Checkliste Begriffe, Definition, speziell zum Erleben
Materialien zur Wissenschaftstheorie, Sprach-, Wort- und Begriffsanalyse
Checkliste Definition und definieren.
"Die Definitionslehre gehörte seit jeher zu den Stiefkindern
der Wissenschaften und auch der Wissenschaftstheorie."
Essler (1982) Wissenschaftstheorie I Definition und Reduktion,
S. 76
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Originalarbeit von Rudolf Sponsel,
Erlangen
Querverweise
zum Definitionsproblem
Denkpsychologie.
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Definition elementare Dimension des Erlebens: Eine elementare Dimension des Erlebens liegt genau dann vor, wenn ein durchschnittlicher Mensch unter Normalbedingungen (gesund, wach) einen Erlebensinhalt erkennen/wiedererkennen und von anderen unterscheiden kann. |
Definition elementare Dimension des Erlebens : Eine elementare Dimension des Erlebens liegt genau dann vor, wenn ein durchschnittlicher Mensch unter Normalbedingungen (gesund, wach) einen Erlebensinhalt erkennen/wiedererkennen und von anderen unterscheiden kann. |
Es ist vorgesehen, die verschiedenen Merkmale und Kriterien mit
Beispielen aus der Forschungsgeschichte zu belegen.
Grundlegende Kriterien/ Fragen
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Materialien aus der IP-GIPT zur Definition und zum Definieren
Grundbegriffe
und Paradigma der Definition: Definiendum
:= Definiens.
Definieren ist ein konstruktiver geistiger
Akt (Beispiel > Phantasie).
Erst nachdem die Merkmale konstruktiv über
Prädikatorenregeln bestimmt und nach Möglichkeit auch begründet
worden sind, lässt sich prüfen, ob und wie sich diese Merkmale
in der Realität und im Sprachgebrauch aufzeigen lassen. Die Entwicklung
einer Definition ist praktisch oft ein dialektischerTdial
und konstruktiver Prozess mit ständigem Vergleich, Veränderung
und Anpassung zwischen Definitionsinhalt mit den Sachverhalten der Realität
oder des Sprachgebrauchs. Definitionen sind als freie Festsetzungen einer
Sprachübereinkunft grundsätzlich nicht wahr oder falsch, sondern
mehr oder minder zweckangemessen oder nicht, was zu zeigen wäre, aber
so gut wie nie gezeigt wird. Wahrheit und Falschheit kommt erst ins Spiel,
wenn es darum geht, ob sich der Definitionsinhalt im Sprachgebrauch oder
in Sachverhalten der Realität (oder einer > Welt)
nachweisen lassen oder nicht. Die sog. Realdefinition hat also zwei Aspekte:
den der Realität und den des Sprachgebrauchs.
Der weit verbreitete und häufigste
Fehler bei Definitionserörterungen besteht darin, das sofort drauflos
ausgesagt wird, X sei dieses oder jenes bzw. nicht ohne dass die Definition
mitgeteilt oder gar begründet wird. Die Existenzfrage, ob irgendetwas
dieses oder jenes "ist"
oder nicht bzw. unter welchen Bedingungen, kann sich sinnvollerweise erst
stellen, denn der Definitionsinhalt klar ist oder wenigstens die wichtigsten
Prädikatorenregeln, also Merkmalszuordnungen.
Wort
- Begriff - Sachverhalt
Es empfiehlt sich, streng zu unterscheiden zwischen
Wort
(Zeichen),
Begriff
(geistige
Modelle) und Sachverhalt (irgendeiner Welt). Referenzieren
(>Hauptseite Referenzieren)
heißt angeben, wo und wie man den Begriffsinhalt in der Welt finden
kann. >Referenzierungsbeweis.
Wörter sind die "Kleider" der Begriffe und die Begriffe sollen Sachverhalte
repräsentieren. Das wird auch oft mit dem semiotischen Dreieck zum
Ausdruck gebracht. Es definiert die drei Seiten einer Begriffsbildung:
Name, Inhalt (Bedeutung) und Referenz in der Welt und wurde erstmals 1923
von Ogden, C. K. & Richards, I. A. beschrieben
(p. 11):
Eine angemessene Definition (> historisch)
eines Sachverhalts S erlaubt, alle anderen von S verschiedenen Sachverhalte,
von S zu unterscheiden. Ein angemessene Definition kann sehr schwer und
aufwändig sein (>
Dreieck).
