Analyse des Phantasiebegriffs
mit einem Exkurs Phantasie in
der Forensischen Psychologie
Ein Ansatz und Entwurf zur Weiterentwicklung
Originalarbeit (1. Version) von Rudolf Sponsel, Erlangen
Inhaltsverzeichnis
Analyse des Phantasiebegriffs
1 Einführung, Methodischer Ansatz, Anlass dieser Arbeit, Ziel.
2 Kriterien für phantasieren
und Phantasieprozesse - Vorschläge.
3 Beispiele
mit Signierung der Kriterien:
4 Beispiel-Analysen einiger
Phantasieeinträge in Büchern, Wörterbüchern und Lexika:
Lebens- und Wissenschaftsbereiche
und Phantasie:
Exkurs Forensische Aussagepsychologie
und Phantasie.
Anhang: Literatur * Links
Glossar, Anmerkungen,
Endnoten:
Bedeutungswörterbuch
Duden 10 (1970)
1.2 Brainstorming Bedeutungsfeld phantasieren und Phantasie
Exkurs Existenzbeweise für
Sachverhalte: allgemein und am Beispiel der Phantasie
Gibt es dieses
oder das? ist eine allgemein sehr verbreitete Sprachschablone. Auch
in der Diagnostik ist die Frage Was hat X? eine typische Kardinalfrage
(> Was ist Fragen in der Diagnostik).
Damit man prüfen kann, ob irgendein Sachverhalt - in dieser oder jener
Weise existiert, muss man natürlich den Sachverhalt in seinen Merkmalen
bestimmt haben, idealiter über eine Definition des Sachverhalts verfügen.
Ob es also DIE Phantasie gibt, hängt zunächst
einmal davon ab, wie der Begriff Phantasie eingeführt, prädiziert
oder gar definiert wird. Nach seiner konstrulktiven Einführung kann
man dann sehen, welche Teile des Bewusstseinsstroms als phantasieren anzusehen
sind. Esst kommen die Merkmale oder Kriterien, erst dann kann man sehen,
wie sich individuell existenziell zeigen lassen.
Stegmüller über die bestimmten Artikel DER, DIE, DAS
1.5 Phantasieren liegt gewöhnlich vor
Wir stellen an die Beispiele einige Fragen, aus deren Antworten wir
schließen können, ob wahrscheinlich eine Phantasie vorliegt
oder nicht. Da in diesem Stadium meiner Phantasieforschung - Ansatz und
Entwurf - eine völlig sichere Zuordnung in jedem Fall noch nicht möglich
ist, gelten die Prädikatorenregeln (=> Phantasie) nur vorläufig.
Sinnvoll erscheint in der Entwicklungsphase auch ein Meta-Kriterium namens
Meta-Regelfür die abschließende Gesamtbetrachtung oder für
Sonderfälle. In den Kriterien wird bislang nicht differenziert, ob
Phantasiekandidaten des Bewusstseinsstroms aus einem Traum-, Tagtraum-,
Dösen, Drogenkonsum, aus einer Psyachose oder aus einem Fieberzustand
hervorgehen.
Bei näherer Überlegung stellt sich die Frage, welchen logischen
Status die Bedingungs-Kriterien haben. K kann im Prinzip eine hinreichende
(h), eine notwendige(n) oder eine kontingente (m=mögliche) Voraussetzung
ausdrücken.
Kriterium-Kürzel |
|
K01h-Geist
_ _ _ _ |
Wenn Sachverhalte des Bewusstseinsstroms während der Vergegenwärtigung oder beim Aussprechen nicht wirklich außen geschehen, sondern nur im Geiste (innen) => Phantasie, z.B. ich besteige gerade den Kilimandscharo oder, fränkisch etwas bescheidener, das "Walberla", während ich gerade auf dem Balkon daheim sitze. K01h ist das Kern-Kriterium der Phantasie. Etwas geschieht "nur" im Bewusstsein, innen, nicht außen in der realen Welt (> System der Welten). |
K02h-Unwirklich
_ |
Wenn im Bewusstseinsstrom unwirkliche Elemente oder (derzeit) unmögliche Sachverhalte vorkommen oder ausgesprochen werden => Phantasie. |
K03h-Neu
_ __ _ |
Wenn Bewusstseinselemente aus dem Gedächtnis neu miteinander verbunden
werden => Phantasie
Beispiel: Pegasus, ich fliege auf das Hausdach. Dieses Kriterium garantiert potentiell unendlich viele Phantasien. Anmerkung: Arntzen (1976) verlangt "daß der Denkende seine Gedanken se1bst entwickelt, sie selbst hervorbringt und sie nicht etwa nur aufnimmt, auffaßt, nachdem sie von anderen dargeboten worden sind." |
K04h-Wunsch
_ _ _ |
Wenn ein Wunscherleben illusioniert wird => Phantasie
Achtung: Einen Wunsch verspüren soll nicht Phantasie heißen. Erst wenn der Wunsch im Bewusstseinsstrom als ob real stattfindend illusioniert wird, soll es Phantasie heißen. Wenn ich Durst verspüre ist das keine Phantasie, sondern ein Wunsch oder Bedürfnis. Sehe ich mich im Geiste an einem Brunnen trinken, ist das Phantasie. |
K05h-Proj
__ _ |
Wenn mehrdeutigen unklaren Sachverhalten eine Interpretation zugeordnet
wird => Phantasie (projektive)
Wenn z.B. in Wolkenformationen oder in projektiven Tests spezielle Interpretationen erfolgen (Mia, "Fell" für Tafel VI im Rorschachtest. Das Mehrdeutige wird Kraft Phantasie eindeutig. |
K06h-Frei
_ _ _ |
Wenn ein freier Bewusstseinsstrom erlebt oder geschildert wird
=> Phantasie
Hier ist noch das Problem zu lösen, was ein "freier" Bewusstseinsstrom sein soll und wie man ihn erkennen kann. Zumindest sollte das subjektive Gefühl bestehen, nicht bewusst zu lenken und einzugreifen. (z.B. Molly, Ulysses) und der Zustand freischwebener Aufmerksamkeit vorliegen. |
K07h-Lit
__ |
Wenn Sachverhalte in Erzählungen / Geschichten - egal von wem - erfunden werden => Phantasie. Damit ist die ganze Literatur inbegriffen, aber nicht nur, z.B. auch Alltagsgeschichten von jedermann. |
K08h-Traum | |
K09h-Fieber | |
K10h-PsyPath | Wenn ein psychopathologischer Zustand (Psychose, Wahn, Aura, Dämmerzustand, Rausch [Alkohol, Drogen]) |
K11h-Grenz | Wenn in Grenz- oder Übergangszuständen (Einschlafen, Aufwachen) |
K07m-Zukunft
_ |
Wenn man sich Ereignisse oder Geschehen der Zukunft vergegenwärtigt
oder auch ausspricht => Phantasie
Wenn ich sage, ich fahre übermorgen in den Urlaub, ist das keine Phantasie. Wenn ich mich im Auto sitzen und fahren "sehe", ist es eine Phantasie. Zukunftgeschehen ist nur dann eine Phantasie, wenn es vergegenwärtigt wird. |
K08m-Ansch?
_ _ _ |
Wenn Bewusstseinsströme anschaulich erfolgen => Phantasie
"m" und das "?" drücken aus, dass mir unklar ist, welchen logischen Status die Anschaulichkeit als Kriterium haben soll. Zu Untersuchungszwecken wird das Kriterium einstweilen mitgeführt. Hier geht es auch um das Problem, ob Phantasien immer anschaulich sein sollen oder ob es auch abstrakte Phantasien gibt (> "Ich weiß es wird einmal ein Wunder geschahen") |
KS-ZuInf | Zusatzinformation, z.B. Phantasie im Fieber (Erlkönig), in der Psychose, Nahtodphantasie und ähnlich. |
KG-Meta | Wenn die Gesamtbetrachtung (g) weil M1, M2, ... es nahelegt ... => Phantasie |
Schilderungen von Bewusstseinsströmen können aus vielen aneinandergereihten Sachverhalten bestehen. Das gilt auch für längere Texte [> Nonsensgeschichte]. Hier stellt sich dann die Frage, für welche Textteile die Prädikation Phantasie gilt? Und auch, ob vom Teil aufs Ganze geschlossen werden darf bzw. welchen Gültigkeitsbereich an Textteilen die Prädikation "Phantasie" hat? Hier sind derzeit noch einige Fragen offen.
Die Analyse zusammengesetzter
Texte (Sachverhalte)
Jeder Text sich lässt in sog. Elementarsachverhalte zerlegen (wie
hier gezeigt). Formal lässt sich das wie folgt anschreiben:
S1, S2, S3, ...., Si, ..... Sn-1, Sn (Formel 03)
Dann kann für jeden Sachverhalt Si gefragt werden: Handelt
es sich bei diesem Sachverhalt Si um eine Phantasie? Allgemein
lässt sich sagen, dass es bei n Sachverhalten höchstens n Phantasien
geben kann. Bilden mehrer Sachverhalte eine Einheit S12 = S1
und
S2, mit S1 => keine Phantasie und S2 =>
Phantasie. Beispiel: Autoengel (Phantasie): S1=> Auto (Real),
S2 = Engel (Phantasie).
