Internet Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie
    (ISSN 1430-6972)
    IP-GIPT DAS=14.12.2012 Internet-Erstausgabe, letzte Änderung 1.5.14
    Impressum: Diplom-Psychologe Dr. phil. Rudolf Sponsel Stubenlohstr. 20  D-91052 Erlangen
    Mail: sekretariat@sgipt.org_ Zitierung & Copyright

    Anfang_Wissenschaftliches Arbeiten Forsensik_ Überblick_ Rel. Aktuelles_ Rel. Beständiges _  Titelblatt_ Konzeption_ Archiv_ Region_ Service_iec-verlag _ Wichtige Hinweise zu Links und Empfehlungen

    Willkommen in unserer Internet-Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie, Abteilung Forensische Psychologie, Kriminologie, Recht und Strafe, Bereich forensische Gutachten, und hier speziell zum Thema:

    Was ist ein wissenschaftliches forensisch-psychopathologisches Gutachten?
    Wissenschaftliches Arbeiten in der forensischen Psychologie, Psychopathologie und Psychiatrie
    > Das Meinungsachten in der forensischen Psychiatrie.

    Zu:
    Potentielle Fehler in forensisch psychiatrischen Gutachten, Beschlüssen und Urteilen der Maßregeljustiz
    Eine methodenkritische Untersuchung illustriert an einigen Fällen u. a. am Fall Gustl F. Mollath
    mit einem Katalog der potentiellen forensischen Gutachtenfehler sowie einiger Richter-Fehler.

    von Rudolf Sponsel, Erlangen
    Eigene wissenschaftliche Position.
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    "Beweisen lässt sich nur das bestmöglich Definierte."
    Paul H. Bresser (1990). Die Krise des Sachverständigenbeweises, S. 41 
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    Abstract - Zusammenfassung - Summary
    In der Medizin, Psychiatrie, psychologischer Beratung, Psychotherapie und im Rechtswesen geht es um Einzelfälle und nur um diese. Es interessiert nicht, ob z.B. 72% der Männer zwischen 32 und 38 Jahren zufrieden mit ihrem Beruf sind, sondern es interessiert der 35jährige Mann X.Y., der Einzelfall, um den es z.B. geht. Einer der häufigsten Fehler ist daher, aus gruppenstatistischen Kennwerten auf die Merkmalszugehörigkeit im Einzelfall schließen zu wollen. Eine idiographische Wissenschaftstheorie des Einzelfalles ist bislang nicht ausgearbeitet - auch meine eigene existiert erst im Ansatz (Grundzüge einer idiographischen Wissenschaftstheorie) - geschweige denn allgemein akzeptiert. Am weitesten entwickelt und angewandt, jedenfalls was die Strenge der Aussagen im Einzelfall betrifft, ist das Einzelfallprinzip im Rechtswesen, aber auch dort gibt es viele grundlegende und ungelöste Probleme (1,2,3,4,). Ich muss und werde mich daher im folgenden auf das derzeit schulenübergreifend Machbare, Mögliche aber auch Notwendige beschränken, nämlich auf eine:

