Internet
Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie
(ISSN 1430-6972)
IP-GIPT DAS=03.08.2013
Internet-Erstausgabe, letzte Änderung: 12.10.21
Impressum:
Diplom-Psychologe Dr. phil. Rudolf Sponsel Stubenlohstr. 20 D-91052
Erlangen
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Willkommen in unserer Internet-Publikation
für Allgemeine und Integrative Psychotherapie, Abteilung Forensische
Psychologie, Kriminologie, Recht und Strafe, Bereich forensische Gutachten,
und hier speziell zum Thema:
Das Meinungsachten in der forensischen
Psychiatrie
- außerordentlich beliebt
und extrem verbreitet -
Meinen
- eine wissenschaftstheoretische Analyse.
Zu:
Potentielle Fehler in forensisch psychiatrischen
Gutachten, Beschlüssen und Urteilen der Maßregeljustiz
Eine methodenkritische Untersuchung illustriert
an einigen Fällen u. a. am Fall Gustl
F. Mollath
mit einem Katalog
der potentiellen forensischen Gutachtenfehler sowie einiger Richter-Fehler.
von Rudolf
Sponsel, Erlangen
_
Abstract
- Zusammenfassung - Summary
_
Beweisen lässt sich nur das bestmöglich Definierte.
Paul H. Bresser (1990). Die Krise des Sachverständigenbeweises,
S.41
|
Die Arbeit gehört systematisch zu den Beweis-Fehlern.
Aufgrund seiner Bedeutung und Verbreitung wurde das Meinungsachten als
Einzelarbeit aus den Beweis-Fehlern ausgelagert.
Meinungsachten sind in der forensischen Psychiatrie
außerordentlich beliebt und extrem verbreitet. Hier ist nämlich
keine wissenschaftliche Arbeit erforderlich, sondern die Aufgabe besteht
einzig und allein darin, zu meinen. Das kann mit oder sogar
ohne Sachverhaltsbezug der Fall sein. Das ist sehr einfach und elegant.
Denn dazu muss man nicht persönlich untersuchen oder explorieren,
man muss sich auch nicht anstrengen, man muss noch nicht einmal besonders
nachdenken, man muss nicht begründen, argumentieren, her- oder ableiten
oder gar beweisen, nein, es ist ganz wunderbar einfach: man meint,
nichts weiter. Das Gutachten, das man schriftlich oder mündlich erstattet,
besteht aus einer bloßen
Meinung oder Ansammlung von
Meinungen
Das kommt den RichterInnen womöglich sehr entgegen, denn ihr Hauptgeschäft
ist ebenfalls das Meinen (freie Beweiswürdigung, richterliche Überzeugungsbildung,
Exegese von zig unbestimmten Rechtsbegriffen und Universalien,
rechtliche Beurteilungen, z.B.).
Das Meinungsachten, der Standard- und Normalfall
in der forensischen Psychiatrie, ist für viele schwer zu erkennen,
obwohl bereits Aristoteles auf den
wichtigen Unterschied zwischen erkennen und meinen hinwies.
Ich selbst habe lange gebraucht, um zu begreifen, was hier wirklich vor
sich geht. Erstens weil Struktur und Form des Meinungsachtens bislang weitgehend
unbekannt sind. Und zweitens, weil man wohl denkt, das gehört so,
weil es seit Jahrzehnten so gemacht wird. Aber Falsches wird auch durch
ständige oder jahrzehntelange Wiederholung nicht richtiger. Deshalb
ist es sehr wichtig, die Werkzeuge zu entwickeln, um Meinungsachten überhaupt
zu erkennen. Und genau das will diese Seite leisten. Zum vollen Verständnis
dient ein fiktives Beispiel - analog Fall Mollath - dazu,
besser zu verstehen, was den Meinungsachten fehlt.
Ein wichtiger Grund für die
vielen Meinungsachten besteht in den fehlenden oder höchst unzulänglichen
Basisdaten des Erlebens und Verhaltens. Fälschlicherweise geht man
in der - nicht nur forensischen - Psychiatrie davon aus, dass die kleinste
psychopathologische Einheit das Symptom ist (> Belege).
Das ist falsch, weil die kleinste Einheit naturgemäß das sein
muss, was dem Symptom zugrunde Liegt, und das sind die Daten und Informationen
(Anknüpfungstatsachen) des Erlebens und Verhaltens:
Inzwischen konnte ich durch meine intensiven
Recherchen zum Methodenproblembewusstsein
in der - forensischen - Psychiatrie (1751-aktuell)
herausfinden, dass es auch einen grundsätzlichen Faktor in der forensischen
Psychiatrie gibt, den Kurt Schneider in seinem Vortrag 1948 entwickelt
hat: den Totum
pro parte Fehlschluss, den man auch als selbstwidersprüchliches
Okkultismusprinzip
bezeichnen kann.
Die
zwei Hauptbedeutungen des Meinens
Meinen hat zwei Hauptbedeutungen: (1) die Beurteilung
(U) und (2) die Wertung eines Sachverhalts (W). Kann man nicht sicher unterscheiden,
kann man eine Unklarkategorie X bilden. Für eine Meinung M gilt also:
Mu := U (die Sonne scheint), Mw := W (herrliches
Wetter), X ("Urlaubswetter"). Betrachtet man zunächst nur einfache
Sachverhalte S, dann gibt es drei Möglichkeiten: S => U(S), S => W(S)
und S => X(S).
Beispiele am Fall Mollath
Die folgenden Beispiele enthalten alle, teils kaum schließbare
Lücken, die nach dem Darstellungsschema Beispiel Fiktiver Analog
Fall Mollath nach dem dreigliedrigen Analyseschema noch genauer untersucht
werden (> Anwendung auf den Fall
Mollath).
.
-
Bsp01 S: Mollath verwendet in einigen Blättern
seiner Verteidigungsschrift große Buchstaben => U(S): Mollath hat
Größenideen.
-
Bsp02 S: Mollath schreibt an viele bedeutende Persönlichkeiten
des öffentlichen Lebens => W(S): Spinner, Wichtigtuer und nicht ernst
zu nehmen.
-
Bsp03 S: Mollath verspürt eine innere Stimmen
des Gewissens => U(S): Verdacht auf Stimmen hören
als Symptome 1.R.,
2.R.
-
Bsp04 S: Mollath glaubt, die größte Friedensdemonstration
in Europa auf den Weg bringen zu können => U(S) Größenwahn.
-
Bsp05 S: Mollath macht Schwarzgeldgeschäfte seiner
Frau und der Hypovereinsbank öffentlich => U(S) Schwarzgeldwahn.
-
Bsp06 S: Mollath legt eine 8 seitige Verteidigungsschrift
(was mich prägte) mit einer 152 seitigen Anlage (Belege) vor => W(S)
wirr
-
Bsp07 S: Aus Mollaths "krankhaft überzogener Sorge
um seine Gesundheit" macht Prof.
Kröber => U(S) einen Bereich seines paranoiden Systems.
-
Bsp08 S: Aus Mollaths "Ablehnung der meisten Körperpflegemittel
und von Nahrungsmitteln aus nicht biologisch-dynamischem Anbau" macht Prof.
Kröber => U(S) einen Bereich seines paranoiden Systems.
-
Bsp09 S: Aus Mollaths "Angabe, u. a. eine Bleivergiftung
erlitten zu haben" macht Prof.
Kröber => U(S) einen Bereich seines paranoiden Systems.
-
Bsp10 S: Die Spur der Bleivergiftung wurde von Dr.
Leipziger durch eine Befundfälschung durch Textmontage
S. 25 gelegt: "Im Weiteren finden sich Angaben des Angeklagten darüber,
dass er Hilfe gebraucht hätte, dass er eine Blei-
und Lösungsmittelvergiftung
erlitten hätte, dass er seit
Jahren Alpträume hätte und schweißgebadet
aufwache." => U(S) Vergiftungswahn.
-
Bsp11 S: Dr. Leipziger konstruiert (S. 27) eine Befürchtung
"weiterer
Progredienz"
aus der S. 29 plötzlich => U(S) eine "dargelegte Progredienz" geworden
ist.
