Politischer Wochen Kommentar
PWK 2002-14
Nahost-Faschismus
ohne Ende?
Hängt
der Osten ewig am Subventionstropf? Was ist falsch gelaufen bei der Wiedervereinigung
1?: Sieben Kardinalfehler nach Helmut Schmidt
Gibt
es zu wenig ÄrztInnen in Deutschland
Benzinkartell:
hemmungslos, außer Rand und Band
Wirtschaftskompetenz
Bayern: Der Fall Dornier und Kirch
Insolvenzen in Deutschland nach
Quellen des Stat. Bundesamtes
Lichtblick
der Woche:
Das Wetter und der Ansturm auf das Dokumentationszentrum
auf dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände in Nürnberg
Politik
der Zukunft und Verantwortung:
von Rudolf Sponsel, Erlangen
Erstausgabe 06.04.2002, Letztes
Update TT.MM.JJ
Was ist die erste Pflicht der TherapeutIn?
Die Realität zu sehen, wie
sie ist.
156 israelische Siedlungen wurden auf Palästinensergebiet errichtet. UNO-Resolutionen gelten nicht für die USA und nicht für Israel. Kinder, Frauen, wahllos Unbeteiligte sind bevorzugte Opfer, vor allem durch verzweifelte und fanatisierte palästinensische SelbstmordattentäterInnen. Scharon, selbst ein bekannter und historisch verbürgter Staats- Terrorist, wenn auch 'nur' in kleinem Umfang, dürfte seinem wohl nicht minder terroristischen Gegenspieler Arafat, der den Friedens- Nobelpreis sicher zu Unrecht bekommen hat, nur wenig nachstehen. Politiker und Verbrecher, dazwischen gibt es vielfach keinen nennenswerten Unterschied. Und so ist es potentiell überall. Auch wenn in Friedens- und Wohlstandszeiten eine dünne Schicht von Friedens- und Rechts- Makulatur die Illusion vorgaukelt, der Mensch sei ein anderer geworden. Er ist kein anderer und er wird auch nie ein anderer werden. Es kann niemals die Grund- Frage sein, einen guten Menschen zum Führer zu berufen, sondern immer nur, Verhältnisse zu schaffen, die das Gute, das neben dem Schlechten und Bösen in uns allen mehr oder weniger potentiell vorhanden ist, nicht nur in den Führern und der Führungsschicht fördern. Wir alle sind potentielle Mörder, das zeigen alle Kriege und existenziell erlebten Krisensituationen. Gewalt, Hass, Niedertracht, Vernichtungswille, hemmungslose Brutalität und verzweifelte Wut haben sich im Nahen Osten auf beiden Seiten verselbständigt. Die systemische Kommunikationstherapie (Watzlawick) lehrt uns, daß es keinen Sinn hat, in einem Kreis nach Anfang und Ende, nach Ursache und Wirkung zu suchen. Jede Wirkung auf der einen Seite läßt sich ebensogut als Ursache von der anderen Seite her interpretieren. Und daher ist es auch sinnlos, die Lösung des Problems in einer ersten Vorgabe einer Seite zu suchen.
Was ist die zweite Pflicht der TherapeutIn?
Die Ziele ihrer Klientel zu erforschen.
So leid es mir tut, ich vermag auf beiden Seiten keine Ziele zu erkennen, die miteinander verträglich wären. Beide wollen sich auf Teufel komm raus und ohne Ende Schmerzen, Leid und Schaden zufügen, beide wollen gar nicht friedlich neben-, geschweige denn miteinander leben. Insofern hat sich das wechselseitige Morden und Zerstören verselbständigt und entspricht bei vielen Israelis und Palästinensern ihrer inneren Motivationslage, was ich nachvollziehen und verstehen kann. Ich könnte auch ein israelischer oder palästinensischer Falke sein - nur die Gnade der Umstände und des Schicksals haben mich davor verschont.
Was ist die dritte Pflicht der TherapeutIn?
Die Möglichkeiten zu prüfen,
was, wie, unter welchen Bedingungen geht und was es kostet (auch an Risiko)
?
