken hält, damit er sich nicht in Spekulationen versteige,
oder, wenn bloß von diesen die Rede ist, nichts zu entscheiden begehre,
weil er sich über seine Grundsätze nicht zu rechtfertigen versteht;
denn nur so allein wird er ein gesunder Verstand
(GMVonS) bleiben. Meißel und Schlägel
können ganz wohl dazu dienen, ein Stück Zimmerholz zu bearbeiten,
aber zum Kupferstechen muß man die Radiernadel brauchen. So sind
gesunder
Verstand (GMVonS) sowohl als
spekulativer, beide, aber jeder in seiner Art, brauchbar: jener, wenn es
auf Urteile ankommt, die in der Erfahrung ihre unmittelbare Anwendung finden,
dieser aber, wo im allgemeinen, aus bloßen Begriffen geurteilt werden
soll, z. B. in der Metaphysik, wo der sich selbst, aber oft per antiphrasin,
so nennende gesunde Verstand (GMVonS),
(GMVkritisch) ganz und gar kein Urteil
hat."
Quelle: Kant Prolegomena zu einer jeden künftigen
Metaphysik die als Wissenschaft wird auftreten können Riga, bey Johann
Friedrich Hartknoch. 1783. [http://gutenberg.spiegel.de/buch/prolegomena-3511/1]
Kommentar: Kant gibt hier einige Begriffe - gemeiner, schlichter,
gerader, gesunder - Menschenverstand, óhne sie sie näher zu
erklären, was schlechter wissenschaftlicher Stil ist und im
Grunde nicht zu einem Denker von seinem Ruf passt. Inwiefern hier gleiche
Bedeutungen vorliegen, muss daher offen bleiben. Eine Fundstelle in "Reflexionen
zur Anthropologie." spricht allerdings dafür, den gemeinen mit dem
GMV gleichzusetzen. Kant fordert - zu Recht - dass kritische Vernunft
(GMVkrivern) hinzutreten müsse,
damit der GMV seinen Wert erhält.
_
Kant-2 Kritisch zum GMV am Beispiel des Satzes
vom zureichenden Grunde
"Daher sind auch alle Versuche den Satz des zureichenden Grundes zu
beweisen, nach dem allgemeinen Geständnisse der Kenner vergeblich
gewesen; und ehe die transscendentale Kritik auftrat, hat man lieber, da
man diesen Grundsatz doch nicht verlassen konnte, sich trotzig auf
den gesunden Menschenverstand (GMVkritisch)
berufen (eine Zuflucht, die jederzeit beweiset, daß die Sache der
Vernunft verzweifelt ist), als neue dogmatische Beweise versuchen wollen."
Quelle: Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft
... , Seite 510, hier zitiert nach der Akademiausgabe (Abruf 1.9.18)
Kommentar: Berechtigte Kritik des (GMVkritisch)
am Beispiel des Satzes vom zureichenden Grunde.
_
Kant-3 GMV = gemeiner Verstand = Menschenverstand
"Der Gesunde Menschenverstand (GMVKriterium)
wird als Menschenverstand (gemeiner
Verstand (GMVgemein) ) erstlich
vor denienigen genommen, den man bey allen Menschen vermuthen kan zweytens
als ein Gesunder Verstand sofern er nicht
verdorben ist. Man unterscheidet ihn von Gelehrsamkeit in Ansehung der
Quellen und vom speculativen Verstande in ansehung des Grades. Was den
letzten Punct betrift, so ist er das Vermögen der Regeln in concreto
(GMVkonkret) und unterscheidet sich
dadurch von dem speculativen Verstande.
Alle drey obere facultäten laboriren theils an Gelehrsamkeit,
theils an speculation, und in ihnen insgesammt ist die Wissenschaft provisorisch
gut, sie hat aber doch zum Zweke, endlich vermittelst der Philosophie sie
zum Gesunden Menschenverstande (GMVonS)
herabzubringen, der in der That hierinauch allein der beste Richter ist
und der Probirstein der Richtigkeit der Satze, wie denn alle drey vor alle
Menschen sind."
Quelle: Kant: AA XV, Reflexionen zur Anthropologie.
, Seite 173, hier zitiert nach der Akademiausgabe (Abruf 1.9.18)
Kommentar: Kant gibt hier Kriterien an (GMVKriterium:
(1) bei allen Menschen gegeben; (2) konkret; (3) gesund als nicht verdorben
erscheint zirkulär; Unterschiede hinsichtlich der (4) Gelehrsamkeit,
der (5) Quellen und (6) Spekulation).
_
Moores Gesunder Menschenverstand
Zur 3. Hauptbedeutung gehört eine der berühmtesten Untersuchungen
A Defense of Common Sense - Eine Verteidigung des gesunden Menschenverstandes
stammt von dem englischen Philosophen George E. Moore aus dem Jahre 1925.
Er leitet seine Untersuchung wie folgt ein (zitiert nach der Suhrkampausgabe
von 1969):
"Die Methode, die ich bei meiner Formulierung verwenden werde, ist
die folgende: Ich werde zu Anfang - unter (1) - eine ziemlich lange Liste
von Aussagen aufstellen bei denen es sich auf den ersten Blick um so offensichtlich
triviale Wahrheiten handelt, daß es kaum die Mühe lohnt, sie
auszusprechen. Tatsächlich handelt es sich um eine Menge von Aussagen,
bei denen ich von jeder einzelnen (so meine ich) mit Bestimmtheit weiß,
daß sie wahr ist. Danach werde ich - unter (2) - eine einzige Aussage
machen, in der etwas über eine ganz Menge von Klassen von Aussagen
behauptet wird - wobei jede dieser Klassen als die Klasse definiert ist,
die aus allen Aussagen besteht, die einer der Aussagen von (1) in einer
bestimmten Hinsicht ähnlich sind. Bei (2) handelt es sich also um
eine Aussage, die nicht gemacht werden könnte, wenn die Liste der
Aussagen (1) oder eine ähnliche Liste nicht schon gegeben wäre.
Und auch bei (2) handelt es sich wieder um eine [>114] Aussage, deren Wahrheit
ganz selbstverständlich und das Aussprechen nicht wert erscheint,
und von der ich (wie ich meine) mit Bestimmtheit weiß, daß
sie wahr ist."
Liste 1 der Aussagen, die Moore mit Bestimmtheit für wahr
hält (hier in eckigen Klammen zum leichteren Auffinden und Diskutieren
nummeriert):
[1] "Es existiert im Augenblick ein lebendiger menschlicher Körper,
der mein Körper ist."
[2] "Dieser Körper wurde zu einem bestimmten Zeitpunkt in
der Vergangenheit geboren und hat seitdem ununterbrochen existiert, wobei
er allerdings gewissen Veränderungen unterworfen gewesen ist. Er war
zum Beispiel bei der Geburt und noch einige Zeit hinterher viel kleiner
als er heute ist."
[3] "Seit seiner Geburt ist er mit der Oberfläche der Erde
in Berührung oder doch nicht weit von ihr entfernt gewesen; und in
jedem Augenblick seit seiner Geburt haben auch noch viele andere Dinge
existiert, die eine dreidimensionale Gestalt und Größe haben
(in dem vertrauten Sinne, in dem er selber diese Eigenschaften auch besitzt)."
[4] "Er ist von diesen Dingen verschieden weit entfernt
gewesen (in dem vertrauten Sinne, in dem er jetzt sowohl vom Kaminsims
wie von jenem Bücherbord entfernt ist, und zwar vom Bücherbord
weiter entfernt als vom Kaminsims); es hat außerdem (und zwar ziemlich
häufig) einige andere Dinge dieser Art gegeben, mit denen er sich
in
Berührung befunden hat (in dem vertrauten Sinne, in dem er jetzt
in Berührung mit der Feder ist, die ich in meiner rechten Hand halte,
und mit einigen der Kleidungsstücke, die ich trage)."
[5] "Unter den Dingen, die in diesem Sinne einen Teil seiner Umwelt
gebildet haben (d. h. die mit ihm in Berührung [>115] gewesen sind
oder sich in einer gewissen, ganz gleich wie großen,
Entfernung von ihm befunden haben), hat es in jedem Augenblick seit seiner
Geburt eine große Zahl von anderen lebendigen menschlichen Körpern
gegeben, von denen jeder - wie er selbst -
(a) zu einem bestimmten Zeitpunkt geboren worden ist, (b) einige Zeit
nach seiner Geburt weiterexistiert hat und
(c) in jedem Augenblick nach seiner Geburt in Berührung oder doch
nicht weit entfernt von der Erdoberfläche gewesen ist; und viele dieser
Körper sind bereits gestorben und haben aufgehört zu existieren."
[6] "Aber nun hat die Erde schon viele Jahre existiert, bevor
mein Körper geboren wurde; und während vieler Jahre hat zu jedem
Zeitpunkt eine große Zahl von menschlichen Körpern auf ihr gelebt;
und viele dieser Körper waren schon gestorben und hatten aufgehört
zu existieren, bevor meiner geboren wurde."
[7] "Schließlich (um zu einer anderen Klasse von Aussagen
zu kommen) bin ich ein menschliches Wesen und habe zu verschiedenen Zeitpunkten
seit der Geburt meines Körpers viele verschiedene Erlebnisse gehabt,
die zu vielen verschiedenen Arten von Erlebnissen gehören, z.B. habe
ich oft meinen eigenen Körper wahrgenommen, und andere Dinge, die
einen Teil seiner Umgebung bildeten, einschließlich anderer menschlicher
Körper; ich habe nicht nur Dinge dieser Art wahrgenommen, sondern
auch Tatsachen beobachtet, die sie betreffen, wie zum Beispiel die Tatsache,
die ich gerade beobachte: daß das Kaminsims näher an mein Körper
ist als jenes Bücherbord; ich bin mir anderer Tatsachen bewußt,
die ich seinerzeit nicht beobachtet habe, wie z.B. Beispiel die Tatsache
- die mir jetzt bewußt wird -, daß mein Körper auch gestern
existiert und sich ebenfalls eine Zeitlang näher beim Kaminsims als
beim Bücherbord aufgehalten hat; ich habe Erwartungen hinsichtlich
der Zukunft gehabt, und viele andere Arten von Meinungen, wahre und falsche;
ich habe an imaginäre Dinge, Personen und Vorfälle gedacht, deren
Realität ich nicht geglaubt habe; ich habe Träume gehabt und
ich habe viele verschiedene Arten von Gefühlen gehabt. Und gerade
so, wie mein Körper der Körper eines menschlichen [>116] Wesens
gewesen ist, das ich bin, und während seines Lebens viele Erlebnisse
jeder dieser (und noch anderer) Arten gehabt hat, so ist auch im Falle
sehr vieler der anderen menschlichen Körper, die auf der Erde gelebt
haben, jeder von ihnen der Körper eines anderen menschlichen Wesens
gewesen, das während der Lebenszeit dieses Körpers viele verschiedene
Erlebnisse der aufgezählten (und noch anderer) Arten gehabt hat."