-
Bsp12 S: Mollath habe keine konkreten Beschuldigungen
vorgelegt (falsch) => U(S): Kein verfolgbarer Anfangsverdacht (falsch).
Diese Beispiele zeigen die zweit extremste Variante einer Meinung,
nämlich die unmittelbare, einfache Zuordnung eines Urteils oder einer
Wertung ohne jede Begründung. Das ist der Prototyp eines Meinungsgutachtens:
Irgendwelche Sachverhalte werden ohne jede Begründung einem Urteil
U oder einer Wertung W - teilweise sogar regelrecht falsch - zugeordnet.
Am extremsten ist jedoch die Variante, ohne jeden Sachverhaltsbezug (Daten)
zu meinen, jemand sei z.B. wahnhaft, psychotisch, suizidal oder gefährlich.
Das geht nämlich auch.
Beim forensisch-psychiatrischen Meinen lassen sich
folgende Haupt-Varianten unterscheiden:
-
Die Meinungsäußerungen ohne jede Sachverhaltsangabe, einfach
so, z.B. Proband zeige im Beobachtungszeitraum paranoide Verhaltensweisen,
der Proband zeigte wenig Compliance, der Proband leide an einem Wahn.
-
Die Meinungsäußerung mit Sachverhaltsangabe ohne Erklärung
oder Begründung, warum nun der genannte Sachbezug, die ausgedrückte
Meinung rechtfertigen soll. Es gibt eine Lücke zwischen Sachverhalt
und gefolgerter Meinung.
-
Die Meinungsäußerung mit Sachverhaltsangabe und mangelhafter
Begründung, weil sie nicht nachvollziehbar ist und Lücken enthält.
-
Die Meinungsäußerung mit Sachverhaltsangabe und fehlerhafter
Begründung.
Um richtig verstehen zu können, was den Meinungsgutachten fehlt,
ist es hilfreich, sich Schritt für Schritt deutlich zu machen, welche
Struktur ein tatsächlich wissenschaftlich begründetes Gutachten
haben muss. Wir fragen daher, wie sieht eine wissenschaftlich nachvollziehbare,
prüf- und kontrollierbare Struktur aus? Ich gebe zunächst die
allgemeine, einfache Beweisregel oder beweisartige Begründungsregel
an.
Allgemeine
Beweisstrukturen
und die beweisartige Begründungsregel =>
Sie ist einfach - wenn auch nicht einfach durchzuführen - und
lautet: Wähle einen Anfang und begründe Schritt für Schritt,
wie man vom Anfang (Ende) zur nächsten Stelle bis zum Ende (Anfang)
gelangt. Ein Beweis
oder eine beweisartige Begründung ist eine Folge von Schritten: A0
=> A1 => A2 => .... => Ai .... =>
An, wobei An = U(S), W(S) oder X(S) ist. Zwischen
Vorgänger und Nachfolger darf es keine Lücken geben. Es kommt
nicht auf die Formalisierung an, sie ist nur eine Erleichterung für
die Prüfung. Entscheidend ist, dass jeder Schritt prüfbar
nachvollzogen werden kann und dass es keine Lücken gibt.
Das wird im folgenden an einem fiktiven, dem Mollathfall nachgebildeten
Beispiel im Detail gezeigt. Daraus ergibt sich ziemlich einfach, was in
den Meinungsachten der Mollath-Gutachter fehlt: nämlich nahezu alles.
Fiktives
Einstiegs-BEISPIEL analog Fall Mollath
Daten im Zeitraum t1: EDt1.1
:= Proband: "Ich hörte eine Stimme, mit leichtem Schweizer Akzent,
die mir sagte 'Gerechter, steche die Reifen der Frevler, setze endlich
ein Zeichen, das sie sich zur Warnung dienen lassen!' Auf Nachfrage
ergab sich, EDt1.2 dass niemand sonst im Raum war. Dies kann
als ESt1.1:= Halluzination und
ESt1.2 := Wahnwahrnehmung beurteilt und die beiden Symptome
Halluzination und Wahnwahrnehmung können diagnostisch einem SSt1.1
:= paranoid-halluzinatorischen Syndrom
zugeordnet werden. Diese Sachverhaltsinformationen (Elementar-Daten) sollen
im Folgenden beweisartig strukturiert und durchgearbeitet werden.
Darstellungsschema
Fiktives Beispiel analog Fall Mollath
Das Darstellungsschema ist einfach und dreigliedrig. Es gibt einen
Sachverhalt S, von dem man mit Hilfe bestimmter Regeln R zu neuen Ergebnis-Sachverhalten
E gelangt. Dabei können E wieder an die Stelle von nachfolgenden Sachverhalten
eingesetzt werden, siehe bitte S2.
S Sachverhalt (Daten) |
R Regelbezug, Anwendung |
E Ergebnis aus S und R |
S1 Ich hörte eine Stimme, mit leichtem Schweizer Akzent, die mir
sagte 'Gerechter, steche die Reifen der Frevler, setze endlich ein Zeichen,
das sie sich zur Warnung dienen lassen!' |
R1a Eindruck; R1b aussage- psychologisches Kriterium Selbstbelastung,
R1c Erfahrung |
E1 glaubhafte Ausgangsbasis, kein Verdacht auf Simulation oder andere
Falschmotive. |
S1.1 Stimme hören, obwohl niemand da ist |
R1.1 Definition Halluzination |
E1.1 Symptom Halluzination |
S1.2 "Gerechter, steche die Reifen der Frevler, setze endlich ein
Zeichen, das sie sich zur Warnung dienen lassen! "
_
_
_
_
_ |
R1.2 Definition Wahnwahr- nehmung
_
_
_
_
_ |
E1.2 Symptom Wahnwahr- nehmung.
Auch nach mehrfachen Rückfragen ergab sich, dass der erlebte Befehl
mindestens drei Wochen bis zur Ausführung wirksam war, danach klang
er ab. |
S2 Aus E1.1 und E1.2 ergibt sich paranoid-halluzinatorisches
Syndrom. |
R2 Definition paranoid-halluzi- natorisches Syndrom |
E2 paranoid-halluzinatorisches Syndrom,
ohne zeitliche Gültig- keitsdauer |
S3 Differentialdiagnostische Prüfung, welche Störung
hinter dem paranoid-halluzinatorischen Syndrom steckt:
_ |
R3 Anwendung der ICD-10 Kriterien für die in Frage kommenden Störungen |
E3 Auswahl von in Frage kommenden Störungen
_ |
S3.1 paranoid-halluzinatorisches Syndrom in einer schizophrenen
Störung |
R3.1 ICD-10 F20
_ |
E3.1 Nein mangels belegter Kriterien |
S3.2 paranoid-halluzinatorisches Syndrom in einer schizotypen
Störung
_ |
R3.2 ICD-10 F21
_
_ |
E3.2 Nein mangels belegter Kriterien, mindestens zwei Jahre gefordert |
S3.3 paranoid-halluzinatorisches Syndrom in einer anhaltend wahnhaften
Störung |
R3.3 ICD-10 F22.0 |
E3.3 Nein mangels Kriterien, mind. drei Monate gefordert |
S3.4 paranoid-halluzinatorisches Syndrom in einer sonstigen anhaltend
wahnhaften Störung |
R3.4 ICD-10 F22.8
_
_ |
E3.4 Nein mangels belegter Kriterien, mind. drei Monate gefordert |
S3.5 paranoid-halluzinatorisches Syndrom in einer paranoiden
Persönlichkeitsstörung
_
_ |
R3.5 ICD-10
F60.0
_
_
_ |
E3.5 Nein mangels belegter Kriterien, bei denen Wahn gar nicht ausdrücklich
aufgeführt wird. |
S3.6 paranoid-halluzinatorisches Syndrom in einer maniformen
Störung |
R3.6 ICD-10 F30.2
_ |
E3.6 Nein mangels belegter Kriterien |
S3.7 paranoid-halluzinatorisches Syndrom in einer depressiven
Störung |
R3.7 ICD-10 F32.3
_ |
E3.7 Nein mangels belegter Kriterien |
S3.8 paranoid-halluzinatorisches Syndrom in einer psychoorganischen
Störung |
R3.8 ICD-10 F06.2
_ |
E3.8 Nein mangels belegter Kriterien |
S3.9 paranoid-halluzinatorisches Syndrom in einer drogeninduzierten
Störung |
R3.9 ICD-10 F1x.51
_ |
E3.9 Nein mangels belegter Kriterien |
S3.10 paranoid-halluzinatorisches Syndrom durch eine Vergiftung (exogener
Reaktionstyp, symptomatische, körperliche, somatogene Psychose) |
R3.10 ICD-10 F06.x
_
_ |
E3.10 Nein mangels belegter Kriterien
_ |
S3.11 paranoid-halluzinatorisches Syndrom in einer sonstigen
Wahnform
_ |
R3.11 Nach Ausschluss S. 3.1 bis S. 3.10_
_ |
E3.11 Ja, nach den vorliegenden Informationen bislang einmalige Episode |
S3.12 Unklares und unsicheres paranoid-halluzinatorisches Syndrom |
R3.12 Wissen, Erfahrung
_ |
E3.12 Ja, wegen Anzahl/ Dauer
_ |
S3.13 Falsche Angabe aus möglichem Tendenzinteresse
_
_ |
R3.13 Eindruck, Aussage- psychologische Kriterien, Erfahrung |
E3.13 Nein mangels belegter Kriterien
_ |
S4 Wirksamkeitsprüfung für die - hier angenommenen
- Tatzeiten
TZ1, TZ2, TZ3. Wie hat sich der Inhalt S1 der Wahnepisode auf die Tatzeiten
TZ1, TZ2, TZ3 ausgewirkt? |
R4 muss für diesen Einzelfall entwickelt werden. |
E4 Ergebnis Wirksamkeit
|
S4.1 Proband berichtet in der Exploration, er habe S1 als Auftrag angesehen,
den er erfüllen müsse. Deshalb habe er einen Plan entwickelt,
wie er das Reifenstechen als Zeichen gegen die Frevler umsetzen könne.