    Praktische Kurzversion wissenschaftlicher Gutachtenarbeit

    1. Wissenschaftliche Gutachten müssen klar und übersichtlich strukturiert sein. Sie enthalten daher als erstes ein ausführliches Inhaltsverzeichnis, aus dem sich das Gutachtenkonzept, Weg und Verlauf ergibt. Sie beginnen mit der Nennung des Auftraggebers, dem Auftragsdatum und den Beweisfragen, beschreiben die Daten der Untersuchung, Dauer und Ergebnisse, zunächst beschreibend und nicht wertend. Sachverhaltsmitteilungen und ihre Bewertung sind streng voneinander zu trennen.
    2. Sodann sind die Datengrundlagen, ihre Quellen und ihre Fundorte aufzuführen. Übermäßig lange Aktenzitierungen sind zu vermeiden oder genau zu begründen (> Konrad).
    3. Zuerst stellt sich die Frage, welche Daten benötigt werden. Je nach Beweisfragen sind nach den Standarddaten spezifische Daten zu erfragen, bei Sexualstraftätern z.B. die Sexualanamnese, die bei gewöhnlichen Schuldfähigkeits- oder Prognosegutachten keine Rolle spielen, während bei Schuldfähigkeitsgutachten natürlich Befinden und Verfassung zu den Tatzeiten zwingend zu erforschen sind.
    4. Nach den Beweisfragen sind die Hypothesen zu formulieren (BGH 1999).
    5. Danach sind die Daten und ihre Quellen zunächst unverarbeitet (originale Datenbasis, "Rohdaten") zu erfassen, wie z.B. in der Aussagepsychologie ein Wortprotokoll.
    6. Bei allen Daten stellt sich zwingend die Frage: wie genau, gültig und sicher sind sie, und wie genau und zuverlässig sind die Quellen? Sämtliche Daten, die in ein Gutachten eingehen, müssen daher im Hinblick auf ihre Güte und Zuverlässigkeit kritisch erörtert und ausgewählt werden.
    7. Im forensischen Regelfall ist die Datenlage im Allgemeinen weder vollständig noch ausreichend klar oder widerspruchsfrei. Im Allgemeinen gibt es mehr oder minder viele Lücken. Lücken und Widersprüche müssen ausgewiesen und kritisch erörtert werden.
    8. Die verschiedenen Daten haben in aller Regel unterschiedliche Bedeutung in Bezug auf eine Betrachtungsbasis oder Fragestellung, die sich aus den Beweisfragen ergibt. Aus der Vielzahl der Daten werden relevante ausgewählt, was zu begründen ist, ebenso weshalb andere vernachlässigt und nicht weiter betrachtet werden sollen.
    9. Die für relevant erachteten Daten bilden den Befund, dessen Bedeutung für die Beweisfragen lückenlos abzuleiten ist. So ist z.B. bei der Frage der Schuldfähigkeit genau und lückenlos anzugeben, welche psychischen Merkmale zur Tatzeit aufgrund welcher Zeichen wie auf die Tathandlung eingewirkt haben.
    10. Ganz allgemein gilt für alle forensischen Gutachten vor Gericht, dass sie so zu verfassen und vorzutragen sind, dass sie für einen gebildeten Laien nachvollziehbar und verständlich sind.




    Forensische Datentheorie

    Die forensische Datentheorie ergibt sich zu einem großen Teil aus der juristischen Beweislehre, die bereits 1834 mit Mittermaiers Lehre vom Beweise hoch entwickelt war. Die hauptsächlichen Datenquellen für die GutachterIn können wie folgt klassifiziert werden:
     

    • Zeugen (Aussagen, auch mehrere A1, A2, A3, ..., An )
      • Z1 Beschuldigter, Angeklagter oder TäterIn
      • Z2 Mutmaßliche(s) Opfer
      • Z3 Andere, die zur Sachverhaltsaufklärung etwas beitragen können, z.B. Beobachter, am oder um den Tatort zur Tatzeit Anwesende
    • Spuren am Tatort oder im Zusammenhang mit der Tat mannigfaltiger Art S1, S2, S3, ..., Sn (> Beispielcheckliste sexueller Missbrauch)
    • Dokumente (Urkunden, Atteste [meist mit Vorsicht zu genießen], Zeugnisse, Fotos, Videos, Aufzeichnungen, Briefe, Tagebücher): D1, D2, D3, ...Dn
    • Daten, Untersuchungsergebnisse und Befunde der Sachverständigen, evtl. auch Vorgutachten GA1, GA2, GA3, .... GAn.
    • Andere Daten.



    Exkurs: Was heißt eigentlich und ganz konkret "Akte", "Aktenanalyse" ?

    Der bloße Verweis auf eine Akte ist nichtssagend und daher unwissenschaftlich. "Akte", das ist eine Hülle, ein Sammelbecken. Sie enthält nicht selten sehr viel: Dokumente, Aussagen (Z1, Z2, Z3) und Vernehmungen, Atteste, Vorgutachten, Beschlüsse, Urteile, Verfügungen, Berichte, Ermittlungsergebnisse, Anträge, ...
        Wer sich auf einen Akteninhalt beruft, sollte ihn daher ganz konkret benennen, belegen und ausführen, welche Funktion die Berufung haben soll. Im Allgemeinen sollte der Akteninhalt einen wichtigen Sachverhalt für die Begutachtung repräsentieren. Bloße amorphe Aneinanderreihungen von Akteninhalten (> Konrad) gehören nicht zu einem wissenschaftlichen Arbeitsstil.




