Willensfreiheit
Pro und Contra
Bericht und Kritik vom Symposium turmdersinne
2004
Freier Wille - frommer Wunsch? Gehirn und Willensfreiheit
von Rudolf Sponsel, Erlangen
(1) Das war ein grundsätzlich betrachtet sehr interessantes und vielfach lehrreiches Symposium zum Thema Willensfreiheit. Zusammenfassungen der Referate und Hinweise kann man der Homepage turmdersinne entnehmen. Der Schwerpunkt meines Berichts wird daher hauptsächlich kritischer Natur sein. Die Atmosphäre war gut, streckenweise scheinen rund 500 TeilnehmerInnen - interessierte Laien, Mediziner-, Physiker-, Psycholog-, Psychiater-, Psychotherapeut-, Neurobiolog-, Philosoph-, Jurist- Theolog- und KognitionswissenschaftlerInnen - aus dem ganzen deutschen Sprachenraum teilgenommen zu haben, was für ein großes Interesse spricht. Das Thema Willensfreiheit ist seit einiger Zeit wissenschaftlich sehr in Mode gekommen, was ein offensichtlich großer Teil der akademischen Psychologie verschlafen hat und nunmehr konsterniert feststellen muß, daß einige große psychologische Themen von anderen Wissenschaften aufgegriffen und ausgearbeitet werden.
(2) Die Auswahl der überwiegend als hochkarätig bewerteten ReferentInnen - allesamt gute Redner- und PräsentierInnen - war etwas einseitig. So fehlten SoziologInnen, PraktikerInnen und wenigstens eine PsychotherapeutIn, aber auch methodenkritische ExperimentalpsychologInnen.
(3) Und sehr enttäuschend war, daß keine einzige ReferentIn sich darum bemühte, "den" freien Willen operational zu definieren und auf dieser Basis experimentelle Entscheidungsversuchspläne zu entwickeln. Den Versuch von Libet kannten natürlich alle, niemand sah sich aber veranlaßt, diesen Versuch im Detail kritisch zu untersuchen. Zumindest von Prinz - "Kritik des freien Willens. Warum es ihn eigentlich nicht gibt, praktisch aber doch" - wäre dies zu erwarten gewesen. Wenn es Experimente gibt, die nach Auffassung der NeurobiologInnen gegen die Willensfreiheit sprechen, so sollten im Prinzip auch solche formulier- und konstruierbar sein, deren Ausgang für die Willensfreiheit spricht. Es scheint aber unter den NeuroscientistInnen niemanden zu geben, der zu klaren operationalen Definitionen und experimentellen Entscheidungsversuchsplänen willens oder in der Lage scheint. So wurschtelt man naturwüchsig irgendwie vor sich hin und verkauft das Ganze auch noch sehr erfolgreich als Wissenschaft. Am meisten verblüfft war ich vom Vortrag von Prinz, zwar glänzend gehalten, in mehrerlei Hinsicht: (3.1) freier Wille wurde nicht operational definiert, (3.2) es wurden keine Wahlexperimente thematisiert, obwohl eine klassische psychologische Definition ja bedeutet, frei heißt auswählen können. (3.3) Ja, Prinz behauptete sogar, der freie Wille sei kein Untersuchungsgegenstand der Wissenschaft Psychologie. Damit nimmt er dogmatisch vorweg, was er doch eigentlich kritisch untersuchen und belegen sollte. Ich konfrontierte ihn daher in der Diskussion mit einem 'Life-Experiment WAZ' (oBdA):
Linken Arm heben {ich zeige es und hebe den linken Arm}sei Wappen, rechten Arm heben {ich zeige es und hebe den rechten Arm}bedeute Zahl in Simulation Ich möchte nun einen Münzwurf simulieren, sagen Sie bitte Wappen oder Zahl." Professor Prinz entscheidet sich für "Zahl". Ich tue daraufhin gar nichts, und sage dies auch mit den Worten: "Ich habe meine Meinung geändert" und dies sei Ausdruck meiner Willensfreiheit. Prinz: "Schwer zu beurteilen. Da kann man viel dazu sagen." |
Prinz faßte seine Position in eine sehr eindrucksvolle Metapher,
als er fragte: "Hat der Mensch Räder?" und antwortete: "Eigentlich
nicht, praktisch aber doch." ... wenn man ans Rad, Fahrrad und Auto
denkt. Das ist zugegebenermaßen eine sehr schöne rhetorische
und
metaphorische Figur, aber ist es auch eine zutreffende Analogie? Räder
hat sich der Mensch technisch geschaffen, wie ein Werkzeug. Kann die Konstruktion
des freien Willens auch als ein solches Werkzeug aufgefaßt werden?
