Internet Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie
    (ISSN 1430-6972)
    IP-GIPT DAS=20.06.2002 Internet-Erstausgabe, letzte Änderung: 24.11.16
    Impressum: Diplom-PsychologInnen Irmgard Rathsmann-Sponsel und Dr. phil. Rudolf Sponsel
    Stubenlohstr. 20     D-91052 Erlangen  Mail:_sekretariat@sgipt.org_Zitierung & Copyright

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    Willkommen in der Abteilung Diagnostik und Differentialdiagnostik in der Allgemeine und Integrativen Therapie, hier:

    Was-Ist-Fragen in der Diagnostik (WIF)
    WIF-Fallstricke, Tücken und Probleme

    von Rudolf Sponsel, Erlangen

    Eines der wichtigsten Wörter unserer Sprache ist das Wort "ist". Es ist zugleich eines der philosophisch gefährlichsten. (Wolfgang Stegmüller)

    Teil 1:

    • Einführung
    • Was bedeutet: P hat D?
    • Paradigma der Diagnostik
    • Das Fehler- Paradigma in der Diagnostik
    • Grundproblem der Diagnostik und Differentialdiagnostik
      • Die Vieldeutigkeit der Symptome
      • Nosologische und ätiologische Bedeutung von Syndromen (Symptom- Konfigurationen)
    • Fehlerquellen in Explorationen und Befragungen.
    _
    Teil 2:
    • Evaluationsstrategien in der Psychodiagnostik und das Einzelfallproblem
      • Idealdesign Risikoliste.
      • Diskrimanzanalyse zur Trennung von Merkmalsgruppen-
      • Bedingte Wahrscheinlichkeiten


    Teil 3:
    Querverweise

    Teil 1

    Einführung: Im folgenden verwende ich für Personen die Abkürzung P und für Diagnosen D. Die allgemeine Gretchen- und Standardfrage der Diagnostik lautet: was hat P? Aus dieser Fragestellung ergibt sich die gewöhnliche Antwort: P hat D. Man könnte auch in der philosophisch- logischen Tradition sagen: D kommt P zu. Andere Formulierungen sind: D gehört zu P, P zeigt D. Ganz nachlässig ist die Formulierung P ist D (P ist schizophren).

        Aus der Fragestellung - was hat P? - ergibt sich der Anschein, daß das, was P "hat", existiert: man kann es (D) haben. Hier empfiehlt sich aber Vorsicht. Nicht alles, was in der (angewandten) Wissenschaft - in Medizin, Psychiatrie und Psychologie -  definiert wird, muß auch existieren oder nicht in der Weise oder Welt, wie man meint. Ob ein gewisses, vermutetes oder interessierendes D - auch im Hinblick auf spezielle Raum-Zeit-Orte - existiert, kann Gegenstand wissenschaftlicher Fragestellungen sein.

        Fragetypologisch handelt es sich im übrigen um eine Suggestivfrage, weil sie mit Ja oder Nein beantwortet werden kann. Die bloße Frage nach der Existenz von etwas -  z.B. Gott, wahre Liebe, eine gerechte Welt, Schizophrenie oder Charakter - suggeriert schon, daß dieses Etwas existieren könnte. Doch Gott, wahre Liebe, eine gerechte Welt, Schizophrenie oder Charakter sind zunächst einmal nur Phantasien oder Ideen, also Produkte der Phantasiewelt oder möglichen Welt. In welcher Weise die Definitioneinhalte existieren, ist oft Gegenstand langer Auseinandersetzungen und Streitereien in der Wissenschaft, wie z.B. um den Krankheitsbegriff, spezielle Krankheiten und Dianostikklassifikationen in der Medizin, Psychopathologie und Psychologie.