Es habe für ihn keine Alternative gegeben. Er habe zwar abstrakt gewusst,
dass er dies nicht dürfe, weil es gegen das Gesetz verstoße,
aber die Stimme sei viel stärker gewesen und habe keinen Einwand,
keine Hemmung erlaubt. |
R4.1 Hier ist beweisartig zu begründen, ob, warum und wie
sicher die Voraussetzungen der §§
20, 21 StGB vorliegen. Nach Eindruck, Erfahrung und der Aussagepsychologie
ist die Schilderung glaubhaft. |
E4.1 Einsichtsfähigkeit eingeschränkt
und nur abstrakt vorhanden, daher werden die Voraussetzungen des §
21 angenommen. |
S5 Unterbringung nach § 63 StGB.
Zu den Voraussetzungen der Unterbringung gehören nach Schreiber,
Hans-Ludwig & Rosenau, Henning (2004):
5.1 Schuldunfähigkeit und verminderte Schuldfähigkeit (S.
88)
5.2 Die rechtswidrige Tat als Anlass (S. 89)
5.3 Der Zustand des Täters bei der Anlasstat (S. 89)
5.4 Die Gefährlichkeitsprognose (S. 89) im Hinblick auf:
5.4.1 Erhebliche Straftaten (S.
89)
5.4.2 Wahrscheinlichkeit weiterer Taten
(S. 90)
5.4.3 Gefährdung der Allgemeinheit
(S. 91)
5.4.4 Kausalzusammenhang (S. 91) |
5.1, 5.2, 5.3 sind durch E4.1 belegt. Jetzt sind noch zu zeigen
5.4.1, 5.4.2, 5.4.3 und 5.4.4:
Hierzu ist ein Regelwerk für diesen Einzelfall anzuwenden bzw.
zu entwickeln: R5a Indi- viduelle Theorie durch Analyse der Tatgenese und
damit Kri- terien der Wiederholungsgefahr a1, a2, ... R5b Einsicht glaub-
haft? R5c Behandlungsbereit- schaft? R5d Behandlungs-
fähigkeit? |
E5.4.4 Die wahnhafte Episode ist in diesem Fall
eine Folge des nicht Ernstgenommenwerdens und Ausgegrenztwerdens als Spinner
- entstanden auf dem Hintergrund überwertiger Gerechtigkeitsvorstellungen
und Wahrnehmung der Probleme in der Welt.
|
Anwendung auf den Fall
Mollath
Vergleicht man diese Struktur mit den Gutachten im Mollath-Fall, so
fehlt von Anfang an die Basis (S1, S2), die differentialdiagnostischen
Abklärungen (S3) sowie die Wirksamkeitsprüfung (S4) für
die Tatzeiten, also alles. Auch die Untersuchung der Voraussetzungen (S5)
des § 63 StGB, insbesondere die Gefährlichkeitsprognose liegt
nur sehr dürftig und lückenhaft vor. Das Nürnberger-, Bayreuther-,
Berliner- und, bei genauer Betrachtung, auch das Ulmer-Gutachten sind sämtlich
Meinungsachten ohne jeden Wert.
S Sachverhalt (Daten) |
R Regelbezug, Anwendung |
E Ergebnis aus S und R |
S1 Mollath verwendet in Anlageblättern große Buchstaben |
R1 Meinen |
E1 Mollath hat Größenideen |
S2 Mollath schreibt an viele bedeutende Persönlichkeiten des öffentlichen
Lebens |
R2 Meinen |
E2 Spinner, Wichtigtuer und nicht ernst zu nehmen. |
S3 Mollath verspürt eine innere Stimmen des Gewissens |
R3 Meinen mit verdrehen und Befundfälschung |
E3
Verdacht auf Stimmen hören als Symptome 1.R.,
2.R. |
S4 Mollath glaubt, die größte Friedensdemonstration in Europa
auf den Weg bringen zu können |
R4 Meinen
_ |
E4 Größenwahn.
_ |
S5 Mollath macht Schwarzgeldgeschäfte seiner Frau und der Hypovereinsbank
öffentlich |
R5 Meinen
_ |
E5 Schwarzgeldwahn
_ |
S6 Mollath legt eine 8 seitige Verteidigungsschrift
(was mich prägte) mit einer 152 seitigen Anlage (Belege) vor |
R6 Meinen, wunschgeleitetes selektives Überfliegen |
E6 wirr
_ |
S7a ???????????????
Kröber bleibt hier die Daten schuldig und kommt datenlos zu einem
Ergebnis. |
R7a Kröber meint
_ |
E7a Mollaths "krankhaft überzogene Sorge um
seine Gesundheit" |
S7b Mollaths "krankhaft überzogene Sorge um seine Gesundheit"
_ |
R7b Kröber meint
_ |
E7b Bereich seines paranoiden Systems |
S8 Mollaths "Ablehnung der meisten Körperpflegemittel und
von Nahrungsmitteln aus nicht biologisch-dynamischem Anbau" |
R8 Kröber meint
_ |
E8 Bereich seines paranoiden Systems |
S9 Mollaths "Angabe, u. a. eine Bleivergiftung erlitten
zu haben"
_
_ |
R9 Kröber meint (aufgrund der Textmontage und Befund- fälschung
von Dr. L.) |
E9 Bereich seines paranoiden Systems
_ |
S10 "Im Weiteren finden sich Angaben des Angeklagten darüber,
dass er Hilfe gebraucht hätte, dass er eine Blei-
und Lösungs- mittelvergiftung
erlitten hätte, dass er
seit Jahren Alpträume hätte und schweißgebadet
aufwache." |
R10 Meinen und Befund- fälschung durch Textmontage, vermutlich
interesse- und wunschgeleitet |
E10 Die Spur der Bleivergiftung wurde von Dr. Leipziger durch eine
Befundfälschung mittels Textmontage
S. 25 gelegt: |
S11 Dr. Leipziger äußert (S. 27) eine Befürchtung "weiterer
Progredienz"
_
_ |
R11 Meinen, vermutlich interesse- und wunschgeleitet_
_
_ |
E11 Aus einer Befürchtung S. 27 wird S. 29 eine "dargelegte
Progredienz". Befundfälschung, wahrscheinlich interessegeleitet |
Beispiel Juristisches
Meinen
Der folgende Fehler ist ein Fehler der Justiz, insbesondere der
Staatsanwaltschaft, in dem juristisches Meinen in extremer Weise zum Vorschein
kommt:
Mollath habe keine konkreten Beschuldigungen vorgelegt
(falsch) |
R Freies juristisches Meinen nach Belieben und Opportunität |
E Kein verfolgbarer Anfangsverdacht (falsch: inzwischen
widerlegt durch Strafbefehle und Selbstanzeigen vieler von Mollath Benannter). |
Literatur (Auswahl)
-
Bresser, Paul (1990). Die Krise des Sachverständigenbeweises. In (38-47):
Frank, Christel & Harrer, Gerhart (1990, Hrsg.) Der Sachverständige
im Strafrecht - Kriminalitätsverhütung. Berlin: Springer.
