Internet Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie
    (ISSN 1430-6972)
    IP-GIPT DAS=03.08.2013 Internet-Erstausgabe, letzte Änderung: 12.10.21
    Impressum: Diplom-Psychologe Dr. phil. Rudolf Sponsel Stubenlohstr. 20  D-91052 Erlangen
    Mail: sekretariat@sgipt.org_ Zitierung  & Copyright

    Anfang_Meinungsachten_ Datenschutz_ Überblick_ Rel. Aktuelles_ Rel. Beständiges _  Titelblatt_ Konzeption_ Archiv_ Region_ Service_iec-verlag _ _Wichtige Hinweise zu Links und Empfehlungen

    Willkommen in unserer Internet-Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie, Abteilung Forensische Psychologie, Kriminologie, Recht und Strafe, Bereich forensische Gutachten, und hier speziell zum Thema:

    Das Meinungsachten in der forensischen Psychiatrie
    - außerordentlich beliebt und extrem verbreitet -
    Meinen - eine wissenschaftstheoretische Analyse.

    Zu:
    Potentielle Fehler in forensisch psychiatrischen Gutachten, Beschlüssen und Urteilen der Maßregeljustiz
    Eine methodenkritische Untersuchung illustriert an einigen Fällen u. a. am Fall Gustl F. Mollath
    mit einem Katalog der potentiellen forensischen Gutachtenfehler sowie einiger Richter-Fehler.

    von Rudolf Sponsel, Erlangen

    _

    Inhaltsübersicht
    Abstract - Zusammenfassung - Summary.
    Die zwei Hauptbedeutungen des Meinens.
    Beispiele am Fall Mollath.
    Allgemeine Beweisstrukturen und die beweisartige Begründungsregel.
    Fiktives Einstiegs-BEISPIEL analog Fall Mollath.
    Darstellungsschema Fiktives Beispiel analog Fall Mollath.
    Anwendung auf den Fall Mollath.
    Beispiel Juristisches Meinen.
    Literatur und Links.
    Glossar, Anmerkungen, Endnoten:
          Diagnose-Kriterien: Schizotype Störung, Wahnhafte Störung, 
          Paranoide Persönlichkeitsstörung * Eigener wissenschaftlicher Standort * Episode * 
          Grundproblem psychologisch-psychopathologischer Diagnostik * Halluzination *
          Meinungen zum meinen und zur Meinung * Stimmen hören * Tatgenese * Wahn: 
          Wahnhaft im Urteil vom 26.8.2006, Zur Bedeutung des Wahns für die Beurteilung der 
         Schuldfähigkeit nach den §§ 20 und 21 StGB. 
    Querverweise * Zitierung & Nutzungsrechte * Änderungen.



    Abstract - Zusammenfassung - Summary
    _
    Beweisen lässt sich nur das bestmöglich Definierte.
    Paul H. Bresser (1990). Die Krise des Sachverständigenbeweises, S.41 

    Die Arbeit gehört systematisch zu den Beweis-Fehlern. Aufgrund seiner Bedeutung und Verbreitung wurde das Meinungsachten als Einzelarbeit aus den Beweis-Fehlern ausgelagert.
        Meinungsachten sind in der forensischen Psychiatrie außerordentlich beliebt und extrem verbreitet. Hier ist nämlich keine wissenschaftliche Arbeit erforderlich, sondern die Aufgabe besteht einzig und allein darin, zu meinen. Das kann mit oder sogar ohne Sachverhaltsbezug der Fall sein. Das ist sehr einfach und elegant. Denn dazu muss man nicht persönlich untersuchen oder explorieren, man muss sich auch nicht anstrengen, man muss noch nicht einmal besonders nachdenken, man muss nicht begründen, argumentieren, her- oder ableiten oder gar beweisen, nein, es ist ganz wunderbar einfach: man meint, nichts weiter. Das Gutachten, das man schriftlich oder mündlich erstattet, besteht aus einer bloßen Meinung oder Ansammlung von Meinungen Das kommt den RichterInnen womöglich sehr entgegen, denn ihr Hauptgeschäft ist ebenfalls das Meinen (freie Beweiswürdigung, richterliche Überzeugungsbildung, Exegese von zig unbestimmten Rechtsbegriffen und Universalien, rechtliche Beurteilungen, z.B.).
        Das Meinungsachten, der Standard- und Normalfall in der forensischen Psychiatrie, ist für viele schwer zu erkennen, obwohl bereits  Aristoteles  auf den wichtigen Unterschied zwischen erkennen und meinen hinwies. Ich selbst habe lange gebraucht, um zu begreifen, was hier wirklich vor sich geht. Erstens weil Struktur und Form des Meinungsachtens bislang weitgehend unbekannt sind. Und zweitens, weil man wohl denkt, das gehört so, weil es seit Jahrzehnten so gemacht wird. Aber Falsches wird auch durch ständige oder jahrzehntelange Wiederholung nicht richtiger. Deshalb ist es sehr wichtig, die Werkzeuge zu entwickeln, um Meinungsachten überhaupt zu erkennen. Und genau das will diese Seite leisten. Zum vollen Verständnis dient ein fiktives Beispiel - analog Fall Mollath - dazu, besser zu verstehen, was den Meinungsachten fehlt.
    Ein wichtiger Grund für die vielen Meinungsachten besteht in den fehlenden oder höchst unzulänglichen Basisdaten des Erlebens und Verhaltens. Fälschlicherweise geht man in der - nicht nur forensischen - Psychiatrie davon aus, dass die kleinste psychopathologische Einheit das Symptom ist (> Belege). Das ist falsch, weil die kleinste Einheit naturgemäß das sein muss, was dem Symptom zugrunde Liegt, und das sind die Daten und Informationen (Anknüpfungstatsachen) des Erlebens und Verhaltens:

    Inzwischen konnte ich durch meine intensiven Recherchen zum Methodenproblembewusstsein  in der - forensischen - Psychiatrie (1751-aktuell) herausfinden, dass es auch einen grundsätzlichen Faktor in der forensischen Psychiatrie gibt, den Kurt Schneider in seinem Vortrag 1948 entwickelt hat: den Totum pro parte Fehlschluss, den man auch als selbstwidersprüchliches Okkultismusprinzip bezeichnen kann.

    Die zwei Hauptbedeutungen des Meinens
    Meinen hat zwei Hauptbedeutungen: (1) die Beurteilung (U) und (2) die Wertung eines Sachverhalts (W). Kann man nicht sicher unterscheiden, kann man eine Unklarkategorie X bilden. Für eine Meinung M gilt also: Mu := U (die Sonne scheint), Mw := W (herrliches Wetter), X ("Urlaubswetter"). Betrachtet man zunächst nur einfache Sachverhalte S, dann gibt es drei Möglichkeiten: S => U(S), S => W(S) und S => X(S).

    Beispiele am Fall Mollath
    Die folgenden Beispiele enthalten alle, teils kaum schließbare Lücken, die nach dem Darstellungsschema Beispiel Fiktiver Analog Fall Mollath nach dem dreigliedrigen Analyseschema noch genauer untersucht werden (> Anwendung auf den Fall Mollath).
     .

      1. Bsp01 S: Mollath verwendet in einigen Blättern seiner Verteidigungsschrift große Buchstaben => U(S): Mollath hat Größenideen.
      2. Bsp02 S: Mollath schreibt an viele bedeutende Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens => W(S): Spinner, Wichtigtuer und nicht ernst zu nehmen.
      3. Bsp03 S: Mollath verspürt eine innere Stimmen des Gewissens => U(S): Verdacht auf Stimmen hören als Symptome 1.R., 2.R.
      4. Bsp04 S: Mollath glaubt, die größte Friedensdemonstration in Europa auf den Weg bringen zu können => U(S) Größenwahn.
      5. Bsp05 S: Mollath macht Schwarzgeldgeschäfte seiner Frau und der Hypovereinsbank öffentlich  => U(S) Schwarzgeldwahn.
      6. Bsp06 S: Mollath legt eine 8 seitige Verteidigungsschrift (was mich prägte) mit einer 152 seitigen Anlage (Belege) vor => W(S) wirr
      7. Bsp07 S: Aus Mollaths "krankhaft überzogener Sorge um seine Gesundheit" macht Prof. Kröber => U(S) einen Bereich seines paranoiden Systems.
      8. Bsp08 S: Aus Mollaths "Ablehnung der meisten Körperpflegemittel und von Nahrungsmitteln aus nicht biologisch-dynamischem Anbau" macht Prof. Kröber => U(S) einen Bereich seines paranoiden Systems.
      9. Bsp09 S: Aus Mollaths "Angabe, u. a. eine Bleivergiftung erlitten zu haben" macht Prof. Kröber => U(S) einen Bereich seines paranoiden Systems.
      10. Bsp10 S: Die Spur der Bleivergiftung wurde von Dr. Leipziger durch eine Befundfälschung durch Textmontage S. 25 gelegt: "Im Weiteren finden sich Angaben des Angeklagten darüber, dass er Hilfe gebraucht hätte, dass er eine Blei- und Lösungsmittelvergiftung erlitten hätte, dass er seit Jahren Alpträume hätte und schweißgebadet aufwache." => U(S) Vergiftungswahn.
      11. Bsp11 S: Dr. Leipziger konstruiert (S. 27) eine Befürchtung "weiterer Progredienz" aus der S. 29 plötzlich => U(S) eine "dargelegte Progredienz" geworden ist.
      12. Bsp12 S: Mollath habe keine konkreten Beschuldigungen vorgelegt (falsch) => U(S): Kein verfolgbarer Anfangsverdacht (falsch).


