Internet Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie
    (ISSN 1430-6972)
    IP-GIPT DAS=18.11.2013 Internet-Erstausgabe, letzte Änderung: 04.02.15
    Impressum: Diplom-Psychologe Dr. phil. Rudolf Sponsel Stubenlohstr. 20  D-91052 Erlangen
    Mail: sekretariat@sgipt.org_ Zitierung  & .Copyright

    Anfang_Methodenkritische Analyse GA Ulvi Kulac_ Überblick_ Rel. Aktuelles_ Rel. Beständiges _  Titelblatt_ Konzeption_ Archiv_ Region_ Service_iec-verlag _ _Wichtige Hinweise zu Links und Empfehlungen

    Willkommen in unserer Internet-Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie, Abteilung Forensische Psychologie, Kriminologie, Recht und Strafe, Bereich forensische Gutachtenkritik, und hier speziell zum Thema:

    Zusammenfassung Methodenkritische Analyse des Gutachtens von Dr. Blocher vom 3.9.2014 über die Freilassung von Ulvi Kulac aus der forensischen Psychiatrie Bayreuths

    von Rudolf Sponsel, Erlangen
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    In eigener Sache Meine verschiedenen Rollen in der Auseinandersetzung.
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    Inhaltsüberblick

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    (0)  Datenbasis des Dr. Blocher GA.
    (1)  Beweisfragen erst auf Seite 50 mitgeteilt.
    (2)  Zitierregeln durchgängig nicht beachtet.
    (3)  Das Gutachten weist keinerlei Zeiten aus, ...
    (4)  Befangenheit: Fehlende Unabhängigkeit durch Vorbegutachtung ohne persönliche Untersuchung.
    (5)  Zirkuläre Selbstvalidierung: Ergebnis Vorgutachten von prädestinierender Bedeutung.
    (6)  Individuelle Delinquenztheorie nicht ausgearbeitet.
    (7)  Dr. Blocher nennt zwei Fundamente seiner Prognose: Klinik und Statistik.
    (8)  Gewicht der statistischen Prognose-Verfahren.
    (9)  Sexuelle Straftaten nicht angemessen eingeschätzt.
    (10) Seit 2001 ist für Dr. Blocher die Zeit stehen geblieben.
    (11) Bedeutung des Mordvorwurfs für die Unterbringung weitgehend ignoriert.
    (12) Widersprüchlicher Kontrast der positiven Aussagen zum Gesamtergebnis.
    Glossar, Anmerkungen, Endnoten: 
    Querverweise, Zitierung, Änderungen.


    Zusammenfassung Methodenkritische Analyse des Gutachtens von Dr. Blocher vom 3.9.2014
    Veröffentlicht mit Zustimmung der Betreuerin und des Rechtsanwaltes.

    (0) Datenbasis des Gutachtens von Dr. Blocher vom 3.9.2014 im Umfang vom 81 Seiten
    "Das Gutachten basiert auf dem Vorgespräch am 21.05.2014, der fachpsychiatrischen Untersuchung des Probanden am 03.07.2014 im BKH Bayreuth, Station FP9, dem Vorgutachten des Referenten vom 25.10.2010 sowie dem von der Strafvollstreckungskammer überlassenen Vollstreckungsheft. Ferner standen die Akten des Landgerichts Bayreuth (Az.: 1 KLs 22 Js 12451/01 jug. und 22 Js 14097/01 in insgesamt 37 Leitzordnern und die im BKH eingesehene Krankenakte des Probanden zur Verfügung." (S. 1)

    (1) Die Beweisfragen werden erst auf Seite 50 mitgeteilt, was aus dem Inhaltsverzeichnis nicht hervorgeht, so dass die LeserIn zu Beginn gar nicht weiß, worum es überhaupt geht:
     


    (2) Zitierregeln Durchgängig wird im Beurteilungs- und Zusammenfassungsteil gegen die wissenschaftlichen Zitierregeln (1.10 Mindestanforderungen; aber auch) verstoßen: weder wird die genaue Fundstelle (Seitenzahl), noch der Sachverhaltsbeleg mitgeteilt, so dass eine Überprüfung der Behauptungen extrem aufwändig ist (Beispiele).