Wo es (zur Zeit) kein Motiv gibt,
nutzen alle Appelle nichts und sind im Grunde politischer Unfug, selbstberuhigende
Sonntagsfürze, die bestenfalls den politischen Tartüffs und ihrem
Publikum dienlich sein mögen, aber weder den Israelis noch den Palästinensern
helfen. Helfen kann hier nur noch das Verweigern jeglicher Hilfe in beide
Richtungen. Eine Lösung kann also nur von außen kommen, z.B.
Einfrieren jeglicher Hilfe für beide Seiten. Helfen heißt, das
Leid, das Morden, das Zerstören verlängern, noch ein bißchen
aushaltbar machen.
Beide Seiten können von sich aus derzeit nicht mehr echt aufeinanderzugehen. Hilfe von außen ist notwendig. Und Hilfe kann und muß in erster Linie bedeuten: keinerlei Hilfe. Denn jede Hilfe verlängert das Leiden, macht es aushaltbarer. Die wirkungsvollste wirkliche Hilfe besteht in der radikalen Verweigerung jeglicher Hilfe. Beide Seiten brauchen - leider - ihre Pyrrhus- Erfahrung. |
Und genau damit ist weder auf Seiten der USA zu rechnen, deren Gott wohl ein jüdischer Amerikaner sein muß, noch auf Seiten der arabischen Freunde Palästinas, deren Allah sicher ein Araber ist. Und auserwählt sind sie leider alle, das ist die erste paranoide Voraussetzung, die Juden, Christen, Moslems für sich selbst und für uns alle verhängnisvoll miteinander teilen. Wir haben die religiösen Verrückten leider zu lange in ihrer Pathologie gewähren lassen. Die Toleranz muß Grenzen haben, wie z.B. in der Frage der Beschneidung afrikanischer Mädchen.
Was also können wir dann tun?
Sollten wir beiden Seiten möglichst viel Waffen liefern, damit sie
sich schneller und wirkungsvoller umbringen können? Nun, dazu kann
und wird sich offiziell niemand bereit finden. Also gibt es nur eins: Das
Morden, Zerstören und Leiden muß so lange weitergehen, bis beide
Seiten ihre Pyrrhus- Sättigung erreicht
haben. Meiner Schätzung nach lautet die Gleichung zur Zeit:
4 Palästinenser- Leben gegen 1 Israeli- Leben.
Wann ist die Pyrrhusgrenze erreicht? Weitere Fünftausend? Zehntausend? Hundertausend? |
Querverweise religiöser fanatischer Fundamentalismus
Nahostkonflikt im Internet (Auswahl
- Hinweis)
https://www.derriere.de/International/Nahostkonflikt.htm
https://www.derriere.de/Israel/Nahostkonflikt_3.htm
https://www.lehrer-online.de/dyn/210171.asp
https://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,111663,00.html
Lit: https://www.ex-oriente-lux.de/nahostlit.htm
Hängt der Osten ewig am Subventionstropf ? Was ist falsch gelaufen bei der Wiedervereinigung 1?
Ein sehr informative und interessante Analyse verdanken wir Helmut Schmidt, die im folgenden wiedergegeben wird:
Sieben Kardinalfehler bei der Wiedervereinigung
(S. 29 - 35)
aus:
Kardinalfehler 1: Unterschätzung der Schwierigkeiten |
"Die naive Unterschätzung der
voraussehbaren Schwierigkeiten der wirtschaftlichen Vereinigung war der
erste Kardinalfehler. Daraus sind weitere Fehlentscheidungen und Unterlassungen
erwachsen, die heute nur schrittweise, nur teilweise und insgesamt auch
unzureichend korrigiert werden."
Kardinalfehler 2: naiver Glaube an die Marktwirtschaft |
"Der naive Glaube, Marktwirtschaft
an sich werde schon in wenigen Jahren (Kohl: «Bis 1994!») die
ehemalige DDR in ein wirtschaftlich blühendes Land verwandeln, war
der zweite Kardinalfehler."