In Liste (1) erscheinen mir [5]bc - z.B. Totgeburt oder Tod kurz
nach der Geburt - und [7] nicht völlig und bedingungslos sicher.
Liste (2): Sie kann vereinfacht (> ausführlicher)
werden zu: Es ist auch bei anderen Menschen so wie bei mir (Moore) in (1)
geschildert.
Quelle S. 113ff: Moore, George E. (dt. 1967, orig
1925). Eine Verteidigung des Common Sense. Fünf Aufsätze Einleitung
von Harald Delius. Theorie I. Frankfurt: Suhrkamp.
Kommentar: Moore Liste enthält eine ganze Reihe inhaltlicher Kriterien
(GMVKriterium) zum GMV.
_
Nietzsches Persiflage auf den gesunden Menschenverstand
"Kritik der Tiere. — Ich fürchte, die Tiere betrachten den Menschen
als ein Wesen Ihresgleichen, das in höchst gefährlicher Weise
den gesunden Tierverstand verloren hat, — als
das wahnwitzige Tier, als das lachende Tier, als das weinende Tier, als
das unglückselige Tier."
Quelle: Kritik der Tiere, in Die fröhliche
Wissenschaft, Nr. 224.
Kommentar: Diese Passage kann man wohl als Kritik (GMVkritisch)
und Entwertung (GMVentw) des GMV interpretieren.
_
Poppers
Alltagsverstand
"34. Zusammenfassung: eine kritische Philosophie des Alltagsverstandes
Haben wir einmal die Notwendigkeit einer kritischen Philosophie eingesehen,
so erhebt sich das Problem des Ausgangspunkts. Wo sollen wir anfangen?
Die Frage scheint wichtig, denn es sieht so aus, als könnte ein Fehler
am Anfang die ernstesten Konsequenzen haben.
In der Frage des Ausgangspunktes gehen die Ansichten
der meisten klassischen und zeitgenössischen Philosophen und die Auffassungen,
die ich hier als kritische Philosophie des Alltagsverstandes
vorgeschlagen habe, grundlegend auseinander. Ich möchte versuchen,
die Hauptunterschiede in einer Tabelle zusammenzufassen.
Frühere Philosophen
|
Meine kritische Auffassung
|
(1) Die Wahl unseres Ausgangspunktes ist von entscheidender Wichtigkeit:
Wir müssen uns davor hüten, gleich am Anfang in einen Fehler
zu verfallen. |
(1') Die Wahl unseres Ausgangspunkts ist nicht von entscheidender Wichtigkeit,
da sie wie alles andere kritisiert und berichtigt werden kann. |
(2) Unser Ausgangspunkt sollte nach Möglichkeit wahr und sicher
sein. |
(2') Es gibt keine Möglichkeit, einen solchen sicheren Ausgangspunkt
zu finden. |
(3) Er läßt sich in der persönlichen Erfahrung des
Ich (Subjektivismus) oder in der reinen Beschreibung des Verhaltens (Objektivismus)
finden.63 |
(3') Da er sich weder im Subjektivismus noch im Objektivismus finden
läßt, ist es vielleicht das beste, mit beiden anzufangen und
beide zu kritisieren. |
(4) Indem die Philosophen entweder diese Art des Subjektivismus oder
diese Art des Objektivismus akzeptieren, haben sie unkritisch eine Form
der Erkenntnistheorie des Alltagsverstandes - eine Theorie, die man als
den schwächsten Punkt des Alltagsverstandes
ansehen kann, akzeptiert. |
(4') Es ist angezeigt, beim Alltagsverstand
anzufangen, wie unscharf auch seine Vorstellungen sein mögen, aber
kritisch gegenüber allem zu sein, was im Namen des Alltagsverstandes
behauptet wird.
_
_ |
(5) Die von den Subjektivisten angenommene Theorie geht dahin, die
sicherste Erkenntnis, die wir haben können, sei die über uns
selbst und unsere Beobachtungs- oder Wahrnehmungserfahrungen. (In der Betonung
der Sicherheit von Wahrnehmungserfahrungen stimmen die Subjektivisten mit
den Objektivisten überein.) |
(5') Ein wenig kritische Überlegung überzeugt uns davon,
daß alle unsere Erkenntnis theoriegetränkt ist und (fast) alle
Vermutungscharakter hat.
_
_
_
_ |
(6) Es gibt einige harte Tatsachen, auf die die Erkenntnis gegründet
werden kann, etwa unsere klaren und deutlichen Empfindungen oder Sinnesdaten:
Direkte oder unmittelbare Erfahrungen können nicht falsch sein. |
(6') Da alle Erkenntnis theoriegetränkt ist, ist sie ganz auf
Sand gebaut; doch ihre Grundlage kann durch kritisches Tiefer-Graben verbessert
werden; und nicht als unproblematisch angenommen werden. |
(7) Das ist ein klares Ergebnis der Erkenntnistheorie des Alltagsverstandes.
_
_
_
_ |
(7') An diesem Punkt scheitert die Erkenntnistheorie des Alltagsverstandes:
Sie übersieht die Indirektheit und den Vermutungscharakter der Erkenntnis.
Selbst unsere Sinnesorgane (nicht zu reden von der Deutung ihrer Meldungen)
sind theoriegetränkt und fehlbar, wenn auch bei gesunden Organismen
nur gelegentlich. |
(8) Doch die Erkenntnistheorie des Alltagsverstandes,
die
immer als eine Form des Realismus anfängt, endet stets im Sumpf entweder
des erkenntnistheoretischen Idealismus oder des Operationalismus. |
(8') Wir erkennen, daß selbst der Realismus und seine (biologische)
Erkenntnistheorie zwei Vermutungen sind; und wir behaupten, daß erstere
eine wesentlich bessere Vermutung ist als der Idealismus.
_ |
(9) Der Alltagsverstand, der mit
dem Realismus angefangen hat und im Subjektivismus geendet hat, widerlegt
sich selbst, (Das kann man als Bestandteil von Kants Auffassung ansehen.)
durch, daß irgendwelche angeblichen »Daten« |
(9' Die Erkenntnistheorie des Alltagsverstandes
erweist sich als widersprüchlich; doch das trifft nicht die Theorie
des Alltagsverstandes von der Welt,
das heißt den Realismus. |
FN63 Diese Form des Objektivismus
wird gewöhnlich »Behaviorismus« oder »Operatio-
nalismus« genannt; sie wird in der vorliegenden Arbeit nicht näher
diskutiert.
Der Versuch, die Theorie des Alltagsverstandes
als Ganzes - Realismus plus Erkenntnistheorie des Alltagsverstandes - beizubehalten,
ist zum Scheitern verurteilt. Mit der Methode, skeptisch hinsichtlich der
eigenen Ausgangspunkte zu sein, wird daher die Theorie des Alltagsverstandes
in mindestens zwei Teile - Realismus und Erkenntnistheorie - zerlegt, wobei
letztere verworfen und durch eine objektive Theorie ersetzt werden kann,
die ersteren verwendet."
Quelle: Popper, Karl
(1993) Objektive Erkenntnis. Ein evolutionärer Entwurf. 4.A. Hamburg:
Hoffmann & Campe (paperback). Aus dem Sachregister:
Alltagsverstand IX,2h,11,27,Kap. 2: 32-108, 210, 218f.,
309, 335 ff-
—als Ausgangspunkt 33/,, 61,70,74, 102,336
—, Erkenntnistheorie des -es IX, 3, 11,23,36,40,42,61-63;
s. a. Kübeltheorie
—, Erkenntnistheorie des-es vs. Rea¬lismus 39 f.,
43 f., 60,65 f., 88 ff., 101 ff., 106 ff.
—, Induktionsproblem des -es 3,27 f. —, kritischer 33-32,60
f., 101 ff., 106 ff.
—, Philosophie des -es 106 ff.
—, Realismus des-es IX,37f.,88ff.,
94,101 f., 108,336; s. a. Realismus
—, Realismus des -es vs. Kübeltheorie s. Biologie
und Erkenntnis (-theo- rie); Biologie und Wahrnehmung
— und Realismus 35 f.,37-41,101 fr.; s. a. Realismus
—, Wahrheitsbegriff des-es s. Wahrheit; Korrespondenztheorie.
Kommentar: Ich denke, dass Popper Ausdruck "Alltagsverstand"
dem GMV gleichgesetzt werden darf. Ich sehe eine ziemliche Nähe zu
Russells Standpunkt.
_
Rosenzweig (1886-1929)
Zusammenfassung-Rosenzweig: Der gesunde Menschenverstand
vertraut dem Wirklichen und seinem Wirken und kümmert sich nicht um
das "Eigentliche" [In Der Stern der Erlösung findet sich zu
"eigentlich" 111 Fundstellen] oder das Wsen der Sachverhalte, wie es der
kranke Menschenverstand der Philosophen, besonders der idealistischen,
extrem im Platonismus, deutschen Idealismus und der Existenzialisten, namentlich
Heidegger tut (>Sprachkritik
Philosophie: Geisteskrankheit).
Rosenzweig ist in seiner grundsätzlichen Realist, tendenziell Empiriker
und (schlechter) Phänomenologe in eigener Sache (ohne Bezug zu Husserl
oder Brentano). Ich teile zwar seine Fundamentalkritik, aber ich denke
seine Philosophie leidet an derselben Geisteskrankheit nämlich der
Unsitte, im Allgemeinen und Abstrakten zu reden, dem Mangel an klaren Merkmalsbestimmungen
und vor allem dem Verzicht auf Referenzieren
wie auf Beispiele und Gegenbeispiele, kurz nicht zu beachten, was zu einer
Begriffs-Definition
gehört.
"Der gesunde Menschenverstand
vertraut dem Wirklichen und seinem Wirken."
S. 31f: "»Eigentlich« - so nämlich
fragt und so antwortet [32] kein andrer Mensch als der Philosoph. Im Leben
gilt diese Frage so wenig, wie dort die Frage vorkommt. Auch der Philosoph
wird sie im Ernstfall nicht stellen. Er wird nicht fragen, was das Viertelpfund
Käse »eigentlich« kostet. Er wird seine Erkorene nicht
fragen, ob sie »eigentlich« seine Frau werden möchte.
