Internet Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie
    (ISSN 1430-6972)
    IP-GIPT DAS=24.04.2013 Internet-Erstausgabe, letzte Änderung: 07.12.19
    Impressum: Diplom-Psychologe Dr. phil. Rudolf Sponsel Stubenlohstr. 20  D-91052 Erlangen
    Mail: sekretariat@sgipt.org_ Zitierung & Copyright

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    Willkommen in unserer Internet-Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie, Abteilung Forensische Psychologie, Kriminologie, Recht und Strafe, Bereich forensische Gutachten, und hier speziell zum Thema:

    Katalog der potentiellen forensischen Gutachtenfehler

    Daten-Fehler  (DatF)

    Zu:
    Potentielle Fehler in forensisch psychiatrischen Gutachten, Beschlüssen und Urteilen der Maßregeljustiz
    Eine methodenkritische Untersuchung illustriert an einigen Fällen u. a. am Fall Gustl F. Mollath
    mit einem Katalog der potentiellen forensischen Gutachtenfehler sowie einiger Richter-Fehler.

    von Rudolf Sponsel, Erlangen
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    Inhaltsübersicht
    Abstract - Zusammenfassung - Summary.
        Überschneidungen und Subsumtionsprobleme der Einordnung und Klassifikation
              von Daten-Fehlern.
        Datentypen in der Psychologie und Psychopathologie.
        Methoden der Datengewinnung.
        Voraussetzungen der Gültigkeit (Validität) von Aussagen über die Selbstwahrnehmung
             bei der Exploration.
        Beispiele für psychopathologische Daten. 
    Daten-Fehler im Recht und in Kommentaren.
    Daten-Fehler in forensisch-psychopathologischen Fachveröffentlichungen.
    Katalog der potentiellen forensischen Gutachtenfehler.
    Überblick Daten-Fehler (DatF):
        DatF01  Daten-Auswahl-Fehler
        DatF02  Daten-Quellen-Fehler
        DatF03  Daten-Mangel-Fehler
        DatF04  Daten-Verarbeitungs-Fehler
        DatF05  Daten-Gültigkeits-Fehler
        DatF-X: Sonstiger, bislang nicht erfasster Fehler, der dem Bereich Daten zuzuordnen ist.
    Literatur, Links, Querverweise, Zitierung und Copyright. Änderungen.
    Glossar, Anmerkungen und Endnoten:
        A Theory of Data * Ausnahmen Problembewusstsein psychopathologischer Daten * 
        Ausnahme Weber 1984 * Auswahlfunktion * 
        Belege fehlendes Problembewusstsein Daten in der forensischen Psychiatrie * 
        Datengütekriterien Objektivität, Reliabilität und Validität * Erleben * innere Wahrnehmung * 
        Kostproben psychische Kausalität im Recht * Kröber Hypothesengeleitete Begutachtung * 
        Messen per fiat * MMPI *  Operationalisierung, Geschichte des Begriffs * 
        Rosenhanversuch * Roskams Datentheorie * 
        Schwarmintelligenz in der forensischen Psychiatrie *Subsumtionsfehler *
        Tatsachenproblem * unterscheidbar * Wahn * wohlunterscheidbar * 



    Abstract - Zusammenfassung - Summary
    Objektive, zuverlässige und gültige Datenerhebung ist eine hohe angewandt-wissenschaftliche Kunst.

    Die Welt ist voller Daten. Was ist nun ein "Datum", eine "Datenerhebung" (Beispiele)?  Für die Physik ist alles Messbare ein Datum. Für die Informatiker eine Anordnung von 1en und 0en. Allgemein kann man sagen: Ein Datum ist ein wohlunterscheidbarer Sachverhalt (unterschiedlicher Quellen), den man erfassen kann. Wahre Sachverhalte heißen gewöhnlich Tatsachen. Sachverhalte, die wahr oder falsch sein können, kann man potentielle Tatsachen (tatsachenfähige Sachverhalte) nennen, wobei es manchmal notwendig sein kann, verschiedene Welten, über oder in denen Aussagen erfolgen, zu unterscheiden (Pegasus heißt ein Pferd mit Flügeln: wahr in der Welt der Mythologie und Sprache, falsch in der Welt der Wirklichkeit). Wichtig ist ferner die Unterscheidung zwischen subjektiven (gruppensubjektiven) und objektiven (intersubjektiven) Tatsachen.
        Daten repräsentieren Ereignisse (gestern morgen kam ich nur schwer aus dem Bett), Zustände (letzte Woche ging es mir gut) oder Geschehen (nachdem er mich beschimpfte, haute ich ihm eine runter) aller Art in Form von Aufzeichnungen, Berichten, Beobachtungen des Erlebenden selbst oder von anderen ("Zeugen").
        Der schwerste fatale und nicht wieder gut zumachende Daten-Fehler in einem forensischen Gutachten besteht darin, Symptome, Syndrome, Befunde und Diagnose(n) oder damit zusammenhängende Sachverhalte nicht mit genügend soliden empirischen Daten zu unterlegen, so dass die LeserIn des Gutachtens gar nicht wissen kann, wie es zu den Symptom-, Syndrom-, Befund-, Diagnosezuweisungen oder Beweisfragenantworten kommt. Ein forensisches psychopathologisches Gutachten ohne Daten ist völlig wertlos. Das ist kein Gutachten, sondern ein Meinungs- oder Willkürachten ohne nachvollziehbare Basis - wovon es aber nicht wenige zu geben scheint. Daten fehlen fast immer, wenn nicht oder nicht ausreichend persönlich untersucht oder exploriert wurde.
        Bei jedem forensisch-psychopathologischen Gutachten stellt sich bei der Planung der Untersuchung die Frage, welche Daten für die Beantwortung der Beweisfragen benötigt werden. Mit anderen Worten: Am Anfang steht die Auswahl, die sich aber im Verlauf der Untersuchung noch verändern oder weiter entwickeln kann (> Fuchs 1965).
        Formal kann dies wie folgt geschrieben werden DA= fA (D1, D2, D3, ..., Di, ... Dn), wobei fA die Auswahlfunktion symbolisiert. Damit ist der erste Daten-Fehler der Daten-Auswahl-Fehler, d.h. dass eine für die Untersuchungssituation fehlerhafte Auswahl der benötigten Daten getroffen wurde.
        Ein zweiter Fehler kann darin bestehen, dass die verschiedenen Quellen - die oft eine wichtige Rolle für die Beurteilung und Bewertung der Datengüte spielen - zu den relevanten Daten nicht ausdrücklich erwähnt oder dokumentiert werden: Daten-Quellen-Fehler.
        Der dritte Daten-Fehler kann dann in der unzulänglichen oder gar nicht möglichen Beschaffung liegen. Man weiß zwar, welche Daten man für sein Gutachten braucht, aber man kann die Daten aus diesem oder jenem Grunde nicht gewinnen. Das führt dann zum Daten-Mangel-Fehler. D.h. es fehlt zur angemessenen Beantwortung der Beweisfragen die Datenbasis.
        Die vierte Fehlergruppe betrifft forensische Daten-Verarbeitungs-Fehler. Die Verarbeitung der Daten, z.B. die Zuordnung oder Einordnung (Klassifikation, Subsumtion), bleibt unklar, zweifelhaft oder ist falsch.
        Die fünfte Gruppe betrifft Daten-Gültigkeits-Fehler. Ein Test ist kein Test, heißt ein geflügeltes Wort in der Psychologie. Für eine solide Aussage braucht man auch solide, stimmige, zuverlässige Daten. Man denke nur an den berühmten Rosenhanversuch, [inzwischen Zweifel aufgetreten] wo nur eine einzige und einmalige Berichterstattung zu einer in allen Fällen falschen Diagnose führte. Wichtige Fragen sind hier: Wie sicher sind die zur Verfügung stehenden Daten? Sind die Daten miteinander verträglich, bestätigen, stützen oder widersprechen sie sich? In den meisten forensisch-psychiatrischen Gutachten wie auch in vielen psychologisch-psychopathologischen Tests fehlen begründete Angaben zur Gültigkeit der Daten. Es gibt dort kaum ein Problembewusstsein zu den klassischen Datengütekriterien Objektivität, Reliabilität und Validität, wobei in forensischen Fragestellungen speziell die zeitliche Gültigkeit eine ganz besondere Rolle einnimmt: die Vergangenheit zu den Tatzeitpunkten bei allen Schuldfähigkeitsfragen, die Gegenwart bei Fragen der Gefährlichkeit und Unterbringung und die Zukunft bei Prognosefragen.

    Überschneidungen und Subsumtionsprobleme der Einordnung und Klassifikation von Daten-Fehlern
    Zwischen den verschiedenen Fehlerarten gibt es Überschneidungen, so dass es im Prinzip möglich ist, einen entsprechenden Fehler in dieser oder jener Fehlergruppe unterzubringen. Das kann dann in der Praxis je nach der speziellen Perspektive so oder so gemacht werden, wobei zu beachten ist, dass ein und derselbe Fehler, der verschiedenen Gruppen zugeordnet werden kann, nicht mehrfach gezählt werden darf, wenn die Anzahl der Fehler für die Beurteilung eine Rolle spielt. So können z.B. Daten nicht ordentlich erhoben (Untersuchungs- oder Explorations-Fehler), dokumentiert (Dokumentations-Fehler), nicht angemessen mitgeteilt (Darstellungs-Fehler), eingeordnet (Befund- oder Diagnose-Fehler), evaluiert (Evaluations- oder Validitäts-Fehler) oder kontrolliert (Kontroll-Fehler) werden.
        Ein häufiger Datenfehler ist z.B., wichtige Daten, wo es auf den Wortlaut ankommt, nicht original mitzuteilen,  z.B. typischer Fehler von ErmittlungsrichterInnen, wenn Zeugenaussagen nicht wörtlich protokolliert werden und man sich mit Zusammenfassungen begnügt. Die meisten Vernehmungsfehler dürften hierdurch verloren gehen. Und auch im psychopathologischen Bereich ist manchmal der Wortlaut sehr wichtig, z.B. bei Angaben zum Stimmen hören. Diesen Fehler kann man unter Daten-Verarbeitungs-, Dokumentations-Fehler (wenn der Wortlaut nicht erfasst wurde) oder unter Darstellungs-Fehler (wenn der Wortlaut zwar erfasst, aber nicht mitgeteilt wird) einordnen. Dahinter kann auch eine bewusste Absicht stecken, sich nämlich nachvollziehbarer Kontrolle zu entziehen.
        Wenn für Befunde, Diagnosen oder Beweisfragenantworten Daten fehlen, so sollte das unter DatF03 Daten-Mangel-Fehler erfasst und gezählt werden. Bei den anderen Fehlergruppen Befund- oder Diagnosen-Fehler können und sollten in der Regel wohl auch entsprechende Hinweise erfolgen.
        Wenn die Arbeit "Potentielle Fehler in forensisch-psychopathologischen Gutachten, Beschlüssen und Urteilen der Maßregeljustiz" abgeschlossen ist, wird eine eigene Seite zur Signierung der Fehler diese Problematik noch einmal aufgreifen und ausführlich Handhabungsvorschläge mit Beispielen entwickeln und vorlegen.
     

    Datentypen in der Psychologie und Psychopathologie
    Die treffliche Kurzdefinition der Psychologie besagt: Psychologie ist die Wissenschaft vom Erleben und Verhalten. Die Psychopathologie kann entsprechend als die Wissenschaft vom gestörten oder kranken Erleben und Verhalten definiert werden. Unterscheiden wir Selbst- und Fremdauskünfte, so gibt es vier Datentypen (nicht zu verwechseln mit den quantitativen Datenverarbeitungstypen von Coombs et al.)
     
    Datentypen 
    Erleben (innere Wahrnehmung)
    Verhalten (Tun und Lassen)
    Selbstauskunft
     

     

    Aussagen zur inneren Wahrnehmung: Selbstwahrnehmung, z.B. X fühlt sich schlecht", X spürt Appetit, X hat Lust auf einen Spaziergang, X empfindet Anspannung.
    Tests, Fragebögen. Exploration (= Erkun- dungsgespräch), Aufzeichnungen, Notizen, Tagebücher, Symptomlisten. 
    Aussagen zum Tun und Lassen,  Selbstbeobachtung des äußeren Verhaltens.
    X geht, steht, sagt ("mache mir gerade ein Brot"), tut es oder bemerkt sein Tun. Ausdrucksverhalten (Mimik, Gestik, Haltung), Beschreibungen vom Störungsverhalten. 
    Fremdauskunft
     

     

    Eindrücke Fremdwahrnehmung
    Y hat den Eindruck, X geht es nicht gut
    Y hat den Eindruck, X druckst herum. Beobachtungen hinsichtlich Erlebenszeichen,  Ausdrucksverhalten (Mimik, Gestik, Haltung), lachen, weinen, stöhnen, Schmerzlaute, schimpfen, ...
    Beobachtung Y sagt, X habe sich geduckt, einen Stein aufgehoben und gegen die Scheibe geworfen. Zeugenaussagen, Berichte, Erzählungen, Fremdanamnese zu Störungs-Verhalten.

     

    Die Tabelle erscheint unmittelbar verständlich: einmal sagt jemand über sich selbst aus oder über jemand anderen. Und die Aussage selbst kann das Erleben oder das Verhalten betreffen.
        Psychopathologische Datensammlungen sind psychopathologische Tests (z.B. MMPI), psychodiagnostische Manuals oder  Explorationsleitfäden (SKID, DIPS) Explorationen, Symptomlisten  (z.B. AMDP, PSE), Anamnesen, Untersuchungsdokumentationen aus der Fachliteratur, Kasuistik (Fallberichte).

    Methoden der Datengewinnung
    Die Methoden der Datengewinnung ergeben sich im Wesentlichen aus den grundlegenden Datentypen (nicht zu verwechseln mit Coombs quantitativer Datentheorie). Selbstauskünfte setzen eine funktionierende innere Wahrnehmung (nicht Selbstbeobachtung!) voraus. Die innere Wahrnehmung ist das Fundament aller Psychologie, wie Wundt schon klar und deutlich ausgeführt hat. Und die meisten Menschen können im Grundsatz auch richtige Auskünfte über ihre Befindlichkeit, wie es Ihnen ergeht oder ergangen ist, erteilen. Schwieriger gestaltet sich das in der Regel bei psychisch Kranken oder Funktionsbeeinträchtigten. Genau betrachtet ist aber z.B. schon die einfache Frage "Wie geht es Ihnen?" eine sehr komplexe Angelegenheit.
        Psychopathologische Datensammlungen findet man in psychopathologischen Tests (z.B. MMPI), psychodiagnostischen Manuals oder  Explorationsleitfäden (SKID, DIPS) Explorationen, Symptom- und Syndromlisten  (z.B. AMDP, PSE), Anamnesen, Untersuchungsdokumentationen aus der Fachliteratur, besonders informativ ist auch die Kasuistik (Fallberichte, z.B. > Fallberichte Wahn).

