Internet
Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie
(ISSN 1430-6972)
IP-GIPT DAS=25.12.2007
Internet-Erstausgabe, letzte Änderung: 5.4.15
Impressum:
Diplom-PsychologInnen Irmgard Rathsmann-Sponsel und Dr. phil. Rudolf Sponsel
Stubenlohstr.
20 D-91052 Erlangen * Mail:_sekretariat@sgipt.org_
Zitierung
& Copyright
Anfang Rätsel
Ich_Überblick
_Rel. Aktuelles
_ Rel. Beständiges
_Titelblatt
_Konzept
_Archiv
_Region
_Service-iec-verlag
_ Wichtige
Hinweise zu Links und Empfehlungen
Willkommen in unserer Internet Publikation für
Allgemeine und Integrative Psychotherapie, Abteilung Bücher, Literatur
und Links zu den verschiedensten Themen, hier die Buchpräsentation:
Rätsel Ich
präsentiert von Rudolf Sponsel, Erlangen
Bibliographie * Verlagsinfo
* Inhaltsverzeichnis * Leseproben
* Ergebnisse * Bewertung,
Kardinalfehler
* Links und Literatur
* Querverweise *
Bibliographie: Sentker, Andreas
& Wigger, Frank (2007, Hrsg.). Rätsel Ich. Gehirn, Gefühl,
Bewusstsein. Berlin: Springer
(Spektrum). [ZeitWissen,
Spektrum-Info]
Verlagsinfo: ZeitWissen: "Wer ist
Ich? Wie frei ist unser Wille? Haben nur wir ein Bewusstsein? Das sind
die spannendsten Fragen, die die Wissenschaft gegenwärtig zu beantworten
sucht - und die die Menschheit schon seit Jahrhunderten beschäftigen.
Neurowissenschaftler, Verhaltensforscher und Mediziner haben in den vergangenen
Jahren faszinierende Erkenntnisse zu Tage gefördert, doch mit jeder
neuen Antwort stellen sich auch neue Fragen. Noch immer ist das Bewusstsein
ein neurobiologisches Rätsel.
In „Rätsel Ich“, dem 1. Band der neuen ZEIT WISSEN-Edition, diskutieren
prominente Wissenschaftler wie der Psychiater und Philosoph Manfred Spitzer
und der Medizin-Nobelpreisträger Eric Kandel darüber, was unser
„Ich“ eigentlich ist und erklären ihre Forschungen und Ergebnisse.
Wissenschaftsjournalisten von ZEIT WISSEN und ZEIT machen die Erkenntnisse
anschaulich und nehmen Sie mit auf eine faszinierende Lesereise zu unserem
Ich."
Spektrum-Info: "Über dieses Buch. Zum
Band "Rätsel Ich - Gehirn, Gefühl, Bewusstsein"
Wer ist Ich? Wie frei ist unser Wille? Wie sehen wir Rot? Haben auch
Affen ein Bewusstsein? Und Ameisen?
Solche Fragen treiben nicht nur die Forscher an. Fast jeder von uns
stellt sie sich irgendwann einmal. Und mit jeder Antwort drängen sich
neue Fragen auf. Noch immer ist das Bewusstsein ein neurobiologisches Rätsel,
diskutieren Philosophen und Mediziner, Psychologen und Neurologen darüber,
was unser Ich ist.
Rätsel Ich ist ein einzigartiges Buch mit einem
einzigartigen Ansatz. Es vereint prominente Autoren der unterschiedlichsten
Fachrichtungen, macht zentrale Positionen der Wissenschaft verständlich
und eröffnet die wichtigsten Perspektiven auf dieses aktuelle und
aufregende Thema. Die Forscher haben Aufregendes zu berichten. Sie schreiben
dabei nicht für ihre Fachkollegen. Bewusst und gekonnt wenden sie
sich an ein breites Publikum, an Menschen, die über ihr Ich nachdenken
und sich von der Faszination der modernen Hirnforschung anstecken lassen
wollen.
Den Beiträgen der Wissenschaftler sind Reportagen,
Analysen und Interviews namhafter Autoren von ZEIT und ZEIT WISSEN zur
Seite gestellt. Sie sind von Labor zu Labor gereist, haben unzählige
Gespräche geführt, manche Debatte moderiert. Sie ordnen die wissenschaftlichen
Positionen in das Gesamtbild ein, zeigen gesellschaftliche Zusammenhänge
auf, lassen Widersprüche und Dispute sichtbar werden, machen Wissenschaft
lebensnah, lebendig und erlebbar.
Lesen lässt sich dieses Buch auch als eine Bedienungsanleitung
für Ihr Gehirn. Es ist Wissenschaft in Höchstform: selbstbewusst
und provozierend, spannend und verständlich. Damit Sie mitreden können,
wenn es um Ihren freien Willen geht."
