Internet Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie  IP-GIPT
    (ISSN 1430-6972)
    DAS=24.08.2017 Internet-Erstausgabe, letzte Änderung: 07.09.23
    Impressum: Diplom-Psychologe Dr. phil. Rudolf Sponsel_Stubenlohstr. 20 _D-91052 Erlangen
    Mail:_sekretariat@sgipt.org_ Zitierung  &  Copyright

    Anfang_Psychologische Analyse des Phantasiebegriffs Teil 2: Kriterien _Datenschutz__Überblick_Rel. Aktuelles _Rel. Beständiges_Titelblatt_Konzept_Archiv_ Region__ Service-iec-verlag_ _Wichtige Hinweise zu Links und Empfehlungen_

      Willkommen in unserer Internet-Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie, Abteilung Allgemeine Psychologie,
      Bereich Phantasie, und hier speziell zum Thema:

      Psychologische Analyse des Phantasiebegriffs Teil 2: Kriterien
      Ein Ansatz und Entwurf aus integrativer Perspektive zur Weiterentwicklung

    Originalarbeit (1. Version) von Rudolf Sponsel, Erlangen
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    Gesamt-Inhaltsverzeichnis Psychologische Analyse des Phantasiebegriffs.
    Literaturbelege in Teil 8 Anhang: Literatur.



    2  Kriterien für phantasieren und Phantasieprozesse - Vorschläge.
    • Kurzerklärungen: Kandidaten Regeln zur Prädikation Phantasie.
    • Die Analyse zusammengesetzter Texte  (Sachverhalte).
    • Vertiefte Auseinandersetzung mit den Kriterien.
      • K01h-Geist.
      • K02h-Unwirklich.
      • K03h-Neu.
      • K04h-Wunsch.
      • K05h-Proj.
      • K06h-Frei.
      • K07m-Zukunft.
      • K08m-Ansch?.
      • Q01-Lit.
      • Q02-Traum.
      • Q03-Fieber.
      • Q04-PsyPath.
      • Q05-Grenz.
      • Q06-Aff.
      • Q07-Einst.
      • KG-Meta.
    • Zusammenfassung: vorläufiger Stand und Status der Kriterien.
    • Allgemeine und integrative Theorie der Phantasie: Wie und warum entstehen Phantasien
      • Hypothesensammlung zur Entstehung für Phantasien.




    2  Kriterien für phantasieren und Phantasieprozesse - Vorschläge

    Wir stellen an die Beispiele einige Fragen, aus deren Antworten wir schließen können, ob wahrscheinlich eine Phantasie vorliegt oder nicht. Da in diesem Stadium meiner Phantasieforschung - Ansatz und Entwurf aus integrativer Perspektive - eine völlig sichere Zuordnung in jedem Fall noch nicht möglich ist, gelten die Prädikatorenregeln (=> Phantasie) nur vorläufig. Sinnvoll erscheint in der Entwicklungsphase auch ein Meta-Kriterium namens Meta-Regel für die abschließende Gesamtbetrachtung oder für Sonderfälle. Zusätzlich zu den Kriterien werden noch Quellen der Phantasien angegeben, z.B. ob Phantasien des Bewusstseinsstroms aus einem Traum-, Tagtraum-, Drogenkonsum, aus einer Psychose,  aus einem Fieber- oder Grenzzustand hervorgehen.
        Bei näherer Überlegung stellt sich die Frage, welchen logischen Status die Bedingungs-Kriterien haben. K kann im Prinzip eine hinreichende (h), eine notwendige(n) oder eine nur mögliche (m) Voraussetzung ausdrücken.
     