    Diese Beispiele zeigen die zweit extremste Variante einer Meinung, nämlich die unmittelbare, einfache Zuordnung eines Urteils oder einer Wertung ohne jede Begründung. Das ist der Prototyp eines Meinungsgutachtens: Irgendwelche Sachverhalte werden ohne jede Begründung einem Urteil U oder einer Wertung W - teilweise sogar regelrecht falsch - zugeordnet. Am extremsten ist jedoch die Variante, ohne jeden Sachverhaltsbezug (Daten) zu meinen, jemand sei z.B. wahnhaft, psychotisch, suizidal oder gefährlich. Das geht nämlich auch.
        Beim forensisch-psychiatrischen Meinen lassen sich folgende Haupt-Varianten unterscheiden:

    • Die Meinungsäußerungen ohne jede Sachverhaltsangabe, einfach so, z.B. Proband zeige im Beobachtungszeitraum paranoide Verhaltensweisen, der Proband zeigte wenig Compliance, der Proband leide an einem Wahn.
    • Die Meinungsäußerung mit Sachverhaltsangabe ohne Erklärung oder Begründung, warum nun der genannte Sachbezug, die ausgedrückte Meinung rechtfertigen soll. Es gibt eine Lücke zwischen Sachverhalt und gefolgerter Meinung.
    • Die Meinungsäußerung mit Sachverhaltsangabe und mangelhafter Begründung, weil sie nicht nachvollziehbar ist und Lücken enthält.
    • Die Meinungsäußerung mit Sachverhaltsangabe und fehlerhafter Begründung.


    Um richtig verstehen zu können, was den Meinungsgutachten fehlt, ist es hilfreich, sich Schritt für Schritt deutlich zu machen, welche Struktur ein tatsächlich wissenschaftlich begründetes Gutachten haben muss. Wir fragen daher, wie sieht eine wissenschaftlich nachvollziehbare, prüf- und kontrollierbare Struktur aus? Ich gebe zunächst die allgemeine, einfache Beweisregel oder beweisartige Begründungsregel an.

    Allgemeine Beweisstrukturen und die beweisartige Begründungsregel =>
    Sie ist einfach - wenn auch nicht einfach durchzuführen - und lautet: Wähle einen Anfang und begründe Schritt für Schritt, wie man vom Anfang (Ende) zur nächsten Stelle bis zum Ende (Anfang) gelangt. Ein Beweis oder eine beweisartige Begründung ist eine Folge von Schritten: A0  => A1 => A2  => .... => Ai .... => An, wobei An = U(S), W(S) oder X(S) ist. Zwischen Vorgänger und Nachfolger darf es keine Lücken geben. Es kommt nicht auf die Formalisierung an, sie ist nur eine Erleichterung für die Prüfung. Entscheidend ist, dass jeder Schritt prüfbar nachvollzogen werden kann und dass es keine Lücken gibt. Das wird im folgenden an einem fiktiven, dem Mollathfall nachgebildeten Beispiel im Detail gezeigt. Daraus ergibt sich ziemlich einfach, was in den Meinungsachten der Mollath-Gutachter fehlt: nämlich nahezu alles.

    Fiktives Einstiegs-BEISPIEL analog Fall Mollath
    Daten im Zeitraum t1:  EDt1.1 := Proband: "Ich hörte eine Stimme, mit leichtem Schweizer Akzent, die mir sagte 'Gerechter, steche die Reifen der Frevler, setze endlich ein Zeichen, das sie sich zur Warnung dienen lassen!' Auf Nachfrage ergab sich, EDt1.2 dass niemand sonst im Raum war. Dies kann als ESt1.1:= Halluzination und ESt1.2 := Wahnwahrnehmung beurteilt und die beiden Symptome Halluzination und Wahnwahrnehmung können diagnostisch einem SSt1.1 := paranoid-halluzinatorischen Syndrom zugeordnet werden. Diese Sachverhaltsinformationen (Elementar-Daten) sollen im Folgenden beweisartig strukturiert und durchgearbeitet werden.

    Darstellungsschema Fiktives Beispiel analog Fall Mollath
    Das Darstellungsschema ist einfach und dreigliedrig. Es gibt einen Sachverhalt S, von dem man mit Hilfe bestimmter Regeln R zu neuen Ergebnis-Sachverhalten E gelangt. Dabei können E wieder an die Stelle von nachfolgenden Sachverhalten eingesetzt werden, siehe bitte S2.
     
    S  Sachverhalt (Daten) R  Regelbezug, Anwendung E  Ergebnis aus S und R
    S1 Ich hörte eine Stimme, mit leichtem Schweizer Akzent, die mir sagte 'Gerechter, steche die Reifen der Frevler, setze endlich ein Zeichen, das sie sich zur Warnung dienen lassen!'  R1a  Eindruck; R1b aussage- psychologisches Kriterium Selbstbelastung, R1c Erfahrung E1 glaubhafte Ausgangsbasis, kein Verdacht auf Simulation oder andere Falschmotive. 
    S1.1  Stimme hören, obwohl niemand da ist R1.1  Definition Halluzination E1.1 Symptom Halluzination
    S1.2 "Gerechter, steche die Reifen der Frevler, setze endlich ein Zeichen, das sie sich zur Warnung dienen lassen! "
    _
    _
    _
    _
    _
    R1.2  Definition Wahnwahr- nehmung
    _
    _
    _
    _
    _
    E1.2 Symptom Wahnwahr- nehmung. Auch nach mehrfachen Rückfragen ergab sich, dass der erlebte Befehl mindestens drei Wochen bis zur Ausführung wirksam war, danach klang er ab. 
    S2  Aus E1.1 und E1.2 ergibt sich paranoid-halluzinatorisches Syndrom.  R2 Definition paranoid-halluzi- natorisches Syndrom E2  paranoid-halluzinatorisches Syndrom, ohne zeitliche Gültig- keitsdauer
    S3  Differentialdiagnostische Prüfung, welche Störung hinter dem paranoid-halluzinatorischen Syndrom steckt:
    _
    R3 Anwendung der ICD-10 Kriterien für die in Frage kommenden Störungen E3 Auswahl von in Frage kommenden Störungen
    _
    S3.1  paranoid-halluzinatorisches Syndrom in einer schizophrenen Störung R3.1  ICD-10 F20
    _
    E3.1 Nein mangels belegter Kriterien 
    S3.2  paranoid-halluzinatorisches Syndrom in einer schizotypen Störung
    _
    R3.2  ICD-10 F21
    _
    _
    E3.2 Nein mangels belegter Kriterien, mindestens zwei Jahre gefordert
    S3.3  paranoid-halluzinatorisches Syndrom in einer anhaltend wahnhaften Störung R3.3  ICD-10 F22.0 E3.3 Nein mangels Kriterien, mind. drei Monate gefordert 
    S3.4  paranoid-halluzinatorisches Syndrom in einer sonstigen anhaltend wahnhaften Störung  R3.4  ICD-10 F22.8
    _
    _
    E3.4 Nein mangels belegter Kriterien, mind. drei Monate gefordert
    S3.5  paranoid-halluzinatorisches Syndrom in einer paranoiden Persönlichkeitsstörung
    _
    _
    R3.5  ICD-10 F60.0
    _
    _
    _
    E3.5 Nein mangels belegter Kriterien, bei denen Wahn gar nicht ausdrücklich aufgeführt wird.
    S3.6   paranoid-halluzinatorisches Syndrom in einer maniformen Störung  R3.6  ICD-10 F30.2
    _
    E3.6 Nein mangels belegter Kriterien 
    S3.7  paranoid-halluzinatorisches Syndrom in einer depressiven Störung R3.7  ICD-10 F32.3
    _
    E3.7 Nein mangels belegter Kriterien 
    S3.8  paranoid-halluzinatorisches Syndrom in einer  psychoorganischen Störung R3.8  ICD-10 F06.2 
    _
    E3.8 Nein mangels belegter Kriterien 
    S3.9  paranoid-halluzinatorisches Syndrom in einer drogeninduzierten Störung  R3.9  ICD-10 F1x.51
    _
    E3.9 Nein mangels belegter Kriterien 
    S3.10 paranoid-halluzinatorisches Syndrom durch eine Vergiftung (exogener Reaktionstyp, symptomatische, körperliche, somatogene Psychose) R3.10  ICD-10 F06.x
    _
    _
    E3.10 Nein mangels belegter Kriterien 
    _
    S3.11  paranoid-halluzinatorisches Syndrom in einer sonstigen Wahnform
    _
    R3.11  Nach Ausschluss S. 3.1 bis S. 3.10_
    _
    E3.11 Ja, nach den vorliegenden Informationen bislang einmalige Episode
    S3.12  Unklares und unsicheres paranoid-halluzinatorisches Syndrom R3.12  Wissen, Erfahrung
    _
    E3.12 Ja, wegen Anzahl/ Dauer 
    _
    S3.13 Falsche Angabe aus möglichem Tendenzinteresse
    _
    _
    R3.13 Eindruck, Aussage- psychologische Kriterien, Erfahrung E3.13 Nein mangels belegter Kriterien 
    _
    S4  Wirksamkeitsprüfung für die - hier angenommenen - Tatzeiten
    TZ1, TZ2, TZ3. Wie hat sich der Inhalt S1 der Wahnepisode auf die Tatzeiten TZ1, TZ2, TZ3 ausgewirkt?
    R4 muss für diesen Einzelfall entwickelt werden. E4  Ergebnis Wirksamkeit