Er wird nicht bejahen oder verneinen, daß der Angeklagte »eigentlich«
gestohlen habe. Nicht »eigentlich«, sondern »wirklich«
ist das Wort des Lebens. Aber der Philosoph spricht: eigentlich. Indem
er seinem Staunen nachgiebt, stehen bleibt, und das Wirkliche sich weiter
ohne ihn auswirken läßt, wird er zurückgeworfen und beschränkt
auf das Eigentliche. Hier, und nicht erst später, trennen sich seine
Wege von den Wegen des gesunden Menschenverstands.
Der gesunde Menschenverstand vertraut
dem Wirklichen und seinem Wirken. Der Philosoph zieht sich mißtrauisch
vor dem fortwirkenden Wirklichen in den geschützten Zauberkreis seines
Staunens zurück und versenkt sich in die Tiefe des Eigentlichen. "
Quelle: Rosenzweig, Franz
(1921a) Das Büchlein vom gesunden und kranken Menschenverstand. 1.A.
Frankfurt: Kauffmann. [Online]
Kommentar-Rosenzweig-S31f:
Der gesunde Menschenverstand vertraut dem Wirklichen und seinem Wirken
und kümmert sich nicht um das "Eigentliche" [In Der Stern der Erlösung
findet sich zu "eigentlich" 111 Fundstellen], wie es der kranke Menschenverstand
der Philosophen, besonders der idealistischen, extrem im Platonismus, deutschen
Idealismus und der Existenzialisten, namentlich Heidegger. Rosenzweig ist
Realist, Empiriker und Phänomenologe in eigener Sache ohne Bezug zu
Husserl oder Brentano.
"Das Wissen des Selbst von sich selber, das Selbstbewußtsein,
steht in dem Rufe, das bestgesicherte alles Wissens zu sein. Und der gesunde
Menschenverstand sträubt sich fast noch heftiger als
das wissenschaftliche Bewußtsein, wenn ihm die wahrhaft und wörtlich
selbst-verständliche Grundlage des Wissens unter den Füßen
fortgezogen werden soll. Dennoch ist es geschehen, freilich erst spät.
Es bleibt eine der erstaunlichsten Leistungen Kants, daß er dies
Selbstverständlichste, das Ich, recht eigentlich zum Problem, zum
Allerfragwürdigsten, gemacht hat."
Quelle: S.67 (einzige Fundstelle),
Rosenzweig, Franz (1921b) Der Stern der Erlösung. 1.A. Frankfurt:
Kauffmann. [Online]
In einer Dissertation
über Rosenzweigs Bildungskonzept, wird S. 22 in Fußnote 58 ausgeführt:
"Rosenzweig, Franz: Das Büchlein vom gesunden und vom kranken Menschenverstand.
Herausgegeben und eingeleitet von Nahum Norbert Glatzer. Königstein:
Athenäum 1984. In der Einleitung fasst Nahum Norbert Glatzer wie folgt
zusammen: „Im ‚Büchlein‘ wendet sich Rosenzweig gegen den deutschen
Idealismus, der die Welt auf das wahrnehmende Ich zurückführt.
In der Annahme, dass die Welt etwas anderes ist, als sie zu sein scheint,
fragt diese Philosophie nach dem ‚Wesen‘ der Dinge, um festzustellen, was
diese ‚eigentlich‘ seien. Rosenzweig führt die Erfahrung der Welt
auf die Welt, die Gotteserfahrung auf Gott zurück. Im Gegensatz zum
Idealismus erkennt Rosenzweigs Neues Denken die Welt, den Menschen und
Gott – die großen Grundbegriffe des philosophischen Denkens – als
die drei nur auf sich selbst zurückführbaren Elemente der Wirklichkeit
an. [...S]ein Denken geht nicht nur seinen Geist an, sondern hat eine existenzielle
Bezogenheit. Der gesunde Menschenverstand, so wie Rosenzweig den Begriff
anwendet, benützt keine vorgefaßten Begriffe und bewegt sich
auf keine vorbestimmten Ziele zu.“ (Glatzer, Nahum Norbert: Einleitung,
17)"
_
Russell
Betrand Russell zitiert den gesunden Menschenverstand relativ oft in
seinen Werken, wehalb ich darüber eine eigene
Seite angelegt habe. Er gebraucht gewöhnlicher,
gemeiner,
nüchterner
MV, vorwissenschaftlicher GMV,
wissenschaftlicher
GMV, intuitiver GMV und, allgemein, nicht näher spezifiziert,
den gesunden Menschenverstand. Die wichtigste systematische Textstelle
findet sich in Das menschliche Wissen, S. 224-228.
Russell
Wissenschaftlicher GMV : "Seit den Tagen von Kant, oder besser sollte
man vielleicht sagen, schon seit Berkeley bestand unter den Philosophen
eine meiner Meinung nach irrtümliche Neigung zuzulassen, daß
die Beschreibung der Welt in ungehöriger Weise durch Überlegungen
beeinflußt wurde, die sich auf das Wesen der menschlichen Erkenntnis
bezogen. Für den
wissenschaftlichen gesunden
Menschenverstand (den ich zugrunde lege) ist es selbstverständlich,
daß nur ein sehr geringer Teil des Universums bekannt ist, daß
es lange Zeiträume gegeben hat, während deren es keine Erkenntnis
gegeben hat, und daß es wahrscheinlich auch in Zukunft lange Zeiträume
ohne Erkenntnis geben wird. Unter kosmischen und kausalen Gesichtspunkten
ist Erkenntnis ein unwesentlicher Zug des Universums. Eine wissenschaftliche
Darstellung, welche es ganz unterließe, ihr Vorkommen zu erwähnen,
würde von einem unpersönlichen Gesichtspunkt aus nur an einer
sehr geringen Unvollkommenheit leiden. Will man die Welt beschreiben, so
ist Subjektivität ein Laster. Kant sagte von sich selbst, daß
er eine »kopernikanische Drehung« vollbracht habe. Er hätte
sich richtiger ausgedrückt, wenn er von einer Ptolemäischen Gegenrevolution
gesprochen hätte, denn er hat den Menschen wiederum in den Mittelpunkt
gestellt, von dessen Thron Kopernikus ihn gestoßen hatte."
Quelle: Aus (S. 9):
Russell,
Bertrand (1950) Das menschliche Wissen. Darmstadt: Holle.
Kommentar: Gleich zu Beginn des Buches wird ausdrücklich
vom wissenschaftlichen gesunden Menschenverstand (GMVwissens)
gesprochen.
Russell
mit dem wissenschaftlich GMV abgestufte Wahrscheinlichkeit :
"Die Schlüsse, auf die wir uns bei dieser Untersuchung stützen
und deren Logik in Teil VI eingehend betrachtet werden soll, unterscheiden
sich von denen der deduktiven Logik und der Mathematik dadurch, daß
sie nicht beweisbar sind, d. h. es sind Schlüsse, welche, auch wenn
die Prämisse wahr und die Schlußweise in Ordnung ist, die Wahrheit
der Schlußfolgerung nicht verbürgen, wohl aber die Schlußfolgerung
in einem, gewissen Sinn und bis zu einem gewissen Grade »wahrscheinlich«
machen sollen. Außer in der Mathematik sind fast alle Schlüsse,
auf die wir uns wirklich stützen, von dieser Art. In manchen Fällen
ist der Schluß so zwingend, daß er fast praktische Gewißheit
erreicht. Von einer Schreibmaschinenseite mit sinnvollem Inhalt nimmt man
an, daß sie jemand geschrieben hat, obwohl sie, wie Eddington gesagt
hat, zufällig dadurch zustande gekommen sein kann, daß ein Affe
auf einer Schreibmaschine herumgehüpft ist, und diese bloße
Möglichkeit verhindert, daß der Schluß auf einen absichtsvollen
Schreiber volle Beweiskraft erlangt. Viele Schlüsse, die von allen
Gelehrten anerkannt werden, sind viel weniger sicher, z. B. die Theorie,
daß der Schall durch Wellen fortgeleitet wird. Den verschiedenen
Schlüssen wird durch den
wissenschaftlichen gesunden
Menschenverstand eine Abstufung an Wahrscheinlichkeit beigelegt,
aber es gibt keine anerkannte Gesamtheit von Grundsätzen, mit deren
Hilfe’solche Wahrscheinlichkeiten abgeschätzt werden können.
Ich möchte durch die Analyse des wissenschaftlichen Verfahrens die
Regeln solchen Schließens systematisieren. ..."
Quelle: Aus (S.
164): Russell, Bertrand (1950) Das menschliche
Wissen. Darmstadt: Holle.
Kommentar: hier spricht Russell ausdrücklich
vom wissenschaftlichen gesunden Menschenverstand (GMVwissens).
Russel
Wissenschaftliche Erkenntnis im GMV : "WAHRSCHEINLICHKEITSSCHLUSSE
DES GESUNDER MENSCHENVERSTANDES
In diesem Kapitel werde ich mich, hauptsächlich
mit der vorwissenschaftlichen Erkenntnis beschäftigen, wie sie in
den Überzeugungen des gesunden Menschenverstandesenthalten
ist.
Wir müssen uns dabei
den Unterschied zwischen dem Schließen, das in der Logik betrachtet
wird, und dem, was wir als tierisches Schließen bezeichnen können,
vor Augen halten. Unter »tierischem Schließen« verstehe
ich das, was geschieht, wenn ein Ereignis A einen Glauben B ohne bewußte
Zwischenglieder hervorruft. Wenn ein Hund einen Fuchs riecht, so wird er
erregt, aber wir glauben nicht, daß er zu sich selbst sagt: »Dieser
Geruch ist in der Vergangenheit oft in der Nähe eines Fuchses aufgetreten;
daher wird wahrscheinlich auch jetzt ein Fuchs in der Nähe sein.«
Es ist wahr, daß er so handelt, als wenn er diese Überlegung
angestellt hätte, aber die Überlegung stellt sein Körper
auf Grund von Gewohnheit oder, wie man auch sagt, eines »bedingten
Reflexes« an. Immer, wenn ein Ereignis A in der früheren Erfahrung
des Tieres häufig mit einem Ereignis B verbunden gewesen ist, wobei
B ein gefühlsmäßiges Interesse haben muß, hat das
Ereignis A die Neigung, ein Verhalten hervorzurufen, das dem B angepaßt
ist. Hier gibt es keinen bewußten Zusammenhang zwischen A und B.
Es ist nichts anderes da, so können wir wohl sagen, als eine A-Wahmehmung
und ein B-Verhalten. In veralteter Sprechweise Würde man sagen, daß
der »Eindruck« von A die »Vorstellung« von B verursacht.
Aber die neuere Ausdrucksweise, die auf körperliches Verhalten und
beobachtbare Gewohnheiten Bezug nimmt, ist bestimmter und umgreift ein
weiteres Feld.""