    Voraussetzungen der Gültigkeit (Validität) von Aussagen über die Selbstwahrnehmung bei der Exploration
    Ob man mündlich oder schriftlich exploriert, spielt hinsichtlich der Voraussetzungen keine Rolle. Die direkte mündliche Exploration hat aber den Vorteil, dass detailliert und sofort Verständnis- oder Ausdrucksprobleme besprochen werden können. Bei genauer Betrachtung müssen folgende Voraussetzung erfüllt sein:
     

      1. dass die Befragten ihre innere Befindlichkeit wahrnehmen (Siehe: "Wie geht es Ihnen?") können
      2. das die Befragten ihre inneren Wahrnehmungen angemessen beurteilen und bewerten können
      3. dass die Erfassung der inneren Befindlichkeit diese auch tatsächlich repräsentiert
      4. dass die Befragten den Sachverhalt einräumen können
      5. das die Befragten den Sachverhalt einräumen wollen
      6. dass die Befragten den Sachverhalt ihrer inneren Wahrnehmungen angemessen ausdrücken (verbalisieren) können
      7. dass die Untersucherin angemessen exploriert
      8. dass die Untersucherin die Äußerungen der Befragten so wie gemeint versteht
      9. dass die Untersucherin die Äußerungen der Befragten angemessen beurteilt und bewertet


    In den bisherigen - rein formalistisch orientierten - Testtheorien werden 1) 2) 3) 4) 5) 6) unkritisch vorausgesetzt und gewöhnlich nicht weiter thematisiert,  was ich für einen schweren Fehler halte, weil hier das Fundament, die Basis betroffen ist. Stimmt schon die Basis nicht, ist der gesamte Überbau in Frage gestellt und sei er mathematisch noch so eloquent ausgearbeitet. Bevor wir zum Quantitativen vorrücken können, muss das Qualitative der Datenerfassung angemessen geregelt und aufbereitet sein.

    Beispiele für psychopathologische Daten     > Siehe bitte auch einige Items (Fragen) aus dem MMPI.
    01   Ich bin oft so müde, lustlos, kann mich kaum aufraffen. [Gültigkeitsangabe]
    02   In letzter Zeit ist mir öfter so seltsam, irgendwie komisch.  [Gültigkeitsangabe]
    03   Ich schlafe länger als sonst, fühle mich danach oft wie gerädert.  [Gültigkeitsangabe]
    04   Manchmal weiß ich gar nicht, ob ich wache oder träume.  [Gültigkeitsangabe]
    05   Irgendwie bin ich mir manchmal so fremd.  [Gültigkeitsangabe]
    06   Kürzlich dachte ich erst, dass ich für große Aufgaben berufen bin.  [Gültigkeitsangabe]
    07   Manchmal war mir, als spräche eine Stimme über mich und mein Tun und Lassen.  [Gültigkeitsangabe]
    08   Ich träumte schon, dass ich ein Zeichen setzen muss. [Gültigkeitsangabe]
    09   Ich fühle mich voller Energie und Tatendrang. [Gültigkeitsangabe]
    10   Manchmal komme ich mir vor wie ein Kühlschrank, alles eingefroren, kalt und starr.  [Gültigkeitsangabe]
    11   Immer wieder befällt mich die Sorge, ich könnte etwas vergessen haben.  [Gültigkeitsangabe]
    12   Ich bin sehr unsicher geworden und stelle mich oft in Frage. [Gültigkeitsangabe]
    13   Irgendwie bin ich nicht unterzukriegen. [Gültigkeitsangabe]
    14   Nein, an dem Tag hatte ich keine besonderen Beeinträchtigungen. Es ging mir nicht besonders gut, aber auch nicht schlecht. Ich hörte keine Stimmen, ich war nicht niedergeschlagen. Es war, alles in allem, ein ganz annehmbarer Tag.  [Gültigkeitsangabe]
    15   Wir hatten Streit  und es kam sogar zu einem kleinen Gerangel. Irgendwas, ich glaube, es war die Bluse, die riss sogar ein wenig ein. Geschlagen habe ich sie nicht. Es war vor der Wohnzimmertür. Sie wollte vorbei, ich wollte erst noch eine Antwort. Sie gab mir keine und wollte an mir vorbei ...  [Gültigkeitsangabe]
    16   Es war ein Tag wie jeder andere. Nichts besonderes. Auf einmal wurde mir schlecht und schwindlig. Ich fürchtete, das Bewusstsein zu verlieren und setzte mich schnell hin, um nicht zu fallen. Das war jetzt schon das dritte Mal. Aus heiterem Himmel, ohne jeden Anlass. Mein Herz klopfte, mal schwitzte ich, mal fröstelte ich. Ein übler Zustand kann ich nur sagen.  [Gültigkeitsangabe]
    17  Ich sah sie manchmal durchs Fenster, wie sie die Wand anzustarren schien. Irgendwie abwesend, wie einen fernen Punkt fixierend, den es gar nicht gab.  [Gültigkeitsangabe]
    18  Manchmal genügt eine Kleinigkeit und ich gerate in eine solche Wut, dass ich Angst bekomme, mich zu vergessen.  [Gültigkeitsangabe]
    19  Am meisten fürchte ich das schwarze Loch, die dunkle, lähmende Leere. Ich kann dann gar nichts machen, und ich komme mir vor, wie ein Gefangener. Das kann Stunden gehen.  [Gültigkeitsangabe]
    20  In der letzten Zeit verliere ich immer wieder den Faden, stehe dann da, frage mich, was ich wollte und weiß es nicht mehr.  [Gültigkeitsangabe]

    Anmerkung Gültigkeitsangabe  Wie man sieht, haben die Beispiele keinen - genauen - Zeitbezug, wie z.B. sehr oft bei psychopathologischen Tests oder Explorationsmanuals, der aber sowohl für psychotherapeutische als auch für forensische Fragen oft sehr wichtig ist.


    Daten-Fehler im Recht und in Kommentaren
    In Recht, Rechtsprechung und Rechtswissenschaft habe ich keine ausdrückliche Thematisierung zur Datentheorie, Datenauswahl, Datenerhebung und damit auch keine Datenfehlerproblematik gefunden. Die VertreterInnen der verschiedenen Rechtsfelder geben sich meist völlig naiv, was man u.a. an ihrer Art z.T. erheblich fehlerhaft zu vernehmen (> Explorations-Fehler), ihrem unbekümmerten Gebrauch von Universalien und den Rechtsbegriffen merkt oder auch an merkwürdigen psychologischen Theorien z.B. zur psychischen Kausalität (Kostproben). So gesehen passen das weitgehend fehlende Datenproblembewusstsein in Recht und (forensischer) Psychiatrie gut zusammen.



    Daten-Fehler in forensisch-psychopathologischen Fachveröffentlichungen

    Das Thema Datentheorie, Datenauswahl und Datenerhebung spielt in der Psychiatrie und forensischen Psychiatrie so gut wie keine Rolle (Ausnahme Weber 1984, der allerdings an Coombs quantitativer Datenverarbeitungstheorie anknüpft). Nur geringfügig besser sieht es mit einer Theorie der Daten in der Psychologie aus, wobei die häufig zitierten angeblichen Grundlagenveröffentlichungen (Coombs, Roskam) mehr formal , technisch, mathematisch-statistisch, also an der Datenverarbeitung orientiert sind und damit die eigentlichen Grund- und Kernfragen wie oben ausgeführt, verkennen und vernachlässigen. Datenverarbeitung setzt bereits entsprechend aufbereitete und verarbeitungsfähige Daten voraus. Datentheoretiker sind also auch in der Psychologie mit großer Vorsicht  zu "genießen", meist sind sie ganz schnell, ja viel zu schnell beim "messen" (per fiat), besser schätzen, skalieren oder testen. So setzt der falsch-irritierende Titel von Coombs "A Theory of Data" wie auch Roskams "Allgemeine Datentheorie" in Wahrheit eine richtige Datentheorie zur Datenerhebung voraus, also die Klärung und Evaluierung der Voraussetzungen für valide (stimmige) Daten.

        Es gibt bezüglich der Daten, die psychiatrische ProbandInnen liefern - bis auf wenige spezielle Ausnahmen - so gut wie kein Problembewusstsein (Belege). Das ist insofern merkwürdig, als doch jederfrau klar sein sollte, dass die elementaren Daten das Fundament jeder Befundung und (Differential-) Diagnostik ist und sein muss. Daher sollte es auch jedem einleuchten, dass man sich der Sicherheit des Fundamentes, der Basis, ganz besonders annehmen sollte. Der Überbau kann nicht sicherer oder besser sein als sein Fundament. Hinzu kommt die besondere Problematik der Selbstauskünfte bei psychisch Kranken oder (vorübergehend) Funktionsgestörten.

        Bei Venzlaff & Förster (2009, 2004) gibt es keinen Sachregistereintrag zum Thema (psychopathologische) Daten, etwas besser, wenn auch längst nicht hinreichend, sieht es im 5-bändigen Handbuch der Forensischen Psychiatrie aus. Immerhin geht aus Stellers (2010, S. 194) Strukturmodell zumindest einmal die Bedeutung der Datenerhebung hervor:
     

        Eine weitere zwar kurze, aber wichtige Aussage, legen Hoff, P. & Saß, H. (2010) Psychopathologische Grundlagen der forensischen Psychiatrie. In HBFP 2, S. 2, vor, wenn sie ausführen:
     
      "Eine solcherart erweiterte Psychopathologie hat allerdings ein kritisches Methodenbewusstsein zum zentralen Gegenstand. Sie kann nicht nur Datenerhebung sein, sondern immer auch kritisches Hinterfragen des Zustandekommens und der Art der Daten."


    Man kann diesen richtigen und kritischen Worten entnehmen, Datenerhebung muss natürlich sein, aber es muss auch das Entstehen der Daten kritisch hinterfragt werden. Wenn es denn in der Praxis nur so wäre.

    Dass man den Auskünften nicht so einfach naiv vertrauen darf, geht auch aus vielen psychopathologischen Testkonstruktionen hervor, die oft spezielle Kontrollskalen zur Prüfung der Gültigkeit der Aussagen eingebaut haben. So gibt es im MMPI allein 109 von 566 Items (Fragen) zur Kontrolle, die in drei Skalen organisiert sind (F, K, L), wenn man die Zahl der Auslassungen ("?") nicht berücksichtigt.
     



    Katalog der potentiellen forensischen Gutachtenfehler
    Fehler in forensisch-psychologischen, forensisch-psychopathologischen, forensisch-psychiatrischen Gutachten.

    Vorbemerkung: Das Einzelfallprinzip gebietet sicherheitshalber nur von potentiellen Fehlern zu sprechen. Der Katalog enthält also überwiegend nur potentielle Fehler. Ob ein potentieller Fehler im spezifischen Einzelfall wirklich ein Gutachten-Fehler ist, sollte nicht absolut-allgemein, sondern im Realitätsrahmen und Situationskontext des Einzelfalles untersucht und entschieden werden. Und natürlich hängt die Fehler-Diagnose und das Gewicht, das ihr zukommt, auch sehr davon ab, aus welcher wissenschaftlichen Perspektive oder Basis die Betrachtung erfolgt. PsychoanalytikerInnen haben z.B. ein sehr lockeres Verhältnis zu Phantasie und Vermutungen und verwechseln diese oft mit Wissenschaft, Empirie oder Objektivität.
        Wichtig ist vielleicht auch, dass man sich eingesteht: fehlerlose Gutachten gibt es nicht. Aber: die Problemlösung beginnt bekanntlich mit der Problemwahrnehmung. Deshalb ist es sinnvoll, sich seinen möglichen Fehlern grundsätzlich zu öffnen. Manche Fehler mögen auch keine ernste Bedeutung haben, andere aber im jeweiligen Einzelfall vielleicht schon. Und es gibt fatale Fehler, die ein Gutachten nicht verwertbar machen (z.B. Oder-Diagnosen, Verfassung und Befinden zu den Tatzeiten nicht exploriert oder, bei keinem Ergebnis hierzu, die Beweisfrage als nicht beantwortbar erklärt, nicht persönlich untersucht, unzulängliche Mittel und Methoden angewendet, ... ... ...)
        Kleine Fehlertaxonomie: (1) Fatale, nicht mehr reparierbare Fehler. (2) Fatale Fehler ohne nähere Spezifikation. (3) Fatale, aber grundsätzlich noch reparierbare Fehler ("Nachbesserung", weiteres Ergänzungsgutachten). (4) Fehler ohne bedeutsame Auswirkung auf die Beantwortung der Beweisfrage. (5) Sonstiger in seiner Bedeutsamkeit nicht richtig oder zuverlässig einschätzbarer Fehler.
        Sonderfall: Fehlerhaftes Gutachten, aber im Ergebnis nachvollziehbar und - wenn auch mit anderem Vorgehen - zum gleichen Ergebnis gelangend.



    Daten-Fehler (DatF)
    In Daten werden die elementaren Sachverhalte erfasst, sie sind die Informationsbasis und Grundlage jedes Gutachtens jenseits bloßer Meinung, Mutmaßung oder spekulativer Willkür. Ohne ausreichende Datengrundlage gibt es kein wissenschaftliches Gutachten. Und das ist regelmäßig dann der Fall, wenn keine persönliche Untersuchung oder Exploration erfolgte.
     
    1. DatF01  Daten-Auswahl-Fehler
    2. DatF02  Daten-Quellen-Fehler
    3. DatF03  Daten-Mangel-Fehler
    4. DatF04  Daten-Verarbeitungs-Fehler
    5. DatF05  Daten-Gültigkeits-Fehler
    6. DatF-X: Sonstiger, bislang nicht erfasster Fehler, der dem Bereich Daten zuzuordnen ist.



    DatF01  Daten-Auswahl-Fehler
    Kennt man die Beweisfragen und die Informationsbasis mit den "Anknüpfungstatsachen", so stellt sich gewöhnlich die Frage der (Vor-) Untersuchungsplanung. Es gibt daher manchmal auch einen engen Zusammenhang zwischen Datenauswahl- und Planungsfehlern. 1) Welche Daten liegen vor, welche davon sind für die Beweisfragen relevant, sind also auszuwählen und welche nicht? 2) Welche Daten ("Befundtatsachen") sind durch die Untersuchung zu beschaffen, welche sind also für die Datenerhebung auszuwählen, welche nicht (manche GutachterInnen neigen dazu möglichst viel zu erheben, auch wenn gar kein Zusammenhang zu den Beweisfragen erkennbar ist)?
        Anmerkung: Zur Bedeutung der Auswahl > Fuchs (1965).

    Prototypische Fehlerstruktur DatF01: Die Grundfrage lautet: welche Daten werden erhoben und welche nicht? Die Datenbasis ist nicht  klar ausgewiesen und definiert oder die Beziehung der Daten zu den Symptomen, Syndromen, Befunden oder Diagnosen ist nicht nachvollziehbar begründet dargelegt. Der Fehler kann natürlich dann nicht gefunden und erfasst werden, wenn überhaupt keine Daten vorliegen oder ausgewiesen sind.

