Politischer Wochen
Kommentar PWK 2002-28
Schwerpunkt Wirtschaftskritik
von Rudolf Sponsel, Erlangen
Eine gute ManagerIn, ein guter Vorstand bewirkt 1) einen angemessenen Gewinn (Aktienkurs), 2) schafft eine solide Eigen- Kapitaldecke, kümmert sich 3) um zufriedene MitarbeiterInnen und 4) um zufriedene Angehörige und Familien (als wertvollste Quelle aller Ressourcen) und 5) um zufriedene Kunden, 6) denkt und handelt vorausschauend und zieht solide Planung auf der Basis handfester Daten dem intuitiven Zocken und wunschgeleiteter Phantasie vor, hat 7) den Grundsatz verinnerlicht: Gute Geschäfte sind solche, von denen alle Beteiligten etwas haben. 8) Die globale New Economy Über den Tisch zieh Mentalität, gepaart mit Finanzvampirologie auf der Basis von Luft- und Seifenblasen- Wirtschaften, Schein, Glimmer, Oberfläche ist einer verantwortlichen und soliden ManagerIn fremd. |
9) Wirtschaft versteht eine gute ManagerIn nicht als Werbe- und Medienspiel, sondern als harte Arbeit; sie / er ist ehrgeizig, aber nicht gierig. 10) Zu ihrer / seiner Leistungs-, Führungs- und Verantwortungsethik gehört auch, daß sie / er unaufgefordert ihren / seinen Posten räumt, wenn sie / er 1) bis 5) nicht erreicht ebenso wie die Selbstverständlichkeit, ihre / seine Gage vom Unternehmungserfolg nach 1-5 abhängig zu machen. |
Und nicht vergessen: Gute Geschäfte sind solche, von denen alle Beteiligten etwas haben.
Und solange in diesem Lande das eiserne Führungsprinzip gilt: Wer Mist macht, wird belohnt, so lange wird Deutschland in der letzten Kolonne der roten LaternenträgerInnen sein PISA-Debakel Dasein fristen.
Es ist gewiß nicht allein Ron
Sommer, der ist nur das Symbol für das Finanz- und Wirtschafts- Desaster
Deutsche Telekom. Der Hauptverantwortliche für das Desaster ist der
Hauptaktionär Bundesrepublik Deutschland mit 43 % und der Aufsichtsrat,
der offensichtlich und weitgehend fehlbesetzt ist.
Wie ist es möglich, daß derartige falsche Wertzuweisungen bei den Immobilien einfach so durchgehen, so daß nunmehr abermals ein Wertberichtigungsbedarf in Milliardenhöhe ansteht? Welche WirtschaftsprüferInnen haben hier wieder versagt oder amigo-testiert?
Wie ist es möglich, daß der mit über 60 Milliarden verschuldete Konzern Deutsche Telekom einen Konzern in den USA (VoiceStream) für 34 Milliarden kauft, der nur ein Zehntel des Kaufpreises wert sein soll?
Wie ist es möglich, bei den UMTS Lizenzen sich derartig zu verspekulieren?
Wie ist es möglich, daß
trotz der extremen Verschuldung Ron Sommer, sein Vorstand und Aufsichtsunrat
weiter offen davon träumen, eine AT & T-Firma für weitere
Milliarden zu erwerben, um noch weiter, noch viel tiefer und noch mehr
und fester in der Schuldenfalle zu versinken?
Der gesamte Aufsichtsunrat gehört
auf der Basis eines neuen qualitätsgesicherten Aufsichtsratsgesetzes
ausgewechselt (und nicht nur bei der Telekom). Er taugt nichts, wie so
viele nicht [und hier sollte auch bei den Gewerkschaften einmal gründlich
aufgeräumt werden]. Diese Aufsichtsunräte sind unfähig,
ihre Aufgabe verantwortlich wahrzunehmen und nur deshalb konnte es so weit
kommen. [Siehe: Was ist ein guter
Aufsichtsrat?]. Doch die Auswechslung ist nicht möglich. Das deutsche
Aktiengesellschaftsrecht taugt also nicht, denn hier bestimmt allein das
Geld, wer Aufsichtsunrat wird. Das kann es also nicht sein. Denn hier beißt
sich die Katze wieder einmal in den Schwanz.
