Psychologische Analyse des Phantasiebegriffs
Teil 2: Kriterien
Ein Ansatz und Entwurf aus integrativer
Perspektive zur Weiterentwicklung
Gesamt-Inhaltsverzeichnis Psychologische Analyse
des Phantasiebegriffs.
Literaturbelege in Teil 8 Anhang: Literatur.
Wir stellen an die Beispiele einige Fragen, aus deren Antworten wir
schließen können, ob wahrscheinlich eine Phantasie vorliegt
oder nicht. Da in diesem Stadium meiner Phantasieforschung - Ansatz und
Entwurf aus integrativer Perspektive - eine völlig sichere Zuordnung
in jedem Fall noch nicht möglich ist, gelten die Prädikatorenregeln
(=> Phantasie) nur vorläufig. Sinnvoll erscheint in der Entwicklungsphase
auch ein Meta-Kriterium namens Meta-Regel für die abschließende
Gesamtbetrachtung oder für Sonderfälle. Zusätzlich zu den
Kriterien werden noch Quellen der Phantasien angegeben, z.B. ob Phantasien
des Bewusstseinsstroms aus einem Traum-, Tagtraum-, Drogenkonsum, aus einer
Psychose, aus einem Fieber- oder Grenzzustand hervorgehen.
Bei näherer Überlegung stellt sich die
Frage, welchen logischen Status die Bedingungs-Kriterien haben. K kann
im Prinzip eine hinreichende (h), eine notwendige(n) oder eine nur mögliche
(m) Voraussetzung ausdrücken.
Kriterium-Kürzel |
|
K01h-Geist
_ _ _ _ _ _ |
Wenn Sachverhalte des Bewusstseinsstroms während der Vergegenwärtigung, beim Aussprechen oder Niederschreiben nicht wirklich außen geschehen, sondern nur im Geiste (innen) => Phantasie, z.B. ich besteige gerade den Kilimandscharo oder, fränkisch etwas bescheidener, das "Walberla", während ich gerade auf dem Balkon daheim sitze. {K01h} ist das Kern-Kriterium der Phantasie. Etwas geschieht "nur" im Bewusstsein, innen, nicht außen in der realen Welt (> System der Welten). Von der automatischen Generalsignierung sollen wissenschaftliche und sachliche Repräsentationen (Protokolle, Inhaltsangaben, reine Beschreibungen, Berichte) von Sachverhalten ausgenommen sein. |
K02h-Unwirklich
_ |
Wenn im Bewusstseinsstrom unwirkliche Elemente oder (derzeit) unmögliche Sachverhalte vorkommen oder ausgesprochen werden => Phantasie. |
K03h-Neu
_ __ _ |
Wenn Bewusstseinselemente aus dem Gedächtnis neu miteinander verbunden
werden => Phantasie
Beispiel: Pegasus, ich fliege auf das Hausdach. Dieses Kriterium garantiert potentiell unendlich viele Phantasien. Anmerkung: Arntzen (1976) verlangt "daß der Denkende seine Gedanken selbst entwickelt, sie selbst hervorbringt und sie nicht etwa nur aufnimmt, auffaßt, nachdem sie von anderen dargeboten worden sind." |
K04h-Wunsch
_ _ _ |
Wenn ein Wunscherleben illusioniert wird => Phantasie
Achtung: Einen Wunsch verspüren soll nicht Phantasie heißen. Erst wenn der Wunsch im Bewusstseinsstrom als ob real stattfindend illusioniert wird, soll es Phantasie heißen. Wenn ich Durst verspüre ist das keine Phantasie, sondern ein Wunsch oder Bedürfnis. Sehe ich mich im Geiste an einem Brunnen trinken, ist das Phantasie. |
K05h-Proj
_ _ _
|
Wenn erstens in mehrdeutigen unklaren Sachverhalten eine Interpretation zugeordnet wird => Phantasie (projektive). Wenn z.B. in Wolkenformationen oder in projektiven Tests spezielle Interpretationen erfolgen (> Mia, "Fell" für Tafel VI im Rorschachtest. Das Mehrdeutige wird Kraft Phantasie eindeutig. Zweitens gibt es nach Kant (> phantasmatische Selbstaffektion) erfahrundbedingte Normalitätserwartungen, die in aktuelle Sachverhalte hineinprojiziert werden können, auch wenn sie nicht (vollständig) gegeben sind. Sehr wichtig für die Psychologie der Zeugenaussage: > Wissenstäuschung. |
K06h-Frei
_ _ _ |
Wenn ein freier Bewusstseinsstrom erlebt oder geschildert wird
=> Phantasie
Hier ist noch das Problem zu lösen, was ein "freier" Bewusstseinsstrom sein soll und wie man ihn erkennen kann. Zumindest sollte das subjektive Gefühl bestehen, nicht bewusst zu lenken und einzugreifen. (z.B. Molly, Ulysses) und der Zustand freischwebender Aufmerksamkeit vorliegen. |
K07m-Zukunft
_ |
Wenn man sich Ereignisse oder Geschehen der Zukunft vergegenwärtigt
oder auch ausspricht => Phantasie
Wenn ich sage, ich fahre übermorgen in den Urlaub, ist das keine Phantasie. Wenn ich mich im Auto sitzen und fahren "sehe", ist es eine Phantasie. Zukunftsgeschehen ist nur dann eine Phantasie, wenn es vergegenwärtigt wird. |
K08m-Ansch?
