Internet
Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie
(ISSN 1430-6972)
IP-GIPT DAS=26.11.2012
Internet-Erstausgabe, letzte Änderung: 29.04.17
Impressum:
Diplom-Psychologe Dr. phil. Rudolf Sponsel Stubenlohstr. 20 D-91052
Erlangen
Mail:
sekretariat@sgipt.org_
Zitierung
& .Copyright
Anfang_
Schuldfähigkeitsprüfung_
Überblick_
Rel.
Aktuelles_ Rel.
Beständiges _ Titelblatt_
Konzeption_
Archiv_
Region_
Service_iec-verlag
_ _Wichtige
Hinweise zu Links und Empfehlungen
Willkommen in unserer Internet-Publikation
für Allgemeine und Integrative Psychotherapie, Abteilung Forensische
Psychologie, Kriminologie, Recht und Strafe, Bereich Schuld-un-fähigkeit,
und hier speziell zum Thema:
Forensisch psychologisch-psychopathologische
Schuldfähigkeitsprüfung
Originale Grundlagenarbeit zu den Potentiellen
Fehlern in forensisch-psychopathologischen Gutachten, Beschlüssen
und Urteilen der Maßregeljustiz.
Eine methodenkritische Untersuchung illustriert
an einigen Fällen u. a. am Fall Gustl F. Mollath
mit einem Katalog der potentiellen forensischen
Gutachtenfehler sowie einiger RichterInnen-Fehler.
Zu den
Mindestanforderungen für Schuldfähigkeitsgutachten
von Rudolf Sponsel, Erlangen
StGB §
20 Schuldunfähigkeit wegen seelischer Störungen
Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung
der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden
Bewußtseinsstörung oder wegen Schwachsinns oder einer schweren
anderen seelischen Abartigkeit unfähig ist, das Unrecht der Tat
einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.
§ 21 Verminderte
Schuldfähigkeit
Ist die Fähigkeit des Täters,
das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus
einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich
vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
Eine Anordnung der Unterbringung
in einem psychiatrischen Krankenhaus zur Beobachtung
kann danach nicht erfolgen, wenn der Beschuldigte sich weigert,
sie zuzulassen bzw. bei ihr mitzuwirken, soweit die Untersuchung nach
ihrer Art die freiwillige Mitwirkung des Beschuldigten voraussetzt (vgl.
BGH, StV 1994, S. 231 f.). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn eine
Exploration erforderlich wäre, diese aber vom Beschuldigten verweigert
wird und ein Erkenntnisgewinn deshalb nur bei Anwendung verbotener Vernehmungsmethoden
(§ 136 a StPO) oder einer sonstigen Einflussnahme auf die Aussagefreiheit
des Beschuldigten zu erwarten ist. BVerfG
2001.
Abstract
- Zusammenfassung - Summary.
Schuldfähigkeitsprüfungen.
Die einfachste
und billigste Qualitätssicherungsmaßnahme wäre
bei Erteilung eines Auftrages, die Voraussetzungen zur Schuldfähigkeit
zu prüfen, wenn in einem Formblatt die Gliederung, was im Gutachten
alles zu leisten ist, detailliert aufgeführt würde. Die zwei
wichtigsten Vorgaben hierzu lassen sich in wenigen Sätzen formulieren:
(1) Geben Sie bitte genau und lückenlos an, welche
psychischen Merkmale zur Tatzeit aufgrund welcher Zeichen
wie auf die Tathandlung eingewirkt haben? Falls Lücken
bestehen, kennzeichnen Sie diese. Erörtern Sie pro und contra.
(2) Gehen Sie hypothesenorientiert vor und geben Sie
die im vorliegenden Fall möglichen Hypothesen an. Erörtern Sie
das Für und Wider für Ihre Hypothesen und begründen
Sie Ihre Entscheidung so, dass sie für einen gebildeten Laien
nachvollziehbar und verständlich ist. |
Es werden aus forensisch psychologisch-psychopathologischer Sicht die
Grundlagen für die Schuldfähigkeitsprüfung entwickelt und
dargelegt:
Formale Leistungsstruktur
der Schuldfähigkeitsprüfung
1. In der ersten Stufe ist zu prüfen, welche Voraussetzungen
der vier Eingangsmerkmale erfüllt sind. Vorsicht: die Eingangsmerkmale
sind Rechtsbegriffe - deren Beurteilung dem Gericht obliegt,
nicht dem Sachverständigen - und müssen erst in psychopathologische
Entsprechungen übersetzt werden.
Die entscheidenden Fragen sind also:
(1) Falls psychopathologische Entsprechungen der Eingangsmerkmale vorliegen,
wie haben diese
(2) auf die Einsichtsfähigkeit zum Tatzeitpunkt gewirkt? Genau
diese wichtige Prüfung der Einsichtsfähigkeit
fehlt in den meisten forensisch-psychiatrischen Gutachten, die gewöhnlich
keine differenzierte Beantwortung der Beweisfragen vornehmen, so wie sie
Gesetz und Rechtsprechung gebieten. Die Hilflosigkeit der forensischen
Psychiatrie beim Thema Einsichtsfähigkeit gipfelt darin, dass sogar
Nedopil,
eine der ersten forensisch-psychiatrischen Adressen in Deutschland, sagt:
„Eine erheblich verminderte Einsichtsfähigkeit hat in der forensischen
Praxis keine Relevanz und sollte bei Schuldfähigkeitsbeurteilungen
nicht ernsthaft erwogen werden.“ Statt sich den Problemen zu stellen und
nach angemessenen Lösungen suchen, wird forensisch-psychiatrisch mit
Flucht und Verleugnung reagiert, indem Nedopil für die Zunft faktisch
feststellt, dass der § 21 StGB "keine Relevanz" hat, also praktisch
als abgeschafft zu betrachten ist
Exkurs: Der häufigste Fehler bei der Schuldfähigkeitsprüfung
Formales
Prüfmodell der Eingangsmerkmale
Das formale Schema zur Prüfung der vier Eingangsmerkmale ist einfach
und kann leicht systematisch abgearbeitet werden.
|
Verbot Diagnosen
Ver-Oderung bei Schuldfähigkeitsgutachten. (2004)
Hierzu der BGH
Beschluß vom 12. 11. 2004 - 2 StR 367/04 (LG Koblenz), in: BGH: Anforderungen
an ein psychiatrisches Sachverständigengutachten NStZ 2005, 205. Randnummer
2 a) Aus den Gründen des BGH-Beschlusses: “Nach der ständigen
Rechtsprechung des BGH kann für die Anwendung der §§ STGB
§ 20, STGB § 21 StGB regelmäßig nicht offen bleiben,
welche der Eingangsvoraussetzungen des § STGB § 20 StGB vorliegt."
Der Beschluss wird allgemein auch wie folgt zitiert: Mindestanforderungen
an ein psychiatrisches Sachverständigengutachten durch den BGH.
Mehr mit Nedopils Anmerkungen hier.
|
Formale
Informationsstruktur der Schuldfähigkeitsprüfung
|
Erläuterung der Graphik
S1, S2, ...., Si, ....S ... beschreiben Symptome, Befindlichkeits-,
Ausdrucks- oder Verhaltensmerkmale psychopathologischer Entsprechungen
der Eingangsmerkmale zur Tatzeit (Prüfung 1. Stufe). Sofern hier welche
vorliegen, ist zu prüfen, ob diese die Einsichtsfähigkeit und,
falls Einsicht vorhanden, die Steuerungsfähigkeit in Bezug auf die
Tathandlungen zur Tatzeit beeinträchtigt haben.
Es ist lückenlos zu begründen, dass aus der
Menge S1, S2, ...., Si, ....S ... die und die Auswirkungen auf die Tathandlungen
vorliegen, hier nach dem linearen Schema des einfachen Falles:
Merkmal => Einsicht => Steuerung => Tat
Zu den grundsätzlichen Quellen
des Erlebens siehe
bitte nächsten Abschnitt:
|
Quellen
der forensisch-psychologischen Schuldfähigkeitsprüfung
Allgemeines
psychologisches und forensisches Handlungsmodellpsy:
[Quelle]
(9.5) Dieses Modell ergibt sich im Prinzip aus Erweiterungen unter
Berücksichtigung psychotherapeutischer und forensischer Praxis der
Willenspsychologie, u.a. aus Dükers
Forschungen zur Ausbildung des Wollens; Crafort
et al. Freiheit des Entscheidens und Handelns und Heckhausen et
al. Jenseits des Rubikon: Der Wille in den Humanwissenschaften,
Kuhl
& Heckhausen Motivation, Volition und Handlung, darin Beckmann
Entschlussbildung
(Kritik) und Gollwitzer Das
Rubikonmodell der Handlungsphasen, differenzierter bereits 1987
von Heckhausen ("Fünf Grundvoraussetzungen
intentionsgeleiteten Handelns") entwickelt..
Querverweise: Kausalitätsmodell
und biopsychosoziales
Krankheitsmodell.
