Internet
Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie
(ISSN 1430-6972)
IP-GIPT DAS=01.09.2013
Internet-Erstausgabe, letzte Änderung: 29.04.17
Impressum:
Diplom-Psychologe Dr. phil. Rudolf Sponsel Stubenlohstr. 20 D-91052
Erlangen
Mail:
sekretariat@sgipt.org_
Zitierung
& Copyright
Anfang_
Katalog:
Beweisfragen-Fehler (BewF)_
Überblick_
Rel.
Aktuelles_ Rel.
Beständiges _ Titelblatt_
Konzeption_
Archiv_
Region_
Service_iec-verlag
_ _Wichtige
Hinweise zu Links und Empfehlungen
Willkommen in unserer Internet-Publikation
für Allgemeine und Integrative Psychotherapie, Abteilung Forensische
Psychologie, Kriminologie, Recht und Strafe, Bereich forensische Gutachten,
und hier speziell zum Thema:
Katalog der potentiellen forensischen
Gutachtenfehler
Beweisfragen-Fehler (BewF)
Zu:
Potentielle Fehler in forensisch psychiatrischen
Gutachten, Beschlüssen und Urteilen der Maßregeljustiz
Eine methodenkritische Untersuchung illustriert
an einigen Fällen u. a. am Fall Gustl
F. Mollath
mit einem Katalog
der potentiellen forensischen Gutachtenfehler sowie einiger Richter-Fehler.
von Rudolf
Sponsel, Erlangen
_
Abstract
- Zusammenfassung - Summary
Zum Geleit: "Beweisen
lässt sich nur das bestmöglich Definierte."
Paul H. Bresser (1990). Die Krise des Sachverständigenbeweises,
S. 41
|
Beweisleere
in der forensischen Psychiatrie Die Beantwortung der Beweisfragen ist
das Herz- und Kernstück jedes forensisch psychologischen, psychopathologischen
und psychiatrischen Gutachtens. Schon deshalb sollte man erwarten, dass
die forensische Psychologie,
Psychopathologie und Psychiatrie zu diesem Kernkomplex eine umfangreiche
und fundierte Literatur ausweisen kann, zumal viele psychiatrischen Gutachten
einen klaren wissenschaftlichen Anspruch formulieren (Zwei
Beispiele). Leider ist das Gegenteil der Fall: es gibt so gut wie keine
Literatur, wie beweisen und Beantwortung von Beweisfragen in der
Forensik geht (> Belege Beweisleere
in der Forensik). Aus dieser - wissenschaftlich gesehen - zugleich
ernüchternden wie erschütternden Tatsache ergibt sich unmittelbar
die Hypothese, dass das derzeitige forensisch-psychopathologische System
selbst ein Kandidat für ein "wissenschaftliches"
Wahnsystem ist, weil beweisen oder beweisartiges Begründen weder
vorgesehen noch für notwendig erachtet wird, stattdessen begnügt
man sich bis auf wenige Ausnahmen (z.B. Nedopil)
mit dem bloßen Meinen und erstellt statt Gutachten
Meinungsachten
(Fall Mollath). Es gibt aber
auch entlastende Argumente
für die Beweisleere der forensischen Psychologie, Psychopathologie
und Psychiatrie, die hier nicht vorenthalten werden sollen. Im 2720 Seiten
umfassenden 5-bändigen
Handbuch
der Forensischen Psychiatrie, hrsg. von Kröber,
Dölling, Leygraf & Saß (2006-2010) findet sich weder
in den Inhaltsverzeichnissen zum Thema, wie beantworten von Beweisfragen
in der Forensischen Psychiatrie geht bzw. gehen soll, noch in den Sachregistern
ein Eintrag "Beweisfrage". Ich möchte mich hier aber nicht
weiter mit den Gründen für die Beweisleere der
Forensischen Psychiatrie aufhalten, sondern gleich zum Wesentlichen kommen.
Eine allgemeine Beweislehre für Einzelfälle und empirische Wissenschaften
ist im Grunde sehr einfach zu formulieren, wenn auch meist nicht
einfach durchzuführen.
Die Allgemeine
Beweisstruktur
und beweisartige Begründungsregel lautet:
Wähle einen Anfang und begründe Schritt für Schritt,
wie man vom Anfang (Ende) zur nächsten Stelle bis zum Ende (Anfang)
gelangt. Ein Beweis
oder eine beweisartige Begründung ist eine Folge von Schritten: A0
=> A1 => A2 => .... => Ai .... =>
An.
Zwischen Vorgänger und Nachfolger darf es keine Lücken geben.
Es kommt hierbei nicht auf die Formalisierung an, sie ist für formal
Denkende nur eine Erleichterung für die Kontrolle und Prüfung.
Für jeden Schritt sind die Regeln anzugeben, wie man von Ai
, dem Vorgänger, nach Aj , dem Nachfolger, kommt. Entscheidend
ist, dass jeder Schritt prüfbar nachvollzogen werden
kann und dass es keine Lücken zwischen Vorgänger
und Nachfolger gibt.
Ein fiktives Beispiel, wie eine nachvollziehbare und schlüssige
beweisartige Argumentation aussehen kann, finden Sie hier.
Struktur
eines wissenschaftlichen psychologisch-psychopathologischen Gutachtens
|
Erläuterungen
Ob bestimmte Daten die Kriterien eines Symptoms oder verschiedene Symptome
die Kriterien eines Syndroms erfüllen, ist jeweils durch anzugebende
Regeln zu begründen. Der Befundbegriff bei forensischen Fragestellungen
ist viel umfassender als der Diagnosebegriff. Wichtige Befunde können
z.B. auch in Abwesenheit - ohne Befund - bestehen oder Sachverhalte betreffen,
die mit einer Störung oder Diagnose nichts zu haben aber trotzdem
für die Beweisfrage(n) bedeutsam sind.
Querverweise zum tieferen Verständnis
Daten des Erlebens oder des Verhaltens
> Daten-Fehler.
Symptome > Symptome.
Syndrome > Syndrome.
Störungen/ Diagnose > in Arbeit
Befunde > Befund-Fehler.
> Wissenschaftliches Gutachten.
> Meinungsachten.
> Potentielle Gutachtenfehler.
|
Typische Beweisfragen
-
Schuldunfähigkeit: Einsichtsfähigkeit, Steuerungsfähigkeit
§§
20, 21 StGB
-
Frage nach den Voraussetzungen der Unterbringung §§ 63,
64 StGB
-
Prognose1: Gefährlichkeit
-
Prognose2: Risiko weiterer erheblicher Straftaten
-
Alljährliche Stellungnahmen nach §
67e StGB
-
Weitere: Fragen der Lockerung, Behandlung, Führungsaufsicht, u. a.
m.
Eine Übersicht zu den Prognosebeweisfragen, wie sie sich aus den Gesetzestexten
ergeben > Wolf
& Nedopil (2005)
Zur Einführung
praktische Beispiele aus den Mollath-Gutachten und Stellungnahmen
-
Beweisfrage Ärztliches Attest Praxis Dr. R. am 15.08.2001
(das vor Gericht vorgelegte Zweitattest vom 3.6.2002). Eine Beweisfrage
wird eingangs nicht genannt und muss aus dem Attest erschlossen werden,
in dem Verletzungen festgestellt werden. Worauf solche zurückzuführen
wären, kann die ÄrztIn natürlich nicht sagen. Sie kann bestenfalls
gutgläubig den Verletzten zitieren, was gleich zu Beginn des Attestes
ausführlich geschieht und damit Befangenheit anzeigt. [Mollath wurde
nicht persönlich gehört, "Fremdanamnese" nur aufgrund der Angaben
der damaligen Frau Mollath]
-
Beweisfrage an Frau Dr. K., Klinikum am Europakanal Erlangen am
18.09.2003: Ärztliche Stellungnahme (Institutsambulanz der Klinik
für Psychiatrie und, Psychotherapie des Klinikums Am Europakanal),
Erlangen [Mollath nicht persönlich gehört, "Fremdanamnese"
ausschließlich aufgrund der Angaben von Frau Mollath]
-
Mögliche Beweisfragen zu Mollaths Verteidigungsschrift vom
24.09.2003: Was mich prägte S. 2-9, Anlagen S. 10-161. In der Verhandlung
am 25.9.2003 übergeben (Duraplus-Ordner, "Konvolut").
-
Beweisfragen für Dr. Th. L. für sein mündliches Gutachten
22.04.2004 wie im Urteil dargestellt. [Mollath hat sich nicht untersuchen
und explorieren lassen]
-
Beweisfragen an Dr. Klaus Leipziger, zitiert im schriftlichen GA
vom 25.7.2005:
„Forensisch-Psychiatrisches Gutachten zu der Frage, ob bei dem Angeklagten
zu den Tatzeiten 12.08.2001, 31.05.2002 und 23.11.2002 die Voraussetzungen
der §§ 20, 21 StGB (Schuldfähigkeit oder erheblich verminderte
Schuldfähigkeit) bzw. von § 63 StGB (Unterbringung in einem psychiatrischen
Krankenhaus) aus forensisch-psychiatrischer Sicht vorlagen.“
-
Beweisfragen an Dr. Zappe, BZK Bayreuth erstellt zu seinem Gutachten
oder gutachterlichen Stellungnahme vom 05.04.2006. Die "Anregung zur Errichtung
einer Betreuung gem. §1896 BGB"
vom 5.4.2006 durch das BKH Bayreuth kann einer gutachterlichen Stellungnahme
("Betreuungsgutachten"?) gleichgestellt werden, insofern diese "Anregung"
mit Meinungssachverhalten gestützt wird. Dabei wird davon ausgegangen,
dass Mollath geschäftsunfähig ist. Die diagnostischen Angaben
der "Anregung" sind widersprüchlich
und wirr, wobei der Beschluss des Betreuungsgerichtes Bayreuth nicht
die Diagnose Wahnhafte Störung (ICD-10: F22.0), sondern, ohne
dass man erfährt warum, "paranoide Schizophrenie" (ICD-10: F20.0)
übernimmt.
-
Beweisfragen an Dr. Klaus Leipziger zum mündlichen GA in der HV
am 26.8.2006. Hier gibt es im Allgemeinen keine Beweisfragen. In
der Regel fordert das Gericht den Sachverständigen auf, sein Gutachten
zu erstatten. Man darf davon ausgehen, dass die Beweisfragen im mündlichen
Gutachten die gleichen sind wie im schriftlichen Gutachten. Ordentlich
und ausdrücklich geregelt ist das aber nicht. Nachdem es manchmal
keine validen
Protokolle von den Hauptverhandlungen gibt, muss das mündlich erstattete
Gutachten aus dem Urteil erschlossen werden, obwohl die RichterInnen hier
oft auf das schriftliche Gutachten zurückgreifen. Das Gerichtswesen
ist leider so organisiert, dass eine richtige Kontrolle gar nicht möglich
ist. Wie das mit dem Rechtsstaatsprinzip verträglich sein soll, bleibt
das Geheimnis der JuristInnen.
Das Urteil vom 26.8.2006 wurde nach Abweisung der Revision durch den
BGH mit dem 14.02.2007 rechtskräftig.
-
Beweisfragen an Dr. Simmerl zu seinem schriftlichen Betreuungs-
und Geschäftsfähigkeitsgutachten (Zivilrecht) vom 26.9.2007.
Die Beweisfragen finden sich nicht am Anfang des Gutachtens und müssen
daher aus den Antworten erschlossen werden:
"Zu 1.: Der Unterzeichner sieht bei Herrn Mollath psychiatrischerseits
am ehesten eine Persönlichkeitsstörung mit querulatorisch-fanatischen
Zügen (ICD-10: F60.0).
Ein Hinweis für eine psychotische Erkrankung fand sich nicht.
Eine endgültige diagnostische Zuordnung ist aus Sicht des Unterzeichners
aber weiterhin strittig.
Zu 2.: Eine körperliche Behinderung besteht nicht.
Zu 3.: Der Betroffene ist aus Sicht des Unterzeichners durchaus dazu
in der Lage [- 39 -] seinen Willen frei zu bestimmen. Insbesondere
bezüglich seiner finanziellen oder rechtlichen Belange kann er seine
Angelegenheiten selbst besorgen. Eine Notwendigkeit für die Errichtung
einer Betreuung fand sich nicht.
Zu 4.: Der Betroffene ist als geschäftsfähig anzusehen.
Zu 5.: [Entfällt]
Zu 6.: Der Betroffene befindet sich aktuell im Maßregel Vollzug.
Eine therapeutische Option besteht derzeit allerdings eher nicht.
Zu 7.: Entfällt. [> S. 40]
Zu 8.: Der Betroffene wäre dazu in der Lage gültige Vollmachten
abzugeben.
Zu 9.: Eine sinnvolle Verständigung ist mit dem Betroffenen problemlos
möglich.
Zu den gemeinsamen Fragen:
Zu 1.: Von einer persönlichen Anhörung durch das Gericht
sind keine Nachteile für die Gesundheit des Betroffenen zu befürchten.
Zu 2.: Bei der Bekanntmachung der Entscheidungsgründe sind keine
besonderen Umstände zu beachten. [> S. 41]
Zu 3.: Mit besonderen Schwierigkeiten ist bei einer Anhörung nicht
zu rechnen.
Zu 4.: Der Betroffene wurde im Bezirkskrankenhaus Straubing untersucht.
Einer Vorladung des Gerichts könnte er keine Folge leisten.“
-
Beweisfragen der Stellungnahme des BKH Straubing vom 8.1.2008 gemäß
§
67 e StGB [Mollath hat sich nicht untersuchen und explorieren lassen]
-
Beweisfragen an Prof. Dr. H.-L. Kröber für sein schriftliches
Gutachten vom 27.06.2008
„über den Untergebrachten GUSTL MOLLATH gemäß §
454 Abs. 2 StPO insbesondere zu den Fragen,
-
ob die Voraussetzungen der Maßregel der Unterbringung in einem psychiatrischen
Krankenhaus gemäß § 63 StGB zum jetzigen Zeitpunkt aus
ärztlicher Sicht noch vorliegen;
-
ob bei dem Verurteilten keine Gefahr mehr besteht, dass dessen durch die
Tat zutage getretene Gefährlichkeit fortbesteht, d. h., ob zu erwarten
ist, dass der Verurteilte außerhalb des Maßregelvollzuges keine
erheblichen rechtswidrigen Taten mehr begehen wird.
