3
Beispiele mit Signierung der Kriterien ("Tauglichkeitsprüfung")
In geschweiften Klammern {} wird jeweils das Kriterium oder
die Kriterien angegeben, das oder die meiner Beurteilung nach erfüllt
ist oder sind.
Mia und der Ritt auf dem Wolkenpferd {mit Kriterien
signiert}
Literaturprodukte können grundsätzlich mit {Q01} signiert
werden, so dass man sich Sachverhalts-Signaturen mit {Q01} auch
sparen kann.
"Heute ist ein schöner Tag. Manchmal ziehen dicke, weiße
Wolkengebirge
über den Himmel und verdecken für eine Weile die Sonne.
Interessiert beobachtet Mia das Wolkenspiel.
"Die Wolken malen Bilder an den Himmel" {K01h, K02h, K03h, K05h},
sagt sie zu Katze Mimi.
„Sieht die da nicht aus wie eine Hexe?" {K01h, K05h}
"Miau-au-nein", maunzt Mimi. "Eine Riesenmaus ist's. Hmja hmja
miau."
{K01h, K05h}
"Jetzt kommt ein Schloss mit runden Türmen'' {K01h, K05h},
freut sich Mia. "Und die
da vorne hat ein Griesgramgesicht wie Frau Hauptmann, meine
Lehrerin. {K01h, K05h}" Sie kichert. "Stimmt. Hihi."
Aufmerksam blicken Mia und Mimi in den Himmel. Es macht Spaß,
in
den Wolken Bilder zu suchen.
Langsam schweben immer neue Wolkengemälde über den Himmel.
"Ein Pferd" {K05h}, ruft Mia auf einmal. "Siehst du? Oh, auf
so einem
Wolkenpferd {K01h, K03h} möchte ich gerne einmal über
den Himmel reiten {K02h}. Hoch
über der Erde. Was man da nicht alles sehen könnte!"
Mia fängt an zu singen:
"Auf einem Wolkenpferd {K01h, K05h} reiten {K02h}
und über das Himmelszelt gleiten {K01h, K02h},
unten die Erde und oben die Sterne,
und ich mittendrin - das hätte ich gerne. {K01h, K02h}"
"Wie sich so eine Wolke wohl anfühlt?", überlegt Mia.
"Kalt oder warm?
Weich, kuschelig oder vielleicht nur kalt und nass?"
Sie schließt für einen Moment die Augen und denkt nach.
Plötzlich senkt sich Nebel herab.
Mia blinzelt.
Wo ist die Sonne? Und warum fühlt sie sich auf einmal so schwindelig?
Ihr ist, als ob sie schwebte!? {K01h, K02h}
Da, jetzt steigt dieser seltsame Nebel mit ihr himmelwärts. Huiii...!
"Huiiü", ruft Mia. "Ich glaube, wir fliegen {K01h, K02h}.
Auf einer echten Wolke {K01h, K02h}. Toll!
Wir reiten auf einem Wolkenpferd über den Himmel {K01h, K02h}.
Sieh nur, Mimi, die
Erde sieht aus wie ein Spielzeugland
{K01h, K02h}. ..."
Quelle: Bräunling, Elke (2009) Mia und der Ritt auf dem Wolkenpferd.
Fantasiegeschichte.
In: Auf der Traumwolke: Fantasiereisen für Kinder. Erlangen: Verlag
Stephen Janetzko.
Schlager {}
-
"Der Wind hat mir ein Lied erzählt."
(La Habanera, Zarah Leander 1937) Metapher oder Phantasie? Nachdem der
Wind kein Lied erzählen kann, gilt sicher {K01h, K02h}, möglicherweise
aber auch {K03h}, wenn dieser Sachverhalt erstmals mit der Erschaffung
des Liedes 1937 so formuliert wurde.
-
"Ich weiß, es wird einmal ein Wunder
gescheh'n" (Zarah Leander 1942) An diesem Titel finde ich besonders
interessant, dass es sich um eine abstrakte Phantasie handelt, was dem
von vielen AutorInnen verlangten Anschaulichkeitskriterium widerspricht.
{K01h,
K02h, K04h, K07m}.
-
"Kann denn Liebe Sünde sein" (Zarah
Leander 1938) Eine provokante Frage, die im Extrem bedeuten kann, in der
Liebe ist alles erlaubt. Gemeint ist aber vermutlich, die Verdammung der
(vorehelichen) Sexualität z.B. durch die (katholische) Kirche. Keine
Phantasie, sondern eine Einstellung und Wertung mit dem Sinn: Liebe kann
keine Sünde sein. Der Existenzstatus (die Referenz)
des Begriffes Sünde ist umstritten. Stirnerdürfte
Sünde für Einbildung bzw. ein Wahngebilde halten, das real nicht
existiert. Sünde gibt es nicht in realen Wirklichkeit, aber es gibt
sie dennoch durch die Schöpfung, die Konstruktion des menschliches
Geistes in der Wunsch-
und Wertwelt mancher Menschen und Gruppen. Allgemein könnte
man sagen: Gesellschaften und Völker, die den Begriff der schlechten
Tat kennen, sollten auch über den Begriff der Sünde verfügen.
-
"Für mich solls rote Rosen regnen."
(Hildegard Knef 1968) Im Gegensatz zu "Ich weiß, es wird einmal ein
Wunder geschehen" handelt es sich hier um eine anschauliche Phantasie {K01h,
K02h},{K03h},{K04h},{K07m},{K08m}. In 6 Worten 5 Kriterien: beachtlich!
Gedichte {}
Nirgendwo ist das Reich der Phantasie vertreten wie in Kunst und Literatur.
Als Königsdiziplin könnte man die Lyrik, die Welt der Gedichte
ansehen. Hierbei gibt es immer zwei Perspektiven: erstens die des Schöpfers
bei der Herstellung und zweitens die des Rezipienten, des Aufnehmers. Die
Aufnahme oder Vergegenwärtigung eines Gedichts, also das Lesen z.B.
des Erlkönigs ist für die LeserIn
immer ein Phantasieprozess. Denn z.B. in 1.1. reitet ja niemand tatsächlich
durch Nacht und Wind, sondern der Ritt wird gedacht oder vorgestellt. Der
Ritt geschieht im Geiste und ist daher nach {K01h} eine Phantasie.
{Q01}
gibt
als Quelle Literatur an, weist also den Erlkönig als ein literarisches
Produkt aus. Da {Q01} bei literarischen Produkten immer gilt, kann
man die Signatur {Q01} für Einzelsachverhalte in literarischen
Texten auch weglassen. Das gilt zwar auch für {K01h}. Da es
aber ein Kriterium ist, soll es überall auch signiert werden. Als
Zusatzinformation käme in Betracht: Fieber- {Q03} und Nahtodphantasien
{Q05},
wobei die Projektionen des Knaben {K05h} durch unklare Strukturen
in der Nacht unterstützt werden.
-
Der Erlkönig. (Goethe 1778)