Beispiel: X fällt eine Person Y auf, von der er positiv berührt
(Auslöserpsy bei entsprechender Bedürfnislagepsy)
ist. Im Laufe mehrerer Begegnungen entsteht der Wunsch (Entscheidungsreifungpsy)
und schließlich die Entscheidungpsy (Wille), zu dieser
Person einen Kontakt aufzunehmen, indem er sie bei nächster günstig
erscheinender Gelegenheit ansprechen will. Er begegnet dieser Person und
fasst den Entschlusspsy, jetzt spreche ich sie an, geht auf
sie zu und spricht sie an (Ausführungpsy). Es liegt auf
der Hand, dass mit Zeitpunkt der Tat die Phase zwischen Entschluss und
Ausführung gemeint sein sollte. Das Entscheidende für jede Handlung
ist der Entschluss, der ihr im allgemeinen kurze Zeit vorausgeht. Daraus
ergibt sich unmittelbar ein Leitfaden für die Erforschungslogik bei
der Sachverhaltsaufklärung der Tat. Nicht jede Phase muss bewusst
sein, schon gar nicht in allen ihren Determinanten und Einzelheiten. Und
manchmal kann es auch sehr schnell gehen, so dass zwischen Entstehung und
Ausführung nur Sekunden oder Bruchteile davon liegen. So kann die
Phase der Entscheidungsreifung auch übersprungen werden. Der Abschnitt
Entstehung und Entscheidungsreifung findet bereits in der Verhaltenstherapie
unter dem Stichwort "Bedingungsanalyse"
ein erprobtes und nützliches Modell. Bei genauer psychologischer Betrachtung
und Analyse, können auch einfache Handlungen vielschichtige und komplizierte
Prozesse mit vielen Determinanten und Verbindungen beinhalten. Hier wären
im Laufe der Zeit "Handlungskataloge" wünschenswert, um in die Vielfalt
mehr Ordnung und Klarheit zu bringen.
Allgemeines
psychologisches und forensisches Einsichtsmodellpsy
[nach
Quelle]
Die folgende Grafik kann als Spezifikation der Entschlussphase im allgemeinen
und forensischen Handlungsmodell betrachtet werden. Es orientiert sich
an Wegeners grundlegender Skizze zur
Einsichtsfähigkeit.
Einsichten können im Kontext Täter-Forensik auf normative
Einsichten beschränkt werden. Ungeachtet dessen ist auch hier die
juristisch entscheidende Frage, ob eine Einsichtj§20 in
der Entschlussphase unmittelbar vor der Handlung vorhanden war oder nicht
bzw. nicht feststellbar ist.
Verminderte Einsichtj§21 wird derzeit juristisch nicht
anerkannt, obwohl es sie außerhalb rechtsbegrifflichen Denkens natürlich
ebenso gibt wie die relative
Geschäftsunfähigkeit>§104<.
Oben
wurden bereits drei Einsichtsbegriffepsy unterschieden:
Einsicht als bloßes Wissen ohne Verständnis mit geringer Handlungsrelevanz;
Einsichtpsy als bloßes Wissen mit Verständnis der
Sinnzusammenhänge mit mehr Handlungsrelevanz und Einsichtpsy
mit Akzeptanz, also mit persönlicher innerer Annahme, d.h. höchster
Handlungsrelevanz. Hier wird nun ein realistisches Modell der gesamten
dynamischen Vernetzung im biographischen Längsschnitt vorgeschlagen.
Dynamisch heißt hier, dass die Entwicklung im Fluß und in stetiger
Veränderung gesehen wird und die Gedächtnisinhalte nicht statisch
und absolut (1:1 "Abbildung") gedacht werden.
Ob Einsicht sich in Handeln umsetzt hängt aber
nicht nur von der Einsichtsfähigkeit sondern auch von anderen Faktoren
ab, die die Einsichtsfähigkeit behindern, mindern oder sogar weitgehend
ausschalten können.
Ganz allgemein kann man sagen, dass Normalbedingungen
(NB) auf die Einsichtsfähigkeit wie ein neutrales Element wirken.
Liegt Einsichtpsy-wis, Einsichtpsy-ver oder Einsichtpsy-akz
vor, so ändert sich die Einsichtslage unter Normalbedingungen so wenig
wie eine Gleichung sich nicht ändert, wenn man auf eine Seite die
Null, das neutrale Element der Addition und Subtraktion, hinzuzählt
(2 + 4 - 0 = 2 + 4 + 0).
Formal also z.B.: Einsichtpsy-wis | NB,
mit " | " als Zeichen für eine Bedingung, wobei rechts vom Bedingungsstrich
die Bedingung, hier NB := Normalbedingungen und links das Bedingte, hier
die Einsichtpsy-wis steht. Zur einfacheren textuellen Gestaltung
sei terminologisch vereinbart, dass fehlende Kennzeichnung von Bedingungen
immer Normalbedingung bedeuten soll.
Aber auch Störungsbedingungen können zwar,
aber müssen keine Veränderung der Einsichtslage bewirken. So
konstruiert es auch das Recht. Die Eingangsmerkmale im § 20 StGB können,
aber müssen natürlich nicht die Einsichtsfähigkeitfpsy
im konkreten Fall aufheben oder beeinflussen.
Einsicht als normatives Wissen zur Rechtmäßigkeit
von Tun und Lassen hat eine lange Geschichte im Leben des Einzelnen. Wie
sich dieses Wissen in der Entschlussphase zur Tat nun auswirkt, hängt
noch zusätzlich von einer Reihe anderer Faktoren ab, wie sie im allgemeinen
und forensischen Handlungsmodell berücksichtigt und dargestellt wurden.
Bloße
psychopathologische Diagnosen genügen nicht - Der häufigste forensisch-psychopathologische
Fehler bei der Schuldfähigkeitsprüfung
Früher war es üblich, wenn PsychiaterInnen feststellten, jemand
habe eine Schizophrenie, sei manisch oder leide an einem psychoorganischen
Syndrom mit Wahnvorstellungen, dann auch zu sagen, der Proband sei schuldunfähig
bzw. geschäftsunfähig. D.h. die bloße Diagnose genügte
seinerzeit, um auf Schuldunfähigkeit (oder, im Zivilrecht, auf Geschäftsunfähigkeit)
zu schließen. Das hätte zwar nicht sein dürfen, weil der
§ 20 StGB in seinen Anforderungen - Ohne
Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften
... - völlig klar ist,
aber es hat sich eben eingebürgert.
Diese für die PsychiaterInnen angenehm-bequemen
Zeiten sind vorbei. Die Rechtsprechung hat inzwischen eine klare wissenschaftliche
Position eingenommen und verlangt nun die echte Erfüllung des §
20 StGB, nämlich dass die forensischen PsychopathologInnen nachvollziehbar
und schlüssig aufzeigen müssen, dass zwischen der Diagnose
und der Tathandlung eine kausale Beziehung besteht. Das sehen auch seit
2005 die Mindestanforderungen für Schuldfähigkeitsgutachten vor:
1.13,
1.17,
1.18,
1.21.
Und in den meisten juristischen Kommentaren ((z.B.
Streng,
Eisenberg)
zu den §§ 20, 21 StGB wird klipp und klar ausgeführt, dass
der Zusammenhang zwischen Störung und Auswirkung bei der Tat aufzuzeigen
ist, wie es das Gesetz ja auch formuliert: „Ohne Schuld handelt, wer
bei
Begehung der Tat wegen einer krankhaften ...“.
Kurzcharakteristiken
der durchgesehenen BGH-Beschlüsse zu Schuldfähigkeitsfragen und
Gutachten
Durchgesehen wurden 21 BGH-Beschlüsse von 2000 bis 2013 nach dem
Suchbegriff "Schuldfähigkeit". Aus 12 der 21 Beschlüsse wurden
für das forensisch-psychopathologische Gutachten Leitlinien entnommen.
Der erste Beschluss stammt aus 1991 zur Frage der Geschäftsfähigkeit
(die zivilrechtliche Entsprechung zur strafrechtlichen Schuldfähigkeit).
-
BGH Darlegen
wie sich eine Störung auf die Willensbildung auswirkt.
-
BGH
Einfluss der Störung auf die Tat konkret und sicher feststellen.
-
BGH
Diagnose nicht hinreichend, Auswirkungen auf Tat und Leben zeigen.
-
BGH Nähere
Umstände der Taten beachten.
-
BGH Unterbringung
nicht veranlasst, wenn erhebliche Verminderung nicht das Fehler der Einsicht
aufhebt
-
BGH
Ganzheitsbetrachtung und eingehende Prüfung und Erörterung.
-
BGH Gründliche
Auseinandersetzung mit allen Motiven und der Persönlichkeitsstörung
erforderlich.
-
BGH Tatrichter
muss Gutachten überprüfen.
-
BGH
Gründliche Auseinandersetzung mit der Störung und Gesamtschau
erforderlich.
-
BGH
Anforderungen an psychiatrische Gutachten: es hat näher darzulegen,
in welcher konkreten Weise sich die festgestellten psychischen Auffälligkeiten
bei der Tat auf das Einsichts- oder Hemmungsvermögen ausgewirkt haben.
-
BGH
Diagnose Persönlichkeitsstörung hat für sich genommen keine
Folgen für die Schuldfähigkeit.
-
BGH
Gericht muss Gutachten prüfen und Gutachten muss Auswirkungen der
Störungen auf Einsichts- und Hemmungsvermögen darlegen.
-
BGH
Im einzelnen ist dazulegen, wie die Störung sich bei der Tat auf Einsicht
und Steuerung auswirkte
Abstract
- Zusammenfassung - Summary BGH Beschlüsse (2000-2013)
Diagnosen oder Feststellungen von psychischen Störungen genügen
nicht, um die Voraussetzungen für Schuldunfähigkeit zu
begründen. Es müssen konkrete, nachvollziehbare und
ausführliche Darlegungen erfolgen, zu welchen Eingangsmerkmalen
des § 20 StGB die einzelnen Störungen gehören und wie sie
sich auf die einzelnen Handlungen bei Begehung der Tat(en) auswirken (wie
es der § 20 auch treffend formuliert: "Ohne
Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften
...