    Beleg DatF01-02-01 Das Nürnberger mündliche GA im Fall Mollath vom 22.4.2004 hat keinerlei Daten angegeben auf die es seine "Befunde" gründet. Der Richter weist lediglich unspezifisch auf die Kenntnis des Akteninhalts hin. Obwohl ihm Mollath keine Untersuchung und Exploration gewährt, fühlt der Gutachter sich doch berufen, schwerwiegende Befunde und weitreichende Diagnosen zu vermuten.
     


       Quelle: https://www.gustl-for-help.de/download/2004-05-05-Mollath-Amtsgericht-Einweisungsbeschluss.pdf
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    Beleg DatF01-02-02  (1) Im Bayreuther GA vom 25.7.2005 zum Fall Mollath werden aus dem Duraplusschnellhefter einerseits Daten ausgewählt, andererseits unbeachtet gelassen, ohne dass man je erfährt, warum es einerseits zu der getroffenen Auswahl, anderseits zu der Nichtbeachtung und Ausblendung kommt. Der Gutachter stellt S. 12 lediglich fest: "Auf die Mehrzahl, der in der Heftung „Duraplus" abgehefteten Unterlagen des Angeklagten kann hier nicht eingegangen werden.“ Es bleibt unerklärt, warum auf  welche eingegangen wird, auf die Mehrzahl aber nicht.
        (2) Die angebliche Wahnprogredienz wird nicht mit Daten bzw. mit falschen Daten unterlegt.
        (3) Das Datum angebliche Stimmen hören  wird aus dem Zusammenhang gerissen und verfälscht.
        (4) Ein Vergiftungswahn wird nahegelegt durch eine Fälschung mit Textmontage (Datenmontage) - also durch Verbinden von Daten und falsche Auswahl > Daten-Verarbeitungs-Fehler.

    Beleg DatF01-02-03 Der Berliner Gutachter übernimmt unkritisch die Datenauswahl der Vorgutachter im Fall Mollath, so dass sich die Daten-Fehler des Vorgutachter fortsetzen. Und schlimmer noch: der Berliner Gutachter greift auch die Vergiftungswahn induzierende Textmontage - in diesem Kontext auch Daten-Montage - des Bayreuther Vorgutachters auf und interpretiert sie induktionsgemäß.

    Beleg DatF01-02-04 (1) Auch der Ulmer Gutachter im Fall Mollath, obwohl er selbst untersuchen und explorieren kann, übernimmt die Datenauswahl der Vorgutachter unkritisch.
        (2) Einen besonders schwerer Datenauswahl-Fehler zeigt seine Anwendung des SKID. (3) S. führt der GA unter der Überschrift "1.7 Krankengeschichte des BKH Bayreuth" aus (S.5; fett-kursiv RS): "Da der Verlauf in den jährlichen Stellungnahmen nach § 67 StGB zusammengefasst ist, werden hier stichwortartig nur Details genannt, die sich auf die jüngste, dort noch nicht dargestellte Entwicklung beziehen (in Klammern jeweils das Datum des Eintrags, wobei hier nur ausgewählte Einträge genannt werden)." Die Auswahlkriterien bleiben im Dunkeln.

    Anmerkung DatF01-02 Echte eigene Datenauswahlen und unabhängige, selbständige Gesamtwürdigungen des Datenmaterials im Fall Mollath finden sich erst beim Mainkofener Betreuungs- und Geschäftsfähigkeitsgutachten und im Gutachten Dr. Weinberger.



    DatF02  Daten-Quellen-Fehler
    Wenn überhaupt Daten fehlen, dann fehlen natürlich auch die Quellen hierzu. Dieser Fehler ist daher nicht gemeint (> Daten-Mangel-Fehler). Hier geht es um den Fehler, dass für Daten, die vorliegen, die Quellen aber nicht differenziert, klar und vollständig angegeben werden. Die Angabe von Daten-Quellen, gerade bei Zeugenaussagen, ist sehr wichtig, um (Tendenz-) Interessen kontrollieren zu können. Nicht selten ist die Perspektive, die eine Datenquelle einnimmt, kritisch zu beachten: von wem, von wann, unter welchen Bedingungen, mit welchem Interesse, wurden Daten in welcher Weise mitgeteilt. Das ist zwingend kritisch zu berücksichtigen bei Beziehungskonflikten (Prototyp "Rosenkrieg"). Hierbei spielen auch Gültigkeitsfragen eine wichtige Rolle, die unter DatF05 eine eigene Gruppe bilden und dort besprochen werden. Ein häufiger Fehler ist mangelnde quellenkritische Prüfung und Erörterung, ein Fehler der hier (DatF02) oder unter Daten-Gültigkeits- oder Kontroll-Fehler eingeordnet werden kann.

    Prototypische Fehlerstruktur: Die Datenquellen werden nicht genau angegeben. Es bleibt unklar, auf welcher Quelle die für relevant befundenen Daten beruhen.

    Beleg DatF02-02-01 Im Nürnberger Mollath-Gutachten werden nur zwei Datenquellen angegeben. Einmal, ganz unspezifisch und summarisch "Akteninhalte", zum anderen der persönliche Eindruck in der Verhandlung. Wie hierdurch Rückschlüsse auf die Befindlichkeit bei den behaupteten Tathandlungen, die Jahre zurückliegen, möglich sein sollen, ist völlig unerfindlich.

    Beleg DatF02-02-02 (1) Im Bayreuther Gutachten werden die "Beobachtungen" und Vermerke der "Pflegedokumentation" nicht genau quellenbelegt.
        (2) Bei den meisten Befunden und Diagnosen fehlen die Datenbezüge und genauen Daten-Quellen.

    Beleg DatF02-02-03 Das Berliner Gutachten über Mollath besticht durch die völlige Abwesenheit jeglicher Quellenkritik. Es übernimmt ungeprüft, unerörtert, unproblematisiert und unkritisch die außerordentlich spärlichen Daten, die noch dazu in keinem Fall auf persönlicher Untersuchung oder Exploration beruhen.

    Beleg DatF02-02-04 Das Ulmer Gutachten referiert die von ihm ausgewählten "Anknüpfungstatsachen aus den Akten so knapp wie möglich",  so S. 2. Immerhin, so klar und deutlich hat das vor ihm keiner formuliert. Die vielen schriftlichen Äußerungen Mollaths werden sämtlich als "bekannt vorausgesetzt". Sie werden nicht einmal thematisch klassifiziert und sortiert. Es gibt Mollaths paar hundert Seiten  einfach im Gesamtpack, sie werden summarisch, undifferenziert als bekannt vorausgesetzt. Was wo genau an welcher Stelle wozu steht, das muss wohl niemand wissen. Nicht einmal die wichtigen Textstellen, die seine Sicht der Auseinandersetzung wiedergeben. Die genaueren Äußerungen und Themen des "Irren" interessieren einfach nicht.
     



    DatF03  Daten-Mangel-Fehler
    Ein Mangel an Daten ist fatal, weil ein wissenschaftliches Gutachten eine solide, ausreichende und zuverlässige Datenbasis braucht. Ohne eine ausreichende Daten- und Informationsbasis können Befunde, Diagnosen und Beweisfragen nicht sicher und valide (stimmig) begründet werden. Was dann nur bleibt, sind bloße Eindrücke, Vermutungen, Spekulationen, Meinungen. Das ist ist natürlich keine Basis, um jemanden z.B. über mehrere Jahre in der forensischen Psychiatrie unterzubringen. Ein fataler Mangel an Daten liegt in aller Regel vor, wenn keine persönliche Untersuchung und Exploration durchgeführt wurde.
        So kranken z.B. das Nürnberger, Bayreuther und Berliner Mollath-Gutachten an extremem Daten-Mangel. Während jeder durchschnittlich intelligente Mensch weiß, dass man nichts sagen kann, wenn man nichts weiß - und dann natürlich erst recht nicht gutachten kann - wissen das die erwähnten Mollath-Gutachter offenbar nicht oder sie setzen sich einfach darüber hinweg nach dem Motto ich erfülle jeden Gutachtenauftrag, auch wenn das die Mindestanforderungen hinten und vorne nicht erlauben. Wenn die Daten fehlen, muss man eben meinen, vermuten, spekulieren, phantasieren, woraus sich dann okkulte parapsychopathologische Nichtsachten ergeben. Das ist aber nur möglich, weil die Unterbringungsrichter mitspielen, ja wahrscheinlich sogar wollen und begrüßen.

    Prototypische Fehlerstruktur DatF03: Es fehlen Daten. Symptome, Syndrome, Befunde, Diagnosen und Beweisfragenantworten scheinen vom Himmel zu fallen, sind einfach da, ohne dass sie mit Daten ausreichend unterlegt werden.

    Beleg DatF03-02-01 Das Nürnberger Gutachten im Fall Mollath beruht auf keinen eigenen Daten, weil Mollath die "Einladungen" zur psychiatrischen Untersuchung ignorierte und auch sonst jede persönliche Untersuchung und Exploration ablehnte.
    Beleg DatF03-02-02 (1) Auch das Bayreuther Gutachten vom 25.7.2005 zum Fall Mollath hat keinerlei Datengrundlage für eine tatwirksame Wahndiagnose.
        (2) Es wird nicht einmal eine Rekonstruktion zur Befindlichkeit zu den Tatzeitpunkten versucht.
        (3) Was unter den Überschriften "Dokumentation", "Beobachtungen" oder "Pflegedokumentation" abgehandelt wird, ist oft summarisch zusammenfassend und enthält gar keine Daten, was unweigerlich Daten-Verarbeitungs-Fehler nach sich zieht: zwischen fehlenden Daten und Befundung besteht eine Lücke. So stellt S. 15 des GA unter "Psychischer Befund" fest: "Es dominieren Größenphantasien" ohne dass hierzu auch nur ein einziges Datum angeführt wird. Wann, wie, wo, unter welchen Umständen ... all dies bleibt offen.
    Beleg DatF03-02-03 Auch der Berliner Gutachter (Dr. Merk: "crème de la crème") kann im Fall Mollath nur abschreiben und keine eigenen Daten erheben. Er zeigt sich noch nicht einmal imstande, die fehlende Datenbasis seiner Vorgutachter kritisch zu hinterfragen.
    Beleg DatF03-02-04 Auch der von Mollath akzeptierte Ulmer Gutachter, von dem sich Mollath untersuchen und explorieren lässt, zeigt sich unwillig oder unfähig, die fehlende Datenbasis vor allem zu den behaupteten Tatzeitpunkten nachzuliefern. So entscheidet er sich auch völlig falsch, SKID II anzuwenden, obwohl SKID I erforderlich gewesen wäre. Und natürlich hätte er erkennen und problematisieren müssen, dass die Voraussetzungen für den § 63 StGB völlig in der Luft hingen.

    Anmerkung DatF03 Hingegen legt der Mainkofener Gutachter ein durch eine persönliche Untersuchung und Exploration begründetes und datengestütztes Gutachten zur Frage der Geschäftsfähigkeit Mollaths vor, das bei Mollath keinerlei psychotische oder Wahnproblematik erkennt. So auch der unabhängige und außersystemische Gutachter Dr. Weinberger.



    DatF04  Daten-Verarbeitungs-Fehler
    In diesem Fall liegen zwar Daten vor, sie werden aber fehlerhaft, falsch oder gar nicht verarbeitet, wobei auch absichtliche oder vorsätzliche Datenfälschungennicht auszuschließen sind, die man auch als absolute Datenfehler werten kann und die ein Gutachten völlig wertlos machen. Auch hier gibt es viele Überschneidungsmöglichkeiten mit anderen Fehlern, z.B. mit Befund-, Diagnose-, Beweisfragen-Fehlern. Daten-Verarbeitungs-Fehler liegen fast immer dann vor, wenn Lücken und Sprünge gefunden werden.

    Prototypische Fehlerstruktur DatF04: Die Verarbeitung der Daten, z.B. die Zuordnung, bleibt unklar, zweifelhaft oder ist falsch. Es können Daten übrig bleiben, die nicht nachvollziehbar verarbeitet wurden. Mit anderen Worten: nicht alle ausgewählten Daten werden verarbeitet. Das ist dann kein Problem, wenn die Nichtverarbeitung erklärt wird. Manche GutachterInnen folgen hier einer persönlichen impliziten Regel: relevant ist eben das, was sie verarbeiten und was hinten runterfällt ist nicht relevant.

    Beleg DatF04-02-01 Das Nürnberger Gutachten über Mollath besteht praktisch nur aus Daten-Verarbeitungs-Fehlern, wobei es : eigene Daten gar nicht hat und vorhandene nicht benennt.

    Beleg DatF04-02-02 Das Bayreuther Gutachten über Mollath zeigt eine ganze Reihe von schwerwiegenden Daten-Verarbeitungs-Fehlern, wobei als der schwerwiegendste die Text- oder Datenmontage angesehen werden kann. Lücken oder ein Sprung zeigt sich auch bei der Progredienzbehauptung des angeblichen Wahns von Mollath. Völlig in der Luft hängen die Befund- und Diagnosemutmaßungen zu den behaupteten Tatzeitpunkten. Wichtige Daten, die auf das Eingangsmerkmal tiefgreifende Bewusstseinsstörung hindeuten, werden, obwohl ausgewiesen, nicht verarbeitet und nicht erörtert.

    Beleg DatF04-02-03  (1) Das Berliner Gutachten zu Mollath vom 27.6.2008 besteht in der Hauptsache aus Daten-Verarbeitungs-Fehlern, deren Grundlage die unkritische und auch nicht ansatzweise problematisierte Übernahme der Sicht der Vorgutachter und ihrer extrem spärlichen oder einseitigen Datenbasis.
        (2) Ein Gipfel der Kritiklosigkeit- und Oberflächlichkeit ist die Interpretation der Bayreuther Text- und Datenmontage zur Induktion des Vergiftungswahnes.

    Beleg DatF04-02-04  (1) Im Ulmer Gutachten zu Mollath vom 9.3.2011 wird zitiert (S. 6; Bl. 525; fett-kursiv RS):

      "Ausführlicher Verlaufseintrag von 6 Seiten (26.11.2010). Darin heißt es, Ausführungen zu Arztbesuchen seien problemlos verlaufen und in der Lockerungskonferenz vom 02.11.2010 habe man keine von ihm ausgehende Allgemeingefährdung gesehen und keine Fluchtgefahr."