{Q01 gilt für alle Zeilen}
1.1 Wer reitet so spät durch Nacht und Wind? {K01h}
1.2 Es ist der Vater mit seinem Kind. {K01h}
1.3 Er hat den Knaben wohl in dem Arm, {K01h}
1.4 Er faßt ihn sicher, er hält ihn warm. {K01h}
2.1 Mein Sohn, was birgst du so bang dein Gesicht? {K01h}
2.2 Siehst Vater, du den Erlkönig nicht! {K01h,
K02h, K05h, Q03, Q05}
2.3 Den Erlenkönig mit Kron' und Schweif? {K01h,
K02h, K05h, Q03, Q05}
2.4 Mein Sohn, es ist ein Nebelstreif.
3.1 Du liebes Kind, komm geh' mit mir! {K01h}
3.2 Gar schöne Spiele, spiel ich mit dir, {K01h}
3.3 Manch bunte Blumen sind an dem Strand, {K01h}
3.4 Meine Mutter hat manch gülden Gewand. {K01h}
4.1 Mein Vater, mein Vater, und hörest du nicht, {K01h,
K02h, K05h, Q03, Q05}
4.2 Was Erlenkönig mir leise verspricht? {K01h
Q03, Q05}
4.3 Sei ruhig, bleibe ruhig, mein Kind,
4.4 In dürren Blättern säuselt der Wind.
5.1 Willst feiner Knabe du mit mir geh'n? {K01h}
5.2 Meine Töchter sollen dich warten schön, {K01h}
5.3 Meine Töchter führen den nächtlichen Reihn
{K01h}
5.4 Und wiegen und tanzen und singen dich ein. {K01h}
6.1 Mein Vater, mein Vater, und siehst du nicht dort {K01h,
K02h, K05h, Q03, Q05}
6.2 Erlkönigs Töchter am düsteren Ort? {K01h,
K02h, K05h, Q03, Q05}
6.3 Mein Sohn, mein Sohn, ich seh' es genau:
6.4 Es scheinen die alten Weiden so grau.
7.1 Ich lieb dich, mich reizt deine schöne Gestalt, {K01h,
Q03, Q04, Q05}
7.2 Und bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt! {K01h,
Q03, Q04, Q05}
7.3 Mein Vater, mein Vater, jetzt faßt er mich an, {K01h,
K02h, K05h, Q03, Q05}
7.4 Erlkönig hat mir ein Leids getan. {K01h, K02h,
K05h, Q03, Q05}
8.1 Dem Vater grauset's, er reitet geschwind, {K01h}
8.2 Er hält in den Armen das ächzende Kind, {K01h}
8.3 Erreicht den Hof mit Mühe und Not, {K01h}
8.4 In seinen Armen das Kind war tot. {K01h}
Anmerkung aus Häfner (2005) "Das
Rätsel Schizophrenie: Eine Krankheit wird entschlüsselt",
S. 101f:
"Allerdings ist das Beispiel von Goethes Erlkönig insofern vieldeutig,
als der Sohn, mit dem der Vater durch die Nacht reitet, offensichtlich
an Fieberphantasien leidet. Er ist ernstlich erkrankt und stirbt auf diesem
Ritt: Bei hohem Fieber kann es tatsächlich zu leichten Hirnfunktionsstörungen,
begleitet von Fieberdelirien, kommen. Die dadurch verursachten Sinnestäuschungen,
von der illusionären Verkennung bis zu [>102] komplexen szenischen
Halluzinationen, können von den meist scharf umgrenzten Halluzinationen
bei vollem Bewusstsein in der Schizophrenie einigermaßen gut unterschieden
werden. Unterscheidendes Merkmal ist auch die körperliche Erkrankung,
die zu einem veränderten Erlebniszustand mit Bewusstseinsstörungen
und phantastischen Sinnestäuschungen bis zum Delir führt. Je
schwerer die Hirnfunktionsstörung ist, umso häufiger kommt es
zur örtlichen und zeitlichen Desorientierung und mit zunehmender Schwere
auch zu abnehmender Vigilanz und zu zunehmender Benommenheit bis hin zum
Koma." [GB]
Aus Rilke (Abruf
12.08.2017)
4. Strophe: {}
"... und mir ist so als hätt ich schon gesehn,
daß Tiere sich in deinen Blicken baden {K01h, K02h, K03h,
K05h}
und trinken deine klare Gegenwart." {K01h, K02h, K03h, K05h}
Joachim Ringelnatz
(1924) Kuttel Daddeldu
Abendgebet einer erkälteten Negerin
{}
1.1 Ich suche Sternengefunkel. {K01h}
1.2 All mein Karbunkel {K01h}
1.3 Brennt Sonne dunkel. {K01h}
1.4 Sonne drohet mit Stich. {K01h}
2.1 Warum brennt mich die Sonne im Zorn? {K01h, K02h, K03h}
2.2 Warum brennt sie gerade mich? {K01h, K02h}
2.3 Warum nicht Korn? {K01h, K02h}
3.1 Ich folge weißen Mannes Spur. {K01h}
3.1 Der Mann war weiß und roch so gut. {K01h}
3.1 Mir ist in meiner Muschelschnur {K01h}
3.1 So negligé zu Mut. {K01h}
4.1 Kam in mein Wigwam {K01h}
4.1 Weit übers Meer, {K01h}
4.1 Seit er zurückschwamm, {K01h}
4.1 Das Wigwam {K01h}
4.1 Blieb leer. {K01h}
5.1 Drüben am Walde {K01h}
5.2 Kängt ein Guruh – – {K01h, K02h, K03h}
6.1 Warte nur balde {K01h}
6.2 Kängurst auch du. {K01h, K02h, K03h}
Maerchen {}
Märchen sind neben Sagen, Mythen und Religion
eine klassische Ausdrucksform für Phantasien. Maid (1999), S. 324,
führt aus: "Märchen, realitätsenthobene Erzählung wunderbaren
Inhalts. Man unterscheidet zwischen dem erst nach längerer mündlicher
Tradierung aufgezeichneten Volksmärchen und dem aus einem bewussten
künstlerischen Akt entstandenen Kunstmärchen. Zu den konstitutiven
Merkmalen des Volksmärchens gehört, dass es keinen namentlich
bekannten Verfasser hat, dass es über einen längeren Zeitraum
mündlich überliefert wurde und dass daher mit einer Reihe von
Varianten zu rechnen ist. Vom Inhalt her kann man zwischen Zauber-, Schwank-,
Tier-, Lügen-, Legenden- und ätiologischen M. unterscheiden."
"Was ist ein Märchen? Damit eine Geschichte
zu einem Märchen wird, muss sie bestimmte Dinge erfüllen. Sie
ist zum Beispiel eher kurz. „Außerdem spielt ein Märchen in
einer Traumwelt, in der etwas Wunderbares passiert“, sagt Jutta Echterhoff.
Denk nur mal an Dornröschen: Die Prinzessin wird nach hundert Jahren
Schlaf von einem Prinzen wachgeküsst. Den langen Schlaf verdankte
sie einer bösen Fee. In einem Märchen gibt es nämlich Fantasiewesen,
wie Riesen, Zwerge, Elfen und Zauberer. Die Welt ist aufgeteilt in die
Guten und die Bösen. „Ein Märchen ist gleich aufgebaut“, erklärt
Jutta Echterhoff. „Am Anfang leiden die guten Figuren, dann müssen
sie ein Abenteuer bestehen und am Schluss gewinnen sie meistens.“ Du erfährst
übrigens fast nie, wo genau ein Märchen spielt – es ist nämlich
oft nur von „einem Schloss“ die Rede. Und du kennst bestimmt den Anfang
vieler Märchen: „Es war einmal…“. Du weißt also auch nicht,
in welcher Zeit es spielt." (Duda news Kindernachrichten, Abruf 17.08.2017).
-
Des Kaisers neue Kleider (Andersen
1837). Eine prinzipiell mögliche Geschichte: Einem eitlen Kaiser werden
ganz besonders schöne Kleider von zwei Betrügern versprochen.
"Menschen, die dumm oder nicht gut genug für ihr Amt waren, sollten
diese Kleider nicht sehen können." (duda). Nachdem niemand zugeben
wollte, dumm zu sein, gaben alle vor, selbst der Kaiser, die Kleider zu
sehen, obwohl es sie gar nicht gab. Anläßlich eines öffentlichen
Festzuges flog es dann auf: der Kaiser war nackt. Ein moralisch-pädagogisches
Märchen, das zeigt, wohin es führt, wenn man sich selbst und
seinen Sinnen nicht vertraut und zu eitel ist, um eine vermeintlich Blamage
zu riskieren. Dazu passt das berühmte sozialpsychologisches Experiment
von Muzafer Sherif (1935) zum Gruppenzwang, der genau dieses Phänomen
experimentell belegt. Kriteriendiskussion: {K01h, Q01} Das Märchen,
obwohl es eine prinzipiell mögliche Geschichte zum Inhalt hat, wie
das Sherif-Experiment, Sozialpsychologie und allgemeine Lebenserfahrung
belegen, ist erfunden, seine Geschichte findet nur im Geiste und nicht
der realen Wirklichkeit statt, daher {K01h}.
-
Froschkönig (Grimm 1812). Eine Prinzessin
ließ ihre goldene Kugel in einen Brunnen fallen. Ein Frosch sagte
{K02h}
ihr,
er könne sie ihr holen, wenn sie ihn im Gegenzug mit am Tisch sitzen
lasse, er von ihrem Teller essen dürfe und in ihrem Bett schlafen
dürfe. Die Prinzessin stimmte zu. Nachdem ihr der Frosch die goldene
Kugel wieder geholt hatte {K02h}, vergaß die Prinzessin ihr
Versprechen und dachte nicht mehr weiter an den Frosch. Am nächsten
Tag stand der Forsch zur Essenszeit vor der Tür und begehrte Einlass.