Weiter zu beantworten seien die Fragen,
-
ob und gegebenenfalls welche Maßnahmen zur Ermöglichung oder
Vorbereitung einer bedingten Entlassung notwendig erscheinen, und
-
ob und gegebenenfalls welche Weisungen dem Verurteilten im Fall der bedingten
Entlassung zu erteilen sind,
-
und welcher Zeitraum für die noch erforderlichen Entlassungsvorbereitungen
bei komplikationslosem Verlauf voraussichtlich erforderlich sein wird.
Es wird auch gebeten, sich diesbezüglich mit dem Gutachten des Sachverständigen
DR. SlMMERL vom 26.09.2007 auseinanderzusetzen."
-
Beweisfragen Dr. K. Leipziger, I. Bahlig-Schmidt, M. Schmid Stellungnahme
vom 3.11.2009
gem. § 67 e StGB [Mollath
hat sich nicht untersuchen und explorieren lassen]
-
Beweisfragen Dr. K. Leipziger, I. Bahlig-Schmidt, P. Rümenapp
in der Stellungnahme vom 15.1.2010
zum beantragten externen Prognosegutachten
-
Beweisfragen BKH Bayreuth der Ergänzenden Stellungnahme vom
27.4.2010
gem. § 67 e StGB [Mollath
hat sich nicht untersuchen und explorieren lassen]
-
Beweisfragen Prof. Dr. Friedemann Pfäfflin für sein schriftliches
Kriminalprognostisches
psychiatrisches Gutachten vom 12.02.2011 über Herrn Gustl Ferdinand
Mollath.
„Im Gutachten soll zu fünf Fragen Stellung genommen werden:
-
Liegen die Voraussetzungen der Unterbringung in einem Psychiatrischen Krankenhaus
gemäß § 63 StGB zum jetzigen Zeitpunkt aus ärztlicher
Sicht noch vor?
-
Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Verurteilte erneut
Straftaten begehen wird?
-
Welcher Art werden diese Straftaten sein/welche Häufigkeit und welchen
Schweregrad werden sie haben?
-
Mit welchen Maßnahmen kann das Risiko zukünftiger Straftaten
beherrscht oder verringert werden?
-
Welche Umstände können das Risiko von Straftaten steigern?"
-
Beweisfragen Dr. Friedrich Weinberger für sein Psychiatrisches
Gutachten vom 30.4.2011 über Herrn Gustl Ferdinand Mollath [Persönlich
untersucht und exploriert]. „Das Gutachten soll zu folgenden Fragen Stellung
nehmen:
-
Liegen die Voraussetzungen für ein Wiederaufnahmeverfahren nach §
359 Abs. 1, Nr. 2 StPO vor?
-
Liegen - bezogen auf das letztmögliche Prüfungsdatum 3. Mai 2011
- die Voraussetzungen des § 67e StGB vor, daß die Vollstreckung
der Unterbringung auszusetzen ist?
-
Genügt das Gutachten des Sachverständigen Prof. Pfäfflin
den wissenschaftlichen und ethischen Anforderungen, die an ein Gutachten
im Bereich der forensischen Psychiatrie zu stellen sind?"
-
Beweisfragen Prof. Dr. Diekhöfer für seinen Methodenkritischen
gutachterlichen Brief vom 8.2.2012. Sie werden nicht ausdrücklich
benannt, ergeben sich aber aus dem Schreiben selbst, nämlich in der
Hauptsache, ob die Gutachten Dr. Leipziger, Prof. Kröber, Prof. Pfäfflin
sowohl als neutral und unbefangen als auch wissenschaftlich fundiert und
begründet angesehen werden können.
-
Beweisfragen Dr. Leipziger, I. Bahlig-Schmidt, Stellungnahme
vom 19.4.2012
gemäß
§ 67 e
StGB [Mollath hat sich nicht untersuchen und explorieren lassen]
-
Beweisfragen Dr. Leipziger und Oberärztin ergänzende Stellungnahme
vom 27.7.2012
-
Beweisfragen Dr. Leipziger, I. Bahlig-Schmidt in der Stellungnahme
vom 04.03.2013
zum zurückliegenden Berichtszeitraum seit dem 18.12.2012.
[Mollath hat sich nicht untersuchen und explorieren lassen]
Beweisfragen
und ihre Handhabung im Recht und Kommentaren
Vorbemerkung "Ein Beweis ist
das Mittel zur Überzeugung des Gerichts von der Wahrheit einer Behauptung.
Als zulässige Beweismittel im Zivilprozess kommen Sachverständige,
Augenschein, Parteivernehmung, Urkunden oder Zeugen in Frage (Eselsbrücke:
SAPUZ)" [123recht.net
2.1.13].
Methodik
Beweis und Beweiswürdigung
Hinzu kommt der Indizienbeweis. Grundsätzlich
gilt für RichterInnen das Prinzip der freien Beweiswürdigung
bei der richterlichen Überzeugungsbildung. Da gibt es viel Unklares
und Meinen bis hin zur Willkür. Passt RichterInnen ein Gutachten nicht,
können sie das nächste in Auftrag geben, so lange, bis endlich
eines abgeliefert wird, das den richterlichen Vorstellungen entspricht.
RichterInnen können auch 11 Gutachten beantragen, wie kürzlich
im Fall des SS-Mannes
Bikker bekannt wurde, bis eines dabei ist, das zusagt. Das alles hat
mit wohlverstandenem Recht, Logik, Wissenschaft weitgehend nichts zu tun.
Es ist gewöhnlich ein Spiel und ein Rechtstheater. Aber, wer gegen
die Spielregeln des Rechtstheaters spielen will, hat gewöhnlich sehr
schlechte Karten. Mollath hatte die Nerven, die Überzeugung und die
Stärke, dagegenzuhalten. Daher brachte er alles durcheinander, denn
auf so eine Persönlichkeit war das System nicht eingestellt.
Der Sachverständige und seine Aussage ist das
Beweismittel. Die RichterInnen interessiert im Allgemeinen nicht besonders,
wie fundiert, begründet, schlüssig, nachvollziehbar und kontrollierbar
ein Sachverständiger zur Beantwortung seiner Beweisfrage(n) kommt:
Hauptsache er kommt und meint etwas, so dass man im Urteil oder im Beschluss
darauf Bezug nehmen kann.
Laufs
& Kern Handbuch des Arztrechts
Beweisfragen erschließen
Laufs/Kern, Handbuch des Arztrechts 4. Auflage 2010. 21. Kapitel. Der
Arzt als Sachverständiger und Gutachter, 2. Aufgabe. Randnummer
5 "Der SV hat primär die Aufgabe, seinem Auftraggeber,
dem Gericht oder der Staatsanwaltschaft, das fehlende Fachwissen zur Beurteilung
der für die Entscheidung des Prozesses maßgebenden Beweisfragen
zu erschließen."
Beweisfragen im
schriftlichen Gutachten
Laufs/Kern, Handbuch des Arztrechts 4. Auflage 2010. 21. Kapitel. Der
Arzt als Sachverständiger und Gutachter, § 123 Aufbau und Inhalt
des Gutachtens, I. Grundzüge, Randnummer 2:
Randnummer 2 "Bei der Erstellung eines schriftlichen
Gutachtens sollte außer der Auflistung der benutzten Krankenpapiere
an der Spitze des Gutachtens stets die Beweisfrage stehen. ..."
Beweisfragen erschöpfend
beantworten
Laufs/Kern, Handbuch des Arztrechts 4. Auflage 2010. 21. Kapitel. Der
Arzt als Sachverständiger und Gutachter, § 123 Aufbau und Inhalt
des Gutachtens, I. Grundzüge, Randnummer 2:
„... Am Ende jeder Begutachtung hat sodann eine Zusammenfassung
zu stehen, bei der darauf zu achten ist, dass sie auch die gestellten Beweisfragen
erschöpfend
beantwortet. Dort, wo der SV nicht zum eindeutigen Ergebnis kommt oder
kommen kann, Kausalverläufe nur mit einer mehr oder weniger großen
Wahrscheinlichkeit angenommen werden können oder zu erwarten steht,
dass eine andere Schulmeinung zu einem anderen Ergebnis kommen könnte,
gebietet es die wissenschaftliche Redlichkeit, hierauf gesondert hinzuweisen.
“
__
Wolf
und Nedopil 2005 Beweisfragen zum Thema Prognose
Für Fragen der Prognose haben Wolf & Nedopil in Nedopil (2005),
S. 22, die Beweisfragen, die sich aus den Gesetzestexten ergeben, übersichtlich
zusammengestellt:
"Tabelle 2-1 : Prognoseformeln in den relevanten Gesetzestexten
1. Bei der Anordnung von Maßregeln werden in den jeweiligen Gesetzen
folgende Prognoseformeln verwendet:
§ 63 StGB "wenn ... erhebliche rechtswidrige
Taten zu erwarten sind"
§ 64 StGB "wenn die Gefahr besteht, dass
er ... erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird"
§ 66 StGB "wenn die Gesamtwürdigung
ergibt, dass er .... für die Allgemeinheit gefährlich ist"
§ 66a StGB "wenn nicht mit hinreichender Sicherheit
festzustellen ist, ob der Täter gefährlich ist"
§ 66b StGB "mit hoher Wahrscheinlichkeit erhebliche
Straftaten"
§ 67 Abs. 4 "Resozialisierung kann derzeit nicht durch
Maßregelvollzug gefördert werden"
(Entwurf)
§ 67a StGB "wenn die Resozialisierung dadurch besser
gefördert wird"
§ 67c StGB "ob der Zweck der Maßregel die Unterbringung
noch erfordert"
§ 68f StGB "Ist zu erwarten"
2. Bei der Frage nach der Aussetzung von Strafen, Strafresten oder
Maßregeln lauten die entsprechenden Formulierungen:
§ 56 StGB "wenn zu erwarten ist, dass der Verurteilte sich
schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen ... wird."
§57 StGB "wenn dies verantwortet werden kann" (zzgl.
Nennung von relevanten Parametern in § 57 Abs. 1 Satz 2 StGB)
§ 67b StGB "wenn der Zweck der Maßregel auch
dadurch erreicht werden kann"
§ 67d StGB
Abs. 2 "wenn zu erwarten ist"
Abs. 3 "wenn nicht die Gefahr besteht"
3. Im Strafprozessrecht, welches das materielle Recht ergänzt,
heißt es:
§ 246a StPO: "über den Zustand und die Behandlungsaussichten"
§ 275a StPO: "dringende Gründe für
die Annahme, dass nachträgliche Sicherungsverwahrung
angeordnet wird"
§ 454 Abs. 2 "ob keine Gefahr mehr besteht,
dass dessen in der Tat zutage StPO getretene Gefährlichkeit fortbesteht"
§ 463a Abs. 3, "ob weiterhin erhebliche rechtswidrige Taten zu
erwarten sind" Satz 4 StPO
4. und im Strafvollzugsrecht steht:
§ 11 StVollzG "wenn nicht zu befürchten ist" "
Beweisfragen
und ihre Handhabung in den forensisch-psychologisch-psychopathologischen
Fachveröffentlichungen
Wie Beweisfragen beantworten geht oder methodisch begründet
gehen soll, erfährt man durch die forensisch-psychiatrischen Fachveröffentlichungen
nicht. Das wird in diesem Abschnitt über die Analyse einiger forensisch-psychiatrische
Standardwerke - 5-bändiges Handbuch, Venzlaff & Förster,
Nedopil (2005), Rasch & Konrad (2004) - nun bewiesen.
Möglichkeiten die
Beweisleere in der forensischen Psychopathologie zu belegen
Wie beweist man die Beweisleere, also die Abwesenheit
des Beweisthemas im engeren Sinne, wie beweisen in der forensischen Psychiatrie
geht? Hierfür gibt es zwei einfache und eine aufwändigere Methode:
-
Durchsehen der Inhaltsverzeichnisse.
-
Durchsehen der Sachregistereinträge, die aber nicht selten sehr schlecht
sind.
-
Durchsehen der Ausarbeitungen,
-
insbesondere erschließen aus Kasuistiken (Falldarstellungen, wie
z.B. bei Nedopil 2005).
Die Sachregister sind hierbei am unzuverlässigsten, weil sie
oft schlecht und nachlässig gemacht sind, weit entfernt vom Gründlichkeit
und Ausführlichkeit der Psychopathologie Karl Jaspers. Durchsucht
man z.B. Venzlaff & Foerster 2009, so findet man 34 mal das Wort
"Beweisfrage", während es im Sachregister nur zwei Erwähnungen
gibt.
Belege für
die Beweisleere in der forensischen Psychopathologie
Handbuch der
Forensischen Psychiatrie
Am extremsten wird die Beweisleere der forensischen Psychiatrie
im 5-bändigen Handbuch der Forensischen Psychiatrie deutlich. Dort
wird auf insgesamt 2720 Seiten - ohne die Sachregister - das Wort
"Beweisfrage" weder in den 5 Inhaltsverzeichnissen noch in den 5
Sachregistern auch nur erwähnt. Es findet sich auch kein Kapitel oder
wenigstens Abschnitt, der sich ausdrücklich mit dem Problem beschäftigt,
wie man Beweisfragen beantwortet, wie man, methodisch begründet, zur
Beantwortung einer forensischen Beweisfrage kommt. Das zeigt eindrucksvoll
das ganze Elend dieser "Wissenschaft". Im Übrigen zeigt schon der
irrführende Titel, der sich die gesamte Aussagepsychologie einfach
einverleibt, den Machtanspruch. Die Psychologie ist im Titel verschwunden.
Band 1 Strafrechtliche Grundlagen der Forensischen Psychiatrie 574 Seiten
ohne SR (mit 585)
Band 2 Psychopathologische Grundlagen und Praxis der Forensischen Psychiatrie
im Strafrecht 716 Seiten ohne SR (mit 737)
Band 3 Psychiatrische Kriminalprognose und Kriminaltherapie 444 Seiten
ohne SR (mit 453)
Band 4 Kriminologie und Forensische Psychiatrie 686 Seiten ohne SR
(mit 697)
Band 5 Forensische Psychiatrie im Privatrecht und Öffentlichen
Recht 290 Seiten ohne SR (mit 295)
Durchsuchen einiger Texte auf "Beweisfrage" wird auch hier fündig,
was erneut unterstreicht, auf die Sachregister kann und darf man sich nicht
verlassen. So finden sich z.B. bei Kröber in Band 2, Kapitel
2 "Praxis der psychiatrischen und psychologischen Begutachtung" mehrere
Erwähnungen von "Beweisfrage" (fett-kursiv RS):
Bd. 2, Kröber, S. 165: "Nennung von Auftraggeber
und Fragestellung, ggf. Präzisierung
Der Sachverständige muss sich initial darüber klar werden,
welchen Auftrag er hat, denn dies bestimmt das ganze weitere Vorgehen.