    Literatur (Auswahl)
    • In den Seiten zu Beweis und beweisen in Wissenschaft und Leben: Verteilerseite.
    • Kriminologie und Recht.
    • Einsichtsfähigkeit.
    • Betreuung, Geschäftsunfähigkeit, Schuldfähigkeit, Willenspsychologie, Psychopathologie und Diagnostik, emotionale Abhängigkeit, pathologische Bindung und Hörigkeit.
    • Potentielle Fehler in forensisch-psychopathologischen Gutachten.




    Links (Auswahl: beachte)

    Wissenschaft

    • Wissenschaftliches Arbeiten.
    • Wissenschaftsbegriff.
    • Beweis und beweisen in Wissenschaft und Leben.
    • Grundzüge einer idiographischen Wissenschaftstheorie.
    • Theorie der Welten.
    • Über den Aufbau einer präzisen Wissenschaftssprache in Psychologie, Psychopathologie, Psychodiagnostik und Psychotherapie.
    • Überblick Wissenschaft in der IP-GIPT.


    Forensisch-psychopathologische Gutachtenfehler

    • Das Meinungsachten in der forensischen Psychiatrie.
    • Potentielle Fehler in forensisch-psychopathologischen Gutachten, Beschlüssen und Urteilen der Maßregeljustiz. Eine methodenkritische Untersuchung illustriert an einigen Fällen u. a. am Fall Gustl F. Mollath mit einem Katalog der potentiellen forensischen Gutachtenfehler sowie einiger RichterInnen-Fehler.
      • Katalog der potentiellen Explorations-Fehler  (ExpF) zu Potentielle Fehler in forensisch-psychopathologischen Gutachten ...
      • Daten-Fehler (DatF).
      • Untersuchungs-Fehler  (UntF).
      • Explorations-Fehler  (ExpF).
      • Befund-Fehler (BefF) mit den Hilfsseiten Symptomlistenund Syndromlisten.
        • Detailanalyse Befund-Fehler im Bayreuther GA vom 25.7.2005
      • Sponsel, Rudolf  (20.5.13) Mindestanforderungen für forensische Prognosegutachten und ihre Einhaltung bei Gustl F. Mollath durch den Nürnberger, Bayreuther, Berliner und Ulmer Gutachter.
        • Sponsel, Rudolf (20.5.13) Nur für methodisch Versierte und Interessierte: Eigenwert-Analysen der Korrelations-Matrizen zu den Mindestanforderungen für Prognosegutachten des Nürnberger, Bayreuther, Berliner und Ulmer Mollath Gutachters


    Schuldfähigkeit, Einsichtsfähigkeit und Steuerungsfähigkeit

    • Einsicht und Einsichtsfähigkeit in Recht, Psychologie, Psychopathologie und Psychiatrie.
    • Forensisch psychologisch-psychopathologische Schuldfähigkeitsprüfung.


    Grundlegende Arbeiten

    • Juristisches Denken. Gibt es eine kognitive Eigenwelt der Rechtswissenschaft? Erörtert am Beispiel Betreuung und Geschäftsfähigkeit.
    • Lit: Sprache, Kommunikation und (Un-) Verständlichkeit des Rechts.
    • Beweis und beweisen in der Kriminologie und im Recht.


    Stellungnahmen zu Gustl F. Mollath

    Andere Themen Forensische Psychologie

    • Überblick Forensische Psychologie.
    • Aussagepsychologie.
    • Aussagepsychologische Wahrheitstheorie.
    • Suggestivfragen.


    Glossar, Anmerkungen und Endnoten:  > Eigener wissenschaftlicher Standort.
    1) GIPT= General and Integrative Psychotherapy, internationale Bezeichnung für Allgemeine und Integrative Psychotherapie.
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    Bresser, Paul H. (1990): Krise des Sachverständigenbeweises, S. 45:
        "Wenn mehr Ansprüche an die „Psychodiagnostik" gestellt werden, wenn also nach den Motiven des Handelns gefragt wird, wenn Erklärungen für die Eigenschaften der Menschen gesucht werden, wenn andere rechtlich relevant erscheinende Fragen zur Psychodynamik des Erlebnisgeschehens gestellt werden, dann sind die Grenzen der Beweisbarkeit eng gesteckt. Praktisch relevant und Verständnis- sowie verständigungsfördernd sind oft mehr die kritisch konzipierten Maßstäbe einer vergleichenden Lebenserfahrung und Menschenkenntnis als die mit wissenschaftlichem Anspruch zwangsläufig reduktionistischen und nur vermeintlich objektivierten oder operationalisierten Befunde oder Diagnosen. Diese sind entweder mehr triebabwehrdeterministisch, konditionierungsdeterministisch, sozialpsychologisch rollendeterministisch oder anderweitig hypothesenorientiert. Wie dann mit vermeintlich wissenschaftlicher Anspruchshaltung argumentiert wird, machen die Arbeiten von Maisch u. Schorsch (1983) u.a. deutlich. Kennzeichnend und zum Nachdenken anregend ist die Formulierung von einem anderen namhaften Vertreter der forensischen Psychologie. Steller (1989) schreibt:
     