-
Diagnostisches und Statistisches Manual Psychischer Störungen. DSM-III
(dt. 1984, orig. 1980). Deutsche Bearbeitung von Koehler, K. &
Saß, H. Weinheim: Beltz.
-
Diagnostisches und Statistisches Manual Psychischer Störungen. DSM-IV
(dt. 1996, orig. 1994). Deutsche Bearbeitung von Koehler, K. &
Saß, H. Göttingen: Hogrefe.
-
Dilling, H., Mombour, W. & Schmidt, M. H. (1991)
> Weltgesundheitsorganisation (dt. 1991, orig. 1991, Hg. ).
-
Dilling, H., Mombour, W., Schmidt, M. H. &
Schulte-Markwort, E. (1994). Forschungskriterien. Internationale Klassifikation
psychischer Störungen ICD-10 Kapitel V (F). Klinisch-Diagnostische
Leitlinien. Bern: Huber.
-
Dittmann, V., Dilling, H., Freyberger, H. H. ((1992,
Hg.). Psychiatrische Diagnostik nach ICD-10 - klinische Erfahrungen bei
der Anwendung. Ergebnisse der ICD-10-Merkmalslistenstudie. Bern: Huber.
-
Dilling, H. (2009, Hrsg.). Lexikon zur ICD-10-Klassifikation
psychischer Störungen. Bern: Huber.
-
Huber, G. (2005). Psychiatrie. Lehrbuch für Studium und Weiterbildung.
Stuttgart: Schattauer.
-
Kant, Imanuel (1800) Immanuel Kant Logik Einleitung IX. D) Logische Vollkommenheit
des Erkenntnisses der Modalität nach - Gewissheit. Hieraus Meinen.
-
Kern, Horst J. (1997). Einzelfallforschung. Eine Einführung für
Studierende und Praktiker. Weinheim: Beltz.
-
Mittelstraß, Jürgen (1980-1996, Hrsg.). Enzyklopädie Philosophie
und Wissenschaftstheorie. 4 Bde. Die ersten beiden Bände erschienen
bei BI, Mannheim. Die letzten beiden Bände bei Metzler, Stuttgart.
Hier Bd. II. zitiert.
-
Mollath: Materialien, Dokumente, Atteste,
Gutachten und gutachtliche Stellungnahmen (chronologische Anordnung, vermutlich
unvollständig):
-
Reichel, M. (15.08.2001) Ärztliches Attest. [Mollath nicht
persönlich gehört]
-
Dr. Krach, (18.09.2003) Ärztliche Stellungnahme (Institutsambulanz
der Klinik für Psychiatrie und, Psychotherapie des Klinikums Am Europakanal),
Erlangen [Mollath nicht persönlich gehört, "Fremdanamnese"
aufgrund er Angaben von Frau Mollath]
-
Mollath, Gustl Ferdinand (24.09.2003) Verteidigungsschrift: Was
mich prägte S. 2-9, Anlagen S. 10-161. In der Verhandlung am 25.9.2003
übergeben (Duraplus-Ordner, "Konvolut").
-
Lippert, Thomas (22.04.2004). Mündliches Gutachten wie im Urteil
dargestellt, das mit dem 14.02.2007 rechtskräftig wurde. [Mollath
hat sich nicht untersuchen und explorieren lassen]
-
Leipziger, Klaus (25.07.2005). Forensisch-Psychiatrisches Gutachten
über Herrn Gustl Ferdinand Mollath. [Mollath hat sich nicht untersuchen
und explorieren lassen]
-
Dr. Zappe (05.04.2006) erstellt ein Gutachten/ gutachtliche Stellungnahme
[liegt mir bislang nicht vor, Nr.
85 Chronologie]
-
Leipziger, Klaus (08.08.2006) Mündliches Gutachten in der HV
im LG Nürnberg-Fürth, Urteil, rechtskräftig seit 14.02.2007
-
Simmerl, H. (26.09.2007). Nervenärztliches Gutachten zur Frage
des Vorliegens der medizinischen Voraussetzungen für die Errichtung
einer Betreuung, der eventuell erforderlichen Bereiche, sowie zur Frage
der Geschäftsfähigkeit des Betroffenen. [Persönlich untersucht
und exploriert]
-
Dr. Pokolm, Dr. Mottok, M. Schafitel (8.1.2008) Gutachtliche Stellungnahme
gemäß § 67 e StGB
[Mollath hat sich nicht untersuchen und explorieren lassen]
-
Kröber, Hans-Ludwig (27.06.2008). Kriminalprognostische psychiatrische
Gutachten über den Untergebrachten GUSTL MOLLATH gemäß
§ 454 Abs. 2 StPO. [Mollath hat sich nicht untersuchen und explorieren
lassen]
-
Dr. K. Leipziger, I. Bahlig-Schmidt, M. Schmid (3.11.2009) Stellungnahme
gem. § 67 e StGB [Mollath hat
sich nicht untersuchen und explorieren lassen]
-
Dr. K. Leipziger, I. Bahlig-Schmidt, P. Rümenapp (15.1.2010).
Stellungnahme zum beantragten externen Prognosegutachten
-
BKH Bayreuth (27.4.2010) Ergänzende Stellungnahme gem. §
67 e StGB [Mollath hat sich nicht untersuchen und explorieren lassen]
-
Pfäfflin, Friedemann (12.02.2011). Kriminalprognostisches psychiatrisches
Gutachten
über Herrn Gustl Ferdinand Mollath.
-
Weinberger, Friedrich (30.4.2011) Psychiatrisches Gutachten über
Herrn Gustl Ferdinand Mollath [Persönlich untersucht und exploriert]
-
Prof. Dr. Diekhöfer (8.2.2012) Methodenkritischer gutachterlicher
Brief .
-
Dr. Leipziger, I. Bahlig-Schmidt, (19.4.2012) Stellungnahme gemäß
§
67 e StGB [Mollath hat sich nicht untersuchen und explorieren lassen]
-
Dr. Leipziger, I. Bahlig-Schmidt, (04.03.2013) Stellungnahme zum
zurückliegenden Berichtszeitraum seit dem 18.12.2012. [Mollath
hat sich nicht untersuchen und explorieren lassen]
-
Romme, Marius & Escher, Sandra (dt. 1997) Stimmen hören akzeptieren.
Bonn: Psychiatrie-Verlag.
-
Rott, Hans (2002) Meinen und Wissen [PDF]
Aus
der Einleitung.
-
Schreiber, Hans-Ludwig & Rosenau, Henning (2004). Die Voraussetzungen
der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 63 StGB.
In (88-92) Venzlaff, Ulrich & Foerster, Klaus (2004, Hrsg.; 4.A.).
Psychiatrische Begutachtung. Ein praktisches Handbuch für Ärzte
und Juristen. München: Elsevier (Urban & Fischer).
-
Sponsel, Rudolf (01.12.2012) Stellungnahmen
zum Fall Gustl F. Mollath. Übersichtsseite.
-
Sponsel, Rudolf (01.12.2012) Manipulation
Textmontage im Bayreuther Gutachten vom 25.7.2005 über Gustl F.
Mollath und andere Fehler.
-
Sponsel, Rudolf (01.12.2012 ff) Kommentare
zu einigen Medienberichten über Gustl F. Mollath.
-
Sponsel, Rudolf (04.12.12) Ergebnisse
des Mainkofener Gutachtens vom 26.09.2007. * Zusammenfassung
-
Sponsel, Rudolf (08.12.2012) Dokumentation einer
Anfrage zum Bundesverfassungsgerichtsbeschluss zur Einweisung zur Beobachtung
nach § 81 StPO aus 2001
-
Sponsel, Rudolf (26.12.2012) Analyse
der SKID II Befragung Mollaths durch Prof. Dr. Pfäfflin am 30.11.2010.