_ _ _ |
Wenn Bewusstseinsströme anschaulich erfolgen => Phantasie
"m" und das "?" drücken aus, dass mir unklar ist, welchen logischen Status die Anschaulichkeit als Kriterium haben soll. Zu Untersuchungszwecken wird das Kriterium einstweilen mitgeführt. Hier geht es auch um das Problem, ob Phantasien immer anschaulich sein sollen oder ob es auch abstrakte Phantasien gibt (> "Ich weiß, es wird einmal ein Wunder gescheh'n") |
Quellen / Zustände | Im Folgenden werden Quellen oder Zustände für Phantasien genannt: |
Q01-Lit.
_ _ _ __ |
Wenn Sachverhalte in Erzählungen / Geschichten - egal von wem
- erfunden werden => Phantasie. Damit ist die ganze Literatur inbegriffen,
aber nicht nur, z.B. auch Alltagsgeschichten, Erzählungen, Gedichte
von jedermann.
Klar abzugrenzen sind Aussagen (Berichte, Protokolle, Beschreibungen), die Wirklichkeit wiedergeben wollen oder sollen, etwa Zeugenbekundungen (nichts hinzufügen, nichts weglassen). |
Q02-Traum.
_ _ |
Nicht jeder Trauminhalt muss eine Phantasie sein, wenn es auch im Regelfall fast immer so sein dürfte. Aber wenn z.B. ein luzider Träumer träumt, dass er träumt, oder die Kirchenglocke im Traum läuten hört, wenn sie denn läutet, so wäre das ja richtig und keine Phantasie. |
Q03-Fieber.
_ |
Nicht jedes Reden oder Erleben im Fieber muss eine Phantasie sein, auch wenn es meistens so sein sollte. Wenn ein Kind im Fieber spricht, ich muss noch meine Hausaufgaben machen, so kann dies ja auch richtig sein. |
Q04-PsyPath.
_ |
Wenn ein psychopathologischer Zustand (Psychose, Wahn, Aura, Dämmerzustand, Rausch [Alkohol, Drogen]) vorliegt, können Phantasien, Wahn oder Halluzinationen hervorgebracht werden. |
Q05-Grenz. | Grenz- oder Übergangszustände (z.B. Einschlafen, Dösen, Aufwachen, Aura, Narkose, Nahtoderleben). |
Q06-Aff. | Stärkere Affekte (Emotionen, Gefühle, Bedürfnisse) können die Entstehung von Phantasien fördern. |
Q07-Eins. | Einstellung, Esoterik, Glaube, Aberglaube [bei Dorsch genannt], Religion. |
KG-Meta | Wenn die Gesamtbetrachtung (g) durch die Gründe G1, G2, ... es nahelegen ... => Phantasie |
Schilderungen von Bewusstseinsströmen können aus vielen aneinandergereihten Sachverhalten bestehen. Das gilt auch für längere Texte [> Nonsensgeschichte]. Hier stellt sich dann die Frage, für welche Textteile die Prädikation Phantasie gilt? Und auch, ob vom Teil aufs Ganze geschlossen werden darf bzw. welchen Gültigkeitsbereich an Textteilen die Prädikation "Phantasie" hat? Hier sind derzeit noch einige Fragen offen.
Die Analyse zusammengesetzter
Texte (Sachverhalte)
Jeder Text lässt sich in sog. Elementarsachverhalte zerlegen (wie
hier gezeigt). Formal lässt sich das wie folgt anschreiben:
S1, S2, S3, ...., Si, ..... Sn-1, Sn (Formel 03)
Dann kann für jeden Sachverhalt Si gefragt werden: Handelt
es sich bei diesem Sachverhalt Si um eine Phantasie? Allgemein
lässt sich sagen, dass es bei n Sachverhalten höchstens n Phantasien
geben kann. Es bilden mehrere Sachverhalte eine Einheit S12
= S1
und S2, mit S1 => keine Phantasie
und S2 => Phantasie. Beispiel: Autoengel (Phantasie): S1=>
Auto (Real), S2 = Engel (Phantasie).