    (3) Das Gutachten weist keinerlei Zeiten aus, wann ein Abschnitt in der persönlichen Untersuchung anfängt, wie lange er dauert oder wann er endet. Unverständlich ist auch, dass Dr. Blocher seine Fragen nicht mitteilt und damit Ulvi Kulac die Möglichkeit nimmt, seine Reifung und Entwicklung insbesondere in der kommunikativen Kompetenz (Verständnis, Einfühlung, Eingehen auf die Fragen, angemessene Beantwortung der Fragen) für die LeserIn und BeurteilerIn deutlich zu machen. Das offenbar sehr konstruktive und angemessene Untersuchungsverhalten wird überhaupt nicht gewürdigt. Frau Rödel berichtet, dass die Untersuchung drei Stunden gedauert habe. Das ist eine beachtlich lange Zeit für die Konzentrationsfähigkeit eines geistige Behinderten. Auch das wird nicht gewürdigt.

    (4) Befangenheit: Fehlende Unabhängigkeit durch Vorbegutachtung ohne persönliche Untersuchung
    Aus der mitgeteilten Datenbasis geht hervor, dass Dr. Blocher bereits am 25.10.2010 ein "Vorgutachten" erstellt hat. Das bedeutet natürlich, dass er allein durch diesen Umstand - seines Vorgutachtens - befangen sein muss, was mit ihm persönlich nichts zu tun hat, sondern bei jedem anderen Gutachter auch so wäre. Die große Bedeutung der Unbefangenheit bei forensisch-psychiatrischen Fragestellungen wurde jüngst erst wieder vom Bundesverfassungsgericht deutlich gemacht . Das ist aber umso schlimmer, wenn man berücksichtigt,  dass es fach- und sachwidrig ohne persönliche Untersuchung und Exploration verfasst wurde. Denn auf Seite 56 erfährt man: "Die Begutachtung erfolgte aufgrund der fehlenden Mitwirkung des Probanden nach Aktenlage." Es fehlt damit die erforderliche solide und fundierte Datenbasis. Er hätte den Auftrag deswegen gar nicht annehmen dürfen. Doch Dr. Blocher sieht sich augenscheinlich in der Lage, Prognosegutachten nach Aktenlage zu erstellen.

    (5) Zirkuläre Selbstvalidierung Ergebnis Vorgutachten von prädestinierender Bedeutung
    Dass gerade das nicht sach- und fachgerecht erstellte Vorgutachten von entscheidender Bedeutung für das nunmehrige Gutachten ist, ergibt sich klar aus folgenden Einlassungen (S. 56f):
     

      "... Damals wurde festgestellt, dass Herr Kulac infolge einer Meningokokken-Meningitis 1980 (Blatt 2852/7 u. 2861 Band VI d. Akte) sowie eines Schädelhirntraumas, das sich gemäß den [>57] neu angeforderten Unterlagen 1992 ereignete und als leicht eingestuft wurde, eine organische Persönlichkeitsstörung (ICD-10: F07.0) entwickelte, die zu einer pathologischen Veränderung in zahlreichen psychischen Funktionsbereichen führte. Betroffen waren dabei bei dem Probanden die intellektuelle Leistungsfähigkeit, die Persönlichkeitsausgestaltung sowie die Impulskontrolle. Diese Defizite hatten eine Einschränkung der sozialen Adaptabilität zur Folge, die wiederum die Umsetzung dysfunktionaler Strategien zur Bedürfnisbefriedigung nach sich zog, so etwa im sexuellen Bereich."


    Hier hatte sich Dr. Blocher bereits 2010 auf unzulänglicher Grundlage, ohne persönliche Untersuchung und Exploration, im Widerspruch zu Vorgutachtern  und ganz wichtigen testpsychologischen Befunden, die eine hirnorganische Störung ausschließen, wie die Benton-Test-Ergebnisse , festgelegt. Diese Festlegung bestätigt er sich nun selbst. Solche befangen-zirkulären Vorgehensweisen sind mit einem wissenschaftlichen Gutachten nicht vereinbar. Und nicht vereinbar sind solche eklatanten Falschbehauptungen einer hirnorganischen Störung, die testpsychologisch nicht nur nicht abgesichert sind, sondern das Gegenteil anzeigen. Damit entfällt eine zentrale Voraussetzung in Dr. Blochers Argumentation.

