Internet
Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie
(ISSN 1430-6972)
IP-GIPT DAS=18.11.2013
Internet-Erstausgabe, letzte Änderung: 04.02.15
Impressum:
Diplom-Psychologe Dr. phil. Rudolf Sponsel Stubenlohstr. 20 D-91052
Erlangen
Mail:
sekretariat@sgipt.org_
Zitierung
& .Copyright
Anfang_Methodenkritische
Analyse GA Ulvi Kulac_
Überblick_
Rel.
Aktuelles_ Rel.
Beständiges _ Titelblatt_
Konzeption_
Archiv_
Region_
Service_iec-verlag
_ _Wichtige
Hinweise zu Links und Empfehlungen
Willkommen in unserer Internet-Publikation
für Allgemeine und Integrative Psychotherapie, Abteilung Forensische
Psychologie, Kriminologie, Recht und Strafe, Bereich forensische Gutachtenkritik,
und hier speziell zum Thema:
Zusammenfassung Methodenkritische Analyse des Gutachtens
von Dr. Blocher vom 3.9.2014 über die Freilassung von Ulvi Kulac aus
der forensischen Psychiatrie Bayreuths
von Rudolf
Sponsel, Erlangen
_
In eigener
Sache Meine verschiedenen Rollen in der Auseinandersetzung.
_
Inhaltsüberblick
_
Zusammenfassung
Methodenkritische Analyse des Gutachtens von Dr. Blocher vom 3.9.2014
Veröffentlicht mit Zustimmung der Betreuerin und des Rechtsanwaltes.
(0) Datenbasis des Gutachtens von
Dr. Blocher vom 3.9.2014 im Umfang vom 81 Seiten
"Das Gutachten basiert auf dem Vorgespräch am 21.05.2014, der
fachpsychiatrischen Untersuchung des Probanden am 03.07.2014 im BKH Bayreuth,
Station FP9, dem Vorgutachten des Referenten vom 25.10.2010 sowie dem von
der Strafvollstreckungskammer überlassenen Vollstreckungsheft. Ferner
standen die Akten des Landgerichts Bayreuth (Az.: 1 KLs 22 Js 12451/01
jug. und 22 Js 14097/01 in insgesamt 37 Leitzordnern und die im BKH eingesehene
Krankenakte des Probanden zur Verfügung." (S. 1)
(1) Die Beweisfragen werden
erst auf Seite 50 mitgeteilt, was aus dem Inhaltsverzeichnis nicht hervorgeht,
so dass die LeserIn zu Beginn gar nicht weiß, worum es überhaupt
geht:
(2) Zitierregeln Durchgängig
wird im Beurteilungs- und Zusammenfassungsteil gegen die wissenschaftlichen
Zitierregeln (1.10
Mindestanforderungen; aber auch)
verstoßen: weder wird die genaue Fundstelle (Seitenzahl), noch der
Sachverhaltsbeleg mitgeteilt, so dass eine Überprüfung der Behauptungen
extrem aufwändig ist (Beispiele).
(3) Das Gutachten
weist keinerlei Zeiten aus, wann ein Abschnitt in der persönlichen
Untersuchung anfängt, wie lange er dauert oder wann er endet. Unverständlich
ist auch, dass Dr. Blocher seine Fragen nicht mitteilt und damit Ulvi Kulac
die Möglichkeit nimmt, seine Reifung und Entwicklung insbesondere
in der kommunikativen Kompetenz (Verständnis, Einfühlung, Eingehen
auf die Fragen, angemessene Beantwortung der Fragen) für die LeserIn
und BeurteilerIn deutlich zu machen. Das offenbar sehr konstruktive und
angemessene Untersuchungsverhalten wird überhaupt nicht gewürdigt.
Frau Rödel berichtet, dass die Untersuchung drei Stunden gedauert
habe. Das ist eine beachtlich lange Zeit für die Konzentrationsfähigkeit
eines geistige Behinderten. Auch das wird nicht gewürdigt.
(4) Befangenheit:
Fehlende Unabhängigkeit durch Vorbegutachtung ohne persönliche
Untersuchung
Aus der mitgeteilten Datenbasis geht hervor, dass Dr. Blocher bereits
am 25.10.2010 ein "Vorgutachten" erstellt hat. Das bedeutet natürlich,
dass er allein durch diesen Umstand - seines Vorgutachtens - befangen sein
muss, was mit ihm persönlich nichts zu tun hat, sondern bei jedem
anderen Gutachter auch so wäre. Die große Bedeutung der Unbefangenheit
bei forensisch-psychiatrischen Fragestellungen wurde jüngst erst wieder
vom Bundesverfassungsgericht deutlich gemacht . Das ist aber umso schlimmer,
wenn man berücksichtigt, dass es fach- und sachwidrig ohne persönliche
Untersuchung und Exploration verfasst wurde. Denn auf Seite 56 erfährt
man: "Die Begutachtung erfolgte aufgrund der fehlenden Mitwirkung des Probanden
nach Aktenlage." Es fehlt damit die erforderliche solide und fundierte
Datenbasis. Er hätte den Auftrag deswegen gar nicht annehmen dürfen.