        Spätestens an dieser Stelle erkennen wir, daß wir verschiedene Welten unterscheiden müssen: die Welt der Wirklichkeit, die Welt der Möglichkeit, die Welt der Wünsche, die Welt der Phantasie, die Welt der Normen und Werte. Zusätzlich müssen wir berücksichtigen, ob diese Welten unabhängig von uns Menschen (Objektive Welt = Welt der Naturwissenschaft), für spezielle Völker, Gesellschaften oder Gruppen oder auch nur für ein Individuum gilt, das z.B. Stimmen hört ohne äußere Wahrnehmungsquelle, sie aber einer äußeren Wahrnehmungsquelle zuordnet (akustische Halluzination). Nach dieser Perspektive gibt es objekitve, intersubjektive, gruppensubjektive und subjektive Welten. Das Selbstbild, das ein Menschen z.B. von sich hat, gehört zur subjektiven Welt. Die grundlegende Wissenschaft der subjektiven Welten ist die Psychologie, der gruppensubjektiven Welten die Sozialpsychologie und Soziologie, der intersubjektiven Welten Anthropologie und Philosophie. Die objektive Welt ist Gegenstand der Naturwissenschaft (Physik, Astronomie, Chemie, Biologie, Geographie, angewandte Mathematik). An der Welt der Möglichkeiten haben alle Wissenschaften Anteil.

    Was bedeutet: P hat D ?
    Hat P eine Schizophrenie?Hat P einen Schnupfen? Hat P eine Aufmerksamkeits- Defizit- Störung? Hat H eine Borderline- Persönlichkeitsstörung? Hat P eine abweichende sexuelle Orientierung? Wozu sollten solche Einteilungen, Klassifikationen und Zuordnungen gut sein?
    Der Sinn und Nutzen von Diagnosen besteht gewöhnlich darin, daß sich aus den Diagnosen therapeutische Handlungsanleitungen ergeben. Man wird einen Wahn anders behandeln, jenachdem ob man einen Hirn-Tumor, eine Schizophrenie, eine schizoid-paranoide Persönlichkeit, eine Reaktion auf Drogenkonsum oder eine besondere Lebenskrise erkennt.

    Was geschieht eigentlich - wissenschaftlich betrachtet - genau, wenn z.B. Heilfachkundige Was-Ist-Fragen (WIF) zur Diagnostik zu beantworten suchen? Nun, die Heilfachkundige vergleicht den Inhalt der Definition von D mit dem, was sie in P findet.

    Paradigma (Grundmodell) der Diagnostik

    Grundvoraussetzung für eine erste Verdachts- Diagnose ist, daß überhaupt Diagnosekriterien definiert sind. Diagnostizieren ist dann nicht anderes als Prüfen, Feststellen - und Dokumentieren -, ob sich der Definitionsinhalt bei der Person (Medizin, Psychologie), im Objekt (Chemie, Physik, Technik, z.B. KFZ Diagnose) oder im Sachverhalt (Tatbestand in den Gesetzbüchern, Wettervorhersage) findet.
     

    Das Fehler- Paradigma in der Diagnostik

    Die Redeweisen zu den grundsätzlichen Fehlermöglichkeiten in der Diagnostik sind nicht immer einheitlich. Im folgenden legen wir für uns - in der IP-GIPT - folgende Sprachnormierung fest:
     
                          Diagnose /
    Diagnosesachverhalt 
    Diagnose als richtig angenommen:  Diagnose als falsch angenommen
    Diagnosesachverhalt richtig a) richtig positiv  b) falsch negativ 
    Diagnosesachverhalt falsch  c) falsch positiv  d) richtig negativ

    Querverweise: Alpha- und Beta-Fehler in der Statistik  * Heilkunde-Paradigma *  Das Bayes'sche Theorem
     

    Die Grundprobleme der Diagnostik und Differentialdiagnostik

    Die Vieldeutigkeit der Symptome

    Diagnosekriterien (Symptom) können zu verschiedenen Krankheiten oder Störungen gehören. Damit stellt sich die Gretchenfrage: Welche Störung oder Krankheit zeigt dieses Diagnosekriterium (Symptom) an?

    Diagnosekriterien (Symptome) treten nicht immer bei bestimmten Krankheiten oder Störungen auf. Damit stellt sich die Gretchenfrage: Wie ist es in diesem Fall? Bedeutet es nun, daß das Fehles des Diagnosekriteriums gegen das Vorliegen einer vermuteten Krankheit oder Störung spricht? Oder bedeutet es in diesem Fall, daß die vermutete Krankheit oder Störung zwar vorliegt, aber ohne das Diagnosekriterium (Symptom)?