"). Dies ist auch schon deshalb notwendig, damit sich das Gericht ein eigenes
Bild und Urteil bilden kann, wozu es auch verpflichtet
ist. Daher darf das Gericht ein Sachverständigengutachten nicht einfach
übernehmen, vielmehr muss es das Gutachten kritisch prüfen und
kontrollieren. Das geht natürlich nur, wenn das Gutachten in klarem
Deutsch vorliegt und sein Vorgehen übersichtlich deutlich
macht und angemessen begründet. Die Diagnosen, die den
Eingangsmerkmalen zugeordnet werden, müssen sicher sein
und dürfen nicht als Vermutungen, Möglichkeiten, hypothetische
Erwägungen bzw. durch oder verknüpfte Alternativen formuliert
sein. Bei Persönlichkeitsstörungen ist zudem eine Gesamtschau
und umfassende Betrachtung (Lebensverlauf, Persönlichkeit,
Verhalten vor der Tat, bei der Tat und nach der Tat) erforderlich. Die
näheren
Umstände der Tat sind stets beachtlich, aufzuklären und
ausreichend zu erörtern. Im einzelnen ist dazulegen,
wie die Störung sich bei der Tat auf Einsicht
und Steuerung auswirkte. Liegt erhebliche Verminderung der
Einsichtsfähigkeit vor, ist genau zu klären, ob sich daraus ergibt,
dass die Einsicht in das Unrecht der Tat fehlte, nur dann wäre Unterbringung
veranlasst.
Mindestanforderungen
für Schuldfähigkeitsgutachten (2005) MASFGA
-
Boetticher, A., Nedopil, N., Bosinski, H.A.G. et al. (2005) Mindestanforderungen
für Schuldfähigkeitsgutachten. NStZ 25:57–62.
-
Boetticher, A.; Nedopil, N.; Bosinski, H. A. G. & Saß,
H. (2007). Mindestanforderungen für Schuldfähigkeitsgutachten
Forens Psychiatr. Psychol Kriminol., 1, 3–9. [PDF]
"C. Katalog der formellen und inhaltlichen Mindestanforderungen für
forensische Schuldfähigkeitsgutachten
Die Vorschläge zur Qualitätssicherung von psychiatrischen
Schuldfähigkeitsgutachten sind in erster Linie ausgerichtet auf die
Abfassung des schriftlichen Gutachtens. Dafür empfiehlt sich die Einhaltung
einer relativ schematischen Struktur, nicht nur um wesentliche Punkte nicht
zu übersehen, sondern auch, weil es dem Leser leichter fällt,
das Gutachten zu erfassen, wenn er genau weiß, wo welche Informationen
zu finden sind. Deshalb enthalten die Vorschläge sowohl formale Anforderungen
an Aufbau, Gliederung und Umfang des Gutachtens als auch inhaltliche Aspekte
wie die Verwendung kriterienorientierter Diagnosen entsprechend ICD-10
oder DSM-IV-TR. Der Katalog ist ausgerichtet auf die Begutachtung aller
Störungsbilder, die im Rahmen der Prüfung des Vorliegens der
rechtlichen Voraussetzungen der §§ 20 und 21 StGB in Betracht
kommen. Besonders hohe Anforderungen an die Qualität des Gutachtens
müssen an die – in der Praxis wichtige – Begutachtung von Beschuldigten
mit Verdacht auf Persönlichkeitsstörung oder Paraphilie im Zusammenhang
mit der Schuldfähigkeitsbeurteilung bei Gewalt- und Sexualstraftaten
gestellt werden. Die Arbeitsgruppe hat deshalb für solche Gutachten
näher ausgeführte Vorschläge entwickelt. Die Arbeitsgruppe
betont, dass die Beachtung von Mindestanforderungen das Studium von Lehrbüchern
und die Auseinandersetzung mit der aktuellen wissenschaftlichen Literatur
nicht ersetzt. Diese Auseinandersetzung ist zwangsläufig auch Bestandteil
eines wissenschaftlich begründeten Gutachtens. Einigkeit bestand auch,
dass der Bezug auf Klassifikationssysteme und Lehrbücher keiner Zitierung
im Gutachten bedarf.
I. Formelle Mindestanforderungen
MASFGA-F
1.1. Nennung von Auftraggeber und Fragestellung MASFGA-1.1
1.2. Darlegung von Ort, Zeit und Umfang der Untersuchung MASFGA-1.2
1.3. Dokumentation der Aufklärung MASFGA-1.3
1.4. Darlegung der Verwendung besonderer Untersuchungs- und Dokumentationsmethoden
(z.B. Videoaufzeichnung, Tonbandaufzeichnung, Beobachtung durch anderes
Personal, Einschaltung von Dolmetschern) MASFGA-1.4
1.5. Exakte Angabe und getrennte Wiedergabe der Erkenntnisquellen MASFGA-1.5
a. Akten MASFGA-1.5a
b. Subjektive Darstellung des Untersuchten MASFGA-1.5b
c. Beobachtung und Untersuchung MASFGA-1.5c
d. Zusätzlich durchgeführte Untersuchungen (z.B. bildgebende
Verfahren, psychologische Zusatzuntersuchung) MASFGA-1.5d
1.6. Eindeutige Kenntlichmachung der interpretierenden und kommentierenden
Äußerungen und deren Trennung von der Wiedergabe der Informationen
und Befunde MASFGA-1.6
1.7. Trennung von gesichertem medizinischen (psychiatrischen, psychopathologischen,
psychologischen) Wissen und subjektiver Meinung oder Vermutungen des Gutachters
MASFGA-1.7
1.8. Offenlegung von Unklarheiten und Schwierigkeiten und den daraus
abzuleitenden Konsequenzen, ggf. rechtzeitige Mitteilung an den Auftraggeber
über weiteren Aufklärungsbedarf MASFGA-1.8
1.9. Kenntlichmachung der Aufgaben- und Verantwortungsbereiche der
beteiligten Gutachter und Mitarbeiter MASFGA-1.9
1.10. Bei Verwendung wissenschaftlicher Literatur Beachtung der üblichen
Zitierpraxis MASFGA-1.10
1.11. Klare und übersichtliche Gliederung MASFGA-1.11
1.12. Hinweis auf die Vorläufigkeit des schriftlichen Gutachtens.
MASFGA-1.12
II. Inhaltliche
Mindestanforderungen
1.13. Vollständigkeit der Exploration,
insbesondere zu den delikt- und diagnosenspezifischen Bereichen (z.B. ausführliche
Sexualanamnese bei sexueller Devianz und Sexualdelikten, detaillierte Darlegung
der Tatbegehung) MASFGA-1.13
1.14. Benennung der Untersuchungsmethoden. Darstellung der Erkenntnisse,
die mit den jeweiligen Methoden gewonnen wurden. Bei nicht allgemein üblichen
Methoden oder Instrumenten: Erläute[Forens Psychiatr Psychol Kriminol
1 2007 Mindestanforderungen für Schuldfähigkeitsgutachten >7]
rung der Erkenntnismöglichkeiten und deren Grenzen MASFGA-1.14
1.15. Diagnosen unter Bezug des zugrunde liegenden Diagnosesystems
(i. d. R. ICD-10 oder DSM–IV-TR). Bei Abweichung von diesen Diagnosesystemen:
Erläuterung, warum welches andere System verwendet wurde MASFGA-1.15
1.16. Darlegung der differentialdiagnostischen Überlegungen
MASFGA-1.16
1.17. Darstellung der Funktionsbeeinträchtigungen,
die im Allgemeinen durch die diagnostizierte Störung bedingt werden,
soweit diese für die Gutachtenfrage relevant werden könnten MASFGA-1.17
1.18. Überprüfung, ob und in welchem
Ausmaß diese Funktionsbeeinträchtigungen bei dem Untersuchten
bei Begehung der Tat vorlagen MASFGA-1.18
1.19. Korrekte Zuordnung der psychiatrischen Diagnose zu den
gesetzlichen Eingangsmerkmalen MASFGA-1.19
1.20. Transparente Darstellung der Bewertung des Schweregrades
der Störung MASFGA-1.20
1.21. Tatrelevante Funktionsbeeinträchtigung
unter Differenzierung zwischen Einsichts- und Steuerungsfähigkeiten
MASFGA-1.21
1.22. Darstellung von alternativen Beurteilungsmöglichkeiten."
MASFGA-1.22
Spezielle Themen Schuld-UN-fähigkeit
Kriterien
Schuldfaehigkeit bei Paraphilie
Brunner, Franziska; Müller, Jürgen L.; Vogel, Susanne &
Briken, Peer (2016) Evaluation von operationalisierten Kriterien
zur Schuldfähigkeitsbeurteilung bei paraphiler Störung. Recht
und Psychiatrie, 34, 228 – 236.