In der Praxis begnügt man sich meist mit Näherungen, Kennzeichnungen,
Beschreibungen, Umschreibungen oder Charakterisierungen, die in einer bestimmten
Begriffsumgebung ausreichend erscheinen. Tritt ein bedeutsameres Unterscheidungsproblem
auf, kann man nachbessern.
Anmerkung: die
heftige Kritik Ecos am semiotischen Dreick in Einführung in die
Semiotik S. 69 ff kann ich nicht nachvollziehen.
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Definiendum (Plural Definienda)
heißt das zu Definierende. " := " oder " =: " heißt definitionsgleich
(per definitionem); es ist das Zuweisungszeichen, womit man eine Definition
kennzeichnet. Mit dem Definiens (Plural Definientia) wird
definiert und es muß bekannte, schon definierte oder als ausreichend
klar angenommene Grundbegriffe enthalten. Die Namengebung - das Wort, die
Zeichenkombination - für das Definiendum ist im Prinzip frei und willkürlich
(Hilberts Bierseidel Metapher),
aber natürlich nicht das Definiens.
Kurz und bündig zusammengefaßt, können wir sagen: eine Definition dient der Unterscheidung von bedeutungsvollen Merkmalskombinationen in den verschiedenen Welten, meist der sog. Wirklichkeit. Eine Definition sollte die bedeutungsvollen Merkmale beschreiben und Wege angeben (referenzieren; >Hauptseite Referenzieren), wie die Merkmale und ihre Kombination in der Wirklichkeit gefunden werden können. Definitionen haben bekanntlich zwei Seiten: eine willkürlich-nominale und eine reale Seite (> Essler). Grundlegende Probleme wie der Streit zwischen Nominalisten und Realisten sind bis heute nicht genügend aufgeklärt.
Die reale Komponente des Definiens muss existieren - wenigstens auf eine Welt bezogen sein - und dieser empirische Existenzbeweis muss geführt werden können, wenn auch nicht unbedingt zu einem positiven Urteil führen. Die willkürlich-nominale Seite einer Definition besteht in der freien Wahl der realen Elemente. Es ist z.B. methodologisch technisch kein Problem "Tsching67" zu definieren als ein Käsetörtchen, das von einem Eichhörnchen auf dem Rücken unbefestigt mindestens 100 cm weit getragen wird. Gelingt es, ein Eichhörnchen dazu zu bringen, dass es ein Käsetörtchen unbefestigt auf seinem Rücken mindestens 100 cm trägt, ist der empirische Existenzbeweis für "Tsching67" erbracht.
Ende der Zusammenfassung
Im folgenden erläutert
er und gibt an (S. 25f):
(1) Abkürzung: "Eine häufige Situation
ist die, daß man für einen umständlichen Ausdruck, den
man sehr häufig gebrauchen muß, einen einfacheren, also kürzeren
Ausdruck einführen möchte. So hat man im Strafrecht an vielen
Stellen damit zu tun, daß eine Handlung, soweit sie zur Abwehr eines
gegenwärtigen, rechtswidrigen Angriffs erforderlich war, keinesfalls
rechtswidrig ist. Man kürzt das ab und spricht von einer Notwehrhandlung:
das ist dann eben eine zur Abwehr eines gegenwärtigen, rechtswidrigen
Angriffs erforderliche Handlung. Oder man möchte in der Logik nicht
dauernd davon sprechen müssen, daß ein Satz aus der leeren Prämissenklasse
ableitbar ist, und sagt deshalb einfach, er sei ableitbar. Man spricht
in diesen Fällen von Nominaldefinitionen; sie sind der reinste Fall
der Festsetzung für die Sprache."