Doch Dr. Blocher sieht sich augenscheinlich in der Lage, Prognosegutachten
nach Aktenlage zu erstellen.
(5) Zirkuläre
Selbstvalidierung Ergebnis Vorgutachten von prädestinierender
Bedeutung
Dass gerade das nicht sach- und fachgerecht erstellte
Vorgutachten von entscheidender Bedeutung für das nunmehrige Gutachten
ist, ergibt sich klar aus folgenden Einlassungen (S. 56f):
"... Damals wurde
festgestellt, dass Herr Kulac infolge einer Meningokokken-Meningitis
1980 (Blatt 2852/7 u. 2861 Band VI d. Akte) sowie eines Schädelhirntraumas,
das sich gemäß den [>57] neu angeforderten Unterlagen 1992 ereignete
und als leicht eingestuft wurde, eine organische Persönlichkeitsstörung
(ICD-10: F07.0) entwickelte, die zu einer pathologischen Veränderung
in zahlreichen psychischen Funktionsbereichen führte. Betroffen waren
dabei bei dem Probanden die intellektuelle Leistungsfähigkeit, die
Persönlichkeitsausgestaltung sowie die Impulskontrolle. Diese Defizite
hatten eine Einschränkung der sozialen Adaptabilität zur Folge,
die wiederum die Umsetzung dysfunktionaler Strategien zur Bedürfnisbefriedigung
nach sich zog, so etwa im sexuellen Bereich."
Hier hatte sich Dr. Blocher bereits 2010 auf unzulänglicher
Grundlage, ohne persönliche Untersuchung und Exploration, im
Widerspruch zu Vorgutachtern und ganz wichtigen testpsychologischen
Befunden, die eine hirnorganische Störung ausschließen,
wie die Benton-Test-Ergebnisse , festgelegt. Diese Festlegung bestätigt
er sich nun selbst. Solche befangen-zirkulären Vorgehensweisen sind
mit einem wissenschaftlichen Gutachten nicht vereinbar. Und nicht vereinbar
sind solche eklatanten Falschbehauptungen einer hirnorganischen Störung,
die testpsychologisch nicht nur nicht abgesichert sind, sondern das Gegenteil
anzeigen. Damit entfällt eine zentrale Voraussetzung in Dr. Blochers
Argumentation.
(6) Individuelle
Delinquenztheorie nicht ausgearbeitet
Denn Dr. Blocher stützt seine Prognoseeinschätzung auf eine
vom ihm proklamierte, nicht näher erläuterte und schon gar nicht
"abgeleitete" "individuelle Delinquenztheorie" von Ulvi Kulac. So führt
er S. 73 aus (fett-kursiv RS):
"Aus den bis zu diesem Punkt zusammengetragenen Informationen zur prädeliktischen
Entwicklung sowie den delikt- und diagnosekorrelierten Faktoren lässt
sich eine individuelle Delinquenztheorie ableiten, die Erklärungsansätze
für die Entstehung sowie die Ausgestaltung der verfahrensgegenständlichen
Delikte liefert. Ausgehend von einer Meningokokken-Meningitis im Kleinkindesalter
kam es zu einer verzögerten Entwicklung mit deutlichen Defiziten im
intellektuellen und im Verhaltensbereich. ..."
(7)
Dr. Blocher nennt zwei Fundamente seiner Prognose: Klinik und Statistik
Seine Prognose stellt Dr. Blocher auf zwei Fundamente, wobei man das
von ihm als wichtigstes erachtete, die "klinische Prognose" erst S. 78f,
also fast am Endes des Gutachtens erfährt:
"Hier besteht also eine Diskrepanz zwischen der klinischen Prognose,
die bei Herrn Kulac nach Einschätzung des Unterzeichners derzeit negativ
ausfällt, und der statistisch- [>79] nomothetischen Herangehensweise
mittels verschiedener Prognoseinstrumente. Betrachtet man diese dann noch
einmal genauer, so sind es vor allem die Faktoren des zukünftigen
Risikomanagements, die einen hohen Stellenwert haben und noch verändert
werden können."
(8)
Gewicht der statistischen Prognose-Verfahren
Nachdem die "klinische Prognose" - wie unter (5) schon aufgezeigt -
auf der falschen Voraussetzung einer hirnorganischen Persönlichkeitsstörung
beruht, sollten nach der methodischen Logik Dr. Blochers - den statistischen
Prognoseinstrumenten, bei denen Ulvi Kulac in allen vier Verfahren
mit durchweg unterdurchschnittlichen Werten überdurchschnittlich positiv
abschneidet, nunmehr eine größere Bedeutung zukommen.
Die bemerkenswert positiven Ergebnisse von Ulvi Kulac werden von Dr. Blocher
sprachlich nicht angemessen dargestellt. Das zeigt folgendes Beispiel.