"Trotz der hohen rechtlichen Bedeutung von Sachverständigengutachten
bei Sexualstraftätern lassen die Beurteilungskriterien viel subjektiven
Spielraum. Um gegebenenfalls die Fortschritte standardisierter Prognoseverfahren
auch für die Schuldfähigkeitsbegutachtung nutzbar zu machen,
haben Briken und Müller (2014) für Studienzwecke vorgeschlagen,
operationalisierte Kriterien aus etablierten Prognoseinstrumenten zur Einschätzung
der Schuldfähigkeit von Sexualstraftätern mit paraphiler Störung
zu verwenden. Ein langfristiges Ziel ist, den Begutachtungsprozess transparenter
und nachvollziehbarer zu gestalten. In Pilotstudie 1 werden die vorgeschlagenen
Kriterien erstmals auf ihre Anwendbarkeit und Reliabilität anhand
von anonymisierten Gutachtenauszügen untersucht. Neben der Inter-Rater-Reliabilität-Berechnung
für alle Kriterien sowie für die Einschätzung von schwerer
anderer seelischer Abartigkeit (SASA) und Steuerungsfähigkeit wird
das Ergebnis der Rater mit dem Ergebnis des mit dem Gutachten beauftragten
Sachverständigen verglichen. Aufgrund der unzureichenden Ergebnisse
von Pilotstudie 1 wurden das Vorgehen und die Kriterien überarbeitet
und in einer zweiten Pilotstudie überprüft. Die Anwendbarkeit
des vorgeschlagenen Vorgehens konnte nach Überarbeitungen verbessert
werden. Insgesamt sprechen die Ergebnisse der beiden Pilotstudien dafür,
dass die Kriterien für die Einschätzung der Schuldfähigkeit
von Sexualstraftätern hilfreich sein könnten."
Gesetz,
Rechtsprechung und Kommentare zur Schuldfähigkeit
Zur
Geschichte des Schuldunfähigkeit im deutschen Recht
Die Darstellung folgt Streng im Münchner Kommentar (Rn 5-7):
-
1794: Streng: "Im preußischen Allgemeinen Landrecht von 1794
wiederum wurde die Willensfreiheits-Idee in Regelungen zur Zurechnungsfähigkeit
und verminderten Zurechnungsfähigkeit (II, 20. I, §§ 16,
18) markant berücksichtigt."
-
1871 § 51 im Reichsstrafgesetzbuch: "„Eine strafbare Handlung
ist nicht vorhanden, wenn der Täter zur Zeit der Begehung der Handlung
sich in einem Zustande von Bewusstlosigkeit oder krankhafter Störung
der Geistestätigkeit befand, durch welchen seine freie Willensbestimmung
ausgeschlossen war”.
-
1933 Gesetz gegen gefährliche Gewohnheitsverbrecher und über
Maßregeln der Sicherung und Besserung: „Eine strafbare Handlung ist
nicht vorhanden, wenn der Täter zur Zeit der Tat wegen Bewusstseinsstörung,
wegen krankhafter Störung der Geistestätigkeit oder wegen Geistesschwäche
unfähig ist, das Unerlaubte der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht
zu handeln”.
-
1969 rechtskräftig 1975: "StGB §
20 Schuldunfähigkeit wegen seelischer Störungen Ohne Schuld handelt,
wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung,
wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen Schwachsinns
oder einer schweren anderen seelischen Abartigkeit unfähig ist, das
Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln."
Schwere andere seelische
Abartigkeit
Die extrem entgleiste Wortschöpfung riecht nicht nur nach NS-Ideologie
und Nationalsozialismus, sie stammt auch tatsächlich von den Nazis.
Tondorf & Tondorf (GB):
"Die Gesetzesformulierung beruht auf der überholten wissenschaftlichen
Theorie der sog. Degenerationslehre [48] und ist in den "Mustervorschriften
der
deutschen Wehrmacht im Kriege" vom 1.4.1944 entnommen. Die "schwere
seelische Abartigkeit" wurde darin als "Fehler" Nr. 15,3 und damit als
bedingte Wehruntauglichkeit [49] aufgeführt."
__
§
81 StPO. Vorbereitung eines Gutachtens [Abruf 12.11.12]
(1) Zur Vorbereitung eines Gutachtens über
den psychischen Zustand des Beschuldigten kann das Gericht nach Anhörung
eines Sachverständigen und des Verteidigers anordnen, daß der
Beschuldigte in ein öffentliches psychiatrisches Krankenhaus gebracht
und dort beobachtet wird.
(2) Das Gericht trifft die Anordnung nach Absatz
1 nur, wenn der Beschuldigte der Tat dringend verdächtig ist. Das
Gericht darf diese Anordnung nicht treffen, wenn sie zu der Bedeutung der
Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und
Sicherung außer Verhältnis steht.
(3) Im vorbereitenden Verfahren entscheidet das
Gericht, das für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständig
wäre.
(4) Gegen den Beschluß ist sofortige Beschwerde
zulässig. Sie hat aufschiebende Wirkung.
(5) Die Unterbringung in einem psychiatrischen
Krankenhaus nach Absatz 1 darf die Dauer von insgesamt sechs Wochen nicht
überschreiten.
__
Hierzu:
BVerG
- 2 BvR 1523/01. Zitierung: BVerfG, 2 BvR 1523/01 vom 9.10.2001,
Absatz-Nr. (1 - 28), "… Eine Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen
Krankenhaus zur Beobachtung kann danach nicht erfolgen, wenn der Beschuldigte
sich weigert, sie zuzulassen bzw. bei ihr mitzuwirken, soweit die Untersuchung
nach ihrer Art die freiwillige Mitwirkung des Beschuldigten voraussetzt
(vgl. BGH, StV 1994, S. 231 f.). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn
eine Exploration erforderlich wäre, diese aber vom Beschuldigten verweigert
wird und ein Erkenntnisgewinn deshalb nur bei Anwendung verbotener Vernehmungsmethoden
(§ 136 a StPO) oder einer sonstigen Einflussnahme auf die Aussagefreiheit
des Beschuldigten zu erwarten ist (vgl. OLG Celle, StV 1985, S. 224; StV
1991, S. 248). ...."
Dieser wichtige Beschluss wird von einigen Standardlehrbüchern
der forensischen Psychiatrie nicht berichtet, z.B. Venzlaff & Foerster
(2004), auch noch (2009), und selbst von Rössner & Best (2007),
Strafrecht in HBFP Bd. 1, deren Beitrag nur so von höchstrichterlichen
Zitaten strotzt, nicht als solches klar und deutlich erkennbar gemacht.
Vor allem wird es nicht in den praktisch relevanten Bereichen der psychiatrischen
Untersuchung deutlich gemacht. Warum wohl? Das mag sich jeder selber
denken. Siehe hierzu bitte auch:
Dokumentation
einer Anfrage zum Bundesverfassungsgerichtsbeschluss zur Einweisung zur
Beobachtung nach § 81 StPO aus 2001 nur verfassungskonform bei
Mitwirkungsbereitschaft des Betroffenen
|
Quelle, S. 260: Rössner & Best (2007) in:
Kröber,
H.-L.; Dölling, D.; Leygraf, N. & Saß, H. (2006-2010,
Hrsg.). Handbuch der
Forensischen Psychiatrie. Band
1 Strafrechtliche Grundlagen der Forensischen Berlin: Steinkopff
(Springer).
Literatur (Auswahl)
Links (Auswahl: beachte)
Querverweise
innerhalb der IP-GIPT zum Problemkomplex Forensische Psychologie, Psychologie
des Denkens, Psychologie des Willens, das Willensfreiheitsproblem, Definition
und Terminologie, Diagnostik und Differentialdiagnostik u.a.m..
-
Überblick
Wissenschaftstheorie, Methodologie, Welten,
Konstruktivismus
* Vulgärkonstruktivismus,
Überblick
Statistik.
-
Überblick: Beweis
und Beweisen in Wissenschaft und Leben,
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Der Wissenschaftsbegriff
und seine aktuelle Bedeutung,
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Beweis und beweisen in der
Kriminologie und im Recht,
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Juristisches Denken (erörtert
am Beispiel Betreuung und Geschäftsfähigkeit).
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Definition und
Definieren, darin: Exkurs
Homonyme: Die Mehrdeutigkeit der Worte,
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Über den Aufbau einer präzisen
Wissenschaftssprache in Psychologie, Psychopathologie, Psychodiagnostik
und Psychotherapie,
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Das
Universalienproblem,
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Norm, Wert, Abweichung (Deviation), Krank
(Krankheit), Diagnose. "Normal", "Anders", "Fehler", "Gestört", "Krank",
"Verrückt".
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Überblick Forensische
Psychologie:
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Potentielle Fehler
in forensisch-psychopathologischen Gutachten, Beschlüssen und Urteilen
der Maßregeljustiz. Eine methodenkritische Untersuchung illustriert
an einigen Fällen u. a. am Fall Gustl F. Mollath mit einem Katalog
der potentiellen forensischen Gutachtenfehler sowie einiger RichterInnen-Fehler.
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Einsicht und Einsichtsfähigkeit
in
Recht, Psychologie, Psychopathologie und Psychiatrie.
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Zur Theorie und Praxis des Sachverständigengutachtens
der Geschäftsunfähigkeit. Konzepte der Geschäftsunfähigkeit
in Psychologie und Psychopathologie.
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Literaturliste Betreuung,
Geschäftsunfähigkeit, Willenspsychologie, Psychopathologie
und Diagnostik, emotionale Abhängigkeit, pathologische Bindung und
Hörigkeit.
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Aussagepsychologie, darin: 12
Vernehmungsfehler, Aussagepsychologische
Wahrheitstheorie 1. Systematik der Falsch-Aussagen, Suggestivfragen.
-
Überblick
Denken und kognitive Psychologie:
-
Überblick Diagnostik:
-
Willenspsychologie und Willensfreiheit:
-
Wunsch, Wille, Lenken, Steuern als Heilmittel in
der Psychotherapie:
Glossar,
Anmerkungen und Endnoten: > siehe bitte auch hier.
1) GIPT=
General
and Integrative
Psychotherapy, internationale Bezeichnung
für Allgemeine und Integrative Psychotherapie.
___
Quellen des Erlebens.