(2) Bedeutungsklärung: "Eine zweite wichtige
Gruppe von Fällen hat es demgegenüber mit einem vorhandenen Sprachgebrauch
zu tun. Zum Beispiel kommt ein Wort, welches man benutzen möchte,
in verschiedenen Wissenschaftssprachen oder in verschiedenen Teilsprachen
einer Wissenschaftssprache mit verschiedenen Bedeutungen vor, und in einer
dieser Bedeutungen möchte man das Wort gebrauchen. Dazu muß
man sie - und wenn das didaktisch nützlich ist, zum Kontrast auch
die anderen - erläutern. Auf einem Kongreß über mathematische
Probleme der Soziologie könnte es zum Beispiel am Platze sein, das
Wort »Gruppe«, ehe man es benutzt, auf die mathematische oder
die soziologische Bedeutung festzulegen. Der gleiche Fall ist gegeben,
wenn man die Bedeutung eines Terminus erklären muß, weil er
den Hörern - etwa Nichtfachleuten - ganz unbekannt ist. Und ganz Ähnliches
tut man auch, wenn man herauszubringen versucht, was ein anderer mit einem
Ausdruck gemeint haben könnte. Zum Beispiel möchte man zeigen,
daß eine unklare Aussage bei Kant falsch ist, und zwar in welcher
Interpretation auch immer. Man muß dann sagen, wie er etwa »a
priori« und »a posteriori« gemeint haben könnte;
und indem man das sagt, gibt man für die beiden Ausdrücke - vorläufige
- Erläuterungen an."
(3) Erweiterung: "Eine Kombination der Tätigkeiten
aus der ersten und der zweiten Gruppe von Fällen liegt vor, wenn man,
von einem existierenden Sprachgebrauch ausgehend, für diesen zusätzliche
Feststellungen trifft."
(4) Grundbegriffsanalysen: "Schließlich
gibt es den wissenschaftstheoretisch recht interessanten Fall, daß
man eine sprachliche Erläuterung nur zu dem Zweck sucht, den Nachweis
zu erbringen, daß ein Ausdruck mit Hilfe von anderen Ausdrücken
definierbar ist, obgleich das nie festgelegt worden ist. Zum Beispiel kann
man zeigen, daß 26 sich sämtliche bei uns üblichen (Bluts-)
Verwandtschaftsbegriffe mit Hilfe von »Sohn« und »Tochter«
erklären lassen oder auch mit »Elter« und »männlich«
oder auch mit »Kind« und »weiblich«. Das ist ein
Nachweis dafür, daß sich ein und dieselbe Menge von Begriffen
mit ganz verschiedenen Grundbegriffen gewinnen läßt. Oder man
möchte zeigen, daß man mit einem ? sehr viel sparsameren Grundvokabular
auskommen kann als mit den zahlreichen Verwandtschaftsbegriffen, die wir
haben - nämlich mit zwei Grundbegriffen. Die sprachliche Erläuterung
hat hier die Stellung einer reinen Feststellung über die Sprache."
Beispiel Dubislav: Im Sachregister
der Arbeit von Dubislav Die Definition wird das Wort "Zweck" gar
nicht aufgeführt. In der Zusammenfassung, S. 148, wird ausgeführt:
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Ein zentraler Sinn der Kommunikation ist die Verständigung.
Dazu gehört, dass man mentale Objekte wie Begriffe nachvollziehen
kann. Im Zweifelsfall ist daher eine dialogische Erörterung nötig
oder hilfreich, wobei man einige Regeln, die in der Geschichte der Definitionslehre
entwickelt wurden, nutzen kann.
Merkmals-Regel > Aufzählungs-Regel.
Hier werden alle Merkmale, die die Definition
ausmachen, genannt.
Eike von Savigny (1970), führt in seinem
Grundkurs
im wissenschaftlichen Definieren S. 12 an: "Sauerstoff ist ein farb-
und geruchloses Gas, dessen Fließpunkt bei -218,76°C und
dessen Siedepunkt bei -182,97°C liegen; es reagiert, außer mit
den Edelgasen, mit allen anderen Elementen."
Beispiele-
und Gegenbeispiele-Regel >
Savigny.
