Internet Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie  IP-GIPT
    (ISSN 1430-6972)
    DAS=24.08.2017 Internet-Erstausgabe, letzte Änderung: 07.09.23
    Impressum: Diplom-Psychologe Dr. phil. Rudolf Sponsel_ Stubenlohstr. 20 _D-91052 Erlangen
    Mail:_sekretariat@sgipt.org_ Zitierung  &  Copyright

    Anfang_Psychologische Analyse des Phantasiebegriffs Teil 3: Beispiele mit Signierung _Datenschutz__Überblick_Rel. Aktuelles _Rel. Beständiges_Titelblatt_Konzept_Archiv_ Region__ Service-iec-verlag_ _Wichtige Hinweise zu Links und Empfehlungen_

      Willkommen in unserer Internet-Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie, Abteilung Allgemeine Psychologie, Bereich Phantasie, und hier speziell zum Thema:

      Psychologische Analyse des Phantasiebegriffs Teil 3:
      Beispiele mit Signierung der Kriterien ("Tauglichkeitsprüfung")
      Ein Ansatz und Entwurf aus integrativer Perspektive zur Weiterentwicklung

    Originalarbeit (1. Version) von Rudolf Sponsel, Erlangen
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    Gesamt-Inhaltsverzeichnis Psychologische Analyse des Phantasiebegriffs (Verteilerseite).
    Literaturbelege in Teil 8 Anhang: Literatur.


    3 Beispiele mit Signierung der Kriterien:

    • Mia und der Ritt auf dem Wolkenpferd.
    • Schlager.
      • Der Wind hat mir ein Lied erzählt.
      • Ich weiß, es wird einmal ein Wunder gescheh'n.
      • Kann denn Liebe Sünde sein.
      • Für mich solls rote Rosen regnen.
    • Gedichte:
      • Der Erlkönig.
      • Und sagen sie das Leben sei ein Traum.
      • Abendgebet einer erkälteten Negerin.
    • Märchen:
      • Des Kaisers neue Kleider.
      • Froschkönig.
    • Sagen:
      • Nibelungen Sage.
    • Kinderbücher:
      • Struwelpeter.
    • Prosa, Erzählungen, Romane ...
      • Hesses Phantasien über die Wolken (1907).
      • Lieutenant Gustl langweilt sich (Schnitzler 1901).
      • Kafka Die Verwandlung.
    • Science Fiction.
    • Bildende Kunst.
    • Vorstellung Bodensee.
    • Flug über das Frankenland.
    • Überlegungen zu potentiellen Vortragsstörungen.
    • Wie ist es, tot zu sein?
    • Eine Nonsensgeschichte.
    • Ein Krönich, sein Olk und der Unger.
    • Ausflug ins Naturgartenbad.
    • Phantasien um einen Lottogewinn.
    • C. G. Jungs erste aktive Imagination 1913.
    • Eine zweite närrische Geschichte.
    • Aus Dada und Surrealismus:
      • Dada-Manifest (1916).
      • Aus Dalis Unabhängigkeitserklärung der Phantasie und Erklärung der Rechte des Menschen auf seine Verrücktheit (1939).
      • Simone Kahns erste Begegnung mit Breton.
      • Paul Eluard Galas erster Ehemann.
    • In Gedanken am Meer.
    • Lesebeispiel aus dem letzten Kapitel von James Joyce Ulysses: Mollys Bewusstseinsstrom.
    • Aus Thomas Morus Utopia.
    • Eine spontane Imagination nach Leuner (1985).

    3  Beispiele mit Signierung der Kriterien ("Tauglichkeitsprüfung")
    In geschweiften Klammern {} wird jeweils das Kriterium oder die Kriterien angegeben, das oder die meiner Beurteilung nach erfüllt ist oder sind.

    Mia und der Ritt auf dem Wolkenpferd {mit Kriterien signiert}
    Literaturprodukte können grundsätzlich mit {Q01} signiert werden, so dass man sich Sachverhalts-Signaturen mit {Q01} auch sparen kann.
     "Heute ist ein schöner Tag. Manchmal ziehen dicke, weiße Wolkengebirge
    über den Himmel und verdecken für eine Weile die Sonne.
    Interessiert beobachtet Mia das Wolkenspiel.
    "Die Wolken malen Bilder an den Himmel" {K01h, K02h, K03h, K05h}, sagt sie zu Katze Mimi.
    „Sieht die da nicht aus wie eine Hexe?" {K01h, K05h}
    "Miau-au-nein", maunzt Mimi. "Eine Riesenmaus ist's. Hmja hmja
    miau." {K01h, K05h}
    "Jetzt kommt ein Schloss mit runden Türmen'' {K01h, K05h}, freut sich Mia. "Und die
    da vorne hat ein Griesgramgesicht wie Frau Hauptmann, meine
    Lehrerin. {K01h, K05h}" Sie kichert. "Stimmt. Hihi."
    Aufmerksam blicken Mia und Mimi in den Himmel. Es macht Spaß, in
    den Wolken Bilder zu suchen.
    Langsam schweben immer neue Wolkengemälde über den Himmel.
    "Ein Pferd" {K05h}, ruft Mia auf einmal. "Siehst du? Oh, auf so einem
    Wolkenpferd {K01h, K03h} möchte ich gerne einmal über den Himmel reiten {K02h}. Hoch
    über der Erde. Was man da nicht alles sehen könnte!"
    Mia fängt an zu singen:
     

      "Auf einem Wolkenpferd {K01h, K05h} reiten {K02h}
      und über das Himmelszelt gleiten {K01h, K02h},
      unten die Erde und oben die Sterne,
      und ich mittendrin - das hätte ich gerne. {K01h, K02h}"


    "Wie sich so eine Wolke wohl anfühlt?", überlegt Mia. "Kalt oder warm?
    Weich, kuschelig oder vielleicht nur kalt und nass?"
    Sie schließt für einen Moment die Augen und denkt nach.
    Plötzlich senkt sich Nebel herab.
    Mia blinzelt.
    Wo ist die Sonne? Und warum fühlt sie sich auf einmal so schwindelig?
    Ihr ist, als ob sie schwebte!? {K01h, K02h}
    Da, jetzt steigt dieser seltsame Nebel mit ihr himmelwärts. Huiii...!
    "Huiiü", ruft Mia. "Ich glaube, wir fliegen {K01h, K02h}. Auf einer echten Wolke {K01h, K02h}. Toll!
    Wir reiten auf einem Wolkenpferd über den Himmel {K01h, K02h}. Sieh nur, Mimi, die
    Erde sieht aus wie ein Spielzeugland {K01h, K02h}. ..."
    Quelle: Bräunling, Elke (2009) Mia und der Ritt auf dem Wolkenpferd. Fantasiegeschichte. In: Auf der Traumwolke: Fantasiereisen für Kinder. Erlangen: Verlag Stephen Janetzko.



    Schlager  {}
    • "Der Wind hat mir ein Lied erzählt." (La Habanera, Zarah Leander 1937) Metapher oder Phantasie? Nachdem der Wind kein Lied erzählen kann, gilt sicher {K01h, K02h}, möglicherweise aber auch {K03h}, wenn dieser Sachverhalt erstmals mit der Erschaffung des Liedes 1937 so formuliert wurde.
    • "Ich weiß, es wird einmal ein Wunder gescheh'n" (Zarah Leander 1942) An diesem Titel finde ich besonders interessant, dass es sich um eine abstrakte Phantasie handelt, was dem von vielen AutorInnen verlangten Anschaulichkeitskriterium widerspricht. {K01h, K02h, K04h, K07m}.
    • "Kann denn Liebe Sünde sein" (Zarah Leander 1938) Eine provokante Frage, die im Extrem bedeuten kann, in der Liebe ist alles erlaubt. Gemeint ist aber vermutlich, die Verdammung der (vorehelichen) Sexualität z.B. durch die (katholische) Kirche. Keine Phantasie, sondern eine Einstellung und Wertung mit dem Sinn: Liebe kann keine Sünde sein. Der Existenzstatus (die  Referenz) des Begriffes Sünde ist umstritten. Stirnerdürfte Sünde für Einbildung bzw. ein Wahngebilde halten, das real nicht existiert. Sünde gibt es nicht in realen Wirklichkeit, aber es gibt sie dennoch durch die Schöpfung, die Konstruktion des menschliches Geistes in der  Wunsch- und Wertwelt  mancher Menschen und Gruppen. Allgemein könnte man sagen: Gesellschaften und Völker, die den Begriff der schlechten Tat kennen, sollten auch über den Begriff der Sünde verfügen.
    • "Für mich solls rote Rosen regnen." (Hildegard Knef 1968) Im Gegensatz zu "Ich weiß, es wird einmal ein Wunder geschehen" handelt es sich hier um eine anschauliche Phantasie {K01h, K02h},{K03h},{K04h},{K07m},{K08m}. In 6 Worten 5 Kriterien: beachtlich!




