Politischer Wochen Kommentar
Neid * Mißgunst * Gerechtigkeit * Gier * Vernunft * Der richtige Weg * Querverweise * Extern: Kritik der Führungskräfteschulung * Der Plattmacher |
von Rudolf Sponsel, Erlangen
Die Propagandamedien der GeldvorteilsnehmerInnen haben flugs ein neues Wort kreiert, das die Forderung einer Vermögenssteuer in ein schlechtes Licht rücken soll: "Neidsteuer". Da die Dumpfbackenmedien, wichtigstes Instrument der globalen Luft- und Seifenblasenwirtschaften dieser Welt - Jedem sein Dritthandy fürs Zweitklo -, wenig motiviert sind, ihren Sprachgebrauch vernünftig zu begründen, wollen wir dies ein wenig ausführen, auch weil diese Diskussion letztendlich eine bleibende oder immer wiederkehrende ist, so lange der Mensch in organisierten Gesellschaften lebt.
Neid heißt das Gefühl, das uns einen Mangel spüren läßt und damit zugleich ein Bedürfnis. Neid ist aus psychologischer Sicht insofern ein positives Gefühl, weil es Bedürfnisse und Strebungen anzeigt. Wer Neid fühlen kann, spürt, was ihm fehlt. Das ist gut und wichtig. Zeigt es einem doch, wohin die persönliche Reise gehen sollte. Ein Neidgefühl ist daher ein wichtiger Wegweiser des Lebens. |
Mißgunst heißt das Gefühl, das einem anderen nicht gönnt, was man selbst nicht hat, aber gern hätte. Die Mißgunst ist sozusagen die häßliche und destruktive Schwester des Neides. Während Neid den Menschen und die Gesellschaft eher vorwärts bringt, wirkt Mißgunst zerstörerisch. Eine ganze andere Fragestellung ist die nach der: |
Gerechtigkeit [Eckpunkte
Einkommensverteilung]
Was oder wie viel soll wem unter welchen Bedingungen und warum zustehen? |
Das ist letztlich eine Frage der Ethik und Wertlehre,
von Moral, Weltanschauung und Ideologie. Eine solche Frage kann man philosophisch,
ideologisch und dogmatisch behandeln, oder, wie schon Aristoteles,
vernünftig und soziologisch, indem man sich fragt: welche Einkommensverteilung
fördert die politische Stabilität und Zufriedenheit der Menschen
auf lange Sicht? Welche
gesellschaftlichen Verhältnisse sind wünschenswert und welche
nicht? Aristoteles hat hierauf bereits vor über 2300 Jahren eine klare,
wegweisende und immer noch gültige Antwort gegeben, wenn er erkannte,
daß Machtzentrierung, sei es durch dauerhafte Funktions- oder Geldanhäufung
- den Bill Gates' seiner
Zeit empfahl er die Verbannung - , für die politische Stabilität
hinderlich und schädlich ist. Die Bedeutung der großen Mitte
wurde also schon frühzeitig erkannt. Eine mathematische Lösung
für eine günstige Verteilung des Reichtums enthielt der alte
deutsche 10 Mark Schein (Ausschnitt):
Nachdem z.B. Geld auch ein sehr bedeutsames Machtwerkzeug ist, sollte
zu großer Reichtum gar nicht vorkommen und entstehen können,
eine Auffassung, die schon der oft falsch zitierte John
Locke vertrat. Dies unterstützt man z.B. durch folgendes Modell
eines gestuften Einkommenssystems mit Obergrenze:
Gerechtigkeit heißt der Zustand, der Werte nach allgemein akzeptierten normativen Kriterien zuteilt und verwirklicht. Wer viel leistet, Glück hat und einnimmt, soll mehr abgeben, aber auch mehr übrig haben. Nachdem niemand etwas für seine Begabung und Anlagen kann, kann Begabung und Anlage auch nicht besonders honoriert werden. Außerdem kann der einzelne nur durch Mitwirkung und Nutzung anderer zu entsprechendem Einkommen gelangen. Wer also eine Million Euro oder darüber erwirtschaftet, dem mögen, so unser Vorschlag, 250.000 bleiben, das 12,5 fache der einfachsten Klasse. Damit ist die Gefahr zwar noch nicht gebannt, aber eine wichtige Vorbeugung erzielt. |
Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung
[250.000] Eine entsprechende Verfassungsänderung
wäre zu wünschen.
Gier
Critical Reviews of Wall Street (1987): https://www.colorado.edu/AmStudies/lewis/film/wallst.htm
https://essaycity.com/free_term_papers_and_essays/Movies_Plays_Tv_Reports/99.html
Fundstelle Kabel 1, 17.10.10, 114,30
(Media Player).