Inhaltsverzeichnis Rätsel
Ich - Gehirn, Gefühl, Bewusstsein
Vorwort von Andreas Sentker und Frank Wigger
VII
Das erstaunlichste Organ der Welt. (Susan Greenfield)
1
Das betrogene Ich (Andrea Schumacher)
27
Das Rätsel des Bewusstseins (Christof Koch)
35
Denken hilft (Marieke Degen) 56
[ZEIT Wissen 06/2006]
Das Ich und seine Geschichte (Susan Greenfield)
65 [PDF]
Frauen sind auch nur Männer (Eva-Maria Schnurr)
89
Unsere zweite Natur (Wolfgang Wickler und Ute
Seibt)
99
Die Neuronen der Moral (Ulrich Schnabel)
124
Das unmoralische Gehirn (Cordelia Fine) 129
Auf der Suche nach dem Kapiertrieb (Ulrich Schnabel)
148
Vom Schall ... zur Ekstase (Robert Jourdain)
153
Forschung auf dem Kopfkissen (Ulrich Bahnsen)
177
Vom Geist zum Molekül (Larry R. Squire und
Eric R. Kandel) 181
Denken auf Rezept (Ulrich Bahnsen) 206
[DIE ZEIT 21.08.2003
Nr.35]
Wissen und Können (Manfred Spitzer)
211
Immer Ich (Katharina Kluin) 227
[ZEIT Wissen 04/2007]
Durchbruch zum Bewusstsein (Paul M. Churchland)
233
Wissen, ohne zu wissen (Ulrich Schnabel)
263
Das Nicht-Bewusste oder der Zombie in uns (Christof Koch)
267
Nachwort (Wolf Singer) 280
Bild und Textnachweise 288
Index 289
Leseproben:
Ein Teil des Buches besteht aus Aritikel, die im Zeit-Magazin erschienen
sind, so dass einige Leseproben einfach dort abgerufen werden können,
z.B.:
-
Das erstaunlichste Organ der Welt. (Susan Greenfield) [PDF]
-
Denken hilft (Marieke Degen) [ZEIT Wissen 06/2006]
-
Denken auf Rezept (Ulrich Bahnsen) [DIE ZEIT 21.08.2003
Nr.35]
-
Immer Ich (Katharina Kluin) [ZEIT Wissen 04/2007]
Ergebnisse
Ich gehe nur auf die Kapitel näher ein, die von ihrem Titel her
nahelegen, dass sie das Titelthema "Rätsel Ich" behandeln, mit einer
Ausnahme: das Nachwort von Singer. Zu Das betrogene Ich > siehe.
Was
erzählt uns Susan Greenfield in Das Ich
und seine Geschichte ?
Um es gleich vorwegzunehmen: Das Thema des verheißungsvollen
Titels kommt im Inhalt gar nicht vor. Das verwundert auch gar nicht, wenn
man bedenkt, dass S. G. eine Professur für Synaptic Pharmacology
innehat. Wieso sollte solch eine Professur für Das Ich und seine
Geschichte qualifizieren?
Aufbau und Inhalt der Arbeit: Einführung *
Kurz- und Langzeitgedächtnis * Die Welt des Erinnerns - Hippocampus
und medialer Thalamus * Pionieruntersuchungen zur Gedächtnisspeicherung
(Penfield, Lashley, Rose, Hebb) * Assoziieren und sich erinnern.
Die Autorin geht nur kurz am Anfang und kurz am
Ende auf das Thema Individualität ein und behandelt ansonsten ausschließlich
Gedächtnisphänomene, zum Teil zu bestimmten Erkrankungen in Beziehung
gesetzt (der Fall H. M. mit schwerer Epilepsie, dem beidseitig der mediale
Temporallappen entfernt wurde; Korsakow-Syndrom; Chorea Huntington).
So schließt die Autorin mit den Worten: "Das
Gedächtnis ist facettenreich und vielstufig. Es ist mehr als eine
bloße Funktion des Gehirns, denn es birgt die inneren Voraussetzungen,
die es einem Individuum ermöglichen, die Welt um es herum in einzigartiger
und unverwechselbarer Weise zu interpretieren. So gesehen, ist das Gedächtnis
ein guter Schlusspunkt für unsere kurze Reise durch das Gehirn, denn
es ist ein Pfeiler des Geistes." Wie mir scheint, wäre genau das die
Aufgabe gewesen, zu klären, wie das ICH in "einzigartiger und unverwechselbarer
Weise" in seinem Gehirn repräsentiert ist.
Immer Ich
von Katharina Kluin
In dieser typisch magazin-journalistischen Arbeit wird die Vielfalt
der mit dem Begriff ICH verbundenen Merkmale, sehr gut und facettenreich,
wenn letztlich auch nur wissenschaftsanekdotisch dargestellt. Damit wird
zumindest die Aufgabe erkennbar, die mit jeder ernst zu nehmenden ICH-Hirn-Forschung
allererst zu leisten wäre: operational und experimentell verwertbar
zu definieren, was unter dem neuronalen und subjektiven Forschungsgegenstand
ICH in diesem oder jenem Forschungsvorhaben zu verstehen sein soll. Das
ist natürlich keine leichte, ja sicher eine schwere Aufgabe. Aber
sie ist notwendig und ohne ihre Lösung geht überhaupt nichts.
Doch dieser ebenso anspruchs- wie mühevollen Aufgabe geht dieses Buch
gekonnt aus dem Weg, so dass wir nicht nur weiterhin vom Rätsel ICH
sprechen dürfen, sondern vor allem vom Rätsel ICH-Hirn-Forschung.
Wie soll hier jemals etwas erforscht werden können, wenn man der operationalen
und experimentellen Definitionsarbeit so konsequent und einfallslos aus
dem Weg geht? Obgleich der ganze Artikel ständig von einem ICH spricht,
wird es paradoxerweise immer wieder geleugnet:
"'Das Ich als Steuermann unseres Denken, Wollens und Fühlens ist
eine Illusion', sagt der Osnabrücker Persönlichkeitspsychologe
Julius Kuhl. Sein Kollege Asendorpf formuliert es noch abgeklärter:
'Das Ich ist nur ein Konstrukt neuronaler Netzwerke.'