    Gedichte {}
    Nirgendwo ist das Reich der Phantasie vertreten wie in Kunst und Literatur. Als Königsdiziplin könnte man die Lyrik, die Welt der Gedichte ansehen. Hierbei gibt es immer zwei Perspektiven: erstens die des Schöpfers bei der Herstellung und zweitens die des Rezipienten, des Aufnehmers. Die Aufnahme oder Vergegenwärtigung eines Gedichts, also das Lesen z.B. des  Erlkönigs ist für die LeserIn immer ein Phantasieprozess. Denn  z.B. in 1.1. reitet ja niemand tatsächlich durch Nacht und Wind, sondern der Ritt wird gedacht oder vorgestellt. Der Ritt geschieht im Geiste und ist daher nach {K01h} eine Phantasie. {Q01} gibt als Quelle Literatur an, weist also den Erlkönig als ein literarisches Produkt aus. Da {Q01} bei literarischen Produkten immer gilt, kann man die Signatur {Q01} für Einzelsachverhalte in literarischen Texten auch weglassen. Das gilt zwar auch für {K01h}. Da es aber ein Kriterium ist, soll es überall auch signiert werden. Als Zusatzinformation käme in Betracht: Fieber- {Q03} und Nahtodphantasien {Q05}, wobei die Projektionen des Knaben {K05h} durch unklare Strukturen in der Nacht unterstützt werden.
     
    • Der Erlkönig. (Goethe 1778) {Q01 gilt für alle Zeilen}

    • 1.1 Wer reitet so spät durch Nacht und Wind?   {K01h}
      1.2 Es ist der Vater mit seinem Kind.   {K01h}
      1.3 Er hat den Knaben wohl in dem Arm,   {K01h}
      1.4 Er faßt ihn sicher, er hält ihn warm.   {K01h}
      2.1 Mein Sohn, was birgst du so bang dein Gesicht?   {K01h}
      2.2 Siehst Vater, du den Erlkönig nicht!   {K01h, K02h, K05h, Q03, Q05}
      2.3 Den Erlenkönig mit Kron' und Schweif?   {K01h, K02h, K05h, Q03, Q05}
      2.4 Mein Sohn, es ist ein Nebelstreif.
      3.1 Du liebes Kind, komm geh' mit mir!   {K01h}
      3.2 Gar schöne Spiele, spiel ich mit dir,   {K01h}
      3.3 Manch bunte Blumen sind an dem Strand,   {K01h}
      3.4 Meine Mutter hat manch gülden Gewand.   {K01h}
      4.1 Mein Vater, mein Vater, und hörest du nicht,   {K01h, K02h, K05h, Q03, Q05}
      4.2 Was Erlenkönig mir leise verspricht?   {K01h Q03, Q05}
      4.3 Sei ruhig, bleibe ruhig, mein Kind,
      4.4 In dürren Blättern säuselt der Wind.
      5.1 Willst feiner Knabe du mit mir geh'n?   {K01h}
      5.2 Meine Töchter sollen dich warten schön,   {K01h}
      5.3 Meine Töchter führen den nächtlichen Reihn {K01h}
      5.4 Und wiegen und tanzen und singen dich ein.   {K01h}
      6.1 Mein Vater, mein Vater, und siehst du nicht dort   {K01h, K02h, K05h, Q03, Q05}
      6.2 Erlkönigs Töchter am düsteren Ort?   {K01h, K02h, K05h, Q03, Q05}
      6.3 Mein Sohn, mein Sohn, ich seh' es genau:
      6.4 Es scheinen die alten Weiden so grau.
      7.1 Ich lieb dich, mich reizt deine schöne Gestalt,  {K01h, Q03, Q04, Q05}
      7.2 Und bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt!   {K01h, Q03, Q04, Q05}
      7.3 Mein Vater, mein Vater, jetzt faßt er mich an,  {K01h, K02h, K05h, Q03, Q05}
      7.4 Erlkönig hat mir ein Leids getan.   {K01h, K02h, K05h, Q03, Q05}
      8.1 Dem Vater grauset's, er reitet geschwind,   {K01h}
      8.2 Er hält in den Armen das ächzende Kind,   {K01h}
      8.3 Erreicht den Hof mit Mühe und Not,   {K01h}
      8.4 In seinen Armen das Kind war tot.   {K01h}
          Anmerkung aus Häfner (2005) "Das Rätsel Schizophrenie: Eine Krankheit wird entschlüsselt", S. 101f:
      "Allerdings ist das Beispiel von Goethes Erlkönig insofern vieldeutig, als der Sohn, mit dem der Vater durch die Nacht reitet, offensichtlich an Fieberphantasien leidet. Er ist ernstlich erkrankt und stirbt auf diesem Ritt: Bei hohem Fieber kann es tatsächlich zu leichten Hirnfunktionsstörungen, begleitet von Fieberdelirien, kommen. Die dadurch verursachten Sinnestäuschungen, von der illusionären Verkennung bis zu [>102] komplexen szenischen Halluzinationen, können von den meist scharf umgrenzten Halluzinationen bei vollem Bewusstsein in der Schizophrenie einigermaßen gut unterschieden werden. Unterscheidendes Merkmal ist auch die körperliche Erkrankung, die zu einem veränderten Erlebniszustand mit Bewusstseinsstörungen und phantastischen Sinnestäuschungen bis zum Delir führt. Je schwerer die Hirnfunktionsstörung ist, umso häufiger kommt es zur örtlichen und zeitlichen Desorientierung und mit zunehmender Schwere auch zu abnehmender Vigilanz und zu zunehmender Benommenheit bis hin zum Koma." [GB]


        Aus Rilke (Abruf 12.08.2017)  4. Strophe:     {}
      "... und mir ist so als hätt ich schon gesehn,
      daß Tiere sich in deinen Blicken baden {K01h, K02h, K03h, K05h}
      und trinken deine klare Gegenwart." {K01h, K02h, K03h, K05h}

        Joachim Ringelnatz (1924) Kuttel Daddeldu
     
      Abendgebet einer erkälteten Negerin {}
       
      1.1 Ich suche Sternengefunkel.  {K01h}
      1.2 All mein Karbunkel  {K01h}
      1.3 Brennt Sonne dunkel.  {K01h}
      1.4 Sonne drohet mit Stich.  {K01h}

      2.1 Warum brennt mich die Sonne im Zorn? {K01h, K02h, K03h}
      2.2 Warum brennt sie gerade mich? {K01h, K02h}
      2.3 Warum nicht Korn? {K01h, K02h}

      3.1 Ich folge weißen Mannes Spur. {K01h}
      3.1 Der Mann war weiß und roch so gut. {K01h}
      3.1 Mir ist in meiner Muschelschnur  {K01h}
      3.1 So negligé zu Mut. {K01h}

      4.1 Kam in mein Wigwam  {K01h}
      4.1 Weit übers Meer,  {K01h}
      4.1 Seit er zurückschwamm,  {K01h}
      4.1 Das Wigwam  {K01h}
      4.1 Blieb leer. {K01h}

      5.1 Drüben am Walde {K01h}
      5.2 Kängt ein Guruh – – {K01h, K02h, K03h}

      6.1 Warte nur balde  {K01h}
      6.2 Kängurst auch du. {K01h, K02h, K03h}




    Maerchen {}
    Märchen sind neben Sagen, Mythen und Religion eine klassische Ausdrucksform für Phantasien. Maid (1999), S. 324, führt aus: "Märchen, realitätsenthobene Erzählung wunderbaren Inhalts. Man unterscheidet zwischen dem erst nach längerer mündlicher Tradierung aufgezeichneten Volksmärchen und dem aus einem bewussten künstlerischen Akt entstandenen Kunstmärchen. Zu den konstitutiven Merkmalen des Volksmärchens gehört, dass es keinen namentlich bekannten Verfasser hat, dass es über einen längeren Zeitraum mündlich überliefert wurde und dass daher mit einer Reihe von Varianten zu rechnen ist. Vom Inhalt her kann man zwischen Zauber-, Schwank-, Tier-, Lügen-, Legenden- und ätiologischen M. unterscheiden."
        "Was ist ein Märchen? Damit eine Geschichte zu einem Märchen wird, muss sie bestimmte Dinge erfüllen. Sie ist zum Beispiel eher kurz. „Außerdem spielt ein Märchen in einer Traumwelt, in der etwas Wunderbares passiert“, sagt Jutta Echterhoff. Denk nur mal an Dornröschen: Die Prinzessin wird nach hundert Jahren Schlaf von einem Prinzen wachgeküsst. Den langen Schlaf verdankte sie einer bösen Fee. In einem Märchen gibt es nämlich Fantasiewesen, wie Riesen, Zwerge, Elfen und Zauberer. Die Welt ist aufgeteilt in die Guten und die Bösen. „Ein Märchen ist gleich aufgebaut“, erklärt Jutta Echterhoff. „Am Anfang leiden die guten Figuren, dann müssen sie ein Abenteuer bestehen und am Schluss gewinnen sie meistens.“ Du erfährst übrigens fast nie, wo genau ein Märchen spielt – es ist nämlich oft nur von „einem Schloss“ die Rede. Und du kennst bestimmt den Anfang vieler Märchen: „Es war einmal…“. Du weißt also auch nicht, in welcher Zeit es spielt." (Duda news Kindernachrichten, Abruf 17.08.2017).
       