     

    S4.1 Proband berichtet in der Exploration, er habe S1 als Auftrag angesehen, den er erfüllen müsse. Deshalb habe er einen Plan entwickelt, wie er das Reifenstechen als Zeichen gegen die Frevler umsetzen könne. Es habe für ihn keine Alternative gegeben. Er habe zwar abstrakt gewusst, dass er dies nicht dürfe, weil es gegen das Gesetz verstoße, aber die Stimme sei viel stärker gewesen und habe keinen Einwand, keine Hemmung erlaubt.  R4.1  Hier ist beweisartig zu begründen, ob, warum und wie sicher die Voraussetzungen der §§ 20, 21 StGB vorliegen. Nach Eindruck, Erfahrung und der Aussagepsychologie ist die Schilderung glaubhaft.  E4.1 Einsichtsfähigkeit eingeschränkt und nur abstrakt vorhanden, daher werden die Voraussetzungen des § 21 angenommen. 
    S5 Unterbringung nach § 63 StGB. Zu den Voraussetzungen der Unterbringung gehören nach Schreiber, Hans-Ludwig & Rosenau, Henning (2004):
    5.1 Schuldunfähigkeit und verminderte Schuldfähigkeit (S. 88)
    5.2 Die rechtswidrige Tat als Anlass (S. 89)
    5.3 Der Zustand des Täters bei der Anlasstat (S. 89)
    5.4 Die Gefährlichkeitsprognose (S. 89) im Hinblick auf:
          5.4.1 Erhebliche Straftaten  (S. 89)
          5.4.2 Wahrscheinlichkeit weiterer Taten  (S. 90)
          5.4.3 Gefährdung der Allgemeinheit (S. 91)
          5.4.4 Kausalzusammenhang  (S. 91)
    5.1, 5.2, 5.3  sind durch E4.1 belegt. Jetzt sind noch zu zeigen 5.4.1, 5.4.2, 5.4.3 und 5.4.4:
    Hierzu ist ein Regelwerk für diesen Einzelfall anzuwenden bzw. zu entwickeln: R5a Indi- viduelle Theorie durch Analyse der Tatgenese und damit Kri- terien der Wiederholungsgefahr a1, a2, ... R5b Einsicht glaub- haft? R5c Behandlungsbereit- schaft? R5d Behandlungs-
    fähigkeit?
    E5.4.4 Die wahnhafte Episode ist in diesem Fall eine Folge des nicht Ernstgenommenwerdens und Ausgegrenztwerdens als Spinner - entstanden auf dem Hintergrund überwertiger Gerechtigkeitsvorstellungen und Wahrnehmung der Probleme in der Welt. 
     
     
     

     

    Anwendung auf den Fall Mollath
    Vergleicht man diese Struktur mit den Gutachten im Mollath-Fall, so fehlt von Anfang an die Basis (S1, S2), die differentialdiagnostischen Abklärungen (S3) sowie die Wirksamkeitsprüfung (S4) für die Tatzeiten, also alles. Auch die Untersuchung der Voraussetzungen (S5) des § 63 StGB, insbesondere die Gefährlichkeitsprognose liegt nur sehr dürftig und lückenhaft vor. Das Nürnberger-, Bayreuther-, Berliner- und, bei genauer Betrachtung, auch das Ulmer-Gutachten sind sämtlich Meinungsachten ohne jeden Wert.
     
    S  Sachverhalt (Daten) R  Regelbezug, Anwendung E  Ergebnis aus S und R
    S1 Mollath verwendet in Anlageblättern große Buchstaben R1 Meinen E1 Mollath hat Größenideen
    S2 Mollath schreibt an viele bedeutende Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens R2 Meinen E2 Spinner, Wichtigtuer und nicht ernst zu nehmen.
    S3 Mollath verspürt eine innere Stimmen des Gewissens R3 Meinen mit verdrehen und Befundfälschung E3 Verdacht auf Stimmen hören als Symptome 1.R., 2.R.
    S4 Mollath glaubt, die größte Friedensdemonstration in Europa auf den Weg bringen zu können R4 Meinen
    _
    E4 Größenwahn.
    _
    S5 Mollath macht Schwarzgeldgeschäfte seiner Frau und der Hypovereinsbank öffentlich R5 Meinen
    _
    E5 Schwarzgeldwahn
    _
    S6 Mollath legt eine 8 seitige Verteidigungsschrift (was mich prägte) mit einer 152 seitigen Anlage (Belege) vor R6 Meinen, wunschgeleitetes selektives Überfliegen E6  wirr
    _
    S7a  ???????????????
    Kröber bleibt hier die Daten schuldig und kommt datenlos zu einem Ergebnis.
    R7a  Kröber meint

    _

    E7a  Mollaths "krankhaft überzogene Sorge um seine Gesundheit"
    S7b Mollaths "krankhaft überzogene Sorge um seine Gesundheit"
    _
    R7b Kröber meint
    _
    E7b Bereich seines paranoiden Systems
    S8  Mollaths "Ablehnung der meisten Körperpflegemittel und von Nahrungsmitteln aus nicht biologisch-dynamischem Anbau" R8  Kröber meint
    _
    E8 Bereich seines paranoiden Systems
    S9 Mollaths "Angabe, u. a. eine Bleivergiftung erlitten zu haben"
    _
    _
    R9  Kröber meint (aufgrund der Textmontage und Befund- fälschung von Dr. L.) E9 Bereich seines paranoiden Systems
    _
    S10 "Im Weiteren finden sich Angaben des Angeklagten darüber, dass er Hilfe gebraucht hätte, dass er eine Blei- und Lösungs- mittelvergiftung erlitten hätte, dass er seit Jahren Alpträume hätte und schweißgebadet aufwache." R10  Meinen und Befund- fälschung durch Textmontage, vermutlich interesse- und wunschgeleitet E10 Die Spur der Bleivergiftung wurde von Dr. Leipziger durch eine Befundfälschung mittels Textmontage S. 25 gelegt:
    S11 Dr. Leipziger äußert (S. 27) eine Befürchtung "weiterer Progredienz"
    _
    _
    R11 Meinen, vermutlich interesse- und wunschgeleitet_
    _
    _
    E11  Aus einer Befürchtung S. 27 wird S. 29 eine "dargelegte Progredienz". Befundfälschung, wahrscheinlich interessegeleitet

    Beispiel Juristisches Meinen
    Der folgende Fehler ist ein Fehler der Justiz,  insbesondere der Staatsanwaltschaft, in dem juristisches Meinen in extremer Weise zum Vorschein kommt:
     
    Mollath habe keine konkreten Beschuldigungen vorgelegt (falsch)  R  Freies juristisches Meinen nach Belieben und Opportunität E  Kein verfolgbarer Anfangsverdacht (falsch: inzwischen widerlegt durch Strafbefehle und Selbstanzeigen vieler von Mollath Benannter).