    Kriterium-Kürzel
    Kurzerklärungen: Kandidaten Regeln zur Prädikation Phantasie
    K01h-Geist
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    Wenn Sachverhalte des Bewusstseinsstroms während der Vergegenwärtigung, beim Aussprechen oder Niederschreiben nicht wirklich außen geschehen, sondern nur im Geiste (innen) => Phantasie, z.B. ich besteige gerade den Kilimandscharo oder, fränkisch etwas bescheidener, das "Walberla", während ich gerade auf dem Balkon daheim sitze. {K01h} ist das Kern-Kriterium der Phantasie. Etwas geschieht "nur" im Bewusstsein, innen, nicht außen in der realen Welt (> System der Welten). Von der automatischen Generalsignierung sollen  wissenschaftliche und sachliche Repräsentationen (Protokolle, Inhaltsangaben, reine Beschreibungen, Berichte) von Sachverhalten ausgenommen sein.
    K02h-Unwirklich
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    Wenn im Bewusstseinsstrom unwirkliche Elemente oder (derzeit) unmögliche Sachverhalte vorkommen oder ausgesprochen werden => Phantasie. 
    K03h-Neu
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    __
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    Wenn Bewusstseinselemente aus dem Gedächtnis neu miteinander verbunden werden  => Phantasie 
    Beispiel: Pegasus, ich fliege auf das Hausdach. Dieses Kriterium garantiert potentiell unendlich viele Phantasien.
    Anmerkung: Arntzen (1976)  verlangt "daß der Denkende seine Gedanken selbst entwickelt, sie selbst hervorbringt und sie nicht etwa nur aufnimmt, auffaßt, nachdem sie von anderen dargeboten worden sind."
    K04h-Wunsch
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    Wenn ein Wunscherleben illusioniert wird  => Phantasie
    Achtung: Einen Wunsch verspüren soll nicht Phantasie heißen. Erst wenn der Wunsch im Bewusstseinsstrom als ob real stattfindend illusioniert wird, soll es Phantasie heißen. Wenn ich Durst verspüre ist das keine Phantasie, sondern ein Wunsch oder Bedürfnis. Sehe ich mich im Geiste an einem Brunnen trinken, ist das Phantasie.
    K05h-Proj
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    Wenn erstens in mehrdeutigen unklaren Sachverhalten eine Interpretation zugeordnet wird  => Phantasie (projektive). Wenn z.B. in Wolkenformationen oder in projektiven Tests spezielle Interpretationen erfolgen (> Mia, "Fell" für Tafel VI im Rorschachtest. Das Mehrdeutige wird Kraft Phantasie eindeutig. Zweitens gibt es nach Kant (> phantasmatische Selbstaffektion) erfahrundbedingte Normalitätserwartungen, die in aktuelle Sachverhalte hineinprojiziert werden können, auch wenn sie nicht (vollständig) gegeben sind. Sehr wichtig für die Psychologie der Zeugenaussage:  > Wissenstäuschung. 
    K06h-Frei
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    _
    Wenn ein freier Bewusstseinsstrom erlebt oder geschildert wird  => Phantasie
    Hier ist noch das Problem zu lösen, was ein "freier" Bewusstseinsstrom sein soll und wie man ihn erkennen kann.
    Zumindest sollte das subjektive Gefühl bestehen, nicht bewusst zu lenken und einzugreifen. (z.B. Molly, Ulysses) und der Zustand  freischwebender Aufmerksamkeit  vorliegen.
    K07m-Zukunft