Quelle: Aus (S.
183): Russell, Bertrand (1950) Das menschliche
Wissen. Darmstadt: Holle.
Kommentar: Vorwissenschaftliche Erkenntnis im
GMV (GMVvorwis).
Russell
Vorwissenschaftlicher GMV einheitlicher Raum : "Die Konstruktion eines
einheitlichen Raumes, in dem unsere gesamten Wahrnehmungserfahrungen untergebracht
werden, ist ein Triumph des vorwissenschaftlichen gesunden
Menschenverstandes. Das Verdienst dieser Konstruktion liegt
in ihrer Bequemlichkeit, nicht in irgendeiner letzten Wahrheit, die, man
ihr zuschreiben könnte. "
Quelle: Aus (S.
220): Russell, Bertrand (1950) Das menschliche
Wissen. Darmstadt: Holle.
Kommentar: Hier kreiert Russel einen vorwissenschaftlichen
GMV, woraus sich zwingend ergibt, dass Russell wernigstens drei Arten des
GMV kennt: gewöhnlicher GMV, vorwissenschaftlicher GMV und wissenschaftlicher
GMV.
_
Sinowjews Plädoyer für den gesunden
Menschenverstand
Aus dem Klappentext: Sinowjew, Alexander (1985) Die Diktatur der Logik.
Über den gesunden Menschenverstand und die sowjetische Gesellschaft.
München: Piper.
"Alexander Sinowjew ist Russe, Philosoph, Logiker
und Romancier. Er hat Bücher zur Logik und mehrere Romane geschrieben,
die weltweit Beachtung fanden. Voraussetzungen genug, um ein Buch zu verfassen,
in dessen Titel die Begriffe »Diktatur«, »Logik«,
»gesunder Menschenverstand« und »sowjetische Gesellschaft«
Vorkommen. Gesunder Menschenverstand, das ist die Fähigkeit, die Welt
so zu sehen, wie sie ist, also ohne Illusionen und Selbstüberschätzung,
ohne übermäßigen Optimismus oder düsteren Pessimismus
- mit einem Wort: adäquat und realistisch. Solch gesunder Menschenverstand
basiert auf einfachen und offensichtlichen Seinsprinzipien sowie auf logischen
Regeln des Denkens - des Denkens und Nachdenkens über die Phänomene
unseres Lebens und der Umwelt, die uns umgibt. Warum muß darüber
gesprochen und geschrieben werden? Alexander Sinowjew: »Unser Jahrhundert
ist durch eine wahrhaft manische Tendenz gekennzeichnet, alle Grundlagen
der europäischen Zivilisation zerstören zu wollen - und in erster
Linie den gesunden Menschenverstand ... Durch nichts zu bremsendes leeres
Geschwätz wurde zu einem charakteristischen Phänomen unserer
Epoche. Dieses Phänomen entspricht voll und ganz der ebenso ungebremsten
Neigung von Millionen von Menschen zu nebulöser Selbsteinschätzung,
zu Selbstbetrug, Illusionen und unbegründeten Hoffnungen.«
Sinowjew tritt nun nicht als ein Missionar in Sachen
»Gesunder Menschenverstand« auf. Er hält den Menschen
nur den Spiegel vor, indem er über sprachliche Phänomene und
Denkmodelle spricht, die seine These stützen, und diese unter logischen
Gesichtspunkten analysiert. Daß er dabei vor allem auf Beispiele
aus der sowjetischen Gesellschaft zurückgreift, ist nicht nur durch
seine Biographie erklärt."
_
Physik
Lindley: Gesunder Menschenverstand bei Raum und Zeit
-
Titel Kapitel (61-90): Jenseits des gesunden Menschenverstandes
-
S. 73: "Es ist wohl dieser Verlust des Absoluten, der das Erlernen der
Relativität zu einer so verwirrenden Erfahrung macht. Auf die Frage,
warum Newton bei der Beschreibung von Raum und Zeit unrecht und Einstein
recht hatte - oder warum uns unser gesunder Menschenverstand
im Stich läßt ist die einzige vernünftige Antwort, daß
sich unser gesunder Menschenverstand von Erfahrungen
in einer Welt ableitet, in der die Geschwindigkeiten im Vergleich zur Lichtgeschwindigkeit
klein sind und die Newtonsche Darstellung von Raum und Zeit angemessen
ist. Doch wir dürfen nicht einfach davon ausgehen, daß das eine
für uns zutreffende automatische Allgemeingültigkeit beanspruchen
kann. Es ist Sache wissenschaftlicher Hypothesen und Schlußfolgerungen,
herauszufinden, wie sich Raum und Zeit verhalten, wenn sich Körper
annähernd mit Lichtgeschwindigkeit bewegen. ..."
Quelle: Lindley, David (dt. 1997) Das Ende der Physik.
Vom Mythos der großen Vereinheitlichten Theorie. Frankfurt: Insel.
Kommentar: Der gesunde Menschenverstand (GMVonS)
wird für wissenschaftliche Grundfragen kritisch (GMVkritisch)
gesehen.
Psychologie
GMV als gesunkenes Kulturgut
"Was ist Wahrnehmung? Was sind Vorstellungsbilder? Wie funktioniert
das Gedächtnis? Hierzu gibt es eine Ansicht des „gesunden
Menschenverstandes“ (GMVonS),
die, wie so häufig, keineswegs dem gesunden Menschenverstand
(GMVKultur) entsprungen ist, sondern
vielmehr ein Stück gesunkenes Kulturgut darstellt. Wahrnehmung ist
gemäß dieser Auffassung der Vorgang der Einprägung von
Bildern in einem menschlichen Geist, der so passiv wie das Wachstäfelchen
(die „tabula rasa“) ist, in dem der Römer seine Notizen einritzte,
oder wie die Fotografenplatte, in der sich ein Stück Wirklichkeit
abbildet. Vorstellungsbilder erstehen gemäß der gleichen Auffassung
vor unserem inneren Auge, wenn wahrgenommene Bilder wieder aufleuchten
und uns wieder sehen lassen, was sich unserem Geiste eingeprägt hat.
Das Gedächtnis ist nichts anderes als die Summe der so gespeicherten
Bilder. Sie zu erinnern heißt, sich die Bilder wieder vor das innere
Auge zurückrufen. Dieser Empirismus sensualistischer Ausprägung
liegt, wenn auch nicht mit Deutlichkeit formuliert, noch heute einem großen
Teil des psychologischen und didaktischen Denkens zugrunde. Daß es
zum Beispiel bis heute keine brauchbare Theorie der Anschauung und des
anschaulichen Unterrichts gibt, liegt daran, daß die Didaktiker ihre
empiristische Vergangenheit nie bewältigt haben; und wenn in modernen
Lehrbüchern der Psychologie unter dem Titel der Begriffsbildung entweder
die aristotelische Idee der Abstraktion oder aber BRUNERS Experimente über
Begriffsfindung, die mit der Begriffsbildung nichts zu tun haben, bemüht
werden, so zeigt dies, daß auch die moderne Psychologie vor grundlegenden
Problemen noch ratlos steht."
Quelle: Hans Aebli im Vorwort zu Neisser, Ulric
(dt. 1974) Kognitive Psychologie. Stuttgart: Klett.
Kommentar: Die Idee, "gesunkenes Kulturgut" als Teil oder Quelle des
GMV zu sehen, ist interessant. Aber wie zeigt man, dass etwas "gesunkenes
Kulturgut" ist? Was sind die Kriterien für die Quelle "gesunkenes
Kulturgut"?
_
Common sense Psychologie
und Alltagssprache
"Die Behauptung, „daß Alltagserkenntnis zum großen Teil
Volksaberglaube" sei (Bunge, 1984, S. 10; vgl. etwa auch Hastaedt, 1988,
S. 103), beruht vermutlich auf einem Mißverständnis dessen,
was in diesem Zusammenhang mit der „Psychologie der Alltagssprache" angesprochen
ist. Damit sind nicht naive Zusammenhangsvermutungen und schon gar nicht
jene in die Umgangssprache abgesickerten Begriffe oder Theoriefetzen der
Psychologie (als Disziplin) gemeint, die ihren ursprünglichen Sinn
überdies oft nur noch rudimentär erahnen lassen („Ich muß
meine Identität finden", „Er verdrängt das nur", „Sie will sich
selbst verwirklichen"). Diese „small talk psychology" kann nicht nur durch
wissenschaftlichen Fortschritt überholt werden, sie war es wohl vielfach
schon, bevor sie „common sense" wurde. Gemeint
ist hier vielmehr die intentionale Redeweise über Personen („er will",
„sie meint"), das Sprechen über psychische Phänomene wie Schmerz,
Zorn, Trauer, Meinung etc., das - unberührt von allen Moden und Trends
der Psychologie oder Philosophie - „in umgangssprachliches Deutsch wie
auch in andere Sprachen quasi eingebaut ist", wie auch Bunge bemerkt (1984,
S. 19). „Folk psychology" in diesem Sinne kann nicht ignoriert werden,
solange wir überhaupt noch über psychische Phänomene reden.
Zwar wird auch die „small talk psychology" das Bild, das wir uns von uns
und anderen machen,, beeinflussen (das tut auch die Herzchirurgie oder
die Möglichkeit, zum Mond zu fliegen), aber ebenso sicher werden diese
Einflüsse durch ihre Nachfolger nur zu bald abgelöst werden"
Quelle S. 94: Greve, Werner (1994). Handlungsklärung.
Die psychologische Erklärung menschlicher Handlungen. Bern: Huber.
Kommentar: Die commons sense Psychologie wird für wichtig (GMVwert)
befunden und es werden auch einige Kriterien (GMVKriterium)
genannt (Intentionale Sprechakte: „er will", „sie meint") oder alltägliches
Sprechen über psychische Phänomene (Schmerz, Zorn, Trauer, Meinung
etc.).
Psychopathologie
Common Sense und Verrücktheit im
sozialen Raum
"Die Beschäftigung mit dem Common Sense – den ich dem Ausdruck
»gesunder Menschenverstand« unter
anderem aufgrund seiner weniger wertenden Bedeutung vorziehe – ist in der
phänomenologischen Psychiatrie, angefangen bei Wolfgang Blankenburgs
Untersuchungen (1971/2012, 1969/2007), bereits weit fortgeschritten. ..."
Quelle S. 17: Thoma, Samuel (2018) Common
Sense und Verrücktheit im sozialen Raum. Entwurf einer phänomenologischen
Sozialpsychiatrie. Köln: Psychiatrie Verlag.