Kardinalfehler 3: Eins-zu-eins-Aufwertung der Ost-Mark |
"Der dritte Kardinalfehler lag in
der De-facto-Aufwertung der alten Mark (Ost) auf etwa das Dreifache. Damit
ist die Wettbewerbsfähigkeit auch derjenigen ostdeutschen Unternehmen
untergraben worden, deren Produkte qualitativ für den deutschen, den
gemeinsamen europäischen und für den Weltmarkt durchaus geeignet
waren, wenn sie nur im Preis wettbewerbsfähig geblieben wären.
Der damalige Bundesbankpräsident Pöhl sah das Unglück kommen,
er hat eindringlich gewarnt. Jedoch hat der Bun- [>30] deskanzler sich
von seinem Kurs nicht abbringen lassen, schließlich wollte er durch
den Umtausch von einer Mark (Ost) in eine DM (West) auch denjenigen Menschen
im Osten etwas Gutes tun, deren Stimme er sich in der ersten gemeinsamen
Bundestagswahl ein halbes Jahr später erhoffte." (...)
Kardinalfehler 4: Fehlender langfristiger Finanzausgleich |
"Der vierte Kardinalfehler war der im Einigungsvertrag liegende Verzicht auf einen weitreichenden generellen Finanzausgleich zugunsten der neuen Länder. Nur bis zum Ende des Jahres 1994 soll der «Fonds Deutsche Einheit» laufen, den der Bund und die westdeutschen Länder gemeinsam alimentieren. Von 1995 an sollen die östlichen Bundesländer durch Gesetz in den «horizontalen» Finanzausgleich der sechzehn Länder und den «vertikalen» Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern einbezogen werden. Inzwischen ist der Fonds erheblich, aber immer noch unzureichend aufgestockt worden. Alldem, auch der zeitlichen Begrenzung bis Ende 1994, liegt der Kardinalfehler Nr. 2 zugrunde, nämlich die naive Annahme, im Jahre 1994 werde im Osten die Wirtschaft blühen. Die Annahme, Ende 1994 würden die östlichen Bundesländer im Prinzip finanziell auf eigenen Beinen stehen können, ist freilich schon heute als tragikomische Illusion entlarvt; die Verschuldung der neuen Länder nimmt schnell zu, sie steuern in wenigen Jahren in eine Finanzkrise." (...)
Die heutige finanzielle
Abhängigkeit der östlichen Bundesländer hat für sie
gefährliche politische und psychologische Konsequenzen. Sie sind gegenüber
der Bundesregierung (und den ihr unterstehenden Behörden wie Treuhandanstalt,
Bundesanstalt für Arbeit usw.) in die Rolle ständiger Bittsteller
gedrängt. Damit ist ihre politische Position kategorisch schlechter
als die der westlichen Bundesländer. Ihre Entscheidungsfreiheit ist
wesentlich kleiner, obschon sie der ungewöhnlichen Probleme wegen
mindestens gegenwärtig eigentlich größer sein müßte.
Diese Abhängigkeit wirkt sich natürlich auf die seelische Befindlichkeit
der in den Landtagen und Landesregierungen tätigen Personen aus, ebenso
auf die öffentliche Meinung in den östlichen Bundesländern.
Das Bewußtsein der Trennung und der Unterordnung unter westdeutsche
Organe und Personen wird vertieft - das Gegenteil von dem, was man sich
wünschen möchte. Viele Ostdeutsche fühlen sich vom Westen
beherrscht."