Vertiefte Auseinandersetzung mit den Kriterien
Teile oder Elemente des Bewusstseinsstroms, die mit Phantasien einhergehen,
können zum besseren Verständnis des Gesamtgeschehens vermerkt
werden.
K01h-Geist {}
Wenn Sachverhalte des Bewusstseinsstroms während der Vergegenwärtigung,
beim Aussprechen oder Niederschreiben nicht wirklich außen geschehen,
sondern nur im Geiste (innen) => Phantasie, z.B. ich besteige gerade den
Kilimandscharo oder, fränkisch etwas bescheidener, das "Walberla",
während ich gerade auf dem Balkon daheim sitze. {K01h} ist
das Kern-Kriterium der Phantasie. Etwas geschieht "nur" im Bewusstsein,
innen, nicht außen in der realen Welt (> System
der Welten). Von der automatischen Generalsignierung sollen wissenschaftliche
und sachliche Repräsentationen (Protokolle, Inhaltsangaben, reine
Beschreibungen, Berichte) von Sachverhalten ausgenommen sein. Spezialprobleme,
wie z.B. wissenschaftliche Vermutungen
oder Wissenschaft
und Hypothese im Bezug auf Phantasie werden gesondert erörtert.
Wir erarbeiten uns ein tieferes Verständnis
dieses Kern-Kriteriums über die Diskussion einiger Beispiele:
K02h-Unwirklich
Wenn im Bewusstseinsstrom unwirkliche Elemente oder (derzeit) unmögliche
Sachverhalte vorkommen oder ausgesprochen werden => Phantasie. Das gilt
in der Regel für Elemente von Sagen (Heldensagen, Göttersagen),
Mythen, Religionen (Gott, Teufel, Engel, Hölle, Fegefeuer, Paradies,
...), Märchen (Verwandlungen, Tiere und Objekte sprechen, Zwerge,
Kobolde, Geister, Hexen, ...) , Science Fiction (Zeitreisen).
K03h-Neu
Wenn Bewusstseinselemente aus dem Gedächtnis neu miteinander verbunden
werden => Phantasie
Beispiel: Pegasus, ich fliege auf das Hausdach. Dieses Kriterium garantiert
potentiell unendlich viele Phantasien.
Anmerkung: Arntzen
(1976) verlangt "daß der Denkende seine Gedanken selbst
entwickelt, sie selbst hervorbringt und sie nicht etwa nur aufnimmt, auffaßt,
nachdem sie von anderen dargeboten worden sind."
K04h-Wunsch
Wenn ein Wunscherleben illusioniert wird => Phantasie
Achtung: Einen Wunsch verspüren soll nicht Phantasie heißen.
Erst wenn der Wunsch im Bewusstseinsstrom als ob real stattfindend illusioniert
wird, soll es Phantasie heißen. Wenn ich Durst verspüre ist
das keine Phantasie, sondern ein Wunsch oder Bedürfnis. Sehe ich mich
im Geiste an einem Brunnen trinken, ist das Phantasie.
K05h-Proj
Wenn erstens in mehrdeutigen unklaren Sachverhalten eine Interpretation
zugeordnet wird => Phantasie (projektive). Wenn z.B. in Wolkenformationen
oder in projektiven Tests spezielle Interpretationen erfolgen (> Mia,
"Fell" für Tafel VI im Rorschachtest. Das Mehrdeutige wird Kraft Phantasie
eindeutig. Zweitens gibt es nach Kant (> phantasmatische
Selbstaffektion) erfahrundbedingte Normalitätserwartungen, die
in aktuelle Sachverhalte hineinprojiziert werden können, auch wenn
sie nicht (vollständig) gegeben sind. Sehr wichtig für die Psychologie
der Zeugenaussage: > Wissenstäuschung.
Hierzu Lohmar (2008), S. 223f:
K06h-Frei
Wenn ein freier Bewusstseinsstrom erlebt oder geschildert wird
=> Phantasie
Hier ist noch das Problem zu lösen, was ein "freier" Bewusstseinsstrom
sein soll und wie man ihn erkennen kann.
Zumindest sollte das subjektive Gefühl bestehen, nicht bewusst
zu lenken und einzugreifen. (z.B. Molly,
Ulysses) und der Zustand freischwebender
Aufmerksamkeit vorliegen.