Wer glaubt, sein Ich, dieser bewusste, planende, analysierende Teil
unseres Selbst, habe die Fäden in der Hand, der irrt. Das Männchen
im Kopf , das alles steuert, gibt es nicht."
Hier wird also allen Ernstes propagiert, es gäbe keine Steuerung,
Regelung, Lenkung, Koordination und Planung im Menschen, weil sich die
primitive Homunkulusmetapher nicht bestätigen lasse. Als Kronzeugen
für diesen offensichtlichen Unsinn, der elementaren alltäglichen
vielfachen Beobachtungen fast Jederfraus widerspricht, müssen auch
noch zwei Psychologen herhalten, die den terminologischen Scharfsinn in
den mitgeteilten Zitaten auch nicht gerade erfunden haben. Die schlichte
Wahrheit scheint vielmehr, dass die Hirnforschung mit den komplexen und
schwierigen Fragen der Lenkung hoffnungslos überfordert ist - warum
ergibt sich mühelos aus dem folgenden Beitrag.
Literatur in [ZEIT Wissen 04/2007]
-
Antonio R. Damasio: Descartes' Irrtum. List, Berlin, 2004
-
Joseph E. LeDoux: Das Netz der Persönlichkeit. DTV,
München, 2006
-
Timothy D. Wilson: Gestatten, mein Name ist Ich. Pendo, München/Zürich,
2007
-
Astrid Schütz: Je selbstsicherer desto besser? Licht
und Schatten positiver Selbstbewertung. Beltz, Weinheim, 2005
-
Dan P. McAdams: Das bin ich. Wie persönliche Mythen
unser Selbstbild formen. Kabel, Hamburg, 1997
Neue
ICH-Erkenntnisse im Nachwort Wolf Singers ?
Singer führt eindrucksvoll ein (S. 280):
"Die unvorstellbare Komplexität des menschlichen Gehirns stellt
eine weitere große Herausforderung dar, Schätzungen lassen vermuten,
dass die Zahl der dynamischen Zustände, die durch die Wechselwirkungen
von l0^11 Nervenzellen erzeugt werden können, die Zahl der Atome im
Universum bei weitem übersteigt."
Schon an dieser Stelle erschiene daher eine große Bescheidenheit
angesichts dessen, was wir alles nicht wissen - was derzeit über 99,9%
sein dürfte - , möglicherweise sogar niemals werden wissen können,
geboten. Zutreffend fährt Singer fort (S. 280):
"... Für die Erforschung der Leistungen hochdifferenzierter Wirbeltiere,
und insbesondere des Menschen, ist die Natur der wissenschaftlichen Herausforderungen
jedoch eine andere. Zu ihrer Definition muss das Begriffssystem der Psychologie
herangezogen werden, das auch jene Phänomene benennt, die nur der
eigenen subjektiven Wahrnehmung zugänglich sind: Aufmerksamkeit, Emotionen,
Bewertungen, Entscheidungen, Vorstellungen, Intentionen und beim Menschen
natürlich die Beherrschung von Sprache. In jüngster Zeit wendet
sich die Hirnforschung sogar Funktionen zu, die nur dann fassbar sind,
wenn man die Wechselwirkung zwischen [<280] Personen, zwischen sich
gegenseitig reflektierenden Gehirnen, mit einbezieht: etwa Mitgefühl,
Fairness sowie die Fähigkeit, sich kognitive Vorgänge im Gehirn
des je anderen vorstellen zu können, eine enorme Leistung, die mit
dem Begriff „Theorie des Geistes" (theory of mind) umschrieben wird.
Hier betritt die Hirnforschung Territorien, die bislang ausschließlich
Forschungsfeld der Humanwissenschaften waren."
Immerhin erkennt Singer, dass man das Begriffssystem der Psychologie
heranziehen muss, wenn Subjektivität - die natürlich auch nicht
weniger objektiv als der Mond oder die Plancksche Konstante ist - zu erforschen
ist. Man hat aber nicht den Eindruck, dass er hier fundierte Kenntnisse
mitbringt. Interessanterweise fehlt auch der Begriff "Ich" in seiner
Aufzählung - obwohl es doch um den gerade gehen soll. Ziemlich unvermittelt
konfrontiert Singer S. 283 mit dem hervorgehobenen Randtext:
"Unsere Intuition führt uns in die Irre. Es gibt kein übergeordnetes
Zentrum im Gehirn, das Entscheidungen fällt oder Vorsätze fasst.
Es gibt keinen festen Ort, an dem das Ich zuhause ist."
Und erläuternd:
"Unsere Intuition legt nahe, dass es im Gehirn ein Zentrum geben müsse,
in dem alle Informationen zusammengefasst werden, ein Ort, an dem Sinnessignale
zu Wahrnehmungen werden, an dem Entscheidungen fallen und Vorsätze
gefasst werden, an dem Handlungsentwürfe entstehen. Schließlich
wäre dies auch der Ort, an dem das Ich sich konstituiert und sich
seiner selbst bewusst wird. Wir empfinden uns als fähig, jederzeit,
losgelöst von äußeren und inneren Bedingtheiten, Bestimmtes
zu wollen und uns frei für oder gegen etwas zu entscheiden."
