Internet Publikation für
Allgemeine und Integrative Psychotherapie
(ISSN 1430-6972)
IP-GIPT DAS=03.09.2000
Internet-Erstausgabe,
letzte Änderung: 27.01.20
Impressum:
Diplom-PsychologInnen Irmgard Rathsmann-Sponsel und Dr. phil. Rudolf Sponsel
Stubenlohstr.
20 D-91052 Erlangen * Mail:_sekretariat@sgipt.org__Zitierung
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Wünschen und Wollen__Datenschutz_Überblick_Rel.
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Wichtige
Hinweise Links u. Heilmittel
Willkommen in unserer Internet-Publikation
für Allgemeine und Integrative Psychotherapie, Abteilung Heilmittel-Lehre
& Heilmittel-Monographien, und hier speziell zum:
JWünschen
und
JWollen
1)
nach
Sponsel (1995), S. 215-217 Heilmittel-Monographien:
Übersicht und Querverweise
_
J_WÜNSCHE
BILDEN
wünschen =
....tun mögen
... haben mögen
... sein mögen
... gelten mögen
|
J_WÜNSCHE
AUFGEBEN
... nicht (mehr) wünschen
... nicht (mehr) tun mögen
... nicht (mehr) haben mögen
... nicht (mehr) sein mögen
... nicht (mehr) gelten mögen
|
Begriffsfeld:
Wunsch,
Motiv, Bedürfnis, Beweggrund, Wille, Absicht, Ziel, Begehren, Strebung,
Interesse, Neigung, Abhängigkeit, Sucht.
Gegenbegriffe:
Wunschlos,
bedürfnislos, willenlos, ziellos, interessenlos, unabhängig,
frei, lenkbar, steuerbar, beherrschbar. Negationen des Begriffsfeldes.
Basiswissenschaftlicher
Bezug: Allgemeine Psychologie (Motivation).
Alltagsformulierungen:
Ich
möchte ..., ich mag ..., ich wünsche mir ..., ich hätte
gern ..., ich will ..., ich wollte ..., ich brauche ..., ich muß
..., ich bin abhängig von ..., ich brauche unbedingt ..., ich kann
nicht leben ohne ...
Differentialdiagnose
Wunsch und Wille
Wille
= Wunsch + Energie + Lenkung
Wollen
= wünschen + Energie laden + lenken
Im
Willen steckt sowohl Energie und Kraft als auch etwas Gerichtetes, Ziel-Gerichtetes.
Ein Wunsch, der zum Willen wird, ist mit Energie geladen und hat eine Zielrichtung,
auf die hin Aktivitäten gelenkt werden. Lenkung impliziert Aktivitäten.
Während ein Wunsch immer gebildet und aufrechterhalten werden kann,
ohne daß etwas weiteres geschieht, bedeutet der Wille hingegen, daß
Realisationsaktivitäten erfolgen. Es ist nach dieser Einführung
von grundlegender Bedeutung, ob jemand von sich sagt, sie wünsche
oder er wolle.
Der Wunsch gehört ins Reich der Phantasien und Träume, der Wille
ins Reich der Wirklichkeit und Tat. Wille hat Aktivitätskonsequenzen,
der Wunsch nicht.
Praktische
Differentialdiagnose Wünschen und Wollen
MAZOKA
ist ein Kunstwort aus der Allgemeinen und Integrativen Willenspsychologie.
Es bedeutet: M = Mühe (bereitschaft), A = Ausdauer (bereitschaft),
Z = Zeit (Reservierung), O = Opfer (bereitschaft), K = Kosten (bereitschaft),
A = Anstrengung (sbereitschaft). Zur praktischen Differentialdiagnose zwischen
Wünschen und Wollen kann nun der MAZOKA-Begriff herangezogen
werden. Jemand wünscht nur, wenn sie/ er keine oder zu wenig MAZOKA
für ein Motiv aufbringt, einer will in dem Maße, wie sie/er
MAZOKA für ein Motiv aufbringt.