Systematik der Bewusstseinsinhalte. [nach Quelle]
___
§
20 StGB Schuldunfähigkeit wegen seelischer Störungen.
Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat
wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden
Bewußtseinsstörung oder wegen Schwachsinns oder einer schweren
anderen seelischen Abartigkeit unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen
oder nach dieser Einsicht zu handeln.
Rechtsbegriffe,
keine
psychopathologischen Diagnosen oder Begriffe sind: Schuld, Schuldunfähigkeit,
Begehung der Tat, krankhafte seelische Störung, tiefgreifende Bewußtseinsstörung,
Schwachsinn, andere schwere seelische Abartigkeit, Unrecht der Tat einsehen
(Einsichtsfähigkeit), nach dieser Einsicht zu handeln (Steuerungsfähigkeit).
Anmerkung: Zur Problematik
der Unterscheidung Rechtsbegriff und psychopathologischer Begriff siehe
bitte: Das
Problem der Bedeutung der Worte und Begriffe und wie man es lösen
kann.
___
§
21 StGB Verminderte Schuldfähigkeit.
Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht
der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der
in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert,
so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
Rechtsbegriffe,
keine
psychopathologischen Diagnosen oder Begriffe sind: verminderte Schuldfähigkeit,
Unrecht der Tat einsehen (Einsichtsfähigkeit), nach dieser Einsicht
zu handeln (Steuerungsfähigkeit), Begehung der Tat, die vier Eingangsmerkmale
als Gründe (krankhafte seelische Störung, tiefgreifende Bewußtseinsstörung,
Schwachsinn, andere schwere seelische Abartigkeit), erheblich, erheblich
vermindert.
Anmerkung: Zur Problematik
der Unterscheidung Rechtsbegriff und psychopathologischer Begriff siehe
bitte: Das
Problem der Bedeutung der Worte und Begriffe und wie man es lösen
kann. .
___
Streng im Münchner
Kommentar (2011): "1. Die zwei „Stockwerke” von § 20
Randnummer 12 Der Struktur von § 20 entsprechend geht es
im sog. „biologischen Stockwerk” um die Frage, ob zum Zeitpunkt der Tat
eines der vier „Eingangsmerkmale”, nämlich eine krankhafte seelische
Störung, eine tiefgreifende Bewusstseinsstörung, Schwachsinn
oder eine schwere andere seelische Abartigkeit, vorlag. Nach der st. Rspr.
des BGH darf nicht offenbleiben, welche der Eingangsvoraussetzungen des
§ 20 vorliegt, zur Fussnote [1] was bei Störungskumulationen
(Komorbidität) dazu führt, dass man entweder den gewichtigsten
Defekt in den Vordergrund stellt oder mehrere Eingangsmerkmale zugleich
benennt. zur Fussnote [2] Auf der Erfüllung der Voraussetzungen des
ersten Stockwerks aufbauend soll dann im sogenannten „psychologischen Stockwerk”
geklärt werden, ob der vorliegende psychopathologische Zustand der
bezeichneten Art(en) dazu geführt hat, dass der zu Begutachtende zum
Tatzeitpunkt unfähig gewesen ist, „das Unrecht der Tat einzusehen
oder nach dieser Einsicht zu handeln”, dass maW Einsichtsfähigkeit
oder Steuerungsfähigkeit fehlte. Prämisse dieser Zweistufigkeit
ist, dass auch beim Vorliegen einer relevanten „biologischen” Basisstörung
im Tatzeitpunkt die Beurteilung auf der darauf aufbauenden Ebene der normativ
relevanten Fähigkeiten des Täters im „psychologischen” Stockwerk
das Vorliegen voller Schuldfähigkeit ergeben kann."
___
BGH
Darlegen wie sich eine Störung auf die Willensbildung auswirkt
BGB §§ 104, 1910 III; FGG §§ 12, 25, 27.
Primär-Quelle: BayObLG, Beschluß v. 5.12.1991 - BReg.
3 Z 182/91.
Sekundär-Quelle: NJW 1992, 2100.
"2. Ein Sachverständigengutachten, das für
eine Schlußfolgerung, der Betroffene sei geschäftsunfähig
i. S. von § 104 Nr. 2 BGB, als Anknüpfungstatsachen formale und
inhaltliche Denkstörungen anführt und offenläßt, ob
es sich um eine Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis handelt oder
ob diese Störungen Ausdruck einer organischen Erkrankung des Gehirns
sind, aber nicht darlegt, wie sich diese Erkrankung auf die Willensbildung
des Betroffenen auswirkt, ist regelmäßig keine tragfähige
Entscheidungsgrundlage für die Annahme-, der Betroffene sei geschäftsunfähig.
In einem solchen Fall ist dem Richter die gebotene selbständige Würdigung
des Gutachtens verwehrt.
3. Partielle Geschäftsunfähigkeit und pflegschaftliches Fürsorgebedürfnis
müssen bei Anordnung einer Pflegschaft für jeden der Wirkungskreise
konkret festgestellt werden."
__
BGH
Einfluss der Störung auf die Tat konkret und sicher feststellen
4
StR 583/99 Beschluss vom 18. Januar 2000, S. 3 ff (fett-kursiv RS):
"Nach Einschätzung der Sachverständigen, der das Landgericht
folgt, besteht bei dem Angeklagten "aus psycho-dynamischer Sicht ... eine
narzißtische Persönlichkeitsentwicklung mit zwanghaften Zügen
... Bei emotionalen Belastungen und Kränkungen kann es bei ihm zu
krisenhaften Affektdurchbrüchen kommen". Weiter heißt es im
Urteil: "Differentialdiagnostisch könnte auch ein Borderline-Syndrom
mit hysteriformen Zügen vorliegen, d.h. eine Ich-Schwäche mit
der Unfähigkeit, Triebspannungen, Affektdruck und äußere
Belastungen auszuhalten, wobei es zu Impuls- und Affektdurchbrüchen,
Realitätsverkennung und Selbstbeschädigung kommen kann". Sowohl
die "narzißti-[>4]sche Persönlichkeitsentwicklung und Störung
der Impulskontrolle als auch ein möglicherweise vorliegendes Borderline-Syndrom
(seien) aber nicht so ausgeprägt, daß sie Krankheitswert haben
oder einem solchen nahekommen" (UA 100/101).
Insoweit begegnet es schon methodischen Bedenken,
daß das Landgericht sich die Beurteilung der Sachverständigen
zu eigen macht und das Vorliegen einer schweren seelischen Abartigkeit
aufgrund lediglich hypothetischer Erwägungen zur Borderline-Störung
("könnte", "möglicherweise") ausgeschlossen hat, obwohl
die Sachverständige ersichtlich selbst die Auffassung vertreten hat,
"eine endgültige Einordnung dieser Diagnosen (sei) erst nach längerer
Verlaufsbeobachtung möglich" (UA 101). Letzteres entspricht zwar dem
Meinungsstand in der Psychiatrie (vgl. Kröber NStZ 1998, 80; ders.
Nervenarzt 1995, 532, 539). Ohne eine abschließende Klärung
der Art der bei dem Angeklagten festgestellten Persönlichkeitsstörung
läßt sich aber grundsätzlich auch eine sichere Aussage
darüber, ob diese als schwere seelische Abartigkeit im Sinne der §§
20, 21 StGB zu qualifizieren ist, nicht treffen (vgl. zu den Schwierigkeiten
dieser Einordnung aus psychiatrischer Sicht: Foerster NStZ 1988, 444 ff.;
Winckler/Foerster NStZ 1997, 334 f.). Das gleiche gilt, soweit das Landgericht
meint, die Persönlichkeitsauffälligkeiten lägen "im Normbereich
menschlichen Verhaltens" (UA 101). Welchen Maßstab das Landgericht
dieser - pauschalen - Bewertung zugrundegelegt hat, ist dem Urteil nicht
zu entnehmen. Das Landgericht durfte sich hierbei auch nicht einfach der
Bewertung der Sachverständigen anschließen, ohne sie kritisch
zu hinterfragen (BGHSt 42, 385, 388 f.; BGHR StPO § 261 Überzeugungsbildung
17; zu der Aufgabe des Sachverständigen, dem Gericht seine Bewertung
“verständlich, übersetzbar und plausibel” zu machen, Mauthe DRiZ
1999, 262, 268 f.). Hierzu bestand ]>5] umso mehr Anlaß, da die Bewertung
in auffälligem Gegensatz zu dem abgeurteilten Tatgeschehen und dem
weiteren festgestellten Verhalten des Angeklagten steht. Im übrigen
ist die für möglich gehaltene Borderline-Persönlichkeitsstörung
nach Art, Entstehung, Ausmaß und Wirkungen im Urteil auch nicht hinreichend
konkretisiert, um ihren möglichen Einfluß auf die Schuldfähigkeit
des Angeklagten beurteilen zu können und dem Revisionsgericht
unter diesem Gesichtspunkt die rechtliche Prüfung zu ermöglichen
(BGH NStZ 1999, 508 f. m.w.N.). Im Zusammenhang mit der gebotenen Gesamtschau
der Täterpersönlichkeit und ihrer Entwicklung (vgl. BGHSt 37,
397, 401; BGH, Beschluß vom 14. Juli 1999 – 3 StR 160/99 – m.w.N.)
hätten zudem die Gründe näherer Erörterung bedurft,
die dazu geführt haben, daß der Angeklagte zwischen Oktober
1985 und April 1998 insgesamt siebenmal stationär psychiatrisch behandelt
werden mußte."