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    Wenn man sich Ereignisse oder Geschehen der Zukunft vergegenwärtigt oder auch ausspricht => Phantasie
    Wenn ich sage, ich fahre übermorgen in den Urlaub, ist das keine Phantasie. Wenn ich mich im Auto sitzen und fahren "sehe", ist es eine Phantasie. Zukunftsgeschehen ist nur dann eine Phantasie, wenn es vergegenwärtigt wird.
    K08m-Ansch?
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    Wenn Bewusstseinsströme anschaulich erfolgen  => Phantasie 
    "m" und das "?" drücken aus, dass mir unklar ist, welchen logischen Status die Anschaulichkeit als Kriterium haben soll. Zu Untersuchungszwecken wird das Kriterium einstweilen mitgeführt. Hier geht es auch um das Problem, ob Phantasien immer anschaulich sein sollen oder ob es auch abstrakte Phantasien gibt (> "Ich weiß, es wird einmal ein Wunder gescheh'n")
    Quellen / Zustände Im Folgenden werden Quellen oder Zustände für Phantasien genannt:
    Q01-Lit.
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    __
    Wenn Sachverhalte in Erzählungen / Geschichten - egal von wem  - erfunden werden  => Phantasie. Damit ist die ganze Literatur inbegriffen, aber nicht nur, z.B. auch Alltagsgeschichten, Erzählungen, Gedichte von jedermann.
    Klar abzugrenzen sind Aussagen (Berichte, Protokolle, Beschreibungen), die Wirklichkeit wiedergeben wollen oder sollen, etwa Zeugenbekundungen (nichts hinzufügen, nichts weglassen). 
    Q02-Traum.
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    Nicht jeder Trauminhalt muss eine Phantasie sein, wenn es auch im Regelfall fast immer so sein dürfte. Aber wenn z.B. ein  luzider  Träumer träumt, dass er träumt, oder die Kirchenglocke im Traum läuten hört, wenn sie denn läutet, so wäre das ja richtig und keine Phantasie. 
    Q03-Fieber.
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    Nicht jedes Reden oder Erleben im Fieber muss eine Phantasie sein, auch wenn es meistens so sein sollte. Wenn ein Kind im Fieber spricht, ich muss noch meine Hausaufgaben machen, so kann dies ja auch richtig sein. 
    Q04-PsyPath.
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    Wenn ein psychopathologischer Zustand (Psychose, Wahn, Aura, Dämmerzustand, Rausch [Alkohol, Drogen]) vorliegt, können Phantasien, Wahn oder Halluzinationen hervorgebracht werden.
    Q05-Grenz. Grenz- oder Übergangszustände (z.B. Einschlafen, Dösen, Aufwachen, Aura, Narkose, Nahtoderleben). 
    Q06-Aff. Stärkere Affekte (Emotionen, Gefühle, Bedürfnisse) können die Entstehung von Phantasien fördern. 
    Q07-Eins. Einstellung, Esoterik, Glaube, Aberglaube [bei Dorsch genannt], Religion.
    KG-Meta Wenn die Gesamtbetrachtung (g) durch die Gründe G1, G2, ... es nahelegen ...  => Phantasie

    Schilderungen von Bewusstseinsströmen können aus vielen aneinandergereihten Sachverhalten bestehen. Das gilt auch für längere Texte [> Nonsensgeschichte]. Hier stellt sich dann die Frage, für welche Textteile die Prädikation Phantasie gilt? Und auch, ob vom Teil aufs Ganze geschlossen werden darf bzw. welchen Gültigkeitsbereich an Textteilen die Prädikation "Phantasie" hat?  Hier sind derzeit noch einige Fragen offen.

    Die Analyse zusammengesetzter Texte (Sachverhalte)
    Jeder Text lässt sich in sog. Elementarsachverhalte zerlegen (wie hier gezeigt). Formal lässt sich das wie folgt anschreiben:

    S1, S2, S3, ...., Si, ..... Sn-1, Sn    (Formel 03)

    Dann kann für jeden Sachverhalt Si gefragt werden: Handelt es sich bei diesem Sachverhalt Si um eine Phantasie? Allgemein lässt sich sagen, dass es bei n Sachverhalten höchstens n Phantasien geben kann. Es bilden mehrere Sachverhalte eine Einheit S12 = S1 und S2, mit S1 => keine Phantasie und S2 => Phantasie. Beispiel: Autoengel (Phantasie): S1=> Auto (Real), S2 = Engel (Phantasie).


    Vertiefte Auseinandersetzung mit den Kriterien
    Teile oder Elemente des Bewusstseinsstroms, die mit Phantasien einhergehen, können zum besseren Verständnis des Gesamtgeschehens vermerkt werden.