Er hat üblicherweise ein Anschreiben, einen Beweisbeschluss und eine
bzw. mehrere Akten erhalten. Eine weitere Präzisierung durch den Auftraggeber
ist in dem keineswegs ganz seltenen Fall erforderlich, dass die Beweisfragen
nicht genannt oder nicht eindeutig sind. Das ist der Fall, wenn im Beschluss
z. B. nur steht: „soll psychiatrisch begutachtet werden“. Auch der Auftrag,
es solle gemäß eines bestimmten Paragraphen des Maßregelvollzugsgesetzes
ein Gutachten erstattet werden, ist in diesem Sinne insuffizient, wenn
es in diesem MRVG-Paragraphen nur heißt, dass in festen Abständen
ein Gutachten erstattet werden soll. Zur weiteren Abklärung der Beweisfrage
ist beim Auftraggeber rückzufragen. Ohnehin gilt die Regel: Je konkreter,
klarer und klüger die Beweisfragen, desto gezielter
und klarer sind die Antworten im Gutachten. Auch wenn der Sachverständige
zu der Einschätzung kommt, dass sinnvollerweise gleich weitere Fragen
zu erörtern sind (z. B. eine Maßregel gemäß §
64 StGB), sollte er dies nur in Absprache mit dem Auftraggeber tun."
Ergebnis Kröber Bd. 2, S. 165:
Es wird zwar die Beweisfrage erwähnt, es erfolgt aber kein Hinweis
auf einen Text, wo gesagt wird, wie das nun geht oder gehen soll, eine
juristische Beweisfrage psychiatrisch sachverständig zu beantworten.
Bd. 2, Kröber, Exakte Angabe und getrennte Wiedergabe
der Erkenntnisquellen sowie eine klare und übersichtliche Gliederung,
S. 170: "(e) Als weitere Kapitel folgen dann die Diagnose, ggf. mit der
Diskussion der differentialdiagnostischen Aspekte, und schließlich
das abschließende Kapitel Zusammenfassung (der relevanten Anknüpfungstatsachen)
und Beurteilung (Beantwortung der Beweisfragen).
Bis einschließlich zur Diagnose ähnelt ein Gutachten weitgehend
einer psychiatrischen Eingangsuntersuchung. Nun aber wird kein Behandlungsvorschlag
erwartet, sondern der Abgleich mit einer rechtlichen Fragestellung. Wie
findet man den Zugang zu dieser Antwort? Es ist manchmal nützlich,
zu Beginn der Zusammenfassung kurz den Tatvorwurf zu skizzieren und zu
erklären, man solle zur Schuldfähigkeit des Beschuldigten oder
Angeklagten Stellung nehmen. Sodann kann man zusammenfassend die für
die psychiatrische Beurteilung wichtigen biographischen und sonstigen Sachverhalte
referieren, psychiatrisch bewerten und damit auch die Diagnose begründen.
Gegebenenfalls erfolgt hier eine Auseinandersetzung mit Befunden und Diagnosen
von Vorgutachten. Jetzt fängt das spezifisch Gutachterliche
an. ...
All dies mündet in die gutachterliche Beurteilung,
ob die psychische Besonderheit des Probanden von Bedeutung allgemein für
Delinquenz und speziell den Tatvorwurf ist, und ob sie zum Tatzeitpunkt
überhaupt vorlag. ..."
Ergebnis Kröber Bd. 2, S. 170:
Kröber stellt die richtige Frage: "Wie findet man den Zugang zu
dieser Antwort?". Aber er beantwortet sie nicht und gibt auch keinen
Verweis, wie man den Weg zu dieser Antwort finden kann.
Das Fehlen eines Kapitels oder wenigstens Abschnitts zu der Frage, wie
man wissenschaftlich, methodisch Beweisfragen beantworten kann
oder soll ist sicher der größte Mangel dieses 5-bändigen
Werkes. Aber auch das Fehlen von Mustergutachten fällt auf. Während
Nedopil et al. (2005) von 333 Seiten für vier Fälle 68 Seiten
zur Verfügung stellt, findet man im über 8 mal so umfangreichen
5-bändigen Handbuch von 2767 Seiten (mit Registern) keine Beispielfälle
aus denen man die Methodik zumindest erschließen könnte.
Venzlaff
& Foerster 2004 und 2009
Zunächst werden die Inhaltsverzeichnis- und Sachregisteranalyse
durchgeführt, dann das Werk aus 2009
durchsucht und schließlich aus dem Abschnitt "1.3
Prinzipien der psychiatrischen Begutachtung" einige Grundüberlegungen,
die Beweisfragen einbeziehen, zitiert.
Venzlaff & Foerster (2004)
|
Venzlaff & Foerster
(2009)
_ |
__
Durchsuchen
Venzlaff & Foerster (2009)
Mit der Suchfunktion <Beweisfrage> weist 34 Funde aus: XVII, 6,
10, 12, 18, 24, 25, 44, 45, 47, 48, 49, 56, 59, 71, 106, 157, 161, 163,
539, 584, 586, 659, 660, 883, 887, 889. Der Ausdruck "Beweisfrage" wurde
von mir fett-kursiv in den jeweiligen Zitaten hervorgehoben.
XVII. Inhaltsverzeichnis Verweis auf Abschnitt S.
887 "Beweisfragen"
S. 6.
S. 10: Foerster & Dreßing, Prinzipien
...: "1.3.3 Allgemeine Aspekte der sozialrechtlichen Begutachtung
Auch bei der sozialrechtlichen Begutachtung geht der psychiatrische
Sachverständige mehrstufig vor: Diagnose, Zuordnung zu normativen
Begriffen und Beantwortung der Beweisfragen."
S. 12: Foerster & Dreßing, Prinzipien
...: "Zweifel an der Sachkunde des früheren Gutachters können
entstehen, wenn er nicht auf der Höhe seiner Wissenschaft ist, wenn
Qualifikationen fehlen, die gerade für die Beurteilung der Beweisfrage
wichtig wären, wenn er sich mit abweichenden früheren Untersuchungsergebnissen
nicht auseinandersetzt, wenn er seine Meinung wechselt, ohne dies begründen
zu können, wenn er sich weigert, seine Untersuchungsmethoden offen
zu legen und wenn der Sachverständige von wissenschaftlichen Kriterien
abweicht, die in seinem Fach anerkannt sind oder die die Billigung der
Rechtsprechung gefunden haben (Ziegert 2000, Strafverteidiger 3/2000, 118,
BGH-Beschluss vom 07.07.1999). Dabei ist jedoch zu bedenken, dass Widersprüche
ein Gutachten nur dann in Frage stellen, wenn sie sich nicht auflösen
lassen. Nach Auffassung der Rechtsprechung gibt es für den Bereich
der Psychiatrie keine überlegenen Forschungsmittel. Dies ist insoweit
auch sicher richtig, wenn „Forschungsmittel“ verstanden wird als das methodische
Vorgehen, das „Handwerkszeug“ des Sachverständigen. Wird der Begriff
„Forschungsmittel“ in diesem Sinne interpretiert, so hat in der Tat kein
psychiatrischer Sachverständiger eine andere, „überlegene“ Methode.
Insoweit ist es wohl kaum möglich, mit Hilfe dieser gesetzlichen Regelung
einen zusätzlichen psychiatrischen Sachverständigen zu beauftragen,
da die persönlichen Kenntnisse und Erfahrungen des Gutachters mit
dem Begriff des „überlegenen Forschungsmittels gerade nicht gemeint
sind (Ulsenheimer 1996; Ziegert 2000). Somit haben die Auftraggeber stets
die Verantwortung, einen kompetenten und qualifizierten Sachverständigen
zu beauftragen."
S. 18: Foerster & Dreßing, Prinzipien:
"Im Unterschied zur klinischen Untersuchung, bei der es ausschließlich
um Diagnostik und Therapie geht, geht es bei der gutachtlichen Untersuchung
zusätzlich darum, dass der Sachverständige zu einer Beantwortung
der ihm gestellten
Beweisfragen gelangt,
was in einem überschaubaren zeitlichen Rahmen der Fall sein muss."
S. 24: Foerster & Dreßing, Prinzipien
...: "Aufgrund des gutachtlichen Gesprächs und der Exploration entscheidet
der psychiatrische Sachverständige, ob weitere Untersuchungen durchzuführen
sind. Dabei hat er zu berücksichtigen, dass nur solche Untersuchungen
sinnvoll sind, von denen weitere Informationen zur Beantwortung der Beweisfragen
zu erwarten sind."
S. 25: Foerster & Dreßing, Prinzipien
...: "Dementsprechend ist eine testpsychologische Untersuchung nur dann
erforderlich, wenn sich aus ihrem Ergebnis zusätzliche Hinweise für
die Beantwortung der Beweisfragen ergeben.
Bei der Begutachtung der Fahrtauglichkeit geht es immer auch um leistungspsychologische
Parameter, so dass hier eine neuropsychologische Untersuchung in die Begutachtung
immer integriert ist."
S.44: Foerster & Dreßing, Prinzipien ...:
"Im Strafverfahren ist das schriftliche Gutachten stets ein vorläufiges
Gutachten, da für die Urteilsbildung des Gerichts wegen des Grundsatzes
der Mündlichkeit und der Unmittelbarkeit der Hauptverhandlung ausschließlich
der mündliche Gutachtenvortrag im Rahmen der Hauptverhandlung verbindlich
ist. Dennoch müssen die
Beweisfragen
im schriftlichen, vorläufigen Gutachten umfassend und detailliert
beantwortet werden. Eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe beim Bundesgerichtshof
hat Mindestanforderungen für Schuldfähigkeitsgutachten erarbeitet,
die in Kapitel 4.1.7 zusammenfassend dargestellt sind."
S. 45: Foerster & Dreßing, Prinzipien
...: "Beurteilung
-
Diagnose zum Untersuchungszeitpunkt unter Verwendung der aktuellen psychiatrischen
Klassifikationssysteme (ICD-10 bzw. DSM-IV TR) einschließlich differenzialdiagnostischer
Überlegungen falls erforderlich
-
Forensisch-psychiatrische Beurteilung mit Beantwortung der Beweisfragen
(retrospektive Einschätzung der Tatzeitpersönlichkeit bzw. der
Persönlichkeit beim Abschluss eines Rechtsgeschäftes, prognostische
Überlegungen, Einschätzung der Leistungsfähigkeit je nach
Fragestellung)"
S. 45: Foerster & Dreßing, Prinzipien
...: "Zusammenfassung (Fragestellung, Diagnose, Beantwortung der Beweisfragen)"
S. 47: Foerster & Dreßing, Prinzipien
...: "... Wurden pathologische Befunde erhoben, die für die Beantwortung
der Beweisfragen relevant sind, so sind
diese ausführlich darzustellen. Wurden Normalbefunde erhoben, genügt
ein entsprechender Hinweis."
S. 47: Foerster & Dreßing, Prinzipien
...: "Der Abschnitt „Beurteilung“ ist das Kernstück des Gutachtens
und der für den Auftraggeber entscheidende und wichtigste Abschnitt.
Die bisher dargestellten Abschnitte – Aktendarstellung, Angaben des Probanden,
Befunde – haben eher berichtend-referierenden Charakter, während in
der Beurteilung eine Wertung und Würdigung dieser Informationen aus
psychiatrischer Sicht vorgenommen wird mit dem Ziel, eine zusammenfassende
Darstellung aller aktenmäßigen, anamnestischen [>48] und befundenden
Aspekte vorzunehmen, um zu einer abschließenden Aussage über
die diagnostische Einschätzung zum Untersuchungszeitpunkt – bei strafrechtlichen
Fragen zum Tatzeitpunkt – und hierauf aufbauend zur Beantwortung der Beweisfragen
zu kommen.
Dabei muss diese Darstellung kriterienorientiert,
nachvollziehbar und transparent sein. Stets hat der Sachverständige
die Grenze zwischen psychiatrischer und juristischer Kompetenz zu beachten.
Bei der sprachlichen Darstellung ist zu bedenken, dass das psychiatrische
Gutachten der Information und Beratung von Nichtpsychiatern dient und hierauf
ausgerichtet sein muss, d.h. die Sprache muss hier ebenso anschaulich und
klar sein wie in den vorangegangenen Abschnitten. Im Interesse einer klaren
und präzisen wissenschaftlichen Aussage kann in diesem Abschnitt jedoch
nicht völlig auf Fachtermini verzichtet werden. Sollten Fachtermini
nicht allgemein bekannt sein, ist es erforderlich, sie zu erläutern."
S. 49: Foerster & Dreßing, Prinzipien
...: "Die juristischen Beweisfragen
sind nicht in jedem Fall vom psychiatrischen Sachverständigen mit
der vom Auftraggeber gewünschten Klarheit und Sicherheit zu beantworten.
In diesem Fall hat der Gutachter die Aufgabe, die Grenzen psychiatrischer
Beurteilbarkeit deutlich zu machen. Dies ist kein Zeichen von Inkompetenz
– gerade im Gegenteil zeichnet sich ein qualitativ hochwertiges Gutachten
dadurch aus, dass es die möglichen „Grauzonen“ und gegebenenfalls
auch Grenzen psychiatrischer Aussagefähigkeit differenziert darlegt
(Winckler und Foerster 1994)."
S. 56: Foerster & Dreßing, Prinzipien
...: "Die nächste Klippe kann die Formulierung der Beweisfragen
sein. Die Qualität einer gutachtlichen Aussage hängt auch
von der Präzision der Beweisfragen ab. Der Auftraggeber
sollte seine Fragen inhaltlich und sprachlich klar formulieren und eine
„Überfragung“ (Mende und Bürke 1986) des Sachverständigen
vermeiden. Bei unklaren Formulierungen sollte der Sachverständige
hierauf hinweisen und auch mögliche unbeantwortbare Fragen vorab als
solche benennen. Dabei sollte der Sachverständige in der Regel die
gestellten Fragen und auch nur die gestellten Beweisfragen
beantworten."
S. 59: Foerster & Dreßing, Prinzipien
...: "Direkter Rückschluss von Angaben des Probanden oder von der
Diagnose auf die Beantwortung der Beweisfragen."
