Internet Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie
    IP-GIPT DAS=15.05.2002 Erstveröffentlichung, letzte Änderung 19.2.5
    Impressum: Diplom-PsychologInnen Irmgard Rathsmann-Sponsel und Dr. phil. Rudolf Sponsel
    Stubenlohstr. 20     D-91052 Erlangen * Mail: sekretariat@sgipt.org_Zitierung  & .Copyright

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    Willkommen in der Abteilung Forensische Psychologie, Bereich Opferschutz und hier speziell zum Thema:

    Traumatisierte Zeugen
    Müssen und dürfen traumatisierte Zeugen aussagepsychologisch
    und vernehmungstechnisch anders behandelt werden?

    Eine kritische Auseinandersetzung mit dem Kapitel "Psychotraumatologie der Zeugenaussage und Begutachtung vor Gericht" aus dem Buch "Psychotraumatologie der Gedächtnisleistung" von Hinckeldey und Fischer.

    von Rudolf Sponsel, Erlangen


    Hinckeldey, Sabine von & Fischer, Gottfried (2002). Kapitel 8 Psychotraumatologie der Zeugenaussage und Begutachtung vor Gericht in: Psychotraumatologie der Gedächtnisleistung. München: Reinhardt UTB, S. 156-186. 210 Seiten. Mit Sachregister. 19.90 €. 
    ISBN 3-8252-2295-0
    Zusammenfassung: Ein allgemein nützliches Buch, das die vielen Aspekte und Anwendungen traumatologischer und anderer Gedächtnisstörungen zusammenfasst und differenziert, forensisch (Kapitel 8) aber viele Fragen und zentrale Probleme offen läßt.

       Die AutorInnen erheben mit ihrem Kapitel 8 Psychotraumatologie der Zeugenaussage und Begutachtung vor Gericht nicht nur die nachvollziehbare und akzeptable Forderung, daß AussagepsychologInnen auch über psychotraumatologische Kenntnisse und Kompetenzen verfügen sollten, wenn - möglicherweise auch - traumatisierte ZeugInnen zu begutachten sind, sondern sie versuchen darüber hinaus einen trauma- angemessenen neuen Kriterienkatalog anhand modifizierter Undeutsch-Kriterien zu entwickeln, d.h. sie zweifeln die Tauglichkeit der vom Bundesgerichtshof in seinem richtungsweisenden Urteil vom 30.7.1999 grundsätzlich bestätigten 19 Realkennzeichen in ihrer Gültigkeit für traumatisierte Opfer an. Damit will ich mich im folgenden - als forensischer Aussagepsychologe und psychologischer Psychotherapeut (Verhaltenstherapie) - auseinandersetzen und das Für und Wider erörtern.

    Untersuchung Gedächtnis / Störungen

    Die AutorInnen postulieren zunächst: "Bei der psychologischen Begutachtung zur Klärung der Frage, ob und in welchem Umfang eine psychische Traumatisierung stattgefunden hat, kommt der Abklärung von Gedächtnisstörungen naturgemäß eine erhebliche Bedeutung zu. Dies gilt für alle Arten der Traumagenese, für durch Naturkatastrophen oder Unfälle bedingte Traumata ebenso wie für solche, die durch interpersonale Gewalt innerhalb oder außerhalb der Familie entstanden sind."

        Dem möchte ich nicht widersprechen, wenn sich begründete Zweifel in eine Störung der Gedächtnistätigkeit ergeben, wofür zunächst Angaben aus der Exploration (psychologisches Erkundungsgespräch), Anamnese (Lebensgeschichte), Syndromgenese (Entwicklungsgeschichte der Störung) und besonders die Analyse der Schullaufbahn und der Schulzeugnisse herangezogen werden können (wenn es sich um Kinder, Jugendliche oder Heranwachsende handelt, die noch zur Schule gehen).