Da erzählte die Prinzessin ihrem Vater, dem König, die Geschichte
und dieser ermahnte sie, ihre Versprechen einzuhalten. Als der Frosch des
Nachts zu ihr ins Bett wollte, ekelte sie sich und wurde so wütend,
dass sie den Frosch an die Wand warf, worauf er sich in einen schönen
jungen Prinzen verwandelte {K02h}.
Eine psychologisch sehr interessante Geschichte,
weil eine aggressiv-destruktive, ja mörderische Handlung, eine überaus
positive Lösung erbrachte. Leitmotiv: Versprechen müssen - jedem
gegenüber - gehalten werden. Kriteriendiskussion: {K01h,
K02h, Q01} Da die Geschichte erdacht ist, nur im Geiste und nicht in
der realen Wirklichkeit stattfand {K01h} und zudem unmögliche
{K02h}
Inhalte
enthält, handelt sich ganz klar um eine Phantasie.
Sagen {}
Decker (1972, Hrsg.) beschreibt in Wirklichkeiten, S. 301: "Im
Mittelpunkt der Sage steht ein den Menschen bedrohendes oder seine Selbstverwirklichung
gefährdendes Ereignis. Viele Sagen wirken belehrend; sie zeigen wie
jenseitige „Mächte" die Menschen bestrafen, die von vorgegebenen Normen
abweichen. Bekannt sind viele Götter- und Heldensagen." Meid (1999)
führt S. 460 aus: "Sage, seit den Brüdern Grimm (Deutsche Sagen,
1816-18) Bezeichnung für eine mündliche Erzählung, die -
im Gegensatz zum Märchen einen gewissen Realitätsanspruch erhebt
(»Das Märchen ist poetischer, die Sage historischer«).
Das geschieht dadurch, dass die - schriftlich fixierte - mündliche
Erzählung durch Angaben zu Raum, Zeit und Personen den Anschein erweckt,
die geschilderten Vorgänge seien wirklich geschehen. Das gilt auch
für übernatürliche Begebenheiten. ..."
-
Nibelungen Sage (um 1200) Das Kinderlexikon
fasst zusammen: "Das Nibelungenlied beginnt mit Kriemhild und endet auch
mit ihr. Sie ist die Schwester des Königs der Burgunder, Gunther.
Sie will Siegfried heiraten, den mächtigen Helden, der den Schatz
der Nibelungen hat. Aber König Gunther will die Heirat nicht einfach
so erlauben: Siegfried soll ihm erst dabei helfen, die stolze und starke
Brunhild aus Island zu heiraten.
Wer Brunhild heiraten will, muss schwere Aufgaben
überstehen. Siegfried hat eine Tarnkappe. Wenn er unter diesem Mantel
ist, kann niemand ihn sehen. So hilft er Gunther bei den Aufgaben, und
so kann Gunther Brunhild heiraten. Siegfried wird Kriemhilds Mann. Aber
Königin Brunhild und Kriemhild streiten sich darüber, wer am
Hof von König Gunther wichtiger ist. Kriemhild ärgert sich so
sehr, dass sie verrät: Gunther konnte Kriemhild nur heiraten, weil
Siegfried ihm heimlich geholfen hatte.
Brunhild geht daher zu Hagen, dem grimmigen Diener
von König Gunther. Sie befiehlt ihm, Siegfried zu töten. Hagen
muss seiner Königin gehorchen und bringt Siegfried um, als Siegfried
allein im Wald bei der Jagd ist.
Kriemhild trauert um Siegfried und will Rache. So
heiratet sie ihren zweiten Mann, den König der Hunnen, Attila. Jahre
später lädt sie ihre Familie aus Burgund ein, sie zu besuchen.
Auf einem großen Fest zettelt Kriemhild Streit an. Es kommt zu einem
großen Kampf, am Ende sind fast alle tot." [KLexikon Abruf
18.08.2017]
Kriteriendiskussion: Die Tarnkappe gehört sicher
zu den unwirklichen Elementen {K02h}, wahrscheinlich auch die Geschichte
mit dem Drachenblut. Nachdem die Geschichte erfunden wurde und es sich
um ein literarisches Produkt handelt gilt natürlich ganz allgemein
{K01h}.
Existenzielle
Leitmotive gibt es viele: Kampf, Heldentaten, Stärke, Liebe,
Eifersucht, Freundschaft, Treue ("Nibelungentreue"), Verrat, Rache, ...
-
König Arthurs Tafelrunde, Prinz Eisenherz.
Kinderbuecher {}
-
Struwelpeter von Heinrich Hofmann 1846 für
3-6 Jahre [Online]
{}
1. Geschichte ("Vorspruch")
Wenn die Kinder artig sind,
Kommt zu ihnen das Christkind;
Wenn sie ihre Suppe essen
Und das Brot auch nicht vergessen,
Wenn sie, ohne Lärm zu machen,
Still sind bei den Siebensachen,
Beim Spaziergehn auf den Gassen
Von Mama sich führen lassen,
Bringt es ihnen Gut's genug
Und ein schönes Bilderbuch.
Sieh einmal, hier steht er,
Pfui! der Struwelpeter!
An den Händen beiden
Ließ er sich nicht schneiden
Seine Nägel fast ein Jahr;
Kämmen ließ er nicht sein Haar.
Pfui! ruft da ein jeder:
Garst'ger Struwelpeter. |
Thema des Struwelpeter ist - mit Ausnahme der 5. Geschichte
vom wilden Jäger - das nicht brav sein und die daraufhin
erfolgte Strafe. Die Geschichten haben also einen hauptsächlich erzieherisch-moralische
Funktion. Es sind zwar erfundene {K01h} Geschich- ten {Q01},
aber die meisten haben verbreitete und wirkliche Sachverhalte zum Kern.
Das Leitmotiv lautet: seid brav, sonst werdet ihr bestraft und bekommt
nichts zu Weihnachten.
"Umstrittener Struwelpeter" DF
30.04.2009.
Die 10 Geschichten:
1 Wer artig ist wird Weihnachten beschenkt
2 Die Geschichte vom bösen Friederich
3 Die gar traurige Geschichte mit dem Feuerzeug
4 Die Geschichte von den schwarzen Buben
5 Die Geschichte vom wilden Jäger
6 Die Geschichte vom Daumenlutscher
7 Die Geschichte vom Suppen-Kaspar
8 Die Geschichte vom Zappel-Philipp
9 Die Geschichte vom Hanns Guck-in-die-Luft
10 Die Geschichte vom fliegenden Robert |
Prosa, Erzählungen, Romane ... {}
Hier gibt es Abertausende von Titeln ...
Aus Hesses Phantasien
über die Wolken (1907)
"Bedenken wir, daß die Wolken ein Stück Erde, Materie sind
und ihr irdisches, materielles Leben in der Höhe, in Räumen führen,
wo wir außer ihnen nichts Stoffliches erblicken können, so leuchtet
ihre Symbolik ohne weiteres ein. Sie bedeuten uns ein Weiter-[>77] spielen
des Irdischen im Entrückten {K02h}, einen Versuch der Materie,
sich aufzulösen {K02h, K05h}, eine innige Gebärde {K02h,
K05h} der Erde, eine Gebärde der Sehnsucht nach Licht, Höhe,
Schweben, Selbstvergessen
{K02h, K05h}. Die Wolken sind in der Natur,
was in der Kunst die Flügelwesen, Genien und Engel sind, deren menschlich-irdische
Leiber Flügel haben und der Schwere trotzen {K02h}.
Und schließlich bedeuten uns die Wolken noch ein Gleichnis der
Vergänglichkeit, ein zumeist heiteres, befreiendes, wohltuendes {K02h,
K04h}. Wir sehen ihre Reisen, Kämpfe, Rasten, Feste an und deuten
sie träumend {K02h, K05, Q02}, wir sehen menschliche Kämpfe,
Feste, Reisen, Spiele in ihnen {K02h, K05, Q02}, und es tut uns
wohl und weh zu sehen, wie das ganze und schöne Schattenspiel so flüchtig,
veränderlich, vergänglich ist. (1907)".
Der Beitrag firmiert gewöhnlich als "Feuilleton".