Anmerkung:
Waismann
geht sehr weit - zu weit für mich - , wenn er den Willen an eine vollendete
Handlung oder ein Tun knüpft. In seinem hochinteressanten Werk führt
er S. 10f aus: "Gibt es ein Erlebnis des Willens? Und wodurch unterscheidet
es sich von einem Erlebnis des Wünschens? Ist es etwa so, daß
ich schwach, stärker und immer intensiver wünschen kann und daß,
wenn die Intensität eine gewisse Grenze übersteigt, das Wünschen
zum Wollen wird? Das heißt, ist der Wille nur ein Wünschen von
außerordentlicher Intensität? Offenbar nicht; ich kann etwas
leidenschaftlich wünschen, es ersehnen mit allen Fasern meines Wesens,
mich vor Sehnsucht danach verzehren - und doch ist meine Sehnsucht nicht
zum Willen geworden. Was ist der Unterschied? Nehmen wir ein möglichst
einfaches Beispiel. Ich liege am Morgen im Bett und möchte aufstehen.
Ich sehe, daß es schon ziemlich spät ist, daß ich viel
zu tun habe und aufstehen soll. Ich nehme sozusagen einen Anlauf und -
bleibe liegen. Im Zimmer ist es kalt und ungemütlich, ich fühle
mich müde - kurzum ich stehe nicht auf. Dennoch wünsche ich ernstlich
dem Hin und Her ein Ende zu machen und aufzustehen; ich wünsche es
sogar sehr stark; ich ärgere mich über mich, daß ich noch
nicht aufgestanden bin; vielleicht wünschte ich mir, so zu sein, daß
ich in einem solchen Falle ohne Schwierigkeiten aufspringen könnte.
Aber alles das bleibt im Bereiche des Wünschens; gewollt habe ich
noch nicht. Erst wenn ich wirklich aufstehe, habe ich gewollt. Solange
ich das Aufstehen nur betrachtet, es mir vorgestellt oder herbeigewünscht
habe, war es eben beim Wünschen geblieben. Was hinzukommen muß,
um es zum Willen zu machen, ist die Tat."
Waismann bemerkt dann zu Recht, dass wir im Alltag vieles tun, wo keine
Willensimpulse bemerkbar sind, S.12f: "Im täglichen Leben tun wir
tausend Dinge, wie wir sagen würden, mechanisch, ohne daß dabei
von einem Wollen die Rede ist. Bei Tisch ergreife ich Messer und Gabel,
ich schenke mir Wasser ein, oder biete den anderen die Zuckerdose an, ohne
daß dabei irgendwelche Willensimpulse aufträten. Alles das fließt
mechanisch ab, ist tausendmal geübt und konventionalisiert worden
und ist fast [>13] schon so reflexartig, wie wenn ich mit der Hand eine
Fliege verscheuche, die sich auf meine Nase gesetzt hat. Meistens wollen
wir nicht; wir tun einfach etwas."
Im Anschluss daran entwickelt Waismann das Kriterium der Überwindung,
S. 13: "Zu einem Wollen kommt es erst, wenn in diesem glatten Ablauf eine
Stauung eintritt. ... Gäbe es keinen Widerstand, würde alles,
was ich tue, glatt und ohne Anstrengung abfließen, so käme es
gar nicht zum Erlebnis des Willens. Die erste Tatsache, die daraus folgt,
ist die: zu jedem Wollen gehört ein Widerstand, und das Wollen ist
auf die Überwindung dieses Widerstandes gerichtet." Dieses Kriterium
kommt unserer "MAZOKA" ziemlich nahe.
Aber: S. 15: "Wenn der Wille die Tat ist, so ist die Tat keineswegs der
Wille.
Verhält
es sich also mit dem Willen wie mit dem Mut? Ist man nur mutig, wenn man
zugleich irgendwie Furcht empfindet und diese Furcht überwindet? Oder
kann man mutig sein, ohne überhaupt zu wissen, was Furcht ist? Oder
ist das erst der rechte Mut?" Das ist ein interessanter Vergleich. Denn,
wenn Angst das Gefühl ist, das es mit Mut zu überwinden gilt,
dann heißt Mut, trotz Angst handeln. Das macht Sinn. Nur ein sich
Ängstigender kann auch mutig sein. Mutige sind also von Tollkühnen
und Verwegenen (z.B. Alexander
d.G.), denen es oft an Angst mangelt, streng zu unterscheiden.
Differentialdiagnose
Wunsch und Bedürfnis
Auf
einen Wunsch kann man eher verzichten als auf ein Bedürfnis. Wunsch
und Bedürfnis unterscheiden sich nach diesem Gesichtspunkt durch die
Stärke des Brauchens.