        "Die Angaben, die ein Traumaopfer während der Exploration durch den psychologischen Sachverständigen zu den Ereignissen und Situationskonstellationen im Zusammenhang mit dem traumatischen Geschehen machen kann, können durch Amnesie erheblich eingeschränkt sein. Inkonsistenz oder mangelnde Homogenität der Aussage muss keineswegs zwangsläufig auf Täuschungsabsicht oder Wunschdenken zurückgeführt werden."

    Sechs Probleme und Fehlermöglichkeiten in diesem Absatz
    Hier ergeben sich einige forensische und teilweise auch psychodiagnostische Fehlermöglichkeiten und Probleme (2 und 3), denn:
     

    1. Es muß überhaupt keine Erfahrung wie behauptet vorliegen. Das ist besonders im strafrechtlichen, aber gelegentlich auch in zivilen (Schadensersatz) oder Familienrechtsstreitigkeiten bei den Alternativhypothesen zu berücksichtigen.
    2. Es muß zu Beginn der Ermittlungen gar nicht klar und sicher sein, etwa wenn es sich z.B. um sexuellen Mißbrauchsverdacht handelt, daß der Mißbrauch ein Trauma nach sich gezogen hat. Allgemein: Selbst wenn die behauptete Erfahrung vorliegt, muß diese Erfahrung noch kein Trauma beinhalten.
    3. Es muß selbst bei Vorliegen eines Traumas dies nicht mit der behaupteten Erfahrung zusammenhängen, was differentialdiagnostisch abzuklären ist.
    4. Die AutorInnen verkennen, daß die Hauptfehler von Aussagen alternativ nur auf Täuschungen oder Wunschdenken beruhen, obzwar auch das sehr wichtige Quellen für Fehler in Aussagen sein können. Die Hauptfeinde der Wahrheit in Zeugenaussagen sind Erinnerungsfehler, der Irrtum und die suggestiven Einflüsse.
    5. wird vom Bundesgerichtshof in seinem richtungsweisenden Urteil vom 30.7.1999 zur Aussagepsychologie im Einvernehmen mit den Sachverständigengutachten zur Aussagepsychologie gerade festgestellt, daß zwischen realerlebnisbegründeten und suggerierten Erlebnisberichten hinsichtlich der Qualität der Realkennzeichen kein Unterschied bestehen muß, womit ja gerade und neuartig das hypothesengeleitete Ausschluß- Prüfen begründet und zu Recht gefordert wird.
    6. Direkte Widersprüche (Logische Inkonsistenz) sind immer, auch bei Traumaopfern, ein Mangel der Aussagequalität, nicht unbedingt mangelnde Homogenität (sachliche, delikspezifische Stimmigkeit), bei der manches fehlen, manches nicht zusammen passen mag. Selbst bei den verschwindend geringen multiplen Persönlichkeiten ist die personale und situative Perspektive dieselbe.


        Es besteht bereits an dieser Stelle der begründete Verdacht, daß die AutorInnen die neuere Entwicklung der Aussagepsychologie, insbesondere die richtungsweisende Rechtsprechung des Bundesgerichtshof vom 30.7.1999 gar nicht berücksichtigt haben. Für diesen Verdacht sprechen folgende Indizien: a) Das Urteil des BGH vom 30.7.1999 wird nicht zitiert, erscheint nicht im Literaturverzeichnis und nicht im Index. b) Es wird nicht die neueste, integrierte Kriterologie der 19 Realkennzeichnen von Steller und Köhnken (1989) verwendet [obschon seltsamerweise im Literaturverzeichnis aufgeführt und auch im Text erwähnt], auf die sich der BGH bezieht, sondern die viel ältere - wenn auch gute- von einem Altmeister deutscher Aussagepsychologie, Udo Undeutsch (1967). Zwar wird Undeutsch (1993) zitiert, aber die 15 Kriterien dort sind im wesentlichen seine 15 von 1967.