    Dieser für Mollath sehr wichtige Befund zur sog. Allgemeingefährlichkeit geht in der Daten-Verarbeitung zwar nicht ganz unter, wird später aber nur summarisch und völlig verwässert berücksichtigt (S. 47: "Die ihm gewährten Lockerungen verliefen ohne Zwischenfälle"). Die fehlende und bislang so wichtige "Allgemeingefährlichkeit" ist in dieser "Berücksichtigung" verschwunden. Der Gutachter führt weiter aus:
     

          "Immerhin äußerte er während der Untersuchung an keiner Stelle konkrete Rachegedanken oder -absichten gegenüber seiner Frau oder anderer bestimmter Personen, von denen er. sich ungerecht behandelt fühlte, sondern stellte sein Bedürfnis nach Wahrheit und Gerechtigkeit als sein Hauptanliegen ins Zentrum seiner Ausführungen. Dies spricht dafür, dass die vielen Jahre in der Unterbringung des Maßregelvollzugs, in denen er vielfach Situationen ausgesetzt war, die ihm in jeder Hinsicht zuwider waren, nicht spurlos an ihm vorbeigegangen sind. Zur Kompensation der dabei erlebten Ohnmacht hat er sich darauf verlegt, zahllose schriftliche Klagen, Anklagen, Eingaben und Anträge zu verfassen, was nicht nur negativ zu bewerten ist sondern als in begrenztem Maße konstruktiver Kompensationsmechanismus für die Abarbeitung heftiger affektiver [<46] Erregungen aufgefasst werden kann.
          Wiederholt verwies er zwar auf die Schrift von Halmi mit dem Titel 'Zwangspsychiatrie ein Foltersystem' (vgl. oben S. 25 u. S. 32) und wurde nicht müde, seine Erfahrungen und Beobachtungen im Maßregelvollzug als Folter zu bezeichnen, ohne dabei persönlich gefärbte Ranküne oder gar konkrete Absichten zur Sprache zu bringen, sich an den handelnden Personen zu rächen. Weit mehr schien es ihm darum zu gehen, deutlich zu machen, dass nicht nur er, sondern alle, die zwangsweise in der Psychiatrie untergebracht sind, Opfer sind. An keiner Stelle seiner Ausführungen leitete er aus entsprechend bewerteten Erfahrungen und Beobachtungen die Rechtfertigung rechtswidriger Handlungen ab.
          Trotz der diagnostizierten anhaltenden wahnhaften Störung sind seine Stimmung und sein Verhalten im Stationsalltag inzwischen deutlich unauffälliger und angepasster als während der Zeit seiner ersten Unterbringung im BKH Bayreuth anlässlich der Begutachtung durch Dr. Leipziger (vgl. dessen Gutachten S. 14ff), wiewohl er zu niemandem vom Personal eine vertrauensvolle Beziehung etabliert hat.
      Die ihm gewährten Lockerungen verliefen ohne Zwischenfälle, so dass auch die schrittweise Erweiterung von Lockerungen in Betracht gezogen werden sollte. Dass er sich weigert, bei der Rückkehr von Ausgängen die auf Station üblichen Alkoholkontrollen vornehmen zu lassen, hängt mit seiner generellen Einstellung zu seiner Unterbringung und seiner Vorstellung, zu Unrecht untergebracht zu sein, zusammen. Dass er sein Fortkommen durch diese Weigerung nicht befördert (vgl. die Angaben der Stationsärztin, oben Abschn. 4, S. 33f), leuchtet ihm nicht ein. Vergleichbar ist sein Verhalten demjenigen eines Fluggastes, der nicht einsehen will, dass jeder Passagier vor dem Besteigen eines Flugzeuges einer Kontrolle unterzogen wird, auch wenn er selbst keine gefährlichen Gegenstände mit sich führt. Man mag dieses Verhalten als trotzigen Widerstand gegen Stationsregeln bezeichnen. Hinweise auf eine spezifische Gefährlichkeit lassen sich daraus sicherlich nicht ableiten. [<47] Anhaltende wahnhafte Störungen können zwar, müssen aber nicht in (erneute) rechtswidrige gefährliche Handlungen münden. Empirisch abgesicherte Daten zu entsprechenden Rückfallhäufigkeiten liegen nicht vor."
    _
        Man kann diesen Ausführungen klar entnehmen, dass sich Mollaths Stationsverhalten nach der Beurteilung und Bewertung des Ulmer Gutachters tatsächlich positiv verändert hat. Selbst die Klinik räumt in der Pflegedokumentation freimütig ein, dass es "keine von ihm ausgehende Allgemeingefährdung gesehen und keine Fluchtgefahr" gebe. Keine Allgemeingefährlichkeit, keine Ranküne, keine Rachegedanken. Und trotzdem "allgemeingefährlich"?
        Herzlichen Glückwunsch, Herr Professor, das ist wahrlich eine logische Glanzleistung der forensischen Psychiatrie!

        (3) Ein weiterer schwerer Daten-Verarbeitungs-Fehler ergibt sich aus dem Ergebnis des SKID II. (S. 38; Bl. 557, fettkursiv RS) : "Allein bei den Antworten auf die Fragen nach Symptomen der zwanghaften Persönlichkeitsstörung fand sich eine gering ausgeprägte, jedoch in Bezug auf die Vergabe der Diagnose deutlich unterschwellige Antworttendenz in Richtung zwanghafter Symptomatik, Züge einer paranoiden oder anderweitigen Persönlichkeitsstörung ließen sich mit diesem Instrument nicht objektivieren." Obwohl der aktuelle Befund des SKID II keine paranoide Persönlichkeitsstörung" erkennt, wird dennoch an der Diagnose "paranoid" festgehalten.



    DatF05  Daten-Gültigkeits-Fehler
    Im engen Zusammenhang mit diesem Daten-Fehler stehen die Evaluations- und Kontroll-Fehler. Evaluation bedeutet den Wert eines Ergebnisses, das mit Hilfe dieser oder jener Methode gewonnen wurde, festzustellen und zu begründen. Im engeren Sinne geht es um die Datengütekriterien der Objektivität, Reliabilität und Validität, die nicht nur für psychologische Tests, sondern für alle Datenerhebungsverfahren oder Informationen von Bedeutung sind.

    Allgemeine Parameter von Daten (hier psychologisch-psychopathologische)
    1. Art (z.B. Angst, Wahn), 2. Stärke, 3. Häufigkeit, 4. Dauer, 5. Verlauf, 6. Beeinträchtigung (Beschwernis).
    Dauer, Stärke und Häufigkeit werden in den Diagnosesystemen (z.B. ICD, DSM) teilweise berücksichtigt, nicht immer praxis-angemessen und im neuen DSM 5 teilweise völlig unsinnig, wenn etwa bei Personenverlusten der Trauer nur noch 14 Tage zugebilligt werden und was darüber hinausgeht pathologisiert wird. Eine grundlegende und nachvollziehbare Erfassungsmethode aller Parameter fehlt ebenso wie eine schlüssige und praktikable Taxonomie.

    Prototypische Fehlerstruktur DatF05: Wie zuverlässig und stimmig sind und für welchen Zeitraum und unter welchen Bedingungen gelten die der Begutachtung zugrunde gelegten Daten? Die Datenqualität wird übergangen, nicht kritisch oder nur grob unzulänglich erörtert (Probleme der Güte, Objektivität, Reliabilität, Validität, Nutzen und praktische Bedeutsamkeit [praktische Signifikanz]). Insbesondere die zeitliche Gültigkeit wird nicht genannt oder nachvollziehbar begründet.

    Die ersten beiden Mollath-Gutachten strotzen vor Unsicherheit. Sie platzen fast vor Mutmaßungen (käme in Frage oder in Betracht, evtl., müsste, möglich, vielleicht, auch, alternativ, nicht sicher). Es sind Feste der Möglichkeiten und Hochzeiten des Konjunktivs. Dass aufgrund solcher extremen Vagheiten, obwohl sie der BGH klar und deutlich als rechtswidrig erklärt hat, jemand jahrelang in der Psychiatrie festgehalten wird, Mollath sitzt jetzt im April 2013 im 8. Jahr, das hält man nicht für möglich. Hier dachte man früher an die Nazis, an die Faschisten oder Stalinisten. Falsch gedacht, das ist gang und gäbe in Deutschland, das sich für einen Rechtsstaat hält und dessen forensische Psychiatrie vorgibt, sie verfüge über Kompetenz. Wenn das stimmen sollte, dann verstecken sie diese Kompetenz sehr gut oder wenden sie nicht an, weil sie RichterInnen gefällig sein wollen (> Unrecht im Namen des Rechts)

    Beleg DatF05-02-01 Das Nürnberger Gutachten zu Mollath vom 22.04.2004 kennt nur Vermutungen, also nicht akzeptable völlig unsichere Gültigkeiten..

    Beleg DatF05-02-02 Das Bayreuther Gutachten vom 25.7.2005  zeigt beim entscheidenden Ergebnis, dem Befund, 14 Unsicherheiten, es ist durch und durch invalide, was inhaltlich letztlich kein Wunder ist, weil es ja auf keine persönliche Untersuchung und Exploration zurückgreifen kann..

    Beleg DatF05-02-03 Das Berliner Gutachten zu Mollath vom  27.6.2008 besticht dadurch, dass es nichts überprüft, kritisch nachuntersucht, für und wider erörtert, eigenständig denkt, problematisiert. Es ist eine Mischung aus Abschreibe- und Bestätigungsgutachten. Für eine eigene Untersuchung und Exploration konnte der Gutachter Mollath nicht gewinnen. So liegt ein Datenraum im Hochvakuum vor. Und da haben natürlich Evaluation, Validität, Kontrolle keinen Platz. Da keine Daten zu den behaupteten Tatzeiten vorliegen, thematisiert man diesen Befund am besten nicht, dann gibt es auch keine Probleme (> Untersuchungs-. Dokumentations- und Darstellungs-Fehler).

    Beleg DatF05-02-04 Das Ulmer Gutachten zu Mollath vom 9.3.2011 prüft ebenfalls nicht und setzt damit die Schlechtachterpraxis der Vorgutachter (Ausnahme Mainkofener Geschäftsfähigkeitsgutachten) nahtlos fort.
        Wie man zu dieser Zeit überhaupt auf die absurde Idee kommen kann, Schwarzgeldbeschuldigungen (> Steueroasen, Finanzkrise) könnten etwas mit einem Wahn zu tun  haben, wenn so viele reale Anknüpfungstatsachen jedem einigermaßen normal denkenden Menschen, der Zeitung liest und Nachrichten hört, geradezu ins Gesicht springen, liefert immer wieder Nahrung für die wohl begründete Meinung, dass eine Krähe der andern kein Auge aushackt. Man kennt sich, man stützt sich, das funktioniert auch ganz ohne Absprache (etwa in schwarmintelligenter Manier).
        Unter "7.2 Diagnostische Beurteilung", S. 41 führt der Gutachter aus:
     

      "Die Einweisungsdiagnose der wahnhaften Störung (ICD-10, F22.0) gilt aus meiner Sicht auch heute noch." Nach Erörterungen wie Mollath und seine Unterstützer diese Feststellung aufnehmen werden, kommt er dann doch noch zu Begründungsversuchen: "An die externe Begutachtung hat er die vage Hoffnung geknüpft, der Gutachter solle zur Aufklärung des von ihm behaupteten Bankenskandals beitragen, so wie er auch erwartet, dass der für ihn zuständige Oberarzt die Machenschaften der Hypobank aufklären solle, so dass mit ihm über anderes kaum ins Gespräch zu kommen ist (vgl. oben Abschn. 4, S. 34). Allein schon diese Erwartung an den Oberarzt und an den Gutachter spricht für [>43] eine verzerrte Realitätswahrnehmung, denn diese Personen sind keine Kriminalisten und keine Juristen, und sie haben bei ihren Beurteilungen zunächst einmal von den Feststellungen des rechtskräftigen Urteils auszugehen."
    _
        Diese befassen sich allerdings so wenig mit den Machenschaften wie die Justiz. Dass Mollath Hoffnungen auf den externen Gutachter setzt, den er selbst gewählt hat und dem er mithin ein gewisses Vorvertrauen entgegen bringt, ist wohl mehr als verständlich nach bald 5 Jahren Maßregelvollzug. Das hat mit einer verzerrten Realitätswahrnehmung nichts, mit begründeten Wünschen, Erwartungen und Forderungen indessen viel zu tun. Der GA fährt fort (S. 43):
     
      "Die Überprüfung, ob sich Herr M. aufgrund eines Komplottes im MRV befindet und ob ihm die dem Urteil zugrunde liegenden Taten zu Unrecht unterstellt wurden, ist nicht Sache des Gutachters. Ungeachtet dieser Feststellung müsste im Gutachten selbstverständlich darauf aufmerksam gemacht werden, wenn im Rahmen der Untersuchung Informationen auftauchten, die zum Zeitpunkt des Einweisungsurteils noch nicht bekannt waren und die Zweifel an der Täterschaft des Begutachteten begründen. Entsprechend neue Unterlagen bzw. Informationen hat Herr M. mir nicht vorgelegt."


    Mollath muss keine "neuen" Informationen vorlegen, es müssten "nur" die vorliegenden angemessen wahrgenommen, erörtert und bewertet werden, was bei keinem Gutachter (beim Mainkofener spielte es keine Rolle) mit Ausnahme Dr. Weinbergers auch nur ansatzweise stattfand.

        Ein weiterer schwerer Daten-Gültigkeits-Fehler liegt darin, dass die nicht weiter aufzeigbare Progredienz (2003 bis 30.11.2010) die Wahnprognosen der Vorgutachter nicht in Frage stellte. Statt die prognostizierte Progredienz von 2003 bis zum Untersuchungstag am 30.11.2010 zu begründen, zieht sich der Gutachter auf die schon damals falschen, nicht datenbelegten Behauptungen der Vorgutachter zurück (S. 43):
     

      "Wahnhaftes Erleben geht nicht selten von einem konkreten Kern beobachteten oder selbst erfahrenen Unrechts aus, das keine angemessene Würdigung bzw. Genugtuung erfährt, wie dies in klassischer Form in Kleists Novelle Michael Kohlhaas beschrieben ist. In der wahnhaften Entwicklung wird der Kreis derer, die in das Unrechtssystem einbezogen werden, sukzessive ausgeweitet, so dass immer mehr Personen als Verfolger bzw. als an dem Unrechtssystem aktiv Beteiligte identifiziert werden."


    Das stimmt für Michael Kohlhaas so wenig wie für Gustl F. Mollath. Im Übrigen ist die Wahndiagnose, die Progredienz und die Gefährlichkeit für die aktuelle Untersuchungsgegenwart zu prüfen und nicht, was damals phantasiert wurde.

        Auch der Rekurs auf die vorgehaltenen Taten erscheint als völlig abwegige Spiegelfechterei. Denn was sollen die mit den Voraussetzungen des § 63 StGB, zu denen ja auch die Schuldunfähigkeit gehört, zu tun haben? Kein Vorgutachter hat je einen Zusammenhang zwischen dem angeblichen Wahn und den Tathandlungen ausführen können oder wollen. Es fehlte überall an einfachsten  forensischen Einfällen (wie man z.B. untersuchen kann, wenn die Tathandlungen abgestritten werden), am Können und wahrscheinlich auch am Willen für ein entsprechendes Untersuchungsdesign. Damit mit den Befundtatsachen nichts schief gehen konnte, wurde neue gar nicht erst beigebracht - wie der dringend erforderliche SKID I - bzw. umgedeutet oder gar nicht beachtet. Sämtliche Lücken wurden mit freier spekulativer, vorurteilsvollen, phantastischen Sprungbefunden geschlossen.