K07m-Zukunft
Wenn man sich Ereignisse oder Geschehen der Zukunft vergegenwärtigt
oder auch ausspricht => Phantasie
Wenn ich sage, ich fahre übermorgen in den Urlaub, sollte nicht
von Phantasie gesprochen werden. Wenn ich mich im Auto sitzen und fahren
"sehe", ist es eine Phantasie. Zukunftsgeschehen ist nur dann eine Phantasie,
wenn es vergegenwärtigt wird. Nicht alle Beschäftigungen mit
der Zukunft repräsentieren Phantasien und umgekehrt natürlich
erst recht nicht.
K08m-Ansch?
Wenn Bewusstseinsströme anschaulich erfolgen => Phantasie
"m" und das "?" drücken aus, dass mir unklar ist, welchen logischen
Status die Anschaulichkeit als Kriterium haben soll. Zu Untersuchungszwecken
wird das Kriterium einstweilen mitgeführt. Hier geht es auch um das
Problem, ob Phantasien immer anschaulich sein sollen oder ob es auch abstrakte
Phantasien gibt (> "Ich weiß, es wird
einmal ein Wunder gescheh'n")
Quellen der potentiellen Phantasien
Kriterium für eine und Quelle von einer Phantasie sind unterschiedliche
Aspekte. Aus einer Quelle folgt nicht zwingend, dass es sich um eine Phantasie
handelt, wenn es auch oft naheliegen mag.
Q01-Lit
Diese Quellensignierung besagt, dass der Text ein Produkt aus Kunst
oder Literatur ist. Wenn Sachverhalte in Erzählungen / Geschichten
- egal von wem - erfunden werden => Phantasie. Damit ist die
ganze Literatur inbegriffen, aber nicht nur, z.B. auch Alltagsgeschichten,
Erzählungen, Gedichte von jedermann. Klar abzugrenzen sind Aussagen
(Berichte, Protokolle, Beschreibungen), die Wirklichkeit wiedergeben wollen
oder sollen, etwa Zeugenbekundungen (nichts hinzufügen, nichts weglassen).
Q02-Traum
Nicht jeder Trauminhalt muss eine Phantasie sein, wenn es auch im Regelfall
fast immer so sein dürfte. Aber wenn z.B. ein luzider Träumer
träumt, dass er träumt, oder ein Träumer die Kirchenglocke
im Traum läuten hört, wenn sie denn läutet, so wäre
das ja richtig und keine Phantasie.
Q03-Fieber
Nicht jedes Reden oder Erleben im Fieber muss eine Phantasie sein,
auch wenn es meistens so sein sollte. Wenn ein Kind im Fieber spricht,
ich
muss noch meine Hausaufgaben machen, so kann dies ja auch richtig sein.
(>Erlkönig)
Q04-PsyPath
Wenn ein psychopathologischer Zustand (Psychose, Wahn, Aura, Dämmerzustand,
Rausch [Alkohol, Drogen]) vorliegt, können Phantasien, Wahn oder Halluzinationen
hervorgebracht werden.
Q05-Grenz
Wenn in Grenz- oder Übergangszuständen (z.B. Einschlafen,
Aufwachen, Nahtoderleben) Phantasien hervorgebracht werden.
Q06-Aff
Stärkere Affekte (Emotionen, Gefühle, Bedürfnisse) können
die Entstehung von Phantasien fördern. (>Leuner)
Q07-Eins Einstellung, Glaube, Aberglaube [bei Dorsch genannt, daher hier als Quelle aufgenommen], Religion.
KG-Meta
Wenn die Gesamtbetrachtung (g) weil die Gründe G1, G2, ... es
nahelegen ... => Phantasie
Da wir nach der Entwicklung der Kriterien nun wissen, wie Phantasien festzustellen sind, sollte es grundsätzlich möglich sein, zu erforschen, warum und wie Phantasien im Bewusstsein entstehen.
Zunächst ein vorbereitendes brainstorming und Fragen zu Ideen und Hypothesen:
Hypothesensammlung zur Entstehung
für Phantasien
Meines Wissens wurden bislang keine Untersuchungen durchgeführt,
die das Auftreten und Entstehen von Phantasien ausdrücklich zum Gegenstand
hatten. Dabei ist es psychologisch wichtig, herauszufinden, zu erkennen,
wie Phantasien entstehen, aufrechterhalten werden und warum sie wieder
verschwinden. Aus allgemeiner und integrativer Sicht
Suchen in der IP-GIPT,
z.B. mit Hilfe von "google": <suchbegriff>
site: www.sgipt.org
z.B. Definition definieren site: www.sgipt.org. |
korrigiert: 24.08.2017 irs