        "Aus widersprüchlichen Aussagen schließen Gutachter nicht selten, dass der geschilderte Sachverhalt 'nicht selbst erlebt' wurde, sondern beispielsweise auf Hörensagen beruht.' Das ist in seiner monokausalen Fehlerquellenzuordnung falsch: siehe (5). Selbst wenn alle Realkennzeichen eindeutig wären, sagt das nichts über den realerlebnisbegründeten Inhalt. Die Existenz der Realkennzeichen ist lediglich eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung für die Bewertung realerlebnisbegründet. Das ist ein sehr, sehr wichtiger Unterschied. "Für traumabezogene Erinnerungen trifft dies nicht zu. Die Fähigkeit, periphere und sogar zentrale Aspekte einer traumatischen Situation explizit zu erinnern und in einer späteren Befragung durch psychologische Sachverständige oder Angehörige von Polizei und Justiz sprachlich darzustellen, ist bei psychisch traumatisierten Menschen in der Regel durch die besonderen Merkmale traumaspezifischer Gedächtnisleistungen modifiziert."

        Woher wollen die AutorInnen das wissen? Die AutorInnen stellen im Grunde die Forschungshypothese auf: Die Realkennzeichnen bei traumatisierten sexuellen Mißbrauchsopfern liefern ein anderes Muster, eine andere Qualität oder Quantität als bei Nichttraumatisierten. Eine solche Forschungshypothese ist legitim und kann untersucht werden. Hierbei ist
     

    • (I) vorausgesetzt, daß eine tatverdachtsunabhängige Trauma-Diagnose möglich ist, um Zirkelschlüsse zu vermeiden.
    • (II) müßten die Realkennzeichen-Mängel, die sich aufgrund eines Traumas ergeben, auf eben dieses Trauma zurückgeführt und
    • (III) muß der Nachweis geführt werden, daß die Lücken der Erinnerung mit Trauma-Hypothesen sinnvoll geschlossen oder ausgeglichen werden können.
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    Die Zirkularität in der forensischen Psychotraumatologie

    "8.1 Verfahrensregeln bei der Begutachtung traumatisierter Zeugen

    Das Vorgehen richtet sich im Wesentlichen nach dem bereits in Kapitel 6 beschriebenen Verfahren und hat die beiden zentralen Fragen zu klären:

    • Liegt eine psychische Traumatisierung vor?
    • Sind Beeinträchtigungen des Gedächtnisses nachzuweisen?

    Erst vor dem Hintergrund dieser Informationen lassen sich die Aussagen traumatisierter Zeugen einordnen und bewerten."

    Obwohl dieser methodologische Ansatz sehr vernünftig und überzeugend ist, birgt er doch ein zentrales - und mit der traumatologischen Werbe- und Modebewegung auch ein zunehmend größeres - Problem in sich mit den sieben großen Gretchenfragen im Kontext Aussagepsychologie:
     

    1. Was ist ein Trauma?
    2. Gibt es (auto) suggerierte, phantasierte, wahnhafte Traumata?
    3. Wie stark ist das mutmaßliche Trauma?
    4. Lassen sich Traumata ereignisunabhängig feststellen?
    5. Wie wird das mutmaßliche Trauma und seine Ausprägung nachgewiesen?
    6. Wie wirkt sich ein bzw. dieses Trauma auf die Erinnerungs- und Aussageprozesse aus?
    7. Welche Screeningverfahren können in aussagepsychologischen Kontexten routinemäßig angewendet werden?


    Seltsamerweise enthält das Buch weder eine Definition des Begriffes Trauma bzw. psychisches Trauma noch methodologische Vorschläge, wie ein psychisches Trauma - besonders im Kontext Forensik - zirkelfrei diagnostiziert werden kann. Auch das Register weist keinen Hinweis auf die Definition Trauma aus. Zwar wird DSM-IV zitiert (S. 26/27), aber die AutorInnen erkennen offenbar nicht, daß die Definition im DSM-IV eine Beziehung zwischen Ereignis und psychischer Reaktion schon unterstellt und voraussetzt:
     
    Übersicht 2: Diagnostische Kriterien der Posttraumatischen 
    Belastungsstörung nach DSM IV (1996, 495ff)

    A. Die Person wurde mit einem traumatischen Ereignis konfrontiert, bei dem die folgenden Kriterien vorhanden waren:

    (1 ) Die Person erlebte, beobachtete oder war mit einem oder mehreren Ereignissen konfrontiert, die tatsächlichen oder drohenden Tod, ernsthafte Verletzung, eine Gefahr der körperlichen Unversehrtheit der eigenen Person oder anderer Personen beinhalten.