Vertiefte Auseinandersetzung mit den Kriterien
K01h-Geist {}
Kurzerklärung: Wenn Sachverhalte des Bewusstseinsstroms während
der Vergegenwärtigung oder beim Aussprechen nicht wirklich außen
geschehen, sondern nur im Geiste (innen) => Phantasie, z.B. ich besteige
gerade den Kilimandscharo oder, fränkisch etwas bescheidener, das
"Walberla", während ich gerade auf dem Balkon daheim sitze. K01h ist
das Kern-Kriterium der Phantasie. Etwas geschieht "nur" im Bewusstsein,
im Geiste, innen, nicht außen in der realen Welt (> System
der Welten).
Wir erarbeiten uns ein tieferen Verständnis
dieses Kern-Kriteriums über die Diskussion einiger Beispiele:
K02h-Unwirklich
Wenn im Bewusstseinsstrom unwirkliche Elemente oder (derzeit) unmögliche
Sachverhalte vorkommen oder ausgesprochen werden => Phantasie
K03h-Neu
Wenn Bewusstseinselemente aus dem Gedächtnis neu miteinander verbunden
werden => Phantasie
Beispiel: Pegasus, ich fliege auf das Hausdach. Dieses Kriterium garantiert
potentiell unendlich viele Phantasien.
Anmerkung: Arntzen
(1976) verlangt "daß der Denkende seine Gedanken se1bst
entwickelt, sie selbst hervorbringt und sie nicht etwa nur aufnimmt, auffaßt,
nachdem sie von anderen dargeboten worden sind."
K04h-Wunsch
Wenn ein Wunscherleben illusioiniert wird => Phantasie
Achtung: Einen Wunsch verspüren soll nicht Phantasie heißen.
Erst wenn der Wunsch im Bewusstseinsstrom als ob real stattfindend illusioniert
wird, soll es Phantasie heißen. Wenn ich Durst verspüre ist
das keine Phantasie, sondern ein Wunsch oder Bedürfnis. Sehe ich mich
im Geiste an einem Brunnen trinken, ist das Phantasie.
K05h-Proj
Wenn mehrdeutigen unklaren Sachverhalten eine Interpretation zugeordnet
wird => Phantasie (projektive)
Wenn z.B. in Wolkenformationen oder in projektiven Tests spezielle
Interpretationen erfolgen (Mia, "Fell" für Tafel VI im Rorschachtest.
Das Mehrdeutige wird Kraft Phantasie eindeutig.
K06h-Frei
Wenn ein freier Bewusstseinsstrom erlebt oder geschildert wird
=> Phantasie
Hier ist noch das Problem zu lösen, was ein "freier" Bewusstseinsstrom
sein soll und wie man ihn erkennen kann.
Zumindest sollte das subjektive Gefühl bestehen, nicht bewusst
zu lenken und einzugreifen. (z.B. Molly, Ulysses)
und der Zustand freischwebener
Aufmerksamkeit vorliegen.
K07h-Lit
K08h-Traum
K09h-Fieber
K10h-PsyPath
K11h-Grenz
K07m-Zukunft
Wenn man sich Ereignisse oder Geschehen der Zukunft vergegenwärtigt
oder auch ausspricht => Phantasie
Wenn ich sage, ich fahre übermorgen in den Urlaub, ist das keine
Phantasie. Wenn ich mich im Auto setzen und fahren "sehe", ist es eine
Phantasie. Zukunftgeschehen ist nur dann eine Phantasie, wenn es vergegenwärtigt
wird.
K08m-Ansch?
Wenn Bewusstseinsströme anschaulich erfolgen => Phantasie
"m" und das "?" drücken aus, dass mir unklar ist, welchen logischen
Status die Anschaulichkeit als Kriterium haben soll. Zu Untersuchungszwecken
wird das Kriterium einstweilen mitgeführt. Hier geht es auch um das
Problem, ob Phantasien immer anschaulich sein sollen oder ob es auch abstrakte
Phantasien gibt (> "Ich weiß es wird einmal ein
Wunder geschahen")
KS-ZuInf
Zusatzinformation, z.B. Phantasie im Fieber (Erlkönig),
in der Psychose, Nahtodphantasie und ähnlich.
KG-Meta
Wenn die Gesamtbetrachtung (g) weil M1, M2, ... es nahelegt ...
=> Phantasie
Zusammenfassung: vorläufiger Stand und Status der Kriterien
Die operationale Entwicklung der Kriterien und ihre Anwendung durch Signierungen soll der Kriik und Weiterentwicklung der Phantasieforschung und -praxis dienen. Durch die Vorgaben sind alle Anwendung prüf-, kontrollier- und damit evaluierbar. Ob und wie sie sich bewähren, muss die Zukunft erweisen.
Mia und der Ritt auf dem Wolkenpferd {mit Kriterien
signiert}
"Heute ist ein schöner Tag. Manchmal ziehen dicke, weiße
Wolkengebirge über den Himmel und verdecken für eine Weile die
Sonne. Interessiert beobachtet Mia das Wolkeuspiel. "Die Wolken malen Bilder
an den Hiimmel" {K01h, K02h, K05h}, sagt sie zu Katze Muni. „Sieht
die da nicht aus wie eine Hexe?" {K01h, K05h} "Miau-au-nein", maunzt
Mimt. "Eine Riesenmaus ist's. Hmja hmja miau." {K01h, K05h}
"Jetzt kommt ein Schloss mit runden Türmen'' {K01h, K05h},
freut sich Mia. "Und die da vorne hat ein Griesgramgesicht wie Frau Hauptman,
meine Lehrerin.{K01h, K05h}" Sie kichert. "Stimmt. Hihi." Aufmerksam
blicken Mia und Mimi in den Himmel. Es macht Spaß, in den Wolken
Bilder zu suchen. Langsam schweben immer neue Wolkengemälde über
den Himmel. "Ein Pferd" {K05h}, ruft Mia auf einmal. "Siehst du?
Oh, auf so einem Wolkenpferd {K01h, K03h} möchte ich gerne
einmal über den Himmel reiten {K02h}. Hoch über der Erde.
Was man da nichr alles sehen könnte!" Mia fangt an zu singen:
Gedichte {}
Nirgendwo ist das Reich der Phantasie vertreten wie in Kunst und Literatur.
Als Königsdizplin könnte man die Lyrik, die Welt der Gedichte
ansehen. Hierbei gibt es immer zwei Perspektiven: erstens die des Schöpfers
bei der Herstellung und zweitens die des Rezipienten, des Aufnehmers. Die
Aufnahme oder Vergegenwärtigung eines Gedichts, also das Lesen z.B.
des Erlkönigs ist für die LeserIn immer ein Phantasieprozess.
Denn z.B. in 1.1. reitet ja niemand tatsächlich durch Nacht
und Wind, sondern der Ritt wird gedacht oder vorgestellt. Der Ritt geschieht
im Geiste und ist daher nach {K01h} eine Phantasie. Als Zusatzinformation
käme in Betracht: Fieber- und Nahtodphantasien, wobei die Projektiven
durch unklare Strukturen in der Nacht unterstützt werden.
Aus Rilke (Abruf
12.08.2017)
"Und sagen sie das Leben sei ein Traum: das nicht;"
Joachim Ringelnatz
(1924) Kuttel Daddeldu
2.1 Warum brennt mich die Sonne im Zorn? {K01h, K02h, K03h}
2.2 Warum brennt sie gerade mich? {K01h, K02h}
2.3 Warum nicht Korn? {K01h, K02h}
3.1 Ich folge weißen Mannes Spur. {K01h}
3.1 Der Mann war weiß und roch so gut. {K01h}
3.1 Mir ist in meiner Muschelschnur {K01h}
3.1 So negligé zu Mut. {K01h}
4.1 Kam in mein Wigwam {K01h}
4.1 Weit übers Meer, {K01h}
4.1 Seit er zurückschwamm, {K01h}
4.1 Das Wigwam {K01h}
4.1 Blieb leer. {K01h}
5.1 Drüben am Walde {K01h}
5.2 Kängt ein Guruh – – {K01h, K02g, K03h}
6.1 Warte nur balde {K01h}
6.2 Kängurst auch du. {K01h, K02g, K03h}
Maerchen
Märchen sind neben Sagen, Mythen und Religion eine klassische
Ausdrucksform für Phantasien. Maid (1999), S. 324, führt aus:
"Märchen, realitätsenthobene Erzählung wunderbaren Inhalts.
Man unterscheidet zwischen dem erst nach längerer mündlicher
Tradierung aufgezeichneten Volksmärchen und dem aus einem bewussten
künstlerischen Akt entstandenen Kunstmärchen. Zu den konstitutiven
Merkmalen des Volksmärchens gehört, dass es keinen namentlich
bekannten Verfasser hat, dass es über einen längeren Zeitraum
mündlich überliefert wurde und dass daher mit einer Reihe von
Varianten zu rechnen ist. Vom Inhalt her kann man zwischen Zauber-, Schwank-,
Tier-, Lügen-, Legenden- und ätiologischen M. unterscheiden."