    • Des Kaisers neue Kleider (Andersen 1837). Eine prinzipiell mögliche Geschichte: Einem eitlen Kaiser werden ganz besonders schöne Kleider von zwei Betrügern versprochen. "Menschen, die dumm oder nicht gut genug für ihr Amt waren, sollten diese Kleider nicht sehen können." (duda). Nachdem niemand zugeben wollte, dumm zu sein, gaben alle vor, selbst der Kaiser, die Kleider zu sehen, obwohl es sie gar nicht gab. Anläßlich eines öffentlichen Festzuges flog es dann auf: der Kaiser war nackt. Ein moralisch-pädagogisches Märchen, das zeigt, wohin es führt, wenn man sich selbst und seinen Sinnen nicht vertraut und zu eitel ist, um eine vermeintlich Blamage zu riskieren. Dazu passt das berühmte sozialpsychologisches Experiment von Muzafer Sherif (1935) zum Gruppenzwang, der genau dieses Phänomen experimentell belegt. Kriteriendiskussion: {K01h, Q01} Das Märchen, obwohl es eine prinzipiell mögliche Geschichte zum Inhalt hat, wie das Sherif-Experiment, Sozialpsychologie und allgemeine Lebenserfahrung belegen, ist erfunden, seine Geschichte findet nur im Geiste und nicht der realen Wirklichkeit statt, daher {K01h}.
    • Froschkönig (Grimm 1812). Eine Prinzessin ließ ihre goldene Kugel in einen Brunnen fallen. Ein Frosch sagte {K02h} ihr, er könne sie ihr holen, wenn sie ihn im Gegenzug mit am Tisch sitzen lasse, er von ihrem Teller essen dürfe und in ihrem Bett schlafen dürfe. Die Prinzessin stimmte zu. Nachdem ihr der Frosch die goldene Kugel wieder geholt hatte {K02h}, vergaß die Prinzessin ihr Versprechen und dachte nicht mehr weiter an den Frosch. Am nächsten Tag stand der Forsch zur Essenszeit vor der Tür und begehrte Einlass. Da erzählte die Prinzessin ihrem Vater, dem König, die Geschichte und dieser ermahnte sie, ihre Versprechen einzuhalten. Als der Frosch des Nachts zu ihr ins Bett wollte, ekelte sie sich und wurde so wütend, dass sie den Frosch an die Wand warf, worauf er sich in einen schönen jungen Prinzen verwandelte {K02h}.

    •     Eine psychologisch sehr interessante Geschichte, weil eine aggressiv-destruktive, ja mörderische Handlung, eine überaus positive Lösung erbrachte. Leitmotiv: Versprechen müssen - jedem gegenüber - gehalten werden. Kriteriendiskussion:  {K01h, K02h, Q01} Da die Geschichte erdacht ist, nur im Geiste und nicht in der realen Wirklichkeit stattfand {K01h} und zudem unmögliche {K02h} Inhalte enthält, handelt sich ganz klar um eine Phantasie.




    Sagen {}
    Decker (1972, Hrsg.) beschreibt in Wirklichkeiten, S. 301: "Im Mittelpunkt der Sage steht ein den Menschen bedrohendes oder seine Selbstverwirklichung gefährdendes Ereignis. Viele Sagen wirken belehrend; sie zeigen wie jenseitige „Mächte" die Menschen bestrafen, die von vorgegebenen Normen abweichen. Bekannt sind viele Götter- und Heldensagen." Meid (1999) führt S. 460 aus: "Sage, seit den Brüdern Grimm (Deutsche Sagen, 1816-18) Bezeichnung für eine mündliche Erzählung, die - im Gegensatz zum Märchen einen gewissen Realitätsanspruch erhebt (»Das Märchen ist poetischer, die Sage historischer«). Das geschieht dadurch, dass die - schriftlich fixierte - mündliche Erzählung durch Angaben zu Raum, Zeit und Personen den Anschein erweckt, die geschilderten Vorgänge seien wirklich geschehen. Das gilt auch für übernatürliche Begebenheiten. ..."
    • Nibelungen Sage (um 1200) Das Kinderlexikon fasst zusammen: "Das Nibelungenlied beginnt mit Kriemhild und endet auch mit ihr. Sie ist die Schwester des Königs der Burgunder, Gunther. Sie will Siegfried heiraten, den mächtigen Helden, der den Schatz der Nibelungen hat. Aber König Gunther will die Heirat nicht einfach so erlauben: Siegfried soll ihm erst dabei helfen, die stolze und starke Brunhild aus Island zu heiraten.

    •     Wer Brunhild heiraten will, muss schwere Aufgaben überstehen. Siegfried hat eine Tarnkappe. Wenn er unter diesem Mantel ist, kann niemand ihn sehen. So hilft er Gunther bei den Aufgaben, und so kann Gunther Brunhild heiraten. Siegfried wird Kriemhilds Mann. Aber Königin Brunhild und Kriemhild streiten sich darüber, wer am Hof von König Gunther wichtiger ist. Kriemhild ärgert sich so sehr, dass sie verrät: Gunther konnte Kriemhild nur heiraten, weil Siegfried ihm heimlich geholfen hatte.
          Brunhild geht daher zu Hagen, dem grimmigen Diener von König Gunther. Sie befiehlt ihm, Siegfried zu töten. Hagen muss seiner Königin gehorchen und bringt Siegfried um, als Siegfried allein im Wald bei der Jagd ist.
          Kriemhild trauert um Siegfried und will Rache. So heiratet sie ihren zweiten Mann, den König der Hunnen, Attila. Jahre später lädt sie ihre Familie aus Burgund ein, sie zu besuchen. Auf einem großen Fest zettelt Kriemhild Streit an. Es kommt zu einem großen Kampf, am Ende sind fast alle tot." [KLexikon Abruf 18.08.2017]
          Kriteriendiskussion: Die Tarnkappe gehört sicher zu den unwirklichen Elementen {K02h}, wahrscheinlich auch die Geschichte mit dem Drachenblut. Nachdem die Geschichte erfunden wurde und es sich um ein literarisches Produkt handelt gilt natürlich ganz allgemein {K01h}. Existenzielle Leitmotive  gibt es viele: Kampf, Heldentaten, Stärke, Liebe, Eifersucht, Freundschaft, Treue ("Nibelungentreue"), Verrat, Rache, ...
    • König Arthurs Tafelrunde, Prinz Eisenherz.




    Kinderbuecher {}
     
    • Struwelpeter von Heinrich Hofmann 1846 für 3-6 Jahre [Online] {}
    • 1. Geschichte ("Vorspruch")
      Wenn die Kinder artig sind, 
      Kommt zu ihnen das Christkind; 
      Wenn sie ihre Suppe essen 
      Und das Brot auch nicht vergessen, 
      Wenn sie, ohne Lärm zu machen, 
      Still sind bei den Siebensachen, 
      Beim Spaziergehn auf den Gassen 
      Von Mama sich führen lassen, 
      Bringt es ihnen Gut's genug 
      Und ein schönes Bilderbuch. 
      Sieh einmal, hier steht er, 
      Pfui! der Struwelpeter! 
      An den Händen beiden 
      Ließ er sich nicht schneiden 
      Seine Nägel fast ein Jahr; 
      Kämmen ließ er nicht sein Haar. 
      Pfui! ruft da ein jeder: 
      Garst'ger Struwelpeter. 
      Thema des Struwelpeter ist - mit Ausnahme der 5. Geschichte vom wilden Jäger - das nicht brav sein und die daraufhin erfolgte Strafe. Die Geschichten haben also einen hauptsächlich erzieherisch-moralische Funktion. Es sind zwar erfundene {K01h} Geschich- ten {Q01}, aber die meisten haben verbreitete und wirkliche Sachverhalte zum Kern. Das Leitmotiv lautet: seid brav, sonst werdet ihr bestraft und bekommt nichts zu Weihnachten. 
      "Umstrittener Struwelpeter" DF 30.04.2009.
      Die 10 Geschichten:
      1 Wer artig ist wird Weihnachten beschenkt
      2 Die Geschichte vom bösen Friederich
      3 Die gar traurige Geschichte mit dem Feuerzeug
      4 Die Geschichte von den schwarzen Buben
      5 Die Geschichte vom wilden Jäger
      6 Die Geschichte vom Daumenlutscher
      7 Die Geschichte vom Suppen-Kaspar
      8 Die Geschichte vom Zappel-Philipp
      9 Die Geschichte vom Hanns Guck-in-die-Luft
      10 Die Geschichte vom fliegenden Robert


    Prosa, Erzählungen, Romane ... {}
    Hier gibt es Abertausende von Titeln ...