    K01h-Geist  {}
    Wenn Sachverhalte des Bewusstseinsstroms während der Vergegenwärtigung, beim Aussprechen oder Niederschreiben nicht wirklich außen geschehen, sondern nur im Geiste (innen) => Phantasie, z.B. ich besteige gerade den Kilimandscharo oder, fränkisch etwas bescheidener, das "Walberla", während ich gerade auf dem Balkon daheim sitze. {K01h} ist das Kern-Kriterium der Phantasie. Etwas geschieht "nur" im Bewusstsein, innen, nicht außen in der realen Welt (> System der Welten). Von der automatischen Generalsignierung sollen wissenschaftliche und sachliche Repräsentationen (Protokolle, Inhaltsangaben, reine Beschreibungen, Berichte) von Sachverhalten ausgenommen sein. Spezialprobleme, wie z.B. wissenschaftliche  Vermutungen  oder  Wissenschaft und Hypothese  im Bezug auf Phantasie werden gesondert erörtert.
        Wir erarbeiten uns ein tieferes Verständnis dieses Kern-Kriteriums über die Diskussion einiger Beispiele:

    • Teil des Bewusstseinsstroms: Ich muss gleich in die Küche. Ich würde hier folgende Bewusstseinselemente signieren: {Absicht, Vorsatz, Plan, Gedanke, Idee, Einfall} Also keine Phantasie.
    • Teil des Bewusstseinsstroms: Morgen wird ein anstrengender Tag. {Vorwegnahme, Vermutung, Phantasie: weil es nicht Realität ist, Gedanke, Idee, Einfall}
    • Teil des Bewusstseinsstroms: Wir könnten am Wochenende wieder eine Flussmündung aufsuchen. {Phantasie: weil es nicht Realität ist; Überlegung, Gedanke, Idee, Einfall, Vorschlag, Wunsch} Eine der letzten war die Einmündung von Donau und Altmühl (-Erkundung) in Kelheim, es erscheint begleitend eine visuelle Vorstellung von oben, strukturell ungefähr wie folgt:


    • {Erinnerung, visuelle Vorstellung, Gedanke, Phantasie: weil es nicht Realität ist und weil ein Bild der Einmündung im Bewusstsein vorgestellt wird}
    • Teil des Bewusstseinsstroms: Hm, was war denn das noch für eine irritierende Szene in dem Film? Es wird der Versuch gemacht, genauer zu erinnern, was das für eine Szene war. {aktivieren der Erinnerung zwecks Klärung einer derzeit unklaren, unzugänglichen Szene} Also keine Phantasie.


    K02h-Unwirklich
    Wenn im Bewusstseinsstrom unwirkliche Elemente oder (derzeit) unmögliche Sachverhalte vorkommen oder ausgesprochen werden => Phantasie. Das gilt in der Regel für Elemente von Sagen (Heldensagen, Göttersagen), Mythen, Religionen (Gott, Teufel, Engel, Hölle, Fegefeuer, Paradies, ...), Märchen (Verwandlungen, Tiere und Objekte sprechen, Zwerge, Kobolde, Geister, Hexen, ...) , Science Fiction (Zeitreisen).

    K03h-Neu
    Wenn Bewusstseinselemente aus dem Gedächtnis neu miteinander verbunden werden  => Phantasie
    Beispiel: Pegasus, ich fliege auf das Hausdach. Dieses Kriterium garantiert potentiell unendlich viele Phantasien.
        Anmerkung: Arntzen (1976)  verlangt "daß der Denkende seine Gedanken selbst entwickelt, sie selbst hervorbringt und sie nicht etwa nur aufnimmt, auffaßt, nachdem sie von anderen dargeboten worden sind."

      Wortneubildungen (Neologismen)
          Das Lexikon der Neurowissenschaften (Spektrum) hierzu: "Neologismen, Wortneubildungen, E neologisms, Neuschöpfungen von Wörtern, die in der Standardsprache aus lautlichen bzw. semantischen Gründen nicht vorkommen (phonematischer bzw. semantischer Neologismus); kann z.B. bei Bewußtseinsstörungen oder Denkstörungen auftreten. Zielbezogene Neologismen gibt es auch bei Gesunden, wenn ihnen gerade ein Wort nicht einfällt oder wenn sie absichtlich einen neuen Begriff prägen. Sprache."
          Peters (1984) im Wörterbuch der Psychiatrie und medizinischen Psychologie, S. 367: "Neologismus (m). Wortneubildung. Neues, in der Sprache nicht vorkommendes Wort, das meist aus anderen Wörtern zusammengezogen oder gebildet wird. Auch ungewöhnliche, dem normalen Sprachgebrauch fremde Verwendung eines Wortes. Häufige psychopathologische Erscheinung. Kommt bereits normalerweise im Traum vor; bei vielen Krankheitszuständen, vornehmlich bei Schizophrenie. Jedes Wort hat für den Träumer oder den Kranken eine besondere Bedeutung. Bei größerer Häufung von Neologismen kommt es zum > Wortsalat. ..."