___
BGH
Diagnose nicht hinreichend, Auswirkungen auf Tat und Leben 2
StR 278/00 vom 26. Juli 2000, S. 4 ff (fett-kursiv RS):
"Die Diagnose ”Persönlichkeitsstörung” läßt
für sich genommen eine Aussage über die Frage der Schuldfähigkeit
des Täters nicht zu. Es bedarf einer Gesamtschau, ob die Störungen
beim Täter in ihrer Gesamtheit sein Leben [>4] vergleichbar schwer
und mit ähnlichen Folgen stören, belasten oder einengen wie krankhafte
seelische Störungen. Art und Schweregrad der Störung müssen
auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung der Persönlichkeit des Angeklagten
und dessen Entwicklung bewertet werden, wobei auch Vorgeschichte, unmittelbarer
Anlaß und Ausführung der Tat sowie das Verhalten nach der Tat
von Bedeutung sind (st. Rspr. vgl. BGHSt 37, 397, 401; BGH NStZ 1997, 485;
BGH, Beschl. v. 18. Januar 2000 – 4 StR 583/99, v. 3. Mai 2000 – 2 StR
629/99 und v. 9. Mai 2000 - 4 StR 59/00). In Betracht zu ziehen ist auch,
ob es sich bei der "Persönlichkeitsstörung" letztlich nicht nur
um Eigenschaften und Verhaltensweisen handelt, die sich innerhalb der Bandbreite
voll schuldfähiger Menschen bewegen und übliche Ursachen für
strafbares Verhalten sind (vgl. BGHSt 42, 385, 388).
Die Persönlichkeit des Angeklagten weist zwar
psychische Auffälligkeiten auf, die sich auch in seinen Straftaten
widerspiegeln. Der Sachverständige vermochte diese Auffälligkeiten
aber nicht einmal in das Schema DSM IV einzuordnen. Störungen, deren
Wertung als "schwer" i.S. der §§ 20, 21 StGB auf der Hand liegt,
sind bei dem Angeklagten daher offensichtlich nicht gegeben. Der Sachverständige
meint deshalb auch, eine solche Würdigung folge aus einer Gesamtbetrachtung
des Zustandes des Angeklagten. Das ist indessen nicht mit Tatsachen
belegt. Wenn aus psychiatrischer Sicht lediglich ein diffuses,
nicht näher bestimmbares Beschwerdebild vorliegt, bedarf es zur Würdigung
des Gewichts solcher Auffälligkeiten in besonderem Maße
der Feststellung ihrer Auswirkungen auf das Leben des Täters und auf
die Tat; diese Feststellungen sind im Urteil mitzuteilen. Dieses
teilt hierzu neben finanziellen und ehelichen Alltagsproblemen des Angeklagten
aber lediglich die - teilweise lange zurückliegenden - einschlägigen
Straftaten mit, die es nicht als Ausdruck [>5] einer sexuellen Deviation
betrachtet. Damit verbleibt aber im wesentlichen nur der Umstand, daß
der Angeklagte rückfällig geworden ist. Das ist, für sich
genommen, nicht geeignet, eine schwere seelische Abartigkeit darzutun."
___
BGH Nähere
Umstände der Taten beachten 5 StR 287/01 vom 25. Juli 2001,
S.3:
"... Offenbar hat der psychiatrische [>4] Sachverständige
den näheren Umständen der Taten wegen des Bestreitens des Angeklagten
bei seiner Begutachtung allzu geringe Beachtung geschenkt. ..."
__
BGH Unterbringung
nicht veranlasst, wenn erhebliche Verminderung nicht das Fehler der Einsicht
aufhebt
BGH 4 StR 268/01 - Beschluß v. 24. Juli 2001 (LG Hagen)
Der § 21 StGB ist nicht anwendbar, wenn der Täter trotz erheblicher
Verminderung der Einsichtsfähigkeit das Unerlaubte seiner Tat erkennt
(BGHSt 21, 27; 34, 25). Solange die Verminderung der Einsichtsfähigkeit
nicht das Fehlen der Einsicht ausgelöst und dadurch zu Straftaten
geführt hat, ist auch die Sicherung der Allgemeinheit durch Unterbringung
in einem psychiatrischen Krankenhaus nicht veranlaßt (BGHSt 34, 22,
26/27).
__
BGH
Ganzheitsbetrachtung und eingehende Prüfung und Erörterung
5 StR 391/01 vom 23. Januar 2002, S. 4, (fett-kursiv RS)
"Die Urteilsausführungen tragen die Annahme uneingeschränkter
Schuldfähigkeit nicht. Unter dem Gesichtspunkt der gebotenen
Ganzheitsbetrachtung (vgl. BGHR StGB § 21 Seelische Abartigkeit
4) ist namentlich die Erörterung zu vermissen, ob etwa eine schwere
seelische Abartigkeit, die im Urteil (UA S. 25) nur am Rande erwähnt
ist, vorliegt. Schon das außergewöhnliche Bild der hiesigen
Tat (vgl. dazu auch BGH, Beschl. vom 28. November 2001 – 5 StR 434/01)
und zudem die im Jahr 1989 vom Angeklagten in Rußland begangene Tat,
die wesentliche Parallelen zur hiesigen Tat aufweist, einschließlich
der damals gestellten Diagnosen (UA S. 4) machen eine eingehende
Prüfung und Erörterung unter dem Gesichtspunkt des etwaigen Vorliegens
eines psychischen Defekts der genannten Art unerläßlich."
___
BGH
Gründliche Auseinandersetzung mit allen Motiven und der Persönlichkeitsstörung
erforderlich 2 StR 243/03 vom 13. August 2003 S. 5 (fett-kursiv
RS):
"Bei diesen Feststellungen zur Persönlichkeitsstruktur des Angeklagten
und ihrer Bewertung als schwere seelische Abartigkeit ist die mit dem Sachverständigen
übereinstimmende Einschätzung des Landgerichts, die Persönlichkeitsstörung
stehe in keinem Zusammenhang mit der Tat, nicht ausreichend begründet.
Die Tat geschah im unmittelbaren Anschluß an die Bemerkung des Opfers,
die der Angeklagte als Zurückweisung empfunden hat. Unter diesen Umständen
hätte es näherer Auseinandersetzung mit der Frage
bedurft, ob [>5] nicht jedenfalls neben einer sexuellen Motivation die
auf seiner Persönlichkeitsstörung beruhende Unfähigkeit
des Angeklagten, Kritik zu ertragen, die Tat ausgelöst hat und für
ihren Fortgang mitbestimmend war. Die sich auf den Sachverständigen
stützenden Ausführungen, ein sexueller Kontakt vor, während
oder nach der Tötung lasse "nach der höchsten Wahrscheinlichkeit,
die die Psychiatrie kenne" auf eine sexuelle Motivation schließen,
ersetzen
nicht - unabhängig davon, ob sie in dieser Allgemeinheit zutreffend
sind - eine umfassende eigene Auseinandersetzung des Tatrichters
gerade mit den Besonderheiten in der Person dieses Angeklagten."
___
BGH
Tatrichter muss Gutachten überprüfen
1 StR 343/03 vom 23. September 2003, S. 5f (fett-kursiv RS):
"... Diese knappen Erwägungen werden den Besonderheiten
des Falles nicht gerecht. ... 4. Für das weitere Verfahren weist der
Senat vorsorglich darauf hin, daß es Aufgabe des Tatrichters
ist, das Gutachten des Sachverständigen zu überprüfen und
sich über den Zustand des Angeklagten eine eigene Überzeugung
zu bilden (vgl. BGH NJW 1997, 1645, 1646). Insbesondere ist auch
die Frage der Erheblichkeit der Verminderung der Steuerungsfähigkeit
eine Rechtsfrage, [>6] die deshalb vom Richter, nicht aber vom Sachverständigen
zu beantworten ist (st. Rspr.; vgl. BGHSt 43, 66, 77; BGH NStZ 1999, 630)."
___
BGH
Gründliche Auseinandersetzung mit der Störung und Gesamtschau
erforderlich 4 StR 539/03 vom 8. Januar 2004, S. 4d (fett-kursiv
RS):
"b) Diese Ausführungen der Strafkammer zur Persönlichkeitsstörung
des Angeklagten und zu der das Gutachten des Sachverständigen tragenden
fachlichen Begründung sind so allgemein gehalten, daß sich nicht
zuverlässig beurteilen
läßt, ob die festgestellte Störung den vom Landgericht
mit dem Sachverständigen angenommenen Schweregrad erheblich verminderter
Steuerungsfähigkeit (§ 21 StGB) erreicht. So bleibt schon
offen, ob das im Urteil als schwere seelische Abartigkeit gewertete "polyvalente
Verwahrlosungssyndrom" überhaupt einer in psychiatrischen Fachkreisen
allgemein anerkannten Kategorie psychischer Störungen entspricht.