        Aus Hesses Phantasien über die Wolken (1907)

      "Bedenken wir, daß die Wolken ein Stück Erde, Materie sind und ihr irdisches, materielles Leben in der Höhe, in Räumen führen, wo wir außer ihnen nichts Stoffliches erblicken können, so leuchtet ihre Symbolik ohne weiteres ein. Sie bedeuten uns ein Weiter-[>77] spielen des Irdischen im Entrückten {K02h}, einen Versuch der Materie, sich aufzulösen {K02h, K05h}, eine innige Gebärde {K02h, K05h} der Erde, eine Gebärde der Sehnsucht nach Licht, Höhe, Schweben, Selbstvergessen {K02h, K05h}. Die Wolken sind in der Natur, was in der Kunst die Flügelwesen, Genien und Engel sind, deren menschlich-irdische Leiber Flügel haben und der Schwere trotzen {K02h}.
      Und schließlich bedeuten uns die Wolken noch ein Gleichnis der Vergänglichkeit, ein zumeist heiteres, befreiendes, wohltuendes {K02h, K04h}. Wir sehen ihre Reisen, Kämpfe, Rasten, Feste an und deuten sie träumend {K02h, K05, Q02}, wir sehen menschliche Kämpfe, Feste, Reisen, Spiele in ihnen {K02h, K05, Q02}, und es tut uns wohl und weh zu sehen, wie das ganze und schöne Schattenspiel so flüchtig, veränderlich, vergänglich ist. (1907)".
          Der Beitrag firmiert gewöhnlich als "Feuilleton". Decker (1972, Hrsg.), S. 303: "Mit Feuilleton bezeichnet man kleine, geistreich unterhaltende Betrachtungen über Kunst, Theater und Wissenschaft in Tages- und Wochenzeitungen." Vielleicht sollte man ergänzen, dass in den Feuilletons auch reichlich Unsinn zu finden ist, wie überhaupt in der  Kunst- und Literaturkritik. Kriteriendiskussion: Ohne Zweifel handelt sich um ein Literaturprodukt, daher {K01h}, und, wie an den einzelnen Stellen schon signiert: {K02h, K04h, K05h} und als besondere Quelle wird noch auf das Träumen {Q02} verwiesen. Die Materie versucht {K02h, K05h} natürlich nichts, sie ist kein Natursubjekt. Und es gibt auch keine "Gebärden" der Erde {K02h}. Zu den Wolkenspielen passend ist hier viel Projektion am Werk {K05h}.


    Lieutenant Gustl langweilt sich (Schnitzler 1901) {K06h, Q01}

      „Wie lang' wird denn das noch dauern? Ich muß auf die Uhr schauen... schickt sich wahrscheinlich nicht in einem so ernsten Konzert. Aber wer sieht's denn? Wenn's einer sieht, so paßt er gerade so wenig auf, wie ich, und vor dem brauch' ich mich nicht zu genieren... Erst viertel auf zehn?... Mir kommt vor, ich sitz' schon drei Stunden in dem Konzert. Ich bin's halt nicht gewohnt... Was ist es denn eigentlich? Ich muß das Programm anschauen... Ja, richtig: Oratorium! Ich hab' gemeint: Messe. Solche Sachen gehören doch nur in die Kirche! Die Kirche hat auch das Gute, daß man jeden Augenblick fortgehen kann. – Wenn ich wenigstens einen Ecksitz hätt'! {K04h} – Also Geduld, Geduld! Auch Oratorien nehmen ein End'! Vielleicht ist es sehr schön, und ich bin nur nicht in der Laune. Woher sollt' mir auch die Laune kommen? Wenn ich denke, daß ich hergekommen bin, um mich zu zerstreuen. ...“
          Quelle: Erster Absatz aus Schnitzlers Novelle „Lieutenant Gustl“, erschienen 1901 im Verlag S. Fischer (Berlin). Zitiert das Dissertation Braun (2010).
          Es wird ein  Bewusstseinsstrom {K06h} geschildert, der die Langeweile mangels Hingabe zum Thema hat.


    Kafka: Die Verwandlung  > Theater.



    Science Fiction

    Meid (1999), S. 475 : "Science Fiction, Form der phantastischen Literatur, die das Phantastische als denkbare Möglichkeit - in fernen Zeiten oder Welten - rational oder pseudorational zu begründen sucht. Der Begriff SF setzte sich in den 30er-Jahren des 20. Jh.s in den USA durch und löste nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland ältere Bezeichnungen wie 'Zukunftsroman' oder 'technische Utopie' ab. Anders als die >Utopie zielt SF nicht - oder nur ausnahmsweise - auf Gesellschaftskritik. SF verwendet die gängigen Muster des Abenteuer- und Spannungsromans und verbindet sie mit einem Repertoire spezifischer Motive und Themen (Zukunft, Zeitreisen, Weltraum, fremde Welten, Weltkatastrophen, interplanetarische Kriege, Invasionen aus dem Weltraum, Telepathie, fremde Intelligenzen, Roboter usw.)" Kriteriendiskussion: In der Regel sollten {K01h, K02h, K03, K07m} erfüllt sein.



    Theater
    • Kafka Die Verwandlung.

    • Kriteriendiskussion: {K01h, K02h, K03h, K04h, K05h, K06h, K08m}
    • Traumfahrer (Spielzeit 2008/09 Theater Erlangen)




    Bildende Kunst
    • Reihe 1000 Meisterwerke (3sat)
      • Peter Krøyer: „Sommerabend am Südstrand von Skagen“ (20.08.2017). Phantasievolle Erhöhung der weißen Gewänder und Einbettung in den Abendstrand.
    • Künstlerische Umsetzung des allgemeinen und integrativen Selbstkonzeptes.
    • Höllenphantasie nach Hieronymus Boschs rechtem Flügel des Triptichons "Garten der Lüste".
    • Flug der Seele.
    • Das Ohr der Psychoanalyse. * Freud-Träume.
    • Augen der Gerechtigkeit.
    • Hegel-Bilder.
    • Mafiotische Todesphantasien.




    Vorstellung Bodensee {}
    Ich stelle {K08m} mir den Bodensee vor und lasse in meiner Vorstellung ein Segelboot von einem Ufer zum anderen fahren. {K01h} Die Phantasie könnte aus einem freien Bewusstseinsstrom stammen {K06?}. Warum Phantasie und nicht nur Vorstellung? Die einzelnen Teile "Segelboot, Ufer, fahren" sind einfache Vorstellungen. Kriteriendiskussion: Zur Phantasie werden diese Vorstellungen durch den virtuellen Geschehensablauf, der im Zeitraum der Vergegenwärtigung nicht wirklich sein kann, wie ja schon die Formulierung "ich stelle mir vor ..." zum Ausdruck bringt. Da das Geschehen im Geist und nicht in realen Wirklichkeit spielt, ist {K01h} zu signieren.



    Flug über das Frankenland {}
    Ich fliege über das Frankenland, staune und erfreue mich an der Schönheit der Landschaften. Wenn ich das tatsächlich tue, in einem Ballon oder Flugzeug, ist es natürlich keine Phantasie. Wenn ich es mir im Lehnstuhl vorstelle, ist es eine Phantasie, erst recht, wenn ich mich selbst in die Luft erhebe und den Flug ohne Hilfsmittel selbst durchführe {K01h, K02h}.



    Überlegungen oder Phantasien zu potentiellen Vortragsstörungen {}
    Ich frage mich, wie es wäre, wenn ich auf dem Deutschen Verkehrsgerichtstag einen Vortrag über "Unerträgliche Fehler in MPU-Gutachten" halten würde? Mit welchen Schwierigkeiten, Behinderungen und Störungen müßte ich rechnen? Wie könnte ich denen begegnen? Spontan komme ich zu folgenden Signierungen: {K01h, K07m}, weil ein zukünftiges mögliches Geschehen vergegenwärtigt wird.
        Aber ist das richtig? Ist das eine Phantasie oder nicht eher eine vorausschauende Überlegung, ein Planspiel? Was unterscheidet dann eine vorausschauende Überlegung, also denken, von einer Phantasie? Denken heißt geistige Modelle bilden oder zueinander in Beziehung setzen. Stimmt das nicht auch für die Phantasie? Dann hätte die Denkdefinition vielleicht einen Mangel. Das war jetzt DENKEN und nicht phantasieren.