      „Psychodiagnostik besteht in einer auf wissenschaftlichen Hypothesen basierenden Rekonstruktion der möglichen Bedingungen für das spezifische Handeln eines spezifischen Menschen in einer spezifischen Situation zu einem spezifischen Zeitpunkt. Je größer der Konsens darüber ist, welche Informationen (Daten) zu dieser Hypothesenbildung beitragen, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, daß auch Übereinstimmung erreicht werden kann in der diagnostischen und forensischen Inferenz" [sic(!) - vielleicht: Interferenz].


    Psychodiagnostik - wohlgemerkt: in der forensischen Begutachtung - beruht also auf „wissenschaftlichen Hypothesen" (Hypo-These = Unterstellung), sie rekonstruiert „mögliche Bedingungen" und läßt sich von der Hoffnung leiten, daß es zu einem „Konsens" über die Grundlage der Hypothesenbildung kommt, um dann (auch nur!) mit „Wahrscheinlichkeit" zu erwarten, daß es zugleich zur „Übereinstimmung" der gegenseitigen Verständigung kommt. Die Einigung über „Unterstellungen" (Hypothesen) macht einen Konsens selbstverständlich möglich. Aber was wird unterstellt: psychologischer Determinismus. Die Frage nach „richtigen und falschen" Gutachten (Rasch 1982) wird zu einer Frage nach den „richtigen oder falschen" Unterstellungen. Nicht immer sind Gutachten mit höherem (hypothetisch) wissenschaftlichem Anspruch die richtigeren oder die besseren Beweismittel."
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    gruppenstatistische Kennwerte.
    Hierzu (fett-kursiv RS): König, Andrej (2010) Der Nutzen standardisierter Risikoprognoseinstrumente für Einzelfallentscheidungen in der forensischen Praxis. Recht und Psychiatrie (R&P), 28, 67-73, S. 72: "Falls keine oder eine geringe Vergleichbarkeit zwischen der Normierungsstichprobe des angewendeten Risikoprognoseinstrumentes und dem zu beurteilenden Einzelfall besteht, ist die Bestimmung eines individuellen Risikoscores aus methodischer Sicht nicht zu rechtfertigen; In diesem Fall können Risikoprognoseinstrumente, wie kürzlich von BOETTICHER et al. (2009) formuliert, lediglich als Checklisten dienen, da eine unkritische Übernahme gruppenstatistischer Erkenntnisse keine empirisch begründete Wahrscheinlichkeitsaussage für den Einzelfall zulässt. Neben der Vergleichbarkeit müssen auch die Basisraten für die vorherzusagenden Delikte berücksichtigt werden. Je geringer die Basisrate eines bestimmten Delikts ist, desto stärker fällt die Falsch-Positiv-Rate, also der Anteil an Probanden, der fälschlicherweise als rückfällig klassifiziert wird, ins Gewicht."
        Siehe bitte auch: Buchpräsentation Hake: Statistische Falschschlüsse Gruppe/Einzelfall.
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    Katalog der potentiellen forensischen Gutachtenfehler
    Fehler in forensisch-psychologischen, forensisch-psychopathologischen, forensisch-psychiatrischen Gutachten.
        Vorbemerkung: Das Einzelfallprinzip gebietet sicherheitshalber nur von potentiellen Fehlern zu sprechen. Der Katalog enthält also überwiegend nur potentielle Fehler. Ob ein potentieller Fehler im spezifischen Einzelfall wirklich ein Gutachten-Fehler ist, sollte nicht absolut-allgemein, sondern im Realitätsrahmen und Situationskontext des Einzelfalles untersucht und entschieden werden. Und natürlich hängt die Fehler-Diagnose und das Gewicht, das ihr zukommt, auch sehr davon ab, aus welcher wissenschaftlichen Perspektive oder Basis die Betrachtung erfolgt. PsychoanalytikerInnen haben z.B. ein sehr lockeres Verhältnis zu Fantasie und Vermutungen und verwechseln diese oft mit Wissenschaft, Empirie oder Objektivität.