    (6) Individuelle Delinquenztheorie nicht ausgearbeitet
    Denn Dr. Blocher stützt seine Prognoseeinschätzung auf eine vom ihm proklamierte, nicht näher erläuterte und schon gar nicht "abgeleitete" "individuelle Delinquenztheorie" von Ulvi Kulac. So führt er S. 73 aus (fett-kursiv RS):
     

      "Aus den bis zu diesem Punkt zusammengetragenen Informationen zur prädeliktischen Entwicklung sowie den delikt- und diagnosekorrelierten Faktoren lässt sich eine individuelle Delinquenztheorie ableiten, die Erklärungsansätze für die Entstehung sowie die Ausgestaltung der verfahrensgegenständlichen Delikte liefert. Ausgehend von einer Meningokokken-Meningitis im Kleinkindesalter kam es zu einer verzögerten Entwicklung mit deutlichen Defiziten im intellektuellen und im Verhaltensbereich. ..."


    (7)  Dr. Blocher nennt zwei Fundamente seiner Prognose: Klinik und Statistik
    Seine Prognose stellt Dr. Blocher auf zwei Fundamente, wobei man das von ihm als wichtigstes erachtete, die "klinische Prognose" erst S. 78f, also fast am Endes des Gutachtens erfährt:
     

      "Hier besteht also eine Diskrepanz zwischen der klinischen Prognose, die bei Herrn Kulac nach Einschätzung des Unterzeichners derzeit negativ ausfällt, und der statistisch- [>79] nomothetischen Herangehensweise mittels verschiedener Prognoseinstrumente. Betrachtet man diese dann noch einmal genauer, so sind es vor allem die Faktoren des zukünftigen Risikomanagements, die einen hohen Stellenwert haben und noch verändert werden können."


    (8) Gewicht der statistischen Prognose-Verfahren
    Nachdem die "klinische Prognose" - wie unter (5) schon aufgezeigt - auf der falschen Voraussetzung einer hirnorganischen Persönlichkeitsstörung beruht, sollten nach der methodischen Logik Dr. Blochers - den statistischen Prognoseinstrumenten, bei denen Ulvi Kulac in allen vier Verfahren mit durchweg unterdurchschnittlichen Werten überdurchschnittlich positiv abschneidet, nunmehr eine größere Bedeutung zukommen. Die bemerkenswert positiven Ergebnisse von Ulvi Kulac werden von Dr. Blocher sprachlich nicht angemessen dargestellt. Das zeigt folgendes Beispiel. Das Ergebnis beim PCL-R beschreibt Dr. Blocher wie folgt, S. 25 unten:
     

      "Mit dem Gesamtscore von 10 erreicht Herr Kulac einen Wert, der nicht dafür spricht, dass er umfangreiche Überschneidungen mit dem Psychopathy-Konstrukt aufweist."


    Die schwammige Formulierung verschleiert das tatsächliche Testergebnis in seiner wahren Bedeutung, das schlicht und einfach besagt, dass es nicht nur keinerlei Anzeichen für Psychopathie bei Ulvi Kulac gibt, sondern dass er weit unterdurchschnittliche Werte erzielte. Ein T-Wert von 39 entspricht einem ProzentRANG von nur 13,6. Mit diesem Wert übertrifft Ulvi Kulac nur <13,6% der Eichstichprobe und er wird selbst von 86,4% übertroffen. Die Prozent-RANG-Position kann z.B. durch einen "Normwertrechner" im  Internet  graphisch anschaulich dargestellt werden :

    Quelle: https://www.psychometrica.de/normwertrechner.html.