    Literatur (Auswahl)
    • Bresser, Paul (1990). Die Krise des Sachverständigenbeweises. In (38-47): Frank, Christel & Harrer, Gerhart (1990, Hrsg.) Der Sachverständige im Strafrecht - Kriminalitätsverhütung. Berlin: Springer.
    • Diagnostisches und Statistisches Manual Psychischer Störungen. DSM-III (dt. 1984, orig. 1980). Deutsche Bearbeitung von  Koehler, K. & Saß, H. Weinheim: Beltz.
    • Diagnostisches und Statistisches Manual Psychischer Störungen. DSM-IV (dt. 1996, orig. 1994). Deutsche Bearbeitung von  Koehler, K. & Saß, H. Göttingen: Hogrefe.
    • Dilling, H., Mombour, W. & Schmidt, M. H. (1991) > Weltgesundheitsorganisation (dt. 1991, orig. 1991, Hg. ).
    • Dilling, H., Mombour, W.,  Schmidt, M. H. & Schulte-Markwort, E. (1994). Forschungskriterien. Internationale Klassifikation psychischer Störungen ICD-10 Kapitel V (F). Klinisch-Diagnostische Leitlinien. Bern: Huber.
    • Dittmann, V., Dilling, H., Freyberger, H. H. ((1992, Hg.). Psychiatrische Diagnostik nach ICD-10 - klinische Erfahrungen bei der Anwendung. Ergebnisse der ICD-10-Merkmalslistenstudie. Bern: Huber.
    • Dilling, H. (2009, Hrsg.). Lexikon zur ICD-10-Klassifikation psychischer Störungen. Bern: Huber.
    • Huber, G. (2005). Psychiatrie. Lehrbuch für Studium und Weiterbildung. Stuttgart: Schattauer.
    • Kant, Imanuel (1800) Immanuel Kant Logik Einleitung IX. D) Logische Vollkommenheit des Erkenntnisses der Modalität nach - Gewissheit. Hieraus  Meinen.
    • Kern, Horst J. (1997). Einzelfallforschung. Eine Einführung für Studierende und Praktiker. Weinheim: Beltz.
    • Mittelstraß, Jürgen (1980-1996, Hrsg.). Enzyklopädie Philosophie und Wissenschaftstheorie. 4 Bde. Die ersten beiden Bände erschienen bei BI, Mannheim. Die letzten beiden Bände bei Metzler, Stuttgart. Hier Bd. II. zitiert.
    • Mollath: Materialien, Dokumente, Atteste, Gutachten und gutachtliche Stellungnahmen (chronologische Anordnung, vermutlich unvollständig):
      • Reichel, M. (15.08.2001) Ärztliches Attest. [Mollath nicht persönlich gehört]
      • Dr. Krach, (18.09.2003) Ärztliche Stellungnahme (Institutsambulanz der Klinik für Psychiatrie und, Psychotherapie des Klinikums Am Europakanal), Erlangen  [Mollath nicht persönlich gehört, "Fremdanamnese" aufgrund er Angaben von Frau Mollath]
      • Mollath, Gustl Ferdinand (24.09.2003) Verteidigungsschrift: Was mich prägte S. 2-9, Anlagen S. 10-161. In der Verhandlung am 25.9.2003 übergeben (Duraplus-Ordner, "Konvolut").
      • Lippert, Thomas (22.04.2004). Mündliches Gutachten wie im Urteil dargestellt, das mit dem 14.02.2007 rechtskräftig wurde. [Mollath hat sich nicht untersuchen und explorieren lassen]
      • Leipziger, Klaus (25.07.2005). Forensisch-Psychiatrisches Gutachten über Herrn Gustl Ferdinand Mollath. [Mollath hat sich nicht untersuchen und explorieren lassen]
      • Dr. Zappe (05.04.2006) erstellt ein Gutachten/ gutachtliche Stellungnahme [liegt mir bislang nicht vor, Nr. 85 Chronologie]
      • Leipziger, Klaus (08.08.2006) Mündliches Gutachten in der HV im LG Nürnberg-Fürth, Urteil, rechtskräftig seit 14.02.2007
      • Simmerl, H. (26.09.2007). Nervenärztliches Gutachten zur Frage des Vorliegens der medizinischen Voraussetzungen für die Errichtung einer Betreuung, der eventuell erforderlichen Bereiche, sowie zur Frage der Geschäftsfähigkeit des Betroffenen. [Persönlich untersucht und exploriert]
      • Dr. Pokolm, Dr. Mottok, M. Schafitel (8.1.2008) Gutachtliche Stellungnahme gemäß § 67 e StGB [Mollath hat sich nicht untersuchen und explorieren lassen]
      • Kröber, Hans-Ludwig (27.06.2008). Kriminalprognostische psychiatrische Gutachten über den Untergebrachten GUSTL MOLLATH gemäß § 454 Abs. 2 StPO. [Mollath hat sich nicht untersuchen und explorieren lassen]
      • Dr. K. Leipziger, I. Bahlig-Schmidt, M. Schmid (3.11.2009) Stellungnahme gem. § 67 e StGB [Mollath hat sich nicht untersuchen und explorieren lassen]
      • Dr. K. Leipziger, I. Bahlig-Schmidt, P. Rümenapp (15.1.2010).  Stellungnahme zum beantragten externen Prognosegutachten
      • BKH Bayreuth (27.4.2010) Ergänzende Stellungnahme gem. § 67 e StGB [Mollath hat sich nicht untersuchen und explorieren lassen]
      • Pfäfflin, Friedemann (12.02.2011). Kriminalprognostisches psychiatrisches Gutachten über Herrn Gustl Ferdinand Mollath.
      • Weinberger, Friedrich (30.4.2011) Psychiatrisches Gutachten über Herrn Gustl Ferdinand Mollath [Persönlich untersucht und exploriert]
      • Prof. Dr. Diekhöfer (8.2.2012) Methodenkritischer gutachterlicher Brief .
      • Dr. Leipziger, I. Bahlig-Schmidt, (19.4.2012) Stellungnahme gemäß § 67 e StGB [Mollath hat sich nicht untersuchen und explorieren lassen]
      • Dr. Leipziger, I. Bahlig-Schmidt, (04.03.2013) Stellungnahme zum zurückliegenden Berichtszeitraum seit dem 18.12.2012.  [Mollath hat sich nicht untersuchen und explorieren lassen]
    • Romme, Marius & Escher, Sandra (dt. 1997) Stimmen hören akzeptieren. Bonn: Psychiatrie-Verlag.
    • Rott, Hans (2002) Meinen und Wissen [PDF] Aus der Einleitung.
    • Schreiber, Hans-Ludwig & Rosenau, Henning (2004). Die Voraussetzungen der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 63 StGB. In (88-92) Venzlaff, Ulrich & Foerster, Klaus (2004, Hrsg.; 4.A.). Psychiatrische Begutachtung. Ein praktisches Handbuch für Ärzte und Juristen. München: Elsevier (Urban & Fischer).
    • Sponsel, Rudolf (01.12.2012)  Stellungnahmen zum Fall Gustl F. Mollath. Übersichtsseite.
    • Sponsel, Rudolf (01.12.2012)  Manipulation Textmontage im Bayreuther Gutachten vom 25.7.2005 über Gustl F. Mollath und andere Fehler.
    • Sponsel, Rudolf (01.12.2012 ff)  Kommentare zu einigen Medienberichten über Gustl F. Mollath.
    • Sponsel, Rudolf (04.12.12) Ergebnisse des Mainkofener Gutachtens vom 26.09.2007. * Zusammenfassung
    • Sponsel, Rudolf (08.12.2012) Dokumentation einer Anfrage zum Bundesverfassungsgerichtsbeschluss zur Einweisung zur Beobachtung nach § 81 StPO aus 2001
    • Sponsel, Rudolf (26.12.2012) Analyse der SKID II Befragung Mollaths durch Prof. Dr. Pfäfflin am 30.11.2010.
      • Belegseite: SKID - Strukturiertes Klinisches Interview für DSM-IV.
    • Sponsel, Rudolf (08.03.2013) Aussagepsychologische Analyse von Mollaths Willenserklärungen und der Einstellungsverfügung der Augsburger Staatsanwaltschaft.
    • Sponsel, Rudolf (19.01.2013) Kontrolle forensischer Gutachten und ihres Missbrauchs in Psychologie und Psychiatrie, Staat, Justiz, Polizei und Verwaltung.
    • Sponsel, Rudolf (12.11.2012) Potentielle Fehler in forensisch-psychopathologischen Gutachten, Beschlüssen und Urteilen der Maßregeljustiz. Eine methodenkritische Untersuchung illustriert an einigen Fällen u. a. am Fall Gustl F. Mollath mit einem Katalog der potentiellen forensischen Gutachtenfehler sowie einiger RichterInnen-Fehler.
      • Sponsel, Rudolf (24.04.2013) Daten-Fehler (DatF).
      • Sponsel, Rudolf (26.03.2013) Untersuchungs-Fehler  (UntF).
      • Sponsel, Rudolf (12.11.2012) Explorations-Fehler  (ExpF).
      • Sponsel, Rudolf (02.04.2013) Befund-Fehler (BefF) mit den Hilfsseiten Symptomlisten und Syndromlisten.
        • Detailanalyse Befund-Fehler im Bayreuther GA vom 25.7.2005
      • Sponsel, Rudolf  (20.5.13) Mindestanforderungen für forensische Prognosegutachten und ihre Einhaltung bei Gustl F. Mollath durch den Nürnberger, Bayreuther, Berliner und Ulmer Gutachter.
        • Sponsel, Rudolf (20.5.13) Nur für methodisch Versierte und Interessierte: Eigenwert-Analysen der Korrelations-Matrizen zu den Mindestanforderungen für Prognosegutachten des Nürnberger, Bayreuther, Berliner und Ulmer Mollath Gutachters
    • Sponsel, Rudolf (05.04.2012) Einsicht und Einsichtsfähigkeit in Recht, Psychologie, Psychopathologie und Psychiatrie.
    • Sponsel, Rudolf (26.11.2012) Forensisch psychologisch-psychopathologische Schuldfähigkeitsprüfung.
      • Sponsel, Rudolf (26.11.2012) Bloße psychopathologische Diagnosen genügen nicht - Der häufigste forensisch-psychopathologische Fehler bei der Schuldfähigkeitsprüfung.
    • Wenninger, Gerd (2000, Hrsg.). Lexikon der Psychologie (in 4 Bänden und 1 Registerband). Heidelberg: Spektrum.