Die Analogie wäre dann wirklich überzeugend, wenn das Werkzeug
tatsächlich zu freien Entscheidungen führte, wie ein Auto tatsächlich
zum Fahren auf Rädern führt. Das meint Prinz aber nicht. Freier
Wille wird nicht technisch erfunden und angeeignet, wie ein Rad, sondern
bleibt, aus Prinzens wissenschaftlicher Perspektive gesehen eine Illusion,
die aber, das gestehen fast alle zu, sehr nützlich und angenehm sein
kann, vergleichbar etwa dem Glauben an Gott, an ein Weiterleben nach dem
Tode, ans Paradies ...
Anmerkung: Prinz
Position 1995.
(4) Ein ganz schlimmer und kaum verständlicher
methodologischer Fehler, der von NeurowissenschaftlerInnen sehr gerne gemacht
wird, wurde von Prof. Walkowiak eindrucksvoll demonstriert, wenn er etwa
ohne weitere Erläuterung oder Begründung vom Begriff "freier
Wille" zu "bewußter Wille" übergeht, als
ob es eine nicht weiter begründbare, zu begründende oder ausgemachte
Tatsache sei, daß freier Wille dem bewußten
Willen gleich zu setzen ist. Freier Wille muß sich nicht zwingend
im bewußten Erleben abspielen, das genau zu untersuchen, erfordert
eben klare operationale Definitionen. Kritik in der Diskussion an diesem,
seinen Vorgehen schien er nicht zu verstehen. Es ist eben keineswegs klar
oder auch nur versuchsweise expliziert, daß "freier Wille"
gleich "bewußter Wille" ist. Das ist erst recht gefordert,
wenn man die Entscheidungen ins Unbewußte verlagert und das Bewußtsein
als unbedeutendes und nachgeordnetes Epiphänomen sieht. Das Bewußtsein
kann einerseits als letztes Glied in einem mentalen Ring
(nicht zwingend Kette, wie man gerne nicht immer zweckmäßig
metaphert) und andererseits aber auch wieder Ausgangs- und Anfangsglied
für neue Prozesse in einer ständigen Rückkopplungsschleife
[Modellveranschaulichung]
des Seele-Geist-Körper-[Umwelt, wie Tetens schön zeigte] Systems
vorgestellt werden. Hier wären sorgfältige psychologische Begriffsunterscheidungen
- wie etwa von
Düker seine Willensexperimente konzipierte - Aufgabe,
Entscheidungsprozeß,
Entscheidung,
Entschluß,
Handlung
nötig. NeurowissenschaftlerInnen haben aber im allgemeinen keine bis
wenig Ahnung von der (experimentellen) Willens-, Entscheidungs- und Handlungs-
Psychologie, was man auch an den nachgerade phantastischen Deutungen zu
Libets
Experiment sehen kann. Die nicht selten etwas laxe und vieldeutige
metaphorische Ausdrucksweise einiger NeurowissenschaftlerInnen - etwa Singers
Das
Gehirn denkt sich;
das Gehirn entscheidet und ähnlicher
Unsinn - wurde auch von VerneinerInnen der Willensfreiheit zugestanden,
allerdings bagatellisiert.
Anmerkung: Ähnlicher
Fehler bei Neumann & Prinz 1987.