Obwohl Singer wenige Zeilen vorher noch sagt (S. 282, fett-kursiv RS):
"Wir wissen also, wo welche Leistungen erbracht werden,
wie Nervenzellen verschaltet sind und miteinander kommunizieren, aber wir
verstehen nur in Ansätzen, auf welchen informationsverarbeitenden
Prinzipien die erstaunlichen Leistungen beruhen, und nicht selten [>283]
täuscht uns bei der Hypothesenbildung über die vermuteten Prinzipien
unsere Intuition."
verliert Singer plötzlich auf der nächsten Seite sein
"wo", als den angeblich festen Ort der Leistungen (fett-kursiv
RS):
Die moderne Hirnforschung entwirft jedoch ein gänzlich anderes
Bild. Ihr stellt sich das Gehirn als ein System dar, dessen Aktivitäten
über weite Bereiche des Organs verteilt sind. Es findet
sich kein singuläres Zentrum, das die vielen, an unterschiedlichen
Orten gleichzeitig erfolgenden Verarbeitungsschritte koordinieren und deren
Ergebnisse zusammenfassen könnte."
Hier wird also rhetorisch der Pappkamerad "singuläres Zentrum",
so eine Art "Erbse" etwa im Hypothalamus oder in der Großhirnrinde,
von Singer aufgebaut, um ihn sogleich niederzuschlagen. Aus der wohl ernsthaft
nicht zu bestreitenden Tatsache, dass es ein subjektives ICH- und insbesondere
- ein bei den meisten Menschen über das ganze Leben intakte -
ICH-Identitätsgefühl
gibt, folgt doch überhaupt nichts über ein "singuläres Zentrum",
also eine Art "Erbse" im Hypothalamus oder in der Großhirnrinde.
Diese sophistisch-rhetorische Figur erscheint umso merkwürdiger, als
Singer ja lang und breit ausführt, dass nicht einmal so etwas einfaches
wie die neuronale Repräsentation eines Balles einen festen Ort hat,
sondern das Farbe, Form, Größe, Herkunft, Lage und die verschiedensten
Erinnerungsassoziationen mit "Ball" sich
über das ganze Hirn verteilen. Nachdem Singer glücklicherweise
noch nicht einfällt, an der neuronalen Existenz eines Balles zu zweifeln,
weshalb sollte nicht auch in analoger Weise die komplexe Kognition "ICH"
verteilt sein? Um es kurz und bündig zu sagen: aus der Art und Weise
der Lokalisation folgt überhaupt nichts für die Existenz und
auch nicht über die hierarchische Bedeutung.
Mit Recht erkennt Singer gegen Ende seines Nachworts (S. 286):
"Wie immer auch die Lösungen für die vielfältigen Koordinationsprobleme
in unseren dezentral organisierten Gehirnen aussehen, fest steht schon
jetzt, dass die dynamischen Zustände der vielen Milliarden miteinander
wechselwirkenden Neuronen der Großhirnrinde ein Maß an Komplexität
aufweisen, das unser Vorstellungsvermögen übersteigt."
Und er schließt (S. 287):
"Diese Überlegungen lassen erahnen, mit welch unanschaulichen
Beschreibungen von Systemzuständen wir es zu tun haben werden, wenn
wir tiefer in die funktionellen Abläufe unserer Gehirne eindringen.
Leider ist unsere Intuition wenig geeignet, über die Vorgänge
im Gehirn Auskunft zu geben, die diese Intuition hervorbringen. Die Lösung
des „Rätsels Ich" wird eine sehr abstrakte sein, vielleicht ist sie
so abstrakt, dass sie nur von wenigen überhaupt als Lösung erkannt
werden wird."
So lange der ICH-Begriff
nicht ordentlich und differenziert operational definiert wird und so lange
keine aussagekräftigen experimentellen Pläne zu seiner Repräsentation
entwickelt werden, wird man sicher niemals wissen - besser: Modelle konstruieren
- können, wie "das" ICH im Gehirn repräsentiert sein könnte.
Das ist hier nicht anders als mit der Willensfreiheit.
So lange diese nicht operational ordentlich definiert und experimentelle
Untersuchungspläne entwickelt werden, die diesen Namen verdienen,
wird man auch hier nur spekulieren, postulieren und dogmatisieren. Wissenschaft
oder Neuroscientology?
Bewertung:
Das in vielerlei Hinsicht interessante Buch hält leider in keiner
Weise, was der Titel "Rätsel Ich" suggeriert. Der Titel ist
verheißungsvoll gewählt, aber auch nach Lektüre dieses
Buches bleibt das Titelthema ICH ein völliges Rätsel. Allerdings
ist es kein Rätsel, warum das so ist und anscheinend so sein muss,
wenn "Fachleute" ein Thema bekommen, über das sie offenbar ausdrücklich
explizit nicht sprechen sollen oder wollen, wie die Themen und Titel der
Beiträge nahelegen: Kein einziger Autor greift das Titelthema auf
oder weiss etwas Profundes zu seiner Aufklärung zu sagen. Auch nicht
Susan Greenfield mit ihrem doch sehr naheliegenden Titel Das Ich und
seine Geschichte, in der das ICH und seine Geschichte so gut wie nicht
vorkommen - nur das Gedächtnis. Nur im Nachwort
bringt Wolf Singer das eigentliche Thema zur Sprache. Dass man auf einen
grundlegenden Einführungartikel auf das ICH und seine Vielfalt verzichtet,
zeigt bereits eindrucksvoll, dass man dieser komplexen und schwierigen
Materie hinten und vorne nicht gewachsen ist.
Interessanterweise ist keine einzige Fachkundige
für differentielle Psychologie und Persönlichkeit bei den AutorInnen.