Zum Obst gehören z.B. Äpfel, Birnen,
Bananen, Orangen, Pflaumen, Kirschen, aber nicht Bratwurst, Milch, Wasser
oder Mehl.
Genus proximum
et differentia specifica Regel
Besonders in der Philosophie verbreitete Regel.
Hier bestimmt man den nächst höheren Gattungsbegriff und die
spezifische Differenz. So gehört der Mensch zur nächst höheren
Gattung der Tiere. Er geht aufrecht auf zwei Beinen und ist ungefiedert,
so die berühmte Bestimmung nach Platon ("Der Mensch ist ein ungefiederter
Zweibeiner").
Essler (1970), S. 49 gibt
kritisch zu bedenken: "... Normalerweise wird es aber stillschweigend oder
ausdrücklich mit dem Anspruch aufgestellt, daß alle Definitionen
von dieser Art sein müssen, und das ist ohne Zweifel falsch.
Fast alle mathematischen und physikalischen Definitionen sind nicht auf
diese Weise gebildet, und es ist schwer zu sehen, wie man etwa die Sätze
„Die durchschnittliche Geschwindigkeit eines Körpers ist der Quotient
aus dem Weg, den er in einer gewissen Zeit zurücklegt, mit eben dieser
Zeit", „Die Augenblicksgeschwindigkeit ist der Grenzwert seiner durchschnittlichen
Geschwindigkeiten, wenn man die Zeitintervalle, die diesen Zeitpunkt enthalten,
immer kleiner macht", „Kraft ist Masse mal Beschleunigung", „Impuls ist
Masse mal Geschwindigkeit" usw. in dieses Schema pressen kann. Das gleiche
gilt für die definitorisch eingeführten Relationsausdrücke.
Wenn der Identitätsbegriff etwa durch den Satz „Ein x ist mit einem
y identisch genau dann, wenn y alle Eigenschaften von x hat" eingeführt
wird, so ist nicht zu erkennen, was hier das genus und was die differentia
sein soll, und das gleiche gilt von den Definitionen der Begriffe „Reflexivität",
„Symmetrie", „Transitivität" oder von Verwandtschaftsbegriffen wie
„Urgroßvater", „Ahne" usw."
Kritisch siehe bitte auch
Stegmüller
(Definitionslehre).
Aufzählungs-Regel
> Merkmals-Regel.
Skandinavier: Essler (1970), S. 49 führt
hier aus: "Aber selbst bei Eigenschaftsbegriffen ist dieses Prinzip nicht
immer notwendig; so kann man etwa den Begriff „Skandinavier" durch Aufzählung
auf folgende Weise definieren: „Ein Skandinavier ist ein Norweger oder
ein Schwede oder ein Däne oder ein Isländer", und es ist dies
vielleicht sogar die einzige Art, in der man diesen Begriff festlegen kann,
obwohl hier weder ein genus noch eine differentia benützt
wird. Das gleiche gilt von der Definition der einzelnen Anzahlbegriffe
wie sie etwa von Gottlob Frege und Bertrand Russell vorgenommen
worden sind. ..."
Unter MOBS verstehe
ich ein Marterl, einen Obelisken, einen Bildstock oder eine Stele. Hier
ist das künstlich aus den Anfangsbuchstaben gebildete Definiendum
"MOBS" durch Aufzählung der Gegenstände, die zu ihm per so erfolgter
Festlegung gehören sollen, durch Aufzählung definiert.
Beim Definieren kann man nun einige Fehler - die sich auch überschneiden
können - machen, z.B.:
Küppers geht in seinem Buch "Der Ursprung
biologischer Information", S. 198f, auf die Schwierigkeiten, den Begriff
Leben zu definieren ein:
"Auf der Grundlage der vorausgegangenen Plausibilitätsbetrachtung
können wir nun das Phänomen »Leben« eingrenzen. Danach
zeichnet sich ein (evolutionsfähiges) lebendes System offenbar durch
folgende dynamische Eigenschaften aus:
(1) Metabolismus,
(2) Selbstreproduktivität,
(3) Mutabilität.