(5a) Die Problematik freier Wille und Bewußtheit schien auch Professor Engel weder einer kritischen Untersuchung noch einer Problematisierung würdig. Auf die Frage, ob er Studien kenne, die den freien Willen im unbewußten Bereich untersuchten, und falls nicht, ob es dann überraschend wäre, wenn man darüber eben nichts wüßte und auch nichts sagen könnte, gab er zu erkennen, daß er diese Möglichkeit für Unsinn halte. Dem halte ich entgegen, daß ich es für Unsinn halte, eine Meinung zu äußern über ein Gebiet, das man gar nicht untersucht hat. Denn bei so grundlegenden Fragen, ob, wie, wo der freie Wille im Gehirn etabliert sein könnte, wieso sollte hier ein dogmatisches Vorurteil das Geschäft der Wissenschaft ersetzen? Erst recht, wenn man sich vergegenwärtigt, daß eines der Ergebnisse der neurobiologischen Hirnforschung das ist, daß die allermeisten Prozesse im Gehirn nicht bewußt ablaufen. Wie sollte der freie Wille nicht eine komplizierte Sequenz vielfach vernetzter bewußter und unbewußter neuronaler Repräsentationen sein? Wenn niemand sich einen Untersuchungsplan ausgedacht hat, zu erforschen, wie freier Wille unbewußt repräsentiert sein könnte, wieso sollte man dann einfach annehmen dürfen, etwas sei so, wie man es sich einfach so - vorurteilsmotiviert - denke? (5b) Sehr interessant für mich als auch forensisch tätigen Psychologen war die Darstellung der Versuche zur Aufmerksamkeitslücke, wobei auch die P300 Welle, die neuerdings zur Entwicklung einer Brain fingerprint Methode (Farwell) in den USA führte und die Mitteilung Professor Engels, daß die Ergebnisse der Aufmerksamkeitslückenmethode auch Raum gegen Farwells Brain fingerprint Methode ließen. (5c) Insgesamt fühlte ich mich bei diesem Vortrag Gehirn, Zeit und Bewusstsein. Zur funktionellen Rolle neuronaler Synchronisationsprozesse in eine Physiologievorlesung versetzt. Das war zwar alles ganz spannend und interessant, das Thema freier Wille wurde aber nur sehr bruchstückhaft zum Schluß berührt, so daß mir letztlich der Bezug zum Symposiumsthema nicht recht einsichtig war.
(6) Einige sprachen gar nicht zu dem Thema, das ausgewiesen war. So wäre es etwa spannend gewesen, von Professor Wuketits zu erfahren, wie sich denn bei unserem Vetter, dem Affen, Willensfreiheit untersuchen und beurteilen ließe. Die Mehrzahl der ReferentInnen schien sich aber zu kennen und sie erweckten den Eindruck, als sei es vollkommen klar, daß es keinen freien Willen gäbe, so daß sogar hin wieder ein rhetorisches Klagen anhob, wann denn nun endlich einmal eine ReferentIn käme, die endlich - rhetorisch herbeigesehnt - den freien Willen verteidigen und vertreten würde. Das geschah dann erst am Sonntag einmal durch den Theologen Professor Schockenhoff, der zu meiner Überraschung wissenschaftstheoretisch mit die kritischste Position einnahm und zum anderen auch durch Professor Kettner mit seinem Referat Selbstbestimmung. Das latente Thema der Willensfreiheit. Die hübsche Metapher des Einhorns (gibt es das Einhorn? Eigentlich nicht, als Phantasie aber doch) von Professor Prinz scheint auf die - freiwillige oder wodurch determinierte? - ReferentInnenauswahl überwiegend zuzutreffen: man blies weitgehend in ein Horn, die Willensfreiheit sei nur eine nützliche Fiktion. Umso bedeutsamer erwiesen sich die gesellschaftskritisch realistischen und soziologisch nachvollziehbaren Bedenken, die Professor Kettner thematisierte, alle anderen ReferentInnen scheinen in einer anderen heilen Welt zu leben, obschon doch die Heftigkeit der öffentlichen Debatte nicht nur als ein Sturm im Wasserglas von KathederwissenschaftlerInnen bewertet werden sollte. Willensfreiheit ist 'in' und zwar auch, aber nicht nur eine Modeströmung in der Wissenschaft. Hier sind Weltanschauungen und Weltbilder, Ideologien und auch tiefgreifender das Selbstverständnis vieler Menschen berührt.