    (2) Die Reaktion der Person umfasste intensive Furcht, Hilflosigkeit oder Entsetzen. Beachte: Bei Kindern kann sich dies auch durch aufgelöstes oder agitiertes Verhalten äußern.

    Fortsetzung diagnostische Kriterien hier

    Wie man sieht, werden in den diagnostischen Kriterien das traumatisierende Ereignis bzw. die traumatisierenden Ereignisse vorausgesetzt.

    In der forensischen Aussagepsychologie stehen wir aber oft vor dem Problem, daß wir gar nicht wissen, ob das strafrechtlich relevante Ereignis stattgefunden hat oder nicht. Dies soll ja erst ermittelt und kann nicht durch eine Trauma Diagnose unterstellt werden, womit ja die gesamte aussagepsychologische Begutachtung überflüssig wäre.

    Das zentrale und grundlegende Problem einer zirkelfreien Traumadiagnose im Hinblick auf aussagepsychologische Begutachtung wird von den AutorInnen weder thematisiert noch problematisiert und infolgedessen mußte natürlich ein diskutabler Lösungsvorschlag auch ausbleiben.

    Nicht minder wichtig ist die Frage, ob es (auto) suggerierte, pantasierte oder wahnhafte Traumata gibt? Solche Fragen gewinnen angesichts der klinischen Massenkommunikation im Internet und epidemiologisch- syndromalen Modeerscheinungen (z.B. ADS, Borderline, Bulimie, Mißbrauch, Mißbrauch des Mißbrauchs, Multiple Persönlichkeiten, Tinitus, Trauma) - die es aber schon schon immer gibt - eine besondere und zunehmende Bedeutung (Literatur). Umsomehr als auch ein Mißbrauch des sexuellen Mißbrauchverdachts möglich und als Alternativ- Hypothese grundsätzlich nicht auszuschließen und daher in entsprechenden Fällen vorzusehen ist.

    Traumaangemessene modifizierte Undeutsch Kriterien ?

    Falls sich ein Trauma zirkelfrei im Hinblick auf das mutmaßliche Tatgeschehen nachweisen lassen sollte, könnten in der Tat Modifikationen bei einzelnen Kriterien zur Anwendung gelangen, z.B. beim Kriterium Homogenität (inhaltliche Stimmigkeit) oder Schilderung eigener oder fremder psychischer Erlebenserscheinungen, wo bei traumatisierten ZeugInnen Erinnerungslücken infolge Verdrängung und Abwehr eine andere - weniger oder nicht infragestellende - Bewertung erfahren könnten.

    Grundsätzlich ist aber zu den Realkennzeichnen zu sagen, daß sie natürlich nicht in allen Fällen allesamt gleichermaßen oft und stark auftreten müssen. In den meisten Fällen wird es in der Regel so sein, daß bestimmte Kriterien gar nicht oder nur sehr wenig vorkommen. So gesehen gibt es gar keinen grundsätzlichen Unterschied zwischen Aussagen nicht- bzw. traumatisierter ZeugInnen.