Offenbar wird als besonderes Qualitätsmerkmal angesehen, über
das ICH zu rätseln, ohne eine wirkliche Ahnung von differentieller
Persönlichkeits- Psychologie, Explorationstechnik, hinreichend Erfahrung
und Kreativität in experimenteller Versuchsplanung und operationaler
Definitionskompetenz zu haben. Immerhin sind wenigstens zwei Diplom-PsychologInnen
dabei (Fine; Spitzer). Der international
berühmteste Autor ist Nobelpreisträger Kandel, der sich mit Squire
über Vom Geist zum Molekül auslässt. Der Kompetenteste
aus der Autorengruppe für das Titelthema wäre wahrscheinlich
Manfred Spitzer gewesen. Sein Beitrag gilt aber leider nicht dem RÄTSEL
ICH, sondern Wissen und Können. Nur vom Berüchtigtsten,
Wolf Singer, der seit Jahren durch die Lande reist, das Schuldprinzip abschaffen
möchte und überall erzählt, dass er eine Repräsentation
des ICHs im Gehirn nicht finden kann - worauf er nicht etwa seine Kompetenz,
Kreativität und Suchfähigkeiten in Frage stellt, sondern ein
neues Erkenntnisprinzip
erfindet: dass es nicht geben kann, was er nicht zu finden vermag - erfahren
wir auch in seinem Nachwort
neben der üblichen deterministischen Propaganda nur wenig Erhellendes
und Widersprüchliches zum interessanten Titelthema. Einerseits findet
Singer keine ICH-Repräsentation, andererseits scheint er doch eine
Lösung, wenn auch eine sehr abstrakte und nur wenigen verständliche
für möglich zu halten.
Die gerade auch für die ICH-Konstruktion wichtige
Grundfrage wie das Gehirn kognitive Einheiten (Engramme, Gestaltqualitäten)
also zusammengehörige Merkmale bildet
(integriert), scheint immer noch weitgehend ungeklärt, worin auch
die Frage eingebettet ist, wie kommt das Gehirn überhaupt dazu, bestimmte
Merkmale als zusammengehörig zu konstruieren? Auch das grundlegendste
und tiefste paradoxe Geheimnis der ICH-Psychologie, die ICH-Identität,
wird nicht einmal erwähnt:
Index-Test: Ich: 27-33,
227, 231. * Identität: Der Eintrag kommt nicht vor. * Ich-Identität:
Der Eintrag kommt nicht vor. * Ich-Repräsentation: Der Eintrag
kommt nicht vor. * Selbst: 227 * Selbstbewertung: 228 * Selbstbild:
227 * Selbsterkenntnis: 143 * Selbstkonzept: 227, 231 * Selbstorganisation:
284ff * Selbsturteil 138f
Das kann man mit rein handwerklichen Fehlern nicht mehr erklären,
nur noch mit grundlegender Inkompetenz. So bleiben Fragen über Fragen,
Rätsel über Rätsel - vollends abgerundet durch den Verzicht
auf ein Literaturverzeichnis.
Anmerkung Kardinal-Fehler
der HirnforscherInnen: Zu den wissenschaftstheoretischen Kardinalfehlern
der HirnforscherInnen gehört die falsche Gleichsetzung einer Operationalisierung
mit dem Konstrukt, so dass ihnen immer wieder der haarsträubende Fehler
unterläuft, aus einer Nichtbestätigung einer Operationalisierung
auf die Nichtbestätigung des Konstruktes falsch zurückzuschließen
- pars pro toto Täuschung nennt man das in der kognitiven Psychologie
und Psychotherapie. Dazu gehört auch der elementare Fehler, aus einem
Nicht-Finden auf ein Nicht-Existieren zu schließen. Nicht-Finden
kann viele Ursachen haben. Nur eine davon ist, dass es den gesuchten Sachverhalt
nicht gibt (Ätherhypothese). Man kann am falschen Ort, zur falschen
Zeit, den falschen Sachverhalt oder Gegenstand, die falsche Form oder Merkmalsbeschaffenheit
oder mit falschen Methoden suchen. Manche
finden auch nicht, obwohl sie direkt davorstehen und manche finden nicht,
was sie nicht finden wollen. Vergegenwärtigt man sich, dass rund 100
Milliarden - Churchland &
Sejnowski spendieren sogar noch eine weitere Potenz - Neuronen mit
bis je 10.000 synaptischen Verbindungen wissenschaftlich zu verstehen sind,
dann wäre ein bisschen Respekt vor der Kombinatorik das Mindeste,
was man erwarten sollte. Aber selbst das fehlt vielfach. Völlig geblendet
durch die neuen Möglichkeiten, das subjektive Erleben durch die bildgebenden
Verfahren sichtbar und objektivierbar zu machen, scheinen die Hirne der
HirnforscherInnen außer Rand und Band zu geraten und in entrückt-verzückter
Hybris - offenbar ein Zeit-Phänomen
- Anfang und Ende zu verwechseln. Wir wissen fast nichts und stehen am
Anfang, das ist die Wahrheit. Und an der Psychologie
und klaren operationalen Definitionen des ICHs
führt kein Weg vorbei. Je früher dies die Gehirne der HirnforscherInnen
begreifen, desto eher werden gute und weiterführende Experimente möglich
sein. Aber auch für die Probleme der kombinatorischen Explosion müssen
neue Wege gefunden werden. Ohne Verdichtungen, Verallgemeinerungen und
höhere Systeme (z.B. "Chunks") - wie sie die differentielle und Lern-Psychologie
zwangsläufig schon immer verwendet - und Reduktionsmethoden (Singulärwertzerlegung
- in der Psychologie als Faktorenanalyse
bekannt) - wird es kaum funktionieren. Und hier sind auch in besonderer
Weise Mathematik und Informatik gefordert, besonders Konzepte für
das Unscharfe und Flüchtige.