Kardinalfehler 5: Autonome Treuhandanstalt |
"Ein ähnlicher psychologischer Effekt geht zwangsläufig von der Arbeit der Treuhandanstalt aus, und damit bin ich beim fünften Kardinalfehler. Wenn in Thüringen oder in Sachsen-Anhalt ein größeres, früher «volkseigenes» Unternehmen verkauft wird, so liegt die Entscheidung nicht bei den Regierungen in Erfurt oder Halle, sie liegt auch nicht bei den Landtagen, sondern bei der Treuhandanstalt in Berlin. Das gleiche gilt für Stillegungen, Teil-Stillegungen, selbst für Verkäufe von ungenutzten Flächen an einen [>32] Investor. Die Treuhandanstalt ist de facto ein Bundesministerium für die strukturelle Umgestaltung der ostdeutschen Unternehmenslandschaft. Da sie für ihre Operationen jedoch keine Gesetzgebung benötigt, unterliegt sie praktisch lediglich dem Erfordernis der Zustimmung ihres Verwaltungsrates und dessen Aufsicht. Kein Parlament hat mitzureden. Im Ergebnis ist sie für die Landesregierungen und die Landtage aller östlichen Bundesländer eine überaus mächtige, mit großen Kompetenzen und Finanzmitteln ausgestattete Nebenregierung, die lediglich vom Bundesfinanzminister abhängt. Ostdeutsche Bundesbürger haben an diesen Kompetenzen keinen Anteil, es sei denn, sie sind im Einzelfall leitende Mitarbeiter der Treuhandanstalt. Vielen Ostdeutschen stellen sich die Privatisierer und Sanierer als «Bilderbuch-Kapitalisten» dar (Bohley); dabei darf man nicht vergessen: In der Sprache der SED bezeichnete das Wort Kapitalist einen Menschen, der andere versklavt. Diese Gleichsetzung ist politisch und psychologisch unerfreulich." (...)
Letztlich gehören
die Entscheidungen über die jetzt noch verbliebenen Betriebe in die
Hände der Landesregierungen oder neu zu schaffender, ihnen unterstehender
regionaler Treuhandanstalten; dazu aber brauchen die östlichen Länder
eigenen finanziellen Spielraum. Durch die verfehlte Konstruktion und den
Auftrag der heutigen Treuhandanstalt sind lebenswichtige Entscheidungen
über die Zukunft des ostdeutschen Bundesbürgers - aber nicht
nur über seine Zukunft - in der Anonymität verschwunden, also
dorthin, wo sie auch schon zu Honeckers und Mittags Zeiten waren." (...)
Kardinalfehler 6: Falsch: Rückgabe vor Entschädigung |
"Der sechste Kardinalfehler liegt auf einem benachbarten Feld, nämlich in der Vermögensregelung aufgrund des Einigungsvertrages. Zwar ist inzwischen das gesetzliche Prinzip der Rückerstattung früheren Privateigentums, der Grundsatz «Rückgabe vor Entschädigung», etwas abgemildert worden. Aber da in den allermeisten Fällen die Enteignungen schon vor langer Zeit erfolgt sind, handelt es sich bei den Anspruchsberechtigten in der Regel um Erben der früheren Eigentümer. Insgesamt sind inzwischen 2,4 Millionen Ansprüche angemeldet, davon ist bisher nur rund ein Zehntel erledigt. Der Rest ist ein fabelhaftes Beschäftigungsprogramm für Rechtsanwälte und Gerichte, das bis ins nächste Jahrhundert reicht.
In der Zwischenzeit
aber besteht weiterhin Unsicherheit über den endgültigen Eigentümer,
mit zwei bösen Folgen. Zum einen haben sich viele Wohnungsbesitzer
darauf verlassen, zu Recht in [>34] ihrer Wohnung zu sein, jetzt haben
sie Angst, zu einem ungewissen Zeitpunkt hinausgeworfen zu werden. Zum
anderen unterbleiben Reparaturen und Investitionen, was sowohl betriebs-
als auch volkswirtschaftlich außerordentlich schädlich ist.
Das Rückgabeprinzip hat sich als «formidables Investitionshemmnis»
(Biedenkopf) erwiesen." (...)
Kardinalfehler 7: Explosion der Lohnstückkosten |
"Für den siebten Kardinalfehler
sind in erster Linie die Verbände der Arbeitgeber und die Gewerkschaften
verantwortlich, allerdings ist auch die Bundesregierung nicht schuldlos.
Ich spreche von der Tariflohnentwicklung der Jahre 1990, 1991 und 1992.
Schon 1990 ist die Tariflohnentwicklung für Ostdeutschland von den
(westdeutschen!) Tarifpartnern weit über den Produktivitätsfortschritt
hinaus nach oben getrieben worden, der öffentliche Dienst machte den
Vorreiter. Die Explosion der Lohnstückkosten hat besonders diejenigen
Unternehmen der ehemaligen DDR getroffen, deren Produkte ohnehin kaum wettbewerbsfähig
waren. Ende 1989 lag das monatliche durchschnittliche Einkommen im Osten
bei 1170 Mark (Ost), Anfang 1992 war es auf 2090 DM (West) gestiegen. Für
diejenigen, die ihren Arbeitsplatz behalten konnten, war das eine fabelhafte
Verbesserung. Für Millionen anderer war es der wichtigste Grund für
den Verlust ihres Arbeitsplatzes.