Decker (1972, Hrsg.), S. 303: "Mit Feuilleton bezeichnet man kleine, geistreich
unterhaltende Betrachtungen über Kunst, Theater und Wissenschaft in
Tages- und Wochenzeitungen." Vielleicht sollte man ergänzen, dass
in den Feuilletons auch reichlich Unsinn zu finden ist, wie überhaupt
in der Kunst- und Literaturkritik.
Kriteriendiskussion: Ohne Zweifel handelt sich um ein Literaturprodukt,
daher {K01h}, und, wie an den einzelnen Stellen schon signiert:
{K02h,
K04h, K05h} und als besondere Quelle wird noch auf das Träumen
{Q02}
verwiesen.
Die Materie versucht {K02h, K05h} natürlich nichts, sie ist
kein Natursubjekt. Und es gibt auch keine "Gebärden" der Erde {K02h}.
Zu den Wolkenspielen passend ist hier viel Projektion am Werk {K05h}.
Lieutenant Gustl langweilt sich (Schnitzler
1901) {K06h, Q01}
„Wie lang' wird denn das noch dauern? Ich muß auf die Uhr schauen...
schickt sich wahrscheinlich nicht in einem so ernsten Konzert. Aber wer
sieht's denn? Wenn's einer sieht, so paßt er gerade so wenig auf,
wie ich, und vor dem brauch' ich mich nicht zu genieren... Erst viertel
auf zehn?... Mir kommt vor, ich sitz' schon drei Stunden in dem Konzert.
Ich bin's halt nicht gewohnt... Was ist es denn eigentlich? Ich muß
das Programm anschauen... Ja, richtig: Oratorium! Ich hab' gemeint: Messe.
Solche Sachen gehören doch nur in die Kirche! Die Kirche hat auch
das Gute, daß man jeden Augenblick fortgehen kann. – Wenn ich wenigstens
einen Ecksitz hätt'! {K04h} – Also Geduld, Geduld! Auch Oratorien
nehmen ein End'! Vielleicht ist es sehr schön, und ich bin nur nicht
in der Laune. Woher sollt' mir auch die Laune kommen? Wenn ich denke, daß
ich hergekommen bin, um mich zu zerstreuen. ...“
Quelle: Erster Absatz aus Schnitzlers Novelle „Lieutenant
Gustl“, erschienen 1901 im Verlag S. Fischer (Berlin). Zitiert das Dissertation
Braun (2010).
Es wird ein Bewusstseinsstrom
{K06h} geschildert, der die Langeweile mangels Hingabe zum Thema
hat.
Kafka:
Die Verwandlung > Theater.
Science Fiction
Meid (1999), S. 475 : "Science Fiction, Form der phantastischen Literatur,
die das Phantastische als denkbare Möglichkeit - in fernen Zeiten
oder Welten - rational oder pseudorational zu begründen sucht. Der
Begriff SF setzte sich in den 30er-Jahren des 20. Jh.s in den USA durch
und löste nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland ältere Bezeichnungen
wie 'Zukunftsroman' oder 'technische Utopie' ab. Anders als die >Utopie
zielt SF nicht - oder nur ausnahmsweise - auf Gesellschaftskritik. SF verwendet
die gängigen Muster des Abenteuer- und Spannungsromans und verbindet
sie mit einem Repertoire spezifischer Motive und Themen (Zukunft, Zeitreisen,
Weltraum, fremde Welten, Weltkatastrophen, interplanetarische Kriege, Invasionen
aus dem Weltraum, Telepathie, fremde Intelligenzen, Roboter usw.)" Kriteriendiskussion:
In der Regel sollten {K01h, K02h, K03, K07m} erfüllt sein.
Theater
-
Kafka Die Verwandlung.
Kriteriendiskussion: {K01h, K02h, K03h, K04h, K05h, K06h, K08m}
-
Traumfahrer (Spielzeit
2008/09 Theater Erlangen)
Bildende Kunst
Vorstellung Bodensee {}
Ich stelle {K08m} mir den Bodensee vor und lasse in meiner Vorstellung
ein Segelboot von einem Ufer zum anderen fahren. {K01h} Die Phantasie
könnte aus einem freien Bewusstseinsstrom stammen {K06?}. Warum
Phantasie und nicht nur Vorstellung? Die einzelnen Teile "Segelboot, Ufer,
fahren" sind einfache Vorstellungen. Kriteriendiskussion: Zur Phantasie
werden diese Vorstellungen durch den virtuellen Geschehensablauf, der im
Zeitraum der Vergegenwärtigung nicht wirklich sein kann, wie ja schon
die Formulierung "ich stelle mir vor ..." zum Ausdruck bringt. Da das Geschehen
im Geist und nicht in realen Wirklichkeit spielt, ist {K01h} zu
signieren.
Flug über das Frankenland
{}
Ich fliege über das Frankenland, staune und erfreue mich an der
Schönheit der Landschaften. Wenn ich das tatsächlich tue, in
einem Ballon oder Flugzeug, ist es natürlich keine Phantasie. Wenn
ich es mir im Lehnstuhl vorstelle, ist es eine Phantasie, erst recht, wenn
ich mich selbst in die Luft erhebe und den Flug ohne Hilfsmittel selbst
durchführe {K01h, K02h}.
Überlegungen oder Phantasien zu potentiellen
Vortragsstörungen {}
Ich frage mich, wie es wäre, wenn ich auf dem Deutschen Verkehrsgerichtstag
einen Vortrag über "Unerträgliche Fehler in MPU-Gutachten" halten
würde? Mit welchen Schwierigkeiten, Behinderungen und Störungen
müßte ich rechnen? Wie könnte ich denen begegnen? Spontan
komme ich zu folgenden Signierungen: {K01h, K07m}, weil ein zukünftiges
mögliches Geschehen vergegenwärtigt wird.
Aber ist das richtig? Ist das eine Phantasie oder
nicht eher eine vorausschauende Überlegung, ein Planspiel? Was unterscheidet
dann eine vorausschauende Überlegung, also denken, von einer Phantasie?
Denken
heißt geistige Modelle bilden oder zueinander in Beziehung setzen.
Stimmt das nicht auch für die Phantasie? Dann hätte die Denkdefinition
vielleicht einen Mangel. Das war jetzt DENKEN und nicht phantasieren.
Wie ist es, tot zu sein?
{}
Kann man sich das vorstellen? Diese Untersuchung ist natürlich
leicht, weil ich sie selbst - wie andere auch - durchführen kann.
Ich kann denken "ich bin tot" und "wie ist das"? {K01h, K02h, K07m}
Das
sollte besonders leicht sein, wenn man schon Tote gesehen hat, wenngleich
es natürlich schon ein wenig makaber anmutet und es anders ist, sich
selbst tot zu "sehen", weil man in der Regel leben will, gern lebt und
den Tod gerne wegschiebt. Die Vorstellung ist auch anschaulich kein Problem,
sich etwa aufgebahrt liegen sehen, aber es auch eine abstrakte Phantasie
möglich.
Francois Villon (1431-?) stellte sich seinen Tod vor, sonst hätte
er die Ballade "Notwendige Nachschrift, mein Begräbnis betreffend"
[Online]
nicht geschrieben.
Eine Nonsensgeschichte {}
Neulich musste X sein Auto über das Schwimmbad tragen {K01h,
K02h, K03h}, wobei er ausgerutscht ist und ins inzwischen gewandelte
{K02?,
K03h} Auto-Uboot fiel. Der Bademeister reichte {K01h, K03h} dem
Auspuff ein Handtuch, aber der Auspuff schüttelte mit dem Vergaser
das Loch {K01h, K03h} und wollte {K01h, K02h, K03h}
lieber
ein Eis, am liebsten ein in olivenölgebadetes und leichtem Senfcurry
{K01h,
K02h, K03h}. Der Delphin lag in der Hängematte und wackelte auf
und nieder {K01h, K03h}. Die Polizei kam, erklärte sich aber
für nicht zuständig und verwies auf das Marineministerium im
Indischen Ozean {K01h, K02h, K03h}, der aber gerade von einem Heer
von Pumpschmetterlingen {K01h, K02h, K03h} aus Südafrika abgesaugt
wurde. Andererseits, wandte der Staatsanwalt ein, gäbe es doch gar
kein Marineministerium im Indischen Ozean. Nun ja, das dafür zuständige
halt, erklärt der Friseur des Bademeisters, der die Schwägerin
des Polizisten von der Insel Europostel {K01h, K02h}
kannte. Es
näherte sich tänzelnd und singend ein Eskimo oder Lapplandtürke
{K01h,
K02h, K03h} mit einem Schlittschuhbart
{K01h, K02h, K03h}. Da
musste der selbst der herbeigerufene Pfarrer lachen. Immerhin, er lachte
auf lateinisch.