    DatF-X:  Sonstiger, bislang nicht erfasster Fehler, der dem Bereich Daten zuzuordnen ist.

    Zum Beispiel die Erfindung von Daten, Verwechslung von verarbeiteten mit originären Daten.
     





    Literatur (Auswahl)
    Erheberunabhängige (objektive), zuverlässige (reliable), richtige und stimmige (valide) Daten sind die Grundlage jeder empirischen Wissenschaft und daher in jeder Wissenschaft ein Grundlagenthema. In Testtheorie und Statistik ist das Thema Messfehler sogar ein eigenes Spezialgebiet.
        Hier wird aber nur die zitierte Literatur und eine Auswahl der Spezialliteratur zum Thema Daten, Datentheorie, Datenerhebung im engeren Sinne angeführt im Rahmen Psychologie und Psychopathologie. Siehe bitte auch Literaturangaben: Befund-Fehler, Explorations-Fehler und vor allem Untersuchungs-Fehler. Aber auch der Anamnese- , Psychographie- (im weiteren Sinne der Biographik und Lebenslaufforschung), Evaluations- und qualitativen Sozialforschungsliteratur kann einiges Anregende oder Hilfreiche zum Thema Daten entnommen werden. Insgesamt ist hier das große Thema und weite Feld der psychologischen Diagnostik Objektivität, Reliabilität und Validität angesprochen. Eine solide, zuverlässige, gültige Datenbasis ist die Grundlage jedes wissenschaftlichen Gutachtens. Das Grundproblem wird verständlich illustriert in dem kleinen Artikel: Wie geht es Ihnen?
     
    • Birbaumer, N. & Schmidt, R.F. (2003) Biologische Psychologie. Berlin: Springer
    • Coombs, C.H. (1964) A theory of data. New York: Wiley (2nd ed. 1967).
    • Coombs, Clyde H.; Dawes, Robyn M. & Tversky, Amos (dt. 1975) Skalierung und Datentheorie. In (S. 45-96): Mathematische Psychologie. Weinheim: Beltz.
    • Hagendorf, Herbert; Müller, Hermann-Joseph; Krummenacher, Joseph & Schubert, Torsten (2011, Hrsg.) Wahrnehmung und Aufmerksamkeit. Allgemeine Psychologie für Bachelor.  Berlin: Springer.
    • Hayakawa, S.I. (1967) Semantik  Sprache im Denken und Handeln. Darmstadt: Verlag Darmstädter Blätter.
    • Hollweg, Matthias (1998) Dokumentation in der forensischen Psychiatrie - Zielsetzungen, Fehlerquellen und neuere Entwicklungen . In (226-228)  Stieglitz, R. D. et al. (1998).
    • Hoff, P. & Saß, H. (2010) Psychopathologische Grundlagen der forensischen Psychiatrie. In (1-156): Kröber, H.-L.; Dölling, D.; Leygraf, N.  & Saß, H. (2010, Hrsg.)
    • Huber, Günter L. (1994, Hrsg.) Verbale Daten. Eine Einführung in die Grundlagen und Methoden der Erhebung und Auswertung. Nachdruck der ersten Auflage von1982.Weinheim: Beltz, PVU.
    • Kendell, R. E. (1978). Die Diagnose in der Psychiatrie. Stuttgart: Enke.
    • Koriath, Heinz (1988). Kausalität, Bedingungstheorie und Psychische Kausalität. Göttinger rechtswissenschaftliche Studien Bd. 139. Göttingen: Schwartz & Co.
    • Kröber, H.-L. (2010). 2.2.3 Methodik: hypothesengeleitete Begutachtung. In (193-201):  Kröber, H.-L.; Dölling, D.; Leygraf, N.  & Saß, H. (2010, Hrsg.).
    • Kröber, H.-L.; Dölling, D.; Leygraf, N.  & Saß, H. (Hrsg.) Handbuch der Forensischen Psychiatrie. 5 Bde. Berlin: Steinkopff (Springer).
      • 2007: HBFP Band 1 Strafrechtliche Grundlagen der Forensischen Psychiatrie.
      • 2010: HBFP Band 2 Psychopathologische Grundlagen und Praxis der Forensischen Psychiatrie im Strafrecht.
      • 2006: HBFP Band 3 Psychiatrische Kriminalprognose und Kriminaltherapie.
      • 2009: HBFP Band 4 Kriminologie und Forensische Psychiatrie.
      • 2009: HBFP Band 5 Forensische Psychiatrie im Privatrecht und Öffentlichen Recht.
    • Lehmann-Waldau, Frieder & Hoffmann, Klaus  (1998) Darstellung der psychiatrischen Dokumentation in den Berufsgruppen der Ärzte, des Pflegepersonals und der Verwaltung des Zentrums für Psychiatrie Reichenau.  In (229-233)  Stieglitz, R. D. et al. (1998).
    • Margraf, J. (1994) Mini-DIPS. Diagnostisches Kurz-Interview bei psychischen Störungen. Berlin: Springer.
    • Metzger, W. (1966). Wahrnehmung und Bewußtsein. In: Handbuch der Psychologie, Bd. I/1, hrsg. von K. Gottschaldt, P. Lersch, F. Sander, H.Thomae. Hogrefe, Göttingen 1966
    • Nedopil, N. (2010). Manipulation bei der Begutachtung - Simulation, Aggravation und ihre Auswirkungen. In (S. 47-58): P. Hartwich (Ed.). Der Psychiater als Gutachter. Sternenfels: Verlag Wissenschaft und Praxis Dr. Brauner.
    • Orth, B. (1974) Einführung in die Theorie des Messens. Stuttgart: Kohlhammer.
    • Prinz, W., & Bridgeman, B. (1994, Hrsg.) Wahrnehmung. Enzyklopädie der Psychologie, Band C.II.1. Göttingen: Hogrefe.
    • Roskam, Edward E. (1983). Allgemeine Datentheorie. In (S. 1-135): Feger, Hubert & Bredenkamp, Jürgen (1983, Hrsg.). Messen und Testen. Enzyklopädie der Psychologie, Themenbereich B Methodologie und Methoden, Serie I Forschungsmethoden der Psychologie, Bd. 3. Göttingen: Hogrefe.
    • Stieglitz, R. D.; Erdmann, Fähndrich & Möller, Hans-Jürgen (1988, Hrsg) Syndromale Diagnostik psychischer Störungen. Göttingen: Hogrefe.
    • Venzlaff, Ulrich  & Klaus Foerster, Klaus (2004) Psychiatrische Begutachtung. Ein praktisches Handbuch für Ärzte und Juristen. Hrsg. v. Harald Dreßing u. a. München: Urban & Fischer (Elsevier).
    • Venzlaff, Ulrich  & Klaus Foerster, Klaus (2009) Psychiatrische Begutachtung. Ein praktisches Handbuch für Ärzte und Juristen. Hrsg. v. Harald Dreßing u. a. München: Urban & Fischer (Elsevier).
    • Weber, Adrian (1984) Daten sind nicht gleich Daten. In (5-22): Weber, Adrian (1984) Automatische Syndromerkennung in der Psychiatrie. Stuttgart: Enke.
    • Wundt, Wilhelm (1888)  Selbstbeobachtung und innere Wahrnehmung. Philosophische Studien 4, 292-309.




    Links (Auswahl: beachte)
    • Wie geht es Ihnen?
    • Verbale Daten. Ein Buchhinweis.
    • Was ist ein wissenschaftliches forensisch-psychopathologisches Gutachten?
    • Wissenschaftliches Arbeiten.
    • Materialien: gustl-for-help.
    • Überblick Stellungnahmen zu Gustl F. Mollath.
    • Überblick Potentielle Fehler in forensisch psychiatrischen Gutachten, Beschlüssen und Urteilen der Maßregeljustiz.



    Glossar, Anmerkungen und Endnoten:
    1) GIPT= General and Integrative Psychotherapy, internationale Bezeichnung für Allgemeine und Integrative Psychotherapie.
    __
    Stichworte A Theory of Data * Ausnahmen Problembewusstsein psychopathologischer Daten * Ausnahme Weber 1984 * Auswahlfunktion * Belege fehlendes Problembewusstsein Daten in der forensischen Psychiatrie * Datengütekriterien Objektivität, Reliabilität und Validität * Erleben * innere Wahrnehmung * Kostproben psychische Kausalität im Recht * Kröber Hypothesengeleitete Begutachtung * Messen per fiat * MMPI * Operationalisierung, Geschichte des Begriffs * Rosenhanversuch * Roskams Datentheorie * Schwarmintelligenz in der forensischen Psychiatrie * Subsumtionsfehler * Tatsachenproblem * unterscheidbar * Wahn * wohlunterscheidbar *
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    Eigener wissenschaftlicher Standort
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    . einheitswissenschaftliche Sicht. Ich vertrete neben den Ideen des Operationalismus, der Logischen Propädeutik und einem gemäßigten Konstruktivismus auch die ursprüngliche einheitswissenschaftliche Idee des Wiener Kreises, auch wenn sein Projekt als vorläufig gescheitert angesehen wird und ich mich selbst nicht als 'Jünger' betrachte. Ich meine dennoch und diesbezüglich im Ein- klang mit dem Wiener Kreis, daß es letztlich und im Grunde nur eine Wis- senschaftlichkeit gibt, gleichgültig, welcher spezifischen Fachwissenschaft man angehört. Wissenschaftliches Arbeiten folgt einer einheitlichen und für alle Wissenschaften typischen Struktur, angelehnt an die allgemeine formale Beweisstruktur. 
       Schulte, Joachim & McGuinness, Brian (1992, Hrsg.). Einheitswissenschaft - Das positive Paradigma des Logischen Empirismus. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
       Geier, Manfred (1992). Der Wiener Kreis. Reinbek: Rowohlt (romono).
    Kamlah, W. & Lorenzen, P. (1967). Logische Propädeutik. Mannheim: BI.
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    Wissenschaft [IL] schafft Wissen und dieses hat sie zu beweisen, damit es ein wissenschaftliches Wissen ist, wozu ich aber auch den Alltag und alle Lebensvorgänge rechne. Wissenschaft in diesem Sinne ist nichts Abgehobenes, Fernes, Unverständliches. Wirkliches Wissen sollte einem Laien vermittelbar sein (PUK - "Putzfrauenkriterium"). Siehe hierzu bitte das Hilbertsche gemeinverständliche Rasiermesser 1900, zu dem auch gut die Einstein zugeschriebene Sentenz passt: "Die meisten Grundideen der Wissenschaft sind an sich einfach und lassen sich in der Regel in einer für jedermann verständlichen Sprache wiedergeben." 
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    Allgemeine wissenschaftliche Beweisstruktur und  beweisartige Begründungsregel
    Sie ist einfach - wenn auch nicht einfach durchzuführen - und lautet: Wähle einen Anfang und begründe Schritt für Schritt, wie man vom Anfang (Ende) zur nächsten Stelle bis zum Ende (Anfang) gelangt. Ein Beweis oder eine beweisartige Begründung ist eine Folge von Schritten: A0  => A1 => A2  => .... => Ai .... => An, Zwischen Vorgänger und Nachfolger darf es keine Lücken geben. Es kommt nicht auf die Formalisierung an, sie ist nur eine Erleichterung für die Prüfung. Entscheidend ist, dass jeder Schritt prüfbar nachvollzogen werden kann und dass es keine Lücken gibt. 
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    A Theory of Data Berühmter Titel von Coombs, eines meist fälschlich als grundlegend bewerteten Werks psychologischer Datentheorie. Tatsächlich beschäftigt sich das Werk überhaupt nicht mit psychologischen Daten, sondern setzt sie voraus, um sie skalenmethodisch zu verarbeiten, wobei auch hier wieder die grundlegenden Fragen und Probleme der Daten selbst, der Datenniveaus, Evaluation und Validierung ausgespart bleiben, womit es auch hier beim "messen" per fiat stehen bleibt.
        Coombs erste Auflage erschien 1964, die zweite 1967. In Bayern scheint es nur ein Exemplar zu geben, nämlich in der Bibliothek der Hochschule der Bundeswehr. Dank des hervorragenden Fernleihe-Service der Erlanger Universitätsbibliothek konnte ich das Exemplar einsehen. Die Datentheorie findet sich auch in Mathematische Psychologie in Coombs et al. (1975), hieraus die vier Quadranten der Daten (S. 49):
     

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    Ausnahmen Problembewusstsein psychopathologischer Daten > Nedopil (2010).
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    Ausnahme Weber 1984
       
      Weber (1984) referiert in Daten sind nicht gleich Daten Coombs Datentheorie

      Inhalt Kapitel I. in den Titel hineinkopiert von RS.
      KAPITEL I. DATEN SIND NICHT GLEICH DATEN: DER UNTERSCHIED ZWISCHEN RECORDED OBSERVATIONS UND DATEN
      Im Zusammenhang mit statistischen Auswertungen in den empirischen Humanwissenschaften wird der Begriff "Daten" meist unspezifisch für jeglichen Input in die entsprechenden Algorithmen verwendet. Solche Eingabedaten bestehen beispielsweise aus den codierten Antworten einer Reihe von Probanden auf bestimmte Fragebogenitems. Die vorliegende Arbeit folgt im Gegensatz dazu einer auf Clyde Coombs zurückgehenden Tradition, den datenanalytsichen Prozess in drei Phasen aufzugliedern. Das ganze erste Kapitel ist seinem grundlegenden Werk "A Theory of Data" gewidmet..
      Coombs unterscheidet 3 Phasen der wissenschaftlichen Analyse von Beobachtungen (Abb.  1.1). 
      Phase l: Aus dem Universum aller potentiell in der Welt möglichen Beobachtungen wird durch ein bestimmtes Beobachtungsinstrument, aufgrund einer bestimmten Fragestellung, ein Ausschnitt festgehalten. Die genaue Art und Weise, wie diese Beobachtungen festgehalten werden, spielt dabei noch keine Rolle. Im allgemeinen wird es sich aber im Hinblick auf die spätere EDV- unterstützte Verarbeitung um Zahlen handeln. Das Resultat der ersten Phase nennt Coombs die 'recorded observations'. Wir wollen alternativ dazu auch den Begriff Rohdatentabelle verwenden.
      Phase 2: In dieser Phase tritt zu den 'recorded observations' ein abstraktes Prinzip, eine theoretische Annahme hinzu, die wir als Datenmodell bezeichnen wollen. Darunter verstehen wir eine theoretische Modellvorstellung darüber, wie die Interaktion von Objekt, Instrument und Setting die beobachteten Phänomene (die 'recorded observations') hervorgebracht hat. Dieser etwas (>6) schwierig zu erklärende Gedanke soll an einem kurzen Beispiel erläutert werden (Zwei  weitere Beispiele werden  gleich  im  nächsten  Abschnitt  in  grösserer Ausführlichkeit besprochen werden):

      Abb 1.1. Die 3 Phasen des datenanalytischen Prozesses nach Coombs

       

        In einer Intelligenztest-Situation bestehe die 'recorded observation' aus dem Lösen bzw. Nicht-Lösen einer Aufgabe durch den Probanden. Wir überprüfen seine Lösung auf Korrektheit und notieren 'richtig' oder 'falsch'. Wenn wir dieses Vorgehen an vielen Probanden und mit vielen Aufgaben wiederholen, erhalten wir eine Rohdatentabelle. Für das weitere Vorgehen müssen wir nun eine theoretische Vorstellung ausprägen, durch welche [>7] verborgenen Prozesse und Grössen diese Observations wohl zustandegekommen sein könnten. Eine nicht unplausible und relativ einfache Annahme, ist folgende:
        Sowohl Probanden als auch Testitems haben einen Ort auf einer hypothetischen Intelligenzskala. Der Ort des Items liegt bei jenem IQ, der benötigt wird, um es zu lösen. Der Ort des Probanden ist so definiert, dass er gerade oberhalb des schwierigsten Items angesiedelt wird, das er gerade noch lösen kann. Die konkrete Datenanalyse soll die Örter aller Items und Probanden aus der Rohdatentabelle bestimmen (Diese Modell entspricht in  etwa der sog.  Guttman-Scale (auch als Simplex bezeichnet; vgl. 'Facet Theory').