Die Bundesregierung
muß sich vorwerfen lassen, nicht schon [>35] bei den ersten Anzeichen
dieser Fehlentwicklung die Spitzenverbände der Arbeitgeber und Arbeitnehmer
an ihren Tisch gebeten zu haben, um ihnen die zu befürchtende Lohnstückkostenentwicklung
im Osten eindringlich vor Augen zu führen und sie um Mäßigung
zu ersuchen. Niemals vorher wäre eine «konzertierte Aktion»
im Sinne Karl Schillers notwendiger gewesen.
Die Arbeitslosigkeit
ist durch Kurzarbeit, vorzeitigen Ruhestand, Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen
und Beschäftigungsgesellschaften (sogenannter zweiter Arbeitsmarkt,
in Wahrheit verdeckte Arbeitslosigkeit) deutlich gemildert worden, unter
Aufwendung ganz erheblicher Finanzmittel des Bundes. Gleichwohl: Die gegenwärtige
Arbeitslosigkeit ist in vielen Industriestädten Ostdeutschlands heute
weit höher, als sie 1932 zur Zeit der ersten großen Weltwirtschaftskrise
gewesen ist - damals wurde die Hoffnungslosigkeit der Arbeitslosen zu einem
der Hauptmotive für die Wahl der NSDAP und Hitlers. Heute ist die
wirtschaftliche Lage der Arbeitslosen ungleich besser als damals. Sie birgt
jedoch ein Element der Bitterkeit und Enttäuschung, das zusammen mit
anderen Ängsten ein bedrückendes Gemisch aus Resignation und
Aggression hat entstehen lassen, besonders unter den Jugendlichen. Rostock-Lichtenhagen
ist ein Beispiel dafür. Wahrscheinlich ist die hohe Arbeitslosigkeit,
deren Ende für viele gar nicht abzusehen ist, der wichtigste der Negativfaktoren,
die zu Beginn des Jahres 1993 die gedrückte Stimmung im Osten Deutschlands
ausmachen.
Im Westen gibt
es nur noch wenige, die sich an eine derartige Massenarbeitslosigkeit überhaupt
erinnern. Deswegen können sich auch die meisten Westdeutschen nicht
in die Lage der Arbeitslosen im Osten einfühlen. Neben der offiziell
gemeldeten Arbeitslosigkeit gibt es eine gewaltige verdeckte. Tatsächlich
gingen 1992 nur noch rund 45 Prozent derjenigen Erwerbspersonen einer regulären
Beschäftigung im Osten nach, die 1989 voll beschäftigt gewesen
waren."
Entweder man stellt nun realistische Marktbedingungen her und führt eine richtige Gleichstellung in jeder Hinsicht durch ("gesund manchestern") oder man schränkt die Freizügkeit und die Gültigkeit des Grundgesetzes für die Dauer der Angleichung ein und führt eine partielle und beschützte Planwirtschaft durch, die Zug um Zug offener und freier wird. Beides wird nicht gehen, vor allem weil unser Rechtssystem und seine InterpretInnen seit jeher jeder vernünftigen Regelung im Wege steht. Hm. |
Gibt
es zu wenig ÄrztInnen in Deutschland ?
Brainstorming zur Gesundheitsreform
Im Jahre 1900 klagten die Ärzte über eine Ärzteschwemme und den Niedergang des Berufsstandes. Damals betrug die Arztdichte 1 : 1923. Heute beträgt sie 1 : 280, und in Berlin, daß schon immer, auch 1900 von Ärzten überflutet war, ist sie sogar unter 1:200 gesunken. Weniger als 200 der finanziell schon argentinisierten BerlinerInnen müssen also eine Ein- Arzt- Existenz finanzieren. Die gesamten Gesundheitskosten belaufen sich seit Jahren auf über eine halbe Billion Mark, ca. 125 Milliarden Euro fließen in die Krankenkassen.