Eine ziemlich närrische Phantasie, aber vielleicht
für das Signieren eine gute Übung. Denn die Kriterien sollten
sich schließlich auf alle Sachverhalte anwenden lassen.
Ein Krönich, sein Pfolk
und der Unger {} Wiederholungen werden nicht erneut signiert.
"Vor schwanger {K02h, K03h} Zeit lähmte {K02h, K03h}
ein
Krönich {K02h, K03h} in seinem Schoß {K02h, K03h}.
Er war bei seinen Muntertanen {K02h, K03h} sehr bediebt
{K02h,
K03h} und einmal Po {K02h, K03h} Ja {K02h, K03h}
gab
er für sie ein Fresst {K02h, K03h}, für das immer lausende
{K02h,
K03h} Wildscheine geschlechtet {K02h, K03h} wurden. Am zäunten
{K02h,
K03h} Popember {K02h, K03h} des Jahres kreuzenhundertheilundscheißich
{K02h,
K03h} sprach der Krönich zu seiner Pfau {K02h, K03h}: Mir
geht es heute nicht so Hut {K02h, K03h}, ich möchte das Fresst
auffallen {K02h, K03h} lassen. Die Pfau schaute in den Igel
{K02h,
K03h} und klemmte {K02h, K03h} sich ihre länglichen
{K02h,
K03h} Haare, die in der Tonne {K02h, K03h} wie Grollt
{K02h,
K03h} schwimmerten {K02h, K03h}. Dabei brach {K02h, K03h}
sie
zum Krönich: „Mein dieber Namm {K02h, K03h}, ja-ein
{K02h,
K03h}, ja-aus {K02h, K03h} hast du dein Pfolk
{K02h, K03h}
beklont
{K02h,
K03h} mit einem Fresst, obwohl deine Muntertanen immer so fech {K02h,
K03h}
waren.“ Auf diese Meise
{K02h, K03h}
setzte die Hönigin
{K02h,
K03h}
ihrem Namm einen Fluor
{K02h, K03h}
ins Ohr. Die Belohner
{K02h,
K03h} des ganzen Lindes {K02h, K03h}
wurden sehr Möse
{K02h,
K03h}
auf den Krönich, als sie erbfuhren
{K02h, K03h},
dass sie in diesem Ja würden lungern
{K02h, K03h} müssen.
Doch im Schoß wohnte auch eine junge Inszestin
{K02h, K03h},
die mit einem Fosch
{K02h, K03h} verayrantet
{K02h, K03h} werden
musste und deshalb wuchs der ganze Prallast
{K02h, K03h} mit Hosen
{K02h,
K03h}
und Zornen {K02h, K03h} zu. Wunderte {K02h, K03h} junge
Rinzen
{K02h, K03h}
blieben da dran hengen {K02h, K03h} und
verursteten
{K02h, K03h}. Sie starksten {K02h, K03h} in der
Zornenkäcke
{K02h, K03h} wie Badheenchen {K02h, K03h} am
Schieß
{K02h, K03h}. Das Pfolk ernährte sich von ihrem
Feisch {K02h, K03h} und so überklebten
{K02h, K03h} alle
die Hummersperiode
{K02h, K03h}." [Abruf
11.08.2017]
Charakteristisch für diesen Text sind die zahlreichen
Wortneubildungen
(Neologismen). Zu dem Text assoziiere ich Dada-anmutende, wörtliche
Verballhornung. Man weiß aber meist, was gemeint ist. So stellt sich
die interessante Frage, was ist "schwanger Zeit", ein "Krönich", "in
seinem Schoß"? So wie ich es lese: Vor langer Zeit lebte ein König
in seinem Schloss. "lange Zeit" mit "schwanger Zeit" umzuschreiben erfordert
Phantasie. "Schoß" ist zwar vom Wort keine Neubildung, aber in der
Bedeutung. Normalerweise behält dieser Nonsenstext seine Verballhornungen
bei. Es gibt aber eine Abweichung, nämlich bei Hunger, der
zunächst - im Titel mit Unger, einmal - als Verb - mit "lungern" und
unten mit "Hummer..." verballhornt wird.
Ausflug ins Naturgartenbad
{}
Als wir vor einiger Zeit im Naturgartenbad in Erlenstegen (Stadtteil
in Nürnberg) waren, lagen wir schräg am Hang, was sich nach einiger
Zeit körperlich bemerkbar machte. Ich sehe {K01h, K06h?, K08}
uns da liegen. Es war ein schöner Sommertag und wir waren auch ein
paar mal im Wasser. Wäre es nicht schön, diesen Ausflug gelegentlich
zu wiederholen?
{K04h}
Kriteriendiskussion: Es ist nicht klar, ob das Beispiel
dem freien Bewusstseinsstrom entspringt, obwohl es danach aussieht. Daher
wurde {K06h?} mit Fragezeichen signiert. Das "ich sehe" ist natürlich
ohnehin wie das ganze Beispiel ein {K01h} aber auch ein {K08},
das nach Konstruktion nicht zwingend zur Prädikation Phantasie führen
muss, wie auch Folgendes nahelegt: Die Überlegung, den Ausflug zu
wiederholen, spiegelt eine Wunschphantasie {K04h} wider. Das ist
ein schönes Beispiel dafür, dass eine Phantasien nicht unbedingt
anschaulich sein muss. Hier wissen wir es nicht genau, da darüber
nichts gesagt wird. Nehmen wir an, ich gehe im Geiste {K01h}
den
Kalender durch und frage mich, wann es passen könnte, sofern das Wetter
stimmt? dann ist auch das eine Phantasie. Man kann aber auch sagen,
es ist auch Planung. Damit stellt sich die Frage des Verhältnisses
von Planung und Phantasie.
Im Moment scheint es, als ob es Planungen gibt, die auch als Phantasien
anzusehen sind und dass es Phantasien gibt, die auch Planungen ausdrücken.
Das kann, muss aber nicht so sein.
Phantasien um einen Lottogewinn {}
Quelle Psychologie heute 07/2011 "Unser persönliches Paralleluniversum
Das wohl verbreitetste Gedankenspiel ist das vom Gewinn des Lotto-Jackpots
{K01h}:
Welchen Wunsch {K04h, K07m} würde ich mir als ersten erfüllen?
Die Villa am Meer, die Stadtwohnung in Paris, das Traumauto? Würde
ich eine Weltreise machen? Wer kriegt was vom Geld ab? Ist es ratsam, anderen
vom Gewinn zu erzählen? Soll ich den Job hinschmeißen – oder
erst mal ganz normal weitermachen? Wer seine Wünsche so spazieren
führt, befindet sich in einem geistigen Modus, den wir in seiner Häufigkeit
und Bedeutsamkeit immer noch gewaltig unterschätzen: in einem Tagtraum
{K01h}.
Bei diesen Ausflügen in die Fantasie begegnen wir uns selbst: Sag
mir, was du dir wünschst, und ich sage dir, wer du bist!"
Kriteriendiskussion: Diese Phantasie dürfte
unter Lottospielern recht verbreitet sein und ist geradezu typisch für
Wunschphantasien {K04h} kombiniert mit Zukunftsphantasien {K07m}.
Die Schlussfolgerung von Psychologie heute "Sag mir, was du dir wünschst,
und ich sage dir, wer du bist!" ist in seiner Allgemeinheit natürlich
falsch und selbst eine Phantasie, denn der Mensch besteht natürlich
nicht nur aus seinen Wünschen.
C.G. Jungs
erste aktive Imagination 1913 {}
Ammann (1984), S. 9f schildert die Methode: "Ausgangspunkt der aktiven
Imagination ist das Unbewußte, wie es sich gerade manifestiert, die
aktuelle seelische Konstellation: ein Bild, eine Phantasie, eine Stimme,
ein Traum, eine (obsedierende) Melodie, eine Stimmung, ein Affekt, eine
Emotion, ein deprimierter oder sonstwie gestörter Gemütszustand.