S. 71: Gaidzik, Haftungs- und ...: "... Schon
der Wortlaut der Vorschriften – „Aussage vor Gericht“ – steht aber wohl
einer so weiten Auslegung entgegen, da die bloße prozessuale Zulässigkeit
eines rein schriftlichen Gutachtens noch nicht die schriftlichen Ausführungen
des Sachverständigen zu „Aussagen“ macht (zutreffend Laufs und Uhlenbruck
2002). Wenn allerdings im Zivilprozess einzelne Beweisfragen
unter eidesstattlicher Versicherung ihrer Richtigkeit gemäß
§ 377 Abs. 3, 402 ZPO schriftlich beantwortet werden oder der Sachverständige
die Richtigkeit seines schriftlichen Gutachtens auf Verlangen des Gerichts
eidesstattlich versichert, kommt eine Strafbarkeit wegen falscher Versicherung
an Eides statt gemäß § 156 oder, in der fahrlässigen
Begehungsform, gemäß § 163 StGB in Betracht."
S. 106: Schreiber & Rosenau, Rechtliche Grundlagen
...: "Nach der Konzeption des geltenden Rechts ist die Entscheidung
im Urteil allein Sache des Gerichts. Der Sachverständige wird
nur bei ihrer Vorbereitung hinsichtlich einer Beweisfrage
insoweit unterstützend tätig, als dem Gericht auf einem Wissensgebiet
die erforderliche Sachkunde fehlt (KK-Senge 2003, Vor § 72 Rn.1).
Der Bundesgerichtshof hat ihn als „Gehilfen“ des Richters bezeichnet (u.a.
BGHSt3, 27f., 9, 292f.). "
S. 157: Schreiber & Rosenau, ... Verfahren ...:
"Schon das Kriterium „Fachrichtung“ führt dann zu Schwierigkeiten,
wenn eine Beweisfrage keinem Fachgebiet
eindeutig zuzuordnen ist. Bei Gutachten über die Schuldfähigkeit
eines Angeklagten ist das häufig der Fall. Eine sachgerechte Auswahl
verlangt vom Richter Kenntnisse über die Kompetenzen von Psychiatrie
und Psychologie sowie über psychiatrische und psychologische Positionen
zur Frage der Schuldfähigkeit. Solche Kenntnisse sind möglich,
forensische Psychiatrie ist keine Geheimwissenschaft; der Richter kann
Zugang zu ihr finden (LK-Schöch 2006, § 20 Rn.219). In Zweifelsfällen
sollten Vertreter verschiedener Schulen herangezogen werden (Rudolph 1969,
27)."
S. 161: Schreiber & Rosenau, ... Verfahren ...:
"Voraussetzung dafür, dass der Gutachter durch den Akteninhalt nicht
„fehlgeleitet“ wird, sind nicht zuletzt klar formulierte Beweisfragen
(LR-Krause
2003, § 78 Rn.9). Diese Fragen, die sich teilweise aus den Gesetzesfassungen
selbst ergeben (§ 463 Abs. 3 StPO: Sind von dem Verurteilten aufgrund
seines Hanges weiterhin erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten?) sollten
möglichst präzise formuliert sein (Nedopil 2007, 334f.). Bei
nicht abschließend geklärtem Sachverhalt, insbesondere bestrittener
Täterschaft, kann es dabei erforderlich sein, mehrere Sachverhaltsalternativen
zu bezeichnen, von denen der Gutachter auszugehen hat. Ist der Inhalt des
Auftrags unklar, so sollte Rückfrage beim Auftraggeber gehalten und
auf Klärung bzw. Präzisierung gedrängt werden."
S. 163: Schreiber & Rosenau, ... Verfahren ...:
"Aufgrund der den Strafprozess bestimmenden Grund-sätze der Mündlichkeit
und Unmittelbarkeit muss der Sachverständige sein Gutachten in der
Hauptverhandlung selbst mündlich vortragen. Dieser Vortrag sollte
in der Regel eine gedrängte Zusammenfassung der Befunde und der für
die Beweisfrage relevanten Schwerpunkte
bringen. Bezugnahmen auf das schriftliche Gutachten sind dabei möglich,
wenn es den Beteiligten vorliegt. Weicht die Stellungnahme des Gutachters
von seinem schriftlichen Gutachten ab, sollte darauf hingewiesen und die
Veränderung begründet werden."
S. 511: Taupitz & Neikes, Zivilrecht: "Der Sachverständige
hat außerdem eingangs unverzüglich zu prüfen, ob die Beweisfrage
der Hinzuziehung [>512] weiterer Sachverständiger bedarf. Ist dies
der Fall, darf er nicht eigenmächtig Teilfragen an andere Sachverständige
übertragen, sondern muss er das Gericht auf die Notwendigkeit der
Hinzuziehung weiterer Sachverständiger hinweisen (§407a I ZPO).
Eine Hinweispflicht an das Gericht besteht, wie erwähnt (s.
Kap. 26.1.2), auch bei unklarem Beweisbeschluss oder Sachverhalt. Der Sachverständige
hat in einem solchen Fall Klärung durch das Gericht herbeizuführen
(§407a III S. 1 ZPO), um nicht Gefahr zu laufen, ein letztlich unzureichendes
Gutachten zu erstellen."
S. 512: Taupitz & Neikes, Zivilrecht ...
Grundlagen: "Der Gutachter hat die an ihn gestellten
Beweisfragen
genau zu beantworten und darf dabei nicht vom Gutachtenauftrag abweichen.
Da dem Gericht im Rahmen der Beweiswürdigung eine verantwortliche
Prüfung auf wissenschaftliche Fundierung, Logik und Schlüssigkeit
möglich sein muss (KG FamRZ 1995, 1379), genügt es nicht, wenn
der Sachverständige die Beweisfragen
nur im Ergebnis beantwortet. Vielmehr hat er auch die aufgrund seiner Fachkunde
ermittelten Tatsachen und Erfahrungssätze mitzuteilen und darzustellen,
aus welchen Tatsachen und Erfahrungssätzen er seine Schlussfolgerungen
ableitet. So hat ein Gutachten zur Notwendigkeit der Betreuung z.B. im
Einzelnen darzulegen, aufgrund welchen Untersuchungsbefundes welche Krankheit
diagnostiziert wurde, wie der erfahrungsgemäße Krankheitsverlauf
aussieht und welche Schlussfolgerungen für Betreuungsbedürftigkeit
und Dauer der Betreuung aus Diagnose und Krankheitsprognose zu ziehen sind
(KGFamRZ 1995, 1379; s. auch Kap. 26.5.3). Bei seiner Beurteilung muss
der Sachverständige die wissenschaftlichen Erkenntnisquellen ausschöpfen,
das verwendete Schrifttum nachweisen und sich mit beachtlichen wissenschaftlichen
Meinungen und gerichtlichen oder privaten Gutachten, die sich bereits in
den Gerichtsakten befinden, auseinandersetzen (KG FamRZ 1988, 981). Dabei
sollte er sich immer wieder verdeutlichen, dass er als Gehilfe des Gerichts
agiert. Bei seinen Ausführungen hat er daher absolute Neutralität
zu wahren (s. Kap. 26.3.2); er sollte bei der Vermittlung seines Fachwissens
stets bemüht sein, eine für den Laien verständliche Sprache
zu benutzen und schwierige psychiatrische Sachverhalte zu erläutern
(Schneider et al. 2006, 5)."
S. 539: Taupitz & Neikes, Zivilrecht ... Grundlagen:
"Beweisfragen
Da §104 BGB einen Ausnahmetatbestand normiert, muss derjenige
die Geschäftsunfähigkeit beweisen, der sich auf sie beruft. Im
Interesse der Rechtssicherheit werden insbesondere an einen Beweis der
Geschäftsunfähigkeit nach §104 Nr. 2 BGB hohe Anforderungen
gestellt (OLG Hamburg MDR 1950, 731). Insbesondere muss auch der Ausschluss
der freien Willensbestimmung in vollem Umfang bewiesen werden; das Vorliegen
einer krankhaften Störung der Geistestätigkeit begründet
insoweit keine tatsächliche Vermutung (BGH WM 1965,895). Bei verbleibenden
Zweifeln ist von Geschäftsfähigkeit auszugehen. Da im Strafrecht
begründete Zweifel an der Schuldfähigkeit genügen, um zu
einem Freispruch zu gelangen, kann es zu scheinbar widersprüchlichen
Entscheidungen im Straf- und Zivilprozessrecht kommen (Langelüddeke
und Bresser 1976, 370f.)."
S. 584: Foerster, ... privater Versicherungen: "Wie
bei allen psychiatrischen Begutachtungen sind auch bei versicherungsmedizinischen
Beurteilungen drei Bereiche auseinanderzuhalten:
-
Diagnose und Quantifizierung einer gegebenenfalls vorliegenden Störung
mit Beurteilung der Prognose
-
Gutachtliche Stellungnahme und Beantwortung der Beweisfragen
-
Die den Auftraggebern vorbehaltene Entscheidung."
S. 586: Foerster, ... privater Versicherungen: "Bei
unklarer Beweislage bleibt dem psychiatrischen Sachverständigen nur
ein „non liquet“. Dennoch kann eine differenzierte Erörterung der
psychischen Symptomatik und der präsuizidalen Situation auch ohne
definitive Beantwortung der Beweisfragen
sowohl für den Versicherer wie – im Streitfall – für das Zivilgericht
für eventuelle Vergleichsüberlegungen hilfreich sein."
S. 659: Foerster, Sozialrecht: "Aufgabe des Sachverständigen
ist es, dem Auftraggeber die medizinisch festzustellenden entscheidungserheblichen
Tatsachen mitzuteilen und die Beweisfragen zu beantworten.
Lassen sich Zweifel bei der Beantwortung der Beweisfragen
nicht ausschließen, so sind diese Zweifel darzulegen. Keinesfalls
darf der Sachverständige nach dem völlig falschen Satz „in dubio
pro aegroto“ entscheiden. Es geht auch nicht darum, Plausibilitätslücken
in Gutachten durch Mutmaßungen oder eine „wohlwollende“ Beurteilung
auszufüllen. Entscheidend ist der psychopathologische Befund, wohingegen
der alleinige Bezug auf die Beschwerdeschilderung eines Probanden niemals
ausreichen kann (Stevens und Foerster 2000)."
S. 660: Foerster, Sozialrecht: "Die hierauf aufbauende
gutachtliche Stellungnahme mit Beantwortung der jeweiligen Beweisfragen"
S. 883: Dreßing & Foerster, Asyl: Überschriftshinweis
auf 887
S. 887: Dreßing & Foerster, Asyl: Abschnittsüberschrift
Beweisfragen:
"... Fast alle Beweisbeschlüsse enthalten allgemeine Fragen nach dem
Gesundheitszustand des Probanden und dem Vorliegen psychischer Störungen,
so werden z.B. im Informations- und Kriterienkatalog aus Nordrhein-Westfalen
(2004) die Folgenden genannt:
1. Kann eine physische oder psychische Erkrankung bestätigt werden?
2. Ist der Proband wegen dieser Erkrankung bereits in Behandlung? Seit
wann? Wenn nicht, warum nicht?
3. Welche Behandlung muss im Heimatland gewährleistet werden?
4. Besteht das Behandlungserfordernis unmittelbar oder kann die Behandlung
aufgeschoben werden? Wenn ja, wie lange?
5. Welche konkreten Folgen hätte es für den weiteren Verlauf
der erkannten und hier bereits behandelten physischen oder psychischen
Erkrankung, wenn diese im Heimatland nicht weiterbehandelt werden würde?
Bei der Frage nach dem Gesundheitszustand handelt es sich um ein genuin
medizinisches Thema. Diesem sollte im Gutachten ausreichend Raum gegeben
werden, da alle weiteren Fragen erhebliche ethische und professionelle
Dilemmata aufwerfen und vom Gutachter häufig nur eingeschränkt
beantwortet werden können. Es soll noch einmal betont werden, dass
es nicht Aufgabe des Gutachters ist, Anknüpfungstatbestände zu
liefern, etwa dergestalt, ob eine Traumatisierung im Heimatland stattgefunden
hat oder nicht. Meist wird man eine Diagnose stellen können und die
Ätiologie offen lassen müssen. Die korrekte Haltung des Gutachters
bei unklaren Fällen ist dann ein „Non liquet“.
Im medizinischen Abschnitt der gutachtlichen Beurteilung sollten die
Befunde, die Resultat der eigenen Untersuchung sind, noch einmal genannt
und mit der Beschwerdeschilderung des Probanden und den fremdanamnestischen
Angaben in Beziehung gesetzt werden, um daraus dann eine kohärente
diagnostische Einschätzung herzustellen. Eventuelle Widersprüche
und Unstimmigkeiten dürfen nicht verdeckt, sondern müssen diskutiert
und Alternativhypothesen in ihrer Bedeutung abgewogen werden, so dass die
Argumentation transparent und nachvollziehbar ist. Eine kriterienorientierte
Diagnose anhand der ICD-10 oder des DSM-IV-TR ist zwingend erforderlich.
Bei komplexen Krankheitsbildern wie einer posttraumatischen Belastungsstörung
sollten die verwandten diagnostischen Kriterien erläutert werden.
Es ist ferner notwendig, die Schwere der [888] Störung und die damit
verbundenen psychischen Einschränkungen darzustellen. Außerdem
sollte die Persönlichkeit des Probanden beschrieben und hinsichtlich
ihrer typischen Reaktionsweisen, vor allem auf Belastungen, eingeschätzt
werden.
Bei der körperlichen Untersuchung soll z.B. auf das Vorhandensein
von Verletzungsfolgen oder Narben geachtet werden. Diese sollen auch differenziert
beschrieben werden, wobei der psychiatrische Sachverständige eine
Einschätzung über deren Verursachung in der Regel jedoch nicht
vornehmen kann."
S. 889: Dreßing & Foerster, Asyl:
"Wie in den vorangegangenen Abschnitten schon mehrfach erwähnt, spielt
die Frage der Glaubhaftigkeit der Angaben des Probanden in asyl- und ausländerrechtlichen
Begutachtungen oft eine wichtige Rolle, auch wenn diese Frage nicht explizit
in den Beweisfragen formuliert wird.
Daher sollen die wesentlichen Aussagen im Folgenden noch einmal zusammengefasst
werden."
__
Venzlaff & Foerster
(2009)
Klaus Foerster und Harald Dreßing Aufgaben und Stellung des
psychiatrischen Sachverständigen. Ausdruck "Beweisfragen" fett-kursiv
RS.