Kommentar: Einer bloße Nennung ohne nähere Spezifikation
(GMVonS)
Wer keinen GMV mehr hat, ist gegenüber gemeinsamer Alltagsnormalität ver-rueckt.
"1. Begründung aus psychiatrischer Sicht: Im deutschsprachigen
Äquivalent zum Common Sense, »gesunder Menschenverstand«,
wird die psychiatrische Dimension dieses Begriffs besonders deutlich. Wer
keinen gesunden Menschen-[>81]verstand mehr hat, ist gegenüber
der gemeinsamen Alltagsnormalität buchstäblich ver-rückt."
Quelle S. 80f: Thoma, Samuel (2018) Common
Sense und Verrücktheit im sozialen Raum. Entwurf einer phänomenologischen
Sozialpsychiatrie. Köln: Psychiatrie Verlag.
Recht
Gesunder Menschenverstand
im Recht als eigene Seite ausgelagert
Soziologie
Alltaegliche Lebenswelt und
GMV
"Schütz verbindet nun das Lebensweltkonzept von Husserl mit
dem Anspruch der verstehenden Soziologie nach Weber. Er schreibt:
„Die Wissenschaften, die menschliches Handeln und Denken deuten und
erklären wollen, müssen mit einer Beschreibung der Grundstrukturen
der vorwissenschaftlichen, für den - in der natürlichen
Einstellung verharrenden - Menschen selbstverständlichen Wirklichkeit
beginnen. Diese Wirklichkeit ist die alltägliche Lebenswelt."
(Schütz u. Luckmann 1975, S. 23) An
ihr nimmt der Mensch regelmäßig und unausweichlich teil. Es
ist seine Welt, in der er sich immer schon befindet, und zugleich
die Welt, in der er immer mit den anderen gemeinsam lebt. Wie
das möglich ist, das wird gleich zu klären sein. Zuvor
aber muss geklärt werden, wie der Mensch seinen Zugang zu dieser
Wirklichkeit findet. Dazu muss man Lebenswelt in einer leicht
veränderten Perspektive definieren: „Unter alltäglicher Lebenswelt
soll jener Wirklichkeitsbereich verstanden werden, den der wache
und normale Erwachsene in der Einstellung des gesunden
Menschenverstandes als [>65] schlicht gegeben vorfindet. Mit
schlicht gegeben bezeichnen wir alles, was wir als fraglos erleben,
jeden Sachverhalt, der uns bis auf weiteres unproblematisch
ist." (ebd.) Diese Definition steht unter der Überschrift,
in der die Lebenswelt als der „unbefragte Boden der natürlichen
Weltanschauung" bezeichnet wird. Wie kommt es zu dieser natürlichen
Weltanschauung? Das ist die Frage der Phänomenologie.
"
Quelle S. 64f: Abels, Heinz (2007, Hrsg.) Interaktion,
Identität, Präsentation. Kleine Einführung in interpretative
Theorien der Soziologie. 4. A. Wiesbaden: Springer/VS.
Kommentar: Alltägliche Lebenswelt in der Einstellung des GMV
ist hier letztlich unbestimmt (GMVonS)
GMV als selbstaendig
denkendes und handelndes Subjekt (hypostasierend homunkulesker Gebrauch)
"Dieses Arrangement kann ich - wenn ich es will und mir Mühe gebe
- auch selbst entdecken. Doch soweit kommt es in der Regel gar nicht, denn
vorher ist mir die Ordnung schon als selbstverständlich vermittelt
worden. Das wichtigste Vehikel dieser Vermittlung ist die Sprache: "Die
Sprache, die im alltäglichen Leben gebraucht wird, ver-[>95] sorgt
mich unaufhörlich mit den notwendigen Objektivationen und setzt mir
die Ordnung, in welcher diese Objektivationen Sinn haben und in der die
Alltagswelt mir sinnhaft erscheint." (Berger u. Luckmann 1966, S. 24) In
der Sprache, die "man" spricht, artikuliert sich der gesunde
Menschenverstand oder in der Sprache von Schütz das Wissen
aller bona-fide-Mitglieder dieser Gesellschaft.
Der gesunde Menschenverstand
weiß sich in der besten Gesellschaft. Zu dieser Gesellschaft gehören
alle anderen, vorausgesetzt sie sind bereit, die Dinge so zu sehen wie
wir. Der gesunde Menschenverstand ist sich
sicher, dass er das natürliche Ergebnis der Anschauung der Wirklichkeit
ist, wie sie nun mal ist. Zweifel, dass die Dinge anders sein könnten,
als sie zu sein scheinen, kommen dem gesunden Menschenverstand
höchst selten. Doch hier liegt das Problem - nicht für den gesunden
Menschenverstand, sondern für den Soziologen. Sein Denken
fängt aber nicht an, wo der gesunde Menschenverstand
vielleicht nicht weiter weiß, sondern schon dort, wo sich der gesunde
Menschenverstand ganz sicher weiß: bei der Annahme von
Wirklichkeit selbst. Was ist "die" Wirklichkeit?"
Quelle S. 94f: Abels, Heinz (2007, Hrsg.) Interaktion,
Identität, Präsentation. Kleine Einführung in interpretative
Theorien der Soziologie. 4. A. Wiesbaden: Springer/VS.
Kommentar: Hier vom GMV (GMVonS) gesprochen
als sei er ein handelndes Subjekt und eine Einheit. Wenn der GMV auf das
Wissen der Mitglieder dieser Gesellschaft, die guten Glaubens sind (bona-fide),
verlegt wird, findet auch nur eine Verschiebung statt, die neue Begriffs-
und Definitionsrätsel aufwerfen. Alles ziemlich unspezifisch, hypostatisch
(GMVhyposta) und unklar (GMV?).
Normalitaet und Abweichung Begriffe
des GMV
"Die vermeintlich eindeutige Unterscheidung zwischen Normalität
und Abweichung gehört zum Repertoire des so genannten „gesunden
Menschenverstands“."
Quelle: Stehr, Johannes (2013) Normalität
und Abweichung. In () A. Scherr (2013, Hrsg.), Soziologische Basics. Wiesbaden:
Springer.
Kommentar: Eine klare inhaltliche Bestimmung des GMV: Normalität
und Abweichung (GMVKriterium)
Statistik und Wahrscheinlichkeit
Der gesunde Menschenverstand bei Jakob Bernoulli
S.76: "Bevor wir aber zu unserer eigentlichen Aufgabe, zu zeigen, wie
man diese Beweisgründe für Vermuthungen zur Messung der Wahrscheinlichkeiten
verwenden muss, übergehen, sei es uns gestattet, einige allgemeine
Regeln oder Axiome hier vorauszuschicken, welche die blosse Vernunft jedem
Menschen
mit gesundem Verstande diktirt und welche auch im gewöhnlichen
Leben von den einsichtsvolleren Menschen immer beobachtet werden."
Es folgen 9 Regeln.
Quelle S. 76: Bernoulli, Jakov (1713) Wahrscheinlichkeitsrechnimg (Ars
con jectandi). Dritter und Vierter Teil. Leipzig: Engelmann.
Der gesunde Menschenverstand bei Laplace
Quelle: Laplace, Pierre Simon (dt. 1886) Philosophischer Versuch
über die Wahrscheinlichkeiten. Übersetzung nach der 6. Auflage.
Leipzig: Duncker & Humblot.
S.20: "Die Anwendung der vorhergehenden Prinzipien auf nachfolgende
Frage hat vielfach die Geometer beschäftigt. Paul spielt Kopf und
Wappen mit der Bedingung, dass er zwei Francs erhält, wenn er beim
ersten Wurfe, vier Francs , wenn erst beim zweiten Wurfe , acht Francs
, wenn er erst beim drittel' Wurfe Kopf wirft und so fort. Sein Einsatz
hierbei muss dem 8. Prinzipe zufolge gleich der Anzahl der Würfe sein,
so zwar, dass, wenn das Spiel ins Unendliche fortgesetzt würde, der
Einsatz unendlich gross sein müsste. Indessen kein vernünftiger
Mensch würde auf dieses Spiel auch nur eine mässige Summe, z.
B. 50 Francs wagen. Woher kommt nun diese Verschiedenheit zwischen dem,
was die Rechnung ergibt, und demjenigen, was uns der gesunde
Menschenverstand sagt? Man erkannte gar bald, dass dieser Unterschied
daher rührt, dass der moralische Vortheil, den uns ein Gut verschafft,
nicht im Verhältnisse mit diesem Gute steht und dass er von tausend
oft sehr schwer zu definirenden Umständen abhängt, von denen
der allgemeinste und wichtigste der des Vermögens ist. Denn es ist
klar, dass ein Frank viel mehr Werth für den hat, der nur hundert
besitzt,
als für einen Millionär. Man muss also in dem erwarteten
Gute seinen absoluten von seinem relativen Werthe unterscheiden: dieser
ergibt sich aus den Beweggründen, die den Wunsch nach ihm in uns hervorbringen
, während der erstere davon unabhängig ist. Es lässt sich
kein allgemeiner Grundsatz aufstellen, um diesen relativen Werth abzuschätzen.
Indess existirt hierüber ein Vorschlag von Daniel Bernoulli, der in
vielen Fällen von Nutzen sein kann."
S.53: "Die Wahrscheinlichkeit, dass das Verhältniss der Anzahl
der herausgezogenen weissen zur Gesammtzahl aller herausgezogenen Kugeln
von dem Verhältnisse der Anzahl der weissen zur Gesammtzahl aller
in der Urne enthaltenen Kugeln nicht über ein gegebenes Intervall
hinaus abweicht, nähert sich bei unbeschränkter Vervielfältigung
der Ereignisse der Gewissheit, wie klein man auch jenes Intervall annehmen
mag. Dieses Theorem, auf das man durch den gesunden Menschenverstand
geführt wird, war durch die Analyse schwierig zu beweisen. Deswegen
legte auch der berühmte Geometer
Jakob Bernouilli, der sich zuerst damit beschäftigt hat, dem Beweise,
den er davon gab, grosse Wichtigkeit bei."
S.71: "... Die Wahrscheinlichkeits-Analyse zeigt, dass jeder Winkel
um das Drittel dieser Summe vermindert werden muss, damit (las Gewicht
eines geodätischen Resultates das grösstmögliche ist, was
denselben Fehler weniger wahrscheinlich macht. Es ist also von grossem
Vortheile, die drei Winkel jedes Dreieckes zu beobachten und sie auf die
soeben angegebene Weise zu korrigiren. Der einfache gesunde
Sinn lässt schon diesen Vortheil ahnen; aber die Wahrscheinlichkeits-Rechnung
allein kann ihn abschätzen und durch die Korrektion zeigen, dass er
der grösstmögliche ist."