Mehr: Ich-Hirn.
Untersuchung
der Sachregister von Hirnforschungsbüchern nach 12 ICH-relevanten
Begriffen - Materialien.
Links und Literatur (Auswahl:
beachte)
Hilfsliteratur:
-
Arnold,
Wilhelm; Eysenck, Hans Jürgen & Meili, Richard (1974 ff). Lexikon
der Psychologie. Freiburg: Herder.
-
Churchland,
Patricia S.. & Sejnowski, T.J. (1997). Grundlagen der Neuroinformatik
und Neurobiologie. The Computational Brain in deutscher Sprache. Braunschweig:
Vieweg.
-
Hanser,
Ludwig (2000, PL). Lexikon der Neurowissenschaft. 4 Bde. incl. 1 Erg. Bd.
m. Register. Heidelberg: Spektrum.
-
Strube, Gerhard;
Becker, Barbara; Freska, Christian; Hahn, Udo & Klaus Opwis, Klaus
& Palm, Günther (1996, Hrsg.) Wörterbuch der Kognitionswissenschaft.
Stuttgart: Klett-Cotta.
-
Wenninger,
Gerd (2000, Hrsg.). Lexikon der Psychologie (in 4 Bänden und 1 Registerband).
Heidelberg: Spektrum.
Glossar, Anmerkungen
und Endnoten
___
Bewertung. Bewertungen
sind immer subjektiv, daher sind wir in unseren Buchpräsentationen
bemüht, möglichst viel durch die AutorInnen selbst sagen zu lassen.
Die Kombination Inhaltsverzeichnis und Zusammenfassungen sollte jede kundige
oder auch interessierte LeserIn in die Lage versetzen selbst festzustellen,
ob sie dieses oder jenes genauer wissen will. Die BuchpräsentatorIn
steht gewöhnlich in keiner Geschäftsbeziehung zu Verlag oder
den AutorInnen; falls doch wird dies ausdrücklich vermerkt. Die IP-GIPT
ist nicht kommerziell ausgerichtet, verlangt und erhält für Buchpräsentationen
auch kein Honorar. Meist dürften aber die BuchpräsentatorInnen
ein kostenfreies sog. Rezensionsexemplar erhalten. Die IP-GIPT gewinnt
durch gute Buchpräsentationen an inhaltlicher Bedeutung und Aufmerksamkeit
und für die PräsentatorInnen sind solche Präsentationen
auch eine Art Fortbildung - so gesehen haben natürlich alle etwas
davon, am meisten, wie wir hoffen InteressentInnen und LeserInnen.
Beispiele für Bewertungen: [1,2,3,]
___
Anm. Vorgesehene.
Wir
präsentieren auch Bücher aus eigenem Bestand, weil wir sie selbst
erworben haben oder Verlage sie aus verschiedenen Gründen nicht (mehr)
zur Verfügung stellen wollen oder können.
___
Die AutorInnen:
Bahnsen, Ulrich (Forschung auf dem Kopfkissen;
Denken
auf Rezept). Zeit-Journalist.
Bauteile für die Seele - Mit Chips und Sonden
reparieren Mediziner Psycholeiden direkt im Hirn. Ist der Geist bloß
Biologie? Von Ulrich Bahnsen DIE ZEIT Nr. 34. Der Treck nach Westen
- Die Erfindung der Landwirtschaft war der größte Umbruch in
der Geschichte der Menschheit. Die Molekularbiologie entschlüsselt
nun das Rätsel der ersten Bauern und ihrer Tiere. Von Ulrich Bahnsen
DIE ZEIT Nr. 30 vom 20.07.2006. Denken auf Rezept. DIE ZEIT 21.08.2003
Nr.35.
Churchland, Paul M. (Durchbruch zum
Bewusstsein). Philosoph [HP,
W]
Degen, Marieke (Denken hilft). Zeit-Wissen
Autorin 6/06.
Fine, Cordelia (Das unmoralische Gehirn).
Studierte Psychologie (Oxford), Kriminologie
(Cambridge) und promovierte in kognitiven Neurowissenschaften
in London.
Greenfield, Susan (Das erstaunlichste
Organ der Welt; Das Ich und seine Geschichte). Professor of Synaptic
Pharmacology at Lincoln College, Oxford, [1,
2,]
Jourdain, Robert (Musikalische Ekstase).
Ausgewiesen als "Wissenschaftler. Autor, Pianist und Komponist."
Kandel, Eric R. (Vom Geist zum Molekül).
Studierte zunächst Psychiatrie und Psychoanalyse,
wechselte dann zur Neurobiologie. "2000 wurde Eric R. Kandel
zusammen mit dem Schweden Arvid Carlsson und dem Amerikaner Paul Greengard
der Nobelpreis für Medizin für ihre Entdeckungen betreffend der
Signalübertragung im Nervensystem verliehen." [W]
Kluin, Katharina (Immer Ich). "Studierte
am Fachbereich Information und Kommunikation
der Fachhochschule Hannover und besuchte die Hamburger Journalistenschule.
Nach einem Jahr als Wissenschafts-Redakteurin beim Stern schreibt sie nun
als freie Autorin in Hamburg - am liebsten über Themen aus Gesellschaft,
Psychologie und Hirnforschung." [ZWR]
Koch, Christof (Das Rätsel des
Bewusstseins; Das Unbewusste). Studierte Physik und Philosophie.
Professor für kognitive Biologie und Verhaltensbiologie
am California Institute of Technology in Pasadena.