Wir haben nicht zu wenig ÄrztInnen,
sondern wir haben zu viel ÄrztInnen an den falschen Orten mit vielfach
falschen Anwendungen und falschen juristisch- bürokratischen und institutionellen
Rahmenbedingungen.
_
ÄrztInnen strömen, wie Menschen in anderen Wirtschaftsbereichen auch, dorthin, wo gut und angenehm verdienen ist, wo man Freude und Erfolg im Beruf hat. Das ist vielfach nicht der Fall im Osten, auf dem Lande und in Krankenhäusern mit ihrem schlechten Betriebsklima, einem idiotischen und unverantwortlichen Schichtdienst und einem Hierarchiesystem aus der Kaiserzeit: den Ober- und ChefärztInnen völlig ausgeliefert. Es gibt genügend ÄrztInnen, aber sie sind falsch verteilt und das liegt in erster Linie an den Planungs- und Verteilungs- Inkompetenz der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der politisch Verantwortlichen. |
Querverweise Gesundheitskosten und Problemlösung:
Benzinkartell: hemmungslos, außer Rand und Band
Der Nahostkonflikt ist ein willkommener Anlaß für das mutmaßliche Benzinkartell, seine Preiserhöhungen zu rechtfertigen. Verschwiegen wird hierbei von den Konzernen, daß die Ölpreisentwicklung natürlich über entsprechende Terminmarktgeschäfte abgesichert wird, jedenfalls dann, wenn verantwortlich und vorausschauend gewirtschaftet wird, so daß steigende Preise der Rohstoffe, hier Öl, dadurch ausgeglichen werden.Terminmarktkontrakte sind für echte WirtschaftsteilnehmerInnen praktisch nichts anderes als Versicherungen.
Man kommt diesen Wirtschaftsräubern nur durch eine Kartellgesetznovellierung bei, die das Beweisprinzip umkehrt und bei der es der Kartellbehörde - deren Reform zudem längst überfällig ist -überlassen bleibt, ob sie sich durch einen Antrag überzeugen läßt oder nicht.
Querverweis: Entwurf zur Novellierung des Kartellgesetzes
Forderung: Reform Kartellbehörde: Eine Behörde, die bei von 3500 angestrengten Verfahren nur vier Ergebnisse vorweisen kann, ist weitgehend überflüssig und eine Fehlkonstruktion. Das Bundeskartellamt muß also ebenso wie das Kartellgesetz - das die Kartelle schützt - dringend reformiert und für seinen eigentlichen Zweck richtig ausgerüstet werden.
Wirtschaftskompetenz Bayern: Der Fall Dornier und Kirch
Völlig überraschend stellte
Fairchild-Dornier in Oberpfaffenhofen Insolvenzantrag. Rund 3000 - 4000
Arbeitsplätze sollen betroffen sein. Wieder einmal mußte der
11. September für Wirtschaftsinkompetenz herhalten. Und das im angeblichen
Musterländle Bayern. Doch damit nicht genug: mittlerweile scheint
auch das Aus für Leo Kirch, dem großdeutschen Medien-
Mogul, unabwendbar. Mit rund 1,9 Milliarden Euro (3,8 Milliarden Mark)
soll die Bayerische Landesbank im Finanzfiasko mit drinnen stecken. Die
bayerische SteuerzahlerIn darf sich dank dieser Amigo- Wirtschaftskompetenz
von Stoiber, Wiesheu und CSU freuen - und zahlen. Mein Gott: von wem werden
wir nur regiert? Sollte Stoiber wirklich besser als der Vereinigungsversager
Kohl sein? Wollte Stoiber nicht kürzlich sogar die letzten 8 Millarden,
die zum Maastrichtkriterium für das Staatsdefizit noch offen sind,
auch noch grenzgängerisch und zockerisch verbraten? Schwarz-gelb oder
rot-grün, das ist leider keine echte Wahl, sondern würfeln zwischen
Pest und Cholera.