    (9)  Sexuelle Straftaten nicht angemessen eingeschätzt
    Die sexuellen Straftaten werden aufgebauscht und nicht angemessen eingeschätzt, wozu seltsame Konstrukte unangemessen dramatisiert werden, wie die "Progredienz" (S. 67), die zudem 13 Jahre zurückliegt. Erste Progredienz-Kriterien wurden von Schorsch 1971 formuliert. Von seinen sieben Kriterien wird das von Dr. Blocher so sehr hervorgehobene (Hand off, Hand on)  gar nicht erwähnt.

    (10) Seit 2001 ist für Dr. Blocher die Zeit stehen geblieben
    Der schlimmste und nicht nachvollziehbare Fehler des Gutachtens besteht aber darin, Ulvi Kulacs Taten aus 2001 so zu beurteilen, als lägen dazwischen nicht 13 Jahre Beobachtung, Therapie, Entwicklung und Reifung, was sich schon unmittelbar im Kommunikationsverhalten und in der Bewältigung der dreistündigen Exploration erkennen lässt. Das ganze Gutachten erweckt den Eindruck, als sei für Dr. Blocher die Zeit stehen geblieben. Er hat nicht richtig exploriert, was in den 13 Jahren alles geschehen ist, wobei man durchaus Zweifel haben, was die Forensik Bayreuth kann oder konnte. So erweckt das Gutachten den zwingenden Eindruck, als sei Dr. Blocher längst festgelegt gewesen von seinem Aktengutachten von 2010 - ohne persönliche Untersuchung (>Untersuchungsfehler) und Exploration. (>Explorationsfehler),

    (11) Bedeutung des Mordvorwurfs für die Unterbringung weitgehend ignoriert
    Der Freispruch vom Mordvorwurf spielt im gesamten Gutachten so gut wie keine Rolle, obwohl völlig offensichtlich ist, dass das Mordurteil für die lange ungerechtfertigte Unterbringung hergehalten hat. An einer Stelle, S. 76, bemerkt Dr. Blocher immerhin:

      "Dadurch, dass der Mordvorwurf im hier anliegenden Fall nicht mehr relevant ist, kann eine Verbesserung der Prognose angenommen werden."


    (12) Widersprüchlicher Kontrast der positiven Aussagen zum Gesamtergebnis
    Einen nicht nachvollziehbaren widersprüchlichen Kontrast stellen die vielen positiven Aussagen im Gutachten über Ulvi Kulac dar, ganz im Gegensatz zu der ebenfalls nicht verständlichen "negativen klinischen Prognose", die auf dem Stand von 2001 und falschen Voraussetzungen beruht.
        Es fehlt allerdings die positive Würdigung des von der Betreuerin umsichtig und vorausdenkend bereitgestellten geschützten sozialen Empfangsraums. Weshalb der bereits geschaffene soziale Empfangsraum mit beschützter Wohngruppe keine Beachtung und angemessene Würdigung  fand, bleibt unerklärlich.
     