1. Geschichte ("Vorspruch")
Wenn die Kinder artig sind, {K01h} Kommt zu ihnen das Christkind; {K01h} Wenn sie ihre Suppe essen {K01h} Und das Brot auch nicht vergessen, {K01h} Wenn sie, ohne Lärm zu machen, {K01h} Still sind bei den Siebensachen, {K01h} Beim Spaziergehn auf den Gassen {K01h} Von Mama sich führen lassen, {K01h} Bringt es ihnen Gut's genug {K01h} Und ein schönes Bilderbuch. {K01h} Sieh einmal, hier steht er, {K01h} Pfui! der Struwwelpeter! {K01h} An den Händen beiden {K01h} Ließ er sich nicht schneiden {K01h} Seine Nägel fast ein Jahr; {K01h} Kämmen ließ er nicht sein Haar. {K01h} Pfui! ruft da ein jeder: {K01h} Garst'ger Struwwelpeter {K01h} |
Thema des Struwelpeter ist - mit Ausnahme der 5. Geschichte
vom wilden Jäger - das nicht brav sein und die daraufhin erfolgte
Strafe. Die Geschichten haben also einen hauptsächlich erzieherisch-moralische
Funktion. Es sind zwar erfundene {K01h} Geschich- ten, aber die
meisten haben verbreitete und wirkliche Sachverhalte zum Kern. Das Leitmotiv
lautet: seid brav, sonst werdet ihr bestraft und bekommt nichts zu Weihnachten.
"Umstrittener Struwelpeter" DF 30.04.2009. Die 10 Geschichten: 1 Wer artig ist wird Weihnachten beschenkt 2 Die Geschichte vom bösen Friederich 3 Die gar traurige Geschichte mit dem Feuerzeug 4 Die Geschichte von den schwarzen Buben 5 Die Geschichte vom wilden Jäger 6 Die Geschichte vom Daumenlutscher 7 Die Geschichte vom Suppen-Kaspar 8 Die Geschichte vom Zappel-Philipp 9 Die Geschichte vom Hanns Guck-in-die-Luft 10 Die Geschichte vom fliegenden Robert |
Prosa, Erzählungen, Romane ...
Aus Hesses Phantasien über die Wolken (1907)
Flug über das Frankenland
{}
Ich fliege über das Frankenland, staune und erfreue mich an der
Schönheit der Landschaften . Wenn ich das tatsächlich tue, in
einem Ballon oder Flugzeug, ist es natürlich keine Phantasie. Wenn
ich es mir im Lehnstuhl vorstelle, ist es eine Phantasie, erst recht, wenn
ich mich selbst in die Luft erhebe und den Flug ohne Hilfsmittel selbst
durchführe {K01h, K02h}.
Überlegungen oder Phantasien zu potentiellen
Vortragsstörungen {}
Ich frage mich, wie es wäre, wenn ich auf dem Deutschen Verkehrsgerichtstag
einen Vortrag über "Unerträgliche Fehler in MPU-Gutachten" halten
würde? Mit welchen Schwierigkeiten, Behinderungen und Störungen
müßte ich rechnen? Wie könnte ich denen begegnen? Spontan
komme ich zu folgenden Signierungen: {K01h, K07m}, weil ein zukünfdtiges
mögliches Geschehen vergegenwärtigt wird.
Aber ist das richtig? Ist das eine Phantasie oder
nicht eher eine vorausschauende Überlegung, ein Planspiel? Was unterscheidet
dann eine vorausschauende Überlegung, also denken, von einer Phantasie?
Denken
heißt geistige Modelle bilden oder zueinander in Beziehung setzen.
Stimmt das nicht auch für die Phantasie? Dann hätte die Denkdefinition
vielleicht einen Mangel. Das war jetzt DENKEN und nicht phantasieren.
Wie ist es, tot zu sein?
{}
Kann man sich das vorstellen? Diese Untersuchung ist natürlich
leicht weil ich selbst - wie andere auch - selbst durchführen kann.
Ich kann denken "ich bin tot" und "wie ist das"? {K01h, K02h, K07m}
Das
sollte besonders leicht sein, wenn man schon Tote gesehen kann, wenngleich
es natürlich schon ein wenig makaber anmutet und es anders ist, sich
selbst tot zu "sehen", weil man in der Regel leben will, gern lebt und
den Tod gerne wegschiebt. Die Vorstellung auch anschaulich kein Problem,
sich etwa aufgebahrt liegen sehen, aber es auch eine abstrakte Phantasie
möglich.
Francois Villon (1431-?) stellte sich seinen Tod vor, sonst hätte
er die Ballade "Notwendige Nachschrift, mein Begräbnis betreffend"
[Online]
nicht geschrieben.
Eine Nonsensgeschichte {}
Neulich musste X sein Auto über das Schwimmbad tragen {K01h,
K02h, K03h}, wobei er ausgerutscht ist und ins inzwischen gewandelte
{K02?,
K03h} Auto-Uboot fiel. Der Bademeister reichte {K01h, K03h} dem
Auspuff ein Handtuch, aber der Auspuff schüttelte mit dem Vergaser
das Loch {K01h, K03h} und wollte {K01h, K02h, K03h}
lieber
ein Eis, am liebsten ein in olivenölgebadetes und leichtem Senfcurry
{K01h,
K02h, K03h}. Der Delphin lag in der Hängematte und wackelte auf
und nieder {K01h, K03h}. Die Polizei kam, erklärte sich aber
für nicht zuständig und verwies auf das Marineministerium im
Indischen Ozean {K01h, K02h, K03h}, der aber gerade von einem Heer
von Pumpschmetterlingen {K01h, K02h, K03h} aus Südafrika abgesagt
wurde. Andererseits, wandte der Staatsanwalt ein, gäbe es doch gar
kein Marineministerium im Indischen Ozean. Nun ja, das dafür zuständige
halt, erklärt der Friseur des Bademeisters, der die Schwägerin
des Polizisten von der Insel Europostel {K01h, K02h}
kannte. Es
näherte sich tänzelnd und singend ein Eskimo oder Lapplandtürke
{K01h,
K02h, K03h} mit einem Schlittschuhbart
{K01h, K02h, K03h}. Da
musste der selbst der herbeigerufene Pfarrer lachen. Immerhin, er lachte
auf lateinisch.
Eine ziemlich närrische Phantasie, aber vielleicht
für das Signieren eine gute Übung. Denn die Kriterien sollten
sich schließlich auf alle Sachverhalte anwenden lassen.
*rs
Ein Krönich,
sein Olk und der Unger {}
"Vor schwanger Zeit lähmte ein Krönich in seinem Schoß.
Er war bei seinen Muntertanen sehr bediebt und einmal Po Ja gab er für
sie ein Fresst, für das immer lausende Wildscheine geschlechtet wurden.
Am zäunten Popember des Jahres kreuzenhundertheilundscheißich
sprach der Krönich zu seiner Pfau: Mir geht es heute nicht so Hut,
ich möchte das Fresst auffallen lassen. Die Pfau schaute in den Igel
und klemmte sich ihre länglichen Haare, die in der Tonne wie Grollt
schwimmerten. Dabei brach sie zum Krönich: „Mein dieber Namm, ja-ein,
ja-aus hast du dein Pfolk beklont mit einem Fresst, obwohl deine Muntertanen
immer so fech waren.“ Auf diese Meise setzte die Hönigin ihrem Namm
einen Fluor ins Ohr. Die Belohner des ganzen Lindes wurden sehr Möse
auf den Krönich, als sie erbfuhren, dass sie in diesem Ja würden
lungern müssen. Doch im Schoß wohnte auch eine junge Inszestin,
die mit einem Fosch verayrantet werden musste und deshalb wuchs der ganze
Prallast mit Hosen und Zornen zu. Wunderte junge Rinzen blieben da dran
hengen und verursteten. Sie starksten in der Zornenkäcke wie Badheenchen
am Schieß. Das Pfolk ernährte sich von ihrem Feisch und so überklebten
alle die Hummersperiode." [Abruf
11.08.2017] ]
Ausflug ins Naturgartenbad
{}
Als wir neulich im Naturgartenbad in Erlenstegen (Nürnberg) waren
lagen wir schräg am Hang, was sich nach einiger Zeit körperlich
bemerkbar machte. Ich sehe uns da liegen. Es war ein schöner Sommertag
und wir waren auch ein paar mal im Wasser. Das ist kein Phantasieren, sondern
ein ERINNERN an einen Ausflug. Wäre es nicht schön, diesen Ausflug
ab und zu wiederholen? Hier wird ein WUNSCH erwogen. Ich gehe im Geiste
den Kalender durch und frage mich, wann es passen könnte, sofern das
Wetter stimmt. Das ist PLANEN und nicht phantasieren.
Phantasien um einen Lottogewinn {}
Quelle Psychologie heute 07/2011 "Unser persönliches Paralleluniversum
Das wohl verbreitetste Gedankenspiel ist das vom Gewinn des Lotto-Jackpots:
Welchen Wunsch würde ich mir als ersten erfüllen? Die Villa am
Meer, die Stadtwohnung in Paris, das Traumauto? Würde ich eine Weltreise
machen? Wer kriegt was vom Geld ab? Ist es ratsam, anderen vom Gewinn zu
erzählen? Soll ich den Job hinschmeißen – oder erst mal ganz
normal weitermachen? Wer seine Wünsche so spazieren führt, befindet
sich in einem geistigen Modus, den wir in seiner Häufigkeit und Bedeutsamkeit
immer noch gewaltig unterschätzen: in einem Tagtraum. Bei diesen Ausflügen
in die Fantasie begegnen wir uns selbst: Sag mir, was du dir wünschst,
und ich sage dir, wer du bist!"