-
Sponsel, Rudolf (08.03.2013) Aussagepsychologische
Analyse von Mollaths Willenserklärungen und der Einstellungsverfügung
der Augsburger Staatsanwaltschaft.
-
Sponsel, Rudolf (19.01.2013) Kontrolle
forensischer Gutachten und ihres Missbrauchs in Psychologie und Psychiatrie,
Staat, Justiz, Polizei und Verwaltung.
-
Sponsel, Rudolf (12.11.2012) Potentielle
Fehler in forensisch-psychopathologischen Gutachten, Beschlüssen und
Urteilen der Maßregeljustiz. Eine methodenkritische Untersuchung
illustriert an einigen Fällen u. a. am Fall Gustl F. Mollath mit einem
Katalog der potentiellen forensischen Gutachtenfehler sowie einiger RichterInnen-Fehler.
-
Sponsel, Rudolf (05.04.2012) Einsicht
und Einsichtsfähigkeit in Recht, Psychologie, Psychopathologie
und Psychiatrie.
-
Sponsel, Rudolf (26.11.2012) Forensisch
psychologisch-psychopathologische Schuldfähigkeitsprüfung.
-
Wenninger, Gerd (2000, Hrsg.). Lexikon der Psychologie (in 4 Bänden
und 1 Registerband). Heidelberg: Spektrum.
Links (Auswahl: beachte)
Glossar,
Anmerkungen und Endnoten:
1) GIPT=
General
and Integrative
Psychotherapy, internationale Bezeichnung
für Allgemeine und Integrative Psychotherapie.
__
Stichworte: Diagnose-Kriterien:
Schizotype
Störung, Wahnhafte Störung,
Paranoide
Persönlichkeitsstörung * Eigener
wissenschaftlicher Standort * Episode *
Grundproblem
psychologisch-psychopathologischer Diagnostik * Halluzination
* Meinungen zum
meinen und zur Meinung * Stimmen hören
* Tatgenese * Wahn:
Wahnhaft
im Urteil vom 26.8.2006,
Zur Bedeutung
des Wahns für die Beurteilung der Schuldfähigkeit nach den §§
20 und 21 StGB. *
__
Eigener
wissenschaftlicher Standort
__
. |
einheitswissenschaftliche
Sicht. Ich vertrete neben den Ideen des Operationalismus, der Logischen
Propädeutik und einem gemäßigten Konstruktivismus
auch die ursprüngliche einheitswissenschaftliche Idee des Wiener
Kreises, auch wenn sein Projekt als vorläufig gescheitert angesehen
wird und ich mich selbst nicht als 'Jünger' betrachte. Ich meine dennoch
und diesbezüglich im Ein- klang mit dem Wiener
Kreis, daß es letztlich und im Grunde nur eine
Wis- senschaftlichkeit gibt, gleichgültig, welcher spezifischen
Fachwissenschaft man angehört. Wissenschaftliches Arbeiten folgt einer
einheitlichen und für alle Wissenschaften typischen Struktur, angelehnt
an die allgemeine
formale Beweisstruktur.
Schulte, Joachim &
McGuinness, Brian (1992, Hrsg.). Einheitswissenschaft - Das positive Paradigma
des Logischen Empirismus. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Geier, Manfred (1992).
Der Wiener Kreis. Reinbek: Rowohlt (romono).
Kamlah, W. & Lorenzen, P. (1967).
Logische Propädeutik. Mannheim: BI. |
|
_
Wissenschaft
[IL] schafft
Wissen und dieses hat sie zu beweisen, damit es ein wissenschaftliches
Wissen ist, wozu ich aber auch den Alltag und alle Lebensvorgänge
rechne. Wissenschaft in diesem Sinne ist nichts Abgehobenes, Fernes, Unverständliches.
Wirkliches Wissen sollte einem Laien vermittelbar sein (PUK - "Putzfrauenkriterium").
Siehe
hierzu bitte das Hilbertsche
gemeinverständliche Rasiermesser 1900, zu dem auch gut die Einstein
zugeschriebene Sentenz passt: "Die meisten Grundideen der Wissenschaft
sind an sich einfach und lassen sich in der Regel in einer für jedermann
verständlichen Sprache wiedergeben." |
_
Aristoteles
"23. Erkenntnis und Meinung; sinnliche Wahrnehmung und Allgemeines
Der Gegenstand der Erkenntnis und die Erkenntnis unterscheidet sich
von dem Gegenstand der Meinung und dem Meinen, inwiefern das Erkennen allgemein
ist und durch Notwendiges zustande kommt, das Notwendige aber sich nicht
anders verhalten kann, — die Meinung indessen etwas Unsicheres ist."
Quelle S. 49: Aristoteles (Adolf Trendelenburg/
Rainer Beer) Texte zur Logik. Reinbek: Rowohlts Klassiker der Litertur
und Wissenschaft. Griechische Philosophie Band 11.
Ausführlicher zum Meinen äußert
sich Aristotels in den Zweite Analytiken oder Lehre vom Erkennen.
__
Diagnose-Kriterien nach Dilling
et al. (1994) Forschungskriterien
Schizotyper Störung F21
F21 schizotype Störung
A. Die Betroffenen haben über einen Zeitraum von mindestens
zwei Jahren mindestens vier der folgenden Merkmale entweder ununterbrochen
oder wiederholt gezeigt:
-
unangepaßter und eingeengter Affekt, sodaß die Betroffenen
kalt und unnahbar erscheinen
-
seltsames, exzentrisches oder eigentümliches Verhalten und Erscheinung
-
wenige soziale Bezüge und Tendenz zu sozialem Rückzug
-
sonderbare Ansichten oder magisches Denken, das das Verhalten beeinflußt
und nicht mit subkulturellen Normen übereinstimmt
-
Mißtrauen oder paranoide Vorstellungen
-
Grübeln ohne inneren Widerstand oft mit dysmorphophoben, sexuellen
oder aggressiven Inhalten
-
ungewöhnliche Wahrnehmungen, einschließlich Körpergefühlsstörungen,
Illusionen, Depersonalisations- oder Derealisationserleben
-
vages, umständliches, metaphorisches, gekünsteltes und oft stereotypes
Denken, das sich in einer seltsamen Sprache oder auf andere Weise äußert,
ohne deutliche Zerfahrenheit
-
gelegentliche, vorübergehende quasi-psychotische Episoden mit intensiven
Illusionen, akustischen oder anderen Halluzinationen und wahnähnlichen
Inhalten; diese Episoden treten im allgemeinen ohne äußere
Veranlassung auf.
B. Die Betroffenen haben niemals die Kriterien für eine Schizophrenie
(F20) erfüllt.
|
Wahnhafte Störung F22.0
F22.0 wahnhafte Störung
-
A. Ein Wahn oder Wahnsystem mit anderen als den typischen unter F20
G1.1. b oder d aufgezählten schizophrenen Inhalten (d.h. keine völlig
unmöglichen oder kulturell inakzeptablen Vorstellungen). Am häufigsten
sind Verfolgungs-, Größen-, Eifersuchts-, Liebes- oder hypochondrischer
Wahn.
-
B. Die Wahngedanken (A.) müssen mindestens drei Monate bestehen.
-
C. Die allgemeinen Kriterien für eine Schizophrenie (F20.0-F20.3
G1.) werden nicht erfüllt.
-
D. Anhaltende Halluzinationen jeglicher Sinnesmodalität dürfen
nicht vorkommen (vorübergehende oder gelegentliche akustische Halluzinationen,
die nicht in der dritten Person sprechen oder laufend kommentieren, können
vorkommen).
-
E. Depressive Symptome (oder sogar eine depressive Episode, F32)
können im Verlauf vorkommen, vorausgesetzt, die Wahngedanken bestehen
auch nach Rückbildung etwaiger affektiver Symptome unverändert
weiter.