In Deutschland gilt auch unter rot-grün das nun globale "marktwirtschaftliche" Kapitalprinzip, Gewinne privatisieren und Verluste sozialisieren. Wenn ArbeiterInnen entlassen werden, müssen sie zum Arbeitsamt. Wenn ManagerInnen und verantwortliche PolitikerInnen Mist machen, erhalten sie Abfindungen und Frühpensionen mit Mehrfacheinkünften oder erhalten eine neue Chance, ihr Unvermögen zu demonstrieren. Eine offenbar beste Voraussetzung für den Job Kanzler. |
Pressemitteilung des Statistischen Bundesamtes Nr. 113 vom 5. April 2002
"Immer mehr groessere Unternehmen
von Insolvenz betroffen
Wie Destatis, das Statistische Bundesamt,
mitteilt, mussten im Jahr 2001 erheblich mehr groessere und aeltere Unternehmen
als je zuvor den Gang zum Insolvenzgericht antreten. So hat die Zahl der
Unternehmen, die zum Zeitpunkt der Insolvenz mehr als 100 Arbeitnehmer
beschaeftigten, gegenueber dem Jahr 2000 um 34 % zugenommen. Um ein Viertel
hoeher als im Vorjahr war die Zahl der insolventen Unternehmen, die laenger
als acht Jahre bestanden. Die Gesamtzahl der Unternehmensinsolvenzen (einschliesslich
Kleingewerbe) ist im Jahr 2001 um 14 % gestiegen. Bis 1994 wurden jaehrlich
weniger als 20.000 Unternehmensinsolvenzen verzeichnet, 1998 rund 28.000
und im Jahr 2001 ueber 32.000. Je Unternehmen standen in den neunziger
Jahren Verbindlichkeiten von durchschnittlich etwas mehr als 500.000 Euro
zu Buche, im Jahr 2001 waren es rund 850.000 Euro. In den neunziger Jahren
waren also eher kleinere Firmen von einer Insolvenz betroffen.
Quelle: thttps://www.destatis.de/presse/deutsch/pm2002/p1130132.htm
Lichtblick
der Woche:
Das Wetter und der Ansturm auf das
Dokumentationszentrum auf dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände in
Nürnberg
Die Erlanger (Nürnberger) Nachrichten meldeten am Donnerstag (4.4.2, S. 9 u. 11) etwas höchst Erfreuliches neben dem Wetter in dieser nachösterlichen Woche: "Bereits ein halbes Jahr nach der Eröffnung wird der 100000. Besucher erwartet."
Politik
der Verantwortung und Zukunft
Die Demokratie ist nicht unbedingt die zweitbeste Staatsform, wobei es, wie Churchill anmerkte, die beste nicht gibt. Schaut man sich die Machtverhältnisse, Brot und Spiele der Gegenwart an, ist kein großer Unterschied zu Adel und Aristokratie festzustellen: der Adel der modernen Mediendemokratie heißt nur Geldadel und Geldadeliger ist, wer genügend davon hat. Der Schein ist alles. |
Man vergegenwärtige sich: PolitikerInnen sind im Grunde, wenn sie sich auf den Weg machen, Menschen wir Du und ich, vermutlich auch nicht besser oder schlechter als wir alle - bis sie das System einholt. Sie sind daher vor allem auch ein Opfer der strukturellen Bedingungen. Es hat also keinen Sinn, nach besseren Menschen zu suchen, man muß die strukturellen Bedingungen so verbessern, daß das Gute in uns allen mehr zum Vorschein kommt, gefördert wird und das Böse, das in uns allen steckt, besser kontrolliert wird. Wir können unseren Egoismus nicht abschaffen, wir können ihn nur besser kontrollieren. Hierzu brauchen wir grundlegend andere Transparenz- Bedingungen als dieser Staat, sein Rechts- und Kontrollsystem bisher zur Verfügung stellt, erlaubt und fördert.
Am wichtigsten und nötigsten ist eine Staats- und Grundgesetzreform
Das Grundgesetz ist schlecht und
dringend revisionsbedürftig. Wie schlecht es eigentlich ist, hat sich
erst die letzten 35 Jahre herausgestellt, seit die Republik zunehmend unaufhaltsam
abwirtschaftet, Staatsverschuldung, Filz, Korruption, Mißmanagement,
Inkompetenz und Versagen ein gigantisches Ausmaß erreicht haben.