    Wie ist es, tot zu sein? {}
    Kann man sich das vorstellen? Diese Untersuchung ist natürlich leicht, weil ich sie selbst - wie andere auch - durchführen kann. Ich kann denken "ich bin tot" und "wie ist das"? {K01h, K02h, K07m} Das sollte besonders leicht sein, wenn man schon Tote gesehen hat, wenngleich es natürlich schon ein wenig makaber anmutet und es anders ist, sich selbst tot zu "sehen", weil man in der Regel leben will, gern lebt und den Tod gerne wegschiebt. Die Vorstellung ist auch anschaulich kein Problem, sich etwa aufgebahrt liegen sehen, aber es auch eine abstrakte Phantasie möglich.
    Francois Villon (1431-?) stellte sich seinen Tod vor, sonst hätte er die Ballade "Notwendige Nachschrift, mein Begräbnis betreffend" [Online] nicht geschrieben.



    Eine Nonsensgeschichte {}
    Neulich musste X sein Auto über das Schwimmbad tragen {K01h, K02h, K03h}, wobei er ausgerutscht ist und ins inzwischen gewandelte {K02?, K03h} Auto-Uboot fiel. Der Bademeister reichte {K01h, K03h} dem Auspuff ein Handtuch, aber der Auspuff schüttelte mit dem Vergaser das Loch {K01h, K03h} und wollte {K01h, K02h, K03h} lieber ein Eis, am liebsten ein in olivenölgebadetes und leichtem Senfcurry {K01h, K02h, K03h}. Der Delphin lag in der Hängematte und wackelte auf und nieder {K01h, K03h}. Die Polizei kam, erklärte sich aber für nicht zuständig und verwies auf das Marineministerium im Indischen Ozean {K01h, K02h, K03h}, der aber gerade von einem Heer von Pumpschmetterlingen {K01h, K02h, K03h} aus Südafrika abgesaugt wurde. Andererseits, wandte der Staatsanwalt ein, gäbe es doch gar kein Marineministerium im Indischen Ozean. Nun ja, das dafür zuständige halt, erklärt der Friseur des Bademeisters, der die Schwägerin des Polizisten von der Insel Europostel {K01h, K02h} kannte. Es näherte sich tänzelnd und singend ein Eskimo oder Lapplandtürke {K01h, K02h, K03h} mit einem Schlittschuhbart {K01h, K02h, K03h}. Da musste der selbst der herbeigerufene Pfarrer lachen. Immerhin, er lachte auf lateinisch.
        Eine ziemlich närrische Phantasie, aber vielleicht für das Signieren eine gute Übung. Denn die Kriterien sollten sich schließlich auf alle Sachverhalte anwenden lassen.



    Ein Krönich, sein Pfolk und der Unger {} Wiederholungen werden nicht erneut signiert.
    "Vor schwanger {K02h, K03h} Zeit lähmte {K02h, K03h} ein Krönich {K02h, K03h} in seinem Schoß {K02h, K03h}. Er war bei seinen Muntertanen {K02h, K03h} sehr bediebt {K02h, K03h} und einmal Po {K02h, K03h} Ja {K02h, K03h} gab er für sie ein Fresst {K02h, K03h}, für das immer lausende {K02h, K03h} Wildscheine geschlechtet {K02h, K03h} wurden. Am zäunten {K02h, K03h} Popember {K02h, K03h} des Jahres kreuzenhundertheilundscheißich {K02h, K03h} sprach der Krönich zu seiner Pfau {K02h, K03h}: Mir geht es heute nicht so Hut {K02h, K03h}, ich möchte das Fresst auffallen {K02h, K03h} lassen. Die Pfau schaute in den Igel {K02h, K03h} und klemmte {K02h, K03h} sich ihre länglichen {K02h, K03h} Haare, die in der Tonne {K02h, K03h} wie Grollt {K02h, K03h} schwimmerten {K02h, K03h}. Dabei brach {K02h, K03h} sie zum Krönich: „Mein dieber Namm {K02h, K03h}, ja-ein {K02h, K03h}, ja-aus {K02h, K03h} hast du dein Pfolk {K02h, K03h} beklont {K02h, K03h} mit einem Fresst, obwohl deine Muntertanen immer so fech {K02h, K03h} waren.“ Auf diese Meise {K02h, K03h} setzte die Hönigin {K02h, K03h} ihrem Namm einen Fluor {K02h, K03h} ins Ohr. Die Belohner {K02h, K03h} des ganzen Lindes {K02h, K03h} wurden sehr Möse {K02h, K03h} auf den Krönich, als sie erbfuhren {K02h, K03h}, dass sie in diesem Ja würden lungern {K02h, K03h} müssen. Doch im Schoß wohnte auch eine junge Inszestin {K02h, K03h}, die mit einem Fosch {K02h, K03h} verayrantet {K02h, K03h} werden musste und deshalb wuchs der ganze Prallast {K02h, K03h} mit Hosen {K02h, K03h} und Zornen {K02h, K03h} zu. Wunderte {K02h, K03h} junge Rinzen {K02h, K03h} blieben da dran hengen {K02h, K03h} und verursteten {K02h, K03h}. Sie starksten {K02h, K03h} in der Zornenkäcke {K02h, K03h} wie Badheenchen {K02h, K03h} am Schieß {K02h, K03h}. Das Pfolk ernährte sich von ihrem Feisch {K02h, K03h} und so überklebten {K02h, K03h} alle die Hummersperiode {K02h, K03h}." [Abruf 11.08.2017]
        Charakteristisch für diesen Text sind die zahlreichen Wortneubildungen (Neologismen). Zu dem Text assoziiere ich Dada-anmutende, wörtliche Verballhornung. Man weiß aber meist, was gemeint ist. So stellt sich die interessante Frage, was ist "schwanger Zeit", ein "Krönich", "in seinem Schoß"? So wie ich es lese: Vor langer Zeit lebte ein König in seinem Schloss. "lange Zeit" mit "schwanger Zeit" umzuschreiben erfordert Phantasie. "Schoß" ist zwar vom Wort keine Neubildung, aber in der Bedeutung. Normalerweise behält dieser Nonsenstext seine Verballhornungen bei. Es gibt aber eine Abweichung, nämlich bei Hunger, der zunächst - im Titel mit Unger, einmal - als Verb - mit "lungern" und unten mit "Hummer..." verballhornt wird.



    Ausflug ins Naturgartenbad {}
    Als wir vor einiger Zeit im Naturgartenbad in Erlenstegen (Stadtteil in Nürnberg) waren, lagen wir schräg am Hang, was sich nach einiger Zeit körperlich bemerkbar machte. Ich sehe {K01h, K06h?, K08} uns da liegen. Es war ein schöner Sommertag und wir waren auch ein paar mal im Wasser. Wäre es nicht schön, diesen Ausflug gelegentlich zu wiederholen? {K04h}
        Kriteriendiskussion: Es ist nicht klar, ob das Beispiel dem freien Bewusstseinsstrom entspringt, obwohl es danach aussieht. Daher wurde {K06h?} mit Fragezeichen signiert. Das "ich sehe" ist natürlich ohnehin wie das ganze Beispiel ein {K01h} aber auch ein {K08}, das nach Konstruktion nicht zwingend zur Prädikation Phantasie führen muss, wie auch Folgendes nahelegt: Die Überlegung, den Ausflug zu wiederholen, spiegelt eine Wunschphantasie {K04h} wider. Das ist ein schönes Beispiel dafür, dass eine Phantasien nicht unbedingt anschaulich sein muss. Hier wissen wir es nicht genau, da darüber nichts gesagt wird. Nehmen wir an, ich gehe im Geiste {K01h} den Kalender durch und frage mich, wann es passen könnte, sofern das Wetter stimmt? dann ist auch das eine Phantasie. Man kann aber auch sagen, es ist auch Planung. Damit stellt sich die Frage des Verhältnisses von  Planung und Phantasie. Im Moment scheint es, als ob es Planungen gibt, die auch als Phantasien anzusehen sind und dass es Phantasien gibt, die auch Planungen ausdrücken. Das kann, muss aber nicht so sein.



    Phantasien um einen Lottogewinn {}
    Quelle Psychologie heute 07/2011 "Unser persönliches Paralleluniversum Das wohl verbreitetste Gedankenspiel ist das vom Gewinn des Lotto-Jackpots {K01h}: Welchen Wunsch {K04h, K07m} würde ich mir als ersten erfüllen? Die Villa am Meer, die Stadtwohnung in Paris, das Traumauto? Würde ich eine Weltreise machen? Wer kriegt was vom Geld ab? Ist es ratsam, anderen vom Gewinn zu erzählen? Soll ich den Job hinschmeißen – oder erst mal ganz normal weitermachen? Wer seine Wünsche so spazieren führt, befindet sich in einem geistigen Modus, den wir in seiner Häufigkeit und Bedeutsamkeit immer noch gewaltig unterschätzen: in einem Tagtraum {K01h}. Bei diesen Ausflügen in die Fantasie begegnen wir uns selbst: Sag mir, was du dir wünschst, und ich sage dir, wer du bist!"
        Kriteriendiskussion: Diese Phantasie dürfte unter Lottospielern recht verbreitet sein und ist geradezu typisch für Wunschphantasien {K04h} kombiniert mit Zukunftsphantasien {K07m}. Die Schlussfolgerung von Psychologie heute "Sag mir, was du dir wünschst, und ich sage dir, wer du bist!" ist in seiner Allgemeinheit natürlich falsch und selbst eine Phantasie, denn der Mensch besteht natürlich nicht nur aus seinen Wünschen.