    Die entscheidende Frage ist, traumatisiert oder nicht, ob überhaupt genügend Aussagen zusammen kommen, so daß eine aussagepsychologische Analyse möglich ist. Wenn keine hinreichend umfangreiche Aussage vorliegt, ist eine aussagepsychologische Analyse nicht möglich. Davon kann es keine Ausnahme geben, auch nicht für traumatisierte ZeugInnen, zumal uns ja der Bundesgerichtshof mit seinem richtungsweisenden Urteil vom 30.7.1999 klar gemacht hat, daß selbst hinreichend viele und qualitativ gute Realkennzeichnen nur eine notwendige und keine hinreichende Bedingung für die subjektiv wahrhaftige Schilderung sind, die aber auch z.B. durch Suggestion zustande gekommen sein könnten, was durch das besonders geforderte hypothesengeleitete Vorgehen dann erst noch Zug um Zug auszuschließen wäre. Für das Kriterium Detailreichtum - d.h. eine hinreichend umfangreiche Aussage - kann es keinen syndromspezifischen oder auch anders motivierten Verhandlungsspielraum geben.

    ***


    Forensische PsychologIn: Die Sektion Rechtspsychologie des Berufsverbandes Deutscher PsychologInnen hat für die forensische PsychologIn einen eigenen mehrjährigen postgradualen Zertifikationsweg eingerichtet, wobei man nur dann für den Fachbereich Aussagepsychologie zertifiziert werden kann, wenn man entsprechende aussagepsychologische Leistungsnachweise erbringt. U.a. wird an Nachweisen gefordert (zititiert nach und vollständig hier):
        "(e) Nachweis über eine sechsjährige einschlägige Berufstätigkeit gemäß Art. 8.2 WBORP [RS: Weiterbildungsordnung Rechtspsychologie]. Dieser ist durch folgende Angaben zu führen: Arbeitgeber; Beschreibung der Einrichtung und ihrer Klientel; eigene Tätigkeitsbezeichnung und berufliche Position; zeitlicher Umfang der Tätigkeit; Beschreibung der eigenen Tätigkeit. Bei teilzeitlicher Tätigkeit oder anteiliger rechtspsychologischer Tätigkeit muß die regelmäßige einschlägige Arbeitszeit mindestens 15 Wochenstunden betragen. Alle Nachweise müssen als offizielle Bestätigungen vorgelegt werden. Diese sind insbesondere durch Briefbögen der jeweiligen Institution, Dienstsiegel bzw. Originalstempel, Beglaubigungen und Gegenzeichungen durch Vorgesetzte, bzw. Geschäftsführer charakterisiert. Antragsteller, die ausschließlich freiberuflich tätig gewesen sind, müssen ihre Tätigkeit durch eine eidesstattliche Versicherung und die Angabe von mindestens 5 Begutachtungsaufträgen pro Jahr  nachweisen (Nennung von Auftraggeber, Aktenzeichen, Datum, Fragestellung). Wird trotz umfangreicher rechtspsychologischer Berufstätigkeit das Kriterium der 6 Jahre nicht vollständig erfüllt, so entscheidet der AKARP in ausführlich zu begründenden Härtefällen gemäß Art. 8.2 WBORP.
        (f) Zehn selbst bearbeitete, anonymisierte Falldarstellungen gemäß Art. 8.2 WBORP. Neben den geforderten mindestens 5 Gutachten können Darstellungen eigener Fälle vorgelegt werden, die z.B. aus der Straftäterbehandlung, der Scheidungsmediation, der Opferbetreuung, der Krisenintervention oder der polizeipsychologischen Fallarbeit  stammen. Fallberichte, die keine Gutachten sind, sollen einen Umfang von mindestens 20 eineinhalbzeilig beschriebenen Seiten haben. In durch das jeweilige Arbeitsfeld begründeten Ausnahmefällen können auch Falldarstellungen anerkannt werden, die nur aus einem der in Art. 3 WBORP genannten Schwerpunkte C-H stammen. Der Antragsteller hat in diesem Fall seine Gründe ausführlich darzulegen und mindestens 48 Stunden Fortbildung aus einem oder mehreren anderen der Schwerpunkte C-H nachzuweisen.
        (g) An Stelle der unter (f) genannten Falldarstellungen kann der Antragsteller gemäß Art. 8.2 WBORP seine einschlägige Qualifikation durch die Habilitation oder gleichwertige wissenschaftliche Leistungen in der Rechtspsychologie nachweisen. Neben der beglaubigten Habilitationsurkunde bzw. Promotionsurkunde ist dem Antrag ein Verzeichnis der Veröffentlichungen und durchgeführten Lehrveranstaltungen beizufügen, aus dem ersichtlich wird, dass sich die wissenschaftliche Qualifikation speziell auf den Bereich der Rechtspsychologie bezieht. In diesen Fällen sind aus dem Kreis der Gutachter solche Personen hinzuzuziehen, welche über die einschlägige wissenschaftliche Qualifikation verfügen.