      Die letztgenannten Überlegungen fügen der Rohdatentabelle über das blosse Festhalten des Erfolgs hinaus ein wesentliches Element hinzu. Die Performanz der Probanden wird im Lichte einer Modellvorstellung über deren Zustandekommen interpretiert, wodurch auch bereits der Weg zur anschliessenden Auswertungsmethode gebahnt wird.

      Phase 3: Im letzten Schritt des datenanalytischen Prozesses wird die konkrete Auswertung durchgeführt. Hierher gehören die mathematischen Algorithmen, die statistischen Auswertungsmethoden. Nachdem in Phase 2 der Typus des Modells festgelegt worden ist, werden nun die freien Parameter bestimmt bzw. geschätzt.

      Die Tatsache, dass Coombs der Datenmodellbildung eine eigenständige Existenz einräumt, mag wohl auf Anhieb etwas überraschen. Normalerweise wird ein Modell eher als Teil des Auswertungsverfahrens angesehen. Es bildet gewissermassen dessen Motivation und Hintergrund. Der Coombs'sche Ansatz war aber für die Methodenentwicklung ungemein fruchtbar. Das Nachdenken über Phase 2 des datenanalytischen Prozesses führte zu einer ausführlichen Theorie - eben zur "Theory of Data" - , der es gelang, die Vielzahl [>8] der Datenmodelle zu typisieren und zu ordnen.
      ... ... ..."

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    Auswahlfunktion > Auswahl.
      Die einfachste Auswahlfunktion ist eine Teilmenge mit und-verknüpfter Elementarsachverhalte. In vielen Diagnosesystemen wie z.B. ICD-10 oder DSM nutzt man einfache Teilmengen und-verknüpfter Kriterien mit einer unteren Schranke, etwa 5 aus 8 oder 5 aus 9 (Beispiel Borderline). Mit einer solchen Auswahlfunktion hat man sämtliche Kriterien in ihrer Gewichtung gleichgesetzt.
      Es gibt beliebig komplizierte, bedingt verknüpfte, hierarchisch und mit unterschiedlichen Gewichten aufgebaute Datenverknüpfungen. Im Allgemeinen geben GutachterInnen, KlinikerInnen oder PsychotherapeutInnen nicht an, welche Datenverknüpfungen oder Auswahlfunktionen sie bei ihrer Arbeit benutzen, manchmal kann man es erschließen. Theorie und Praxis der Datenauswahl und ihrer Begründung sind bislang Stiefkinder in den Psychowissenschaften.
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    Belege fehlendes Problembewusstsein Daten in der forensischen Psychiatrie
    Als Belegexemplare für das Problembewusstsein "Daten" und "Datenerhebung" habe ich zwei Repräsentanten ausgewählt: Venzlaff und Foerster (2004, 2009) und das 5bändige Handbuch der Forensischen Psychiatrie (2006-2010 > Kröber et al.):

    Nun sind Sachregistereinträge bestenfalls ein Indiz. Schon deshalb, weil sie meist sehr nachlässig "gemacht werden". Tatsächlich findet man auch im Kröber-Artikel deutlich mehr als aus den Sachregistern hervorgeht. Problematisch kommt speziell bei Kröber hinzu, dass der sich zumindest im Fall Mollath an seine eigenen Verkündigungen nicht hält. Kröber beherrscht das Erwähnen und Aufführen, aber nicht das Sich-daran-halten und Ausführen.
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    Datengütekriterien Objektivität, Reliabilität und Validität
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    Erleben > Lebens- und Erlebensströme.
    Die Erlebensinhalte können z.B. praxisorientiert wie folgt eingeteilt oder unterschieden werden:


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    Fuchs (1965) Das Problem der klinischen Befunddokumentation in der Sicht der mathematischen Logik. Methodik der Information in der Medizin, Vol 4,3, 130-134. Zusammenfassung:

      "Drei Hauptprobleme der klinischen Befunddokumentation sind:
        1.  die zweckmäßige Auswahl der zu codierenden Informationen
        2.  optimale Codierung
        3.  Anpassung an die maschinellen Hilfsmittel
      In Anlehnung an frühere Empfehlungen wird eine Informationsauswahl für eine Patienten-Leitkarte vorgeschlagen. Mit den Hilfsmitteln der mathematischen Logik läßt sich zeigen, daß alle denkbaren Verknüpfungen dieser Informationen sich auf die Grundverknüpfungen Negation (»nicht«) und Konjunktion (»sowohl als auch«) reduzieren lassen. Dazu müssen allerdings die Fragestellungen in logi-stischer Schreibweise formuliert und nach den Regeln der Boole-Algebra umgeformt werden. Anhand von 2 Beispielen wird das Verfahren erläutert."
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    innere Wahrnehmung
      „... Es braucht ja die innere Wahrnehmung darum, weil man ihr die wesentlichen Eigenthümlichkeiten der Beobachtung abspricht, deshalb noch nicht niedrig gestellt oder verächtlich behandelt zu werden. Letzteres wäre gewiss um so weniger gerechtfertigt, weil, vor allem in der vorhin beschriebenen Verbindung mit der Reproduction, die innere Wahrnehmung nicht nur ein unerlässliches Hülfsmittel, sondern sogar das Fundament der ganzen Psychologie ist.“ Wilhelm Wundt 1888: In: Selbstbeobachtung und innere Wahrnehmung. Philosophische Studien 4, S. 299.
          Leider scheint die ebenso einfache, wie richtige und grundlegende Idee der inneren Wahrnehmung Wundts  aus der neueren Wahrnehmungs- und Bewusstseinspsychologie verschwunden zu sein. Im Wahrnehmungsband der Enzyklopädie der Psychologie C,II,1 (1993) gibt es im Sachregister keinen Eintrag Innere Wahrnehmung (auch keinen zu Selbstbeobachtung, aber einen zu „Introspektionismus“ (S. 314): „Konstanzforschung war der Kern der Divergenz zwischen Introspektionismus und Gestaltpsychologie.“ Auch in der Biologischen Psychologie von Bierbaumer & Schmidt aus 2003 findet sich kein Eintrag zur inneren Wahrnehmung. Selbst im Handbuch der Psychologie, Bd. 1, (1966), 1. Halbband Wahrnehmung und Bewusstsein, mit 1179 Seiten findet sich im Sachregister kein Eintrag „Innere Wahrnehmung“ bzw. „Wahrnehmung, innere“.  In dem neueren Werk von Hagendorf, Herbert (2011, Hrsg.). Wahrnehmung und Aufmerksamkeit. Allgemeine Psychologie für Bachelor findet sich kein Eintrag "innere Wahrnehmung" im Sachregister.
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    Kostproben psychische Kausalität im Recht
        Quelle: Koriath, Heinz (1988). Kausalität, Bedingungstheorie und Psychische Kausalität. Göttinger rechtswissenschaftliche Studien Bd. 139. Göttingen: Schwartz & Co; S. 191f:
      "b) Entscheidungen aus dem Zivilrecht
      Zur Begründung eines ursächlichen Zusammenhanges im Schadensersatzrecht haben verschiedene Senate des Bundesgerichtshofs für Zivilsachen neben den Fällen der Rentenneurose FN291 auch in verschiedenen anderen Fällen mit der Figur der psychischen Kausalität argumentiert. Es ging um die Beurteilung etwa dieser Sachverhalte:
          (1) Von den Beamten (B, C, D) einer Polizeistreife wurde A angehalten, weil an seinem PKW die hintere Kennzeichenbeleuchtung nicht funktionierte. Noch bevor einer der Beamten A auf diesen kleinen technischen Mangel aufmerksam machen konnte, wendete er seinen Wagen und flüchtete mit hoher Geschwindigkeit. A wollte sich einer möglichen Kontrolle entziehen, weil er nicht mehr im Besitz einer Fahrerlaubnis war. Die Polizeibeamten nahmen die Verfolgung auf. Ihnen wurde, nach einer spektakulären einstündigen Verfolgungsfahrt, eine schwierig zu durchfahrende Links-Rechtskurve zum Verhängnis. Während A sie trotz der hohen Geschwindigkeit meisterte, verunglückten die Polizeibeamten und wurden schwer verletzt. FN292)
          (2) Weil A ohne gültigen Fahrausweis in einem öffentlichen Verkehrsmittel angetroffen wurde, forderte B ihn zur Entrichtung des sog. erhöhten Fahrgeldes oder zur Vorlage seines Personalausweises auf. A tat weder das eine noch andere, sondern suchte sein Heil in einer raschen Flucht. So schnell er konnte lief B hinterher, rutschte aber auf einem Treppenabsatz aus und erlitt einen komplizierten Schenkelhalsbruch am linken Bein. FN293)
          (3) Durch einen von A bei einem Überholmanöver verursachten Frontalzusammenstoß wurde die Fahrbahn einer Straße vollständig blockiert. Viele nachfolgende Kraftfahrer, B, C, D ..., passierten die Unfallstelle, indem sie über den rechts befindlichen Rad- und Fußweg fuhren, der dabei ganz erheblich beschädigt wurde. FN294)
          (4) Polizeiobermeister B hatte den 17jährigen A festzunehmen. A mußte wegen eines geringfügigen Verkehrsdeliktes einen Jugendarrest verbüßen. Noch in der Wohnung seiner Eltern flieht A durch das Toilettenfenster; B versucht, dem Fliehenden nachzuspringen, fällt jedoch in eine vor dem Fenster befindliche Baugrube, die A natürlich übersprungen hat. Auch B verletzt sich schwer und ist für lange Zeit dienstunfähig. FN295)
          In allen Fällen lautet die Rechtsfrage: Ist A zum Schadensersatz verpflichtet? FN296) A haftet aus § 823 Abs. l BGB, wenn es einen Ursachenzusammenhang zwischen seinem Verhalten und dem Schaden an Personen bzw. Sachen gibt.
          Definiert man diesen Zusammenhang durch die Bedingungstheorie, dann hat A in allen Fällen zweifellos den Schaden verursacht. Dieses Ergebnis bleibt äquivalent, wenn man die Frage stellt, ob das Fluchtverhalten und der Schaden einem adäquaten, also typischen und reproduzierbaren Verhältnis zueinander stehen FN297) Was also macht diese Fälle so problematisch? Offensichtlich scheint bei der Rekonstruktion der geschilderten historischen Vorgänge in einer wertneutralen kausalen Sprache ein wesentlicher Teil des natürlichen Geschehens nicht oder nur unzulänglich wiedergegeben worden zu sein. Wie kausal man den A denn für etwas verantwortlich machen, das in Wahrheit die Folge eines autonomen und frei verantwortlichen Entschlusses des B. ist? FN298) Kann man das Verhalten des B gleichzeitig als kausale Folge des Fluchtverhaltens des A und als freie, indeterminierte eigene Entscheidung interpretieren?  ..."
          Hier sieht man, dass offensichtlich nicht zwischen verschiedenen Akteuren, Bedingungen, Anlass, Auslöser, Grund (Teil und Ganzes) unterschieden wird. Was das Recht hier als Kausalkette "verkauft" spottet jeder Beschreibung.
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    Kröber Hypothesengeleitete Begutachtung
      Aus:  Kröber, H.-L. (2010). In HBFP Bd. 2, S. 193: "2.2.3 Methodik: hypothesengeleitete Begutachtung
      Bei forensisch-psychologischen Begutachtungen determinieren eine juristische Zielvorgabe, bestehend aus einer Ausgangsfrage, und anfallende Informationen, nämlich „Anknüpfungstatsachen“ in Akten, die Durchführung von zielgerichteten Aktivitäten der Informationssammlung durch den beauftragten Gutachter zum Zwecke der Gewichtung dieser Informationen („Daten“) für Entscheidungen bzw. Entscheidungsvorbereitungen, da die endgültige forensische Entscheidung durch den Auftraggeber erfolgt. Das in 2.2.2 erwähnte Abbildkonzept von Psychodiagnostik als Methodik zur Kategorisierung von Menschen (Menschenbeurteilung) kann die notwendige Integration von Personen- und Situationsvariablen bei der Bearbeitung von forensisch-psychologischen Fragestellungen schon deswegen nicht leisten, weil die Informationssammlung (Datenerhebung) durch den Gutachter nicht nur Personeneigenschaften des zu Begutachtenden betrifft, sondern zusätzlich andere Personen und besonders auch situative Gegebenheiten einschließen muss. Forensisch-psychologische Begutachtung folgt demselben gedanklichen Konzept wie moderne Psychodiagnostik im Allgemeinen nach Vollzug des erwähnten Paradigmenwechsels (vgl. Kaminski 1970; Jäger 1983; Steller u. Dahle 2001)."
          Anmerkung: Kröber ist in seiner Veröffentlichungspraxis schon so weit psychologie-assimiliert, dass er den "praktischen" Hochstaplerzitierstil der Psychologen übernimmt ("Paradigmenwechsel"). Im Text erläutert Kröber S. 188:
        "Das hier nur kurz skizzierte Abbildkonzept von psychologischer Diagnostik, das einen Höhepunkt in der Entwicklung psychologischer Tests hatte, geriet in den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts in den USA und mit der üblichen Verzögerung bei uns etwas später in eine tiefe Krise. In dieser „Krise der Diagnostik“ (Pulver 1975) wurde die Zielsetzung von Psychodiagnostik als Menschenkenntnis aus methodischen und ethischen Gesichtspunkten in Frage gestellt. Schließlich kam es zu einer Absage an Notwendigkeit und Möglichkeit der umfassenden Menschenbeurteilung. Ergebnis dieser Erschütterung mit anschließender konstruktiver Aufarbeitung der Krise im Sinne einer „Diagnose der Diagnostik“ (Pawlik 1976) war eine Neubestimmung der Aufgabe von Psychodiagnostik. Als ihr Ziel wurde die „Optimierung von Problemlösungen“ und nicht (mehr) die umfassende Persönlichkeitsbeurteilung definiert. Mit dem Paradigmenwechsel war die Betonung verbunden, dass Psychodiagnostik keinen Aufdeckungs- und Deutungsprozess für Verborgenes, sondern einen hypothesengeleiteten Prüfprozess darstellt, um zu Entscheidungen bei praktischen Problemstellungen beizutragen (vgl. 2.2.3)."
        Globale Literaturverweise Kröbers zum "Paradigmenwechsel" in der Psychodiagnostik
        • Jäger RS (1983) Der diagnostische Prozeß. Eine Diskussion psychologischer und methodischer Randbedingungen. Hogrefe, Göttingen
        • Kaminski G (1970) Verhaltenstheorie und Verhaltensmodifikation. Klett, Stuttgart. [Kaminski hat 657 Seiten, das Wort "Paradigmenwechsel" taucht in seinem Sachregister nicht auf.]
        • Steller M, Dahle K-P (2001) Diagnostischer Prozeß. In: Stieglitz R-D, Baumann U, Freyberger H (Hrsg.) Psychodiagnostik in Klinischer Psychologie, Psychiatrie, Psychotherapie. Thieme, Stuttgart, S 39–49 (2. überarbeitete Aufl von: Steller M (1994) Der diagnostische Prozeß. In: Stieglitz R-D, Baumann U (Hrsg.) Psychodiagnostik bei psychischen Störungen. Enke, Stuttgart, S 35–44).
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    Messen per fiat
      Orth, B. (1974). Einführung in die Theorie des Messens. Stuttgart: Kohlhammer. S. 41: "Das über die Skalierungsverfahren Gesagte gilt sinngemäß auch für psychologische Tests. Diese sind auch 'Meßverfahren per fiat' genannt worden (Torgerson, 1958; Pfanzagl, 1968; Fischer, 1970), da sie auf dem Glauben beruhen, daß die jeweilige Eigenschaft meßbar sei, und daß Tests zur Messung auf Intervallskalenniveau führten. Ein weiterer Unterschied zwischen Meßstrukturen und Tests besteht darin, daß bei letzteren nicht ein empirisches Relativ in ein numerisches, sondern ein numerisches Relativ in ein anderes numerisches Relativ abgebildet wird. Es werden (numerische) Testrohwerte in numerische Testwerte abgebildet bzw. transformiert. Für eine Messung mit Hilfe von Tests auf Intervallskalenniveau sind die meßtheoretischen Grundlagen erst noch zu entwickeln. ..."
          Zusätzliche kritische Anmerkung: Falls Rohdaten nicht normalverteilt sind, führen die Transformationen vom Typ STANINE oder T-WERTen zu regelrechten Rohdaten-Ergebnisfälschungen.
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    MMPI
      Die alte Langversion des MMPI (Minnesota Multiphasic Personality Inventory von Starke R. Hathaway und J. Charnley McKinley herausgegeben vom Psychologischen Institut der Universität des Saarlandes) bestand aus 566 Fragen, die mit Ja oder Nein zu beantworten waren. Die Antworten sind psychopathologische Daten, deren Einordnung (Zuordnung, Klassifikation) vorgegeben ist. Hier geht es lediglich um eine Illustration und Beispiele zu psychopathologischen Daten wie sie der MMPI erhebt:
        8. Mein tägliches Leben ist voller Dinge, die mich interessieren.
        10. Ich habe häufig das Gefühl, als ob ich einen Klumpen im Halse hätte.
        11. Man sollte versuchen, seine Träume zu verstehen und sich von ihnen leiten oder warnen zu lassen.
        18. Es fällt mir schwer, meine Gedanken bei einer Aufgabe oder einer Arbeit zu behalten.
        19. Ich habe sehr seltsame und fremdartige Erlebnisse gehabt.
        25. Zuweilen möchte ich am liebsten etwas kaputtschlagen.
        48. Wenn ich mit anderen zusammen bin, werde ich dadurch gestört, dass ich sehr seltsame Dinge höre.
        50. Meine Seele verlässt manchmal meinen Körper.
        123. Ich glaube, man spioniert mir nach.
        142. Ich habe Zeiten gehabt, in denen ich etwas tat, ohne später zu wissen, was ich getan hatte.
        207. Ich habe Freude an den verschiedensten Spielen und Freizeitbetätigungen.
        238. Ich habe Zeiten, in denen ich so ruhelos bin, dass ich nicht lange auf einem Stuhl sitzen kann.
        270. Ich glaube bestimmt, dass man über mich spricht.
        299. Ich glaube, ich empfinde stärker und tiefer als die meisten Menschen.
        301. Ich höre seltsame Dinge, wenn ich allein bin.
        470. Es tut mir oft leid, dass ich so ärgerlich und schlecht gelaunt bin.
      Kritische Bemerkung: Die zeitliche Gültigkeit der Angaben ist nicht definiert und damit unklar. Das ist vor allem auch deshalb problematisch, weil die MMPI-Antworten, so die Autoren im Handbuch (1963), S. 40, eine hohe Variabilität aufweisen, d.h. stark schwanken. Die erzwungene Ja/Nein Entscheidung ist nicht suggestionsfrei.
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    Operationalisierung
      Vieles, was wir Seele und Geist zurechnen, ist nicht direkt beobachtbar. Die Merkmale von Seele und Geist sind Konstruktionen. Daher sind Aussagen über Seele und Geist (befinden, fühlen, denken, wünschen, wollen, eingestellt sein, ...) besonders anfällig für Fehler. Damit man sich nicht in rein geistigen Sphären bewegt, ist es daher in vielen Fällen sinnvoll, ja notwendig, unsere Konstruktionen seelischer Merkmale und Funktionsbereiche an Konkretes, Sinnlich-Wahrnehmbares, Zählbares zu knüpfen. Damit haben wir die wichtigsten praktisches Kriterien für Operationalisiertes benannt (in Anlehnung an das test-theoretische Paradigma; Stichwort Operationalisierung bei Einsicht und Einsichtsfähigkeit)
          Ein Begriff kann demnach als operationalisiert gelten, wenn sein Inhalt durch wahrnehm- oder zählbare Merkmale bestimmt werden kann. Viele Begriffe in der Psychologie, Psychopathologie, in Gesetzen und in der Rechtswissenschaft sind nicht direkt beobachtbare Konstruktionen des menschliches Geistes und bedürften daher der Operationalisierung. Welcher ontologischer Status oder welche Form der Existenz ihnen zukommt, ist meist unklar.
          Das Operationalisierungsproblem von Fähigkeiten. Ob einer etwas kann oder nicht, lässt sich im Prinzip leicht prüfen durch die Aufforderung, eine Fähigkeitsprobe abzulegen in der eine Aufgabe bearbeitet wird, z.B. die Rechenaufgabe 12 - 7 + 1 =  ? Hierbei gibt es eine ganze Reihe richtiger Lösungen, z.B.: (1) die Hälfte des ersten Summanden, (2) 5 + 1, 7 - 1 oder (3) die, an die die meisten zuerst denken: 6. Will man prüfen, ob jemand rechtmäßige von unrechtmäßigen Handlungen unterscheiden gibt kann, gibt man z.B. 10 Aufgaben mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden vor und lässt diese bearbeiten, etwa als einfacher Ja-Nein-Test oder als Begründungs- oder Erörterungsaufgabe, wenn tiefere Einblicke gewünscht werden. Doch wie will man herausbringen, ob jemand vor drei Monaten, am TT.MM.JJJJ um 13.48 Uhr als man einen Gegenstand (z.B. einen Fotoapparat) in seiner Tasche wiederfand, wusste, dass dieser Gegenstand nicht in seine Tasche hätte gelangen dürfen?
          > Drei Beispiele Innere Unruhe, Angst, Depression (Quelle)
       