        Wichtig ist vielleicht auch, dass man sich eingesteht: fehlerlose Gutachten gibt es nicht. Aber: die Problemlösung beginnt bekanntlich mit der Problemwahrnehmung. Deshalb ist es sinnvoll, sich seinen möglichen Fehlern grundsätzlich zu öffnen. Manche Fehler mögen auch keine ernste Bedeutung haben, andere aber im jeweiligen Einzelfall vielleicht schon. Und es gibt fatale Fehler, die ein Gutachten nicht verwertbar machen (z.B. Oder-Diagnosen, Verfassung und Befinden zu den Tatzeiten nicht exploriert oder, bei keinem Ergebnis hierzu, die Beweisfrage als nicht beantwortbar erklärt, nicht persönlich untersucht, unzulängliche Mittel und Methoden angewendet, ... ... ...)
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    Konrad, Norbert  (2010). Schlechtachten trotz Einhaltung der »Mindestanforderungen an Prognosegutachten« Recht und Psychiatrie, 28,1,.30-32. Der Autor führt S. 31 aus: "Mit einer Gesamtlänge von 243 Seiten enthält es 189 Seiten Aktenmaterial. Nach der über drei Seiten geführten Einleitung wird von Seite (künftig S.) 4 bis 59 wörtlich aus dem die Unterbringung gem. § 63 StGB anordnenden Urteil zitiert. Diese Darstellung entspricht nur scheinbar dem in den »Mindestanforderungen« verlangten »umfassenden Aktenstudium«. Eine wirkliche Auseinandersetzung mit dieser Erkenntnisquelle ist jedoch dadurch nicht belegt. Wörtliches Zitieren ohne Begründung (z.B. zusammenfassende Darstellung der Diagnosen, Herausarbeitung eines kriminologisch relevanten Tatmusters, Herausdestillieren der vom erkennenden Gericht für die Annahme einer negativen Legalprognose entscheidenden Faktoren) und ohne verbindenden Kontext bedeutet letztlich die Wiederholung von bereits Bekannten und ist unter Verweis darauf, dass von dem Urteil Kenntnis genommen wurde, verzichtbar."
        > amorphe Strukturen. Extreme Beispiele für amorphe Gutachten -  neben zahlreichen anderen schweren Fehlern - sind z.B. die Gutachen von Dr. Leipziger und Prof. Dr. Kröber über Gustl F. Mollath.
        Kritik eines Prognose-Gutachtens weitgehend ohne eigenen Inhalt und anderen grundlegenden Fehlern, die sehr an die Mängel der Mollath-Gutachter erinnern, hat das OL Rostock 2011 vorgenommen.
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    Sachverhalte des Erlebens

     
     

      Beispiele für psychologische und psychotherapeutische Daten
      • einen Wunsch erleben oder erzeugen
      • eine Erinnerung erleben oder erzeugen
      • einen Gedanken erleben oder erzeugen
      • eine Vorstellung (sehen, hören, riechen, schmecken, spüren) erleben oder erzeugen
      • eine Außen-Wahrnehmung (sehen, hören, riechen, schmecken, spüren) erleben oder erzeugen
      • eine Innen-Empfindung erleben oder erzeugen
      • ein Gefühl erleben oder erzeugen
      • eine Absicht (Motiv, Ziel) erleben, erzeugen oder ausführen
      • ein Entscheidungsproblem erleben oder erzeugen
      • einen Konflikt erleben oder aufspüren
      • eine Stimmung erleben oder erzeugen
      • seine Befindlichkeit erleben oder erkunden, erspüren
      • Antrieb erleben oder erzeugen
      • die Aufmerksamkeit richten auf ...
      • die Aufmerksamkeit verdichtet richten auf ... (= konzentrieren)
      • die Aufmerksamkeit ungerichtet sein und frei schweben lassen
      • eine Aufgabe annehmen und sie ausführen
      • eine Handlung erleben und ausführen

      • eine Begabung oder Fähigkeit erleben, entfalten oder fortentwickeln
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      Erleben kann aus mehrerer Perspektiven betrachtet werden.