(7) Zufall und Wahrscheinlichkeit spielte merkwürdigerweise keine besondere Rolle, obwohl die Chaostheorie des öfteren in der Diskussion ins Spiel gebracht wurde. Schon die bloße Tatsache, daß man sein Handeln nach außen verlagern und von Zufallsgeneratoren abhängig machen kann (Zufallsexperiment, WAZ-Experiment) aber auch das allgemeine Phänomen zufälliger (Un)- Bestimmtheit hätte eine Erörterung verdient, wobei eine Tagung natürlich nicht alles leisten kann.
(8) Walde (Was ist Willensfreiheit? Freiheitskonzepte zwischen Determinismus und Indeterminismus) und Walter (Marionetten des eigenen Gehirns? Zur Neurophilosophie der Willensfreiheit) arbeiteten die verschiedenen philosophischen Positionen und Standpunkte übersichtlich heraus. Demnach gibt es im wesentlichen den Determinismus und seine Kombination mit der Willensfreiheit. Der Deterministische Standpunkt, der Willensfreiheit zuläßt, heißt Kompatibilismus (verträglich), die Variante, die Willensfreiheit ausschließt, Inkompatiibilismus (unverträglich). Die philosophischen Positionen und Debatten führen aber sicher nicht weiter, deshalb kann man sie im Prinzip vernachlässigen. Sofern Positionen Kriterien enthalten, die grundsätzlich nicht erfüllbar sind wie z.B. "unter identischen Bedingungen", sind solche Debatten sinnlos. Willensfreiheit kann überhaupt nur sinnvoll durch empirisch-experimentelle Wissenschaften untersucht werden und hierzu können PhilosophInnen keine originär sachdienlichen Beiträge leisten, aber mit kritischer Reflexion helfen.
(9) Prof. Tetens wollte uns mit seinem sehr interessanten Vortrag - Freiheitsbegriff und Lebenspraxis. Ändert sich etwas für uns, wenn wir nicht frei sind? - glauben machen, daß sich im Grunde ja gar nichts verändert, wenn die Menschheit das Postulat der Willensfreiheit fallen ließe. Obwohl auch er in der Podiumsdiskussion einräumt, daß wir heute vor großen und bedeutsamen Veränderungen in der Wissenschaft stehen. Viele NeurowissenschaftlerInnen sprechen sogar davon, daß die - angebliche - "Widerlegung" der Willensfreiheit nach Kopernikus, Darwin und Freud als die vierte große und letzte Kränkung und Desillusionierung des Menschen angesehen werden kann. Siehe: Konsequenzen, wenn es keine Willensfreiheit gibt.
(10) Nicht beurteilen kann ich Professor Kanitscheiders Referat (Was können wir tun? Willens- und Handlungsfreiheit in naturalistischer Perspektive) weil ich es weitgehend nicht verstanden habe. So blieb für mich offen, was wir tun können, obschon es mich sehr interessiert.
(11) Sehr interessant, besonders die weitreichenden historischen Ausführungen zur Ratgeberliteratur, speziell in Sachen Willen war das Referat von Frau Professor Maasen (Entscheiden Sie sich! Wie Ratgeber den Willen trainieren - gestern und heute) wobei aber nicht so recht klar wurde, wozu die Ratgeber gut sein sollen, wenn es doch keinen freien Willen gibt. Hier wäre es doch sehr interessant gewesen, zu untersuchen, in welcher Weise Willensratgeber und Selbstmanagement nutzen können, wenn man sich im Lichte der Neurowissenschaft doch gar nicht selber managen kann.