S.97: "Der gesunde Sinn sagt uns schon,
dass dieses Interesse Misstrauen einflössen muss; aber erst die Rechnung
gibt eine Schätzung seines Einflusses."
S.100: "Dehnt man diese Folgerung auf alle ungewöhnlichen Thatsachen
aus, so ergibt sich daraus, dass die Wahrscheinlichkeit des Irrthums oder
des Betruges des Zeugen um so grösser wird, je ungewöhnlicher
die bezeugte Thatsache ist. Einige Autoren haben das Gegentheil behauptet,
indem sie sich darauf stützen , dass , da der Anblick einer ungewöhnlichen
Thatsache dein Anblicke einer gewöhnlichen Thatsache durchaus ähnlich
ist, die nämlichen Beweggründe uns veranlassen, dem Zeugen gleichen
Glauben beizumessen, sobald er die eine oder die andere dieser Thatsachen
behauptet. Schon der einfache gesunde Sinn
weist jedoch eine so seltsame Behauptung zurück, aber die Wahrseheinlichkeits-Rechnung
gibt, indem sie die Angabe des gesunden Sinnes
bestätigt, auch noch eine Abschätzung der Unwahrscheinlichkeit
der Zeugnisse über ungewöhnliche Thatsachen."
S.107: "Dieses Argument beruht auf der unendlichen Anzahl der im Namen
der Gottheit durch die Zeugen verheissenen glücklichen Leben; man
müsste also das, was sie vorschreiben, gerade deshalb thun , weil
sie ihre Verheissungen über alle Grenzen hinaus übertreiben,
eine Folgerung, die dem gesunden Sinne widerspricht.
So lehrt auch die Rechnung, dass gerade diese Uebertreibung die Wahrscheinlichkeit
ihrer Zeugenschaft so weit verringert, dass sie unendlich klein oder zu
null gemacht wird. "
S.115: "Die Analyse gibt eine Bestätigung dafür, was uns schon
der einfache gesunde Menschenverstand sagt,
dass die Richtigkeit der Urtheile um so wahrscheinlicher ist, je zahlreicher
und aufgeklärter die Richter sind. "
S.118: "Wie gross ist jetzt" die Wahrscheinlichkeit, dass die Entscheidung
eines Gerichtshofes, welcher nur nach einer gegebenen Majorität verurtheilen
kann, gerecht, d. h. im Einklang mit der wahren Lösung der oben vorgelegten
Frage sein wird? Dieses wichtige Problem wird, falls man es in
der richtigen Weise löst, das Mittel an die Hand geben, unter
den verschiedenen Gerichten einen Vergleich anzustellen. Die Mehrheit von
einer einzigen Stimme in einem Tribunal, das aus vielen Mitgliedern besteht,
zeigt an, dass die Angelegenheit, um die es sich handelt, völlig zweifelhaft
ist; die Verurtheilung des Angeklagten würde also dann den Prinzipien
der Humanität, den Beschützern der Unschuld, entgegen sein. Die
Einstimmigkeit der Riehter würde eine grosse Wahrscheinlichkeit einer
gerechten Entscheidung geben; aber hielte man daran fest, so würden
zu viele Schuldige freigesprochen werden. Man muss also entweder die Zahl
der Richter einschränken, wenn man will , dass sie einstimmig sein
sollen, oder die zur Verurtheilung nöthige Majorität vermehren,
wenn das Tribunal zahlreicher wird. Ich gehe daran , einen Versuch zu machen
, die Rechnung auf diesen Gegenstand anzuwenden, in der Ueberzeugung, dass
es immer die beste Richtschnur ist, wenn man sie auf die Daten stützt,
die uns der gesunde Sinn an die Hand gibt."
S.120: "... Man könnte glauben , dass bei einem Gerichtshofe, wo
man eine Majorität von 12 Stimmen bei einer beliebigen Anzahl von
Richtern fordern würde, diese 12 Stimmen , da die Stimmen der Minorität
eine gleiche Stimmenzahl fier Majorität neutralisiren , die Einstimmigkeit
eines Geschworenengerichtes von 12 Mitgliedern darstellen worden, die z.
B. in England zur Verurtheilung eines Angeklagten erforderlich ist; aber
man befände sich da in einem grossen Irrthum. Der gesunde
Menschenverstand zeigt schon, dass ein Unterschied besteht zwischen
der Entscheidung eines Tribunals von 212 Richtern , wovon 112 den Angeklagten
verurtheilen, während 100 ihn freisprechen, und der eines Tribunals
von 12 Richtern , die bei der Verurtheilung einstimmig sind. Im ersten
Falle berechtigen die 100 für den Angeklagten günstigen Stimmen
zu der Meinung, dass die
Beweise weit davon entfernt sind, den Grad der Kraft zu erreichen,
der die Ueberzeugung nach sich zieht; im zweiten Falle dagegen führt
uns die Einstimmigkeit der Richter zu dem Glauben, dass die Beweise diesen
Grad erlangt haben. Aber der einfache gesunde Menschenverstand
genügt nicht zur Abschätzung des ungeheuren Unterschiedes der
Wahrscheinlichkeit des Irrthums in diesen beiden Fällen. Man muss
also zur Rechnung seine Zuflucht nehmen, und da findet man ungefähr
ein Fünftel als Wahrscheinlichkeit des Irrthums [>121] im ersten Falle
und nur 1/8192 für diese Wahrscheinlichkeit im zweiten Falle, eine
Wahrscheinlichkeit, die nicht einmal 1/1000 der ersten ist. Das ist eine
Bestätigung des Prinzipes dass das arithmetische Verhältniss
dem Angeklagten ungünstig ist, wenn die Zahl der Richter zunimmt.
Wird dagegen das geometrische Verhältniss als Regel angenommen , so
nimmt die Wahrscheinlichkeit des Irrthums der Entscheidung ab, wenn die
Zahl der Riehter zunimmt. ...."
S.191: "Man ersieht schon aus diesem Essai , dass die Wahrscheinlichkeitstheorie
im Grunde nur der der Berechnung unterworfene gesunde
Menschenverstand ist; sie lehrt das mit Genauigkeit abschätzen,
was ein richtiger Geist mit einer Art Instinkt fühlt, ohne dass er
sich oft davon Rechenschaft geben kann. Sie lässt nichts Willkürliches
in der Wahl der Meinungen und der zu ergreifenden Entschlüsse, so
oft man nur mit ihrer Hilfe die vortheilhafteste Wahl bestimmen kann. Dadurch
wird sie die beste Ergänzung für die Unwissenheit und Unzulänglichkeit
des menschlichen Geistes. Betrachtet man die analytischen Methoden, die
durch diese Theorie entstanden, die Wahrheit der Prinzipien, die ihr zur
Grundlage dienen, die scharfe und feine Logik, welche ihre Anwendung bei
der Lösung von Problemen erfordert, die gemeinnützigen Anstalten
, die sich darauf gründen , sowie die Ausdehnung, die sie schon erlangt
hat und durch ihre Anwendung auf die wichtigsten Fragen der Naturphilosophie
und der moralischen Wissenschaften noch erhalten kann; bemerkt man sodann,
[>192] wie sie selbst in den Dingen, die der Berechnung nicht unterworfen
werden können , die verlässlichsten Winke gibt , die uns in unseren
Schlüssen (jugements) leiten können, und wie sie vor irreführenden
Täuschungen sich in Acht zu nehmen lehrt, so wird man einsehen, dass
es keine Wissenschaft gibt, die unseres Nachdenkens würdiger wäre,
und die mit grösserem Nutzen in das System des öffentlichen Unterrichts
aufgenommen werden könnte."
Wirtschaft & Finanzen
"Die Eurokrise ab dem Jahr 2010 sorgte dann erneut für konzertierte
Hilfsmaßnahmen. Der europäische Stabilitätsmechanismus
ESM wurde aus der Taufe gehoben und mit ihm ein ganzer Strauß an
Instrumenten, um die finanzielle Stabilität der Eurozone zu sichern.
Die Vergabe von Darlehen und Krediten an Staaten und Finanzinstitute und
der umfangreiche Kauf von Anleihen durch die EZB waren von nun an „common
sense“."
Quelle: Focus 14.05.2022: Keine „weißen Ritter“ mehr. Bei der
nächsten Rezession werden die Notenbanken nicht unmittelbar einspringen.
https://www.focus.de/finanzen/boerse/konjunktur/zurueck-in-die-zukunft_id_98139053.html
Gesunder
Fach- und Sachverstand
Die Redewendung vom gesunden Menschenverstand wirft die Frage auf,
ob es nicht auch einen gesunden Fach- oder Sachverstand gibt?
Gesunder allgemeintechnischer
Verstand und Gesunder Fachverstand
Auf der Internetseite Statistik,
RAMS & Qualitätsmanagement wird zur ISO 13849 u.a. ausgeführt:
Ziel der Kategorie B: "Ausschöpfung der zuverlässigkeitstechnischen
Mittel bei einfachem Systemdesign. Gesunder allgemeintechnischer
Verstand."
Und zu 1. heißt es direkt anschließend: "Bewährte Prinzipien,
bewährte Bauteile. Gesunder Fachverstand"
_
Fachverstand als Werbemittel
“Marketing Know-How mit Fachverstand für
Deutschlands Fleischerhandwerk ... “Jedes Fleischerfachgeschäft
hat etwas Besonderes zu bieten was es gekonnt und
mit Fachverstand nach außen zu tragen
gilt!” Claudia Wild, SBW..."
Quelle [Internetseite
SBW Fachberatung Abruf 28.06.2018]
_
Gesunder Menschenverstand und Wissenschaft sind zwei
Welten
"Das Urteil des Spezialisten über andere Fachdisziplinen ist selten
fair. Über die Grenzen der Disziplinen hinweg funktioniert der
rationale Diskurs offenbar anders als innerdisziplinär, weil
plötzlich Methodenpluralismus herrscht. Hier kann der
Generalist helfen, der die Dinge vereinfacht, sodass grundsätzlich
alle das Problem verstehen können. Vor allem in der Politik
müssen Entscheidungen verständlich sein, sonst sind sie – fast
definitionsgemäß – nicht legitimiert. Spezialisten helfen da
oft wenig. „Gesunder Menschenverstand und Wissenschaft
sind zwei Welten, die inzwischen nur noch ziemlich wenig miteinander zu
tun haben“, sagt der Soziologe Ralf Dahrendorf."
Quelle S. 17: HUBERTUS BEYERLE (2008) Das Lob des
Simplen Kommentar. Max Planck Forschung. Fokus Mathematik.