1.3 Prinzipien der psychiatrischen Begutachtung
Die psychiatrische Begutachtung ist – wie die Begutachtung in allen
anderen medizinischen Fächern auch – nie Selbstzweck. Ihre Aufgabe
ist die Beantwortung der von den Auftraggebern – z.B. Gerichte der verschiedenen
Rechtszweige, Staatsanwaltschaften, Ministerien, Justizvollzugsanstalten,
Kliniken des Maßregelvollzugs, Berufsgenossenschaften, Versorgungsämter,
Krankenkassen – gestellten Beweisfragen aus psychiatrischer
Sicht. Dabei gilt immer, dass die eigentliche Rechtsfrage nie vom
psychiatrischen Sachverständigen beantwortet, geschweige denn entschieden
werden kann. Der psychiatrische Sachverständige hat aufgrund seiner
Untersuchung (s. Kap. 2) die Voraussetzungen darzulegen, aufgrund derer
der Auftraggeber die Rechtsfrage in eigener Wertung und Würdigung
beantworten kann. In manchen Bereichen ist dieses Prinzip stark vereinfacht
und „abgeschliffen“, aber auch die Beurteilung beispielsweise der Arbeitsfähigkeit/Arbeitsunfähigkeit
ist eine gutachtliche Aufgabe.
Bei allen, teilweise extrem unterschiedlichen Fragen
in den verschiedenen Rechtsgebieten folgt die psychiatrische Begutachtung
stets dem gleichen Prinzip, nämlich einem dreistufigen Vorgehen:
1. Schritt. Dieser erste Schritt – die Diagnosestellung
– ist der entscheidende, denn lässt sich aufgrund der Untersuchung
weder für den Untersuchungszeitpunkt noch – bei retrospektiver Beurteilung
– für den zurückliegenden Zeitpunkt beispielsweise einer Tat
oder den Abschluss eines Rechtsgeschäfts eine psychiatrische Diagnose
stellen, können keine forensisch-psychiatrischen Folgerungen gezogen
werden. Bei allen Begutachtungen, bei denen es um eine retrospektive Analyse
geht, hat der Sachverständige zu bedenken, dass nicht die Diagnose
zum Untersuchungszeitpunkt ausschlaggebend ist. Vielmehr besteht seine
Aufgabe darin, neben der Diagnose zum Untersuchungszeitpunkt aufgrund aller
erreichbaren Informationen retrospektiv eine Diagnose für den zu beurteilenden
Zeitraum zu stellen. Bei allen Begutachtungen, die prognostische Überlegungen
beinhalten, muss der zum Untersuchungszeitpunkt erhobene Befund in die
Zukunft „projiziert“ werden. Feststellungen bezüglich der Vergangenheit
und der Zukunft sind häufig nur mit einer mehr oder weniger großen
Wahrscheinlichkeit, aber nicht mit absoluter Sicherheit möglich. Der
Sachverständige muss bei seiner Beurteilung wissen, dass in unterschiedlichen
Rechtsgebieten unterschiedliche Wahrscheinlichkeitsgrade verlangt werden,
beispielsweise ist eine strafrechtliche Verurteilung nicht möglich,
wenn richterliche Zweifel an der Schuld des Angeklagten nicht auszuschließen
sind, während die Voraussetzungen für das Vorliegen von Geschäfts-
oder Testierunfähigkeit bewiesen werden müssen.
2. Schritt. Es ist ein prinzipieller Fehler, aufgrund einer Diagnose
unmittelbar die Beweisfragen zu erörtern. Vielmehr muss
in einem zweiten Schritt die psychopathologische Diagnose den jeweiligen
rechtlichen Begrifflichkeiten zugeordnet werden, beispielsweise im Rahmen
der strafrechtlichen Beurteilung einer der Merkmalskategorien der §§
20/21 StGB, bei der Begutachtung der Geschäftsfähigkeit den Begriffen
„krankhafte Störung der Geistestätigkeit“ (§ 104 Nr. 2 BGB),
„Bewusstlosigkeit oder vorübergehende Störung der Geistestätigkeit“
(§ 105 BGB) bzw. bei Begutachtungen im Rahmen des Betreuungsrechts
„psychische Krankheit, körperliche, geistige oder seelische Behinderung“
(§ 1896 BGB). Es erfolgt somit eine „Übersetzung“ der psychopathologischen
Befunde und der gestellten Diagnose in juristische Begriffe.
3. Schritt. Hier hat der psychiatrische Sachverständige
die Beweisfragen zu beantworten, wobei er stets das Primat
der Wertung und Würdigung durch den Auftraggeber zu bedenken hat.
Daher benennt er die Voraussetzungen aus psychiatrischer Sicht,
aufgrund derer die Rechtsfrage dann entschieden werden kann, wobei diese
Entscheidung in der Verantwortung und Kompetenz des Auftraggebers liegt.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass in [>7] der Regel die Stellung
einer Diagnose nicht genügt, um diese Voraussetzungen zu benennen.
Entscheidend sind vielmehr die konkret benennbaren psychopathologischen
Symptome und deren konkrete Auswirkungen im psychosozialen Bereich. ..."
Nedopil
(2005, Hrsg)
Nedopil geht zwar nicht wörtlich ein auf die Methodik wie
die Beantwortung der Beweisfragen geht und gemacht werden soll,
letztlich handelt aber das ganze Buch mehr oder weniger davon. Speziell
aber Kapitel 9 Anwendung der Prognoseverfahren im Einzelfall und
Kapitel 11, Kasuistiken mit vier Falldarstellungen sind für die Beweismethodik
besonders ergiebig. Zunächst seien Nedopils schlüssige und nachvollziehbare
Ausführungen zur Behandlung zitiert (S. 198f)
"9.1 Zusammenhang zwischen Prognose und Therapie
im Einzelfall
Ein auf diesen Überlegungen aufbauendes, schrittweises Konzept
könnte bei psychisch gestörten Rechtsbrechern relativ schematisch
folgendermaßen ausschauen (Abbildung 9-1):
In einem ersten Schritt werden die Defizite des Betroffenen genau analysiert.
Aufgrund dieser Analyse wird eine auf den Einzelnen bezogene Arbeitshypothese
zur Genese der Defizite bzw. der für die Delinquenz relevanten Störung
entwickelt (zweiter Schritt Hypothese zur Delinquenzgenese). Ihre Berechtigung
ist im weiteren Verlauf der Therapie zu verifizieren oder zu falsifizieren.
In einem dritten Schritt werden die für diese Hypothese relevanten
behandelbaren Risikofaktoren identifiziert, in einem vierten Schritt erreichbare
und messbare Behandlungsziele für den einzelnen Probanden definiert.
Aufgrund von Hypothesenbildung und Zielsetzung wird in einem fünften
Schritt eine therapeutische Interventionsstrategie entwickelt, mit deren
Hilfe individuell das Gewicht der delinquenzbedingenden Faktoren reduziert
und die protektiven Faktoren gestärkt werden können. In einem
sechsten Schritt wird bereits vor Beginn der Therapie versucht, den Einfluss
von Störvariablen und von Hindernissen bei der Erreichung der Ziele
zu erfassen, um möglichst früh Lösungsstrategien zu ihrer
Bewältigung zu entwickeln. Im Verlauf der Therapie sind von vornherein
bestimmte Entscheidungszeitpunkte festgelegt, an denen der bisherige Verlauf
im Sinne einer Qualitätskontrolle analysiert wird. Aufgrund dieser
Qualitätskontrolle muss entschieden werden, ob die Hypothese zur Delinquenzgenese
richtig oder falsch war, ob die Risikofaktoren korrekt identifiziert wurden
und ob sich bei richtiger Hypothese das therapeutische Programm bewährt
hat, so dass es fortgeschrieben werden kann, oder ob Programmänderungen
erforderlich sind (siebter Schritt).
... [>199] ...
Auch während der Behandlung heißt hypothesengeleitet, dass
Entscheidungen nicht auf Gewissheiten und Überzeugungen basieren,
sondern dass sich eine ursprünglich plausible Annahme auch als falsch
erweisen und dann korrigiert werden kann, ohne dass ein Gesamtkonzept oder
die Person, welche die Hypothese aufgestellt und geprüft hat, in Frage
gestellt werden muss. Die Überprüfung kann jeweils in dem Rahmen
durchgeführt werden, der noch keine Gefährdung anderer oder des
Betroffenen selbst nach sich ziehen kann. Vollzugslockerungen können
gezielt der Hypothesenprüfung dienen, die Risikoeinschätzung
bei der Entlassung wird zum Ergebnis mehrfach geprüfter und modifizierter
Hypothesen.
... [>200] ... Gutachter haben sich bei der Einweisung mit folgenden
Fragen auseinander zu setzen:
-
Welche Risikofaktoren für künftige Delinquenz liegen vor?
-
Durch welche konkreten Maßnahmen sind diese Risikofaktoren zu beseitigen
oder zu reduzieren?
-
In welchem Setting ist dies in der zur Verfügung stehenden Zeit möglich?
Darüber hinaus sollten auch folgende Fragen beantwortet werden,
damit Gutachten auch kriminalpräventiv Sinn machen:
-
Ist bei dem Betreffenden auch ohne Therapie ein Rückfall unwahrscheinlich?
-
Kann andernfalls durch Therapie ein Rückfall verhindert werden? oder
-
Bleiben trotz Therapie Rückfälle wahrscheinlich?"
Analyse der Falldarstellungen
auf ihre implzite Beweismethodik (Kap. 11)
Nedopil bringt im Kapitel 11 auf 68 Seiten vier ausführliche Falldarstellungen,
aus denen seine Kriterien für die Prognose entnommen werden können.
Fall 1: der typische Fall
(Vergewaltiger),
S. 208-227
Veränderungskriterium
S. 225: "3. Schlussfolgerungen
Fasst man die Erkenntnisse zusammen, so muss festgestellt werden, dass
sich seit der Flucht aus dem Maßregelvollzug nichts Wesentliches
geändert hat: ..."
Einstellungs- und
Verhaltenänderung
S. 225: "... Herr Narzisse war damals wie heute bereit, aus den Konfrontationen
mit den Therapeuten oder mit Gutachtern Erkenntnisse zu sammeln. Ein Umsetzen
dieser Erkenntnisse im Sinne einer Verhaltens- oder Einstellungsänderung
wurde dadurch jedoch nicht erreicht. So betonte er bei der jetzigen Begutachtung
gegenüber der Sozialpädagogin, dass ihm bezüglich der Einbrüche
und deren Zusammenhang mit Sexualdelinquenz durch das konfrontative Gespräch
mit ihr ein Licht aufgegangen sei, um kurze Zeit später beim Referenten
diese Einbrüche wiederum als Bagatellen abzutun."
Konsistenz der Darstellung
S. 225: "... So betonte er bei der jetzigen Begutachtung gegenüber
der Sozialpädagogin, dass ihm bezüglich der Einbrüche und
deren Zusammenhang mit Sexualdelinquenz durch das konfrontative Gespräch
mit ihr ein Licht aufgegangen sei, um kurze Zeit später beim Referenten
diese Einbrüche wiederum als Bagatellen abzutun."
Nichts dazu gelernt
S. 225: "Herr Narzisse hat trotz der massiven staatlichen Eingriffe
in sein Leben, trotz der immerhin über 2 Jahre lang durchgeführten
Therapie in Bad Zwischenahn und Ochsenzoll nicht gelernt, dass er sich
ändern muss. Vielmehr ist er weiterhin der Auffassung, dass mit ihm
etwas geschehen müsse."
Fazit
S. 227: "...Eine Verlegung in den Maßregelvollzug kommt dann
in Betracht, wenn der Proband in der Haftanstalt während der Sicherungsverwahrung
bewiesen hat, dass er zu tatsächlichen Verhaltens- und Einstellungsänderungen
bereit ist und aktiv und dauerhaft an solchen Änderungen arbeitet.
..."
Fall
2: Begutachtung einer Sicherungsverwahrung (Zuhälter), S. 227-249
S. 248f: "Die im Gutachtenauftrag gestellte Frage wird somit zusammenfassend
dahingehend beantwortet, dass der Proband in eine Risikogruppe fällt,
bei der, wenn er heute entlassen würde, mehr dafür als dagegen
spricht, dass er innerhalb eines überschaubaren Zeitraums von 5 Jahren
wieder mit irgendeinem Delikt rückfällig wird. Der Schweregrad
(„die Qualität") der Delinquenz ist im Bereich Betrug, Manipulation,
Bedrohung oder Nötigung im [<248] engeren Umfeld zu sehen. Es ist
wenig wahrscheinlich, dass Menschen, die dem Probanden unbekannt sind,
von seiner Delinquenz betroffen sein würden. Die Frequenz des Verhaltens
dürfte eher situationsabhängig sein, es kann aber durchaus mehrmals
pro Jahr auftreten, wenn, was derzeit befürchtet werden muss, der
Proband nach kürzerer oder längerer Zeit wieder in sein gewohntes
„ kriminogenes" Milieu zurückkehrt. Delikte von größerem
Schweregrad (schwere Körperverletzung, Körperverletzung mit Instrumenten
oder Waffen, Delikte gegen das Leben oder sexuelle Übergriffe auf
Fremde) sind demgegenüber wenig wahrscheinlich. Eine Prognose bezüglich
der Rückfallwahrscheinlichkeit nach einer längeren Haftstrafe
ist aus verschiedenen Gründen, die dargelegt wurden, nicht möglich.
Es lässt sich allenfalls der Rahmen beschreiben, durch welchen die
Deliktwahrscheinlichkeit geringer wird, und es lässt sich feststellen,
dass aufgrund des Alterungsprozesses des Probanden dieser zum Entlassungszeitpunkt
nach einer längeren Haftstrafe in einem Alter sein wird, in dem Körperverletzungen
und Delikte gegen das Leben extrem selten sind, Betrugsdelikte, Nötigungen
und Drohungen jedoch durchaus noch vorkommen und somit auch bei Herrn Fingerhut
nicht von vornherein ausgeschlossen werden können."
Hier wird widersprüchlich argumentiert. Einerseits
werden zu Beginn der Schlussbeurteilung Risikowahrscheinlichkeiten einer
Gruppe unzulässig auf den Einzelfall übertragen. Weiter unten
wird widersprüchlich dazu bemerkt, dass Rückfallwahrscheinlichkeiten
nach längeren Haftstrafen nicht möglich seien. Am Ende wird der
Faktor Alter ins Spiel gebracht, der zunehmend günstig zu bewerten
ist.