    Links (Auswahl: beachte)
    • Was ist ein wissenschaftliches forensisch-psychopathologisches Gutachten?
    • Zur Haupt- und Überblicksseite Katalog potentieller Fehler in forensischen Gutachten.
    • Überblicksseite: Stellungnahmen zum Fall Gustl F. Mollath.
    • Materialien und Dokumente aus der Unterstützerszene Mollaths.
    • Überblick Forensische Psychologie in der IP-GIPT.
    • Beweis und beweisen in Wissenschaft und Leben (Überblicksseite).
    • Wissenschaft in der IP-GIPT.
    • Überblick Diagnostik in der IP-GIPT.




    Glossar, Anmerkungen und Endnoten:
    1) GIPT= General and Integrative Psychotherapy, internationale Bezeichnung für Allgemeine und Integrative Psychotherapie.
    __
    Stichworte: Diagnose-Kriterien: Schizotype Störung, Wahnhafte Störung, Paranoide Persönlichkeitsstörung * Eigener wissenschaftlicher Standort * Episode * Grundproblem psychologisch-psychopathologischer Diagnostik * Halluzination * Meinungen zum meinen und zur Meinung * Stimmen hören * Tatgenese * Wahn: Wahnhaft im Urteil vom 26.8.2006, Zur Bedeutung des Wahns für die Beurteilung der Schuldfähigkeit nach den §§ 20 und 21 StGB. *
    __
    Eigener wissenschaftlicher Standort
    __
    . einheitswissenschaftliche Sicht. Ich vertrete neben den Ideen des Operationalismus, der Logischen Propädeutik und einem gemäßigten Konstruktivismus auch die ursprüngliche einheitswissenschaftliche Idee des Wiener Kreises, auch wenn sein Projekt als vorläufig gescheitert angesehen wird und ich mich selbst nicht als 'Jünger' betrachte. Ich meine dennoch und diesbezüglich im Ein- klang mit dem Wiener Kreis, daß es letztlich und im Grunde nur eine Wis- senschaftlichkeit gibt, gleichgültig, welcher spezifischen Fachwissenschaft man angehört. Wissenschaftliches Arbeiten folgt einer einheitlichen und für alle Wissenschaften typischen Struktur, angelehnt an die allgemeine formale Beweisstruktur. 
       Schulte, Joachim & McGuinness, Brian (1992, Hrsg.). Einheitswissenschaft - Das positive Paradigma des Logischen Empirismus. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
       Geier, Manfred (1992). Der Wiener Kreis. Reinbek: Rowohlt (romono).
    Kamlah, W. & Lorenzen, P. (1967). Logische Propädeutik. Mannheim: BI.
    _
    Wissenschaft [IL] schafft Wissen und dieses hat sie zu beweisen, damit es ein wissenschaftliches Wissen ist, wozu ich aber auch den Alltag und alle Lebensvorgänge rechne. Wissenschaft in diesem Sinne ist nichts Abgehobenes, Fernes, Unverständliches. Wirkliches Wissen sollte einem Laien vermittelbar sein (PUK - "Putzfrauenkriterium"). Siehe hierzu bitte das Hilbertsche gemeinverständliche Rasiermesser 1900, zu dem auch gut die Einstein zugeschriebene Sentenz passt: "Die meisten Grundideen der Wissenschaft sind an sich einfach und lassen sich in der Regel in einer für jedermann verständlichen Sprache wiedergeben." 
    _
    Aristoteles
    "23. Erkenntnis und Meinung; sinnliche Wahrnehmung und Allgemeines
    Der Gegenstand der Erkenntnis und die Erkenntnis unterscheidet sich von dem Gegenstand der Meinung und dem Meinen, inwiefern das Erkennen allgemein ist und durch Notwendiges zustande kommt, das Notwendige aber sich nicht anders verhalten kann, — die Meinung indessen etwas Unsicheres ist."
        Quelle S. 49: Aristoteles (Adolf Trendelenburg/ Rainer Beer) Texte zur Logik. Reinbek: Rowohlts Klassiker der Litertur und Wissenschaft. Griechische Philosophie Band 11.
        Ausführlicher zum Meinen äußert sich Aristotels in den Zweite Analytiken oder Lehre vom Erkennen.
    __
    Diagnose-Kriterien nach Dilling et al. (1994) Forschungskriterien
     
      Schizotyper Störung F21
       
      F21 schizotype Störung 
        A.  Die Betroffenen haben über einen Zeitraum von mindestens zwei Jahren mindestens vier der folgenden Merkmale entweder ununterbrochen oder wiederholt gezeigt:
        1. unangepaßter und eingeengter Affekt, sodaß die Betroffenen kalt und unnahbar erscheinen
        2. seltsames, exzentrisches oder eigentümliches Verhalten und Erscheinung
        3. wenige soziale Bezüge und Tendenz zu sozialem Rückzug
        4. sonderbare Ansichten oder magisches Denken, das das Verhalten beeinflußt und nicht mit subkulturellen Normen übereinstimmt
        5. Mißtrauen oder paranoide Vorstellungen
        6. Grübeln ohne inneren Widerstand oft mit dysmorphophoben, sexuellen oder aggressiven Inhalten
        7. ungewöhnliche Wahrnehmungen, einschließlich Körpergefühlsstörungen, Illusionen, Depersonalisations- oder Derealisationserleben
        8. vages, umständliches, metaphorisches, gekünsteltes und oft stereotypes Denken, das sich in einer seltsamen Sprache oder auf andere Weise äußert, ohne deutliche Zerfahrenheit
        9. gelegentliche, vorübergehende quasi-psychotische Episoden mit intensiven Illusionen, akustischen oder anderen Halluzinationen und wahnähnlichen Inhalten; diese  Episoden treten im allgemeinen ohne äußere Veranlassung auf.
        B.  Die Betroffenen haben niemals die Kriterien für eine Schizophrenie (F20) erfüllt.
         
      Wahnhafte Störung F22.0
       
      F22.0   wahnhafte Störung
      • A.  Ein Wahn oder Wahnsystem mit anderen als den typischen unter F20 G1.1. b oder d aufgezählten schizophrenen Inhalten (d.h. keine völlig unmöglichen oder kulturell inakzeptablen Vorstellungen). Am häufigsten sind Verfolgungs-, Größen-, Eifersuchts-, Liebes- oder hypochondrischer Wahn.
      • B.  Die Wahngedanken (A.) müssen mindestens drei Monate bestehen.
      • C.  Die allgemeinen Kriterien für eine Schizophrenie (F20.0-F20.3 G1.) werden nicht erfüllt.
      • D.  Anhaltende Halluzinationen jeglicher Sinnesmodalität dürfen nicht vorkommen (vorübergehende oder gelegentliche akustische Halluzinationen, die nicht in der dritten Person sprechen oder laufend kommentieren, können vorkommen).
      • E.  Depressive Symptome (oder sogar eine depressive Episode, F32) können im Verlauf vorkommen, vorausgesetzt, die Wahngedanken bestehen auch nach Rückbildung etwaiger affektiver Symptome unverändert weiter.
      • F.  Häufigstes Ausschlußkriterium: Kein Nachweis einer primären oder sekundären Gehirnerkrankung wie unter F0 angegeben oder einer durch psychotrope Substanzen bedingten psychotischen Störung (F1x.5).
         