Die vorstehenden Kriterien sind in der Tat geeignet, ein primitives
Lebewesen zu charakterisieren. Sie wurden zum ersten Mal von Alexander
Oparin [Anm226] herangezogen, um belebte und unbelebte Systeme voneinander
abzugrenzen.
Als zusätzliches Merkmal lebender Systeme wird
in der Literatur häufig das Phänomen der natürlichen Selektion
angegeben. Wir werden diesem Beispiel jedoch nicht folgen, da die natürliche
Selektion für die Definition eines lebenden Systems kein weiteres
unabhängiges
Kriterium liefert. Vielmehr wird sich zeigen, daß sich in einem Materiesystem,
welches Metabolismus, Selbstreproduktivität und Mutabilität als
inhärente Materieeigenschaften einschließt, eine Selektion im
Sinne Darwins automatisch einstellt (siehe unten).
Es drängt sich nun die Frage auf, ob die obigen
drei charakteristischen Merkmale eines lebenden Organismus nur notwendige,
das heißt unabdingbare, oder bereits hinreichende, das heißt
von ihrem Umfang her vollständige Abgrenzungskriterien darstellen.
Die Frage nach der Vollständigkeit der
Definitionskriterien läßt sich offenbar nur durch die Angabe
von Gegenbeispielen entscheiden, das heißt, wir müssen nach
einem realen Objekt Ausschau halten, das einerseits die genannten Merkmale
besitzt, andererseits aber eindeutig ein unbelebtes Objekt ist.
Findet sich ein solches Objekt, dann ist die Liste der Definitionskriterien
eben unvollständig.
Betrachten wir einmal einen Kristall: Bei der Kristallisation
in einer gesättigten Lösung müssen mehrere Moleküle
zunächst in einer ganz bestimmten Ordnung zusammentreten und einen
Kristallisationskeim bilden. An der Oberfläche dieser Struktur lagern
sich dann weitere Moleküle an, wobei die vom Kristallisationskeim
vorgegebene Gitterstruktur aufgrund ihrer Matrixeigenschaften vielfach
reproduziert wird. Auf diese Weise gelangt die einfache, periodische Mikrostruktur
des Kristallgitters makroskopisch zur Abbildung. Dies ist bereits eine
einfache Form von »Selbstreproduktivität«. Die mit der
Kristallisation einhergehende örtliche Zunahme an molekularer Ordnung
wird mit der Überführung thermischer Energie aus der kristallinen
Phase in die Lösung beglichen. Den »Energieumsatz« könnte
man auch als »Metabolismus« bezeichnen. In Analogie zur Reproduktion
lebender Strukturen kommt es auch bei der Kristallbildung zu »Mutationen«,
das heißt zu Fehlern im Gitter aufbau. [Anm227]
Das soeben diskutierte Beispiel zeigt, daß
die drei Definitionskriterien für das Phänomen »Leben«
bereits von unbelebten Kristallstrukturen erfüllt werden und demnach
nur notwendige, nicht aber schon hinreichende Kriterien sein können,
um das Belebte vom Unbelebten abzugrenzen. Hierzu paßt eine weitere
Tatsache: Die einfachsten biologischen Objekte, die wir kennen, sind die
Viren. Diese erfüllen, da sie keinen autonomen Stoffwechsel besitzen,
die Kriterien eines lebenden Systems nur innerhalb ihrer Wirtszelle. Außerhalb
ihrer Wirtszelle verhalten sie sich dagegen ganz wie unbelebte Kristallstrukturen.