-
F. Häufigstes Ausschlußkriterium: Kein Nachweis einer
primären oder sekundären Gehirnerkrankung wie unter F0 angegeben
oder einer durch psychotrope Substanzen bedingten psychotischen Störung
(F1x.5).
|
Paranoide Persönlichkeitsstörung
F60.0
F60.0
paranoide Persönlichkeitsstörung
A. Die allgemeinen Kriterien für eine
Persönlichkeitsstörung (F60) müssen erfüllt sein.
B. Mindestens vier der folgenden Eigenschaften oder
Verhaltensweisen müssen vorliegen:
-
übertriebene Empfindlichkeit auf Rückschläge und Zurücksetzungen
-
Neigung, dauerhaft Groll zu hegen, d. h. Beleidigungen, Verletzungen, oder
Mißachtungen werden nicht vergeben
-
Mißtrauen und eine anhaltende Tendenz, Erlebtes zu verdrehen, indem
neutrale oder freundliche Handlungen anderer als feindlich oder verächtlich
mißdeutet werden
-
Streitbarkeit und beharrliches, situationsunangemessenes Bestehen auf eigenen
Rechten
-
häufiges ungerechtfertigtes Mißtrauen gegenüber der sexuellen
Treue des Ehe- oder Sexualpartners
-
ständige Selbstbezogenheit, besonders in Verbindung mit starker Überheblichkeit
-
häufige Beschäftigung mit unbegründeten Gedanken an Ver-[>152]schwörungen
als Erklärungen für Ereignisse in der näheren oder weiteren
Umgebung.
|
Kritische Anmerkung: Obwohl sich die Störung "paranoide Persönlichkeitsstörung"
nennt, kommt Wahn bei den Kriterien nicht ausdrücklich vor.
__
Episode
In Dillings (2009, Hrsg.) ICD-10 Lexikon findet sich leider kein Eintrag
zum Begriff der Episode. Von der allgemeinen Wortbedeutung her, ist Episode
jedenfalls etwas kurzes. Aber was heißt "kurz"? Es bleibt uns nur
der mühevolle Weg, den Begriff aus verschiedenen differentialdiagnostischen
Anwendungen zu erschließen.
In den ICD-10 Forschungskriterien (das grüne
Büchlein), finden sich im Sachregister folgende Einträge zu Episode:
- depressive F32. S. 104: "G1 Die depressive
Episode sollte mindestens zwei Wochen dauern"
- sonstige F32.8. S. 108 keine nähere zeitliche Spezifikation.
- leichte F32.0. wie F32
- mit somatischem Syndrom F32.01. S. 106 wie F32
- ohne somatisches Syndrom F32.00 wie F32
- mittelgradige F32.1 wie F32
- mit somatischem Syndrom F32.11
- ohne somatisches Syndrom F32.10
- nicht näher bezeichnete F32.9 wie F32
- schwere, mit psychotischen Symptomen F32.3 wie F32
- schwere, ohne psychotische Symptome F32.2 wie F32
- gemischte affektive F38.00 S.113: "... die meiste Zeit
während einer Periode von wenigstens zwei Wochen ..."
- hypomanische F30.0. S. 99: "Die Stimmung ist ... an mindestens
vier aufeinander folgenden Tagen gehoben oder gereizt."
- manische F30 S. 99: enthält keine Beschreibung
für F30 allgemein, beginnt inhaltlich mit F30.0
- sonstige F30.8 S. 101 enthält keine Beschreibung
- nicht näher bezeichnete F30.9 enthält keine
Beschreibung
- rezidivierende manische F31.8 enthält keine Beschreibung
- sonstige einzelne F38.0. S. 113: wenigstens zwei
Wochen.
Ergebnis
Episodenbegriff Forschungskriterien ICD-10 Vier aufeinanderfolgende
Tage (Hypomanie) bis wenigstens zwei Wochen (Depression).
Huber (2005), S. 155 schreibt: "Die Begriffe Schub, Phase, Episode
und Prozeß werden uneinheitlich verwendet."
__
Grundprobleme
psychologisch-psychopathologischer Diagnostik
Von Huber soll die geistreiche Bemerkung stammen: "Die meisten schizophrenen
Menschen sind die meiste Zeit ihres Lebens nicht schizophren." Das kann
verallgemeinert werden: wie oft, wie stark und wie lange muss eine Störung
gegeben sein, damit man sagen kann: X hat S? Symptome, Syndrome, Störungen,
Krankheiten haben sozusagen eine Gültigkeitsdauer. Die allermeisten
Störungen ereignen sich nicht ununterbrochen, sondern sie sind mal
mehr oder minder stark da und dann wieder nicht. Was heißt nun also
z.B. genau: X hat einen Wahn? Alle diese Grundfragen sind von der Psychiatrie
die letzten Jahrhunderte bis zur Gegenwart nicht richtig geklärt worden.
Man darf, ja man muss daraus wohl den Schluss ziehen, dass die Psychiatrie
wissenschaftlich gesehen immer noch ziemlich unterentwickelt ist. In der
Psychologie und Psychotherapie sieht es aber leider auch nicht viel besser
aus. Das ist nicht ganz leicht zu verstehen, weil es, wenn man einen idiographischen,
einzelfallorientierten Standpunkt einnimmt, ja nicht so schwer ist, eine
Störung in ihrer Erscheinungsform einigermaßen genau zu erfassen.
Man muss ja nur die drei Parameter Häufigkeit, Stärke und Dauer
miteinander kombinieren. Das lässt sich z.B. graphisch ganz leicht
realisieren.
__
Halluzination
Wahrnehmung ohne äußere Wahrnehmungsquelle oder den üblichen
Informationsweg. Beispiel Leibhalluzinationen oder zoenästhetische
Wahrnehmungen aus dem eigenen Körper bei Schizophrenien. Huber (2005,
S. 280) leitet seine 15 Merkmalsklassen wie folgt ein: "Noch häufiger
(73%) als ausgesprochene Leibhalluzinationen mit dem Kriterium des »Gemachten«
sieht man bei Schizophrenien qualitativ eigenartige Leibgefühle (Zönästhesien
i. e. S. = Stufe 2) ohne das Kriterium des Gemachten, die beim zönästhetischen
Typ (s. S. 302ff.) dominieren. Die Zönästhesien der Stufen l
und 2, die wir (als Hauptkategorie D) zu den Basissymptomen rechnen (s.
Tab. 36, S. 397), werden von den Patienten als (körperliche) Störungen
wahrgenommen und geschildert. Zönästhesien sind durch die fast
unübersehbare Mannigfaltigkeit, den raschen zeitlichen Wechsel, das
häufig paroxysmale Auftreten, die subjektive Neu- und Andersartigkeit,
die schwere Beschreibbarkeit für den Patienten. ... "
Anmerkung: Halluzinationen
können, besonders in geeigneten Situationen, auch durch Suggestion
induziert werden (Kern 1997, S. 22f).
__
Meinungen zum
meinen und zur Meinung
Einleitung zu Meinen
und Wissen von Hans Rott, Regensburg [PDF]
"Jürgen Mittelstraß hat in einer Serie von Arbeiten (zum
Beispiel Mittelstraß 1992, 1996) vor dem Heraufziehen einer Neuen
Dummheit gewarnt.
Information, so Mittelstraß, sei lediglich eine Artikulationsform,
durch die Wissen gleichermaßen wie Meinung transportabel gemacht
werden kann.
Wissen setze Lehrbarkeit, Prüfung und Selbständigkeit im
Umgang mit dargebotenen Informationen voraus. Wer auf Information allein
vertraue
oder vertrauen müsse, dem gehe der Unterschied zwischen Meinen
und Wissen verloren, und er münde schließlich ein in einen Zustand
zwar
„informierter“, gleichwohl aber desorientierter Dummheit.
Es ist nicht der Zweck dieses Beitrags, in kulturkritische und zeitgeschichtliche
Betrachtungen einzustimmen. Ich möchte die angeführten Gedanken
nur als Beleg für zweierlei verwenden. Zum ersten ist die altehrwürdige,
mindestens auf Parmenides von Elea zurückgehende Unterscheidung von
(„bloßem“) Meinen und („wirklichem“) Wissen auch heute noch aktuell
und relevant. .... Es gilt also, Meinen und Wissen streng auseinanderzuhalten."