    C.G. Jungs erste aktive Imagination 1913 {}
    Ammann (1984), S. 9f schildert die Methode: "Ausgangspunkt der aktiven Imagination ist das Unbewußte, wie es sich gerade manifestiert, die aktuelle seelische Konstellation: ein Bild, eine Phantasie, eine Stimme, ein Traum, eine (obsedierende) Melodie, eine Stimmung, ein Affekt, eine Emotion, ein deprimierter oder sonstwie gestörter Gemütszustand.
    Der Imaginierende konzentriert sich auf ein seelisches Phänomen, zum Beispiel auf ein Bild, nachdem er sich «leer» gemacht, das heißt, die nicht dazugehörigen Einflüsse abgeschaltet hat. Er darf sich durch nichts ablenken lassen. Nichts von außen, das nicht dazugehört, darf her-[>10] eingelassen werden. Der Umkreis des Objektes darf nicht verlassen werden. «Das Gefäß muß wohl verschlossen sein», sagen die Alchemisten (vas bene clausum). Der Imaginierende muß am Bilde festhalten und warten, bis es sich von selbst wandelt. Er beobachtet das Bild eingehend und genau, wie es sich entfaltet und zu verändern beginnt. Auf Grund einer spontanen Assoziation wird sich jedes seelische Bild, früher oder später, umgestalten [FN8]. Nun kommt der entscheidende Schritt: der Imaginierende geht selbst ins Bild hinein. Er handelt mit, entsprechend der gegebenen Situation. Er spricht mit, wenn auftretende Personen die Möglichkeit zum Sprechen bieten. Am einfachsten und natürlichsten geht der Imaginierende von einer Traumsituation aus, die unbefriedigend blieb, die unvollständig oder ungelöst abbrach."
        Ammann, A. N. (1984) berichtet S. 36 C. G. Jungs erste aktive Imagination 1913: "Es war in der Adventszeit des Jahres 1913 als ich mich zum entscheidenden Schritt entschloß (12. Dezember). Ich saß an meinem Schreibtisch und überdachte noch einmal meine Befürchtungen {K01h}, dann ließ ich mich fallen {K01h}. Da war es mir, als ob der Boden im wörtlichen Sinne unter mir nachgäbe und als ob ich in eine dunkle Tiefe sauste {K01h, K02h}. Ich konnte mich eines Gefühls von Panik nicht erwehren {K01h}. Aber plötzlich und nicht allzu tief kam ich in einer weichen, stickigen Masse auf die Füße zu stehen - zu meiner großen Erleichterung {K01h, K02h}. Jedoch befand ich mich in einer fast völligen Finsternis. Nach einiger Zeit gewöhnten sich meine Augen an die Dunkelheit, die nun einer tiefen Dämmerung glich {K01h}. Vor mir lag der Eingang zu einer dunkeln Höhle {K01h, K08m}, und dort stand ein Zwerg {K01h, K02h, K08m}. Er erschien mir wie aus Leder, so als ob er mumifiziert wäre {K01h, K02h, K08m}. Ich drängte mich an ihm vorbei durch den engen Eingang und watete durch knietiefes, eiskaltes Wasser zum anderen Ende der Höhle {K01h, K02h, K08m}. Dort befand sich auf einem Felsband ein roter, leuchtender Kristall {K01h, K08m}. Ich faßte den Stein, hob ihn auf und entdeckte, daß darunter ein Hohlraum war {K01h, K08m}. Zunächst konnte ich nichts erkennen, aber schließlich erblickte ich strömendes Wasser in der Tiefe {K01h, K08m}. Eine Leiche schwamm vorbei {K01h, K08m}, ein Jüngling mit blondem Haar, am Kopf verwundet {K01h, K08m}. Ihm folgte ein riesiger schwarzer  Skarabäus{K01h, K02h, K08m}, und dann erschien, aus der Wassertiefe auftauchend, eine rote, neugeborene Sonne {K01h, K02h, K08m}. Geblendet vom Licht, wollte ich den Stein wieder auf die Öffnung legen, da drängte sich jedoch eine Flüssigkeit durch die Öffnung {K01h, K02h, K08m}. Es war Blut! Ein dicker Strahl sprang auf, und ich empfand Übelkeit {K01h, K02h, K08m}. Der Blutstrom währte, wie mir schien, unerträglich lange. Endlich versiegte er, und damit war die Vision {K01h, K02h, K08m} zu Ende."
        Kriteriendiskussion: Diese Phantasie {K01h} Jungs, so sie denn so stattfand, ist mit sehr starken Gefühlen und archetypischen Bildern (z.B. "Blut", "Höhle", "Licht", "Sonne", "Tiefe", "Wasser", "Zwerg"), die sehr anschaulich {K08m} geschildert werden, durchsetzt. Es finden sich auch eine Reihe tatsächlich unwirklicher Elemente {K02h}. Psychologisch beeindruckt diese Schilderung durch seine imaginative Kraft. Jung selbst deutet, S. 37: "Ich war von den Bildern aufs tiefste bestürzt. Natürlich sah ich, daß die piece de resistance ein Helden- und Sonnenmythus war, ein Drama von Tod und Wiedererneuerung. Die Wiedergeburt war verdeutlicht durch den ägyptischen Skarabäus. Am Ende hätte der neue Tag folgen sollen. Statt dessen kam der unerträgliche Blutstrom, ein durchaus abnormes Phänomen, wie mir schien. Da fiel mir aber meine Blutvision vom Herbst desselben Jahres ein, und ich gab jeden weiteren Versuch zu verstehen auf.» [FN40]"



    Eine zweite närrische Geschichte {}
    Zwei Gauner tanzten {K01h} eine vergebliche {K02} Peschmerga , während ein Grizzly gerade seine Jungen bekam {K01h}. Das war keine gute Zeit und gute Gegend seufzte Marie {K01h}, eine Honigsummenmaus {K02h} aus der Wüste 3 {K02h}. Komm, gehen wir, sprach Estragon {K01h}. Aber, wie bekannt, sie rührten sie sich nicht vom Fleck. Das verstand auch der Zwiebelkuchen {K02h}.



    In Gedanken am Meer {}
    In Gedanken {K01h, K06h} bin ich am Meer, laufe über eine Düne hinunter {K08m?} und nähere mich dem Strand und den Wellen, die im Strand versickern und sich anscheinend wieder zurückbilden {K01h}.
        Kriteriendiskussion: Es ist nicht ganz klar, ob diese Phantasie anschaulich vergegenwärtigt wird, obwohl es naheliegt. Kann man so etwas auch denken, also abstrakt phantasieren?