      Paranoide Persönlichkeitsstörung F60.0
       
      F60.0   paranoide Persönlichkeitsstörung 
      A.    Die allgemeinen Kriterien für eine Persönlichkeitsstörung (F60) müssen erfüllt sein.
      B.    Mindestens vier der folgenden Eigenschaften oder Verhaltensweisen müssen vorliegen:
    • übertriebene Empfindlichkeit auf Rückschläge und Zurücksetzungen
    • Neigung, dauerhaft Groll zu hegen, d. h. Beleidigungen, Verletzungen, oder Mißachtungen werden nicht vergeben
    • Mißtrauen und eine anhaltende Tendenz, Erlebtes zu verdrehen, indem neutrale oder freundliche Handlungen anderer als feindlich oder verächtlich mißdeutet werden
    • Streitbarkeit und beharrliches, situationsunangemessenes Bestehen auf eigenen Rechten
    • häufiges ungerechtfertigtes Mißtrauen gegenüber der sexuellen Treue des Ehe- oder Sexualpartners
    • ständige Selbstbezogenheit, besonders in Verbindung mit starker Überheblichkeit
    • häufige Beschäftigung mit unbegründeten Gedanken an Ver-[>152]schwörungen als Erklärungen für Ereignisse in der näheren oder weiteren Umgebung.
    • Kritische Anmerkung: Obwohl sich die Störung "paranoide Persönlichkeitsstörung" nennt, kommt Wahn bei den Kriterien nicht ausdrücklich vor.

    __
    Episode
    In Dillings (2009, Hrsg.) ICD-10 Lexikon findet sich leider kein Eintrag zum Begriff der Episode. Von der allgemeinen Wortbedeutung her, ist Episode jedenfalls etwas kurzes. Aber was heißt "kurz"? Es bleibt uns nur der mühevolle Weg, den Begriff aus verschiedenen differentialdiagnostischen Anwendungen zu erschließen.
        In den ICD-10 Forschungskriterien (das grüne Büchlein), finden sich im Sachregister folgende Einträge zu Episode:
      -   depressive F32.  S. 104:  "G1 Die depressive Episode sollte mindestens zwei Wochen dauern"
      -   sonstige F32.8. S. 108 keine nähere zeitliche Spezifikation.
      -   leichte F32.0. wie F32
      -   mit somatischem Syndrom F32.01. S. 106  wie F32
      -   ohne somatisches Syndrom F32.00 wie F32
      -   mittelgradige F32.1 wie F32
      -   mit somatischem Syndrom F32.11
      -   ohne somatisches Syndrom F32.10
      -   nicht näher bezeichnete F32.9 wie F32
      -   schwere, mit psychotischen Symptomen F32.3 wie F32
      -   schwere, ohne psychotische Symptome F32.2 wie F32
      -   gemischte affektive F38.00 S.113: "... die meiste Zeit während einer Periode von wenigstens zwei Wochen ..."
      -   hypomanische F30.0. S. 99: "Die Stimmung ist ... an mindestens vier aufeinander folgenden Tagen gehoben oder gereizt."
      -   manische F30  S. 99: enthält keine Beschreibung für F30 allgemein, beginnt inhaltlich mit F30.0
      -   sonstige F30.8 S. 101 enthält keine Beschreibung
      -   nicht näher bezeichnete F30.9 enthält keine Beschreibung
      -   rezidivierende manische F31.8 enthält keine Beschreibung
      -   sonstige einzelne F38.0.  S. 113: wenigstens zwei Wochen.
      Ergebnis Episodenbegriff Forschungskriterien ICD-10  Vier aufeinanderfolgende Tage (Hypomanie) bis wenigstens zwei Wochen (Depression).
    Huber (2005), S. 155 schreibt: "Die Begriffe Schub, Phase, Episode und Prozeß werden uneinheitlich verwendet."
    __
    Grundprobleme psychologisch-psychopathologischer Diagnostik
    Von Huber soll die geistreiche Bemerkung stammen: "Die meisten schizophrenen Menschen sind die meiste Zeit ihres Lebens nicht schizophren." Das kann verallgemeinert werden: wie oft, wie stark und wie lange muss eine Störung gegeben sein, damit man sagen kann: X hat S? Symptome, Syndrome, Störungen, Krankheiten haben sozusagen eine Gültigkeitsdauer. Die allermeisten Störungen ereignen sich nicht ununterbrochen, sondern sie sind mal mehr oder minder stark da und dann wieder nicht. Was heißt nun also z.B. genau: X hat einen Wahn? Alle diese Grundfragen sind von der Psychiatrie die letzten Jahrhunderte bis zur Gegenwart nicht richtig geklärt worden. Man darf, ja man muss daraus wohl den Schluss ziehen, dass die Psychiatrie wissenschaftlich gesehen immer noch ziemlich unterentwickelt ist. In der Psychologie und Psychotherapie sieht es aber leider auch nicht viel besser aus. Das ist nicht ganz leicht zu verstehen, weil es, wenn man einen idiographischen, einzelfallorientierten Standpunkt einnimmt, ja nicht so schwer ist, eine Störung in ihrer Erscheinungsform einigermaßen genau zu erfassen. Man muss ja nur die drei Parameter Häufigkeit, Stärke und Dauer miteinander kombinieren. Das lässt sich z.B. graphisch ganz leicht realisieren.
    __
    Halluzination
    Wahrnehmung ohne äußere Wahrnehmungsquelle oder den üblichen Informationsweg. Beispiel Leibhalluzinationen oder zoenästhetische Wahrnehmungen aus dem eigenen Körper bei Schizophrenien. Huber (2005, S. 280) leitet seine 15 Merkmalsklassen wie folgt ein: "Noch häufiger (73%) als ausgesprochene Leibhalluzinationen mit dem Kriterium des »Gemachten« sieht man bei Schizophrenien qualitativ eigenartige Leibgefühle (Zönästhesien i. e. S. = Stufe 2) ohne das Kriterium des Gemachten, die beim zönästhetischen Typ (s. S. 302ff.) dominieren. Die Zönästhesien der Stufen l und 2, die wir (als Hauptkategorie D) zu den Basissymptomen rechnen (s. Tab. 36, S. 397), werden von den Patienten als (körperliche) Störungen wahrgenommen und geschildert. Zönästhesien sind durch die fast unübersehbare Mannigfaltigkeit, den raschen zeitlichen Wechsel, das häufig paroxysmale Auftreten, die subjektive Neu- und Andersartigkeit, die schwere Beschreibbarkeit für den Patienten. ... "
    Anmerkung: Halluzinationen können, besonders in geeigneten Situationen, auch durch Suggestion induziert werden (Kern 1997, S. 22f).
    __
    Meinungen zum meinen und zur Meinung
       
      Einleitung zu Meinen und Wissen von Hans Rott, Regensburg [PDF]
      "Jürgen Mittelstraß hat in einer Serie von Arbeiten (zum Beispiel Mittelstraß 1992, 1996) vor dem Heraufziehen einer Neuen Dummheit gewarnt.
      Information, so Mittelstraß, sei lediglich eine Artikulationsform, durch die Wissen gleichermaßen wie Meinung transportabel gemacht werden kann.
      Wissen setze Lehrbarkeit, Prüfung und Selbständigkeit im Umgang mit dargebotenen Informationen voraus. Wer auf Information allein vertraue
      oder vertrauen müsse, dem gehe der Unterschied zwischen Meinen und Wissen verloren, und er münde schließlich ein in einen Zustand zwar
      „informierter“, gleichwohl aber desorientierter Dummheit.
      Es ist nicht der Zweck dieses Beitrags, in kulturkritische und zeitgeschichtliche Betrachtungen einzustimmen. Ich möchte die angeführten Gedanken nur als Beleg für zweierlei verwenden. Zum ersten ist die altehrwürdige, mindestens auf Parmenides von Elea zurückgehende Unterscheidung von („bloßem“) Meinen und („wirklichem“) Wissen auch heute noch aktuell und relevant. .... Es gilt also, Meinen und Wissen streng auseinanderzuhalten."