Schnabel, Ulrich (Die Neuronen der Moral;
Wissen, ohne zu wissen; Wer deutet das Denken?; Auf der Suche nach dem
Kapiertrieb). Gegenworte führen aus: "Ulrich Schnabel (Heft 4) studierte
Physik und Publizistik in Karlsruhe und Berlin und arbeitet seit 1993 als
Wissenschaftsredakteur der Wochenzeitung Die Zeit (Schwerpunkte Physik,
Astronomie sowie Hirn- und Kognitionsforschung). 1997 veröffentlichte
er (zusammen mit Andreas Sentker) "Wie kommt die Welt in den Kopf? - eine
Reise durch die Werkstätten der Bewußtseinsforscher". Sein besonderes
Interesse gilt der Wirkung und Rezeption von Wissenschaft in der Gesellschaft."
Schnurr, Eva-Maria (Frauen sind auch nur
Männer). Zeit-Wissen Autorin 1/07.
Schumacher, Andrea (Das betrogene Ich).
Zeit-Wissen
Autorin 5/05.
Seibt, Ute (Unsere zweite Natur). Biologin?
[IV-PDF]
Sentker, Andreas (Vorwort). Hat in Tübingen
Biologie
und Rhetorik studiert. Leiter des Ressorts Wissen und des
Magazins Zeit Wissen.
Singer, Wolf (Nachwort). Physiologe,
"Hirnforscher". [HP,
W]
Spitzer, Manfred (Wissen und Können).
Prof. Dr. Dr. Spitzer studierte Medizin, Philosophie und Psychologie
[3sat,
UniUlm,
W]
Squire, Larry R. (Vom Geist zum Molekül).
Psychiater, Neurosciences and Psychology, der sich auf seiner Homepage
auch gleich als Professor für Psychologie ausgibt ohne das ersichtlich
wäre, dass er das studiert hat. [Homepage]
Wickler, Wolfgang (Unsere zweite Natur).
Zoologe.
[W]
Wigger, Frank (Vorwort). Biologe
und Lektor für das naturwissenschaftliche Sachbuchprogramm bei Spektrum.
___
Wer hat
was studiert und gehört zu welchem Fachbereich ?
Sind Hebb oder Lashley Neurowissenschaftler oder Psychologen? Mit der
Auflösung der Grenzen zwischen Biologie, Medizin, Psychiatrie, Psychologie,
der Modellierung neuronaler Netze und Gehirnprozesse durch Physik, Mathematik
und Informatik im Aufgehen einer allgemeinen Neurowissenschaft - bösartig
könnte man gelegentlich von Neuroscientology sprechen - verwischen
sich, besonders in der Sekundärliteratur, auch die Grenzen, wer eigentlich
was ist oder woher kommt.
Hebb, Donald Olding, 1904-1985.
Das Lexikon für Psychologie vom Spektrum Verlag führt aus: "Kanadischer
Neuropsychologe. Professor an der McGill University in Montreal, Kanada
(1947-1974). Er forschte über das Verhältnis zwischen psychischen
und neuralen Prozessen. In The Organisation of Behavior (1949) formulierte
er die mittlerweile klassische Hebbsche Lernregel als ein einfaches
universelles Lernkonzept individueller Neuronen und wendete sie zur Erklärung
der Ergebnisse seiner psychologischen Experimente an. In ihrer allgemeineren
Form ist die Hebbsche Lernregel bis heute Basis fast aller neuralen
Lernverfahren. Weite Verbreitung fand A Textbook of Psychology,
1958; Einführung in die moderne Psychologie, 1967)." Hebb'sche
Lernregel > [W]
___
Lashley, Karl Spencer. Nach Arnold
et al. hat L. 1914 an der John Hopkins University in Zoologie promoviert.
enotes
berichten: "After studying at the University of West Virginia and then
taking a master's degree in bacteriology at the University of Pittsburgh,
Lashley did doctoral and postdoctoral research at Johns Hopkins University."
1926 ging er an die Uni Chicago und wurde Forschungspsychologe; 1937 Professor
für Neuropsychologie in Harvard. Er untersuchte hauptsächlich
Lern- und Gedächtnisprozesse bei Tieren vor und nach Läsionen.
Sein ursprüngliches Forschungsziel, die neuronalen Konnexionen von
Lernen und Gedächtnis zu finden, erreichte er nicht. Vielmehr fand
er nur einen Zusammenhang zwischen der Größe der Läsionen
und den Ausfallserscheinungen, nicht aber der Lokalisationen. Daraufhin
verwarf er - nach Arnold et al. aber zu Unrecht, wie ihm nachgewiesen werden
konnte - die lokale Lern-Hypothese und postulierte eine translokale corticale
Lerntheorie.
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Ball. Singer S. 285: Randtext:
"Der Rhythmus ihrer Aktivität lässt Neuronen in weit verstreuten
Bereichen des Gehirns zusammenarbeiten. So entsteht aus den neuronalen
Signalen für die Merkmale Rot und Rund eine Repräsentation des
Objekts Ball."
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Churchland
& Sejnowski.
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Ich: 27-33. Hier geht es um "Das betrogene
Ich", was heißen soll, um die Richtigkeit unserer Erinnerungen: entsprechen
unseren Erinnerungen tatsächliche Erlebnisse? Wie gut werden diese
Erlebnisse in unseren Erinnerungen repräsentiert, aufgehoben und bei
Abfrage - in diesen oder jenen Zusammenhängen - wiedergegeben? Dass
die Erinnerung sehr trügerisch (> Abwehrmechanismen)
ist, das weiß die Aussagepsychologie seit über 100 Jahren. „Die
fehlerlose Erinnerung ist nicht die Regel, sondern die Ausnahme", so
William Stern 1902 in der Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft,
S. 327. > Aussagepsychologie. >
Vernehmungsfehler
>
Suggestion. > Traumatisierte
Zeugen.