Der Imaginierende konzentriert sich auf ein seelisches Phänomen,
zum Beispiel auf ein Bild, nachdem er sich «leer» gemacht,
das heißt, die nicht dazugehörigen Einflüsse abgeschaltet
hat. Er darf sich durch nichts ablenken lassen. Nichts von außen,
das nicht dazugehört, darf her-[>10] eingelassen werden. Der Umkreis
des Objektes darf nicht verlassen werden. «Das Gefäß muß
wohl verschlossen sein», sagen die Alchemisten (vas bene clausum).
Der Imaginierende muß am Bilde festhalten und warten, bis es sich
von selbst wandelt. Er beobachtet das Bild eingehend und genau, wie es
sich entfaltet und zu verändern beginnt. Auf Grund einer spontanen
Assoziation wird sich jedes seelische Bild, früher oder später,
umgestalten [FN8]. Nun kommt der entscheidende Schritt: der Imaginierende
geht selbst ins Bild hinein. Er handelt mit, entsprechend der gegebenen
Situation. Er spricht mit, wenn auftretende Personen die Möglichkeit
zum Sprechen bieten. Am einfachsten und natürlichsten geht der Imaginierende
von einer Traumsituation aus, die unbefriedigend blieb, die unvollständig
oder ungelöst abbrach."
Ammann, A. N. (1984) berichtet S. 36 C. G. Jungs
erste aktive Imagination 1913: "Es war in der Adventszeit des Jahres 1913
als ich mich zum entscheidenden Schritt entschloß (12. Dezember).
Ich saß an meinem Schreibtisch und überdachte noch einmal meine
Befürchtungen {K01h}, dann ließ ich mich fallen {K01h}.
Da war es mir, als ob der Boden im wörtlichen Sinne unter mir nachgäbe
und als ob ich in eine dunkle Tiefe sauste {K01h, K02h}. Ich konnte
mich eines Gefühls von Panik nicht erwehren {K01h}. Aber plötzlich
und nicht allzu tief kam ich in einer weichen, stickigen Masse auf die
Füße zu stehen - zu meiner großen Erleichterung {K01h,
K02h}. Jedoch befand ich mich in einer fast völligen Finsternis.
Nach einiger Zeit gewöhnten sich meine Augen an die Dunkelheit, die
nun einer tiefen Dämmerung glich {K01h}. Vor mir lag der Eingang
zu einer dunkeln Höhle {K01h, K08m}, und dort stand ein Zwerg
{K01h,
K02h, K08m}. Er erschien mir wie aus Leder, so als ob er mumifiziert
wäre {K01h, K02h, K08m}. Ich drängte mich an ihm vorbei
durch den engen Eingang und watete durch knietiefes, eiskaltes Wasser zum
anderen Ende der Höhle {K01h, K02h, K08m}. Dort befand sich
auf einem Felsband ein roter, leuchtender Kristall {K01h, K08m}.
Ich faßte den Stein, hob ihn auf und entdeckte, daß darunter
ein Hohlraum war {K01h, K08m}. Zunächst konnte ich nichts erkennen,
aber schließlich erblickte ich strömendes Wasser in der Tiefe
{K01h,
K08m}. Eine Leiche schwamm vorbei {K01h, K08m}, ein Jüngling
mit blondem Haar, am Kopf verwundet {K01h, K08m}. Ihm folgte ein
riesiger schwarzer Skarabäus{K01h,
K02h, K08m}, und dann erschien, aus der Wassertiefe auftauchend, eine
rote, neugeborene Sonne {K01h, K02h, K08m}. Geblendet vom Licht,
wollte ich den Stein wieder auf die Öffnung legen, da drängte
sich jedoch eine Flüssigkeit durch die Öffnung {K01h, K02h,
K08m}. Es war Blut! Ein dicker Strahl sprang auf, und ich empfand Übelkeit
{K01h,
K02h, K08m}. Der Blutstrom währte, wie mir schien, unerträglich
lange. Endlich versiegte er, und damit war die Vision {K01h, K02h, K08m}
zu
Ende."
Kriteriendiskussion: Diese Phantasie {K01h} Jungs,
so sie denn so stattfand, ist mit sehr starken Gefühlen und archetypischen
Bildern (z.B. "Blut", "Höhle", "Licht", "Sonne", "Tiefe", "Wasser",
"Zwerg"), die sehr anschaulich {K08m} geschildert werden, durchsetzt.
Es finden sich auch eine Reihe tatsächlich unwirklicher Elemente {K02h}.
Psychologisch beeindruckt diese Schilderung durch seine imaginative
Kraft. Jung selbst deutet, S. 37: "Ich war von den Bildern aufs tiefste
bestürzt. Natürlich sah ich, daß die piece de resistance
ein Helden- und Sonnenmythus war, ein Drama von Tod und Wiedererneuerung.
Die Wiedergeburt war verdeutlicht durch den ägyptischen Skarabäus.
Am Ende hätte der neue Tag folgen sollen. Statt dessen kam der unerträgliche
Blutstrom, ein durchaus abnormes Phänomen, wie mir schien. Da fiel
mir aber meine Blutvision vom Herbst desselben Jahres ein, und ich gab
jeden weiteren Versuch zu verstehen auf.» [FN40]"
Eine zweite närrische
Geschichte {}
Zwei Gauner tanzten {K01h} eine vergebliche {K02} Peschmerga
, während ein Grizzly gerade seine Jungen bekam {K01h}. Das
war keine gute Zeit und gute Gegend seufzte Marie {K01h}, eine Honigsummenmaus
{K02h}
aus
der Wüste 3 {K02h}. Komm, gehen wir, sprach Estragon
{K01h}.
Aber, wie bekannt, sie rührten sie sich nicht vom Fleck. Das verstand
auch der Zwiebelkuchen {K02h}.
In Gedanken am Meer {}
In Gedanken {K01h, K06h} bin ich am Meer, laufe über eine
Düne hinunter {K08m?} und nähere mich dem Strand und den
Wellen, die im Strand versickern und sich anscheinend wieder zurückbilden
{K01h}.
Kriteriendiskussion: Es ist nicht ganz klar, ob
diese Phantasie anschaulich vergegenwärtigt wird, obwohl es naheliegt.
Kann man so etwas auch denken, also abstrakt phantasieren?
Lesebeispiel aus dem letzten Kapitel von James Joyce Ulysses
(Molly
bewusstseinsströmt
ca. 80 Seiten lang ohne Punkt und Komma im Bett so vor sich hin: unbearbeitetes
Originalzitat hier).