(12) In meiner forensischen Funktion war ich auf den Vortrag - Willensfreiheit und Schuld. Konsequenzen für das Strafrecht? - von Professor Merkel besonders gespannt. Auch er vertrat die Position, daß es keine Willensfreiheit gibt und daher auch keine vorwerfbare Schuld. Das Schuld- und damit das Sühneprinzip entfiele, sonst könne alles beim Altem bleiben. Das Frankfurt-Gedankenexperiment, wonach ein betrunkener Autofahrer einen Fußgänger notwendig töten muß, weil ein gedachter Dämon, wenn er bremste, die Bremsen außer Kraft setzen könnte, hinkt insofern, weil er ja, wenn er bremste, keine Tötungsabsicht hätte und die Tötung dem Dämon anzulasten wäre. Der Fahrer hätte also allenfalls wegen Trunkenheit im Verkehr verurteilt werden können.
(13) Podiumsdiskussion: Zwischen Freiheit
und Determiniertheit: Wo steht der Mensch? (Zusammenfassung)
Podium: Prof. Dr. Bernulf Kanitscheider, Prof. Dr. Matthias Kettner,
Prof. Dr. Reinhard Merkel, Prof. Dr. Eberhard Schockenhoff, Prof. Dr. Holm
Tetens, Dr. Dr. Henrik Walter. Moderation: Dr. Carsten Könneker
(Chefredakteur Gehirn und Geist).
In der Diskussion zeigten sich die Positionen sehr schnell klar. Das
Ergebnis läßt sich einfach, kurz und dicht durch die Reaktionen
der Podiumsteilnehmer auf die Frage von Irmgard Rathsmann-Sponsel darstellen.
Sie fragte:
"Wir haben gestern und heute sehr viel darüber gehört, wer von Ihnen wann, wo und in welchem Zug auf welchen Knopf gedrückt hat. Das hat in mir eine Frage ausgelöst, auf die ich gerne von Ihnen allen ein kurzes Signal als Antwort hätte: Hatten Sie die Wahl, die Einladung zu diesem Symposium anzunehmen oder abzulehnen? Mir genügt als Signal, wenn Sie alle mit dem Kopf nicken." |
Es nickten deutlich die Prof. Schockenhoff und Kettner. Die Prof. Merkel,
Tetens und Walter zeigten eine klare Steife und Nickhemmung. Bei Prof.
Kanitscheider hatten Rudolf Sponsel und Irmgard Rathsmann-Sponsel einen
selektiven Wahrnehmungskonflikt. Sponsel meinte, Prof. Kanitscheider habe
nicht genickt, Rathsmann-Sponsel meinte, er habe genickt. Eine Mailnachfrage,
ob er denn nun genickt habe oder nicht, blieb bislang unbeantwortet.
Nachtrag: Am 12.10.4 bestätigt Prof. Kanitscheider
per Mail sein Nicken.
***
Eine besondere Köstlichkeit am Samstag Abend war ohne Zweifel das Kabarett Abendprogramm Oliver Tissot (Freier Wille - frommer Wunsch? Viele Freier ... wünschen Fromms!). Wir haben wirklich sehr gelacht.
Welten
und Perspektiven
unter denen ein Sachverhalt betrachtet werden kann
Das Perspektivenproblem wurde auf dieser Tagung sehr unzulänglich
und wenig problembewußt erörtert. Möglicherweise sahen
die meisten ReferentInnen hier aber auch kein Problem bzw. ein leicht aufklärbares,
wenn man sich denn präzisierte.
Grundbedingungen
einer vernünftigen Untersuchung der Willensfreiheit
Klärung und experimentell verwertbare Operationalisierungen solcher
Begriffe wie "Ich", "mich", "Selbst", "wir", "uns", "reflektieren", "entscheiden,
"entschließen", "handeln", "frei", "absichtlich", "unabsichtlich",
"bewußt", "unbewußt", "unterbewußt", "nicht bewußt",
"kausal", "Kausalkette", "vergleichbare Bedingungen" u.a.m. Im Grunde funktioniert
das nur mit einer psychologischen und neurobiologischen Theorie der Psyche
und des Menschen. Hierbei sind die Termini streng zu unterscheiden, unter
welcher Perspektive [Perspektiven,
Welten,
Terminologie]
ein Sachverhalt und Terminus betrachtet wird. Damit möglichst wenig
kommunikative Verwirrung und Unklarheiten entstehen, sollten die Begriffe
bezüglich ihrer Perspektive auch indiziert werden, z.B. für Angst
oder Wahn.