C.G. Jungs
erste aktive Imagination 1913 {}
"Es war in der Adventszeit des Jahres 1913 als ich mich zum entscheidenden
Schritt entschloß (12. Dezember). Ich saß an meinem Schreibtisch
und überdachte noch einmal meine Befürchtungen, dann ließ
ich mich fallen. Da war es mir, als ob der Boden im wörtlichen Sinne
unter mir nachgäbe und als ob ich in eine dunkle Tiefe sauste. Ich
konnte mich eines Gefühls von Panik nicht erwehren. Aber plötzlich
und nicht allzu tief kam ich in einer weichen, stickigen Masse auf die
Füße zu stehen - zu meiner großen Erleichterung. Jedoch
befand ich mich in einer fast völligen Finsternis. Nach einiger Zeit
gewöhnten sich meine Augen an die Dunkelheit, die nun einer tiefen
Dämmerung glich. Vor mir lag der Eingang zu einer dunkeln Höhle,
und dort stand ein Zwerg. Er erschien mir wie aus Leder, so als ob er mumifiziert
wäre. Ich drängte mich an ihm vorbei durch den engen Eingang
und watete durch knietiefes, eiskaltes Wasser zum anderen Ende der Höhle.
Dort befand sich auf einem Felsband ein roter, leuchtender Kristall. Ich
faßte den Stein, hob ihn auf und entdeckte, daß darunter ein
Hohlraum war. Zunächst konnte ich nichts erkennen, aber schließlich
erblickte ich strömendes Wasser in der Tiefe. Eine Leiche schwamm
vorbei, ein Jüngling mit blondem Haar, am Kopf verwundet. Ihm folgte
ein riesiger schwarzer Skarabäus, und dann erschien, aus der Wassertiefe
auftauchend, eine rote, neugeborene Sonne. Geblendet vom Licht, wollte
ich den Stein wieder auf die Öffnung legen, da drängte sich jedoch
eine Flüssigkeit durch die Öffnung. Es war Blut! Ein dicker Strahl
sprang auf, und ich empfand Übelkeit. Der Blutstrom währte, wie
mir schien, unerträglich lange. Endlich versiegte er, und damit war
die Vision zu Ende." Quelle: Ammann, A.N. 1984, S. 36.
Eine zweite närrische
Geschichte {}
Zwei Gauner tanzten eine vergebliche Peschmerga, während ein Grizzly
gerade seine Jungen bekam. Das war keine gute Zeit und gute Gegend seufzte
Marie, eine Honigsummenmaus aus der Wüste 3. Komm, gehen wir, sprach
Estragon. Aber, wie bekannt, sie rührten sich nicht vom Fleck. Das
verstand auch der Zwiebelkuchen.
In Gedanken am Meer {}
In Gedanken bin ich am Meer, laufe über eine Düne hinunter
und nähere mich dem Strand und den Wellen, die im Strand versickern
und sich anscheinend wieder zurückbilden. Das ist Phantasieren, aber
auch Denken mit Nutzung von Erinnerungen oder Wissen.
Lesebeispiel aus dem letzten Kapitel von James Joyce Ulysses
(Molly
bewusstseinsströmt
ca. 80 Seiten lang ohne Punkt und Komma im Bett so vor sich hin: unbearbeitetes
Originalzitat hier).
Zur besseren Analyse wird der Text in numerierte Textelemente aufgeteilt:
[1]. "... lieber die Lampe bißchen runterdrehn
{K01h,
K04h, K07m?} [2] und nochmal versuchen {K01h, K04h, K07m?}
[3]
daß [>1012] ich früh auch aus den Federn komme {K01h, K04h}
[4]
ich werde zu Lambe gehn da neben Findlater {K01h, K04h, K07m}
[5]
daß sie uns paar Blumen schicken die ich in der Wohnung aufstellen
kann {K01h, K04h, K07m?} [6] für den Fall daß er ihn
morgen mit nach Hause bringt [7] heute meine ich nein nein Freitag ist
ein Unglückstag {K01h, K02h} [8] zuerst will ich mal etwas
sauber machen in der Wohnung {K01h, K04h, K07m} [9] ich glaube der
Staub wächst {K02h} sogar während ich am schlafen bin
[10] dann können wir etwas musizieren und Zigaretten rauchen {K01h,
K07m} [11] ich kann ihn begleiten {K01h, K07m} [12] aber zuerst
muß ich noch die Tasten vom Klavier säubern mit Milch {K01j,
K04h, K07m} [13] was zieh ich denn an soll ich eine weiße Rose
tragen {K01h, K07m} [14] oder haltmal diese schönen Kuchen
bei Lipton {K01h} [15] also ich liebe ja diesen Duft {K01h} in
einem reichen großen Laden {K01h} zu 7 1/2d das Pfund oder
die andern mit den Kirschen drin {K01h} und der rosa Zucker {K01h}
11d
das Kilo [16] und natürlich eine schöne Topfpflanze {K01h}
für
mitten auf den Tisch {K01h} die krieg ich doch billiger bei Moment
wo war das doch ich hab sie doch kürzlich erst gesehn {Erinnerungsproblem}
noch
ich liebe ja Blumen am liebsten hätt ich die ganze Wohnung täte
in Rosen schwimmen {K01h} [17] Gott im Himmel es geht doch nichts
über die Natur die wilden Berge dann das Meer und die Wellen wie sie
am rauschen sind und das schöne Land mit Hafer und Weizenfeldern und
allen möglichen Sachen und das ganze schöne Vieh am weiden das
täte einem so richtig gut mal wieder Flüsse zu sehen und Seen
und Blumen alle möglichen Formen und Düfte und Farben sogar in
den Gräben sprießen die überall Schlüsselblumen und
Veilchen {K01h, K08m?} [18] das ist die Natur und wenn die sagen
es gibt keinen Gott dann kann ich bloß sagen ich pfeif auf ihre ganze
Gelehrsamkeit wieso gehn sie nicht hin und schaffen selber mal was hab
ich ihn oft schon gefragt diese Atheisten oder wie die sich nennen solln
doch erstmal vor ihrer eigenen Haustür kehren aber dann heulen sie
nach dem Priester wenns ans sterben geht und warum ja warum weil sie Angst
vor der Hölle haben wegen ihrem schlechten Gewissen ah ja mir machen
die nichts vor wer war denn das erste Wesen im Weltenraum bevor daß
sonst jemand da war der alles geschaffen hat wer denn ah das wissen sie
nicht genau so wenig wie ich da sitzen sie da sie könnten [>1013]
ebenso gut versuchen daß sie die Sonne am aufgehn hindern morgen
früh {Erregung über Atheisten, Gottes"beweis" durch die Schöpfung:
K01h, K02h} [19] die Sonne die scheint für dich allein hat er
damals gesagt an dem Tag wo wir unter den Rhododendren lagen oben auf dem
Howth in dem grauen Tweedanzug und mit dem Strohhut an dem Tag wo ich ihn
so weit kriegte daß er mir den Antrag gemacht hat ja zuerst hab ich
ihm ein bißchen von dem Mohnkuchen aus meinem Mund gegeben und es
war Schaltjahr wie jetzt ja vor 16 Jahren mein Gott nach dem langen Kuß
ist mir fast die Luft ausgegangen ja er sagte ich wäre eine Blume
des Berges ja das sind wir alle Blumen ein Frauenkörper ja da hat
er wirklich mal was Wahres gesagt in seinem Leben und die Sonne die scheint
für dich allein heute {Erinnerungen, K08m?} [20] ja deswegen
hab ich ihn auch gemocht weil ich gesehn hab er versteht oder kann nachfühlen
was eine Frau ist {Erinnerungen, K08m?} [21] und ich hab auch gewußt
ich kann ihn immer um den Finger wickeln
{K02h} und da hab ich ihm
die ganze Lust gegeben die ich konnte und hab ihn so weit gebracht daß
er mich gebeten hat ja zu sagen und zuerst hab ich gar keine Antwort gegeben
hab bloß so rausgeschaut aufs Meer und über den Himmel ich mußte
an so viele Sachen denken von denen er gar nichts wußte {Erinnerungen}
..."
Ein schönes Textbeispiel für die Literatur
des Bewusstseinsstromes,
aber eine Herausforderung für die Phantasieanalyse!
Aus Dada und Surrealismus:
Aus Dalis Unabhängigkeitserklärung
der Phantasie und Erklärung
der Rechte des Menschen auf seine Verrücktheit. [1939].
"Nur Heftigkeit und Dauer eures gestählten Traumes können
der furchtbaren mechanischen Zivilisation widerstehen, die euer Feind und
der Feind des »Lustprinzips« aller Menschen ist. Ein Mann hat
das Recht, Frauen mit ekstatischen Fischköpfen zu lieben. Ein Mann
hat das Recht, lauwarme Telefone ekelhaft zu finden und Telefone zu fordern,
die so kalt, grün und aphrodisisch sind [<290] wie der von Gesichten
heimgesuchte Schlaf der spanischen Fliegen. Telefone, die so barbarisch
sind wie Flaschen, werden sich von der lauwarmen Verzierung der Louis-XV.-Löffel
befreien
und langsam die Bastarddekorationen unserer milde verblaßten Dekadenz
mit eisigem Schamgefühl bedecken.
Der Mensch hat das Recht, den Schmuck einer Königin
als »Lustobjekte« für sich zu fordern: Kostüme für
seine Möbel! für seine Zähne! selbst für Gardenien!
Handbestickte Kissenbezüge werden die außerordentliche Empfindlichkeit
von »Kalbslungeneisenbahnschienen« schützen, bei der Herstellung
von Automobilen wird man buntes Glas mit persischen Mustern einführen,
um das häßliche, rohe Tageslicht der Landschaften fernzuhalten.