      Kant (1800) "1) Meinen. — Das Meinen oder das Fürwahrhalten aus einem Erkenntnisgrunde, der weder subjektiv noch objektiv hinreichend ist, kann als ein vorläufiges Urteilen (sub conditione suspensiva ad interim) angesehen werden, dessen man nicht leicht entbehren kann. Man muß erst meinen, ehe man annimmt und behauptet, sich dabei aber auch hüten, eine Meinung für etwas mehr als bloße Meinung zu halten. — Vom Meinen fangen wir größtenteils bei allem unserm Erkennen an. Zuweilen haben wir ein dunkles Vorgefühl von der Wahrheit; eine Sache scheint uns Merkmale der Wahrheit zu enthalten; — wir ahnen ihre Wahrheit schon, noch ehe wir sie mit bestimmter Gewißheit erkennen." [Online]

      Jürgen Mittelstraß (1984) in der Enzyklopädie der Philosophie und Wissenschaftstheorie: "Meinung (griech. äo(«, lat. opinio, engl./franz. opinion), im Gegensatz zu > Wissen, ebenso wie Glaube (> Glaube (philosophisch)), eine häufig subjektive Orientierungsweise ohne methodische Begründungen, die stets unter Irrtumsverdacht (> Irrtum) steht und gleichwohl t Gewißheit (in Form von subjektiver Gewißheit) beanspruchen kann. M. unterliegt daher auch im Unterschied zum Wissen keinem strengen Überprüfbarkeitspostulat; von ihr wird erwartet, daß sie plausibel, wenn auch nicht vollständig begründet bzw. begründbar ist. ..."

      Wikipedia: "Eine Meinung (von indogermanisch moino ‚Wechsel‘, ‚Tausch‘) ist im engeren Sinn die subjektive Ansicht und Einstellung zu Zuständen, Ereignissen oder anderen Personen (rechtlich: Werturteil), ihre wesentliche Aufgabe ist die Bewertung oder Beurteilung, sie sagt aus, wie jemand/etwas sieht. Eine Meinung entsteht auf der Basis eigener Erfahrungen und eigenen Wissens vor dem Hintergrund der eigenen gesellschaftlichen Umgebung und Deutungsmuster und somit immer ein von gesellschaftlichen Gültigkeiten geprägter individuell gebildeter Standpunkt.
          Im weiteren Sinne bezeichnet Meinung die Einstellung des Fürwahrhaltens beliebiger (also nicht nur wertender) Aussagen. In der angelsächsischen analytischen Philosophie wird hierfür die Bezeichnung „belief“ verwendet. Schon in der Philosophie der Antike wird dabei der bloßen Meinung (doxa) das Wissen (episteme) als gerechtfertigte und wahre Meinung gegenübergestellt. ..." [W130729]

      Lexikon der Psychologie (Wenninger, Spektrum): "Meinung, ein bis heute nicht einheitlich definierter Begriff. In der Sozialpsychologie wird z.B. unterschieden zwischen Meinungen, Einstellungen und Überzeugungen. Meinung gilt als "kurzlebiges Urteil über augenblickliche, für die Öffentlichkeit relevante Themen" – im Gegensatz zu Einstellung als zeitlich stabile und wenig situationsabhängige Dimension, und Überzeugung als zentrale, zeitlich stabile und situativ unabhängige Wertorientierung (Werte). Andere Autoren heben bei der Unterscheidung zwischen Einstellung und Meinung hervor, daß einer Meinung die affektive Komponente fehle und im wesentlichen eine verbale, kognitive Reaktion sei. Oder: Meinungen seien der verbale Ausdruck von Einstellungen als den tiefer liegenden, latenten Variablen, seien von der Situation abhängig und hätten nur einen geringen Bezug zum tatsächlichen Verhalten (Meinungsforschung, Öffentliche Meinung)."

    __
    Stimmen hören
    Im vorliegenden Fall, Leipziger Gutachten Mollath, geht es darum, zu zeigen, wie Leipziger langsam aber sicher von einer ganz normalen Aussage Mollaths, wie sie fast jeder von uns treffen könnte, dazu übergeht, Mollath könnte auch akustische Halluzinationen haben, Stimmen hören, was auf eine paranoid-halluzinatorische Schizophrenie hinwiese.
        Stimmen hören als ob sie von äußeren Wahrnehmungsquellen stammten wurde bis zu den 1990er Jahren von vielen als Halluzination und damit als eindeutiges psychotisches Zeichen beurteilt. Dann erschien das Buch von Marius Romme und Sandra Escher Stimmen hören akzeptieren, womit eine neue Betrachtung relativierende Entlastung brachte. Auf dem Klappentext des Buchrückens wird ausgeführt:
      "Nach einer Fernsehsendung in den Niederlanden bekannten sich Hunderte dazu, mit Stimmen zu leben. Stimmenhören - ein weit verbreitetes Phänomen?
          Das Hören von Stimmen wurde bisher von der klinischen Psychiatrie als akustische Halluzination interpretiert und damit lediglich als Symptom einer Krankheit, etwa der Schizophrenie, betrachtet. Die übliche Behandlung mit Medikamenten sollte die Wahnvorstellungen und Halluzinationen im  »besten« Fall auslöschen. Zunehmend macht sich die Erkenntnis breit, daß dieser Ansatz unzureichend ist.
      Im Bemühen um einen neuen Zugang zu dem Phänomen des Stimmenhörens haben sich Marius Romme, Sandra Escher und andere auf die Suche nach Menschen mit positiven Erfahrungen gemacht - und haben sie gefunden. Dieses Buch - mittlerweile in sechs Sprachen übersetzt - belegt eindringlich, daß die subjektiven Wahrnehmungen und Erfahrungen mit in wissenschaftliche Überlegungen einfließen müssen, die es Stimmenhörern ermöglichen, zu einem besseren Selbstverständnis und einem hilfreicheren Umgang mit den Stimmen zu gelangen.
          Marius Romme ist Professor für Soziale Psychiatrie in Maastricht. Sandra Escher ist Wissenschaftsjournalistin und Mitarbeiterin im Maastrichter Stimmenhörer-Projekt." [> Netzwerk Stimmen hören e.V.]
    Im Gegensatz zu Kurt Schneider rechnet Huber (2005) imperative Stimmen, solche also, die Befehle erteilen, ebenfalls zu den Symptomen 1. Ranges. Huber (2005) führt zum Stimmen hören aus (S.307f):
      "Wir (doch nicht K. SCHNEIDER) rechnen auch akustische Halluzinationen, in denen Befehle erteilt werden: imperative Stimmen, zu den Symptomen 1. Ranges.
      • Dialogische Stimmen: »Abends bei völliger Ruhe höre ich Bekannte, die sich über mich unterhalten. Ich höre die Stimme des Hausarztes und des Pastors genau heraus, obschon die Stimmen sehr leise sind. Einmal hörte ich ein Gespräch der Schwägerin mit dem Bruder. Die Schwägerin machte mir Vorwürfe, der Bruder nahm mich in Schutz«.
      • Kommentierende Stimmen: Eine Stimme habe andauernd ihr Verhalten glossiert. Zum Beispiel habe sie gehört: »Jetzt bewegt sie sich. Jetzt steht sie auf. Jetzt holt sie Luft. Sie zieht sich an. Das ist aber ein schäbiges Kleid«.[>308]
      • Gedankenlautwerden: »Die Gedanken sprechen innerlich mit mir, wenn ich allein bin. Das sind keine Stimmen, sondern laute Gedanken«. - »Ich kann meine eigenen Gedanken hören. Es ist furchtbar störend. Ich spüre auch den Rhythmus des Denkens. Ich weiß nicht, woher das kommt«.
      • Imperative Stimmen: »Der Doktor gab mir Befehle, ich hörte deutlich seine Stimme. Sie sagte: »Pack die Koffer; geh auf den Bahnhof und hol den Bruder. Ein andermal hieß es, ich soll in der Apotheke eine bestimmte Arznei besorgen«. -  »Die Stimme befahl mir, mich aufzuhängen. Eine andere sagte: »Tue das nicht, denk an deine Familie«."
    __
    Tatgenese
    Sie ist nach den vier Eingangsmerkmalen bei der Schuldunfähigkeit unterschiedlich schwierig. Am einfachsten ist sie bei paranoiden-Schizophrenien, wenn der Schub eine strafbare Handlung hervorbringt, indem er sich der Person bemächtigt. Hier ist die strafbare Handlung offensichtlich an den schizophrenen Schub gekoppelt und in ihn eingebettet. Risikovorsorge heißt hier, weiteren schizophrenen Schüben vorbeugen und die PatientInnen für eine solide Rückfallprophylaxe zu gewinnen. Am schwierigsten ist die Tatgenese beim Eingangsmerkmal vier, der Persönlichkeitsstörung. Schon deshalb, weil Persönlichkeitsstörungen per definitionem eigentlich nicht therapierbar sind.
    __
    Wahn.
    Der Psychiatrie ist es in den letzten Jahrhunderten nicht gelungen, eine verbindliche Wahndefinition vorzulegen. Ich habe nach meinen Wahnstudien eine mir angemessen und schlüssig erscheinende Wahndefinition entwickelt:
        Definition: Wahn liegt vor, wenn mit rational unkorrigierbarer (Logik, Erfahrung) Gewissheit ein falsches Modell der Wirklichkeit oder ein falscher Erkenntnisweg zu einem richtigen oder falschen Modell der Wirklichkeit vertreten wird.
        Beispiel falsches Modell der Wirklichkeit: Ein Passant gähnt und das deutet ein fränkischer Proband als Zeichen Dr. Merks, worauf er in die Knie geht und laut ruft: „Allmächd, Allmächd“. Muss man so jemanden einsperren? Natürlich nicht.
        Beispiel falscher Erkenntnisweg eines richtigen Modells der Wirklichkeit: Ein Passant gähnt und ein Proband zieht daraus den Schluss, dass Banken in hohen Maße an Steuerbetrugsdelikten beteiligt sind. Passantengähnen ist keine in unserer Kultur und Wissenschaft anerkannte Erkenntnisquelle für Schwarzgeldschiebereien, die natürlich ein völlig reales Modell der Wirklichkeit sind.
        Gustl F. Mollath hat seine Erkenntnisse nicht aus dem Gähnen eines Passanten wahnhaft erschlossen, sondern seine Erkenntnisquellen entsprechen genau denen unserer Kultur und Wissenschaft. Es gibt auch keine Progredienz (Ausdehnung, Erweiterung, Fortschreitung), wenn man mit gesundem Menschenverstand hinschaut, was der forensisch-psychiatrischen Schlechtachterindustrie offenbar zu schwierig erscheint. Es ist ja völlig logisch und verständlich, dass, je mehr Menschen sein Anliegen und seine Erkenntnisse ablehnen, er entsprechend mehr AblehnerInnen sieht. Daher ist das vermeintliche Progredienzzeichen für einen angeblich sich ausdehnenden Wahn (wohin hat er sich denn in den letzten 10 Jahren ausgedehnt?) auch keines, sondern es erklärt sich ganz einfach aus der Natur des Sachverhalts.
    Infos zum Wahn in der IP-GIPT:
    • Wissenschaftliches Wahnsystem am Beispiel Mollath.
    • Perspektiven und Welten des Wahns.
    • Wahn in verschiedenen Störungen und Krankheiten (Diagnostik).
    • Wahnformen.
    • Wahnfälle.
    • Zur Etymologie von WAHN gegenüber WahnSINN (nach Scharfetter).
    • "Normal", "Anders", "Fehler", "Gestört", "Krank", "Verrückt".
    • Unterscheiden Wahn und Glauben.
    • Mehr zum Wahn > Überblick Wahn.