Querverweis: Verantwortung, Schuld, Grund, Auslöser, Anlaß, Ursache ...
Eine Meldung zur Bilanzmanipulation,
Kundentäuschung,
Korruption,
Subventions- u. Leistungs- Erschleichung, Bestechung, Vorteilsnahme,
Preisabsprachen, Auftragsteilung jagt die andere, so daß wir uns
fragen müssen: was leisten eigentlich Aufsichtsräte? Sind das
Verdienst- , Jasager, Augenzudrück- und Schweigegeldposten? Ist es
wichtig für einen deutschen Aufsichtsrat, daß er von seiner
eigentlichen Aufgabe nichts versteht, nichts kann, alles tut, nur nicht
Aufsicht ausüben zum Wohle des Unternehmens, seiner MitarbeiterInnen,
der deutschen Wirtschaft und Gesellschaft?
Es ist dringendst geboten, ja notwendig, eine strenge Trennung zwischen Funktionen des Nutzens und der Bewertung herbeizuführen. Wer ein Unternehmen berät und von seiner Beratung profitiert, ist befangen und hat seine Unabhängigkeit verloren. Aber auch wer ein Unternehmen prüft und kritisch bewertet, muß fürchten, künftig nicht erneut befaßt zu werden. Das Wirtschaftsprüf- und Kontrollsystem - nicht nur in Deutschland sondern auch in den USA wie wir inzwischen wissen - taugt nichts und öffnet willfährigen Gefälligkeits- und Fehl- Testaten Tür und Tor. Das ist ein Systemmangel und ein tiefsitzendes strukturelles Problem. Eine Bank, die Aktienempfehlungen abgibt, ist zu einer unabhängigen Prüfung nicht mehr in der Lage. Der Sumpf und Morast der Insidergeschäfte, Wirtschaftsspionage, Wirtschaftssabotage ist durch die völlig intransparente Verflechtung des Aufsichtsratsunwesens der Banken, Wirtschaft, Gewerkschaften und PolitikerInnen systemprogrammiert. Dieser Dschungel wird durch das scheinheilige Geldtabu im angeblichen Interesse der Freiheit noch verstärkt.
Querverweise: FlowTex: Big Manni und das Idioten-Prüfsystem der deutschen Bank- und Wirtschaftsprüfer - ein Meisterwerk deutscher Politik * Checkliste Korruption * Internet-Netzwerk Kritik Intelligenz Reform (IN-KIR). Dokumentation von Äffären, kriminellen Machenschaften, Inkompetenz und Versagen *
Abgesehen von den schon lange abwesenden preußischen Tugenden fehlt es vor allem an solider, tragfähiger, allgemein geförderter und verbindlicher Charaktererziehung. Grundlegende Werte und Tugenden sind in der Erziehung unter dem Eindruck der Medien und der global- politischen Oberflächenkultur "Prinzip" Hollywooddemokratie weitgehend verloren gegangen: Zuverlässigkeit, Pflicht, Ehrlichkeit, Treue, Anstrengungs- und Leistungsbereitschaft, Solidarität, Toleranz (statt Gleichgültigkeit), Verantwortungsgefühl, Gerechtigkeit. Mut und Zivilcourage (statt Dominanz und Mobbing) wären zwar auch sehr wichtig, aber diese Werte wurden noch nie von Herrschenden gemocht oder wirklich gefördert. Ein guter Held ist ein toter Held. Die Kirchen - besonders die katholische - sind teilweise selbst moralisch verwahrlost und im Grunde mit ihrer metaphysischen Glaubwürdigkeit ziemlich am Ende. Sekten, Satanskulte, Scientology, Esoterik und andere RattenfängerInnen sind aber natürlich auch keine Alternative. Dieses Land leidet unter einem echten Werte- Verlust. Mitverantwortlich ist die ungezügelte Zulassung der Amerikanisierung und der Globalisierungswahn Europas und der Welt. Ich mag den Islam aus mehreren guten Gründen wie alle Auserwählten nicht, aber ich verstehe den islamischen Aufstand gegen die verrottete und hemmungslos egoistische Pseudokultur Amerikas [CIA 1- 2 - 3 - 4 - 5 ].