Fall 3:
Der falsch negative Fall, wenn ideographische und nomothetische Konzepte
angewandt würden S. 249-266
S. 257f: "Versucht man die gängigen Prognoseinstrumente bei Herrn
Holunder anzuwenden, so ist festzustellen, dass er in der PCL-R weniger
als 10 Punkte erzielte, bei Anwendung des VRAG in Risikogruppe 2 fiel,
was einer Rückfallwahrscheinlichkeit von unter 10% in der Orginalstichprobe
entspricht, im Static 99 ebenfalls nur wenige Risikofaktoren (Merkmal 2
und 8) erfüllt {>258] und auch nach HCR-20 und SVR-20 kaum als Patient
mit einem hohen Rückfallrisiko angesehen werden konnte. ..."
S. 265: "Unabhängig von den konkreten Umständen
und Motiven dieser Tötung wird erkennbar, dass die narzisstische Persönlichkeitsstörung
und das Inzweifelziehen seiner eigenen Größenvorstellungen bzw.
die Bedrohung seines Schutzraumes Hintergrund und Bedingung für die
von Herrn Holunder begangenen Delikte war. In einer Therapie ist es somit
vordringlich, dass Herr Holunder lernt, seine reale Dimension zu akzeptieren,
Kritik und Zurückweisung nicht als Entwertung aufzufassen, sondern
sie auszuhalten und gleichwohl zu einer realistischen Wertschätzung
seiner selbst zu kommen. Hierzu bedarf es der Selbstreflektion, der Auseinandersetzung
mit der Realität, des Akzeptierens und Bearbeitens von Niederlagen
ohne daran zu zerbrechen oder zum Gegenschlag auszuholen. Es bedarf darüber
hinaus einer realistischen Einschätzung und Akzeptanz der Umwelt und
der Bezugspersonen und der Fähigkeit zum Perspektivenwechsel mit der
Möglichkeit, sich selber und seine Mitmenschen aus verschiedenen Blickwinkeln
zu betrachten, die gleichberechtigt nebeneinander stehen können. Diese
als Therapieziele genannten Fähigkeiten hat Herr Holunder noch nicht
erreicht. Besonders deutlich wird dies am Umgang mit ... [>266]
Folgt man der dargestellten Hypothese zur Kriminalitätsgenese,
so muss bedauerlicherweise festgestellt werden, dass wesentliche Faktoren,
die damals zu den Delikten geführt haben, auch heute noch erkennbar
sind. Diese Hintergrundfaktoren lassen aber auch verständlich werden,
dass es für das Zustandekommen einer Gefährdung einer erheblichen
Vorlaufszeit bedarf, da die Beziehungsaufnahme, Öffnung des Probanden
und Kränkung Vorstufen sind, um das Risiko manifest werden zu lassen.
Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte ist eine Gefährdung
anderer dann äußerst unwahrscheinlich, wenn der Proband in einen
ihm bewahrenden und betreuenden Schutzraum beurlaubt wird. Beurlaubungen
zu seinen Eltern oder zu seiner Schwester gewähren ihm einen solchen
Schutzraum, wobei in diesem Verhältnis auch relativ rigide, stabile
Loyalitäten erkennbar sind, die eine Kränkung äußerst
unwahrscheinlich machen. Demgegenüber ist die Aufnahme einer neuen
Beziehung mit so vielen Unwägbarkeiten verbunden, dass dabei die Verwirklichung
der dargestellten Risiken nicht ausgeschlossen werden kann.
Zusammenfassend wird die im Gutachtenauftrag gestellte Frage dahingehend
beantwortet, dass eine so deutliche Änderung in den Einstellungen
und im Verhalten von Herrn Holunder nicht erkennbar ist, dass bei einer
Entlassung aus dem Maßregelvollzug zu erwarten wäre, dass keine
erheblichen rechtswidrigen Taten mehr vorkommen. Bei Beurlaubungen zu den
Eltern oder der Schwester können allerdings die angesprochenen Risikofaktoren
mit größter Wahrscheinlichkeit nicht manifest werden, so dass
eine Gefährdung durch Beurlaubungen nicht erkennbar ist."
Aufgrund einer individuell erstellten Delinquenzgenese
und der Entwicklung des Untergebrachten wird erkannt, dass eine entsprechend
deutliche Änderung in seiner Einstellung und in seinem Verhalten nicht
festgestellt werden und daher eine Entlassung der nicht befürwortet
werden kann.
Das Zitat S. 257 erklärt den Teil der
Überschrift, der sich auf die nomothetischen Konzepte (Risikowerte
von Gruppen) bezieht. Das ist verständlich. Unverständlich im
Titel ist hingegen die Kritik auf das idiographische Konzept, das Nedopil
in dem Fall mit seiner individuellen Delinquenzgenese und postdeliktischen
Entwicklungsanalyse ja nachvollziehbar angewendet hat.
Fall 4: Der falsch
positive Fall, [1981] S. 267-275
S. 271: "„Vor dem Hintergrund der psychopathischen Persönlichkeit
und ihrer Auffälligkeit im Sinne der Dissozialität und der Depravation
ist aus forensisch-psychiatrischer Sicht davon auszugehen, dass Herrn Schlüsselblume
die [>272] Folgen seines Handelns und die Auswirkungen auf seine Umwelt
relativ gleichgültig sind und dass sein Denken bis zu einem gewissen
Grad eingeengt ist auf ein nahe liegendes, die momentanen Bedürfnisse
befriedigendes Ziel. Dieser Zustand wird sich nicht ändern.
Es wurden die Voraussetzungen für die Anwendung des § 66
StGB (Sicherungsverwahrung) angenommen. Das Gericht folgte damals den Empfehlungen
des Gutachters nicht, sondern verurteilte Herrn Primel zu einer Freiheitsstrafe
von 4 Jahren und 9 Monaten, wobei das noch relativ jugendliche Alter des
Probanden strafmildernd berücksichtigt wurde."
S. 275: "... Die 1982 abgegebene ungünstige Rückfallprognose
hatte sich nicht erfüllt."
Rasch & Konrad
(2004)
Rasch & Konrad sind zwar die einzigen, die ich bislang fand, die
sich für das Recht des Angeklagten auf einen Gutachter
seines Vertrauens aussprechen, aber ein Kapitel oder auch nur einen
Abschnitt zur Frage, wie Beweisfragen beantworten geht, habe
ich auch bei ihnen nicht gefunden, obwohl das Werk natürlich viele
wertvolle und wichtige Ausführungen enthält. Systematisch gehörte
ein solcher Abschnitt in das Kapital "8 Das Gutachten" (325-372). Das Kapitel
"9 Die Beurteilung der Schuldfähigkeit" gibt zwar eine Anleitung,
was alles zu beachten ist, aber auch dieses bleibt die Antwort schuldig,
wie beantworten der Beweisfrage geschehen sollte.
Anmerkung: Obwohl Rasch & Konrad mehrfach, auch
gleich im ersten Kapitel ihres Werke deutlich machen, wie wichtig es ist,
sich auf die Sachverständigenaufgabe zu beschränken, d.h. keine
Rechtsfragen zu beantworten, was nach deutschem Recht allein Sache des
Gerichts ist, kommt es zu der falschen Überschrift bei Kapitel "9
Die Beurteilung der Schuldfähigkeit". Das eben ist nicht die Aufgabe
des Sachverständigen, sondern des Gerichts. Die Aufgabe des Sachverständigen
ist es, die psychopathologischen Voraussetzungen der "Schuldfähigkeit"
zu erforschen, damit das Gericht sich ein klares Urteil zur Frage (des
Rechtsbegriffes) Schuldfähigkeit bilden kann. Allerdings hat an diesen
ständigen Irrunngen und Wirrungen das Recht selbst erhebliche Anteile,
weil es teilweise die Aufträge falsch ausschreibt und, grundlegender,
keine klare Kommunikationsregeln für die Entsprechungen
der Rechtsbegriffe bezüglich der Bildungs- und Fachbegriffe geschaffen
hat.
Das
DGPPN-Zertifikat Forensische Psychiatrie (2012)
Müller, Jürgen L. & Saimeh, N. (2012) Das DGPPN-Zertifikat
Forensische Psychiatrie Entwicklung, gegenwärtige Situation, Perspektive.
Forens Psychiatr Psychol Kriminol (2012) 6:266–272
Im Artikel kommt das Wort "Beweis" und "Beweisfrage"
nicht vor. Auch "begründen" kommt nicht im wissenschaftlich Sinne
vor, sondern nur wie folgt (S. 267): "Die DGPPN griff diese Diskussion
aktiv auf und betonte, dass die im forensisch psychiatrischen Kontext relevanten
Diagnosen und Tatkonstellationen wie sexuelle Deviationen, Persönlichkeitsstörungen,
Affektdelikte und die spezifischen Aufgaben der forensischen Psychiatrie
ein eigenes fachliches Profil begründen und eine differenzierte Aus-
und Weiterbildung zusätzlich zu der der Allgemeinpsychiatrie erforderlich
machen." Hingegen kommt das Wort "wissenschaftlich" durchaus anspruchsvoll
vor (S. 270): "... Im Interesse der zu begutachtenden Probanden, die einen
Anspruch auf eine wissenschaftlich begründete und nachvollziehbare
Begutachtung haben, und im Interesse der Auftraggeber ist die DGPPN gefordert,
..."
Qualitätssicherung
in der forensischen Psychologie (2012)
Dahle, Klaus-Peter; Bliesener, Thomas; Gretenkord, Lutz
& Schwabe-Höllein, Marianne (2012) Qualitätssicherung
in der forensischen Psychologie. Die zertifizierte Weiterbildung zum Fachpsychologen
für Rechtspsychologie BDP/DGPs. Forens Psychiatr Psychol Kriminol
(2012) 6:243–249.
Die Worte "begründen", "Beweis", "beweisen",
"Beweisfragen" kommen nicht vor. Man sieht, auch die forensischen PsychologInnen
haben hier eine Lücke, obwohl sie durch den BGH Beschluss aus 1999
zur aussagepsychologischen Hypothesenprüfmethodik eine disziplinierende
Grundlage auferlegt bekommen haben.
Katalog
der potentiellen forensischen Gutachtenfehler
Fehler in forensisch-psychologischen, forensisch-psychopathologischen,
forensisch-psychiatrischen Gutachten.
Vorbemerkung: Das Einzelfallprinzip gebietet sicherheitshalber nur von
potentiellen Fehlern zu sprechen. Der Katalog enthält also überwiegend
nur potentielle Fehler. Ob ein potentieller Fehler im spezifischen
Einzelfall wirklich ein Gutachten-Fehler ist, sollte nicht absolut-allgemein,
sondern im Realitätsrahmen und Situationskontext des Einzelfalles
untersucht und entschieden werden. Und natürlich hängt die Fehler-Diagnose
und das Gewicht, das ihr zukommt, auch sehr davon ab, aus welcher wissenschaftlichen
Perspektive oder Basis die Betrachtung erfolgt. PsychoanalytikerInnen haben
z.B. ein sehr lockeres Verhältnis zu Phantasie und Vermutungen und
verwechseln diese oft mit Wissenschaft, Empirie oder Objektivität.
Wichtig ist vielleicht auch, dass man sich eingesteht:
fehlerlose Gutachten gibt es nicht. Aber: die Problemlösung beginnt
bekanntlich mit der Problemwahrnehmung. Deshalb ist es sinnvoll, sich seinen
möglichen Fehlern grundsätzlich zu öffnen. Manche Fehler
mögen auch keine ernste Bedeutung haben, andere aber im jeweiligen
Einzelfall vielleicht schon. Und es gibt fatale Fehler, die ein Gutachten
nicht verwertbar machen (z.B. Oder-Diagnosen, Verfassung und Befinden zu
den Tatzeiten nicht exploriert oder, bei keinem Ergebnis hierzu, die Beweisfrage
als nicht beantwortbar erklärt, nicht persönlich untersucht,
unzulängliche Mittel und Methoden angewendet, ... ... ...)
Kleine Fehlertaxonomie: (1) Fatale, nicht mehr reparierbare
Fehler. (2) Fatale Fehler ohne nähere Spezifikation. (3) Fatale, aber
grundsätzlich noch reparierbare Fehler ("Nachbesserung", weiteres
Ergänzungsgutachten). (4) Fehler ohne bedeutsame Auswirkung
auf die Beantwortung der Beweisfrage. (5) Sonstiger in seiner Bedeutsamkeit
nicht richtig oder zuverlässig einschätzbarer Fehler.
Sonderfall: Fehlerhaftes Gutachten, aber im Ergebnis
nachvollziehbar und - wenn auch mit anderem Vorgehen - zum gleichen Ergebnis
gelangend.
Beweisfragen-Fehler (BewF)
-
BewF01 Die Beweisfragen werden nicht ausdrücklich
im Gutachten genannt.
-
BewF02 Die Beweisfragen werden vom Auftraggeber
nicht genau gestellt und nicht entsprechend erkundet.
-
BewF03 Die Aufgabe der Beweisfragen
wird nicht angemessen erfasst.
-
BewF04 Die Aufgabe der Beweisfrage wird
nicht gründlich genug behandelt (bloße Meinung oder Einschätzung).
-
BewF05 Die Beantwortung der Beweisfrage
wird nicht aus empirisch ausgewiesenen Daten abgeleitet.
-
BewF06 Die Beantwortung der Beweisfrage
wird nicht ausreichend begründet und erörtert.
-
BewF07 Die Aufgabe der Beweisfrage wird
nicht angemessen und punktgenau beantwortet.
-
BewF08 Die Beweisfrage wird für unterschiedliche Taten nicht
differenziert, sondern summarisch beantwortet (z.B. wahnhaft oder schizophren
bei allen Taten).
-
BewF-X Sonstiger, bislang nicht erfasster Fehler, der dem Bereich
Beweisfragen zuzuordnen ist.
_
BewF01:
Die
Beweisfragen werden nicht ausdrücklich im Gutachten genannt.
Werden in einem Gutachten nicht zu Beginn des
Gutchtens die Beweisfragen des Auftraggebers genannt, ist ein Gutachten
grundsätzlich nicht nachvollzieh- und prüfbar. Das ist ein fataler,
d.h. nicht heilbarer Fehler, der das Gutachten wertlos macht.
Der unzulängliche Beweisfrageausweis
hat mehrere Varianten. So z.B., dass die Beweisfragen erst mitten (Dr.