Zur
besseren Analyse wird der Text in numerierte Textelemente aufgeteilt:
{}
[1]. "... lieber die Lampe bißchen runterdrehn
{K01h,
K04h, K06h, K07m?} [2] und nochmal versuchen {K01h, K04h, K06h,
K07m?}
[3] daß [>1012] ich früh auch aus den Federn komme
{K01h,
K04h, K06h,}
[4] ich werde zu Lambe gehn da neben Findlater
{K01h,
K04h, K06h, K07m}
[5] daß sie uns paar Blumen schicken die ich
in der Wohnung aufstellen kann {K01h, K04h, K06h, K07m?} [6] für
den Fall daß er ihn morgen mit nach Hause bringt [7] heute meine
ich nein nein Freitag ist ein Unglückstag {K01h, K02h, K06h,}
[8]
zuerst will ich mal etwas sauber machen in der Wohnung {K01h, K04h,
K06h, K07m} [9] ich glaube der Staub wächst {K02h, K06h,}
sogar
während ich am schlafen bin [10] dann können wir etwas musizieren
und Zigaretten rauchen {K01h, K06h,, K07m} [11] ich kann ihn begleiten
{K01h,
K06h, K07m} [12] aber zuerst muß ich noch die Tasten vom Klavier
säubern mit Milch {K01h, K04h, K06h, K07m} [13] was zieh ich
denn an soll ich eine weiße Rose tragen
{K01h, K06h, K07m} [14]
oder haltmal diese schönen Kuchen bei Lipton {K01h, K06h} [15]
also ich liebe ja diesen Duft {K01h, K06h} in einem reichen großen
Laden {K01h, K06h} zu 7 1/2d das Pfund oder die andern mit den Kirschen
drin {K01h, K06h} und der rosa Zucker
{K01h, K06h}
11d das
Kilo [16] und natürlich eine schöne Topfpflanze {K01h, K06h}
für
mitten auf den Tisch {K01h, K06h, die krieg ich doch billiger bei
Moment wo war das doch ich hab sie doch kürzlich erst gesehn {Erinnerungsproblem}
noch
ich liebe ja Blumen am liebsten hätt ich die ganze Wohnung täte
in Rosen schwimmen {K01h, K06h} [17] Gott im Himmel es geht doch
nichts über die Natur die wilden Berge dann das Meer und die Wellen
wie sie am rauschen sind und das schöne Land mit Hafer und Weizenfeldern
und allen möglichen Sachen und das ganze schöne Vieh am weiden
das täte einem so richtig gut mal wieder Flüsse zu sehen und
Seen und Blumen alle möglichen Formen und Düfte und Farben sogar
in den Gräben sprießen die überall Schlüsselblumen
und Veilchen {K01h, K06h, K08m?}
[18] das ist die Natur und wenn
die sagen es gibt keinen Gott dann kann ich bloß sagen ich pfeif
auf ihre ganze Gelehrsamkeit wieso gehn sie nicht hin und schaffen selber
mal was hab ich ihn oft schon gefragt diese Atheisten oder wie die sich
nennen solln doch erstmal vor ihrer eigenen Haustür kehren aber dann
heulen sie nach dem Priester wenns ans sterben geht und warum ja warum
weil sie Angst vor der Hölle haben wegen ihrem schlechten Gewissen
ah ja mir machen die nichts vor wer war denn das erste Wesen im Weltenraum
bevor daß sonst jemand da war der alles geschaffen hat wer denn ah
das wissen sie nicht genau so wenig wie ich da sitzen sie da sie könnten
[>1013] ebenso gut versuchen daß sie die Sonne am aufgehn hindern
morgen früh {Erregung über Atheisten, Gottes"beweis" durch
die Schöpfung: K01h, K02h, K06h} [19] die Sonne die scheint für
dich allein hat er damals gesagt an dem Tag wo wir unter den Rhododendren
lagen oben auf dem Howth in dem grauen Tweedanzug und mit dem Strohhut
an dem Tag wo ich ihn so weit kriegte daß er mir den Antrag gemacht
hat ja zuerst hab ich ihm ein bißchen von dem Mohnkuchen aus meinem
Mund gegeben und es war Schaltjahr wie jetzt ja vor 16 Jahren mein Gott
nach dem langen Kuß ist mir fast die Luft ausgegangen ja er sagte
ich wäre eine Blume des Berges ja das sind wir alle Blumen ein Frauenkörper
ja da hat er wirklich mal was Wahres gesagt in seinem Leben und die Sonne
die scheint für dich allein heute {Erinnerungen, K06h, K08m?} [20]
ja deswegen hab ich ihn auch gemocht weil ich gesehn hab er versteht oder
kann nachfühlen was eine Frau ist {Erinnerungen, K06h, K08m?} [21]
und ich hab auch gewußt ich kann ihn immer um den Finger wickeln
{K02h,
K06h} und da hab ich ihm die ganze Lust gegeben die ich konnte und
hab ihn so weit gebracht daß er mich gebeten hat ja zu sagen und
zuerst hab ich gar keine Antwort gegeben hab bloß so rausgeschaut
aufs Meer und über den Himmel ich mußte an so viele Sachen denken
von denen er gar nichts wußte {Erinnerungen, K06h,}
..."
Kriteriendiskussion: Ein schönes Textbeispiel
für die Literatur des Bewusstseinsstromes,
aber eine Herausforderung für die Phantasieanalyse! Da es sich um
Literatur handelt gilt obligatorisch {K01h}, wie auch {K06h},
wenn man anerkennt, dass es sich um
einen freien Bewusstseinsstrom handelt. Denn streng nach der Prädikationsregel
K06-Frei
sind Äußerungen des freien Bewusstseinsstroms Phantasien und
werden mit {K06h} signiert. Es sind fast alle Kriterien bis
auf {K03h, K05h} erfüllt, nämlich: {K01h, K02h, K04h,
K06h, K07m?, K08m?}.
Aus Dada und Surrealismus:
Dada-Manifest 1916 {}
"Als er [Hugo Ball] sein Dada-Manifest am 14. Juli 1916 vortrug, teilte
er dem staunenden Publikum mit: «Wie erlangt {K07m} man die
ewige Seligkeit? Indem man Dada sagt {K01h, K02h, K03h}. Wie wird
{K07m}
man
berühmt? Indem man Dada sagt {K01h, K02h, K03h}. Mit edlem
Gestus und mit feinem Anstand. Bis zum Irrsinn, bis zur Bewusstlosigkeit.
Wie kann man alles Aalige und Journalige, alles Nette und Adrette, alles
Vermoralisierte, Vertierte, Gezierte abtun? Indem man Dada sagt {K01h,
K02h, K03h}. Dada ist die Weltseele {K01h, K02h, K03h}, Dada
ist der Clou, Dada ist die beste Lilienmilchseife
{K01h, K02h} der Welt. Dada Herr Rubiner, Dada Herr Korrodi,
Dada Herr Anastasius Lilienstein.» [Quelle: https://www.nzz.ch/feuilleton/100-jahre-dada/dada-geschichten-ii-was-bedeutet-dada-ld.5073]
Kriteriendiskussion: Da es sich um Kunst bzw. Literatur
handelt gilt {K01h, Q01}. Es werden einige unrealistische Behauptungen
aufgestellt, die zur Signierung von {K02h} führen. Und "Dada"
ist schließlich eine Neubildung
(Neologismus) {K03h} - jedenfalls in der Bedeutung [zur Begriffsgeschichte
Wikipedia].
Der Bericht selbst ist keine Phantasie, sondern eben ein Bericht über
künsterlisch-literarische Phantasien der Dadaisten.
Aus Dalis Unabhängigkeitserklärung
der Phantasie und Erklärung
der Rechte des Menschen auf seine Verrücktheit. [1939].
{}
"Nur Heftigkeit und Dauer eures gestählten Traumes können
der furchtbaren mechanischen Zivilisation widerstehen, die euer Feind und
der Feind des »Lustprinzips« aller Menschen ist. Ein Mann hat
das Recht, Frauen mit ekstatischen Fischköpfen {K01h, K02, K03h}
zu
lieben. Ein Mann hat das Recht, lauwarme Telefone ekelhaft zu finden und
Telefone zu fordern, die so kalt, grün und aphrodisisch sind [<290]
wie der von Gesichten heimgesuchte Schlaf der spanischen Fliegen {K01h,
K02h, K03h, K5h}. Telefone, die so barbarisch sind wie Flaschen,
werden sich von der lauwarmen Verzierung der Louis-XV.-Löffel befreien
und langsam die Bastarddekorationen unserer milde verblaßten Dekadenz
mit eisigem Schamgefühl bedecken {K01h, K02h, K03h}.
Der Mensch hat das Recht, den Schmuck einer Königin
als »Lustobjekte« für sich zu fordern: Kostüme für
seine Möbel! für seine Zähne! selbst für Gardenien!
Handbestickte Kissenbezüge werden die außerordentliche Empfindlichkeit
von »Kalbslungeneisenbahnschienen« {K01h, K02h, K03h} schützen,
bei der Herstellung von Automobilen wird {K01h, K03h, K07m} man
buntes Glas mit persischen Mustern einführen, um das häßliche,
rohe Tageslicht der Landschaften fernzuhalten . Die Farbe alten Absinthes
wird {K01h, K07m} das Jahr 1941 beherrschen. Alles wird grünlich
sein {K01h, K07m}. »Grün, ich will dich grün«
— grünes Wasser, grüner Wind, grünes Hermelin, grüne,
vom Schlaf geschwellte Eidechsen, die die grüne Haut, die blendenden
Dekolletés {K01h, K02h, K03h, K07m} der Schlaflosigkeit entlanghuschen,
grüne Silberplatte, grüne Schokolade, grün die Elektrizität,
die im Todeskampf das lebendige Fleisch der Bürgerkriege versengt,
grün das Licht meiner Gala! {K01h, K02h, K03h, K07m}"
Kriteriendiskussion: Nachdem es sich um einen literarisch-künstlerischen
Text handelt, gilt {K01}. Insgesamt könnte man auch ein {K04h}
vergeben,
wenn man unterstellt, dass Dali sich wünschte, dass die Menschen seinen
Phantasien folgen. Unklar ist, ob die Beschreibungen von Anschauungen begleitet
werden, also {K08m?} und ob sie einem freien Bewusstseinsstrom {K05h}
entstammen.