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Singulärwertzerlegung.
Eine wichtige und hilfreiche Anwendung der Singulärwertzerlegung (SVD)
findet sich z.B. bei der Bildkompression (S. 106-108): Gramlich, Günter
(2004). Anwendungen der Linearen Algebra mit Matlab. München: Fachbuchverlag
Leipzig (Hanser).
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Suchen. Richtig suchen will gelernt sein.
Die NeurowissenschaftlerInnen können es im Großen und Ganzen
nicht, weil sie vom Erleben meist gar nichts verstehen und auch keine differenzierten
Begriffe zur Verfügung haben. Sie bewegen sich meist auf dem Niveau
naiver Alltagspsychologie von Akademikern. Das Suchproblem wurde von Dörner
in seinerm Artikel Man muss wissen, wonach man sucht
in Gehirn und Geist (7/2004: PDF)
als Kommentar zum berüchtigten "Manifest" klar und überzeugend
formuliert: "Will man aber nun herausfinden, wie neuronale Netzwerke welche
psychischen Prozesse hervorbringen, so braucht es dafür zunächst
die richtigen »Suchbilder«: Man muss wissen, wonach genau man
sucht. Wer in riesigen Neuronenverbänden nicht ziellos nach den Grundlagen
von Denken, Fühlen, Wahrnehmen stöbern will, braucht eine klare
Vorstellung davon, was damit eigentlich gemeint ist – was also die mentalen
Prozesse ausmacht. Die Modelle für all diese Prozesse liefert aber
nicht die Hirnforschung, sondern die Psychologie. Ohne deren Beitrag stochern
selbst Neurobiologen nur mit der langen Stange ihrer ausgefeilten Methoden
im Nebel – und die Wahrscheinlichkeit, auf diese Weise etwas herauszufinden,
ist denkbar gering. Das Fehlen geeigneter Suchbilder hat meines Erachtens
auch die jüngsten Diskussionen um den freien Willen so fruchtlos gemacht.
Wie soll man sich auch über menschliche Entscheidungsprozesse verständigen,
wenn man nicht genau weiß, worüber geredet wird? Vor allem der
wichtige Unterschied zwischen Entscheidungen als unmittelbare Umsetzung
neuronaler Impulse und solchen, die aus der Beratschlagung mit sich selbst
erwachsen, vernachlässigen die Beteiligten dabei zumeist sträfl
ich. Damit geht aber eine entscheidende Differenzierung verloren: Man unterscheidet
dann nämlich nicht mehr zwischen Gründen für Handlungen,
die durch Selbstrefl exion zu Stande kommen, und unbewussten Ursachen.
Diese Unterscheidung ist aber für unser Zusammenleben enorm wichtig
– schließlich ist es wünschenswert, dass Menschen besonnen handeln,
statt bloß instinktiv zu entscheiden."
Siehe auch: Olivier, Reinhard (2003). Wonach sollen
wir suchen? In: FAZ 13.12.2003. und in: Geyer, Christian (2004, Hrsg.).
Hirnforschung und Willensfreiheit. Zur Deutung der neuen Experimente. Frankfurt
a.M.: Suhrkamp.
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Zeit-Phänomen. Ausser Rand
und Band geraten sind auch die neuen Eliten,
Konsum- (homo
oeconomicus) und Wachstumsgrenzgänger,
die globalen Umweltsünder und hemmungslosen Ressourcenplünderer,
die extremen Schuldenzocker, die unverantwortliche, ja krankhaft anmutende
Staatsverschuldung
und Ausweitung der Geldmenge und das zunehmend extreme Missverhältnis
zwischen arm und reich. Da passen dann einige Hirnforscher gut hinein und
bestens zur neu geschaffenen Neuroökonomie.
Hier scheint inzwischen nicht nur jeder Respekt vor der Schöpfung
verlorengegangen zu sein, sondern auch eine unverantwortliche Risikobereitschaft
(Manipulation durch Stoff-, Energie-, Atom-, Nachrichten- und Gentechnik)
und Nach-mir-die-Sintflut-Einstellung immer mehr um sich zu greifen.
Querverweise
Standort Rätsel Ich. > Links.
*
Buch-Präsentationen, Literaturhinweise
und Literaturlisten in der IP-GIPT. Überblick und Dokumentation.
*
Suchen in der IP-GIPT,
z.B. mit Hilfe von "google": <suchbegriff>
site:www.sgipt.org |
*
Information für Dienstleistungs-Interessierte.
*
Zitierung
Sponsel, Rudolf (DAS). Buchpräsentation:
Rätsel Ich. Gehirn, Gefühl, Bewusstsein. Internet
Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie IP-GIPT.Erlangen:
https://www.sgipt.org/lit/springer/RIch.htm
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Hinweise zu Links und Empfehlungen.
korrigiert irs 25.12.7
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Änderungen Kleinere
Änderungen werden nicht extra ausgewiesen; wird gelegentlich überarbeitet
und ergänzt.
05.04.15 Linkfehler
geporüft und korrigiert.
30.12.07 Zitat Dörner
zum Suchen.
26.12.07 Ergänzungen
zur Theorie des Nicht-Findens * Zeit-Phänomen.