    K04h-Wunsch
    Wenn ein Wunscherleben illusioniert wird  => Phantasie
    Achtung: Einen Wunsch verspüren soll nicht Phantasie heißen. Erst wenn der Wunsch im Bewusstseinsstrom als ob real stattfindend illusioniert wird, soll es Phantasie heißen. Wenn ich Durst verspüre ist das keine Phantasie, sondern ein Wunsch oder Bedürfnis. Sehe ich mich im Geiste an einem Brunnen trinken, ist das Phantasie.

    K05h-Proj
    Wenn erstens in mehrdeutigen unklaren Sachverhalten eine Interpretation zugeordnet wird  => Phantasie (projektive). Wenn z.B. in Wolkenformationen oder in projektiven Tests spezielle Interpretationen erfolgen (> Mia, "Fell" für Tafel VI im Rorschachtest. Das Mehrdeutige wird Kraft Phantasie eindeutig. Zweitens gibt es nach Kant (> phantasmatische Selbstaffektion) erfahrundbedingte Normalitätserwartungen, die in aktuelle Sachverhalte hineinprojiziert werden können, auch wenn sie nicht (vollständig) gegeben sind. Sehr wichtig für die Psychologie der Zeugenaussage:  > Wissenstäuschung. Hierzu Lohmar (2008), S. 223f:

      "Heute kann man die mentale Leistung der Objektpermanenz mit handlungsund sprachunabhängigen Tests nicht nur bei Säuglingen, ndern auch bei vielen Tieren nachweisen. Dies geschieht, indem man die Augenbewegungen eines Lebewesens verfolgt (eye-tracking) und dabei den Maßstab der sogenannten Erwartungsverletzung zugrunde legt. Das Kriterium der Erwartungsverletzung beruht auf der empirisch-psychologischen Einsicht, dass wir Gegenstände oder Ereignisse, deren Erscheinen wir nicht erwartet haben, messbar länger ansehen als solche, die wir erwartet haben. Bewegt sich z.B. in einem Experiment ein Punkt mit konstanter Geschwindigkeit und verschwindet hinter einem sichtbaren Hindernis, so erwartet ein Lebewesen, das Objektpermanenz leisten kann, [>224] dass er nach einer bestimmten Zeit wieder hinter dem Hindernis hervorkommt.
          Wird diese Erwartung enttäuscht, dann fesselt der Punkt, an dem das erwartete Ereignis eintreten sollte, länger die Aufmerksamkeit. Auf diese Weise kann man nachweisen, dass die meisten Säugetiere und sogar Vögel die mentale Leistung der Objektpermanenz erbringen können. Vergleichbares trifft für das Erkennen sachlicher Zusammenhänge und bleibender Eigenschaften von Gegenständen sowie kausaler Folgen von Ereignissen zu."


    K06h-Frei
    Wenn ein freier Bewusstseinsstrom erlebt oder geschildert wird  => Phantasie
    Hier ist noch das Problem zu lösen, was ein "freier" Bewusstseinsstrom sein soll und wie man ihn erkennen kann.
    Zumindest sollte das subjektive Gefühl bestehen, nicht bewusst zu lenken und einzugreifen. (z.B. Molly, Ulysses) und der Zustand  freischwebender Aufmerksamkeit  vorliegen.