... (S. 5) Dazu bedarf es einer Gesamtschau, ob die nicht
pathologisch bestimmten Störungen in ihrem Gewicht den krankhaften
seelischen Störungen entsprechen und Symptome aufweisen, die in ihrer
Gesamtheit das Leben des Täters vergleichbar schwer und mit ähnlichen
Folgen stören, belasten oder einengen"
___
BGH
Anforderungen an psychiatrische Gutachten nach NStZ 2005, 205
zum BGH Beschluss 2 StR 367/04 vom 12. November 2004 (fett-kursiv RS):
„Inhaltlich leidet das Gutachten daran, dass es sich in der Feststellung
und Begründung der Diagnose einer Störung nach ICD-10 bzw. DSM-IV
erschöpft, ohne näher darzulegen, in welcher konkreten Weise
sich die festgestellten psychischen Auffälligkeiten bei der Tat auf
das Einsichts- oder Hemmungsvermögen ausgewirkt haben.“
„Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH
kann für die Anwendung der §§ STGB § 20, STGB §
21 StGB regelmäßig nicht offen bleiben, welche der Eingangsvoraussetzungen
des § STGB § 20 StGB vorliegt. Das gilt gleichermaßen für
die Anordnung des § STGB § 63 StGB (vgl. BGH NStZ-RR 2003, NSTZ-RR
Jahr 2003 Seite 232; StraFo 2003, 282; Beschl. v. 21. 9. 2004 - 3 StR 333/04),
denn dieser setzt einen länger dauernden psychischen Defektzustand
des Betr. voraus, auf welchem dessen Gefährlichkeit beruht (vgl. etwa
BGHSt 34, BGHST Jahr 34 Seite 24, BGHST Jahr 34 Seite 28; 42, BGHST Jahr
42 Seite 385, BGHST Jahr 42 Seite 388; BGH NStZ 1991, NSTZ Jahr 1991 Seite
528; NStZ-RR 1997, NSTZ-RR Jahr 1997 Seite 166; 2000, NSTZ-RR Jahr 2000
Seite 298; LK-Hanack 11. Aufl., § 63 Rn 66; Tröndle/Fischer 52.
Aufl., § 63 Rn 6f., 12 - jew. mwN). Selbst wenn im Einzelfall die
Grenzen zwischen diagnostischen Zuordnungen nach einem der gängigen
Klassifikationssysteme fließend und die Einordnung unter eines der
Eingangsmerkmale des § STGB § 20 StGB schwierig sein mögen,
weil z.B. mehrere Merkmale gleichzeitig vorliegen oder keines in "reiner"
Form gegeben ist, ist das Tatgericht gehalten, zum einen konkrete Feststellungen
zu den handlungsleitenden Auswirkungen der Störung zum Zeitpunkt der
Tat (vgl. § STGB § 20 StGB) zu treffen und zum anderen auf der
Grundlage einer umfassenden Würdigung von Persönlichkeit, Lebensgeschichte,
Lebensumständen und Verhalten des Angekl. und der Anlasstat in nachprüfbarer
Weise darzulegen, worin der [<205] "Zustand" des Beschuldigten besteht
und welche seiner Auswirkungen die Anordnung der gravierenden, unter Umständen
lebenslangen Maßregel nach § STGB § 63 StGB gebieten. Die
bloße Angabe einer Diagnose im Sinne eines der Klassifikationssysteme
ICD-10 oder DSM-IV ersetzt weder die Feststellung eines der Merkmale des
§ STGB § 20 StGB noch belegt sie für sich schon das Vorliegen
eines Zustands i.S.d. § STGB § 63 StGB (vgl. BGH Beschl. v. 21.
9. 2004 - 3 StR 333/04 mwN).
Randnummer 3 b) Das Gericht, das sich zur
Prüfung der genannten Voraussetzungen der Hilfe eines Sachverständigen
zu bedienen hat (§ STPO § 246a StPO), muss dessen Tätigkeit
überwachen und leiten. Dazu gehört insbesondere auch die Prüfung,
ob Grundlagen, Methodik und Inhalt des Gutachtens den anerkannten fachwissenschaftlichen
Anforderungen genügen (zur Sachleitungs- und Prüfungspflicht
des Gerichts vgl. LK-Jähnke 11. Aufl., § 20 Rn 89, 92f.; Tröndle/Fischer
aaO, § 20 Rn 63, 64a ff. mwN)."
….
„Randnummer 9 Hierfür können in
der Regel die Diagnose der psychischen Störung sowie ihre Einordnung
unter die Eingangsmerkmale des § STGB § 20 StGB nicht offen bleiben.
Vorliegend hatte der Sachverständige in seinem vorbereitenden schriftlichen
Gutachten offen gelassen, ob bei dem Angekl. eine „schizotype Störung”
(ICD-10, F 21) oder eine „schizophrenia simplex” (ICD-10, F 20.6) vorliege,
die beide dem Merkmal „krankhafte seelische Störung” i.S.v. §
STGB § 20 StGB zuzuordnen seien; eine Persönlichkeitsstörung
im Sinne einer „schweren anderen seelischen Abartigkeit” (SASA) liege nicht
vor (Gutachten S. 47ff., 51). In seinem in der Hauptverhandlung erstatteten
mündlichen Gutachten kam er dagegen zu der Ansicht, es sei „die festgestellte
schizotype Persönlichkeitsstörung entweder unter das Eingangsmerkmal
der krankhaften seelischen Störung oder unter das der anderen seelischen
Abartigkeit zu fassen”; eine schizophrene Psychose liege nicht vor. Eine
Persönlichkeitsstörung sei gleichfalls nicht gegeben, vielmehr
eine in der Persönlichkeit verankerte Störung mit schizophrenietypischen
Zügen, für welche ein Suchtmittelmissbrauch symptomatisch sei.“
„Randnummer 11 ee) Feststellung und Begründung der Diagnose
einer Störung belegen nicht deren strafrechtliche Relevanz i.S.v.
§§ STGB § 20, STGB § 21 StGB (st. Rspr.; vgl. etwa
BGH Urt. v. 21. 1. 2004 - 1 StR 346/03, NJW 2004, NJW Jahr 2004 Seite 1810
= zur Veröff. in BGHSt vorgesehen; Beschl. v. 21. 9. 2004 - 3 StR
333/04; vgl. auch Tröndle/Fischer aaO, § 20 Rn 44; LK-Jähnke
aaO, Rn 34f. - jew. mwN). Entscheidend für die inhaltliche Brauchbarkeit
des Gutachtens ist, ob es wissenschaftlich hinreichend begründete
Aussagen über den Zusammenhang zwischen einer diagnostizierten psychischen
Störung und der Tat enthält, welche Gegenstand des Verfahrens
ist. Es ist also - unabhängig von der Einordnung unter ein Eingangsmerkmal
des § STGB § 20 StGB - im Einzelnen konkret darzulegen, ob und
ggf. wie sich die Störung auf das Einsichts- oder Hemmungsvermögen
des Beschuldigten tatsächlich ausgewirkt hat (vgl. Schreiber/Rosenau
in Venzlaff/Foerster Psychiatrische Begutachtung, 4. Aufl., S. 51, 77f.;
S/S-Lenckner/Perron 26. Aufl., § 20 Rn 31). Nichts anderes gilt für
die Beurteilung des „Zustands” i.S.v. § STGB § 63 StGB, denn
es gibt weder eine abstrakte „Schuldunfähigkeit” ohne Bezug zu einem
konkreten Delikt noch einen abstrakten „Zustand” ohne diesen Bezug, aus
welchem sich symptomatisch die die Unterbringung erfordernde Gefährlichkeit
des Beschuldigten ergibt.“
___
BGH
Diagnose Persönlichkeitsstörung hat für sich genommen keine
Folgen für die Schuldfähigkeit 5 StR 230/05 vom
26. Juli 2005, S. 5f (fett-kursiv RS):
"Die Diagnose einer wie auch immer gearteten Persönlichkeitsstörung
läßt zunächst für sich genommen eine Aussage über
die Frage der Schuldfähigkeit des Täters nicht zu (vgl.
BGHSt 42, 385, 388 m. Anm. Kröber/Dannhorn NStZ 1998, 80, 81; Jähnke
in LK 11. Aufl. § 20 Rdn. 67 f.). Vielmehr bedarf es einer Gesamtschau
der Täterpersönlichkeit und ihrer Entwicklung, um feststellen
zu können, ob die Persönlichkeitsstörung des Täters
sein Leben vergleichbar schwer und mit ähnlichen Folgen wie eine krankhafte
seelische Störung – auch im Hinblick auf seine Fähigkeit zu normgemäßen
Verhalten – stört, belastet oder einengt (vgl. BGHSt 37, 397, 401;
BGH NStZ 2000, 585). Diesen Anforderungen genügen die Urteilsgründe
nicht. ... ... [>6] Psychische Auffälligkeiten, welche die Voraussetzungen
einer schweren seelischen Abartigkeit nicht erreichen, in bestimmten Konfliktsituationen
bei besonderer psychischer Belastung die Voraussetzungen aber erfüllen
und zur erheblichen Einschränkung der Steuerungsfähigkeit führen,
reichen für eine Unterbringung nach § 63 StGB regelmäßig
nicht aus (vgl. BGHSt 42, 385, 390; BGH, Beschluß vom 1. September
1998 – 4 StR 367/98)."
___
BGH
Gericht muss Gutachten prüfen und Gutachten muss Auswirkungen der
Störungen auf Einsichts- und Hemmungsvermögen darlegen
2 StR 41/06 vom 5, April 2006, S. 10f [fett-kursiv RS]
Rn 16 "Dem Gutachten eines Sachverständigen
darf sich das Gericht aber nicht einfach anschließen (vgl.
BGHR StPO § 261 Überzeugungsbildung 17). Will es dem Ergebnis
ohne Angabe eigener Erwägungen folgen, so müssen in den Urteilsgründen
wenigstens die wesentlichen Anknüpfungstatsachen und Darlegungen des
Sachverständigen so wiedergegeben werden wie dies zum Verständnis
des Gutachtens und zur Beurteilung seiner Schlüssigkeit erforder-[>10]lich
ist (vgl. Meyer-Goßner StPO 48. Aufl. Rdn. 13 zu § 267 m.w.N.;
Senatsurteil vom 15. März 2006 - 2 StR 573/05). Dem wird das angefochtene
Urteil nicht gerecht. Den lediglich knapp gehaltenen tatsächlichen
Angaben lassen sich die insoweit erforderlichen Tatsachen nicht entnehmen.