Die Farbe alten Absinthes wird das Jahr 1941 beherrschen. Alles wird grünlich
sein. »Grün, ich will dich grün« — grünes Wasser,
grüner Wind, grünes Hermelin, grüne, vom Schlaf geschwellte
Eidechsen, die die grüne Haut, die blendenden Dekolletés der
Schlaflosigkeit entlanghuschen, grüne Silberplatte, grüne Schokolade,
grün die Elektrizität, die im Todeskampf das lebendige Fleisch
der Bürgerkriege versengt, grün das Licht meiner Gala!"
Paul Eluard Galas
erster Ehemann
"Hauptthema allerdings ist die Liebe, in der Korrespondenz wie in der
Poesie Eluards, jedenfalls der frühen: "Es gibt kein Leben", so der
Briefschreiber im März 1929, "es gibt nur die Liebe." Und auf derselben
Seite: "Ohne die Liebe ist alles für immer verloren, verloren, verloren.""
Quelle: DER SPIEGEL 9, 1985 "Nur die Liebe Leidenschaftliche Briefe des
Dichters Paul Eluard an seine Frau Gala, die ihn wegen Dali verließ,
sind in Paris veröffentlicht worden." [Online]
Das ist keine Phantasie, sondern eine persönliche Lebenseinstellung.
Nimmt man aber den Satz ""Wir sind nie wirklich getrennt gewesen", obwohl
sie ihn schon beinahe 20 Jahre zuvor verlassen hatte." hinzu, so stellt
dieser ziemlich sicher eine Wunsch-Phantasie Eluards dar.
Aus Thomas Morus Utopia
"Der Verkehr der Utopier untereinander ... Jede Stadt zerfällt
in vier gleiche Teile. In der Mitte eines jeden befindet sich ein Markt
für alle Arten von Waren. Dorthin schafft man die Arbeitserzeugnisse
einer jeden Familie in bestimmte Häuser, und die einzelnen Warengattungen
sind gesondert auf Speicher verteilt. Jeder Familienvater verlangt dort,
was er selbst und die Seinen brauchen, und nimmt alles, was er haben will,
mit, und zwar ohne Bezahlung und überhaupt ohne jede Gegenleistung.
Warum sollte man ihm nämlich auch etwas verweigern? Alles ist ja im
Überfluß vorhanden, und man braucht nicht zu befürchten,
daß jemand die Absicht hat, mehr zu verlangen, als er braucht. Denn
warum sollte man annehmen, es werde jemand über seinen Bedarf hinaus
fordern, wenn er sicher ist, daß es ihm niemals an etwas fehlen wird?
Werden doch bei jedem Lebewesen Habsucht und Raubgier durch die Furcht
vor Mangel hervorgerufen und beim Menschen allein außerdem noch durch
Stolz, da er es sich zum Ruhme anrechnet, durch ein Prahlen mit überflüssigen
Dingen die anderen zu übertreffen; für diese Art Fehler ist in
den Einrichtungen der Utopier überhaupt kein Platz." [Quelle PG https://gutenberg.spiegel.de/buch/utopia-1321/8]
Eine spontane Imganiation nach Leuner (1985),
S. 45 {mit Kriterien signiert}
"Die junge Kollegin arbeitet in einem Krankenhaus. Im Nachtdienst nimmt
sie einen Patienten auf, der einen vital bedrohlichen Kreislaufkollaps
hat. Vor der Trage des Patienten stehend, muß sie in akuter Not entscheiden,
was zu geschehen hat. Fieberhaft überlegt sie, was diagnostisch in
Frage kommt und was sie zunächst verordnen muß. Um sich besser
konzentrieren zu können, schließt sie für einige Momente
die Augen. Da erscheint vor den geschlossenen Lidern deutlich das Bild
einer Landschaft, die von einem breiten Strom überschwemmt wird. Das
Wasser steigt in beängstigender Weise höher und höher. Seine
Massen überfluten Wiesen und Felder, fließen in die Häuser
hinein, und schließlich versinkt alles in den Fluten: Bäume,
Häuser und die ganze Landschaft. Hinterher wundert sie sich selbst
über diese blitzschnell abgelaufene Imagination. Sie versteht sie
als Ausdruck ihrer inneren Erregung, die sie selbst nur andeutungsweise
gespürt hat, glaubte sie sich doch nüchtern und gefaßt,
in ärztlicher Routine handelnd. Nachdem sich der Zustand des Patienten
später gebessert hat, schließt sie instinktiv - gewissermaßen,
um nun zur Gegenprobe in sich «hineinzuschauen» - die Augen
nochmals. Wieder erscheint eine ganz ähnliche überschwemmte Szene,
die Fluten gehen nun aber zurück. Unter den abfließenden Wassern
breitet sich bald eine Landschaft mit großen, lichten Wiesen im Sonnenschein
aus. Eine maigrüne Birkenallee fuhrt durch das heitere, freundliche
und beruhigende Bild."
Arnold, Eysenck, Meili (1987), Bd. 2, Sp. 1603-05.
gk
{mit
Kriterien signiert}
"Phantasie. GESCHICHTLICHER ÜBERBLICK. Der Begriff „Phantasie"
(gr.) bedeutet soviel wie Vorstellungskraft. Trevisa (1398) schreibt, daß
bei Nacht häufiger P.n auftreten als am Tag. Newton erwähnt die
Kraft der P., die es möglich macht, farbig zu träumen. Der Begriff
bezieht sich auf subj. >Vorstellungen (keine >Erinnerungsbilder) {K08m},
seien es >Wachträume und Träume im Schlaf oder >Halluzinationen,
in denen visuelle, auditive, taktile und andere Sinnesmodalitäten
(deren Kombinationen) enthalten, sein können. Hume (1883) trennt Vorstellungen
von >Empfindungen; letztere seien eindringlicher und lebhafter. Er meint
aber, daß die Vorstellungen den Empfindungen im >Schlaf, im Fieber
und bei >Geisteskrankheiten an Lebendigkeit nahekommen können. Maury
(1861) verwendete den Begriff . „hypnagog" (wie S. Freud in seiner „Traumdeutung")
für die Vorstellungsbilder, die im Halbschlaf auftauchen. Freud beschäftigte
sich mit P. unter dem Konzept der „Primärprozesse" im Ggs. zu den
„Sekundärprozessen" des zielgerichteten Denkens. Die Primärprozesse
äußern sich selbst in Träumen und Tagträumereien durch
Wunscherfüllungsphantasien
{K04h}.
Eine weitere Bezeichnung für P. hat Bleuler in seinem Konzept des
>Autismus eingeführt. Autistisches (im Ggs. zu realistischem) Denken
kann Sekunden oder ein ganzes Leben lang dauern und die Realität vollständig
verdrängen (z. B. bei der >Schizophrenie). „Ergebnisse autistischen
Denkens werden nicht durch realistische und logische Kritik geprüft
... es interessiert sich nicht für die Wirklichkeit, sondern für
die Erfüllung seiner Wünsche" (Bleuler, 1922; s. Rapaport, 1951).
Bleuler fügt hinzu, daß das normale Denken eine Mischung aus
realistischem (R-Denken) und autistischem (A-Denken) ist (McKellar, 1957).
Das A-Denken kann die Persönlichkeit zerstören, was bei den >Psy[>1604]chosen
vorkommt, oder es kann zeitweilig überhandnehmen, wie z. B. im Traum,
in hypnagogen Zuständen, unter dem Einfluß von halluzinogenen
Stoffen und bei sensorischer Deprivation. Ebenfalls taucht es bei Tagträumereien
auf, in der Mythologie und im Aberglauben. Einige >projektive Verfahren
{K05h},
wi4 z. B. der >TAT, enthalten Standardbilder, die die P. anregen sollen;
je nach der vom Pbn gegebenen (phantasievollen, -armen) Interpretation
dieser Bilder werden dann Informationen über die >Persönlichkeit
gewonnen.
In seinen frühen Untersuchungen über Vorstellungsbilder
fand >Galton (1883) „eine ausreichende Verschiedenheit von Fällen,
um beweisen zu können, daß die Stärke von Vorstellungsbildern
kontinuierlich zunimmt, angefangen mit fast völligem Fehlen von Vorstellungen
bis zu ausgeprägten Halluzinationen". Er beobachtete, daß kulturelle
Einflüsse die P.tätigkeit unterdrücken oder verstärken
(anregen) können, z. B. dann, wenn „die nur schwach wahrgenommenen
P.n der Durchschnittsmenschen von hochgestellten Autoritätspersonen
als von großer Bedeutung betrachtet werden ... dadurch, daß
man sich in solchen Fällen regelmäßig mit ihnen beschäftigt,
gewinnen sie immer mehr an Präzision".
NEUERE ERGEBNISSE. Das Konzept des A-Denkens wurde
widerlegt, als man entdeckte, daß registrierbare Phänomene,
auch die schnellen Bewegungen der Augen (REM's = rapid eye movements),
Begleiterscheinungen der Träume zu sein scheinen (>Traum; >Schlaf)
(Aserinsky & Kleitmann, 1958). Durch die Registrierung der REM-Phasen
kann die Traumdauer bestimmt und die Zahl der Träume in einer Nacht
festgestellt werden. Träumen scheint ein allgemein verbreitetes Phänomen
zu sein, und Kleitmann (1963) unterscheidet weniger zwischen Träumern
und Nicht-Träumern als zwischen solchen Menschen, die sich an die
Träume erinnern, und solchen, die sich nicht erinnern können.