       

    Aus psychologisch-menschlicher Perspektive ist folgende Einteilung zweckmäßig (Quelle Axiome V):
     
      OBJE-RE  Objektive Repräsentationsebene
      Geschehen, wie es unabhängig von speziellen sensorischen Systemen existiert (näherungsweise das KANTsche "Ding an sich", das letztlich aber auch nur relativ zu sensorischen Systemen erfaßt werden kann). Damit beschäftigen sich die Naturwissenschaften, vor allem Physik und Chemie. Man könnte die Wissenschaften, die die so verstandenen objektiven Gegebenheiten erforschen, auch objektive Wissenschaften nennen.

      SENS-RE  Sensorspezifische Repräsentationsebene
      Geschehen, wie es sich in speziellen sensorischen Systemen abbildet, z. B. in lichtempfindlichen Systemen wie Augen, Kameras.

      LEIT-RE  Leitungsspezifische Repräsentationsebene
      Signale, wie sie von einem Ort zu einem anderen Ort transformiert werden, z. B. vom sensorischen Empfangsorgan zum Zentralverarbeitungsorgan = Zentralnervensystem, Gehirn.

      ZENT-RE  Zentrale Repräsentationsebene
      Wie die Signale zentral codiert oder abgebildet werden.

      GEDÄ-RE Gedächtnismäßige Repräsentationsebene
      Geschehen, wie es im Gedächtnis codiert oder abgebildet und gespeichert wird. Hier kann noch weiter differenziert werden: Eingangsspeicher, Kurzzeitgedächtnis, Langzeitgedächtnis.

      MENT-RE  Mentale Repräsentationsebene
      Geschehen, wie es im Denken abgebildet wird.

      HYPO-RE  Hypothetische Repräsentationsebene
      Geschehen, wie es möglich sein kann, für möglich gehalten wird. Das ist eine spezifische Variante des mentalen Repräsentationssystems.

      VOLU-RE  Voluntative Repräsentationsebene
      Geschehen, wie es gewünscht oder gewollt wird.

      KOMM-RE  Kommunikativ-Sprachliche Repräsentationsebene
      1) Phonetisch (Laute, Lautgestalten, Lautworte, ...)
      2) Visuell (Bilder, Zeichen, Buchstaben, Worte, Sätze, Texte, ...)
      3) Taktil (Formen und Zeichengestalten, Modelle, Kopien, ...)
      Wichtig für neuropathologische Ausfallerscheinungen z. B. der verschiedenen Aphasien,  Agnosien und Apraxien.

      Bemerkung: Es sind natürlich weitere Differenzierungen und Konstruktionen möglich.

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    Querverweise  > Links.
    Standort: Wissenschaftliches Arbeiten in der Forsensik.
    *
    Suchen in der IP-GIPT, z.B. mit Hilfe von "google": <suchbegriff> site: www.sgipt.org
    z.B. Forensische Psychologie site: www.sgipt.org. 
    *
    Dienstleistungs-Info.
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    Zitierung
    Sponsel, Rudolf (DAS). Was ist ein wissenschaftliches forensisch-psychopathologisches Gutachten ? Wissenschaftliches Arbeiten in der forensischen Psychologie, Psychopathologie und Psychiatrie. Zu Potentielle Fehler in forensisch psychiatrischen Gutachten, Beschlüssen und Urteilen der Maßregeljustiz. Eine methodenkritische Untersuchung illustriert an einigen Fällen u. a. m Fall Gustl F. Mollath mit einem Katalog der potentiellen forensischen Gutachtenfehler sowie einiger Richter-Fehler. Erlangen  IP-GIPT: https://www.sgipt.org/forpsy/NFPMRG/WisArbFP.htm
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    korrigiert: irs 14.12.12



    Änderungen Kleinere Änderungen werden nicht extra ausgewiesen; wird gelegentlich überarbeitet und ergänzt.
    26.05.13    Hinweis auf eine Kritik des OLG Rostock an Prognosegutachten.
     
     
     

    [Potentielles Material prüfen:
    https://www.gwg-gutachten.de/]