        Anmerkung: In Bayern gibt es ein besondere Regelung, nach der dort von den Regierungen der Bezirke forensische  Sachverständige nach entsprechenden qualifizierenden Eingaben öffentlich bestallt und vereidigt werden. Viele bayerische ForensikerInnen haben daher davon abgesehen, sich nach den Übergangsrichtlinien der RechtspsychologInnen zertifizieren zu lassen, daß sie ihre Qualifikation als wenigstens gleichwertig, ihre Stellung und ihren Rang hingegen als höher ansehen.
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    Erinnerungsfehler, der Irrtum und die Suggestive Einflüsse: William Stern 1902 in der Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft, S. 327: „Die fehlerlose Erinnerung ist nicht die Regel, sondern die Ausnahme." Und Rolf Bender 1982, Strafverteidiger 10, S. 484: „Der Irrtum ist der größte Feind der Wahrheitsfindung vor Gericht". Zur Suggestion hier.
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    Fortsetzung DSM-IV Diagnostische Kriterien Posttraumatische Belastungsstörung
        "B. Das traumatische Ereignis wird beharrlich auf mindestens eine der folgenden Weisen wiedererlebt:
    (1) Wiederkehrende und eindringlich belastende Erinnerungen an das Ereignis, die Bilder, Gedanken oder Wahrnehmungen umfassen können. Beachte: Bei kleinen Kindern können Spiele auftreten, in denen wiederholt Themen oder Aspekte des Traumas ausgedrückt werden.
    (2) Wiederkehrende, belastende Träume von dem Ereignis. Beachte: Bei Kindern können stark beängstigende Träume ohne wiedererkennbaren Inhalt auftreten.
    (3) Handeln oder Fühlen, als ob das traumatische Ereignis wiederkehrt (beinhaltet das Gefühl, das Ereignis wiederzuerleben, Illusionen, Halluzinationen oder dissoziative Flashback-Episoden, einschließlich solcher, die beim Aufwachen oder bei Intoxikationen auftreten). Beachte: Bei kleinen Kindern kann eine traumaspezifische Neuinszenierung auftreten.
    (4) Intensive psychische Belastung bei der Konfrontation mit internalen oder externalen Hinweisreizen, die einen Aspekt des traumatischen Ereignisses symbolisieren oder an Aspekte desselben erinnern.
    (5) Körperliche Reaktionen bei der Konfrontation mit internalen oder externalen Hinweisreizen, die einen Aspekt des traumatischen Ereignisses symbolisieren oder an Aspekte desselben erinnern.
        C. Anhaltende Vermeidung von Reizen, die mit dem Trauma verbunden sind, oder eine Abflachung der allgemeinen Reagibilität (vor dem Trauma nicht vorhanden).
    Mindestens drei der folgenden Symptome liegen vor:
    (1) Bewusstes Vermeiden von Gedanken, Gefühlen oder Gesprächen, die mit dem Trauma in Verbindung stehen.
    (2) Bewusstes Vermeiden von Aktivitäten, Orten oder Menschen, die Erinnerungen an das Trauma wachrufen.
    (3) Unfähigkeit, sich an einen wichtigen Aspekt des Traumas zu erinnern.
    (4) Deutlich vermindertes Interesse oder verminderte Teilnahme an wichtigen Aktivitäten.
    (5) Gefühl der Losgelöstheit oder Entfremdung von anderen.
    (6) Eingeschränkte Bandbreite des Affekts (z B Unfähigkeit, zärtliche Gefühle zu empfinden).
    (7) Gefühl einer eingeschränkten Zukunft (z. B. erwartet nicht Karriere, Ehe, Kinder oder ein normal langes Leben zu haben).
        D. Anhaltende Symptome erhöhten Arousals (vor dem Trauma nicht vorhanden).
    Mindestens zwei der folgenden Symptome liegen vor:
    (1) Schwierigkeiten, ein- oder durchzuschlafen,
    (2) Reizbarkeit oder Wutausbrüche,
    (3) Konzentrationsschwierigkeiten,
    (4) Übermäßige Wachsamkeit (Hypervigilanz),
    (5) Übertriebene Schreckreaktion.
        E. Das Störungsbild (Symptome unter Kriterium B, C und D) dauert länger als einen Monat.
        F. Das Störungsbild verursacht in klinisch bedeutsamer Weise Leiden oder Beeinträchtigungen in sozialen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen.