Differentialdiagnose
Wunsch, Bedürfnis und Sucht
Die
Sucht bezeichnet ein unnatürliches, querstatistisch gesehen unnormales,
übertriebenes Brauchen eines Suchtmittels (Anerkennung, Alkohol, Zuwendung,
Fernsehen ...). Es gibt potentiell unendlich viele Süchte oder Kombinationen.
Störungen
und Krankheiten des Wünschens. Mancher Mensch bleibt zu sehr,
zu oft beim bloßen Wünschen stehen, wo mehr der Wille gefragt
ist. Mancher Mensch tagträumt zu viel und entzieht sich der Realität,
so daß ein Teufelskreis in Gang gesetzt wird: da die Realität
immer unerfreulicher wird, wird vermehrt auf Ersatzbefriedigung in Phantasie
und Traum abgestellt, wodurch die Realität noch weniger angemessen
bewältigt werden kann usw. Mancher Mensch hat das Träumen und
Wünschen verlernt, da ist nichts nicht mehr, wonach sich zu greifen,
wofür sich zu leben lohnt. In der Schizozphrenie können die Wünsche
und Interessen verloren gehen: Leere, Trägheit, Desorientierung bestimmen
den Alltag und machen das Leben so affekt- und freudlos. Mancher
Mensch mag so viel, daß er sich immerzu nicht entscheiden kann; einen
Wunsch mit Energie auszuzeichnen bedeutet für diesen Menschen, die
anderen hinten anzustellen, aufzugeben. Hier wirkt sich eine falsche Einstellung,
eine falsche Theorie über das Wünschen ungünstig aus. Manche
mögen zu viel, meinen, nicht genug kriegen zu können. Manchen
ist frühzeitig abtrainiert worden, etwas wünschen zu dürfen.
Sie haben das Wünschen verlernt. Die Verbindung zwischen Bewußtsein
und dem Fühlen und Spüren der eigenen Wünsche ist gestört.
Schwere Desorientierungssyndrome und Sinnkrisen des Lebens können
die Folge sein. Weiß jemand nicht, was schön, angenehm, lustvoll,
befriedigend für ihn ist, liegt eine schwere und grundlegende Affektstörung
vor: fühlen und wünschen ist massiv beeinträchtigt (Alexithymie,
Anhedonie).
Anmerkung: Heilmittel
Aufgeben
von Wünschen und Wollen. Sind bestimmte Motive unrealisierbar, sei
es durch die Bedingungen, sei es durch das eigene Vermögen: mangelnde
Begabung, Fähigkeiten, Können oder durch andere Merkmale bedingt,
so kann Aufgeben zu einem sehr wichtigen Heilmittel werden, denn es befreit
und stellt die bisherige Energie für andere und vielleicht realistischere
Motive zur Verfügung. Es ist also auch sehr wichtig, daß man
bestimmte, unrealistischeWünsche oder Gewolltes auch aufgeben kann.
Literaturhinweis:Nach
Sponsel,
R. (1995) S. 215-217. Ebenda werden S. 193 - 200 die meisten
potentiellen psychologischen Heilmittel (neudeutsch: Wirkfaktoren oder
Heilwirkfaktoren) gelistet und ca. 180 - das sind längst nicht alle
- in der Literatur beschriebenen Heilmittel S. 387 - 404 dokumentiert.
-
Ach, Narziß (1910) Über den
Willen. Leipzig: ?
-
Assagipli, Roberto (1982) Die Schulung
des Willens. Methoden der Psychotherapie und der Selbsttherapie. Paderborn:
Junfermann.
-
Cranach,
Mario von & Foppa, Klaus (1995, Hrsg.) Freiheit
des Entscheidens und Handelns. Heidelberg: Asanger.
-
Düker, H. (1975)
Untersuchungen über die Ausbildung des Wollens. Bern: Huber. Seite
11
-
Düker, H. (1983)
Über unterschwelliges Wollen. Göttingen: Hogrefe.
-
Heckhausen,
H.; Gollwitzer, P.M. & Weinert, F. E. (1987, Hg.). Jenseits des Rubikon:
Der Wille in den Humanwissenschaften. Berlin: Springer.
-
Waismann, Friedrich (1983 verfasst
um 1945) Wille und Motiv. Stuttgart: Reclam.