    Lesebeispiel aus dem letzten Kapitel von James Joyce Ulysses (Molly bewusstseinsströmt ca. 80 Seiten lang ohne Punkt und Komma im Bett so vor sich hin: unbearbeitetes Originalzitat hier). Zur besseren Analyse wird der Text in numerierte Textelemente aufgeteilt: {}
        [1]. "... lieber die Lampe bißchen runterdrehn {K01h, K04h, K06h, K07m?} [2] und nochmal versuchen {K01h, K04h, K06h, K07m?} [3] daß [>1012] ich früh auch aus den Federn komme {K01h, K04h, K06h,} [4] ich werde zu Lambe gehn da neben Findlater {K01h, K04h, K06h, K07m} [5] daß sie uns paar Blumen schicken die ich in der Wohnung aufstellen kann {K01h, K04h, K06h, K07m?} [6] für den Fall daß er ihn morgen mit nach Hause bringt [7] heute meine ich nein nein Freitag ist ein Unglückstag {K01h, K02h, K06h,} [8] zuerst will ich mal etwas sauber machen in der Wohnung {K01h, K04h, K06h, K07m} [9] ich glaube der Staub wächst {K02h, K06h,} sogar während ich am schlafen bin [10] dann können wir etwas musizieren und Zigaretten rauchen {K01h, K06h,, K07m} [11] ich kann ihn begleiten {K01h, K06h, K07m} [12] aber zuerst muß ich noch die Tasten vom Klavier säubern mit Milch {K01h, K04h, K06h, K07m} [13] was zieh ich denn an soll ich eine weiße Rose tragen {K01h, K06h, K07m} [14] oder haltmal diese schönen Kuchen bei Lipton {K01h, K06h} [15] also ich liebe ja diesen Duft {K01h, K06h} in einem reichen großen Laden {K01h, K06h} zu 7 1/2d das Pfund oder die andern mit den Kirschen drin {K01h, K06h} und der rosa Zucker {K01h, K06h} 11d das Kilo [16] und natürlich eine schöne Topfpflanze {K01h, K06h} für mitten auf den Tisch {K01h, K06h, die krieg ich doch billiger bei Moment wo war das doch ich hab sie doch kürzlich erst gesehn {Erinnerungsproblem} noch ich liebe ja Blumen am liebsten hätt ich die ganze Wohnung täte in Rosen schwimmen {K01h, K06h} [17] Gott im Himmel es geht doch nichts über die Natur die wilden Berge dann das Meer und die Wellen wie sie am rauschen sind und das schöne Land mit Hafer und Weizenfeldern und allen möglichen Sachen und das ganze schöne Vieh am weiden das täte einem so richtig gut mal wieder Flüsse zu sehen und Seen und Blumen alle möglichen Formen und Düfte und Farben sogar in den Gräben sprießen die überall Schlüsselblumen und Veilchen {K01h, K06h, K08m?} [18] das ist die Natur und wenn die sagen es gibt keinen Gott dann kann ich bloß sagen ich pfeif auf ihre ganze Gelehrsamkeit wieso gehn sie nicht hin und schaffen selber mal was hab ich ihn oft schon gefragt diese Atheisten oder wie die sich nennen solln doch erstmal vor ihrer eigenen Haustür kehren aber dann heulen sie nach dem Priester wenns ans sterben geht und warum ja warum weil sie Angst vor der Hölle haben wegen ihrem schlechten Gewissen ah ja mir machen die nichts vor wer war denn das erste Wesen im Weltenraum bevor daß sonst jemand da war der alles geschaffen hat wer denn ah das wissen sie nicht genau so wenig wie ich da sitzen sie da sie könnten [>1013] ebenso gut versuchen daß sie die Sonne am aufgehn hindern morgen früh {Erregung über Atheisten, Gottes"beweis" durch die Schöpfung: K01h, K02h, K06h} [19] die Sonne die scheint für dich allein hat er damals gesagt an dem Tag wo wir unter den Rhododendren lagen oben auf dem Howth in dem grauen Tweedanzug und mit dem Strohhut an dem Tag wo ich ihn so weit kriegte daß er mir den Antrag gemacht hat ja zuerst hab ich ihm ein bißchen von dem Mohnkuchen aus meinem Mund gegeben und es war Schaltjahr wie jetzt ja vor 16 Jahren mein Gott nach dem langen Kuß ist mir fast die Luft ausgegangen ja er sagte ich wäre eine Blume des Berges ja das sind wir alle Blumen ein Frauenkörper ja da hat er wirklich mal was Wahres gesagt in seinem Leben und die Sonne die scheint für dich allein heute {Erinnerungen, K06h, K08m?} [20] ja deswegen hab ich ihn auch gemocht weil ich gesehn hab er versteht oder kann nachfühlen was eine Frau ist {Erinnerungen, K06h, K08m?} [21] und ich hab auch gewußt ich kann ihn immer um den Finger wickeln {K02h, K06h} und da hab ich ihm die ganze Lust gegeben die ich konnte und hab ihn so weit gebracht daß er mich gebeten hat ja zu sagen und zuerst hab ich gar keine Antwort gegeben hab bloß so rausgeschaut aufs Meer und über den Himmel ich mußte an so viele Sachen denken von denen er gar nichts wußte {Erinnerungen, K06h,}  ..."
        Kriteriendiskussion: Ein schönes Textbeispiel für die Literatur des  Bewusstseinsstromes, aber eine Herausforderung für die Phantasieanalyse! Da es sich um Literatur handelt gilt obligatorisch {K01h}, wie auch {K06h}, wenn man anerkennt, dass es sich um
    einen freien Bewusstseinsstrom handelt. Denn streng nach der Prädikationsregel K06-Frei  sind Äußerungen des freien Bewusstseinsstroms Phantasien und werden mit {K06h} signiert. Es sind fast alle Kriterien  bis auf {K03h, K05h} erfüllt, nämlich: {K01h, K02h, K04h, K06h, K07m?, K08m?}.



    Aus Dada und Surrealismus:
       
      Dada-Manifest 1916 {}
      "Als er [Hugo Ball] sein Dada-Manifest am 14. Juli 1916 vortrug, teilte er dem staunenden Publikum mit: «Wie erlangt {K07m} man die ewige Seligkeit? Indem man Dada sagt {K01h, K02h, K03h}. Wie wird {K07m} man berühmt? Indem man Dada sagt {K01h, K02h, K03h}. Mit edlem Gestus und mit feinem Anstand. Bis zum Irrsinn, bis zur Bewusstlosigkeit. Wie kann man alles Aalige und Journalige, alles Nette und Adrette, alles Vermoralisierte, Vertierte, Gezierte abtun? Indem man Dada sagt {K01h, K02h, K03h}. Dada ist die Weltseele {K01h, K02h, K03h}, Dada ist der Clou, Dada ist die beste  Lilienmilchseife {K01h, K02h} der Welt. Dada Herr Rubiner, Dada Herr Korrodi, Dada Herr Anastasius Lilienstein.» [Quelle: https://www.nzz.ch/feuilleton/100-jahre-dada/dada-geschichten-ii-was-bedeutet-dada-ld.5073]
          Kriteriendiskussion: Da es sich um Kunst bzw. Literatur handelt gilt {K01h, Q01}. Es werden einige unrealistische Behauptungen aufgestellt, die zur Signierung von {K02h} führen. Und "Dada" ist schließlich eine Neubildung (Neologismus) {K03h} - jedenfalls in der Bedeutung [zur Begriffsgeschichte Wikipedia]. Der Bericht selbst ist keine Phantasie, sondern eben ein Bericht über künsterlisch-literarische Phantasien der Dadaisten.



      Aus Dalis Unabhängigkeitserklärung der Phantasie und Erklärung der Rechte des Menschen auf seine Verrücktheit. [1939]. {}
      "Nur Heftigkeit und Dauer eures gestählten Traumes können der furchtbaren mechanischen Zivilisation widerstehen, die euer Feind und der Feind des »Lustprinzips« aller Menschen ist. Ein Mann hat das Recht, Frauen mit ekstatischen Fischköpfen {K01h, K02, K03h} zu lieben. Ein Mann hat das Recht, lauwarme Telefone ekelhaft zu finden und Telefone zu fordern, die so kalt, grün und aphrodisisch sind [<290] wie der von Gesichten heimgesuchte Schlaf der spanischen Fliegen {K01h, K02h,  K03h, K5h}. Telefone, die so barbarisch sind wie Flaschen, werden sich von der lauwarmen Verzierung der Louis-XV.-Löffel befreien und langsam die Bastarddekorationen unserer milde verblaßten Dekadenz mit eisigem Schamgefühl bedecken {K01h, K02h, K03h}.
          Der Mensch hat das Recht, den Schmuck einer Königin als »Lustobjekte« für sich zu fordern: Kostüme für seine Möbel! für seine Zähne! selbst für Gardenien! Handbestickte Kissenbezüge werden die außerordentliche Empfindlichkeit von »Kalbslungeneisenbahnschienen« {K01h, K02h, K03h} schützen, bei der Herstellung von Automobilen wird {K01h, K03h, K07m} man buntes Glas mit persischen Mustern einführen, um das häßliche, rohe Tageslicht der Landschaften fernzuhalten . Die Farbe alten Absinthes wird {K01h, K07m} das Jahr 1941 beherrschen. Alles wird grünlich sein {K01h, K07m}. »Grün, ich will dich grün« — grünes Wasser, grüner Wind, grünes Hermelin, grüne, vom Schlaf geschwellte Eidechsen, die die grüne Haut, die blendenden Dekolletés {K01h, K02h, K03h, K07m} der Schlaflosigkeit entlanghuschen, grüne Silberplatte, grüne Schokolade, grün die Elektrizität, die im Todeskampf das lebendige Fleisch der Bürgerkriege versengt, grün das Licht meiner Gala! {K01h, K02h, K03h, K07m}"
          Kriteriendiskussion: Nachdem es sich um einen literarisch-künstlerischen Text handelt, gilt {K01}. Insgesamt könnte man auch ein {K04h} vergeben, wenn man unterstellt, dass Dali sich wünschte, dass die Menschen seinen Phantasien folgen. Unklar ist, ob die Beschreibungen von Anschauungen begleitet werden, also {K08m?} und ob sie einem freien Bewusstseinsstrom {K05h} entstammen.