_
Empirische Praegung des GMV
"Dieser Entwicklungsschritt war notwendig, weil der so genannte "gesunde
Menschenverstand" oft Fehlschlüsse nach sich zieht. Das
Problem des "gesunde Menschenverstand" ist,
dass er empirisch geprägt ist, demnach unserer täglich erfahrbaren
Welt entstammt. Aus diesem Grund haben die großen physikalischen
Theorien des 20. Jahrhunderts, die Relativitätstheorie und die Quantentheorie,
einen schöpferischen Geist erfordert, der bereit war vom Wege des
"gesunde Menschenverstandes" abzuweichen. Auch
heute noch bereiten diese Konstrukte beträchtliche Verständnisprobleme
und treiben unser Vorstellungsvermögen an die Grenzen (z.B. Krümmung
einer vierdimensionalen Mannigfaltigkeit, Tunneleffekt), wenngleich sie
vielfach verifiziert und in der wissenschaftlichen Gemeinschaft anerkannt
sind und hochgelobt werden."
Quelle: Internetseite
(Abruf 04.07.18): Müller, Andreas (2004) Astro Wissen. Die wissenschaftliche
Methode.
Kommentar: Kriterium Erfahrung (GMVErfahr)
und empirische Prägung (GMVKriterium).
Literatur (Auswahl)
zum Gesunden Menschenverstand ..." []
Die Quellen in den Grundlagen- und Gebrauchsbeispielen
werden nicht immer noch einmal aufgeführt.
-
Albersmeyer-Bingen, Helga (1986) Common Sense: ein Beitrag zur Wissenssoziologie.
Berlin. Duncker & Humblot.
-
Beyer, Alfred (o.KJ. Bib-Schätzung 1925) Der Sieg des Denkens. Gesunder
Menschenverstand und Alltagsleben. Berlin: Dt. Buch-Gemeinschaft. [Kein
Inhalts- und Sachverzeichnis; Bildungsbürger, Demokrat, wissenschaftsorientierter
Humanist und Rationalist]
-
Beyer, Alfred (1925) Die Technik des Denkens. Probleme der naiven Vernunft.
Berlin: Dt. Buch-Gemeinschaft. [Kein Inhalts- und Sachverzeichnis; wird
als Ergänzung für den ersten Band Der Sieg des Denkens
ausgegeben]
-
Beyvers, Gottfried & Penzkofer-Beyvers, Angelika (2016) Der gesunde
Menschenverstand.
-
Binkelmann, Christoph & Schneidereit, Nele (2015, Hrsg.) Denken
fürs Volk? Popularphilosophie vor und nach Kant. Würzburg: Königshausen
& Neumann .
-
Druyen, Thomas (2012) Krieg der Scheinheiligkeit - Plädoyer
für einen gesunden Menschenverstand. Maxlin Publishing.
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Fischer, Ernst Peter (1989) Kritik des gesunden Menschenverstandes: unser
Hindernislauf zur Erkenntnis. Hamburg: Rasch u. Röhring.
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Gilde, Werner & Altrichter, Siegfried (1983) Seltsames um den gesunden
Menschenverstand. Frankfurt: Harri Deutsch.
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Greve, Werner (1994). Handlungsklärung. Die psychologische Erklärung
menschlicher Handlungen. Bern: Huber.
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d’Holbach, Paul Henri Thiry (fr. 1772) Der gesunde Menschenverstand. Aufklärerische
Streitschrift und grundlegendes Dokument der Religionskritik Nach einer
Übersetzung von Samuel Ludvigh, neu herausgegeben und kommentiert
von Gottfried Beyvers und Angelika Penzkofer-Beyvers. Aschaffenburg: Alibri.
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d’Holbach, Paul Henri Thiry (1788) Die gesunde Vernunft oder die übernatürlichen
Begriffe im Widerspruche mit den natürlichen. London: [Online[
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Körver, Helga (1967) Common Sense. Die Entwicklung eines englischen
Schlüsselwortes und seine Bedeutung für die englische Geistesgeschichte
vornehmlich zur Zeit des Klassizismus und der Romantik. Bonn: Rheinische
Friedrich-Wilhelms-Universität.
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im Schach (Meilensteine des Schach, Band 8) Taschenbuch – 31. Wuppertal:
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: über die Zukunft des common sense ; [gemeinsame Sitzung der Klasse
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und Wirtschaftswissenschaften am 24. September 1986 in Düsseldorf
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Fünf Aufsätze Einleitung von Harald Delius. Theorie I. Frankfurt:
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Mukerji, Nikil (2017) Die 10 Gebote des gesunden Menschenverstands.
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Nehring, (2010) Kritik des Common Sense: gesunder Menschenverstand, reflektierende
Urteilskraft und Gemeinsinn - der Sensus communis bei Kant. Berlin: Duncker
& Humblot.
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Paine, Thomas (1794) Gesunder Menschenverstand An die Einwohner von America
gerichtet. Kopenhagen: Prost, Spohn & Comp. [PDF Bay. Staatsbibl.]
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Popper, Karl (1993) Objektive Erkenntnis. Ein evolutionärer Entwurf.
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Rosenzweig, Franz (1964, orig. 1921?) Das Büchlein vom gesunden und
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Rosenzweig, Franz (1921) Der Stern der Erlösung. Frankfurt: Kauffmann.
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Selter, Christoph & Walther, Gerd (2001, Hrsg.) Mathematik lernen und
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Shaw, George Bernard & Trebitsch, Siegfried (1954) Der gesunde
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Steindl-Rast, David (2009) Common Sense: Die Weisheit, die alle verbindet.
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Sinowjew, Alexander (1985) Die Diktatur der Logik. Über den gesunden
Menschenverstand und die sowjetische Gesellschaft. München: Piper.
-
Voltaire & Meslier, Jean (dt. 2010) Der Gesunde Menschenverstand
von Pfarrer Jean Meslier: Laut seinem Testament. Hierzu schreibt
ein Leserkunde: "Dieses Werk ist als Kritik am Christentum lesenswert.
Man sollte nicht meinen, dass aufgrund des Alters dieses Werkes dessen
Aussagen überholt seien. Die französischen Aufklärer im
18.Jahrhundert waren geistig weiter als die meisten Menschen heute. Meine
Einschränkungen beziehen sich lediglich darauf, dass nicht Meslier
und Voltaire die Autoren dieses Werkes sind, sondern eben ein anderer führender
Kopf der Aufklärung: d'Holbach. Dem trägt dann die auch preislich
günstigere und vom Schriftbild her wesentlich bessere Ausgabe des
Alibri-Verlags Rechnung."
-
Watts, Duncan J. (2013) Alles ist offensichtlich: sobald man
die Antwort kennt. Wie uns der gesunde Menschenverstand täuscht. Bern:
Huber.
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Zehm, Günter (2009) Gesunder Menschenverstand : über Glücklichsein,
Spaßhaben und Standhalten. Schnellroda: Ed. Antaios.
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Zehm, Günter (1988) Pankraz und der gesunde Menschenverstand. Glossen
aus der Lebenswelt. Gegen Dick- und Dünnbrettbohrer. Styria.
_
Literatur zur Bedeutungsanalyse
>
Definition,
Symbolik,
Verstehen,
Kommunikation.
-
Loppe, Tim (2010) Bedeutungswissen und Wortgebrauch: Entwurf einer Semantik
im Anschluss an Wittgenstein und Putnam (Tübinger Beiträge zur
Linguistik) Taschenbuch – 17. Februar 2010.
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Lörscher, Wolfgang (1993)Theorie der Wortbedeutung und ihre psychische
Realität. Universität Duisburg Gesamthochschule L.A.U.D (Linguistic
Agency University of Duisburg). Series A: General & Theoretical Papers.
Paper No 330.
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Römer, Christine & Matzke, Brigitte (2010) Der deutsche Wortschatz.
Struktur, Regeln und Merkmale. Tübingen: Narr.
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Römer, Christine & Matzke, Brigitte (2017) Der deutsche Wortschatz.
Struktur, Regeln und Merkmale.
-
Schmidt, Wilhelm (1963) Lexikalische und aktuelle Bedeutung. Ein Beitrag
zur Theorie der Wortbedeutung. Berlin: Akademie.
-
Seiler, Th. B. & Wannenmacher, W. (1985, Hrsg.) Begriffs- und
Wortbedeutungsentwicklung. Theoretische, empirische und methodische Untersuchungen.
Mit einer Einführung von Hans Aebli. Berlin: Springer.
-
Weiss, Thomas (2004) Die Gebrauchstheorie der Bedeutung im Big Typescript
- eine neue Perspektive auf Wittgenstein. Dissertation Universität
Karlsruhe. Berlin: Tenea. [GB]
[PDF im Netz]
Links (Auswahl: beachte)
Glossar,
Anmerkungen und Fußnoten > Eigener
wissenschaftlicher Standort.
1)
GIPT= General and
Integrative
Psychotherapy,
internationale Bezeichnung für Allgemeine und Integrative Psychotherapie.
__
Atrocitaet Grausamkeit
Atrocität (v. lat.), Grausamkeit.
Quelle: Lexikon: Atrocität. Pierer's Universal-Lexikon, S. 16518
(vgl. Pierer Bd. 1, S. 905)
__
bona-fide guten Glaubens
__
energische
Klasse bei Emerson
"... Die Gesellschaft der energischen Klassen
zeigt bei ihren Festen und geselligen Zusammenkünften einen Mut, eine
Initiative, die den blassen Gelehrten einschüchtern. ... " Quelle:
http://gutenberg.spiegel.de/buch/essays-erster-teil-7606/7.