-
Zimmermann, Rolf (1980) Wollen, Logik
und Entscheidungstheorie. Münchner Universitätsschriften. München:
Fink.
Glossar,
Anmerkungen und Endnoten: > Eigener
Wissenschaftlicher Standort.
GIPT= General and Integrative
Psychotherapy,
internationale Bezeichnung für Allgemeine und Integrative Psychotherapie.
__
1)
Mit
dem griechischen Buchstaben Theta J
(nach Jerapeia
(therapeia): Heilung) kennzeichnen wir Psychische Funktionen, wenn sie
Heilmittel oder Heilwirkfaktoren Qualität (Funktion) annehmen,
z. B. J
einsehen, J
zulassen unterdrückter Erinnerungen, J
stellen (konfrontieren), J
sich überwindenundJ
mutig sein,
J
differenzieren, J
entspannen, J
lernen, J
loslassen, J
beherrschen ...
Und um deutlich zu machen, daß wir ein Wort nicht alltagssprachlich,
sondern im Rahmen einer psychologisch-psychotherapeutischen Fachsprache
verwenden, kennzeichnen wir das Wort mit dem griechischen Buchstaben y
(Psi, mit dem das griechische Wort für Seele = yuch,
sprich: psyche, beginnt). Viel Verwirrung gibt es in und um die Psychologie,
weil viele ihrer Begriffe zugleich Begriffe des Alltags und anderer Wissenschaften
sind. Um diese babylonische Sprachverwirrung, die unökonomisch, unkommunikativ
und entwicklungsfeindlich ist, zu überwinden, ist u. a. das Programm
der Erlanger Konstruktivistischen Philosophie und Wissenschaftstheorie
entwickelt worden: Kamlah & Lorenzen (1967).
Um deutlich zu machen, daß wir ein Wort nicht alltagssprachlich,
sondern im Rahmen einer psychologisch-psychotherapeutischen Fachsprache
verwenden, kennzeichnen wir das Wort mit dem griechischen Buchstaben
y
(Psi, mit dem das griechische Wort für Seele = yuch,
sprich: psyche beginnt). Viel Verwirrung gibt es in und um die Psychologie,
weil viele ihrer Begriffe zugleich Begriffe des Alltags und anderer Wissenschaften
sind. Um diese babylonische Sprachverwirrung, die unökonomisch, unkommunikativ
und entwicklungsfeindlich ist, zu überwinden, ist u. a. das Programm
der Erlanger Konstruktivistischen Philosophie und Wissenschaftstheorie
entwickelt worden: Kamlah & Lorenzen (1967). Zu einigen psychologischen
Grundfunktionen siehe bitte: vorstellen.
Querverweise
(Links) zum Terminologie-Problem in der Psychologie, Psychopathologie,
Psychodiagnostik und Psychotherapie:
Introspektion,
Bewußtseins- und Bewußtheitsmodell in der Allgemeinen und Integrativen
Psychotherapie
Beispiel Nur_empfinden_fühlen_spüren
Über
den Aufbau einer präzisen Wissenschaftssprache in Psychologie, Psychopathologie,
Psychodiagnostik und Psychotherapie
Überblick
der Signaturen: Dokumentations- und Evaluationssystem Allgemeine und Integrative
Psychotherapie
Testtheorie
der Allgemeinen und Integrativen Psychotherapie.
Probleme
der Differentialdiagnose und Komorbidität aus Sicht der Allgemeinen
und Integrativen Psychotherapie
Standort:
Wunsch und Wille.
*
Übersicht Heilmittellehre
in der GIPT.
Heilmittel Grundhaltungsbewusstheit
und Grundhaltungs-Nichtbewusstheit.
*
Zitierung
Sponsel, Rudolf
(DAS). Heilmittel-Monographie: Wunsch und Wille.
Heilmittel und Differentialdiagnose. Eine der wichtigsten und von
der Allgemeinen Psychologie vernachlässigte psychologische Grundfunktion.
Internet Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie
IP-GIPT. Erlangen: https://www.sgipt.org/hm/hm_wiwu.htm
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Mitteilung. Soweit es um (längere) Zitate aus ... geht,
sind die Rechte bei/m ... zu erkunden oder eine Erlaubnis einzuholen.
Ende
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