Das sind die beeindruckenden Formulierungen des Wirtschaftskriminellen 'Gekko', ausgezeichnet gespielt von Michael Douglas, der im Grunde nichts anderes kann als bescheißen und der andere für sich hemmungslos ausbeutet und arbeiten läßt, um zu Insiderinformationen zu gelangen - der amerikanische Alptraum, wie man ihn kennt. [Zum "leichten" Geld mit Aktien]. Wie in Deutschland unter den Augen einer völlig unfähigen Politik und Justiz asozial hemmungslos Firmen geschlachtet und geplündert werden, wurde eindrucks- und verdienstvoll von Frontal 21 aufgegriffen (26.11.2). |
Wie ist das nun mit den Ansprüchen und der Gier? Ist neidisch oder gar mißgünstig, wer bei anderen deren Ansprüche oder Gier kritisiert, begrenzt und kontrolliert wissen möchte? Wie ist die Gier psychologisch einzuschätzen? Was leistet sie fürs Leben, für die Gesellschaft, das eigene Selbst und die Psychopathologie?
Die Wissenschaft und insbesondere auch die akademische Psychologie hat ein Problem mit der Gier, erwähnen sie in vielen ihrer Nachschlagewerke noch nicht einmal das Wort, so z.B. nicht: Fröhlich (1994): Wörterbuch der Psychologie; Hehlmann (1965): Wörterbuch der Psychologie; Städtler (1998): Lexikon der Psychologie; Clauß (1976, Hrsg.): Wörterbuch der Psychologie; ja noch nicht einmal in: Höffe (1997, Hrsg.): Lexikon der Ethik.
So müssen wir also teilweise wieder einmal auf die alten Griechen zurückgreifen. So äußert sich unübertrefflich verdichtet Plutarch, ein Vordenker moderner Verhaltenstherapie im Kapitel "Der Hang zum Reichtum" (S. 158) im Abschnitt die
"Unstillbarkeit des Verlangens":
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Aber auch Literatur und Dichtung erweisen sich wieder einmal mehr der
hölzernen trockenen akademischen Psychologie (siehe oben) haushoch
überlegen, wenn z.B. im Lexikon von Elisabeth Frenzel
Motive der
Weltliteratur ein umfangreicher Eintrag (S. 266-283) zu den Stichworten
Goldgier,
Geldgier erfolgt:
"In keiner anderen Form enthüllt sich die menschliche Habsucht so sehr als geist- und seelenlos wie in der Gier nach Gold und Geld. Während der Wunsch nach Besitz von Häusern und Äckern, Herden, Gerät und Kunstschätzen eher verständlich und verzeihlich erscheint, dekuvriert [RS: entlarvt] die Hortung des Tauschmittels Geld, mit dem alle diese Güter erworben [>267] werden könnten, aber von dem Geldbesessenen meist nicht erworben werden, diesen als einen in seiner Humanitas reduzierten Typ des Menschen. ... Je abstrakter, je mehr auf Übereinkunft beruhend der Wertcharakter des Geldes wird, um so pervertierter erscheint die Geldgier. Sie ist durch zwei Verhaltensweisen gekennzeichnet: einmal das unersättliche, durch keinerlei soziale Rücksicht regulierte Gewinnstreben, zum anderen durch die unter Hintansetzung sogar des eigenen Wohls erkaufte Bewahrung des Gewonnenen. Spekulationsgeist und Geiz können in einer Person vereint sein, das eine tritt jedenfalls meist nicht ohne eine Beimischung des anderen auf, aber aus der Prävalenz einer der beiden Eigenschaften ergeben sich zwei Haupttypen des Geldgierigen." ... |
Linkhinweise (beachte):
Psychopathologie des Geldes I
* Psychopathologie des Geldes II
* Geldtabu
Vernunft heißt die Haltung, die zweck- und zielangemessen ist. Was vernünftig ist, hängt also von den Zielen und Zwecken ab. Aristoteles hat, wie oben schon bemerkt, vor über zwei Jahrtausenden grundlegende und auch heute noch aktuelle Vorschläge in seiner Staatslehre gemacht [so ist z.B. das Rotationsprinzip nicht etwa eine Erfindung der Welk-Rost- Grünen, sondern uraltes aristoteleskes Ideengut]. Wir brauchen weder Rothschilds noch Bill Gates'. Zu viel Geldmacht ist Gift für eine gesunde Gesellschaft. |
Die Politik darf nur in dem Maße weitere Bürgerbelastungen durch Abgaben und Steuern einfordern, wie sie selbst einspart und zu allererst bei sich selbst. |
So lange die Politik nicht sagt und regelt, wie sie die Staatsausgaben und ihre Pfründe dauerhaft zurückfährt, sollte sie kein Recht auf weitere Belastungen der BürgerInnen haben. Die Staatsquote muß gesenkt, nicht erhöht werden. |
Neuhäuser, Christian (2019, 2.A.) Wie reich darf man sein? Über Gier, Neid und Gerechtigkeit. Stuttgart: Reclam.
Psychologie
und Psychopathologie des Geldes.
Psychologie
und Psychopathologie des Geldes 2. Themenheft Geld: Zeitschrift für
Sozialökonomie.
Macht
Geld glücklich? - Die Sicht eines Börsenmaklers.
Gelderwerb - Wie kann der Mensch
zu Geld gelangen?
Armut-
und Reichtumsberichte der Bundesregierung.
end-korrigiert: irs 29.11.2