Querverweis: Grundprobleme
in Deutschland
Querverweis: Die
grundlegenden Reformen: Politik der Verantwortung und Zukunft
Querverweis: Hartz-Kommission:
Falscher Ansatz, falscher Weg, falsche Sachverständige. Oben muß
zuerst ausgemistet, verschlankt, gestrafft, vereinfacht und gespart werden.
Das Morgenmagazin (ZDF) entblödete sich nicht, angesichts der Firmenpleite bei der Dt. Babcock (Babcock Borsig) Reporter loszuschickcn, um zu fragen: "Wie fühlen Sie sich?" Jetzt, wo der Arbeitsplatzverlust droht und zahlreiche Familien samt ihrem bescheidenen Wohlstand ins Abseits abrutschen könnten? Wie fühlt sich eine ArbeitnehmerIn, die mit ansehen muß, wie Vorstände, Aufsichtsunräte und ManagerInnen die Firma plündern, das Firmenjuwel versilbern und das sinkende Schiff verlassen, um beim neuen Juwelier die Früchte dieses erbärmlichen Geschäftes doppelt einzufahren? Wie fühlt sich ein Mensch, dem man die wirtschaftlichen Beine wegzieht und den man im Arbeitslosen- Dauer- Regen stehen läßt?
Die Demokratie ist nicht unbedingt die zweitbeste Staatsform, wobei es, wie Churchill anmerkte, die beste nicht gibt. Schaut man sich die Machtverhältnisse, Brot und Spiele der Gegenwart an, ist kein großer Unterschied zu Adel und Aristokratie festzustellen: der Adel der modernen Mediendemokratie heißt nur Geldadel und Geldadeliger ist, wer genügend davon hat. Der Schein ist alles. |
Man vergegenwärtige sich: PolitikerInnen sind im Grunde, wenn sie sich auf den Weg machen, Menschen wir Du und ich, vermutlich auch nicht besser oder schlechter als wir alle - bis sie das System einholt. Sie sind daher vor allem auch ein Opfer der strukturellen Bedingungen. Es hat also keinen Sinn, nach besseren Menschen zu suchen, man muß die strukturellen Bedingungen so verbessern, daß das Gute in uns allen mehr zum Vorschein kommt, gefördert wird und das Böse, das in uns allen steckt, besser kontrolliert wird. Wir können unseren Egoismus nicht abschaffen, wir können ihn nur besser kontrollieren. Hierzu brauchen wir grundlegend andere Transparenz- Bedingungen als dieser Staat, sein Rechts- und Kontrollsystem bisher zur Verfügung stellt, erlaubt und fördert.
Am wichtigsten und nötigsten ist eine Staats- und Grundgesetzreform
Das Grundgesetz ist schlecht und
dringend revisionsbedürftig. Wie schlecht es eigentlich ist, hat sich
erst die letzten 35 Jahre herausgestellt, seit die Republik zunehmend unaufhaltsam
abwirtschaftet, Staatsverschuldung, Filz, Korruption, Mißmanagement,
Inkompetenz und Versagen ein gigantisches Ausmaß erreicht haben.
PolitikerInnen
müssen an die Wahlen denken und daran, wie sie an der Macht bleiben.
