Metaphysik:
Glaube, Religion, Spiritualität, Sekten, Esoterik,
Magie, Satanismus, Zauberei, Astrologie, Wahrsagen u.ä.
von Rudolf Sponsel, Erlangen
Erstausgabe 11.2.2002, Letztes Update 12.2.2002 (Einbau Satanismus;
genauere Erläuterungen der Probleme im Kontext Psychotherapie)
Metaphysische Grundposition [Hintergrund]
Metaphysische Bedürfnisse der Menschen. Viele Menschen haben metaphysische Bedürfnisse und Spiritualität, wie sie sich etwa zeigen kann, wenn man in den Sternenhimmel schaut, (hier) kirchliche Orgelmusik hört, das Licht in religiöser Glasmalerei eines Domes strahlen und sich brechen sieht (Feininger Anmutung) oder von der Schönheit, Weite und Erhabenheit der Natur ergriffen wird (z.B. David Caspar Friedrich Anmutung bzw. HRS).Und nicht wenige haben diese metaphysischen Bedürfnisse und spirituellen Gefühle deutlich ausgeprägt, so sehr, daß sie zu ihrem existenziellen Lebensverständnis dazugehören und hierfür nach Form und Inhalt suchen. Sie fragen sich, woher sie kommen, wohin sie gehen, was das Leben für einen Sinn haben soll, wofür sich zu leben und zu sterben lohnt, ob es einen Gott und ein Weiterleben nach dem Tod und ein Schicksal gibt. Diese Fragen sind vollkommen legitim und berechtigt. Daher ist es auch legitim, wenn seelisch geistige Störungen - zufällig oder nicht - mit solchen Sinnfragen zusammenhängen, diesen Menschen dabei zu helfen, entsprechende Anworten zu finden. Aber wir betreten damit ein heikles und schwieriges Feld.
Denn manche Ratsuchenden oder PatientInnen wollen sich nicht nur dabei helfen lassen, Antworten zu finden, sie wollen direkt eine philosophische Orientierung haben, sie suchen einen geistigen Lehrer, einen Guru in des Wortes ursprünglicher und positiver Bedeutung. Psychotherapie ist aber zur ideologischen Neutralität und Zurückhaltung verpflichtet ("Abstinenzregel Punkt (7)"). Überdies passen metaphysische Stellungnahmen nicht zum Wissenschaftsgebot. Aber: Eine solcherart falsch verstandene wissenschaftliche Psychotherapie ziert und entzieht sich hier - und überläßt dieses wichtige Feld damit den Sekten und SektiererInnen, den QuacksalberInnen und ideologischen AusbeuterInnen, den charismatischen Verführer- und IndoktrinatorInnen des grauen Marktes.
Metaphysik und Religion sind natürlich keine Wissenschaft, sie können keine allgemein wahren oder richtigen Antworten finden und geben. Es ist daher auch Unsinn, metaphysische Lehren mit wissenschaftlichen zu vergleichen, das kann bestenfall soziologisch gelingen, wenn die Fragestellung etwa ist, welche Metaphysiken und Religionen für das menschliche Zusammenleben förderlich und welche hemmend oder schädlich sind. Solche Aussagen sollten wissenschaftlich möglich sein. So wie es wohl kein großes Problem sein dürfte, z.B. Satanisten und rechts- und menschenrechtsverachtenden psychisch Gestörten das Religionsprivileg zu verweigern und dorthin zu stecken, wohin sie gehören: vor die Gerichte und dann ab in die Forensikabteilungen der Psychiatrien oder der Gefängnisse, und zwar ohne spektakulären Medieninszenierungen.
Zwischen Sekten und den großen Kirchen gibt es gewöhnlich keinen grundsätzlichen, nur soziologische Unterschiede. Sämtliche Unsitten und Unarten der Sekten kann man auch in den verschiedenen Kirchen und in anderen - besonders radikal fundamentalistischen - weltanschaulichen Gruppierungen finden. Die Sexuallehre der katholischen Kirche ist vom psychologisch- psychopathologischen Standpunkt aus ganz sicher als sektiererisch und abartig einzustufen; allein die Macht und soziologische Verwurzelung der katholischen Kirche verhindert bislang, diesen menschenfeindlichen und pathologischen Unsinn aus der Erziehung, den Kindertagesstätten, Heimen und Schulen zu verbannen. Die Selbsterhöhung als von Gott Auserwählte muß bei Juden, Christen und Moslems als potentiell paranoide menschenrechtsfeindliche, fremdenfeindliche, hass- und kriegsförderliche Geisteshaltung kritisiert werden.
Die großen Kirchen erfüllen ihre gesellschaftliche Aufgabe, die metaphysischen Bedürfnisse der Menschen zu befriedigen, sehr schlecht. Der sog. Psychoboom z. B. der Encounter und Bhagwanbewegung und das moderne Sektenunwesen waren bzw. sind Ausdruck dieser Situation. Was wir bräuchten sind neue Propheten, die die verkrusteten Steinzeitreligionen an die Gegenwart anpassen und die Zukunft der Menschheit unterstützen. Dies sollte mit 'Hollywood', Fernsehen, PR, WerbungsspezialistInnen und Internet technisch eigentlich leicht zu erreichen sein, aber dazu bräuchte man Päpste, Ayatollahs und Mufties mit entsprechender Erleuchtung und Phantasie (die jüdische Religion ist hier weise gewesen: sie erwartet den Messias noch, und wenn sie klug sind, kommt er nie).
Zwar hat Viktor Frankl unermüdlich
von der Sinnkrise des modernen Menschen geredet in 27 Büchern, die
in 20 Sprachen übersetzt wurden und in zahllosen Vorträgen. Aber
ein konkretes Therapieprogramm für dieses Problem hat er nie auf die
Beine gestellt (Fn13). Die
wissenschaftliche Psychotherapie muß sich den metaphysischen Therapieproblemen
stellen und darf sie nicht länger den SektiererInnen und AusbeuterInnen
überlassen. Astrologische Psychotherapieberatung (Fn14),
Tarot (Fn15) oder andere
metaphysische Medien erscheinen durchaus legitim, wenn sie verantwortungsbewußt
und richtig angewendet werden. (Querverweis: Kunstfehler).
Aber was ist eine verantwortungsbewußte und richtige Anwendung in
metaphysischen Fragen?
Die Regeln und Prinzipien metaphysischer Beratung in der GIPT
Manchmal spielen metaphysische Probleme, oft spielen sie
keine Rolle bei der Entwicklung seelisch- geistiger Störungen ). Manche
seelisch-geistigen Störungen können mit metaphysischen (Fehl-)
Entwicklungen mehr oder minder stark zusammenhängen (z.B. ekklesiogene
Neurosen: Update Auswerwählt
7.10.1). Unabhängig von heilkundlichen Anwendungen (Regel 8) sollten
jedoch die Regeln 1-7 grundsätzlich beachtet werden.