      Simone Kahns erste Begegnung mit Breton {}
      "Simone Kahn: "Im Parc du Luxembourg schien die Sonne, als ich die drei Freunde ansprach. Breton war ein etwas bleicher und magerer junger Mann, der trotz seiner schlechten finanziellen Situation eine gewisse Eleganz wahrte. "Sie müssen wissen, ich bin kein Dada", sagte ich ihm von vorneherein. "Ich auch nicht", gab er zurück, mit diesem Lächeln, das er sein Leben lang beibehalten sollte, wenn er sich von seinen eigenen doktrinären Vorgaben distanzierte. Er ist eine ganz eigenwillige Dichterpersönlichkeit, hingerissen vom Außergewöhnlichen und Unmöglichen. Ein rechtes Maß an Unausgeglichenheit, zusammengehalten durch einen scharfen, selbst im Unbewussten wirkenden Verstand, eindringlich, mit einer unbestreitbaren Originalität. Äußerste Schlichtheit und Aufrichtigkeit noch im Widerspruch." Quelle: André Breton und der Surrealismus, Deutschlandfunk 20.02.2016.
           Kriteriendiskussion: Das ist ein Bericht, der nur als literarisches Produkt eine Phantasie repräsentieren könnte. Es spricht indessen mehr dafür, ihn als Bericht zu qualifizieren. Also keine Phantasie.



      Paul Eluard Galas erster Ehemann {}
      "'Wir sind nie wirklich getrennt gewesen' {K04h} ... Hauptthema allerdings ist die Liebe, in der Korrespondenz wie in der Poesie Eluards, jedenfalls der frühen: "Es gibt kein Leben" {K02h}, so der Briefschreiber im März 1929, "es gibt nur die Liebe." {K01h} Und auf derselben Seite: "Ohne die Liebe ist alles für immer verloren, verloren, verloren."" Quelle: DER SPIEGEL 9, 1985 "Nur die Liebe Leidenschaftliche Briefe des Dichters Paul Eluard an seine Frau Gala, die ihn wegen Dali verließ, sind in Paris veröffentlicht worden." [Online]
          Kriteriendiskussion: Die Klassifikation ist nicht ganz einfach, weil hier eine Lebenseinstellung, eine Wertideologie (>werten und phantasieren) vorliegt. Es wird eine alles beherrschende Überwertigkeit der Liebe ausgedrückt. So stellt sich die Frage, warum  eine tiefgreifende Werteinstellung auch eine Phantasie sein soll? Insofern darin ein Ideal oder ein Lebensimperativ ausgedrückt wird, kann es wohl als Phantasie {K04h} signiert werden, weil es nicht real verwirklicht ist. Nimmt man den Satz "Wir sind nie wirklich getrennt gewesen", obwohl sie ihn schon beinahe 20 Jahre zuvor verlassen hatte." so stellt auch dieser ziemlich sicher eine Wunsch-Phantasie Eluards dar.




    Aus Thomas Morus Utopia   {}
    "Der Verkehr der Utopier untereinander ... Jede Stadt zerfällt in vier gleiche Teile. In der Mitte eines jeden befindet sich ein Markt für alle Arten von Waren. Dorthin schafft man die Arbeitserzeugnisse einer jeden Familie in bestimmte Häuser, und die einzelnen Warengattungen sind gesondert auf Speicher verteilt. Jeder Familienvater verlangt dort, was er selbst und die Seinen brauchen, und nimmt alles, was er haben will, mit, und zwar ohne Bezahlung und überhaupt ohne jede Gegenleistung {K02h}. Warum sollte man ihm nämlich auch etwas verweigern? Alles ist ja im Überfluß vorhanden {K02h}, und man braucht nicht zu befürchten, daß jemand die Absicht hat, mehr zu verlangen {K02h}, als er braucht. Denn warum sollte man annehmen, es werde jemand über seinen Bedarf hinaus fordern, wenn er sicher ist, daß es ihm niemals an etwas fehlen wird? Werden doch bei jedem Lebewesen Habsucht und Raubgier durch die Furcht vor Mangel hervorgerufen und beim Menschen allein außerdem noch durch Stolz, da er es sich zum Ruhme anrechnet, durch ein Prahlen mit überflüssigen Dingen die anderen zu übertreffen; für diese Art Fehler ist in den Einrichtungen der Utopier überhaupt kein Platz. {K02h}" [Quelle PG https://gutenberg.spiegel.de/buch/utopia-1321/8]
        Kriteriendiskussion: Im wesentlichen ist hier {K01h, K02h} zu signieren. Zu erwägen wären noch Wunschphantasien {K04h} und {K07m} als Zukunftsvision, {K01h} weil es nur im Geiste vorgestellt und nicht reale Wirklichkeit repräsentiert.



    Eine spontane Imagination nach Leuner (1985), S. 45    {}
    "Die junge Kollegin arbeitet in einem Krankenhaus. Im Nachtdienst nimmt sie einen Patienten auf, der einen vital bedrohlichen Kreislaufkollaps hat. Vor der Trage des Patienten stehend, muß sie in akuter Not entscheiden, was zu geschehen hat. Fieberhaft überlegt sie, was diagnostisch in Frage kommt und was sie zunächst verordnen muß. Um sich besser konzentrieren zu können, schließt sie für einige Momente die Augen. Da erscheint vor den geschlossenen Lidern deutlich das Bild einer Landschaft, die von einem breiten Strom überschwemmt wird. Das Wasser steigt in beängstigender Weise höher und höher. Seine Massen überfluten Wiesen und Felder, fließen in die Häuser hinein, und schließlich versinkt alles in den Fluten: Bäume, Häuser und die ganze Landschaft {K01h, K08m}. Hinterher wundert sie sich selbst über diese blitzschnell abgelaufene Imagination. Sie versteht sie als Ausdruck ihrer inneren Erregung, die sie selbst nur andeutungsweise gespürt hat, glaubte sie sich doch nüchtern und gefaßt, in ärztlicher Routine handelnd. Nachdem sich der Zustand des Patienten später gebessert hat, schließt sie instinktiv - gewissermaßen, um nun zur Gegenprobe in sich «hineinzuschauen» - die Augen nochmals. Wieder erscheint eine ganz ähnliche überschwemmte Szene, die Fluten gehen nun aber zurück. Unter den abfließenden Wassern breitet sich bald eine Landschaft mit großen, lichten Wiesen im Sonnenschein aus. Eine maigrüne Birkenallee fuhrt durch das heitere, freundliche und beruhigende Bild. {K01h, K04h, K08m}"
        Kriteriendiskussion: Das spielt sich im Geiste, nicht in der Wirklichkeit ab, aber sehr anschaulich {K01h, K04h, K08m}. Die zweite Imagination könnte man als Wunschphantasie deuten. Beide Phantasien, die negative und positive, können durch die in der Situation verspürten Affekte bedingt sein {Q06}.


    Literaturbelege in Teil 8 Anhang: Literatur.
    Gesamt-Inhaltsverzeichnis Psychologische Analyse des Phantasiebegriffs (Verteilerseite).

    Querverweise
    Standort: Psychologische Analyse des Phantasiebegriffs Teil 3: Beispiele mit Signierung der Kriterien
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      • Definieren und Definition. * ist * Nicht * Alle & Jeder * Paradoxien * Was ist Fragen * Welten *
      • Überblick Forensische Psychologie in der IP-GIPT  *  Aussagepsychologie.
      • Beweis und beweisen in Wissenschaft und Leben.
      • Definitionen, Nominal- und Realdefinitionen (Abschnitt aus der Testtheorie).
      • Definition aus Eisler Wörterbuch der philosophischen Begriffe (1927-1930).
      • Einführung in die Definitionsproblematik am Beispiel Trauma.
      • Zum Universalienstreit am Beispiel der Schneeflocke.
      • Gleichheit und gleichen im alltäglichen Leben und in der Wissenschaft. Näherungen, Ideen, Ansätze, Modelle und Hypothesen.
      • Aufbau einer Wissenschaftssprache in Psychologie, Psychopathologie und Psychotherapie.
      • Allgemeine Theorie und Praxis des Vergleichens und der Vergleichbarkeit. Grundlagen einer psychologischen Meßtheorie.
      • Überblick Wissenschaft in der GIPT.
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    Zitierung
    Sponsel, Rudolf  (DAS). Psychologische Analyse des Phantasiebegriffs Teil 3: Beispiele mit Signierung der Kriterien. Ein Ansatz und Entwurf aus integrativer Perspektive zur Weiterentwicklung. Internet Publikation - General and Integrative Psychotherapy   IP-GIPT. Erlangen: https://www.sgipt.org/gipt/allpsy/phantas/APBFP3.htm
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    30.08.17    Lieutenant Gustl langweilt sich (Schnitzler 1901).
    25.08.17    IRS Korrektur.
    24.08.17    1. Version ans Netz.
    23.08.17    rs Rechtschreibprüfung.
    07.08.17    Nach Vorarbeiten angelegt.



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