__
MoMiG Gesetz
zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen
__
Internetseite
Um die häufige und lästige Fehlermeldung 404 zu minimieren,
geben wir nur noch Links von Quellen an, die in den letzten Jahrzehnten
eine hohe Stabilität ihrer URL-Adressen gezeigt haben (z.B. Wikipedia,
DER SPIEGEL)
__
Moore Liste (2) ausführlicher:
"(2) Ich komme jetzt zu der einzelnen trivialen Aussage, die, wie man
sehen wird, nicht gemacht werden kann, ohne sich auf die gerade in (1)
gegebene Liste von Trivialitäten zu beziehen. Auch von dieser Aussage
weiß ich (meiner Meinung nach) mit Bestimmtheit, daß sie wahr
ist, und sie lautet wie folgt:
Im Falle sehr vieler (ich sage nicht aller) menschlicher
Wesen, die zu der (mich selbst einschließenden) Klasse gehören,
welche auf folgende Weise definiert ist, d. h. als menschliche Wesen, die
menschliche Körper gehabt haben, die geboren wurden und einige Zeit
auf der Erde gelebt haben, und die während der Lebenszeit dieser Körper
viele verschiedene der in (1) angeführten Arten von Erlebnissen gehabt
haben, ist es wahr, daß jedes von ihnen häufig während
der Lebenszeit seines Körpers Aussagen in Bezug auf sich selbst oder
seinen Körper, und in Bezug auf einen Zeitpunkt, der vor allen Zeitpunkten
liegt, zu denen ich die Aussagen von (1) niedergeschrieben habe, gewußt
hat, die jeder der Aussagen von (1) in dem Sinne korrespondieren, daß
sie in Bezug auf es selbst oder seinen Körper und die fragliche
frühere Zeit (nämlich in jedem Falle den Zeitpunkt, als es das
wußte) dasselbe behaupten, was die entsprechende Aussage von (1)
in Bezug auf mich oder meinen Körper und den Zeitpunkt, zu dem ich
sie niedergeschrieben habe, behauptet.* Mit anderen Worten, (2) behauptet
nur (was einleuchtend und trivial genug erscheint), daß jeder von
uns [>116] (wobei mit »uns« sehr viele menschliche Wesen gemeint
sind, die zu der definierten Klasse gehören) häufig in Bezug
auf sich selbst oder seinen Körper, und in Bezug auf den Zeitpunkt
seines Wissens, alles das gewußt hat, was ich beim Niederschreiben
meiner Aussagenliste (1) über mich oder meinen Körper jeweils
zu der Zeit, als ich die entsprechende Aussage niederschrieb, zu wissen
in Anspruch genommen habe. D. h gerade so, wie ich wußte (als ich
das schrieb) »Es existiert im Augenblick ein lebendiger menschlicher
Körper, der mein Körper ist«, gerade so hat jeder von uns
in Bezug auf sich selber und einen anderen Zeitpunkt häufig die andere,
aber entsprechende, Aussage gewußt, die er dann zutreffend durch
»Es existiert im Augenblick ein menschlicher Körper, der mein
Körper ist« hätte ausdrücken können; gerade so,
wie ich weiß »Viele von dem meinen verschiedenen menschliche
Körper haben vor dieser Zeit auf der Erde gelebt«, hat auch
jeder von uns häufig die andere, aber entsprechende Aussage gewußt:
»Viele von dem meinen verschiedene menschliche Körper haben
vor dieser. Zeit auf der Erde gelebt« ; gerade so, wie ich weiß
»Viele andere menschliche Wesen als ich haben vor dieser Zeit wahrgenommen,
geträumt und gefühlt«, hat auch jeder von uns häufig
die andere, aber entsprechende, Aussage gewußt: »Viele andere
menschliche Wesen als ich haben vor dieser Zeit wahrgenommen, geträumt
und gefühlt«; und man könnte dies für jede der in
(1) aufgezählten Aussagen so fortsetzen. Ich hoffe, daß es soweit
keine Schwierigkeiten macht zu verstehen, was diese Aussage (2) behauptet.
Ich habe durch Beispiele klarzumachen versucht, was ich mit »Aussagen,
die den Aussagen von (1) jeweils entsprechen« meine. Und (2) behauptet
nichts anderes als daß jeder von uns häufig gewußt habe;
daß eine Aussage wahr ist, die (in dem gekennzeichneten Sinn jeweils
einer Aussage von (1) entspricht - und natürlich handelte es sich
jedesmal, wenn er wußte, daß eine solche Aussage wahr ist,
um eine andere entsprechende Aussage."
* In diesem Absatz verknäult sich Moores Streben nach Präzision.
Zu seiner Entschlüsselung geht man am besten von »Im Falle .
. . vieler . . . menschlicher Wesen ... ist es wahr, daß jedes .
. . Aussagen . . . gewußt hat, die jeder der Aussagen von (1) . .
. korrespondieren . . .« aus. — Üb.
__
Marie Freifrau von
Ebner-Eschenbach Gesammelte Schriften, erster Band: Aphorismen, Parabeln,
Märchen und Gedichte, Verlag von Gebrüder Paetel, Berlin 1893
__
Offensichtlich
"Offensichtlich bleibt jede Betrachtung über
Zufall mit ,,Mangel" behaftet."
Quelle S. 499: Henning,
K. & Kutscha, S. (1984) Mangelnde Ursache oder mangelndes Wissen?
Zum Begriff Zufall in Philosophie und Naturwissenschafl . Naturwissenschaften
71,493-499.
__
Schleiermacher
"1. Die Hermeneutik als Kunst des Verstehens
existirt noch nicht allgemein sondern nur mehrere specielle Hermeneutiken
Asts Erklärung S. 172, Wolf S. 37
1. Nur Kunst des Verstehens;
nicht auch der Darlegung des Verständnisses. Dies wäre nur ein
specieller Theil der Kunst zu reden nnd zu schreiben der nur von den allgemeinen
Principien abhängen könnte.
2. Aber auch nicht nur schwierige
Stellen in fremden Sprachen. Bekanntschaft mit dem Gegenstand nnd der Sprache
wird vielmehr vorausgesezt. Ist beides so, so werden Stellen nur schwierig
weil man auch die leichteren nicht verstanden hat. Nur ein kunstmäßiges
Verstehen begleitet stetig die Rede nnd die Schrift
3. Man hat gewöhnlich
geglaubt wegen der allgemeinen Principien sich auf den gesunden
Menschenverstand verlassen zu können, aber dann kann
man sich auch wegen des besondern auf das gesunde Gefühl verlassen.
2. Es ist sehr schwer der allgemeinen Hermeneutik
ihren Ort anzuweisen.
1. Eine Zeitlang ist sie allerdings als Anhang
der Logik behandelt worden aber als man alles angewandte in der Logik aufgab
mußte dies auch aufhören. Der Philosoph an sich hat keine Neigung
diese Theorie aufzustellen weil er selten verstehen will selbst aber glaubt
nothwendig verstanden zu werden.
2. Die Philologie ist auch etwas positives durch
unsre Geschichte geworden. Daher ihre Behandlungsweise der Hermeneutik
auch nur Aggregat von Observationen ist."
Quelle S, 119: Schleiermacher,
Friedrich (2012) Vorlesungen zur Hermeneutik und Kritik. Kritische Gesamtausgabe.
II. Abt. Bd.4. Herausgegeben von Wolfgang Virmond unter Mirwirkung von
Hermann Patsch. Berlin: De Gruyter.
__
Suhrkampausgabe
|
Nach der irreführenden Titelgebung des Suhrampverlages könnte
man denken, alle fünf Aufsätze Moores behandeln den gesunden
Menschenverstand. Das ist falsch. Denn nur der dritte Aufsatz (113-152)
mit dem ent- sprechenden Titel handelt davon. Das ist nicht in Ordnung.
common
sense wird in dem Aufsatz auf folgenden Seiten erwähnt: 128, 129,
130, 131.
_
_ |
__
Querverweise
Standort: Begriffsanalyse Gesunder Menschenverstand.
*
Beweis und
beweisen im Alltag.
Haupt- und Verteilerseite
Begriffsanalysen.
Überblick Arbeiten
zur Theorie, Definitionslehre, Methodologie, Meßproblematik, Statistik
und Wissenschaftstheorie besonders in Psychologie, Psychotherapie und Psychotherapieforschung.
*
*
Dienstleistungs-Info.
*
Zitierung
Sponsel, R. (DAS). Begriffsanalyse
Gesunder Menschenverstand. Internet Publikation für Allgemeine
und Integrative Psychotherapie IP-GIPT. Erlangen: https://www.sgipt.org/wisms/sprache/BegrAna/BA_GesMV.htm
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Ende_
Begriffsanalyse
Gesunder Menschenverstand__Rel.
Aktuelles _Überblick_Überblick
Wissenschaft _Rel.
Beständiges_ Titelblatt_
Konzept_
Archiv_
Region_
Service
iec-verlag__Wichtige
Hinweise zu Links und Empfehlungen_
Mail:
sekretariat@sgipt.org_
korrigiert irs 27.06.2018 2. Rechtschreibprüfung
27.06.2018, 22.10 Uhr
Aenderungen Kleinere
Änderungen werden nicht extra ausgewiesen; wird gelegentlich überarbeitet
und ergänzt.
04.07.22 Franz Rosenzweig
Fundamentalkritik.
29.06.21 Inhaltsverzeichnis
eingefügt,
26.06.21 GMVPolya
Verständnis des Mathematiker Georg Polyas.
27.10.18 Neue
Spezifikation GMVKultur
21.08.18 Beim
aufgeklärten GMV Ergänzung Poppers. Neueinführungen: AAVPop,
AVPop.
14.09.18 Bolzano:
GMVBerufung
09.09.18 GMVaufgekl.
Wichtige neue Bedeutung.
01.09.18 Kommentarergänzungen,
Kant, Kant-2, Kant-3, Alphabetische Gliederung der Bedeutungen nach Indizes.
15.08.18 Soziologie:
Normalität
und Abweichung Begriffe des GMV.
13.08.18 Neue
Kriterien: GMVhyposta
, GMVgesund und Beispiele
aus Medien, Psychopathologie
und Soziologie.
04.08.18 Queverweis
auf die eigene Seite Bertrand Russell und der
GMV.
29.07.18 Suhrkampkritik
Moore.
24.07.18 Neu:
Russell
* Philosophie Rubrik erstellt: Bergson,
Kant, Hegel, Moore, Nietzsche, Russell , Sinowjew.
18.07.18 Physik.
06.07.18 Hauptbedeutungen
ergänzt.
05.07.18 Zusammenfassung
und Kommentare ergänzt; Wertvolle
primitiv-tägliche Vernunft des gesunden Menschenverstandes;
Alltag
und gesunder Menschenverstand; Methodik;
04.07.18 Empirische
Praegung des GMV. * Ungerechtfertige Ueberheblichkeit
des GMV *
02.07.18 Erste
Auswertungen der Arbeit Ernst Peter Fischers.
01.07.18 Der
gesunde Menschenverstand in Wörterbüchern und Lexika nach
Albersmeyer-Bingen.
30.06.18 Neu:
(GMVego) , (GMVvergl),
(GMVzuschr),
29.06.18 Neu:
(GMVwert) ,
28.06.18 Gesunder
Menschenverstand im Recht als eigene Seite ausgelagert * Abgrenzungen
und Sonderfragen: gesunder Fach- und Sachverstand * Gesunder
Fach- und Sachverstand * Internetseite
* Umstrukturierungen * Kommentarergänzungen * Neue Bedeutungen: (GMVfach)
, (GMVwiderspr) ,
(GMVaugsch) , (GMVvernunft),
(GMVKriterium), (GMVErfahr),
(GMVonS).
27.06.18 Erste
Version ins Netz gestellt.
24.06.18 Angelegt.