    Nosologische und ätiologische Bedeutung von Syndromen (Symptom- Konfigurationen)

    Oben wurde bereits ausgeführt: Man wird einen Wahn anders behandeln, jenachdem ob man einen Hirn-Tumor, eine Schizophrenie, eine schizoid-paranoide Persönlichkeit, eine Reaktion auf Drogenkonsum oder eine besondere Lebenskrise erkennt.

    Aus dem ergibt sich sofort und zwingend: Hinter Symptomen oder Syndromen können unterschiedliche Ursachen stecken. Das ist das klassische Krankheits-Modell der Medizin und damit auch der Psychiatrie. Daraus ergibt sich die naheliegende Idee: jenachdem, welche Ursachen den Symptomen oder Syndromen zugrundeliegen, sind auch unterschiedliche therapeutische Maßnahmen angezeigt. Mir erscheinen diese Ideen einleuchtend, ja geradezu zwingend und ich verstehe im Grunde nicht, wie man gegen dies manchmal sogenannte medizinische Krankheitsmodell argumentieren und polemisieren kann. Jeder Kliniker weiß, daß die Symptome vieldeutig sind. So gesehen könne wir ganz allgemein die Frage nach dem richtigen Krankheitsmodell neu formulieren:

    Woher kommen die Symptome und Syndrome, was bedeuten sie?
     

    Fehlerquellen in Explorationen und Befragungen.
     
     



    Teil 2

    Evaluationsstrategien in der Psychodiagnostik und das Einzelfallproblem

    Der größte Teil psychodiagnostischer Forschung ist nicht geeignet, bei einem Einzelfallproblem zu helfen, weil es keinen begründbaren Schluss von einer Gruppenzugehörigkeit auf den Einzelfall gibt. In den meisten Gruppen gibt es einen erheblichen Teil von Merkmalsträgern, deren Werte

    Terminologische Grundlagen

    Stichprobencharakteristik (STC)
    Bei vielen Forschungsfragen werden Menschen, die bestimmte Merkmale gemeinsam haben, in einer Stichprobe zusammengefasst oder, insgesamt gedacht, zu einer Population gedacht.

    Beispiele:
    Alle 7-8 Jährigen in Volksschulen des Bundeslandes Bayern. Hier gibt es drei Kriterien, die die Stichprobencharakteristik definieren: STC.1 Altersklasse, STC.2 VolksschülerInnen, STC.3 Bundesland Bayern.
    Nun kann man z.B. einen Intelligenztest durchführen

    Gegeben seien n Individueen, die mindestens Merkmal gemeinsam haben, z.B. (1) Altersklasse, (2) Berufszugehörigkeit, (3) Geschlecht, (4)  Schulbildung, (5) Angstzustände, (6) Depression, (7) Zwangshandlungen, (8) legaler Wafferbesitzer, (9) vorbestraft wegen ..., (10) eine Intelligenz mit 90 < IQ < 110, (11) wohnhaft in der Gegend, (12) eine Lebenszufriedenheit  > PR=50 usw.

    Die Schlussfigur



    Teil 3


    Änderungen wird gelegentlich überarbeitet, ergänzt und vertieft * Anregungen und Kritik willkommen
    tt.mm.jj


    Querverweise
    Standort: Was-Ist-Fragen in der Diagnostik.
    Überblick Diagnostik in der IP-GIPT.
    • Probleme der Differentialdiagnose und Komorbidität
    • Kritik und Alternative zur Traditionellen Diagnostik in der Psychopathologie
    • Testtheorie der Allgemeinen und Integrativen Psychotherapie
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    • Vergleichen in der Psychotherapie
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    z.B. Diagnostik site:www.sgipt.org. 


    Zitierung
    Sponsel, Rudolf (DAS). Was-Ist-Fragen in der Diagnostik. WIF-Fallstricke, Tücken und Probleme  IP-GIPT. Erlangen: https://www.sgipt.org/diagnos/wif2.htm
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