Blocher im Fall Ulvi Kulac) oder gar erst am Ende des Gutachtens gennant
oder beantwortet werden. Manchmal werden sie bei der Beantwortung auch
nicht ausdrücklich genannt, sondern man muss mühsam und fehleranfällig
aus der Antwort auf die Beweisfrage schließen, was denn die Beweisfrage
gewesen sein könnte. Aber selbst das das ist nicht möglich, wenn
z.B. auf eine Beweisfrage geantwortet wird "entfällt". Mir liegt ein
solches psychiatrisches "Fach"gutachten eines lokal bekannten und erfahrenen
forensischen Psychiaters aus Nürnberg aus dem Jahre 2015 vor. Das
heißt, einige forensische Psychiater machen nach wie vor die gröbsten
Fehler und lernen nichts hinzu. Das können sich viele deshalb leisten,
weil viele RichterInnen unfähig oder unwillig sind, Gutachten mit
diesem Fehler als nicht verwertbar zurückzuweisen.
Beleg BewF01
Alle Mollath-Gutachter geben die Beweisfragen an.
Beleg BewF02 Dr.
Blocher im Fall Ulvi Kulac erwähnt die Beweisfragen erst Seite
50.
Beleg BewF03
Psychiatrisches Fachgutachen eines lokal bekannten Nürnberger forensischen
Psychiaters (Beleg liegt vor).
BewF02: Die
Beweisfragen werden vom Auftraggeber nicht genau gestellt und nicht entsprechend
erkundet.
Beleg BewF02
Die Beweisfragen werden für alle Mollath-Gutachter hinreichend genau
gestellt.
BewF03
Die Aufgabe der Beweisfragen wird nicht angemessen erfasst.
Beleg BewF03 Das gilt
für die Mollath-Gutachter Dr. Leipziger, Prof. Dr. Kröber und
Prof. Dr. Pfäfflin, was ihrer Bearbeitung zu entnehmen ist. Ganz besonders
ist hier zu vermerken, dass Befinden und Verfassen zu den behaupteten 10
Tatzeitpunkten nicht einmal ansatzweise erkundet oder thematisiert werden
(>BefF08). Allein dieser fatale Fehler macht die
Gutachten wertlos.
Falsche Logik
Stellungnahme vom 15.1.2010 zum Prognosegutachten
Stellungnahme vom 15.1.2010 zum beantragten externen Prognosegutachten
Dr. K. Leipziger (Chefarzt), I. Bahlig-Schmidt (Oberärztin), P. Rümenapp
(Stationsärztin): „Wie in unserer o.g. Stellungnahme gemäß
§ 67 e vom 03.11.2009 bereits dargestellt, ist aus unserer Sicht bei
Herrn Mollath Sinn und Zweck der Maßregelvollzugsbehandlung noch
nicht erreicht. Bei einer Entlassung zur Bewährung zum gegenwärtigen
Zeitpunkt sind seitens Herrn Mollath weitere erhebliche Straftaten im Bereich
der Anlassdelikte zu erwarten, da Herr Mollath weder in der forensisch-psychiatrischen
Klinik Straubing noch hier in der Klinik für Forensische Psychiatrie
des Bezirkskrankenhauses Bayreuth bisher therapeutischen Maßnahmen
zugänglich war und noch keine Verbesserung des unterbringungsrelevanten
Zustandes attestiert werden kann, der die negative Legalprognose bei Herrn
Mollath begründet."
Richtig wäre zu sagen: Da Herr Mollath jegliche
Exploration verweigert, sind Aussagen nicht möglich. Siehe bitte auch.
BewF04: Die
Aufgabe der Beweisfrage wird nicht gründlich genug behandelt (bloße
Meinung oder Einschätzung).
Beleg BewF04
Das gilt für die Mollath-Gutachter Dr. Leipziger, Prof. Dr. Kröber
und Prof. Dr. Pfäfflin, bei denen Befinden und Verfassen zu den Tatzeitpunkten
überhaupt nicht behandelt wird, weshalb sich die Frage nach "gründlich"
nicht mehr stellt. Auch die Gefährlichkeit und das erhebliche Wiederholungsrisiko
können von Dr. Leipziger und Prof. Dr. Kröber gar nicht eingeschätzt
werden, weil es ihnen an Informationen, und zwar über den ganzen Entwicklungsverlauf,
fehlt. Von beiden Gutachtern werden schwere logische Fehler gemacht, wenn
sie aus der Tatsache, dass sie gar nichts wissen, folgern, dass sich bei
Mollath nichts geändert haben kann.
BewF05: Die
Beantwortung der Beweisfrage wird nicht aus empirisch ausgewiesenen Daten
abgeleitet.
In den psychiatrtischen Diagnosesystemen fehlen die Basissätze.
Als kleinste psychopathologische Grundeinheit wird das Symptom angesehen,
das ohne Basissätze aber in der Luft hängt (> DSM-5),
woraus sich die extremen Unterschiede psychiatrischen Meinungen erklären
lassen. Das hat sich bis heute nicht verändert, obwohl (Möller
1976, S. 105) bereits ausführte: "Alles empirische Wissen beruht
auf Beobachtungen, die in den Basissätzen ihren Niederschlag finden.
... Aus praktischen Gründen sind nur solche Sätze als Basissätze
geeignet, deren Nachprüfung leicht ist, d. h. über deren Anerkennung
oder Verwerfung unter den Wissenschaftlern mit der üblichen fachspezifischen
Vorbildung eine Einigung erzielt werden kann.... Die in den Basissätzen
beschriebenen Phänomene sollen intersubjektiv nachprüfbar sein.
Es muß also unter verschiedenen in der be-[>106]treffenden Fachdisziplin
ausgebildeten Forschern Einigkeit darüber erzielt werden können,
ob das betreffende Phänomen vorhanden ist oder nicht."
Beleg BewF05
Fehlende ausgewiesene empirische Daten (Basissätze) ist z.B. typisch
für die Mollath-Gutachter Dr. Leipziger, Prof. Dr. Kröber und
Prof. Dr. Pfäfflin - gilt aber überhaupt für die psychiatrische
Zunft: Fehlende Basissätze und fehlende Beweisschritte werden durch
meinen,
das bekanntlich jeder kann, ersetzt.
BewF06: Die
Beantwortung der Beweisfrage wird nicht ausreichend begründet und
erörtert
Beleg BewF06
Das gilt für die Mollath-Gutachter Dr. Leipziger, Prof. Dr. Kröber
und Prof. Dr. Pfäfflin.
BewF07: Die
Aufgabe der Beweisfrage wird nicht angemessen und punktgenau beantwortet.
Beleg BewF07
Die Beweisfragen werden zwar von allen Mollath-Gutachtern Dr. Leipziger,
Prof. Dr. Kröber und Prof. Dr. Pfäfflin beantwortet, aber nicht
immer punktgenau oder gar angemessen, sondern mit nicht nachvollziehbaren
Lücken und Sprüngen.
BewF08: Die
Beweisfrage wird für unterschiedliche Taten nicht differenziert, sondern
summarisch beantwortet (z.B. gesund, wahnhaft oder schizophren zu allen
Tatzeitpunkten).
Beleg BewF08 am Beispiel Beweisfrage
Voraussetzungen der Schuldunfähigkeit
Hierzu ist zunächst der Gesetzestext zu
vergegenwärtigen, aus dem die Aufgabe hervorgeht:
-
StGB § 20 Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung
der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden
Bewußtseinsstörung oder wegen Schwachsinns oder einer schweren
anderen seelischen Abartigkeit unfähig ist, das Unrecht der Tat
einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.
-
§ 21 Ist die Fähigkeit des Täters,
das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus
einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich
vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
Für die Frage der Schuldunfähigkeit
nach dem Urteil des Landgerichts werden Daten des Erlebens oder Verhaltens
zu den folgenden Tatzeiten - weil § 20 verlangt "bei
Begehung der Tat" - gebraucht:
-
01a Unter "Gründe I." wird ein falsches Datum angegeben, nämlich
der 12.08.2004
-
01b 12.08.2001 Schlagen, würgen, beißen
-
02 31.05.2002 Freiheitsberaubung
-
03 Reifenstechen: Zwischen dem 31.12.2004, 19.00 Uhr und 01.01.2005, 16.45
Uhr (a)
-
04 Reifenstechen: Zwischen dem 05.01.2005, 15.00 Uhr und dem 07.01.2005,
10.30 Uhr (b)
-
05 Reifenstechen: Zwischen dem 05.01.2005, 21.00 Uhr und dem 06.01.2005,
11.00 Uhr (c)
-
06 Sachbeschädigung: 14.01.2005, gegen 10.30 Uhr (d)
-
07 Reifenstechen: Zwischen dem 18.01.2005, 18.00 Uhr bis 19.01.2005, 14.30
Uhr (e)
-
08 Reifenstechen: In der Zeit vom 18.01.2005, 22.30 Uhr bis 25.01.2005,
7.40 Uhr (f)
-
09 Reifenbeschädigung: Zwischen dem 07.01.2005 und dem 20.01.2005
(g)
-
10 Reifenstechen: In der Zeit vom 31.01.2005, 18.00 Uhr bis 01.02.2005,
10.30 Uhr (h)
Kein einziges der Mollath-Gutachten versucht auch nur annähernd
dieser Aufgabe recht zu werden. Nirgendwo findet sich eine Überschrift,
ein Abschnitt oder Kapitel zum Thema Verfassung und Befinden zu den Tatzeitpunkten.
Solche Angaben verlangen natürlich zwingend eine Exploration, sofern
Mollath keine Aufzeichnungen (Briefe, Tagebucheinträge, Aussagen gegenüber
Zeugen) zu speziell diesen Zeiten über sein Befinden gemacht hat.
BewF-X Sonstiger, bislang nicht erfasster
Fehler, der dem Bereich Beweisfragen zuzuordnen ist.
Literatur
und Weitere Literaturquellen
(Auswahl)
-
Dahle, Klaus-Peter; Bliesener, Thomas; Gretenkord, Lutz &
Schwabe-Höllein, Marianne (2012) Qualitätssicherung in
der forensischen Psychologie. Die zertifizierte Weiterbildung zum Fachpsychologen
für Rechtspsychologie BDP/DGPs. Forens Psychiatr Psychol Kriminol
(2012) 6:243–249.
-
Foerster, Klaus (2004, Hrsg.) Venzlaff & Foerster Psychiatrische Begutachtung.
Ein praktisches Handbuch für Ärzte und Juristen. 4. Auflage.
München: Elsevier (Urban & Fischer).
-
Kern, Horst J. (1997). Einzelfallforschung. Eine Einführung für
Studierende und Praktiker. Weinheim: Beltz.
-
Kröber, H.-L.; Dölling, D.; Leygraf, N.
& Saß, H. (2006-2010, Hrsg.). Handbuch der Forensischen Psychiatrie.
5 Bde. Berlin: Steinkopff (Springer).
-
2007: Band 1 Strafrechtliche Grundlagen der Forensischen
Psychiatrie.
-
2010: Band 2 Psychopathologische Grundlagen und Praxis
der Forensischen Psychiatrie im Strafrecht.
-
2006: Band 3 Psychiatrische Kriminalprognose und
Kriminaltherapie.
-
2009: Band 4 Kriminologie und Forensische Psychiatrie.
-
2009: Band 5 Forensische Psychiatrie im Privatrecht
und Öffentlichen Recht.
-
Laufs/Kern: Uhlenbruck, Wilhelm; Laufs Adolf; Clemens Thomas (2010, Hrsg.)
Handbuch des Arztrechts. München: C.H. Beck
-
Müller, Jürgen L. & Saimeh, N. (2012) Das DGPPN-Zertifikat
Forensische Psychiatrie Entwicklung, gegenwärtige Situation, Perspektive.
Forens Psychiatr Psychol Kriminol (2012) 6:266–272
-
Nedopil N.; Groß, Gregor; Hollweg, Matthias;
Stadtland, Cornelis; Stübner, Susanne & Wolf, Thomas. (2005).
Prognosen
in der forensischen Psychiatrie - ein Handbuch für die Praxis.
Lengerich: Pabst Science Publisher.
-
Rasch, Wilfried (1986) Forensische Psychiatrie. Stuttgart: Kohlhammer.
-
Rasch, Wilfried & Konrad, Norbert (2004). Forensische Psychiatrie.
3. e. A. Stuttgart: Kohlhammer.
-
Venzlaff, Ulrich & Foerster, Klaus (2009, Hrsg.). Psychiatrische Begutachtung.
Ein praktisches Handbuch für Ärzte und Juristen. München.
Urban & Fischer.
Links (Auswahl: beachte)
Glossar,
Anmerkungen und Endnoten:
1) GIPT=
General
and Integrative
Psychotherapy, internationale Bezeichnung
für Allgemeine und Integrative Psychotherapie.
__
Stichworte Glossar, Anmerkungen, Endnoten.
Eigener
wissenschaftlicher Standort.
Einheitswissenschaftliche
Sicht.
Wissenschaft
schafft Wissen ...
Allgemeine
wissenschaftliche Beweisstruktur und beweisartige Begründungsregel.
Beweisleere
in der Forensik - weitere Belege.
Entlastende
Argumente für die Beweisleere der forensischen Psychiatrie.
Psychologie,
Psychopathologie und Psychiatrie.
Wahn.
Widersprüchliche
und wirre Diagnostik beim Betreuungsantrag.
Zwei
Beispiele für den wissenschaftlichen Anspruch psychiatrischer Gutachten.
__
Eigener
wissenschaftlicher Standort
__
. |
einheitswissenschaftliche
Sicht. Ich vertrete neben den Ideen des Operationalismus, der Logischen
Propädeutik und einem gemäßigten Konstruktivismus
auch die ursprüngliche einheitswissenschaftliche Idee des Wiener
Kreises, auch wenn sein Projekt als vorläufig gescheitert angesehen
wird und ich mich selbst nicht als 'Jünger' betrachte. Ich meine dennoch
und diesbezüglich im Ein- klang mit dem Wiener
Kreis, daß es letztlich und im Grunde nur eine
Wis- senschaftlichkeit gibt, gleichgültig, welcher spezifischen
Fachwissenschaft man angehört. Wissenschaftliches Arbeiten folgt einer
einheitlichen und für alle Wissenschaften typischen Struktur, angelehnt
an die allgemeine
formale Beweisstruktur.
Schulte, Joachim &
McGuinness, Brian (1992, Hrsg.). Einheitswissenschaft - Das positive Paradigma
des Logischen Empirismus. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Geier, Manfred (1992).
Der Wiener Kreis. Reinbek: Rowohlt (romono).
Kamlah, W. & Lorenzen, P. (1967).