    • ___
      Wahnhaft im Urteil vom 26.8.2006
      (S. 25): "Auch in der Hauptverhandlung hat sich - wie bereits in den von den Zeugen geschilderten Vorfällen - die wahnhafte Gedankenwelt des Angeklagten vor allem in Bezug auf den Schwarzgeldverschiebungen der Hypovereinsbank bestätigt. Mag sein, dass es Schwarzgeldverschiebungen von verschiedenen Banken in die Schweiz gegeben hat bzw. noch gibt, wahnhaft ist, dass der Angeklagte fast alle Personen, die mit ihm zu tun haben, z.B. den Gutachter Dr. Wörthmüller völlig undifferenziert mit diesem Skandal in Verbindung bringt und alle erdenklichen Beschuldigungen gegen diese Personen äußert."
      ___
      Zur Bedeutung des Wahns für die Beurteilung der Schuldfähigkeit nach den §§ 20 und 21 StGB.
      Dölling, Dieter  (2010) Zur Bedeutung des Wahns für die Beurteilung der Schuldfähigkeit nach den §§ 20 und 21 StGB. Forens Psychiatr Psychol Kriminol (2010) 4:166–169 [DOI 10.1007/s11757-010-0057-4]
          "Zusammenfassung Für die Beurteilung der Schuldfähigkeit eines Täters mit Wahnsymptomatik ist zunächst zu prüfen, ob ein Eingangsmerkmal der §§ 20, 21 des Strafgesetzbuches (StGB) vorliegt. Hierzu ist eine gründliche Diagnose von Art und Intensität des Wahns sowie der ihm zugrunde liegenden psychischen Erkrankung erforderlich. Ist ein Eingangsmerkmal gegeben, ist zu erörtern, wie sich
      der Wahn im jeweiligen Einzelfall auf die Fähigkeit des Täters zur Unrechtseinsicht und seine Steuerungsfähigkeit ausgewirkt hat. Hierfür kann ein Blick auf das von Winfried Brugger entwickelte anthropologische Kreuz der Entscheidung hilfreich sein."
          Diese Beurteilungkriterien des Mitherausgebers des Handbuches der Forensischen Psychiatrie wurden im Fall Mollath nicht beachtet, angewendet und eingehalten.
    __


    Querverweise
    Standort: Meinungsachten.
    *
    Meinen - eine wissenschaftstheoretische Analyse.
    Zur Haupt- und Überblicksseite Katalog potentieller Fehler in forensischen Gutachten.
    Überblicksseite: Stellungnahmen zum Fall Gustl. F. Mollath.
    *
    Überblick Forensische Psychologie.
    *
    Suchen in der IP-GIPT, z.B. mit Hilfe von "google": <suchbegriff> site: www.sgipt.org
    z.B. Forensische Psychologie site: www.sgipt.org. 
    *
    Dienstleistungs-Info.
    *

    Zitierung
    Sponsel, Rudolf (DAS). Das Meinungsachten in der forensischen Psychiatrie. Zu Potentielle Fehler in forensisch psychiatrischen Gutachten, Beschlüssen und Urteilen der Maßregeljustiz. Eine methodenkritische Untersuchung illustriert an einigen Fällen u. a. am Fall Gustl F. Mollath mit einem Katalog der potentiellen forensischen Gutachtenfehler sowie einiger Richter-Fehler. Erlangen  IP-GIPT: https://www.sgipt.org/forpsy/NFPMRG/MeinGA.htm
    Copyright & Nutzungsrechte
    Diese Seite darf von jeder/m in nicht-kommerziellen Verwertungen frei aber nur original bearbeitet und nicht inhaltlich verändert und nur bei vollständiger Angabe der Zitierungs-Quelle benutzt werden. Das direkte, zugriffsaneignende Einbinden in fremde Seiten oder Rahmen ist nicht gestattet, Links sind natürlich willkommen. Zitiert kann mit Quellenangabe beliebig werden. Sofern die Rechte anderer berührt sind, sind diese dort zu erkunden. Sollten wir die Rechte anderer unberechtigt genutzt haben, bitten wir um Mitteilung. Soweit es um (längere) Zitate aus  ...  geht, sind die Rechte bei/m ... zu erkunden oder eine Erlaubnis einzuholen.


     Ende_ Meinungsachten_ Datenschutz_Überblick_Rel. Aktuelles_ Rel. Beständiges _ Titelblatt_ Konzeption_ Archiv_ Region_ Service_iec-verlag_ Mail: sekretariat@sgipt.org_ __Wichtige Hinweise zu Links und Empfehlungen


    korrigiert: 03.08.2013 irs



    Änderungen Kleinere Änderungen werden nicht extra ausgewiesen; wird gelegentlich überarbeitet und ergänzt.
    04.11.18    Aristoteles z7u erkennen und meinen.
    13.06.18    Linkfehler korrigiert.
    19.10.16    Rott, Hans (2002) Meinen und Wissen,  Aus der Einleitung. * Meinen bei Kant.
    17.06.14    Schneider Totum pro parte Fehlschluss und sein prinzipielles Okkultismusprinzip.
    06.04.14    Ein wichtiger Grund: Fehlende Daten des Erlebens und Verhaltens.
    19.08.13    Anmerkung Halluzination, auch durch Suggestion induzierbar.
    10.08.13    Perspektiven und Welten des Wahns.
    04.08.13    Stimmen hören
    03.08.13    8.20  Bresser bibl., § 67 e Link; Erg. Zappe (2006).