Rn 17 "Die Strafkammer lässt zudem
unberücksichtigt, dass bei einer nicht pathologisch begründeten
Persönlichkeitsstörung wie dem hier diagnostizierten Borderline-Syndrom
eine schwere seelische Abartigkeit nur dann vorliegt, wenn sie in ihrem
Gewicht einer krankhaften seelischen Störung gleichkommt, die in ihrer
Gesamtheit das Leben des Täters vergleichbar schwer und mit ähnlichen
Folgen stört, belastet oder einengt (BGHSt 37, 397, 401; BGH NStZ
2004, 437, 438). Die dafür notwendige Gesamtschau auf der Grundlage
einer Gesamtbetrachtung der Persönlichkeit der Angeklagten und deren
Entwicklung, der Vorgeschichte, dem unmittelbaren Anlass und der Ausführung
der Tat sowie des Nachtatverhaltens lässt das Urteil vermissen. Insbesondere
fehlen Ausführungen dazu, inwiefern sich die Persönlichkeitsstörung
auf das Einsichts- oder Hemmungsvermögen der Angeklagten tatsächlich
ausgewirkt hat und somit tatrelevant war (vgl. BGH NStZ 2005, 205, 206
m.w.N.)."
Eisenberg, StPO Vierter
Teil. Sachverständiger Zweites Kapitel. Untersuchungen (überwiegend)
personenbezogener Art III. Untersuchung der Schuldfähigkeit 1. Psychische
Krankheiten und Störungen mit Relevanz für die Schuldfähigkeit
(§§ 20, 21 StGB) a) Strafrechtliche Voraussetzungen bb) [Einsichts-
und Steuerungsfähigkeit]
1716(1) Als zweite Voraussetzung verlangt
§ 20 StGB eine tatsächliche Beeinträchtigung idS, dass kognitiv
die Einsichts- oder voluntativ die Steuerungsfähigkeit[1] des Täters
wegen eines der vorbezeichneten Merkmale zZt der Tat aufgehoben war [2].
Dabei ist (unbeschadet empirischer Abgrenzungsschwierigkeiten) die Frage
der Steuerungsfähigkeit erst zu prüfen, wenn Einsichtsfähigkeit
festgestellt wurde, dh die Anwendung des § 20 StGB darf grundsätzlich
nicht auf beide Alternativen zugleich gestützt werden (BGH 21 27;
NStZ 82 201; v 4. 2. 99 [4 StR 16/99] und v 16. 3. 99 [3 StR 64/99] – jeweils
betr § 21 StGB – NStZ 99 495 bei Detter; VRS 71 21; bei Holtz MDR
87 93; NStZ 91 529; offen gelassen in BGH NStZ 95 226; zu ausnahmsweise
alternativer bzw gleichzeitiger Bejahung BGH NStZ-RR 98 294 mNachw bzw
06 168; s zu teilweise abw Praxis Verrel MKrim 94 281).
1719(c) Die Einsichts- und die Steuerungsfähigkeit
müssen sich auf eine konkrete Tat beziehen. Daher ist die Feststellung
einer einschlägigen psychischen Krankheit oder Störung nur relevant,
wenn sie sich in der Tat ausgewirkt hat (BGH NStZ 98 397). Die Einsichts-
und die Steuerungsfähigkeit können ggf für die eine Tat
bejaht, für eine andere verneint werden, sofern dies widerspruchsfrei
ist (vgl BGH v 10. 7. 08 [5 StR 253/08], hier vern); ebenso können
sie für verschiedene (subj) Tatbestandsmerkmale verschieden beurteilt
werden.[5]
1715(2) Stets ist die Frage der Verlässlichkeit
der (tatzeitbezogenen) Diagnose einer (oder mehrerer) seelischer Krankheiten
oder Störungen sowie der Zuordnung zu einem (oder mehreren) der in
§ 20 StGB genannten Rechtsbegriffe von der Frage nach den Auswirkungen
auf die in §§ 20, 21 StGB bezeichneten Fähigkeiten (vgl
1716?ff) zu trennen. Demgemäß ist die generelle Annahme verfehlt,
zB psychopathische oder neurotische Verhaltensstörungen wiesen eine
geringere Intensität auf als psychotische (vgl näher 1796).[9]
Auch ist weder theoretisch noch in der Praxis die Auffassung belegbar,
psychotische Störungen erfüllten von vornherein mit großer
Wahrscheinlichkeit,[10] psychopathische oder neurotische Störungen
jedoch nur in seltenen Ausnahmefällen die Voraussetzungen der §§
20, 21 StGB[11].
[Interne Quelle: D:/Eigdat/Ebooks/EinzelKap/PsyPath/Begutachtung/SuF_DF/Eisenberg.doc]
__
BGH
Im einzelnen ist dazulegen, wie die Störung sich bei der Tat auf Einsicht
und Steuerung auswirkte
Beschluss vom 06.03.2013 - 1 StR 654/12
"7a) Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß
§ STGB § 63 StGB darf lediglich angeordnet werden, wenn zweifelsfrei
feststeht, dass die unterzubringende Person bei der Begehung der Anlasstaten
aufgrund einer nicht nur vorübergehenden psychischen Störung
schuldunfähig oder vermindert schuldfähig war und die Begehung
der Anlasstat bzw. der Anlasstaten auf diesem Zustand beruht (BGH, Beschlüsse
vom 26. September 2012 - 4 StR 348/12 und vom 20. November 2012 - 1 StR
504/12, NJW 2013, NJW Jahr 2013 Seite 246). Es muss seitens des Tatgerichts
im Einzelnen dargelegt werden, wie sich die festgestellte, einem Merkmal
von §§ STGB § 20, STGB § 21 StGB unterfallende Erkrankung
in der jeweiligen konkreten Tatsituation auf die Einsichts- oder die Steuerungsfähigkeit
ausgewirkt hat und warum die Anlasstaten auf den entsprechenden psychischen
Zustand zurückzuführen sind (BGH jeweils aaO; siehe auch BGH,
Beschluss vom 29. Mai 2012 - 2 StR 139/12, NStZ-RR 2012, NSTZ-RR Jahr 2012
Seite 306, NSTZ-RR Jahr 2012 307)."
__
In dubio pro reo - Im Zweifel für
den Angeklagten
Das Problem: Was bedeutet in dubio pro reo, wenn die Schuldunfähigkeit
nicht hinreichend sicher angenommen werden kann: Strafvollzug oder Maßregelvollzug?
Hier sind mehrere Fälle zu unterscheiden:
-
Hinreichend sicher schuldfähig
-
Nicht hinreichend sicher entscheidbar (non liquet), ob schuldfähig
§ nach 20 StGB oder nicht
-
Nicht hinreichend sicher entscheidbar (non liquet), ob eingeschränkt
schuldfähig nach § 21 StGB oder nicht
-
Hinreichend sicher nicht schuldfähig nach § 20 StGB
-
Eingeschränkt schuldfähig nach § 21 StGB
BGH: Beschluss
vom 06.05.1997 - 1 StR 17/97 [fett-kursiv RS]
"2. Hat der Sachverständige eine schwere Abartigkeit weder bejaht
noch ausgeschlossen, so liegt ein Rechtsfehler dann vor,
wenn der Tatrichter "deshalb" "zugunsten" des Angeklagten
ohne weiteres von einer erheblicher Beeinträchtigung des Hemmungsvermögens
ausgeht."
__
Querverweise
Standort: Forensisch psychologisch-psychopathologische
Schuldfähigkeitsprüfung.
*
Stellungnahmen
zum Fall Gustl F. Mollath.
Überblick Forensische
Psychologie.
*
*
Dienstleistungs-Info.
*
Zitierung
Sponsel, Rudolf (DAS). Forensisch
psychologisch-psychopathologische Schuldfähigkeitsprüfung. Originale
Grundlagenarbeit zu den Potentiellen Fehlern in forensisch-psychopathologischen
Gutachten, Beschlüssen und Urteilen der Maßregeljustiz. Eine
methodenkritische Untersuchung illustriert an einigen Fällen u. a.
am Fall Gustl F. Mollath mit einem Katalog der potentiellen forensischen
Gutachtenfehler sowie einiger RichterInnen-Fehler. Erlangen IP-GIPT: https://www.sgipt.org/forpsy/SuF/SuF.htm
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Änderungen Kleinere
Änderungen werden nicht extra ausgewiesen; wird gelegentlich überarbeitet
und ergänzt.
29.04.17 irsf
Korrektur
03.11.16
Spezielle Themen Schuld-UN-fähigkeit:
"Evaluation von operationalisierten
Kriterien zur Schuldfähigkeitsbeurteilung bei paraphiler Störung".
17.03.15 Linkfehler
geprüft und korrigiert.
02.07.13
Geschichte
des Schuldunfähigkeit im deutschen Recht * Schwere
andere seelische Abartigkeit Nazibegriff
26.05.13
BGH 2013:
Im einzelnen ist dazulegen, wie die Störung sich bei der Tat
auf Einsicht und Steuerung auswirkte.
16.03.13
Bloße
psychopathologische Diagnosen genügen nicht.
30.11.12
Einfachste und nahezu kostenfreie
Qualitätssicherungsmaßnahme
für Schuldfähigkeitsprüfungen.
26.11.12 Korrektur.
BVerfG.