Kant (1800) "1) Meinen. — Das Meinen oder
das Fürwahrhalten aus einem Erkenntnisgrunde, der weder subjektiv
noch objektiv hinreichend ist, kann als ein vorläufiges Urteilen (sub
conditione suspensiva ad interim) angesehen werden, dessen man nicht leicht
entbehren kann. Man muß erst meinen, ehe man annimmt und behauptet,
sich dabei aber auch hüten, eine Meinung für etwas mehr als bloße
Meinung zu halten. — Vom Meinen fangen wir größtenteils bei
allem unserm Erkennen an. Zuweilen haben wir ein dunkles Vorgefühl
von der Wahrheit; eine Sache scheint uns Merkmale der Wahrheit zu enthalten;
— wir ahnen ihre Wahrheit schon, noch ehe wir sie mit bestimmter Gewißheit
erkennen." [Online]
Jürgen Mittelstraß
(1984) in der Enzyklopädie der Philosophie und Wissenschaftstheorie:
"Meinung (griech. äo(«, lat. opinio, engl./franz. opinion),
im Gegensatz zu > Wissen, ebenso wie Glaube (> Glaube (philosophisch)),
eine häufig subjektive Orientierungsweise ohne methodische Begründungen,
die stets unter Irrtumsverdacht (> Irrtum) steht und gleichwohl t Gewißheit
(in Form von subjektiver Gewißheit) beanspruchen kann. M. unterliegt
daher auch im Unterschied zum Wissen keinem strengen Überprüfbarkeitspostulat;
von ihr wird erwartet, daß sie plausibel, wenn auch nicht vollständig
begründet bzw. begründbar ist. ..."
Wikipedia: "Eine Meinung (von indogermanisch
moino ‚Wechsel‘, ‚Tausch‘) ist im engeren Sinn die subjektive Ansicht und
Einstellung zu Zuständen, Ereignissen oder anderen Personen (rechtlich:
Werturteil), ihre wesentliche Aufgabe ist die Bewertung oder Beurteilung,
sie sagt aus, wie jemand/etwas sieht. Eine Meinung entsteht auf der Basis
eigener Erfahrungen und eigenen Wissens vor dem Hintergrund der eigenen
gesellschaftlichen Umgebung und Deutungsmuster und somit immer ein von
gesellschaftlichen Gültigkeiten geprägter individuell gebildeter
Standpunkt.
Im weiteren Sinne bezeichnet Meinung die Einstellung
des Fürwahrhaltens beliebiger (also nicht nur wertender) Aussagen.
In der angelsächsischen analytischen Philosophie wird hierfür
die Bezeichnung „belief“ verwendet. Schon in der Philosophie der Antike
wird dabei der bloßen Meinung (doxa) das Wissen (episteme) als gerechtfertigte
und wahre Meinung gegenübergestellt. ..." [W130729]
Lexikon der Psychologie
(Wenninger, Spektrum): "Meinung, ein bis heute nicht einheitlich definierter
Begriff. In der Sozialpsychologie wird z.B. unterschieden zwischen Meinungen,
Einstellungen und Überzeugungen. Meinung gilt als "kurzlebiges Urteil
über augenblickliche, für die Öffentlichkeit relevante Themen"
– im Gegensatz zu Einstellung als zeitlich stabile und wenig situationsabhängige
Dimension, und Überzeugung als zentrale, zeitlich stabile und situativ
unabhängige Wertorientierung (Werte). Andere Autoren heben bei der
Unterscheidung zwischen Einstellung und Meinung hervor, daß einer
Meinung die affektive Komponente fehle und im wesentlichen eine verbale,
kognitive Reaktion sei. Oder: Meinungen seien der verbale Ausdruck von
Einstellungen als den tiefer liegenden, latenten Variablen, seien von der
Situation abhängig und hätten nur einen geringen Bezug zum tatsächlichen
Verhalten (Meinungsforschung, Öffentliche Meinung)."
__
Stimmen hören
Im vorliegenden Fall, Leipziger Gutachten Mollath, geht es darum, zu
zeigen, wie Leipziger
langsam aber sicher von einer ganz normalen Aussage Mollaths, wie sie
fast jeder von uns treffen könnte, dazu übergeht, Mollath könnte
auch akustische Halluzinationen haben, Stimmen hören,
was auf eine paranoid-halluzinatorische Schizophrenie hinwiese.
Stimmen hören als ob sie von äußeren
Wahrnehmungsquellen stammten wurde bis zu den 1990er Jahren von vielen
als Halluzination und damit als eindeutiges psychotisches Zeichen beurteilt.
Dann erschien das Buch von Marius Romme und Sandra Escher Stimmen hören
akzeptieren, womit eine neue Betrachtung relativierende Entlastung
brachte. Auf dem Klappentext des Buchrückens wird ausgeführt:
"Nach einer Fernsehsendung in den Niederlanden bekannten sich Hunderte
dazu, mit Stimmen zu leben. Stimmenhören - ein weit verbreitetes Phänomen?
Das Hören von Stimmen wurde bisher von der
klinischen Psychiatrie als akustische Halluzination interpretiert und damit
lediglich als Symptom einer Krankheit, etwa der Schizophrenie, betrachtet.
Die übliche Behandlung mit Medikamenten sollte die Wahnvorstellungen
und Halluzinationen im »besten« Fall auslöschen.
Zunehmend macht sich die Erkenntnis breit, daß dieser Ansatz unzureichend
ist.
Im Bemühen um einen neuen Zugang zu dem Phänomen des Stimmenhörens
haben sich Marius Romme, Sandra Escher und andere auf die Suche nach Menschen
mit positiven Erfahrungen gemacht - und haben sie gefunden. Dieses Buch
- mittlerweile in sechs Sprachen übersetzt - belegt eindringlich,
daß die subjektiven Wahrnehmungen und Erfahrungen mit in wissenschaftliche
Überlegungen einfließen müssen, die es Stimmenhörern
ermöglichen, zu einem besseren Selbstverständnis und einem hilfreicheren
Umgang mit den Stimmen zu gelangen.
Marius Romme ist Professor für Soziale Psychiatrie
in Maastricht. Sandra Escher ist Wissenschaftsjournalistin und Mitarbeiterin
im Maastrichter Stimmenhörer-Projekt." [> Netzwerk
Stimmen hören e.V.]
Im Gegensatz zu Kurt Schneider rechnet Huber (2005) imperative Stimmen,
solche also, die Befehle erteilen, ebenfalls zu den Symptomen 1. Ranges.
Huber (2005) führt zum Stimmen hören aus (S.307f):
"Wir (doch nicht K. SCHNEIDER) rechnen auch akustische Halluzinationen,
in denen Befehle erteilt werden: imperative Stimmen, zu den Symptomen 1.
Ranges.
-
Dialogische Stimmen: »Abends bei völliger Ruhe höre
ich Bekannte, die sich über mich unterhalten. Ich höre die Stimme
des Hausarztes und des Pastors genau heraus, obschon die Stimmen sehr leise
sind. Einmal hörte ich ein Gespräch der Schwägerin mit dem
Bruder. Die Schwägerin machte mir Vorwürfe, der Bruder nahm mich
in Schutz«.
-
Kommentierende Stimmen: Eine Stimme habe andauernd ihr Verhalten
glossiert. Zum Beispiel habe sie gehört: »Jetzt bewegt sie sich.
Jetzt steht sie auf. Jetzt holt sie Luft. Sie zieht sich an. Das ist aber
ein schäbiges Kleid«.[>308]
-
Gedankenlautwerden: »Die Gedanken sprechen innerlich mit mir,
wenn ich allein bin. Das sind keine Stimmen, sondern laute Gedanken«.
- »Ich kann meine eigenen Gedanken hören. Es ist furchtbar störend.
Ich spüre auch den Rhythmus des Denkens. Ich weiß nicht, woher
das kommt«.
-
Imperative Stimmen: »Der Doktor gab mir Befehle, ich hörte
deutlich seine Stimme. Sie sagte: »Pack die Koffer; geh auf den Bahnhof
und hol den Bruder. Ein andermal hieß es, ich soll in der Apotheke
eine bestimmte Arznei besorgen«. - »Die Stimme befahl
mir, mich aufzuhängen. Eine andere sagte: »Tue das nicht, denk
an deine Familie«."