Singer und Craven (1961; vgl. Singer, 1966), die Tagträumereien und
allgemeinere P.n mit Hilfe der REM-Phasen untersucht haben, finden einen
Höhepunkt der Tagträumereien in der Gruppe von 18-29 Jahren,
und sie berichten, daß [>1605] 96 % ihrer Versuchspersonen täglich
Tagträume hatten.
Holt (1964) betont die Bedeutung der Erforschung
der P. und der Vorstellungstätigkeit für die der Praxis sehr
nahen Probleme der modernen >Verkehrs- und Betriebspsychologie. Der Test
von R. Gordon (1949), der die Beweglichkeit von Vorstellungsbildern prüft,
und der Test von Bett (1909) für deren Lebhaftigkeit werden immer
mehr verwendet (Richardson, 1969). Synästhesien wurden intensiv von
Luria (1969) an einer Vp untersucht, die diese Art von Vorstellungen hatte.
Heute kennt man viele Pflanzen und deren Extrakte, die das A-Denken hervorrufen;
Untersuchungen der Ethnobotanik lassen vermuten, daß es noch viele
unerforschte Quellen von halluzinogenen Stoffen gibt. Hierin ist ein vielversprechendes
Gebiet für die Erforschung der chemisch stimulierten P. zu sehen (Efron,
Holmstedt & Kline, 1967). Auf diesem Gebiet, ebenso wie bei der Erforschung
der sensorischen Deprivation, wurde der Begriff >„Halluzination" (wie auch
P.) viel zu weit ausgedehnt. Der allgemeinere Begriff >Vorstellung
ist eine zutreffendere Bezeichnung für viele der hier erwähnten
Phänomene.
Lit.: Efron, D. H, Holmstedt, B. & N. S.
Kline (Eds.): Ethnopharmacologic search for psychoactive drugs. Washington,
1967; Galton, F.: Inquiries into human faculty. London, 1883; Holt,
R. R.: Imagery: the return of the ostracized. Amer. Psychologist, 1964;
Kleitman,
N.: Sleep and wakefulness. Chicago, 1963; Luria, A. R.: The
mind of a mnemonist. London, 1969; McKellar, P.: Imagination and
thinking: London, New York, 1957; Rapaport, D.: Organization and
pathology of thought. New York, 1951; Richardson, A.: Mental imagery.
London, 1969; Singer, J. L.: Daydreaming: an introduction to the
experimental study of inner experience. New York, 1966. P. McKellar"
Vollzitat mit freundlicher Genehmigung
des Herderverlage vom 07.08.2017.
Lucka: Verlagerung
Quelle Lucka (1908), S. 63: "Eine interessante Abart der Bildkombination
findet sich besonders im Traume häufig. Ein Gebilde wird in eine ganz
neue Umgebung versetzt, durch die es selbst in seiner Gestalt verändert
wird. So kann z. B. das gutmütige Gesicht eines Bekannten auf dem
eisengepanzerten Leib eines Condottiere gesehen werden, der unbewegt über
ein Leichenfeld reitet. Die neue Umgebung wirft ihren blutigen Reflex auf
das vertraute, anders gewordene Gesicht."
Lucka: Kombinationen
durch Wiederholung
Quelle Lucka (1908), S. 63: "Oder die Kombination entsteht durch eine
Wiederholung des gleichen Gebildes. Das gesehene und später wiedererinnerte
Bild; eines römischen Soldaten kann vielleicht zur Vorstellung einer
ganzen Legion werden. Auch hier ist Kombination im Spiel: die Vorstellung
einer geordneten Menschenmenge tritt gewissermaßen mit der des Söldners
in Beziehung und formt sie um."
Lucka: Überlagerungen
Quelle Lucka (1908), S. 63: "2. Ein ganz typisches Gebilde der
Traumphantasie ist es, daß verschiedene Bilder nicht wie in der Kombination
zu einem gegliederten Neuen verschmelzen, sondern sich gewissermaßen
übereinander lagern, ohne doch ein neues Bild entstehen zu lassen.
Etwas Unbestimmtes, Unfaßbares haftet diesen Gebilden an. Die unklare
Vorstellung eines Menschen ist da, der aber doch wieder ein wildes Tier,
dann ein Berg zu sein Bcheint. Verschiedene Vorstellungen fallen wie halbdurchsichtige
Bilder übereinander, hemmen sich gegenseitig und bilden doch nichts
geformtes Neues."
Allegorie und phantasieren
Analogie und phantasieren
Arbeiten und phantasieren
{mit Kriterien signiert}
"DIE Phantasie gehört, wie das Denken, zu den höheren Erkenntnisprozessen,
die den menschlichen Charakter der Arbeit ganz offensichtlich machen. Der
Mensch kann keine Arbeit beginnen, ohne in seiner Phantasie eine Vorstellung
{K08m}
von
ihrem Ergebnis zu haben. Die Vorstellung des zu erwartenden Arbeitsergebnisses
in der Phantasie unterscheidet die Tätigkeit des Menschen grundlegend
von der instinktiven Tätigkeit des Tiers. Phantasie gehört zu
jeder beliebigen Arbeit. Sie ist unerläßlich für die Tätigkeit
des Künstlers, des Konstrukteurs, des Wissenschaftlers. Strenggenommen
ist die Phantasie für das handwerkliche Anfertigen eines einfachen
Tisches nicht minder notwendig als für das Komponieren einer Arie
oder das Verfassen einer Novelle. Der Handwerker muß sich vorstellen
{K08m}
können,
welche Form der Tisch haben wird, wie hoch,, wie lang, wie breit er sein
muß, wie die Beine zu befestigen sind, ob er seiner Bestimmung als
Eßtisch, als Experimentier- oder Schreibtisch gerecht werden wird;
Kurzum, bereits vor Beginn der Arbeit muß er diesen Tisch vor Augen
haben, als wäre er schon fertig.
{K07m}" (Petrowski 1976, S.
345)
Assoziation
und phantasieren
Ganz allgemein bedeutet assozieeren verbinden. Gesellt sich zu einem
Bewusstseinsinhalt A ein Bewusstseinsinhalt B, so kann man A und B als
miteinander verbunden ansehen. Denke ich an A="Tasse" und fällt hierzu
weiter B="Teller" ein, dann sind "Tasse" und "Teller" miteinander verbunder
oder assoiziiert. Solche Verbindungen können mehr oder minder fest
oder konstant sein, sie können sich aber, z.B. bei geringem Gebrauch
auch zurückbilden, schwächer werden.
Der Assoziationsbegriff spielt eine grundlegende und wichtige Rolle
auf vielen Gebieten der Psychologie, besonders auch beim Denken und Lernen.
Assoziation ist auch der Namensgeber für die sog. Assoziationspsychologie.
Aufmerksamkeit
und phantasieren
Wir unterscheiden die frei schwebende, die gerichtete und die verdichtete
Aufmerksamkeit. Der Zustand freischwebener Aufmerksamkeit sind für
Phantasien günstig, weil hier Lenkung und Kontrolle der Bewusstseinsvorgänge
gar nicht oder nur gering ausgeprägt sind.
Aussagen und phantasieren
Bei Aussagen geht es oft darum, die wahren Elemente von den falschen
oder phantasierten zu unterscheiden. In weit
mehr Aussagen zu Erinnerungen spielt mehr Phantasie hinein als man gewöhnlich
meint. Die Phantasieanteile herauszufinden kann sehr schwierig, manchmal
unmöglich sein (>Aussagepsychologie).
Bedeutung
und phantasieren
Beziehung zwischen einem Sachverhalt und diesen repräsentierende
Zeichen. Bedeutung ist ein grundlegender Begriff der Wissenschaftstheorie
und Zeichenlehre, insbesondere der Semantik (Bedeutungslehre). Die Bedeuutungen
kann mann dem Sprachgebrauch - und wie er in Wörterbüchern und
Lexika dargelegt wird - entnehmen. Die Worte sind die "Kleider" der Begriffe,
in denen meist vielfältige Bedeutungen stecken (> Homonyme).
In die Bedeutungsdeutung kann viel Phantasie einfließen, woraus viele
Missverständnisse und Kommunikationsprobleme resultieren können.
Im psychischen Bereich sind genaue Bedeutungszuweisungen besonders schwierig,
Begehren/ bedürfen
und phantasieren
Eine wahrscheinlich häufige und wichtige Quelle für die Erzeugung,
Pflege, Ausgestaltung und Hingabe an Phantasien. Phantasien spielen eine
besondere Rolle im Bereich der Erotik, Sexualität, Verliebtheit und
Liebe.
Begriff
und phantasieren
Phantasieren kann auch mit Begriffen erfolgen. Einige Begriffe - besonders
aus der Religion, Mythen-, Märchen- und Sagenwelt - repräentieren
auch direkt Phantasien, z.B.: Gott,
Auserwähltidee,
Fee, Hexe, Pegasus, Chimäre.
Bewusstsein und phantasieren
Phantasien gibt es in verschiedenen Bewusstseinszuständen:
wach: Halbschlaf, Traum, Trance, Dämmerzuständen, ... Besonders
günstig für Phantasien sind Zustände, in denen Lenkung und
Kontrolle der Bewusstseinssröme herabgesetzt sind.