Simone Kahns erste Begegnung mit Breton
{}
"Simone Kahn: "Im Parc du Luxembourg schien die Sonne, als ich die
drei Freunde ansprach. Breton war ein etwas bleicher und magerer junger
Mann, der trotz seiner schlechten finanziellen Situation eine gewisse Eleganz
wahrte. "Sie müssen wissen, ich bin kein Dada", sagte ich ihm von
vorneherein. "Ich auch nicht", gab er zurück, mit diesem Lächeln,
das er sein Leben lang beibehalten sollte, wenn er sich von seinen eigenen
doktrinären Vorgaben distanzierte. Er ist eine ganz eigenwillige Dichterpersönlichkeit,
hingerissen vom Außergewöhnlichen und Unmöglichen. Ein
rechtes Maß an Unausgeglichenheit, zusammengehalten durch einen scharfen,
selbst im Unbewussten wirkenden Verstand, eindringlich, mit einer unbestreitbaren
Originalität. Äußerste Schlichtheit und Aufrichtigkeit
noch im Widerspruch." Quelle: André Breton und der Surrealismus,
Deutschlandfunk 20.02.2016.
Kriteriendiskussion: Das ist ein Bericht,
der nur als literarisches Produkt eine Phantasie repräsentieren könnte.
Es spricht indessen mehr dafür, ihn als Bericht zu qualifizieren.
Also keine Phantasie.
Paul Eluard Galas
erster Ehemann {}
"'Wir sind nie wirklich getrennt gewesen' {K04h} ... Hauptthema
allerdings ist die Liebe, in der Korrespondenz wie in der Poesie Eluards,
jedenfalls der frühen: "Es gibt kein Leben" {K02h}, so der
Briefschreiber im März 1929, "es gibt nur die Liebe." {K01h}
Und auf derselben Seite: "Ohne die Liebe ist alles für immer verloren,
verloren, verloren."" Quelle: DER SPIEGEL 9, 1985 "Nur die Liebe Leidenschaftliche
Briefe des Dichters Paul Eluard an seine Frau Gala, die ihn wegen Dali
verließ, sind in Paris veröffentlicht worden." [Online]
Kriteriendiskussion: Die Klassifikation ist nicht
ganz einfach, weil hier eine Lebenseinstellung, eine Wertideologie (>werten
und phantasieren) vorliegt. Es wird eine alles beherrschende Überwertigkeit
der Liebe ausgedrückt. So stellt sich die Frage, warum eine
tiefgreifende Werteinstellung auch eine Phantasie sein soll? Insofern darin
ein Ideal oder ein Lebensimperativ ausgedrückt wird, kann es wohl
als Phantasie {K04h} signiert werden, weil es nicht real verwirklicht
ist. Nimmt man den Satz "Wir sind nie wirklich getrennt gewesen", obwohl
sie ihn schon beinahe 20 Jahre zuvor verlassen hatte." so stellt auch dieser
ziemlich sicher eine Wunsch-Phantasie Eluards dar.
Aus Thomas Morus Utopia {}
"Der Verkehr der Utopier untereinander ... Jede Stadt zerfällt
in vier gleiche Teile. In der Mitte eines jeden befindet sich ein Markt
für alle Arten von Waren. Dorthin schafft man die Arbeitserzeugnisse
einer jeden Familie in bestimmte Häuser, und die einzelnen Warengattungen
sind gesondert auf Speicher verteilt. Jeder Familienvater verlangt dort,
was er selbst und die Seinen brauchen, und nimmt alles, was er haben will,
mit, und zwar ohne Bezahlung und überhaupt ohne jede Gegenleistung
{K02h}.
Warum sollte man ihm nämlich auch etwas verweigern? Alles ist ja im
Überfluß vorhanden {K02h}, und man braucht nicht zu befürchten,
daß jemand die Absicht hat, mehr zu verlangen
{K02h}, als
er braucht. Denn warum sollte man annehmen, es werde jemand über seinen
Bedarf hinaus fordern, wenn er sicher ist, daß es ihm niemals an
etwas fehlen wird? Werden doch bei jedem Lebewesen Habsucht und Raubgier
durch die Furcht vor Mangel hervorgerufen und beim Menschen allein außerdem
noch durch Stolz, da er es sich zum Ruhme anrechnet, durch ein Prahlen
mit überflüssigen Dingen die anderen zu übertreffen; für
diese Art Fehler ist in den Einrichtungen der Utopier überhaupt kein
Platz. {K02h}" [Quelle PG https://gutenberg.spiegel.de/buch/utopia-1321/8]
Kriteriendiskussion: Im wesentlichen ist hier {K01h,
K02h} zu signieren. Zu erwägen wären noch Wunschphantasien
{K04h}
und
{K07m}
als
Zukunftsvision, {K01h} weil es nur im Geiste vorgestellt und nicht
reale Wirklichkeit repräsentiert.
Eine spontane Imagination nach Leuner
(1985), S. 45 {}
"Die junge Kollegin arbeitet in einem Krankenhaus. Im Nachtdienst nimmt
sie einen Patienten auf, der einen vital bedrohlichen Kreislaufkollaps
hat. Vor der Trage des Patienten stehend, muß sie in akuter Not entscheiden,
was zu geschehen hat. Fieberhaft überlegt sie, was diagnostisch in
Frage kommt und was sie zunächst verordnen muß. Um sich besser
konzentrieren zu können, schließt sie für einige Momente
die Augen. Da erscheint vor den geschlossenen Lidern deutlich das Bild
einer Landschaft, die von einem breiten Strom überschwemmt wird. Das
Wasser steigt in beängstigender Weise höher und höher. Seine
Massen überfluten Wiesen und Felder, fließen in die Häuser
hinein, und schließlich versinkt alles in den Fluten: Bäume,
Häuser und die ganze Landschaft {K01h, K08m}. Hinterher wundert
sie sich selbst über diese blitzschnell abgelaufene Imagination. Sie
versteht sie als Ausdruck ihrer inneren Erregung, die sie selbst nur andeutungsweise
gespürt hat, glaubte sie sich doch nüchtern und gefaßt,
in ärztlicher Routine handelnd. Nachdem sich der Zustand des Patienten
später gebessert hat, schließt sie instinktiv - gewissermaßen,
um nun zur Gegenprobe in sich «hineinzuschauen» - die Augen
nochmals. Wieder erscheint eine ganz ähnliche überschwemmte Szene,
die Fluten gehen nun aber zurück. Unter den abfließenden Wassern
breitet sich bald eine Landschaft mit großen, lichten Wiesen im Sonnenschein
aus. Eine maigrüne Birkenallee fuhrt durch das heitere, freundliche
und beruhigende Bild. {K01h, K04h, K08m}"
Kriteriendiskussion: Das spielt sich im Geiste,
nicht in der Wirklichkeit ab, aber sehr anschaulich {K01h, K04h, K08m}.
Die zweite Imagination könnte man als Wunschphantasie deuten. Beide
Phantasien, die negative und positive, können durch die in der Situation
verspürten Affekte bedingt sein {Q06}.
Literaturbelege in Teil 8 Anhang:
Literatur.
Gesamt-Inhaltsverzeichnis Psychologische Analyse
des Phantasiebegriffs (Verteilerseite).
Querverweise
Standort: Psychologische Analyse des Phantasiebegriffs
Teil 3: Beispiele mit Signierung der Kriterien
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Dienstleistungs-Info.
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Zitierung
Sponsel, Rudolf (DAS).
Psychologische Analyse des Phantasiebegriffs Teil 3: Beispiele mit Signierung
der Kriterien. Ein Ansatz und Entwurf aus integrativer Perspektive
zur Weiterentwicklung. Internet
Publikation
- General and Integrative
Psychotherapy
IP-GIPT. Erlangen: https://www.sgipt.org/gipt/allpsy/phantas/APBFP3.htm
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Psychologische Analyse des Phantasiebegriffs Teil 3: Beispiele mit Signierung
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korrigiert 25.08.2017 irs
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Änderungen werden nicht extra ausgewiesen; wird gelegentlich überarbeitet
und ergänzt.
30.08.17 Lieutenant
Gustl langweilt sich (Schnitzler 1901).
25.08.17 IRS Korrektur.
24.08.17 1. Version ans Netz.
23.08.17 rs Rechtschreibprüfung.
07.08.17 Nach Vorarbeiten angelegt.
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