Entschieden wird vom großen Haufen und den ihn manipulierenden Interessengruppen,
wobei der große Haufen bekanntlich nur kurzfristig und oberflächlich
denken mag oder kann. Dies nennt man dann plebiszitäre Demokratie.
Damit sind die strukturellen Bedingungen so gewählt, daß das
geschieht, was der große Haufen hören will oder wozu er sich
manipulieren läßt. Damit ist klar, daß sparen, umsichtig
wirtschaften, vorsorgen sehr unwahrscheinlich werden. Konstruktive Veränderungen
innerhalb des Systems sind unwahrscheinlich. Hier kann nur eine Staats-
und Verfassungsreform helfen, die bessere Rahmenbedingungen für
alle politischen Parteien und PolitikerInnen, unabhängig von ihren
Charakteren über die Wahlperioden hinaus dauerhaft und sicher zur
Verfügung stellt:
Ein neues Grundgesetz muß her unter dem Primat von Transparenz und Kontrolle, das den Erkenntnissen der Wissenschaften vom Menschen Rechnung trägt, das die idealistische Verlogenheit und vielfältige Widersprüchlichkeit zugunsten des Realitätsprinzips aufgibt. |
Hierzu auch: Roman
Herzog fordert Staatsreform
Deutschlands Hauptproblem ist nicht die Armen ärmer zu machen, sondern eine Erneuerung der maroden Führungsstrukturen
Die Politik braucht zur Entwicklung der Demokratie vor allem - und wenigstens - fünf neue strukturelle Impulse: (1) Transparenz: Abschaffung des Geldtabus (Bankgeheimnis, Steuergeheimnis) und keine falsche Vorschiebung und Zweckentfremdung von Datenschutz; (2) Verantwortung: Abschaffung des Idiotenprinzips: Wer Mist macht wird belohnt; (3) eine Reform des Grundgesetzes zur Staatsverschuldung; (4) eine Zurückführung der Blockademöglichkeiten der Bundesländer sowie (5) Schaffung wirkungsvoller Kontrollsysteme.
Einführung und Neufassung des Verantwortungsprinzips
Schluß mit dem Idiotenprinzip:
Wer Mist macht wird belohnt. Es müssen dringend die gesetzlichen
Voraussetzungen dafür geschaffen bzw. erleichtert werden, daß
diejengien, die in verantwortlicher Stellung (PolitikerInnen, MinisterInnen,
Abgeordnete, BeamtInnen u.a. VerantwortungsträgerInnen) Mist machen,
nicht durch Abfindungen, vorzeitigen Ruhestand (Pension) und neue Möglichkeiten
des Doppelt- und Dreifachverdienens belohnt werden. Wer Mist macht, muß
es spüren, Mist machen darf sich nicht länger lohnen.
Jede Oma, jede PädagogIn, jede PsychologIn, jeder, der bis drei zählen kann und gesunden Menschenverstand hat, weiß: werden Fehlverhaltensweisen belohnt, verfestigen und vertiefen sie sich. Jeder weiß das. Nur die Politik und ihre potemkinschen "Kontrollsysteme" scheren sich nicht darum, wissen es offenbar nicht oder wollen es nicht wissen. Wer Mist macht, darf nicht länger mit Abfindungen, Frühpensionen, Doppeleinkünften und anderem Geldsegen belohnt werden. |
Nicht minder wichtig ist es, dem
Wirtschafts- und Geldadel die Möglichkeiten zum hemmungslosen Ausbeuten
- wie es beispielweise zu allen Ferienzeiten vom Benzinkartell demonstriert
wird - empfindlich zu beschneiden:
Das Bundeskartellamt kann Firmen verpflichten, gewünschte Preiserhöhungen anzumelden. Das Bundeskartellamt kann gewünschte Preiserhöhungen untersagen, wenn es von den Begründungen nicht überzeugt ist. |
Querverweis: https://www.attac.de/ * |