    Glossar, Anmerkungen und Endnoten:
    1) GIPT= General and Integrative Psychotherapy, internationale Bezeichnung für Allgemeine und Integrative Psychotherapie.
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    Überblick Stichworte Glossar und Anmerkungen: Damals festgestellt * im Widerspruch zu Vorgutachtern * in allen vier Verfahren * Organische Persönlichkeitsstörung * Testpsychologische Befunde * Zirkuläre Selbstvalidierung * Zitierregeln *
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    Die Formulierung "Damals wurde festgestellt" bedient sich eines pseudo-objektivistischen Stils. "Damals wurde festgestellt" heißt hier schlicht: Ich, Dr. Blocher, habe aufgrund eines Aktengutachtens, zu dem ich mich befähigt sehe, festgestellt ...
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    im Widerspruch zu Vorgutachtern So führt Prof. Dr. Kröber in seinem Gutachten S. 110f aus: "Im Alter von zwei Jahren und zwei Monaten war der Proband zwar an einer durch Meningokokken bedingten Hirnhautentzündung (Meningitis) erkrankt und wurde fast sechs Wochen vom 21.02. bis 01.04.1980 stationär im Kinderkrankenhaus behandelt. Bereits nach der ersten Woche war unter Penicillin-Behandlung eine deutliche Besserung eingetreten, diese Erkrankung ist auch [>111] nach späteren kinderärztlichen Nachuntersuchungen folgenlos ausgeheilt. Es ist dies auch der typische, gutartige Verlauf bei Entzündungen der Hirnhaut (nicht zu verwechseln mit der Hirnentzündung, der Enzephalitis, die oftmals mit Restschäden ausheilt). Mehrere Nachuntersuchungen, zuletzt noch im September 1983, waren ohne Hinweise auf Erkrankungsfolgen (siehe dies Gutachten S. 8)."
        Anmerkungen: Die Familie und auch die Betreuerin sind allerdings fest davon überzeugt, dass die Interpretation Prof. Dr. Kröbers falsch ist und dass Ulvi Kulac nach der Meningitis eindeutig und massiv verändert war. Er sei davor ein echter Wonneproppen ohne Auffälligkeiten gewesen.
        Ungeachtet dessen erschüttert natürlich die Uneinigkeit der forensischen Psychiatrie hinsichtlicht der Fragen, woher die geistige Behinderung kommt und welche Diagnose vorliegt.
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    in allen vier Verfahren
    1. Hare Psychopathy Checklist-Revised (PCL-R) 2nd Edition:  Rohwert 10 [von 40], früher 13 (S. 25). Höchster T-WERT bei den sieben erfassten Bereichen 41, also durchweg in allen Bereichen unterdurchschnittlich: 
    2. STATIC 99  Gesamtscore 3 von 12 (S. 26f): "In diesem Prognosesystem (Hanson & Thornton 1999) geht es um die Vorhersage der Rückfallwahrscheinlichkeit für Sexualdelikte bei Sexualstraftätern mittels einer kurzen aktuarischen Risikoanalyse. Daneben wird die Rückfallwahrscheinlichkeit für weitere Gewaltdelikte bei Sexualstraftätern ermittelt. Zehn sehr tatnahe Variablen werden spezifisch kodiert und ausgewertet (Harris et al. 2003).  ...   Demnach lässt sich bei Herrn Kulac mit diesem Verfahren ein Summenwert von 3 ermitteln, was für ein eher niedriges Rückfallrisiko spricht. ..."
    3. Sex Offender Risk Appraisal Guide (SORAG):  (S. 27f): "Dabei handelt es sich um ein speziell für Sexualstraftäter entwickeltes und erstmals 1998 in Kanada veröffentlichtes aktuarisches Prognoseinstrument (Quinsey et al. 2006), wobei die deutsche Übersetzung von Endrass et al. aus Zürich verwendet wird. Es müssen 14 Fragen zur Vorgeschichte, zur psychiatrischen Anamnese und zur bisher bekannt gewordenen Delinquenz unter Berücksichtigung des Wertes der oben dargelegten PCL-R erfasst werden". Ergebnis: Gesamtwert 0 mit einem ProzentRANG von 24: "... Dies bedeutet, dass 76 % der mit diesem Instrument Untersuchten ein gleiches bzw. ein noch höheres Risiko für die Begehung von Gewaltdelikten (einschließlich Sexualdelikten) aufweisen. Dadurch kommt ein unterdurchschnittliches Wiederholungsrisiko für derartige Delikte zur Darstellung." (S. 28)
    4. Level of Service Inventory (LSI-R): ProzentRANG 26,3 oder T-WERT von 43 (S. 29): "Dieses Fremdbeurteilungsinstrument, das seit Mitte der 90er-Jahre im angloamerikanischen Raum genutzt wird (Andrews & Bonta 1995) und für das seit dem Jahr 2012 auch eine deutsche Version vorliegt, die an einer Stichprobe deutscher Straftäter normiert wurde (Dahle et al. 2012), ermöglicht eine quantitative Erfassung kriminalitätskorrelierter Merkmale eines Täters sowie seines Umfeldes. Dabei werden 54 Merkmale aus zehn Bereichen erfasst, die für die Abschätzung des Rückfallrisikos und des Behandlungsbedarfs von Bedeutung sind. ..."
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    Organische Persönlichkeitsstörung (ICD-10: F07.0) [Online-Quelle]
    "Diese Störung ist charakterisiert durch eine auffällige Veränderung des gewohnten prämorbiden Verhaltensmusters und betrifft die Äußerung von Affekten, Bedürfnissen und Impulsen. Eine Beeinträchtigung der kognitiven Fähigkeiten, des Denkvermögens und ein verändertes Sexualverhalten können ebenfalls Teil des klinischen Bildes sein."
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    Progedienz-Kriterien bei Sexualdelikten
    Siehe bitte: Hill, A.; Briken, P. Lietz, K. & Berner, W. (2005) In Schläfke, Häßler, Feger (2005) Sexualstraftaten: forensische Begutachtung, Diagnostik und Therapie.  Stuttgart: Schattauer, Tabelle 5.2 S. 78.  Auch Google Books.