        Bestimme, ob
    • Akut: Wenn die Symptome weniger als 3 Monate andauern.
    • Chronisch: Wenn die Symptome mehr als 3 Monate andauern.

        Bestimme, ob
    • mit verzögertem Beginn: Wenn der Beginn der Symptome mindestens 6 Monate nach dem Belastungsfaktor liegt.
    ____
    Dem Verzeichnis Diplom-Arbeiten am Institut für Klinische Psychologie und Psychotherapie Universität Köln
    https://www.uni-koeln.de/phil-fak/psych/klin/publit/diplom.html
    können zwei aussagepsychologische Diplomarbeiten entnommen werden.



    Änderungen Kleinere Änderungen werden nicht extra ausgewiesen; wird gelegentlich überarbeitet und ergänzt.
    19.02.05 Link auf die Wertung in der Buchbesprechung: Beurteilung von Aussagen über Traumata. Erinnerungen und ihre psychologische Bewertung von Renate Volbert (2004).


    Querverweise
    Querverweis: Überblick Forensische Psychologie, Psychopathologie und Therapie
    Querverweis: Beurteilung von Aussagen über Traumata. Erinnerungen und ihre psychologische Bewertung.
    Querverweis: Aussagepsychologie
    Querverweis: Suggestion und Suggestivfragen. Aussagepsychologische und vernehmungstechnische Kunstfehler.
    Querverweis: Zeugen richtig befragen (Beispiele)
    Querverweis: Der Schutz kindlicher Opferzeugen im Strafverfahren und die Verwendung von Videotechnologie. Die Dissertation von Kipper. Mit einem kritischen Kommentar und Aufruf von Rudolf Sponsel: Mauern Staatsanwaltschaften und Justiz zum Schaden unserer Kinder?
    Querverweis: Allgemeine und integrative Epidemiologie
    Querverweis: Übersicht - Psycho-Moden, psychische Epidemien, Epidemiologie und systemimmanente Kunstfehler
    Externer Link: (wichtiger Hinweis) sehr ausführliche und gut gepflegte Internet-Seite zu allen Aspekten der (Psycho) Traumatologie: https://www.trauma-response.com/traumalinks.html

    Zitierung
    Sponsel, Rudolf (DAS). Traumatisierte Zeugen: Müssen und dürfen traumatisierte Zeugen aussagepsychologisch und vernehmungstechnisch anders behandelt werden? Eine kritische Auseinandersetzung mit dem Kapitel "Psychotraumatologie der Zeugenaussage und Begutachtung vor Gericht" aus dem Buch "Psychotraumatologie der Gedächtnisleistung" von Hinckeldey und Fischer (2002). Erlangen IP-GIPT: https://www.sgipt.org/forpsy/opfer/trauzeug.htm
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