__
Tatgenese
Sie ist nach den vier Eingangsmerkmalen bei der Schuldunfähigkeit
unterschiedlich schwierig. Am einfachsten ist sie bei paranoiden-Schizophrenien,
wenn der Schub eine strafbare Handlung hervorbringt, indem er sich der
Person bemächtigt. Hier ist die strafbare Handlung offensichtlich
an den schizophrenen Schub gekoppelt und in ihn eingebettet. Risikovorsorge
heißt hier, weiteren schizophrenen Schüben vorbeugen und die
PatientInnen für eine solide Rückfallprophylaxe zu gewinnen.
Am schwierigsten ist die Tatgenese beim Eingangsmerkmal vier, der Persönlichkeitsstörung.
Schon deshalb, weil Persönlichkeitsstörungen
per definitionem eigentlich nicht therapierbar sind.
__
Wahn.
Der Psychiatrie ist es in den letzten Jahrhunderten nicht gelungen,
eine verbindliche Wahndefinition vorzulegen. Ich habe nach meinen Wahnstudien
eine mir angemessen und schlüssig erscheinende Wahndefinition entwickelt:
Definition: Wahn liegt vor, wenn mit rational unkorrigierbarer
(Logik,
Erfahrung) Gewissheit ein falsches Modell der Wirklichkeit
oder ein falscher Erkenntnisweg zu einem richtigen oder falschen
Modell der Wirklichkeit vertreten wird.
Beispiel falsches Modell der Wirklichkeit: Ein Passant
gähnt und das deutet ein fränkischer Proband als Zeichen Dr.
Merks, worauf er in die Knie geht und laut ruft: „Allmächd, Allmächd“.
Muss man so jemanden einsperren? Natürlich nicht.
Beispiel falscher Erkenntnisweg eines richtigen
Modells der Wirklichkeit: Ein Passant gähnt und ein Proband zieht
daraus den Schluss, dass Banken in hohen Maße an Steuerbetrugsdelikten
beteiligt sind. Passantengähnen ist keine in unserer Kultur und Wissenschaft
anerkannte Erkenntnisquelle für Schwarzgeldschiebereien, die natürlich
ein völlig reales Modell der Wirklichkeit sind.
Gustl F. Mollath hat seine Erkenntnisse nicht aus
dem Gähnen eines Passanten wahnhaft erschlossen, sondern seine Erkenntnisquellen
entsprechen genau denen unserer Kultur und Wissenschaft. Es gibt auch keine
Progredienz (Ausdehnung, Erweiterung, Fortschreitung), wenn man mit gesundem
Menschenverstand hinschaut, was der forensisch-psychiatrischen Schlechtachterindustrie
offenbar zu schwierig erscheint. Es ist ja völlig logisch und verständlich,
dass, je mehr Menschen sein Anliegen und seine Erkenntnisse ablehnen, er
entsprechend mehr AblehnerInnen sieht. Daher ist das vermeintliche Progredienzzeichen
für einen angeblich sich ausdehnenden Wahn (wohin hat er sich denn
in den letzten 10 Jahren ausgedehnt?) auch keines, sondern es erklärt
sich ganz einfach aus der Natur des Sachverhalts.
Infos zum Wahn in der IP-GIPT:
-
Wissenschaftliches
Wahnsystem am Beispiel Mollath.
-
Perspektiven
und Welten des Wahns.
-
Wahn in verschiedenen
Störungen und Krankheiten (Diagnostik).
-
Wahnformen.
-
Wahnfälle.
-
Zur Etymologie von WAHN gegenüber
WahnSINN (nach Scharfetter).
-
"Normal",
"Anders", "Fehler", "Gestört", "Krank", "Verrückt".
-
Unterscheiden Wahn und Glauben.
-
Mehr zum Wahn > Überblick
Wahn.
___
Wahnhaft im Urteil
vom 26.8.2006
(S. 25): "Auch in der Hauptverhandlung hat sich - wie bereits in den
von den Zeugen geschilderten Vorfällen - die wahnhafte Gedankenwelt
des Angeklagten vor allem in Bezug auf den Schwarzgeldverschiebungen der
Hypovereinsbank bestätigt. Mag sein, dass es Schwarzgeldverschiebungen
von verschiedenen Banken in die Schweiz gegeben hat bzw. noch gibt, wahnhaft
ist, dass der Angeklagte fast alle Personen, die mit ihm zu tun haben,
z.B. den Gutachter Dr. Wörthmüller völlig undifferenziert
mit diesem Skandal in Verbindung bringt und alle erdenklichen Beschuldigungen
gegen diese Personen äußert."
___
Zur Bedeutung des Wahns für
die Beurteilung der Schuldfähigkeit nach den §§ 20 und 21
StGB.
Dölling, Dieter (2010) Zur Bedeutung des Wahns
für die Beurteilung der Schuldfähigkeit nach den §§
20 und 21 StGB. Forens Psychiatr Psychol Kriminol (2010) 4:166–169 [DOI
10.1007/s11757-010-0057-4]
"Zusammenfassung Für die Beurteilung
der Schuldfähigkeit eines Täters mit Wahnsymptomatik ist zunächst
zu prüfen, ob ein Eingangsmerkmal der §§ 20, 21 des Strafgesetzbuches
(StGB) vorliegt. Hierzu ist eine gründliche Diagnose von Art und Intensität
des Wahns sowie der ihm zugrunde liegenden psychischen Erkrankung erforderlich.
Ist ein Eingangsmerkmal gegeben, ist zu erörtern, wie sich
der Wahn im jeweiligen Einzelfall auf die Fähigkeit des Täters
zur Unrechtseinsicht und seine Steuerungsfähigkeit ausgewirkt hat.
Hierfür kann ein Blick auf das von Winfried Brugger entwickelte anthropologische
Kreuz der Entscheidung hilfreich sein."
Diese Beurteilungkriterien des Mitherausgebers des
Handbuches
der Forensischen Psychiatrie wurden im Fall Mollath nicht beachtet,
angewendet und eingehalten.
__
Querverweise
Standort: Meinungsachten.
*
Meinen
- eine wissenschaftstheoretische Analyse.
Zur
Haupt- und Überblicksseite Katalog potentieller Fehler in forensischen
Gutachten.
Überblicksseite: Stellungnahmen
zum Fall Gustl. F. Mollath.
*
Überblick Forensische
Psychologie.
*
*
Dienstleistungs-Info.
*
Zitierung
Sponsel, Rudolf (DAS). Das
Meinungsachten in der forensischen Psychiatrie. Zu Potentielle
Fehler in forensisch psychiatrischen Gutachten, Beschlüssen und Urteilen
der Maßregeljustiz. Eine methodenkritische Untersuchung illustriert
an einigen Fällen u. a. am Fall Gustl F. Mollath mit einem Katalog
der potentiellen forensischen Gutachtenfehler sowie einiger Richter-Fehler.
Erlangen IP-GIPT: https://www.sgipt.org/forpsy/NFPMRG/MeinGA.htm
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Ende_
Meinungsachten_
Datenschutz_Überblick_Rel.
Aktuelles_ Rel.
Beständiges _ Titelblatt_
Konzeption_
Archiv_
Region_
Service_iec-verlag_
Mail:
sekretariat@sgipt.org_
__Wichtige
Hinweise zu Links und Empfehlungen
korrigiert: 03.08.2013 irs
Änderungen Kleinere
Änderungen werden nicht extra ausgewiesen; wird gelegentlich überarbeitet
und ergänzt.
04.11.18 Aristoteles
z7u erkennen und meinen.
13.06.18 Linkfehler
korrigiert.
19.10.16 Rott,
Hans (2002) Meinen und Wissen, Aus
der Einleitung. * Meinen bei Kant.
17.06.14 Schneider
Totum pro parte Fehlschluss und sein prinzipielles Okkultismusprinzip.
06.04.14 Ein
wichtiger Grund: Fehlende Daten des Erlebens
und Verhaltens.
19.08.13 Anmerkung
Halluzination,
auch durch Suggestion induzierbar.
10.08.13 Perspektiven
und Welten des Wahns.
04.08.13 Stimmen
hören
03.08.13 8.20
Bresser bibl., § 67 e Link; Erg. Zappe (2006).