Willensfreiheit
und Psychotherapie am Beispiel der Bewußtseinslenkung
Mentales Training, Gedankenstopp, Selbstreflexion,
Selbstkontrolle, Selbstlenkung, Selbstmanagement
Die Idee der Willensfreiheit ist optimistisch und fördert die
Möglichkeiten der Selbstbestimmung, ja ermöglicht überhaupt
erst so etwas wie Kontrollüberzeugungen in Bezug auf sich selbst.
So gesehen ist Holm Tetens' Phantasie, es änderte sich gar nichts,
wenn man das Konzept der Willensfreiheit aufgäbe, ziemlich sicher
nicht nur sehr naiv und ganz falsch, sondern auch destruktiv und fatal
jedenfalls für die Psychotherapie. Nehmen wir zum Beispiel die kognitive
Verhaltenstherapie bei Zwangskranken. Sie beruht im Kern auf zwei Therapieprinzipien:
Konfrontation und Reaktionsverhinderung. Inwiefern ist hier gleich zweimal
die praktische Version der Willensfreiheit erforderlich? Die Therapie setzt
voraus, daß die Zwangskranke die Wahl hat, sich (1) so oder so zu
konfrontieren oder nicht und (2) daß sie ihre übliche, als unerwünscht
bewertete Reaktion verhindern kann. Die Idee dahinter ist simpel: es wird
ein Regelkreis - therapeutisch meist Teufelfskreis genannt - unterbrochen.
Was bedeutet das im neuronalen Modell? Bestimmte Verknüpfungen, PhysiologInnen
könnten von Bahnung besprechen, werden durch verminderte Inanspruchnahmen
mehr und mehr gehemmt, bis die quasi automatisierten Verknüpfungen
- verhaltenstherapeutisch gesprochen - "gelöscht" sind.
Die
Rolle des Glaubens auf der Metaebene
Glauben heißt für wahr halten, ohne zu wissen, eine unverzichtbare
Funktion im Leben. Glaube ich an die Wirkung meiner Handlung, dann tue
ich sie oft auch. Glaube ich nicht daran, werde ich in den meisten Fällen
nicht handeln. So betrachtet führen Überzeugungen und Glauben
zu gewissen Handlungen oder nicht. Unser Tun und Lassen, ist sehr vom Glauben
bestimmt. So betrachtet kann man sagen: wer viel glaubt, erweitert seine
Freiheitsgrade, möglicherweise aber auch seine Möglichkeiten
zum Mißerfolg, woran er aber seinen Glauben korrigieren könnte.
Konsequenzen,
wenn es keine Willensfreiheit gibt
Willensanstrengungen erscheinen sinnlos. Entscheidungsfinden macht
keinen Sinn. Sich selbst organisieren wird überflüssig. Selbskontrolle
erscheint als Fiktion, Selbstmanagement im Grunde aussichtslos. Vorwerfbare
Schuld entfällt. Verantwortung gibt es nicht mehr. Fatalismus und
Schicksalsglauben wird der Boden bereitet. Das Selbstverständnis des
Menschen wird in seinen Grundlagen zutiefst erschüttert, wenn ihm
die Idee der Autonomie und Selbstbestimmung genommen wird. Wohlgemerkt:
Das darf auch ruhig sein, wenn es wirklich gut begründet ist. Was
die NeurobiologInnen und DeterministInnen anzubieten haben, ist allerdings
alles andere als gut begründet, da scheint sich eher eine neue szientistische
Religion zu etablieren. Und da, meine ich, ist die alte besser.
Die
Aufgabe der Zukunft: einen Automaten oder Roboter mit freiem Willen bauen
Am besten entscheidet man das Problem zur Willensfreiheit, indem man
einen Roboter oder Automaten baut, der Modelle der Willensfreiheit repräsentieren
kann.
"Was man sicher weiß, ist eigentlich trivial. Alles andere steht erst am Anfang." |
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