PolitikerInnen
müssen an die Wahlen denken und daran, wie sie an der Macht bleiben.
Entschieden wird vom großen Haufen und den ihn manipulierenden Interessengruppen,
wobei der große Haufen bekanntlich nur kurzfristig und oberflächlich
denken mag oder kann. Dies nennt man dann plebiszitäre Demokratie.
Damit sind die strukturellen Bedingungen so gewählt, daß das
geschieht, was der große Haufen hören will oder wozu er sich
manipulieren läßt. Damit ist klar, daß sparen, umsichtig
wirtschaften, vorsorgen sehr unwahrscheinlich werden. Konstruktive Veränderungen
innerhalb des Systems sind unwahrscheinlich. Hier kann nur eine Staats-
und Verfassungsreform helfen, die bessere Rahmenbedingungen für
alle politischen Parteien und PolitikerInnen, unabhängig von ihren
Charakteren über die Wahlperioden hinaus dauerhaft und sicher zur
Verfügung stellt:
Ein neues Grundgesetz muß her unter dem Primat von Transparenz und Kontrolle, das den Erkenntnissen der Wissenschaften vom Menschen Rechnung trägt, das die idealistische Verlogenheit und vielfältige Widersprüchlichkeit zugunsten des Realitätsprinzips aufgibt. |
Hierzu auch: Roman
Herzog fordert Staatsreform
Deutschlands Hauptproblem ist nicht die Armen ärmer zu machen, sondern eine Erneuerung der maroden Führungsstrukturen
Die Politik braucht zur Entwicklung der Demokratie vor allem - und wenigstens - fünf neue strukturelle Impulse: (1) Transparenz: Abschaffung des Geldtabus (Bankgeheimnis, Steuergeheimnis) und keine falsche Vorschiebung und Zweckentfremdung von Datenschutz; (2) Verantwortung: Abschaffung des Idiotenprinzips: Wer Mist macht wird belohnt; (3) eine Reform des Grundgesetzes zur Staatsverschuldung; (4) eine Zurückführung der Blockademöglichkeiten der Bundesländer sowie (5) Schaffung wirkungsvoller Kontrollsysteme.
Einführung und Neufassung des Verantwortungsprinzips
Schluß mit dem Idiotenprinzip:
Wer Mist macht wird belohnt. Es müssen dringend die gesetzlichen
Voraussetzungen dafür geschaffen bzw. erleichtert werden, daß
diejengien, die in verantwortlicher Stellung (PolitikerInnen, MinisterInnen,
Abgeordnete, BeamtInnen u.a. VerantwortungsträgerInnen) Mist machen,
nicht durch Abfindungen, vorzeitigen Ruhestand (Pension) und neue Möglichkeiten
des Doppelt- und Dreifachverdienens belohnt werden. Wer Mist macht, muß
es spüren, Mist machen darf sich nicht länger lohnen.
Jede Oma, jede PädagogIn, jede PsychologIn, jeder, der bis drei zählen kann und gesunden Menschenverstand hat, weiß: werden Fehlverhaltensweisen belohnt, verfestigen und vertiefen sie sich. Jeder weiß das. Nur die Politik und ihre potemkinschen "Kontrollsysteme" scheren sich nicht darum, wissen es offenbar nicht oder wollen es nicht wissen. Wer Mist macht, darf nicht länger mit Abfindungen, Frühpensionen, Doppeleinkünften und anderem Geldsegen belohnt werden. |
Nicht minder wichtig ist es, dem
Wirtschafts- und Geldadel die Möglichkeiten zum hemmungslosen Ausbeuten
- wie es beispielweise zu allen Ferienzeiten vom Benzinkartell demonstriert
wird - empfindlich zu beschneiden:
Das Bundeskartellamt kann Firmen Verpflichten, gewünschte Preiserhöhungen anzumelden. Das Bundeskartellamt kann gewünschte Preiserhöhungen untersagen, wenn es von den Begründungen nicht überzeugt ist. |
Nächster Politischer Wochen
Kommentar (PWK 02-15) vermutlich am 13.4.2
end-korrigiert: irs 6.4.2