[Anm228] Die Viren nehmen damit eine typische Zwitterstellung unter belebten
und unbelebten Systemen ein, so daß die Vermutung naheliegt, daß
der Übergang vom Unbelebten zum Belebten fließend ist. [Anm229]"
|
welche ihre Gedanken untereinander austauschen wollen, etwas voneinander verstehen; denn wie könnte denn, wenn dies nicht stattfindet, ein gegenseitiger Gedankenaustausch (...) möglich sein? Es muß also jedes Wort (...) bekannt sein und etwas, und zwar eins und nicht mehreres, bezeichnen; hat es mehrere Bedeutungen, so muß man erklären, in welcher von diesen man das Wort gebraucht. ..." Aus: Aristoteles (384-322) Metaphysik. 11. Buch, 5 Kap., S. 244 (Rowohlts Klassiker 1966) |
Die Worte sind die "Kleider" der Begriffe. Verschiedene Menschen werden meist mit den gleichen Worten unterschiedliche Bedeutungen verknüpfen, je nach ihren Erfahrungen, Wissen und Kenntnissen, Interessen und Kommunikationssituationen. D.h., aus der bloßen Tatsache, dass Menschen das gleiche Wort verwenden, kann leider nicht geschlossen werden, dass sie auch den gleichen Begriff meinen. Die Problematik betrifft auch keineswegs nur die Alltagskommunikation, die Geistes- und Sozialwissenschaften, sondern auch die Naturwissenschaften und die Mathematik, wenngleich es gerade bei Begriffen, die psychisches Erleben beschreiben besonders schwierig ist, einen auch nur annähernd gleichen Begriff zu normieren (> nur_empfinden,fühlen,spüren, > Terminologie).
Das Problem der Homonymie betrifft im Kern den Begriff, den Menschen
sich von Sachverhalten bilden. Die Verwendung des bloßen gleichen
Wortes, also der bildlichen oder lautlichen Ausdruckshülle, sagt bei
etwas strengerer Betrachtung gar nichts über den Begriff. Es stellt
sich daher die Frage: was kann oder muss man denn tun, um herauszufinden,
welcher Begriff mit der bildlichen oder lautlichen Ausdruckshülle
genau gemeint ist? Wie macht man das im Alltagsleben oder in der
Wissenschaft? Die Beantwortung dieser Frage wird von verschiedenen Fachrichtungen
erörtert: Denk- und kognitive
Psychologie, Erkenntnistheorie, Logik und Methodologie, Wissenschaftstheorie,
Kommunikationstheorie, Sprachwissenschaft, Linguistik und Semiotik, Medienwissenschaften
und Soziologie. Die praktische Seite erörtere ich in der Denkpsychologie
der Begriffe, die grundlegende methodologische in folgendem Abschnitt:
Die
Wohlunterscheidbarkeit von Objekten als Grundlage angemessener Definitionen
Grundlage der Wohlunterscheidbarkeit sind Merkmale. Die einfachste
Definition ergibt sich aus der Zuweisung (e) oder Abweisung (en) eines
einfachen Merkmals M zu einem Objekt O, wie wir es z.B. in der formalen
Prädikatenlogik vorfinden: (1a) O e M oder (1b) O en M. Hierbei bedeutet:
(1a) Dem Objekt O wird das Merkmal M zugesprochen oder (1b): Dem Objekt
O wird das Merkmal M abgesprochen. Der komplexe Fall ergibt sich durch
das Zu- oder Absprechen von mehreren, unterschiedlichen Merkmalen. Ausgeschlossen
ist in der Regel nach dem Satz
vom Widerspruch, einem Objekt O zugleich das gleiche Merkmal M zu-
und abzusprechen.
Zur
Geschichte des Operationalisierungsbegriffs in der Psychopathologie
Kendell (1978) berichtet, S. 27f: "Vor einigen Jahren machte der Philosoph
Carl
Hempel einem Publikum von Psychiatern und klinischen Psychologen, die
an Fragen der Diagnose und der Klassifikation interessiert waren, in taktvoller
Weise den Vorschlag, sie sollten das Problem dadurch angehen, daß
sie „operationale Definitionen" für alle die verschiedenen Krankheitskategorien
in ihrer Nomenklatur entwickelten (Hempel 1961). Dies war wirklich
der einzige Rat, den ein Philosoph oder Naturwissenschaftler überhaupt
hätte geben können. Der Ausdruck operationale Definition wurde
ursprünglich von Bridgman (1927) geprägt, der ihn folgendermaßen
definierte:
„Die operationale Definition eines wissenschaftlichen
Begriffes ist eine Übereinkunft des Inhalts, daß S auf alle
die Fälle - und nur auf die Fälle - anzuwenden ist, bei denen
die Durchführung der Testoperation T das spezielle Resultat 0 ergibt."