    K07m-Zukunft
    Wenn man sich Ereignisse oder Geschehen der Zukunft vergegenwärtigt oder auch ausspricht => Phantasie
    Wenn ich sage, ich fahre übermorgen in den Urlaub, sollte nicht von Phantasie gesprochen werden. Wenn ich mich im Auto sitzen und fahren "sehe", ist es eine Phantasie. Zukunftsgeschehen ist nur dann eine Phantasie, wenn es vergegenwärtigt wird. Nicht alle Beschäftigungen mit der Zukunft repräsentieren Phantasien und umgekehrt natürlich erst recht nicht.

    K08m-Ansch?
    Wenn Bewusstseinsströme anschaulich erfolgen  => Phantasie
    "m" und das "?" drücken aus, dass mir unklar ist, welchen logischen Status die Anschaulichkeit als Kriterium haben soll. Zu Untersuchungszwecken wird das Kriterium einstweilen mitgeführt. Hier geht es auch um das Problem, ob Phantasien immer anschaulich sein sollen oder ob es auch abstrakte Phantasien gibt (> "Ich weiß, es wird einmal ein Wunder gescheh'n")

    Quellen der potentiellen Phantasien
    Kriterium für eine und Quelle von einer Phantasie sind unterschiedliche Aspekte. Aus einer Quelle folgt nicht zwingend, dass es sich um eine Phantasie handelt, wenn es auch oft naheliegen mag.

    Q01-Lit
    Diese Quellensignierung besagt, dass der Text ein Produkt aus Kunst oder Literatur ist. Wenn Sachverhalte in Erzählungen / Geschichten - egal von wem  - erfunden werden  => Phantasie. Damit ist die ganze Literatur inbegriffen, aber nicht nur, z.B. auch Alltagsgeschichten, Erzählungen, Gedichte von jedermann. Klar abzugrenzen sind Aussagen (Berichte, Protokolle, Beschreibungen), die Wirklichkeit wiedergeben wollen oder sollen, etwa Zeugenbekundungen (nichts hinzufügen, nichts weglassen).

    Q02-Traum
    Nicht jeder Trauminhalt muss eine Phantasie sein, wenn es auch im Regelfall fast immer so sein dürfte. Aber wenn z.B. ein luzider Träumer träumt, dass er träumt, oder ein Träumer die Kirchenglocke im Traum läuten hört, wenn sie denn läutet, so wäre das ja richtig und keine Phantasie.

    Q03-Fieber
    Nicht jedes Reden oder Erleben im Fieber muss eine Phantasie sein, auch wenn es meistens so sein sollte. Wenn ein Kind im Fieber spricht, ich muss noch meine Hausaufgaben machen, so kann dies ja auch richtig sein. (>Erlkönig)

    Q04-PsyPath
    Wenn ein psychopathologischer Zustand (Psychose, Wahn, Aura, Dämmerzustand, Rausch [Alkohol, Drogen]) vorliegt, können Phantasien, Wahn oder Halluzinationen hervorgebracht werden.

    Q05-Grenz
    Wenn in Grenz- oder Übergangszuständen (z.B. Einschlafen, Aufwachen, Nahtoderleben) Phantasien hervorgebracht werden.

    Q06-Aff
    Stärkere Affekte (Emotionen, Gefühle, Bedürfnisse) können die Entstehung von Phantasien fördern. (>Leuner)

    Q07-Eins  Einstellung, Glaube, Aberglaube [bei Dorsch genannt, daher hier als Quelle aufgenommen], Religion.

    KG-Meta
    Wenn die Gesamtbetrachtung (g) weil die Gründe G1, G2, ... es nahelegen ...  => Phantasie



    Zusammenfassung: vorläufiger Stand und Status der Kriterien
    Die operationale Entwicklung der Kriterien und ihre Anwendung durch Signierungen soll der Kritik und Weiterentwicklung der Phantasieforschung und -praxis dienen. Durch die Vorgaben sind alle Anwendungen prüf-, kontrollier- und damit evaluierbar. Ob und wie sie sich bewähren, muss die Zukunft erweisen.



    Allgemeine und integrative Theorie der Phantasie: Wie und warum entstehen Phantasien?