    Prognostische Bedeutung der Progredienz ("hand off - hand on") [Ergänzung 21.01.15]
    Prof. Rettenberger bot bei seinem  Vortrag im Rechtspsychologischen Kolloquium an, dass man ihn nach speziellen Studien fragen könne. Das habe ich speziell zur Frage der Progredienz ("hand off - hand on") gemacht und von ihm eine Studie genannt bekommen, in der die sexuelle Progredienz unter dem Stichwort "Escalation in Frequency or severity" zu suchen ist. Die Studie umfasst 249 Kindesmissbrauchstäter. Hierbei zeigte sich ein  AUC = 0.46, was grob besagt, dass die Treffsicherheit ungefähr 50%, genau 46%, ist, also keinen Prognosewert hat.


      Rettenberger, Martin; Boer, Douglas P. &  Eher, Reinhard (2011) The Predictive Accuracy Of Risk Factors In The Sexual Violence Risk–20 (Svr-20). Criminal Justice and Behavior October 2011 vol. 38 no. 10 1009-1027 [Online-Quelle]
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    Testpsychologischen Befunde Der Benton-Test ist DAS testpsychologische Verfahren - meist im Zusammenhang mit dem Vergleich Handlungs- und Verbalteil im HAWIE oder HAWIK -, um hirnorganische Störungen festzustellen. (1) So stellte Herr Dipl.-Psych. PAUL KELLER vom Bezirkskrankenhaus Bayreuth in seinem Gutachten vom 27.12.2001 fest: "Der durchgeführte Benton-Test entsprach im Ergebnis seinem Intelligenzniveau und lieferte keine Hinweise für bedeutsame hirnorganisch bedingte Beeinträchtigungen seiner visuellen Merkfähigkeit und seiner Gestalterfassung. Im Syndrom-Kurz-Test (SKT) kam er auf einen Punktwert von 11, der auf eine leichte hirnorganische Beeinträchtigung hinweisen könnte. Insgesamt verweisen die Befunde darauf, daß bei dem Untersuchten eindeutig kein Schwachsinn zu attestieren ist, sondern eine niedrige Intelligenz." zitiert nach Kröber GA S. 112. (2) Und am 27.06.2014 wird der Benton-Test erneut abgenommen.: "Bei der Erfassung hirnorganischer Leistungsdefizite mit dem Visual-Retention-Test von Benton habe der Proband unter Zugrundelegung eines durchschnittlichen (prämorbiden) IQ-Wertes von 89 Punkten sieben Vorlagen fehlerfrei wiedergegeben. Bei den verbleibenden Vorlagen seien vier Fehler aufgetreten. Die Differenzen der tatsächlichen Werte zu den Erwartungswerten hätten keine Auffälligkeiten ergeben, die auf hirnorganisch bedingte Funktionsstörungen für diesen Bereich verweisen würden. ..." (S. 47) Ulvi Kulac zeigt also ein stabiles Benton-Ergebnis über den Zeitraum von 13 Jahren (2001-2014), das keine hirnorganische Störung erkennen lässt.
     