Logische Propädeutik. Mannheim: BI. |
|
_
Wissenschaft
[IL] schafft
Wissen und dieses hat sie zu beweisen, damit es ein wissenschaftliches
Wissen ist, wozu ich aber auch den Alltag und alle Lebensvorgänge
rechne. Wissenschaft in diesem Sinne ist nichts Abgehobenes, Fernes, Unverständliches.
Wirkliches Wissen sollte einem Laien vermittelbar sein (PUK - "Putzfrauenkriterium").
Siehe
hierzu bitte das Hilbertsche
gemeinverständliche Rasiermesser 1900, zu dem auch gut die Einstein
zugeschriebene Sentenz passt: "Die meisten Grundideen der Wissenschaft
sind an sich einfach und lassen sich in der Regel in einer für jedermann
verständlichen Sprache wiedergeben." |
_
Allgemeine
wissenschaftliche
Beweisstruktur
und beweisartige Begründungsregel
Sie ist einfach - wenn auch nicht einfach durchzuführen - und
lautet: Wähle einen Anfang und begründe Schritt für Schritt,
wie man vom Anfang (Ende) zur nächsten Stelle bis zum Ende (Anfang)
gelangt. Ein Beweis
oder eine beweisartige Begründung ist eine Folge von Schritten: A0
=> A1 => A2 => .... => Ai .... =>
An, Zwischen Vorgänger und Nachfolger darf es keine Lücken
geben. Es kommt nicht auf die Formalisierung an, sie ist nur eine Erleichterung
für die Prüfung. Entscheidend ist, dass jeder Schritt prüfbar
nachvollzogen werden kann und dass es keine Lücken gibt. |
__
Beweisleere
in der Forensik - weitere Belege
Während in manchen Forensikbüchern nicht einmal das Wort
Beweisfrage(n) vorkommt, in anderen dagegen relativ oft, wie z.B. in Venzlaff
& Foerster, sucht man meist völlig vergeblich nach Abschnitten
wie man zu Antworten auf die Beweisfragen kommt, also zum Beweisen selbst.
Das ist mit Beweisleere gemeint.
In Texten mit wissenschaftlichem Ansprüchen
sollten einige Worte aus der folgenden Auflistung zu finden sein:
ableiten, Annahme, annehmen, Alternative(n), argumentieren, Argument,
Axiom, begründen, Begründung, beobachten, beschreiben, bestätigen,
Beweis, beweisartiges Begründen, beweisen, Beweisfragen, Beweismethode,
definieren, Daten, Datengrundlage, Definition, Design, Experiment, experimentieren,
evaluieren, Evaluation, Experiment, falsch, falsifizieren, Fehler, Fragen
beantworten, herleiten, Hypothese, Hypothese prüfen, Hypothese testen,
kontrollieren, Kontrolle, kontrollierbar, Logik, logisch, Lücke(n),
Methode, methodisch, Modell, nachweisen, Plan, Protokoll, prüfen,
Prüfung, richtig, schließen, Schluss, testen, Test, Theorie,
untersuchen, Untersuchungsplan, vergleichen, voraussetzen, Voraussetzung,
wahr, widerlegen, widersprechen, Widerspruch, zeigen, Zufall.
In Schweizer Curriculum zur forensisch-psychiatrischen Ausbildung
gibt es zwei Abschnitte zum Thema Fragenbeantwortung:
Alzey Facharzt-Ausbildung, Forensik:
__
Entlastende
Argumente für die Beweisleere der forensischen Psychiatrie
Es gibt leider keine Tradition einer einzelfallorientierten, idiographischen
Wissenschaftstheorie. An den Universitäten werden gewöhnlich
nur nomothetisch orientierte Wissenschaftslehre und Inferenzstatistik (schließende
Statistik, Signifikanzstatistik) gelehrt. Zunächst machte man geltend,
dass es in den empirischen Wissenschaften keine abschließbaren Allsätze
geben könne, täglich könnte ein Fall eintreten, der dem
Allsatz widerspricht und damit widerlegt. Wissenschaftliche Sätze
müssten zwar grundsätzlich falsifizierbar sein, damit sie den
Anspruch "wissenschaftlich" erfüllen. Aber das ist nur ein wichtiges
Kriterium und nicht alles. Mit dem Siegeszug des Popper'schen Falsifikationsprinzips
wurde sozusagen das KInd mit dem Badewasser ausgeschüttet. Denn selbstverständlich
ist auch in den empirischen Wissenschaften außerordentlich bedeutsam,
ob eine Gesetz- oder Regelhaftigkeit sehr oft oder gar bislang immer auftritt.
Aber dieser "nomothetische" Fall spielt in den idiographischen Einzelfallwissenschaftsbereichen
der Medizin, Psychologie, Psychopathologie, Psychiatrie und im Recht eher
eine Nebenrolle. Eine Wissenschaftstheorie und Beweismethodik für
den Einzelfall ist bislang kaum systematisch entwickelt worden (mein erster
Versuch
stammt aus dem Jahr 2000), obwohl es zum Thema Einzelfall und Einzelfallanalyse
einige Literatur gibt, als Beispiel erwähne ich Kern (1997). So gesehen
gilt die Beweisleere nicht nur für die Psychiatrie,
sondern ebenso für die Medizin, Psychologie und Psychotherapie. Am
besten ist die Lehre vom Beweis im Einzelfall im Recht entwickelt, wenn
auch durch das Prinzip der freien Beweiswürdigung und richterlichen
Überzeugungsbildung verwässert.
__
Psychologie,
Psychopathologie und Psychiatrie
Die treffliche Kurzdefinition der Psychologie besagt: Psychologie ist
die Wissenschaft vom Erleben und Verhalten. Die Psychopathologie kann entsprechend
als die Wissenschaft vom gestörten oder kranken Erleben und Verhalten
definiert werden. Historisch gibt es einen medizinischen, psychiatrischen
Zugang zur Psychopathologie und einen in den letzten Jahrzehnten u.a. durch
die Entwicklung der psychologischen Psychotherapie deutlich zugenommenen
psychologisch-psychotherapeutischen, was sich auch durch entsprechende
Kooperation in der Praxis zeigt. Die Voraussetzungen des § 63 wurden
traditionell und in der Hauptsache von (forensischen) PsychiaterInnen bearbeitet,
der Anteil dürfte an die 90% liegen mit abnehmender Tendenz, besonders
bei Prognosegutachten. Aber die MedizinerIn ist natürlich immer dann
die HauptansprechpartnerIn, wenn organische Störungen zu untersuchen
oder zu behandeln sind.
__
Wahn.
Der Psychiatrie ist es in den letzten Jahrhunderten nicht gelungen,
sich auf eine verbindliche Wahndefinition zu einigen. Ich habe nach meinen
Wahnstudien
eine mir angemessen und schlüssig erscheinende Wahndefinition entwickelt:
Definition: Wahn liegt vor, wenn mit rational unkorrigierbarer
(Logik,
Erfahrung) Gewissheit ein falsches Modell der Wirklichkeit
oder ein falscher Erkenntnisweg zu einem richtigen oder falschen
Modell der Wirklichkeit vertreten wird.
Beispiel falsches Modell der Wirklichkeit: Ein Passant
gähnt und das deutet ein fränkischer Proband als Zeichen Dr.
Merks, worauf er in die Knie geht und laut ruft: „Allmächd, Allmächd“.
Muss man so jemanden einsperren? Natürlich nicht.
Beispiel falscher Erkenntnisweg eines richtigen
Modells der Wirklichkeit: Ein Passant gähnt und ein Proband zieht
daraus den Schluss, dass Banken in hohen Maße an Steuerbetrugsdelikten
beteiligt sind. Passantengähnen ist keine in unserer Kultur und Wissenschaft
anerkannte Erkenntnisquelle für Schwarzgeldschiebereien, die natürlich
ein völlig reales Modell der Wirklichkeit sind.
Gustl F. Mollath hat seine Erkenntnisse nicht aus
dem Gähnen eines Passanten wahnhaft erschlossen, sondern seine Erkenntnisquellen
entsprechen genau denen unserer Kultur und Wissenschaft. Es gibt auch keine
Progredienz (Ausdehnung, Erweiterung, Fortschreitung), wenn man mit gesundem
Menschenverstand hinschaut, was der forensisch-psychiatrischen Schlechtachterindustrie
offenbar zu schwierig erscheint. Es ist ja völlig logisch und verständlich,
dass, je mehr Menschen sein Anliegen und seine Erkenntnisse ablehnen, er
entsprechend mehr AblehnerInnen sieht. Daher ist das vermeintliche Progredienzzeichen
für einen angeblich sich ausdehnenden Wahn (wohin hat er sich denn
in den letzten 10 Jahren ausgedehnt?) auch keines, sondern es erklärt
sich ganz einfach aus der Natur des Sachverhalts.
Infos zum Wahn in der IP-GIPT:
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Wahnhaft im Urteil
vom 26.8.2006
(S. 25): "Auch in der Hauptverhandlung hat sich - wie bereits in den
von den Zeugen geschilderten Vorfällen - die wahnhafte Gedankenwelt
des Angeklagten vor allem in Bezug auf den Schwarzgeldverschiebungen der
Hypovereinsbank bestätigt. Mag sein, dass es Schwarzgeldverschiebungen
von verschiedenen Banken in die Schweiz gegeben hat bzw. noch gibt, wahnhaft
ist, dass der Angeklagte fast alle Personen, die mit ihm zu tun haben,
z.B. den Gutachter Dr. Wörthmüller völlig undifferenziert
mit diesem Skandal in Verbindung bringt und alle erdenklichen Beschuldigungen
gegen diese Personen äußert."
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Zur Bedeutung des Wahns für
die Beurteilung der Schuldfähigkeit nach den §§ 20 und 21
StGB.
Dölling, Dieter (2010) Zur Bedeutung des Wahns
für die Beurteilung der Schuldfähigkeit nach den §§
20 und 21 StGB. Forens Psychiatr Psychol Kriminol (2010) 4:166–169.
"Zusammenfassung Für die Beurteilung
der Schuldfähigkeit eines Täters mit Wahnsymptomatik ist zunächst
zu prüfen, ob ein Eingangsmerkmal der §§ 20, 21 des Strafgesetzbuches
(StGB) vorliegt. Hierzu ist eine gründliche Diagnose von Art und Intensität
des Wahns sowie der ihm zugrunde liegenden psychischen Erkrankung erforderlich.
Ist ein Eingangsmerkmal gegeben, ist zu erörtern, wie sich
der Wahn im jeweiligen Einzelfall auf die Fähigkeit des Täters
zur Unrechtseinsicht und seine Steuerungsfähigkeit ausgewirkt hat.
Hierfür kann ein Blick auf das von Winfried Brugger entwickelte anthropologische
Kreuz der Entscheidung hilfreich sein."
Diese Beurteilungkriterien des Mitherausgebers des
Handbuches
der Forensischen Psychiatrie wurden im Fall Mollath nicht beachtet,
angewendet und eingehalten.
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widersprüchliche
und wirre Diagnostik beim Betreuungsantrag (5.4.2006)
Im "Anregungsschreiben" vom 6.4.2006 des BKH Bayreuth (PDF
bei Dr. Strate) wird zunächst zur Diagnose ausgeführt:
"Diagnostische Einschätzung: Bei Herrn M. liegt ein paranoider
Wahn im Rahmen einer paranoiden Schizophrenie (ICD 10 F 20.0), zumindest
aber eine wahnhafte Störung (ICD 10 F22.0) mit paranoiden Inhalten
vor." Sodann heißt es: "Im Bereich der Gesundheitsfürsorge/Behandlung,
besteht, insbesondere bei weiterer Verzögerung der Behandlung, die
Gefahr, dass die wahnhafte Störung bzw. der Wahn sich chronifiziert
und dann durch Behandlung nicht mehr rückgängig gemacht werden
kann." Und: "Zusammenfassung: Aufgrund der psychischen Erkrankung (wahnhafte
Störung (ICD 10 F22.0) differentialdiagnostisch paranoiden Schizophrenie
(ICD 10 F 20.0)) kann Hr. M. seine Angelegenheiten in den Bereichen ...".
Zunächst wird also eine paranoide Schizophrene
(ICD 10 F 20.0) als 1. Wahl Diagnose angegeben, sodann die wahnhafte
Störung (ICD 10 F22.0). Im Beschluss des Bayreuther Betreuungsgerichts
(S. 13 und 17 PDF) wird die Diagnose "paranoide Schizophrenie" einfach
übernommen.
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Zwei
Beispiele zum wissenschaftlichen Anspruch psychiatrischer Gutachten (Identitäten
geschwärzt)
In beiden Fällen, erst aus der Forensik Straubing, dann aus Rosenheim,
wird Wissenschaft beansprucht und versprochen.
Querverweise
Standort: Katalog: Beweisfragen-Fehler (BewF).
*
Was ist ein wissenschaftliches forensisch-psychopathologisches
Gutachten?
Meinungsachten.
Potentielle Fehler in
forensisch-psychopathologischen Gutachten, Beschlüssen und Urteilen
der Maßregeljustiz.
Überblick Forensische
Psychologie.
*
*
Dienstleistungs-Info.
*
Zitierung
Rudolf Sponsel (DAS). Beweisfragen-Fehler
(BewF) zu Potentielle Fehler in forensisch psychiatrischen
Gutachten, Beschlüssen und Urteilen der Maßregeljustiz. Eine
methodenkritische Untersuchung illustriert an einigen Fällen u. a.
am Fall Gustl F. Mollath mit einem Katalog der potentiellen forensischen
Gutachtenfehler sowie einiger Richter-Fehler.
Erlangen IP-GIPT: https://www.sgipt.org/forpsy/NFPMRG/BewF.htm
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korrigiert: 01.09.2013 irs
Änderungen Kleinere
Änderungen werden nicht extra ausgewiesen; wird gelegentlich überarbeitet
und ergänzt.
29.04.17 Kleinere Korrekturen.
01.08.15 Erg. mit Belegen
BewF01 * Linkfehler geprüft und korrigiert.
28.11.14 Methodik
Beweis und Beweiswürdigung.
10.09.13 Zwei
Beispiele für den wissenschaftlichen Anspruch psychiatrischer Gutachten.
02.09.13 Link zu fiktivem
Beispiel. Falsche Logik bei BewW03
eingruppiert; Zielmarken bei den Fehlern gesetzt und dabei Prototypik entfernt,
da sich diese aus der Beweisfragen-Fehlerbeschreibung ergibt.