      Merkmal (latente Dimension)  Operationalisierung(en)
      (a) Innere Unruhe  Ich bin innerlich unruhig und nervös.
      (b) Angst  Ich fühle Angst.
      (c) Depression  Nicht selten ist alles wie grau und tot und in mir ist nur Leere.

      Hayakawa (1967) zitiert S. 241 Bridgman kurz und bündig: "Um die Länge eines Gegenstandes herauszufinden, müssen wir bestimmte physikalische Operationen vornehmen. Der Begriff der Länge wird daher festgestellt, wenn die Operationen, durch die die Länge gemessen wird, festgestellt sind .... Im allgemeinen verstehen wir unter irgend einem Begriff nicht mehr als eine Anzahl von Operationen; DER BEGRIFF IST SYNONYM MIT DER ENTSPRECHENDEN ANZAHL VON OPERATIONEN. "(3)"

      Zur Geschichte des Operationalisierungsbegriffs in der Psychopathologie
      Kendell (1978) berichtet, S. 27f: "Vor einigen Jahren machte der Philosoph Carl Hempel einem Publikum von Psychiatern und klinischen Psychologen, die an Fragen der Diagnose und der Klassifikation interessiert waren, in taktvoller Weise den Vorschlag, sie sollten das Problem dadurch angehen, daß sie „operationale Definitionen" für alle die verschiedenen Krankheitskategorien in ihrer Nomenklatur entwickelten (Hempel 1961). Dies war wirklich der einzige Rat, den ein Philosoph oder Naturwissenschaftler überhaupt hätte geben können. Der Ausdruck operationale Definition wurde ursprünglich von Bridgman (1927) geprägt, der ihn folgendermaßen definierte:
          „Die operationale Definition eines wissenschaftlichen Begriffes ist eine Übereinkunft des Inhalts, daß S auf alle die Fälle - und nur auf die Fälle - anzuwenden ist, bei denen die Durchführung der Testoperation T das spezielle Resultat 0 ergibt.
          Wie Hempel selbst zugibt, muß im Rahmen der psychiatrischen Diagnose der Ausdruck „operational" sehr großzügig interpretiert werden, um auch noch bloße [>28] Beobachtungen mit einschließen zu können. Im Grunde genommen sagt er nicht mehr, als daß die Diagnose S auf alle die Personen, und nur auf die, angewandt werden sollte, die das Merkmal Q bieten oder die dem entsprechenden Kriterium genügen, wobei nur die Voraussetzung erfüllt sein muß, daß O „objektiv" und „intersubjektiv verifizierbar" ist und nicht nur intuitiv oder einfühlend vom Untersucher erfaßt wird.
          Daraus ergibt sich die Schwierigkeit, wie man eine ganze Reihe klinischer Bilder, von denen viele quantitativ variieren und kein einzelnes gewöhnlich ausreicht, die fragliche Diagnose zu stellen, auf ein einziges objektives Kriterium 0 reduzieren kann. Dies ist offensichtlich eine schwierige und verwickelte Aufgabe. Ein großer Teil dieses Buches ist direkt oder indirekt mit der Art und Weise befaßt, wie dieses Ziel erreicht werden könnte. Deshalb ist es angezeigt, an dieser Stelle zwei allgemeine Prinzipien, die sich hierauf beziehen, aufzustellen. Erstens müssen Einzelsymptome oder Merkmale, die verschiedene Ausprägungsgrade haben können, in dichotome Variable umgewandelt werden, indem man ihnen bestimmte Trennungspunkte zuteilt, so daß die Frage nicht länger lautet: „weist der Patient das X auf? " oder auch „wieviel X weist er auf? sondern „weist er soviel X auf? ". Zweitens muß das traditionelle polythetische Kriterium in ein monothetisches umgewandelt werden. Dies läßt sich ganz einfach durchführen. Anstatt zu sagen, die typischen Merkmale der Krankheit S seien A, B, C, D und E, und die Mehrzahl von ihnen müßte vorhanden sein, bevor die Diagnose gestellt werden kann, müssen A, B, C, D und E algebraisch kombiniert werden, sodaß eindeutig festgelegt ist, welche Kombinationen dem Kriterium O genügen und welche nicht.
          Man könnte z.B. die Übereinkunft treffen, daß beliebige drei oder vier der fünf Merkmale dem Kriterium 0 genügen, aber andere, komplexere Kriterien wären ebenfalls zu akzeptieren unter der Voraussetzung, daß sich jede mögliche Kombination damit abdecken ließe."