    Faustregeln hirnorganische Störung in den Testbefunden: Ist im Hamburg-Wechsler-Intelligenztest der Handlungsteil deutlich niedriger als der Verbalteil und ist die Fehlerrate im BENTON-Test erhöht (über dem zugeordneten Erwartungswert der Intelligenz), so liegt ein sehr begründeter Verdacht auf eine hirnorganische Störung vor. 
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    Zirkuläre Selbstvalidierung Validieren bedeutet etwas als wahr, begründet, gegeben erweisen. Sagt jemand über sich, dass A richtig ist, weil er früher schon meinte, A sei richtig, so liegt eine zirkuläre Begründung vor, die wissenschaftlich natürlich unzulässig ist.
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    Zitierregeln(Beispiele)
    • S. 59: "... Es geht dabei um eine erschwerte Anpassung bei der Bewältigung der Anforderungen des alltäglichen Lebens (Dilling et al. 2010), was hier sicherlich positiv angenommen werden kann."
    • S. 59: "... Auch hinsichtlich der moralischen Entwicklung ist der Proband nicht auf einem kindlichen Niveau stehen geblieben, sondern es bilden sich Merkmale einer Einstellung ab bzw. auch einer Sichtweise, die einem Entwicklungsalter von etwa zehn bis zwölf Jahren entspricht (Esser et al. 1991; Herpertz-Dahlmann et al. 2003; Fehler! Hyperlink-Referenz ungültig.) ...."
    • S. 61f: "... Dabei ist bei Probanden mit einer Störung der Sexualpräferenz bekannt geworden, dass sich in vielen Fällen mehr als eine sexuelle Störungstypologie entwickelt (Abel et al. 1988). ..."
    • S. 62: "... Eigenen Untersuchungen zufolge findet man eine Störung der Sexualpräferenz bei etwa einem Drittel der zu begutachtenden Sexualstraftäter (Blocher 2001), also vergleichsweise häufig. ..."
    • S. 64: "... Insbesondere konnte er keine Angaben über die aus forensisch-psychiatrischer Sicht wichtigen Folgen der Einnahme dieser Substanz wie einem hohen Abhängigkeitspotential, einer psychotischen Dekompensation und der überzufällig häufigen Auslösung von aggressiven Verhaltensweisen (Uchtenhagen & Zieglgänsberger 2000; Knecht 2002) machen. ..."
    • S. 65: "... Gerade der Aspekt langer Beobachtungszeiträume und deren Bedeutung bei der Bemessung des Rückfallrisikos wird durch verschiedene Arbeiten zur Rückfallprognose bei Sexualstraftätern verdeutlicht (Rösler 1997; Stadtland et al. 2006). ..."

    • Anmerkung: Der Hochstaplerzizierstil, den immer mehr (forensische) Psychiater übernehmen, ist leider eine Erfndung der Psychologen.
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    Querverweise
    Standort: Methodenkritische Analyse des GA Dr. Blocher zur Freilassung von Ulvi Kulac.
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    Zur Freilassung.
    Wiederaufnahmeverfahren Ulvi Kulac ("Peggy").
    Methodenkritische Erstanalyse GA Prof. Kröber.
    Überblick: Potentielle Fehler in forensisch-psychopathologischen Gutachten, Beschlüssen und Urteilen der Maßregeljustiz.
    Internet-Mahnwachen Forensische Psychiatrie und Justiz.
    Nachrichten aus der Psychiatrie.
    Gewaltanwendung und Zwang in der forensischen Psychiatrie.
    Überblick Forensische Psychologie.
    Unrecht im Namen des Rechts.
    *
    Suchen in der IP-GIPT, z.B. mit Hilfe von "google": <suchbegriff> site: www.sgipt.org
    z.B. Forensische Psychologie site: www.sgipt.org. 
    *
    Dienstleistungs-Info.
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    Zitierung
    Sponsel, Rudolf  (DAS). Zusammenfassung Methodenkritische Analyse des Gutachtens von Dr. Blocher vom 3.9.2014 über die Freilassung von Ulvi Kulac. Erlangen IP-GIPT: https://www.sgipt.org/forpsy/Kulac/BZK-Freilassung/MKA_BGA.htm
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    korrigiert:



    Änderungen Kleinere Änderungen werden nicht extra ausgewiesen; wird gelegentlich überarbeitet und ergänzt.
    04.02.15  Linkfehler geprüft und korrigiert.
    21.01.15  Prognostische Bedeutung der Progredienz.
    18.11.14  Anmerkung Hochstaplerzitierstil.