Denken
und Phantasieren {}
Denken und phantasieren sind schwierig auseinander zu halten. Jedes
Phantasieren kann auch als Denken prädziert werden - prädizieren
heißt ein Merkmal oder Kriterium zu- oder absprechen -, aber nicht
jedes Denken kann als Phantasie prädiziert werden. Ich denke, das
Fenster ist offen und es ist tatsächlkich offen, dann handelt
es sich um einen wahren Gedanken. Ich denke, das Fenster ist offen,
aber es ist tatsächlich zu, dann handelt es sich um einen Irrtum.
Stelle ich mir aber vor, dass das Fenster offen ist, dann ist das
eine Phantasie, unabhängig davon ob es offen ist oder nicht. Schaue
ich zum Fenster und nehme wahr, dass es offen ist, dann handelt es sich
um eine zutreffende Wahrnehmung.
Denken heißt geistige Modelle bilden
oder zueinander in Beziehung setzen. Reicht diese Definition? Ist
sie hinreichend klar, um andere Bewusstseinsprozesse davon abzugrenzen?
Geistige Modelle können anschaulich vorgestellt oder abstrakt sein.
So betrachtet erscheint es sinnvoll, denken in zwei Haupterscheinungsformen
zu fassen: anschauliches denken, abstraktes denken. Ich möchte aber
phantasieren nicht auf anschauliches Vergegenwärtigen beschränken.
Zum logischen Verhältnis von dsenken und phantasieren:
Jede Phantasie ist denken, aber nicht jedes Denken ist Phantasie.
Petrowski 1976, S. 345 {mit Kriterien signiert}
"Die Phantasie ist eng mit dem Denken verbunden. Ähnlich wie das
Denken ermöglicht sie die Vorwegnahme {K07m}. Worin besteht
das Gemeinsame von Denken und Phantasie? Was unterscheidet diese psychischen
Prozesse?
Wie das Denken tritt auch die Phantasie in einer
Problem Situation in Erscheinung, also dann, wenn es notwendig wird, Entscheidungen
zu treffen. Wie das Denken wird auch die Phantasie von den Bedürfnissen
der Persönlichkeit motiviert. Der wirklichen Befriedigung der Bedürfnisse
kann eine illusionäre Befriedigung der Bedürfnisse in der Phantasie
{K04h}
vorausgehen,
das heißt, es entsteht eine lebendige, klare Vorstellung von einer
Situation, in der diese Bedürfnisse befriedigt werden können.
Die vorwegnehmende Widerspiegelung der Wirklichkeit im Prozeß der
Phantasie verläuft in konkret-bildhafter Form
{K08m}, in Form
klarer Vorstellungen, während die vorwegnehmende Widerspiegelung im
Denkprozeß mit Begriffen operiert, die es ermöglichen, die Welt
verallgemeinert und vermittelt zu erkennen."
Einfall und phantasieren
Ein grundlegender Begriff der Bewusstseins-, Denk- und kreativen
(Problemlösungs-) Psychologie. Einfälle kann man im Assotiationsmodell
A o B (A verbunden mit B) als B betrachten, das in den Bewusstseinsstrom
einfällt. Einfälle können als mehr oder minder passend oder
nützlich bewertet werden. Es gibt aber auch eine Reihe von störenden
und die Lebensqualität beeinträchtigenden Einfällen (Zwangsgedanken,
Negatives).
Entscheiden
und phantasieren
"Wie das Denken tritt auch die Phantasie in einer Problem Situation
in Erscheinung, also dann, wenn es notwendig wird, Entscheidungen zu treffen."
(Petrowski 1976, S. 346) Das ist eine ziemlich apodiktisch-generalisierende
Behauptung, für die keine Belege erbracht werden. Phantasien können
insofern eine nützliche Rolle im Entscheidungsreigungsprozess spielen,
als verschiedene Möglichkeiten durchgespielt {K07m, K08m} werden
können, die eine Entscheidungen für diese oder jene erleichtern
können.
Erinnern und phantasieren
Erinnern heißt die Re-Präsentation
eines Erlebnis- oder früheren Bewußtseinsinhaltes aus
dem Gedächtnis. Erinnerungen könen mit Phantasien angereichert
sein - auch ohne dass es bemerkt wird..
Erleben und phantasieren
Erleben heißt die Grundfunktion der Bewusstseinsvorgänge:
mitbekommen, was in mir vorgeht.
> Vetter, August (1950) Die Erlebnisbedeutung der Phantasie.
Stuttgart: Klett.
Konzentrieren und phantasieren
Konzentrieren und phantasieren dürften sich meist ausschließen
Kreativität und phantasieren
Kreativ sein heißt Phantasien anwenden.
Lernen und phantasieren
Lernt man durch phantasieren? Kann man phantasieren lernen?
Methapher
und phantasieren.
Bildliche Metaphern können sehr dicht und klar, einen Sachverhalt
beschreiben, z.B.: "Trump dreht alle Uhren zurück, die Obama gestellt
hat." 'Hafen' statt 'Zuflucht', 'kalt' für 'gefühllos'.
Soweit Metaphern im Sprachgebrauch "eingebürgert" sind, sehe ich sie
nicht als Phantasien an.
Planen und phantasieren
Planen betriff gewöhnlich die Zukunft und damit etwas, was noch
nicht wirklich eingetreten ist. So gesehen könnte man alle Planungen
formal auch Phantasien als Phantasien ansehen, aber nicht umgekehrt. Dagegen
spüre ich aber ein starkes Unbehagen, das wahrscheinlich daher rührt,
dass es vollkommen rationale und banale Planungen gipt, z.B. ich gehe
heute in die Mensa zum Mittagessen, wo ich keinberlei Phantasie erkennen
kann. Anders ist es, wenn sich die Planung um die Frage, wie kann ich das
macheen, wie löse ich das Problem, wie kann ich das Ziel Z erreichen.
Problemlösen und
phantasieren
Ein Problem liegt vor, wenn nicht klar ist, wie ein Ziel erreicht werden
kann. Sobald Weg oder Methode klar sindm handelt es sich nicht mehr um
ein Problem, sondern um eine Aufgabe, die aber natürlich auch noch
gemacht werden muss. Hier täuschen sich nicht wenige Menschen auch
in der Psychotherapie, wenn sie meinen, wenn erst klar ist, wie es geht,
dann ist das Problem gelöst. Nein, es ist dann nur klar, wie es gelöst
werden kann. Phantasie braucht man in aller Regeln, wenn es um Problemlösungen
sog. 2. Ordnung geht.
Sexualität und phantasieren
Phantasieren spielt in der Sexualität eine sehr große Rolle.
Darüber gibt es viele Veröffentlichungen, teils um die Erregung
anzureizen mit und ohne PartnerIn.
Symbol
und phantasieren
Symbole sind Schöpfungen der Phantasie unter Einbeziehung von
Analogien.
Tagträumen und phantsieren
Tagträumen ist phantasieren.
Träumen und phantasieren
William Stern (1935), S. 469:
"Im Traum ist jeder Mensch ein Phantast; er erlebt in sich Bilder,
deren Inhalte und Abläufe alles real Erfahrene überschreiten,
so sehr auch ihr Rohmaterial in Erfahrungen bestehen mag; er erlebt sie
mit vollem naiven Realitätsbewusstsein, da ja Kritik, Kontrolle und
Widerlegung durch praktische Konsequenzen fehlen; und er hat, beim Erwachen,
in aller Stärke das Z weiwelte nge f üh 1, nämlich das Gefühl
des Nichtzueinandergehörens der Scheinwelt, aus der er kommt, und
der Seinswelt, in die hinein er aufwacht. Auch das schnelle Entschwinden
der Traumerinnerungen und das Bewusstsein, dass selbst die in der Erinnerung
zurückbleibenden Traumfetzen nur ein ganz schwaches und noch dazu
verschobenes Bild von dem geben, was im Traum tatsächlich erlebt worden
war — trägt zu jenem Zweiweltengefühl bei."
Vorstellen
und phantasieren
Unter vorstellen verstehen wir die sinnliche
Präsentation einer aus dem Gedächtnis aufgerufenen Wahrnehmung
im Bewußtsein. vorstellen heißt sozusagen "wahrnehmen" ohne
äußere Wahrnehmungsquelle mit dem Wissen, daß man vorstellt-
und nicht halluziniert oderpseudo-halluziniert (siehe unten). Die vertrauteste
Vorstellung im Alltag ist die visuelle; vorstellen heißt hier praktisch:
"sehen" mit geschlossenen Augen. Es können aber alle sinnlichen und
wahrnehmbaren Funktionen vorgestellt werden: riechen, schmecken, hören,
bewegen, Anspannung, Entspannung, Kälte, Wärme (Autogenes Training)
...
Wahrnehmen und phantasieren
In Wahrnehmungen mischen sich nicht selten Phantasien, besonders unter
mehr oder minder unstrukurierten Bedingungen, typisch etwa bei der Interpretation
von Wolkenbildern oder projektivem Testmaterial (Rorschach).
Werten
und phantasieren
Werte sind Schöpfungen des menschlichen Geistes und so betrachtet
von Haus aus Phantasien. Stirner
hält Werte gar für Wahngebilde, was aber nur stimmen würde,
wenn man Werte eine objektive und reale Existenz unabhängig vom menschlichen
Leben und Erleben zusprechen würde. Im Allgemeinen werden Sachverhalte
für Menschen zu Wertträgern, wenn sie mit positiven oder negativen
Gefühlen
assoziiert
sind. Das lässt sich zweifellos empirisch belegen und so gesehen gibt
es Werte auch objektiv, nämlich im Menschen und analogen Lebensformen.