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    Rosenhanversuch
      "Rosenhan (1973) ließ zwölf freiwillige Versuchspersonen ohne jegliche psychische Störungen in verschiedene psychiatrische Kliniken einweisen. Bei der Aufnahme sollten die Pseudopatienten lediglich ein Symptom berichten, ansonsten jedoch völlig zutreffende Angaben über sich und ihre Lebensumstände machen. Als Symptom wählte der Autor ein Verhalten aus, das noch nie in der Fachliteratur beschrieben worden war: Die Versuchspersonen sollten angeben, sie hörten Stimmen, die (in deutscher Übersetzung) "leer", "hohl" und "bums" sagten. Unmittelbar nach der Aufnahme berichteten die "Patienten" nicht mehr von diesem Symptom und verhielten sich auch ansonsten völlig normal. Trotzdem wurden alle Patienten als psychotisch diagnostiziert (elfmal als schizophren, einmal als manisch-depressiv). Es lag also ein außerordentlich hohes Ausmaß an diagnostischer Übereinstimmung vor. Dennoch waren alle Diagnosen falsch, sie besaßen also keine Validität."
          Quelle (S. 7): Margraf, J. (1994) Mini-DIPS. Diagnostisches Kurz-Interview bei psychischen Störungen. Berlin: Springer.
          Inzwischen sind Zweifel an der Studie geäußert geworden (22.6.2018, updated 2.11.2019 New York Post). Cahalan, Susannah  (2019) The Great Pretender: The Undercover Mission That Changed Our Understanding of Madness. Hachette Nashville: Grand Central Publishing.
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    Roskams Datentheorie
      Aus dem Inhaltsverzeichnis (zwei der sechs Abschnitte):"
      1. Kapitel: Allgemeine Datentheorie. Von Edward E. Roskam
         1. Die Datentheorie — ihre Definition und eine allgemeine Taxonomie.
            1.1 Die Definition der Datentheorie  l
        1.1.1  Der Unterschied zwischen Datentheorie und Statistik  2
        1.1.2  Probabilistische vs. deterministische Theorien   3
        1.1.3  Datentheorie vs. Datenanalyse    4
        1.1.4  Datentheorie und Meßtheorie    5
           1.2 Eine Taxonomie von Daten auf Beobachtungsebene    5
        1.2.1  Präferenzwahldaten    6
        1.2.2  Einzelreiz-Dominanzdaten. 7
        1.2.3  Einzelreize, Nähedaten   8
        1.2.4  Reizvergleichsdaten  10
        1.2.5  Ähnlichkeitsdaten    11
        1.2.6  Zusammenfassung   13
      Die Datenmatrix    14
      Einige Zusammenhänge.    16
      2. Wahl- und Reizvergleichsdaten       16
      2.1 Allgemeine Grundlagen und Modelle    16
      2.1.1  Grundlegende Eigenschaften der einfachen Wahl und der Rangbildung       16
      2.1.2  Theorien des zufälligen Nutzens vs. Theorien der zufälligen Antworten   19
      2.2  Das Treffen von Wahlen und das Bilden von Rängen     20
      2.2.1  Zur Umkehrbarkeit  von Rangordnungen und das Unmöglichkeitstheorem   23
      2.2.2  Das Gewinnen von Rangreihen aus Paarvergleichsdaten.  24
      2.3  Einfache Wahlmodelle   26
      2.3. l  Das Wahlaxiom und das BTL-Modell    26
              ...
              ...
            6.2 Die Bedeutung der Datentheorie für die Psychologie als Wissenschaft   122 (fett-kursiv RS)"
      Roskams Schlussbetrachtung beginnt gleich mit einer falschen Voraussetzung, wenn er nämlich schreibt:
        "Als Verhaltenswissenschaft muß die Psychologie Theorien über die Struktur von Verhalten und über die Rolle interner und externer Determinanten des Verhaltens aufstellen"
      Denn hier wird der ganz entscheidende Erlebensbereich ausgeklammert, schließlich ist die Psychologie als die Wissenschaft vom Erleben und Verhalten definiert. Es fehlt bei Roskam also die gesamte psychologische Erlebens-Basis für eine Datentheorie. Und daher kann dieser Ansatz auch nichts werden, weil ihm das Fundament fehlt. Roskam beginnt im ersten Stock, sein Haus hängt in der Luft.
          Roskam fährt fort:
      "Dies erfordert die Einführung und sinnvolle Definition [>123] von theoretischen Konzepten, z.B. von Konzepten, die sich auf Eigenschaften beziehen, die das Verhalten gesetzmäßig bestimmen und die es erlauben, darüber valide theoretische Aussagen zu machen. Theoretische Konzepte beziehen sich einmal auf „Dimensionen", „Merkmale", „Eigenschaften", „Strukturen" und dergleichen. Darüber hinaus beziehen sie sich aber auch auf die Beziehungen zwischen ihnen. Damit diese Konzepte sinnvoll sind, müssen sie in ein logisch konsistentes System, das zu den beobachteten Daten in Beziehung gesetzt werden kann, eingebettet werden. Die Datentheorie (oder besser, die Datentheorien) ist an der Aufdeckung ihrer Struktur beteiligt. Zwar auf einem allgemeinen (und insofern abstrakten) Niveau, jedoch nichtsdestoweniger schon so weit ausformuliert, daß eine Fundierung der Definition (der Messung oder der Schätzung) psychologischer Konzepte gegeben ist. Die Datentheorie sollte das gesamte Verhalten umfassen. Dies tut sie mit ihrem heutigen Entwicklungsstand nicht. Sie scheint jedoch breit genug angelegt zu sein, um ihre Aufgabe in vielen Bereichen der Erforschung des Verhaltens zu erfüllen. Und sie ist in der Lage, den Psychologen bei der Argumentation, daß seine theoretischen Konzepte sinnvoll sind, zu unterstützen.
          Zwischen der „Beobachtung" und den „Daten" klafft eine unvorteilhafte Lücke. Oft ist es schwierig, unter Benutzung der in diesem Kapitel umrissenen Taxonomie, den Schritt von der Beobachtung des Verhaltens einer Person zur Aufzeichnung mit Hilfe von Antworten auf Reize zu gehen. Dies verlangt wahrscheinlich Erfahrung und Übung. Es ist eine schwerwiegende Benachteiligung unserer Wissenschaft, daß es kein allgemein verbindliches definitorisches System zur Beschreibung des Beobachteten gibt. Im Gegensatz dazu kann man feststellen, daß die Physik aufblühte, nachdem sie sich zur Definition physikalischer Phänomene strikt an das Raum-Zeit-Koordinatensystem hielt und mit dieser Hilfe die Daten physikalischer Beobachtungen aufzeichnete. Dies gestattete eine eindeutige und allgemeinverbindliche Abbildung von Beobachtungen in Daten. [FN32].
          Unglücklicherweise verfügt die Psychologie über kein vergleichbares, allgemeinverbindliches definitorisches System, das eine Umformung von Beobachtungen in Daten gestatten würde. Wir hoffen jedoch, daß die Datentheorie Richtlinien für die Entwicklung eines solchen Systems liefern kann. ... ..."
          Nun das kann die Datentheorie in der Tradition Coombs und Roskams gerade nicht. Verbindliche, standardisierte, wiederholbare Begriffsnormierungen für den Einzelfall sind bislang nicht in Sicht. In meinem in Arbeit befindlichen Vermächtniswerk "Psychologie des Erlebens" werde ich hierzu Vorschläge machen.
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    Schwarmintelligenz in der forensischen Psychiatrie
      Die Idee der Schwarmintelligenz besagt, dass die Mitglieder eines Schwarms sich, von außen betrachtet, so verhalten, als würden sie zentral gesteuert, obwohl es keine zentrale Steuerung gibt. Jedes Mitglied schaut etwa nur auf seinen Nachbarn und macht das, was dieser macht.
          Die Idee der Schwarmintelligenz macht "Verschwörungstheorien" an vielen Stellen überflüssig. Kartelle müssen sich nicht auf Geheimkonferenzen, in dunklen Hinterzimmern, Toiletten oder noblen Bordellen absprechen. Einer erhöht die Preise und die andern ziehen einfach mit ohne jede Absprache. So einfach ist das. Ordnungskräfte, Behörden, Polizei, Staatsanwaltschaften und RichterInnen zeigen, wie viele andere Interessenverbände, einen schwarmintelligenten Chorgeist, der in seiner Wirkung auch ohne jede Verschwörung genau so schädlich ist, wie mit Verschwörung. Man hält zusammen, man deckt und unterstützt sich. Besonders stark scheint dieses Phänomen in der forensischen Psychiatrie ausgebildet zu sein, sonst wäre nicht verstehbar, wie sich eine solch mächtige Schlechtachterindustrie entwickeln und immer mehr verbreiten konnte. Der Fall Mollath liefert ein Paradebeispiel für die Schwarmintelligenz der "Unterbringer". Mit Wissenschaft, Recht, Humanität, Anstand, unabhängiger Sachverständigentätigkeit hat das wenig zu tun.
          Man sollte aber auch nicht außer acht lassen, dass es trotz aller Schwarmintelligenz, die manchmal auch als Schwarmdummheit erscheint, natürlich auch Absprachen und Komplotte gibt. Die Kompletthypothese im Falle Mollath ist völlig legitim und kann nicht einfach mit dem populistischen Kampfbegriff  "Verschwörungstheorie" abgetan werden. Nicht minder legitim ist die Hypothese, dass die forensische Psychiatrie in ihrem Geschäftsmodell Willfährig- und Bütteldienstbarkeit übermäßig implementiert hat. Hier wirken dann womöglich die beiden Komponenten zusammen: Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus und Wes Brot ich ess, des Lied ich sing.
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    Subsumtionsfehler
      Falsche Zuweisung oder Einordnung in eine Klasse oder Kategorie.
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    Tatsachenproblem
      Im Familienrecht spielen z.B. viele subjektive Tatsachen (für eine Partei) eine Rolle, die sich für die andere Partei oder auch von einem neutral Außenstehenden betrachtet, nicht so oder sogar ganz anders darstellen. Es wäre daher vielfach sinnvoller, von bedeutsamen Sachverhalten zu sprechen anstatt von Tatsachen.
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    unterscheidbar
      Grundlegende kognitive Funktion des Wahrnehmens und Denkens.
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    Wahn.
      Der Psychiatrie ist es in den letzten Jahrhunderten nicht gelungen, eine verbindliche Wahndefinition vorzulegen. Ich habe nach meinen Wahnstudien eine mir angemessen und schlüssig erscheinende Wahndefinition entwickelt:
          Definition: Wahn liegt vor, wenn mit rational unkorrigierbarer (Logik, Erfahrung) Gewissheit ein falsches Modell der Wirklichkeit oder ein falscher Erkenntnisweg zu einem richtigen oder falschen Modell der Wirklichkeit vertreten wird.
          Beispiel falsches Modell der Wirklichkeit: Ein Passant gähnt und das deutet ein fränkischer Proband als Zeichen Dr. Merks, worauf er in die Knie geht und laut ruft: „Allmächd, Allmächd“. Muss man so jemanden einsperren? Natürlich nicht.
          Beispiel falscher Erkenntnisweg eines richtigen Modells der Wirklichkeit: Ein Passant gähnt und ein Proband zieht daraus den Schluss, dass Banken in hohen Maße an Steuerbetrugsdelikten beteiligt sind. Passantengähnen ist keine in unserer Kultur und Wissenschaft anerkannte Erkenntnisquelle für Schwarzgeldschiebereien, die natürlich ein völlig reales Modell der Wirklichkeit sind.
          Gustl F. Mollath hat seine Erkenntnisse nicht aus dem Gähnen eines Passanten wahnhaft erschlossen, sondern seine Erkenntnisquellen entsprechen genau denen unserer Kultur und Wissenschaft. Es gibt auch keine Progredienz (Ausdehnung, Erweiterung, Fortschreitung), wenn man mit gesundem Menschenverstand hinschaut, was der forensisch-psychiatrischen Schlechtachterindustrie offenbar zu schwierig erscheint. Es ist ja völlig logisch und verständlich, dass, je mehr Menschen sein Anliegen und seine Erkenntnisse ablehnen, er entsprechend mehr AblehnerInnen sieht. Daher ist das vermeintliche Progredienzzeichen für einen angeblich sich ausdehnenden Wahn (wohin hat er sich denn in den letzten 10 Jahren ausgedehnt?) auch keines, sondern es erklärt sich ganz einfach aus der Natur des Sachverhalts.
      Infos zum Wahn in der IP-GIPT:
      • Wissenschaftliches Wahnsystem am Beispiel Mollath.
      • Wahn in verschiedenen Störungen und Krankheiten (Diagnostik).
      • Einige Wahnbegriffe im AMDP-System.
      • Wahnformen.
      • Wahnfälle.
      • Zur Etymologie von WAHN gegenüber WahnSINN (nach Scharfetter).
      • "Normal", "Anders", "Fehler", "Gestört", "Krank", "Verrückt".
      • Unterscheiden Wahn und Glauben.
      • Mehr zum Wahn > Überblick Wahn.

      • ___
        Wahnhaft im Urteil vom 26.8.2006
        (S. 25): "Auch in der Hauptverhandlung hat sich - wie bereits in den von den Zeugen geschilderten Vorfällen - die wahnhafte Gedankenwelt des Angeklagten vor allem in Bezug auf den Schwarzgeldverschiebungen der Hypovereinsbank bestätigt. Mag sein, dass es Schwarzgeldverschiebungen von verschiedenen Banken in die Schweiz gegeben hat bzw. noch gibt, wahnhaft ist, dass der Angeklagte fast alle Personen, die mit ihm zu tun haben, z.B. den Gutachter Dr. Wörthmüller völlig undifferenziert mit diesem Skandal in Verbindung bringt und alle erdenklichen Beschuldigungen gegen diese Personen äußert."
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        Zur Bedeutung des Wahns für die Beurteilung der Schuldfähigkeit nach den §§ 20 und 21 StGB.
        Dölling, Dieter  (2010) Zur Bedeutung des Wahns für die Beurteilung der Schuldfähigkeit nach den §§ 20 und 21 StGB. Forens Psychiatr Psychol Kriminol (2010) 4:166–169 [DOI 10.1007/s11757-010-0057-4]
            "Zusammenfassung Für die Beurteilung der Schuldfähigkeit eines Täters mit Wahnsymptomatik ist zunächst zu prüfen, ob ein Eingangsmerkmal der §§ 20, 21 des Strafgesetzbuches (StGB) vorliegt. Hierzu ist eine gründliche Diagnose von Art und Intensität des Wahns sowie der ihm zugrunde liegenden psychischen Erkrankung erforderlich. Ist ein Eingangsmerkmal gegeben, ist zu erörtern, wie sich
        der Wahn im jeweiligen Einzelfall auf die Fähigkeit des Täters zur Unrechtseinsicht und seine Steuerungsfähigkeit ausgewirkt hat. Hierfür kann ein Blick auf das von Winfried Brugger entwickelte anthropologische Kreuz der Entscheidung hilfreich sein."
            Diese Beurteilungkriterien des Mitherausgebers des Handbuches der Forensischen Psychiatrie wurden im Fall Mollath nicht beachtet, angewendet und eingehalten.
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    wohlunterscheidbar
      gut, klar oder einfach unterscheidbar. Der Begriff spielt historisch in der Mengendefinition Cantors eine Rolle: "Unter einer Menge verstehen wir jede Zusammenfassung M von bestimmten wohlunterschiedenen Objekten (m) unserer Anschauung oder unseres Denkens (welche die Elemente von M genannt werden) zu einem Ganzen." Eine schöne und klare Definition - aus der keineswegs hervorgeht, dass man den Unsinn die Menge aller Mengen bilden muss.
    ___
     


    Querverweise
    Standort: Katalog: Daten-Fehler (DatF).
    *
    Überblick: Potentielle Fehler in forensisch-psychopathologischen Gutachten, Beschlüssen und Urteilen der Maßregeljustiz.
    Was ist ein wissenschaftliches forensisches Gutachten?
    * Befund-Fehler * Explorations-Fehler * Untersuchungsfehler *
    Überblick Forensische Psychologie.
    *
    Suchen in der IP-GIPT, z.B. mit Hilfe von "google": <suchbegriff> site: www.sgipt.org
    z.B. Forensische Psychologie site: www.sgipt.org. 
    *
    Dienstleistungs-Info.
    *

    Zitierung
    Rudolf Sponsel (DAS). Katalog: Daten-Fehler  (DatF) zu Potentielle Fehler in forensisch psychiatrischen Gutachten, Beschlüssen und Urteilen der Maßregeljustiz. Eine methodenkritische Untersuchung illustriert an einigen Fällen u. a. am Fall Gustl F. Mollath mit einem Katalog der potentiellen forensischen Gutachtenfehler sowie einiger Richter-Fehler. Erlangen IP-GIPT: https://www.sgipt.org/forpsy/NFPMRG/DatF.htm
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     Ende_ Katalog: Daten-Fehler  (DatF)__Datenschutz_Überblick_Rel. Aktuelles_ Rel. Beständiges _ Titelblatt_ Konzeption_ Archiv_ Region_ Service_iec-verlag_ Mail: sekretariat@sgipt.org_ __Wichtige Hinweise zu Links und Empfehlungen


    korrigiert:



    Änderungen Kleinere Änderungen werden nicht extra ausgewiesen; wird gelegentlich überarbeitet und ergänzt.
    07.12.19    Zweifel am  Rosenhanversuch  vermerkt.
    04.02.15    Linkfehler geprüft und korrigiert.
    22.04.14    Bridgmans operationale Definition kurz und bündig nach Hayakawa.
    28.09.13    Fehlerkorrektur: Das falsch Kröber zugeordnete Strukturmodell ist richtig von Steller.
    06.09.13    Glossar: Operationaliserung, Geschichte des Operationalisierungsbegriffs in der Psychopathologie.
    03.08.13    Eigener wissenschaftlicher Standort * Wahn *
    26.04.13    Fuchs (1965) zur Bedeutung der Auswahl.