    Da wir nach der Entwicklung der Kriterien nun wissen, wie Phantasien festzustellen sind, sollte es grundsätzlich möglich sein, zu erforschen, warum und wie Phantasien im Bewusstsein entstehen.

        Zunächst ein vorbereitendes  brainstorming  und Fragen zu Ideen und Hypothesen:

    1. Unter welchen Bedingungen kommt es zum Phantasieren? Wie merkt man, dass man phantasiert?
    2. Wie füllt sich das Bewusstsein? Wie kommen Elemente hinein? Wie breiten sie sich aus? Wie verschwinden sie wieder?
    3. Ist es sinnvoll, den Bewusstseinsstrom unterschiedlich stark gefüllt, dicht oder voll zu denken? Sollte das Bewusstsein eine maximale Grenze für seine Aufnahme haben? Kann das Bewusstsein leer sein, wie es anscheinend buddhistische Mönche beim  Meditieren  herstellen können? Wie könnte man die Dichte oder Fülle des Bewusstseinsstroms abschätzen? Lässt sich Fülle lenken, vermehren oder vermindern?
    4. Wie wird der Bewusstseinsstrom organisiert und gelenkt? Wie funktionieren Kontrolle und Supervision der Bewusstseinsinhalte? Gibt es einen Eingangs-Filter? Was sagt uns hierzu die  Methode der Bewusstseinslenkung?
    5. Sind Assoziativität, Affinität (Ähnlichkeit) und Bindung (Konditionierung) von Bewusstseinsinhalten sinnvolle Konzepte?
    6. Filter für den Zugang der Bewusstseinsinhalte: Können Bewusstseinsinhalte vom Zugang ins Bewusstsein abgehalten werden? Was wären das für Mechanismen?
    7. Wichtiges vorrangig bemerken? Wodurch wird etwas wichtig? Schön, angenehm, interessant, bedrohlich? Ist ein Meta-Filter-Wichtig sinnvoll?
    8. Teleologie-Filter. Entstehen Phantasien bevorzugt dann, wenn sie gebraucht werden? Welche un-/günstigen Bedingungen gibt es für Phantasien? Z.B.: Langeweile? Zeit? Freischwebende Aufmerksamkeit? Gewohnheiten, Lernprozesse? Problemlösungssuche? Unerfüllte Wünsche und Bedürfnisse? Zufall?


    Hypothesensammlung zur Entstehung für Phantasien
    Meines Wissens wurden bislang keine Untersuchungen durchgeführt, die das Auftreten und Entstehen von Phantasien ausdrücklich zum Gegenstand hatten. Dabei ist es psychologisch wichtig, herauszufinden, zu erkennen, wie Phantasien entstehen, aufrechterhalten werden und warum sie wieder verschwinden. Aus allgemeiner und integrativer Sicht