Wie Hempel selbst zugibt, muß im Rahmen
der psychiatrischen Diagnose der Ausdruck „operational" sehr großzügig
interpretiert werden, um auch noch bloße [>28] Beobachtungen mit
einschließen zu können. Im Grunde genommen sagt er nicht mehr,
als daß die Diagnose S auf alle die Personen, und nur auf die, angewandt
werden sollte, die das Merkmal Q bieten oder die dem entsprechenden Kriterium
genügen, wobei nur die Voraussetzung erfüllt sein muß,
daß O „objektiv" und „intersubjektiv verifizierbar" ist und nicht
nur intuitiv oder einfühlend vom Untersucher erfaßt wird.
Daraus ergibt sich die Schwierigkeit, wie man eine
ganze Reihe klinischer Bilder, von denen viele quantitativ variieren und
kein einzelnes gewöhnlich ausreicht, die fragliche Diagnose zu stellen,
auf ein einziges objektives Kriterium 0 reduzieren kann. Dies ist offensichtlich
eine schwierige und verwickelte Aufgabe. Ein großer Teil dieses Buches
ist direkt oder indirekt mit der Art und Weise befaßt, wie dieses
Ziel erreicht werden könnte. Deshalb ist es angezeigt, an dieser Stelle
zwei allgemeine Prinzipien, die sich hierauf beziehen, aufzustellen. Erstens
müssen Einzelsymptome oder Merkmale, die verschiedene Ausprägungsgrade
haben können, in dichotome Variable umgewandelt werden, indem man
ihnen bestimmte Trennungspunkte zuteilt, so daß die Frage nicht länger
lautet: „weist der Patient das X auf? " oder auch „wieviel X weist er auf?
sondern „weist er soviel X auf? ". Zweitens muß das traditionelle
polythetische Kriterium in ein monothetisches umgewandelt werden. Dies
läßt sich ganz einfach durchführen. Anstatt zu sagen, die
typischen Merkmale der Krankheit S seien A, B, C, D und E, und die Mehrzahl
von ihnen müßte vorhanden sein, bevor die Diagnose gestellt
werden kann, müssen A, B, C, D und E algebraisch kombiniert werden,
sodaß eindeutig festgelegt ist, welche Kombinationen dem Kriterium
O genügen und welche nicht.
Man könnte z.B. die Übereinkunft treffen,
daß beliebige drei oder vier der fünf Merkmale dem Kriterium
0 genügen, aber andere, komplexere Kriterien wären ebenfalls
zu akzeptieren unter der Voraussetzung, daß sich jede mögliche
Kombination damit abdecken ließe."
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[interne Quelle: ... sgipt/kom/semiotik.doc]
Suchen in der IP-GIPT,
z.B. mit Hilfe von "google": <suchbegriff>
site:www.sgipt.org
z.B. Definition definieren site:www.sgipt.org. |
korrigiert: 03.03.2025 irs Rechtschreibprüfung
Änderungen Kleinere Änderungen werden nicht extra ausgewiesen; wird gelegentlich überarbeitet und ergänzt.
05.03.2025 Begriffe > Brainstorming Begriffskriterien - Begriffsmerkmale.
03.03.2025 irs Rechtschreibprüfung.
27.02.2025 Sammellinks oben und unten aktualisiert (synchronisiert).
26.02.2025 Kleine Ergänzungen, Verbesserungen.
02.10.2024 Durchgeschaut. Hintergrund Überlegung, ob die Definitionen bzw. Erläuterungen, die sich in der gesichteten Literatur finden, mit Hilfe der hier entwickelten Kriterien näher beurteilt werden sollen? Das wäre noch einmal sehr viel Arbeit.
09.09.2024 Neuordnung der Kriterien. 5 Unterscheidungen statt 4: 1) Sachverhalt, 2)erleben, 3) Begriff/Wiedererkennen, 4) Name/Wort für den Begriff, 5) Kommunizieren.
30.08.2024
00.08.2024 Fortführungen, speziell Erleben.
24.08.2024 Angelegt.