Wünschen und phantasieren
Da es sogar ein eigenes Wort - Wunschphantasien -gipt, ergibt sich
die große Bedeutung der Wünsche für Phantasien. Wunschphantasieen
können ein Ersatz
Alltagsleben und Phantasie
{}
Das Alltagsleben ist voller Phantasie, wobei sie oft nicht ausdrücklich
bemerkt wird. In fast allen Bewusstseinsströmen dürften Phantasieteile
enthalten sein.
Bürger, Hans (1926) Beiträige zur Psychopathologie schizophrener Endzustäinde. Mitteilung. Über die Entstehung paraphrener Wahnbildungen und über Erinnerungstiiusehungen. Zeitschrift für die gesamte Neurologie und Psychiatrie, 435-444, hieraus S. 721f:
Beringer, K. & Mayer-Groß, W. (1925) Der Fall Hahnenfuß.
Ein Beitrag zur Psychopathologie des akuten schizophrenen Schubs. Zeitschrift
für die gesamte Neurologie und Psychiatrie, 209-250, hieraus S. 223f:
Eyrich, Max (1925) Zur Klinik und Psyehopathologie der pyknisehen
Sehizophrenen. Zeitschrift für die gesamte Neurologie und Psychiatrie,
682-723, hieraus S. 694:
Donatlh, Julius (1905) Zur l)sychopathologie der sexuellen
Perversionen. Zeitschrift für die gesamte Neurologie und Psychiatrie,
435-444, hieraus S. 443f:
Daffner, Hugo (1922) Zur Psychopathologie der Königsberger
Mucker. Zeitschrift für die gesamte Neurologie und Psychiatriem 151-,
hieraus S. 153f:
FN2) Mucker, vom germanischem muh (heimlich tun),
bedeutet ungefähr heimtückische Frömmler; zuerst für
die Anhänger des Jenenser Theologen Buddeus (1663—1729), dann vor
allem für die Anhänger der hier behandelten Sekte gebraucht,
FN3) Diese Jahreszahl ist irrtümlich. Archiv
für Psychiatrie. Bd. 67. 11"
In Kirn et al (2009), S. 7 wird ausgeführt:
Technik und Phantasie
Die Aufgabe der Technik ist die Optimierung von Leistungen. Es ist
die Domäne der Tüftler und Erfinder, die Selbstbewusstsein und
Selbstständigkeit, Erfahrung, Wissen, Experimentierfreude, Kreativität
und Phantasie brauchen. Das kann auch auf absurde Spitzen getrieben werden,
wie uns das die großen Inter-Giganten derzeit eindringlich vorführen.
Man kann der Übersichtsgraphik entnehmen, dass es eine ganze Reihe
von Fehlermöglichkeiten für nicht tatsächlich
realerlebnis-begründete Aussagen gibt. In sämlichen Fehlleistungen,
auch bei der Lüge, kann Phantasie eine Rolle spielen. Mit dieser bloßen
Zuordnung ist aber noch nicht viel gewonnen. Psychologisch interessanter
ist die Frage, wie man das unterscheiden, begründen und erklären
kann?
Auch beim Irrtum gibt es noch weitere Fallunterscheidungen. Die beiden
hauptsächlichsten Varianten sind: wird ein Irrtum für möglich
erachtet oder nicht und dann die Aussage mit Gewissheit vertreten, die
dann besonders überzeugend wirkt.
Potentielle Quellen für Phantasieantworten
bei Aussagen
Eine Phantasie ergänzt oder erzeugt einen Sachverhalt, der nicht
tatsächlich realisiert wurde.
Die Gretchenfrage lautet: warum geschieht das? Warum erzeugen oder
ergänzen Menschen Sachverhalte, die nicht stattgefunden haben?
In der Regel geschieht dies nicht bewusst. Geschieht es mit Wissen
und Absicht, liegt eine Lüge vor. Es sind aber auich Zwischen- oder
Grenzzustände möglich, wo der Erzählende Phantasieanreicherungen
für möglich hält.
Hypothesen zur Frage, was kann hinter der
Phantasieproduktion bei Aussagen stecken?
H2 Erwartungsdruck
Der Befragte nimmt an, das der Vernehmende etwas hören oder will.
Der Befragte fühlt so etwas wie "Lieferdruck". Ich muss etwas sagen,
das erwartet man von mir. Ich will brav sein., Ich will gefällig sein.
Ich darf nicht enttäuschen.
H3 Ergänzungsdruck
Der Befragte nimmt an, dass seine Erinnerungen so nicht vollständig
sind, Lücken haben. Der Befragte möchte nach seinen Vorstellungen
eine ganze Geschichte liefern.
H4 Assoziierte Merkmale, die sich in Vergegenwärtigung mischen
H5 Motivbedingte
Assoziationen
Wünsche, Bedürfnisse, Interessen, zusammengfasst motivbedingte
Gründe können Assoziationen, die nicht dem Wirklichkeitsgeschehen
entsprachen, hinzufügen.
H6 Wissensbedingte
Assoziationen
Das Wissen kann insofern einen Streich spielen, dass etwas erinnert
und ausgesagt wird, das gar nicht stattgefunden hat. Beispiel: Danach
hat er die Hose zugeknöpft. Das kann aus mehreren Gründen
mehrfach falsch sein: (1) weil er es nicht gemacht hat; (2) weil er gar
keine Hose mehr anhatte (nur die Unterhose); (3) weil die Hose gar nicht
zum Knöpfen war, sondern einen Reissverschluss hatte. Das kann durch
suggestive Vorgaben - was hat er dann gemacht - oder Bedrängen?
- wiederholgen oder verstärken der suggestiven Vorgabe - na sag
schon, was er dann gemacht, als er die Hose wieder anzog? Das lässt
sich durch anschließende Wissenprüfung weiter erkunden: Was
macht ein Mann alles, wenn er sich nach dem Aufwachen anzieht?
H7 Suggestive Vorgaben
Eine häufige und gefährliche externe Quelle für Phantasieantwortungen
sind Suggestivfragen
der Explorierenden oder Vernehmenden. Je mehr diese als Autorität
anerkannt werden, desto stärker sind diese Fehlerquellen.
Phantasien, die auf suggestive Vorgaben zurückgehen
können, sind grundsätzlich leicht erkennbar, wenn wortwörtliche
Fragen oder Vorgaben erfasst sind.
H8 Bedrängen
Bedrängen ist mehr als eine suggestive Vorgabe. Beispiele: Sag,
war es nicht nicht so? Noch massiver: Sag doch endlich, war es nicht so.
Oder: Das hast Du schon einmal zugeben!
H9 Eingeredet
Einreden hat vor der Aussage stattgefunden. Durch das Einreden wird
der eingeredete Sachverhalt Teile der - dann falschen oder verfälschten
- Erinnerung. Was man meinte erlebt zu haben, hat man gar nicht so erlebt,
sondern durch das Einreden in die Erinnerung (falsch) eingearbeitet.
Aussagepsychologiegeschichtliche Anmerkungen
Der Phantasiebegriff
in Begabung (1976), S. 132:
"1. Begriff der Phantasie und des kreativen Denkens
Wenn die Gedanken (z. B. Problemlösungen) und Vorstellungen eines
Menschen nicht von anderen übernommen, vielmehr für ihn und die
Population, in der er lebt, neu sind, sprechen wir von kreativen Gedanken
bzw. von Phantasieprodukten.
Die Phantasieleistungen und kreativen Denkleistungen
enthalten jeweils als ganze ein Moment des Neuen, oft des Originellen,
auch wenn die einzelnen Teile desselben („Elemente") schon vorher bekannt
waren. Schon Existierendes wird also neu verknüpft {K03h},
neu gestaltet. ...
Den Begriff „produktives" Denken vermeiden wir hier,
weil wir ihn im System unserer Arbeitsbegriffe als Gegensatz zum rezeptiven
und zum reproduktiven Denken benötigen — das Moment des „Neuen" ist
für unseren Begriff des produktiven Denkens nicht so entscheidend
wie die Tatsache, daß der Denkende seine Gedanken se1bst
entwickelt, sie selbst hervorbringt und sie nicht etwa nur aufnimmt, auffaßt,
nachdem sie von anderen dargeboten worden sind. Kreatives Denken ist nach
dieser Begriffsbestimmung immer produktiv, aber nicht jedes produktive
Denken ist kreativ.
Der Begriff der Phantasie soll sich in unserem System
der Arbeitsbegriffe nur auf den Bereich der Vorstellungen, das kreative
Denken auch auf den Bereich der abstrakten Gedanken beziehen."
Phantasie
in der Psychologie der Zeugenaussage (1993, 3. A.)
Es finden sich folgende Sachregistereinträge: Phantasieeinfälle
und -produkte 28, 34, 49, 53, 114, 121, 123 —, Wiedererinnerung von 54
Phantasieprüfung 34, 72, 128.
Phantasie bei Stern (im Bereich Aussagepsychologie)
Reader (ausgelagerte):
Werke zur kognitiven
Psychologie
In den folgenden Werken fand sich kein Sachregistereintrag
"Fantasie" oder "Phantasie":
Suchen in der IP-GIPT,
z.B. mit Hilfe von "google": <suchbegriff>
site:www.sgipt.org
z.B. Definition definieren site:www.sgipt.org. |
korrigiert
Unvollständige Ausagen
Das hat der Mann mein Gesicht runtergdrückt. Wohin runter?]
Dann ist er gekommen. [Woher, wohin, wie, auf welche Weise?]