    • H01 Assoziativitätskapazität (Erfahrungsschatz) Das Netz der mit den Bewusstseinselementen durch Assoziation verbundenen Elemente. Jemand kann einen großen und reichen Erlebens- und Erfahrungsschatz haben, dann kann er viel abrufen - oder einen kleinen Erlebens- und Erfahrungsschatz haben, dann kann er weniger abrufen. Die Kapazität kann auch durch H02, H03 und H04 erweitert werden.
    • H02 Lockerungsgrad. Man kennt aus der Psychopathologie vor allem bei  maniformen oder psychotischen Prozessen das Phänomen einer gelockerten Assoziation, Einfälle und Ideen sprudeln, sie jagen sich manchmal regelrecht und Außenstehende können kaum oder nicht folgen und die assoziierten Elemente scheinen nicht so recht zusammen zu passen. Man spricht auch von Ideenflucht. oder zerfahrenem Denken. Das Gegenteil besteht in zähem Kleben an einem Thema, sich kaum davon lösen können, immer wieder zurückkehren (Perseveration), wie es bei manchen hirnorganisch Erkrankten gesehen wird. Der Lockerungsgrad gibt an, wie viele Assoziationen zugelassen werden. Der Lockerungsgrad kann wahrscheinlich nur begrenzt bewusst gesteuert werden. Eine Variante der Lockerung ist das Phänomen der Ablenkung oder die Ablenkbarkeit.
    • H03 Eingangsfilter  Die Idee eines Eingangsfilters besagt, dass er gröber oder enger eingestellt sein kann. Ein grober Filter lässt viel durch, ein enger weniger.
    • H04 Bewusstseinslenkung (Supervision, Kontrolle) Wenn Einfälle und Ideen für die aktuellen Motive, Zwecke und Ziele hilfreich oder nützlich erscheinen wird ihnen freier Lauf und Entfaltung gewährt. Die Bewusstseinslenkung kann mehr oder minder gut funktionieren. Funktioniert sie weniger gut, kann es wie Kraut und Rüben durcheinander gehen, was nach außen dann eine chaotische Wirkung hinterlässt.
    • H05 Informations- oder Wissensmangel Es werden Informationen gesucht, um Lücken oder Mängel im Bewusstseinsstrom zu schließen (Gestaltvollendung).
    • H06 Problemlösungsmotive Man tritt auf der Stelle, kommt nicht weiter und sucht nach Möglichkeiten, dem Problem beizukommen. Man sucht nach Einfällen und Ideen.
    • H07 Befriedigungsmangel  (Frustration, Langeweile) Es werden frühere Erfahrungen aktiviert, die in ähnlichen Situationen zu Befriedigung geführt hatten, was auch Wunschphantasien hervorrufen oder begünstigen kann.
    • H...

    Literaturbelege in Teil 8 Anhang: Literatur.
    Gesamt-Inhaltsverzeichnis Psychologische Analyse des Phantasiebegriffs.

    Querverweise
    Standort: Psychologische Analyse des Phantasiebegriffs Teil 2: Kriterien.
    *
      • Definieren und Definition. * ist * Nicht * Alle & Jeder * Paradoxien * Was ist Fragen * Welten *
      • Überblick Forensische Psychologie in der IP-GIPT  *  Aussagepsychologie.
      • Beweis und beweisen in Wissenschaft und Leben.
      • Definitionen, Nominal- und Realdefinitionen (Abschnitt aus der Testtheorie).
      • Definition aus Eisler Wörterbuch der philosophischen Begriffe (1927-1930).
      • Einführung in die Definitionsproblematik am Beispiel Trauma.
      • Zum Universalienstreit am Beispiel der Schneeflocke.
      • Gleichheit und gleichen im alltäglichen Leben und in der Wissenschaft. Näherungen, Ideen, Ansätze, Modelle und Hypothesen.
      • Aufbau einer Wissenschaftssprache in Psychologie, Psychopathologie und Psychotherapie.
      • Allgemeine Theorie und Praxis des Vergleichens und der Vergleichbarkeit. Grundlagen einer psychologischen Meßtheorie.
      • Überblick Wissenschaft in der GIPT.
    *
       
      Suchen in der IP-GIPT, z.B. mit Hilfe von "google": <suchbegriff> site: www.sgipt.org
      z.B. Definition definieren site: www.sgipt.org.
    *
    Dienstleistungs-Info.
    *

    Zitierung
    Sponsel, Rudolf  (DAS). Psychologische Analyse des Phantasiebegriffs Teil 2: Kriterien. Ein Ansatz und Entwurf aus integrativer Perspektive zur Weiterentwicklung. Internet Publikation - General and Integrative Psychotherapy   IP-GIPT. Erlangen: https://www.sgipt.org/gipt/allpsy/phantas/APBFP2.htm
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    korrigiert: 24.08.2017 irs



    Änderungen Kleinere Änderungen werden nicht extra ausgewiesen; wird gelegentlich überarbeitet und ergänzt.
    02.09.17    K05h ergänzt durch "Normalitätsprojektionen" (phantasmatische Selbstaffektion)
    25.08.17    LitVerweis, Korr.
    24.08.17    1. Version ans Netz.
    23.08.17    rs Rechtschreibprüfung.
    07.08.17    Nach Vorarbeiten angelegt.



    Materialien