Das Ergebnis beim PCL-R beschreibt Dr. Blocher wie folgt, S. 25 unten:
"Mit dem Gesamtscore von 10 erreicht Herr Kulac einen Wert, der nicht
dafür spricht, dass er umfangreiche Überschneidungen mit dem
Psychopathy-Konstrukt aufweist."
Die schwammige Formulierung verschleiert das tatsächliche Testergebnis
in seiner wahren Bedeutung, das schlicht und einfach besagt, dass es nicht
nur keinerlei Anzeichen für Psychopathie bei Ulvi Kulac gibt, sondern
dass er weit unterdurchschnittliche Werte erzielte. Ein T-Wert von 39 entspricht
einem ProzentRANG von nur 13,6.
Mit diesem Wert übertrifft Ulvi Kulac nur <13,6% der Eichstichprobe
und er wird selbst von 86,4% übertroffen. Die Prozent-RANG-Position
kann z.B. durch einen "Normwertrechner" im Internet
graphisch anschaulich dargestellt werden :
Quelle: https://www.psychometrica.de/normwertrechner.html.
(9)
Sexuelle Straftaten nicht angemessen eingeschätzt
Die sexuellen Straftaten werden aufgebauscht und nicht angemessen eingeschätzt,
wozu seltsame Konstrukte unangemessen dramatisiert werden, wie die "Progredienz"
(S. 67), die zudem 13 Jahre zurückliegt. Erste Progredienz-Kriterien
wurden von Schorsch 1971 formuliert. Von seinen sieben Kriterien wird das
von Dr. Blocher so sehr hervorgehobene (Hand off, Hand on) gar nicht
erwähnt.
(10) Seit
2001 ist für Dr. Blocher die Zeit stehen geblieben
Der schlimmste und nicht nachvollziehbare Fehler des Gutachtens besteht
aber darin, Ulvi Kulacs Taten aus 2001 so zu beurteilen, als lägen
dazwischen nicht 13 Jahre Beobachtung, Therapie, Entwicklung und Reifung,
was sich schon unmittelbar im Kommunikationsverhalten und in der Bewältigung
der dreistündigen Exploration erkennen lässt. Das ganze Gutachten
erweckt den Eindruck, als sei für Dr. Blocher die Zeit stehen geblieben.
Er hat nicht richtig exploriert, was in den 13 Jahren alles geschehen ist,
wobei man durchaus Zweifel haben, was die Forensik Bayreuth kann oder konnte.
So erweckt das Gutachten den zwingenden Eindruck, als sei Dr. Blocher längst
festgelegt gewesen von seinem Aktengutachten
von 2010 - ohne persönliche Untersuchung (>Untersuchungsfehler)
und Exploration. (>Explorationsfehler),
(11) Bedeutung des
Mordvorwurfs für die Unterbringung weitgehend ignoriert
Der Freispruch vom Mordvorwurf spielt im gesamten Gutachten so gut
wie keine Rolle, obwohl völlig offensichtlich ist, dass das Mordurteil
für die lange ungerechtfertigte Unterbringung hergehalten hat. An
einer Stelle, S. 76, bemerkt Dr. Blocher immerhin:
"Dadurch, dass der Mordvorwurf im hier anliegenden Fall nicht mehr
relevant ist, kann eine Verbesserung der Prognose angenommen werden."
(12) Widersprüchlicher
Kontrast der positiven Aussagen zum Gesamtergebnis
Einen nicht nachvollziehbaren widersprüchlichen Kontrast stellen
die vielen positiven Aussagen im Gutachten über Ulvi Kulac dar, ganz
im Gegensatz zu der ebenfalls nicht verständlichen "negativen klinischen
Prognose", die auf dem Stand von 2001 und falschen Voraussetzungen beruht.
Es fehlt allerdings die positive Würdigung
des von der Betreuerin umsichtig und vorausdenkend bereitgestellten geschützten
sozialen Empfangsraums. Weshalb der bereits geschaffene soziale Empfangsraum
mit beschützter Wohngruppe keine Beachtung und angemessene Würdigung
fand, bleibt unerklärlich.
Glossar,
Anmerkungen und Endnoten:
1) GIPT=
General
and Integrative
Psychotherapy, internationale Bezeichnung
für Allgemeine und Integrative Psychotherapie.
__
Überblick Stichworte Glossar und Anmerkungen:
Damals festgestellt * im Widerspruch zu Vorgutachtern * in allen vier Verfahren
* Organische Persönlichkeitsstörung * Testpsychologische
Befunde * Zirkuläre Selbstvalidierung * Zitierregeln *
__
Die Formulierung
"Damals wurde festgestellt" bedient sich eines pseudo-objektivistischen
Stils. "Damals wurde festgestellt" heißt hier schlicht: Ich, Dr.
Blocher, habe aufgrund eines Aktengutachtens, zu dem ich mich befähigt
sehe, festgestellt ...
__
im Widerspruch zu Vorgutachtern
So führt Prof. Dr. Kröber in seinem Gutachten S. 110f aus: "Im
Alter von zwei Jahren und zwei Monaten war der Proband zwar an einer durch
Meningokokken bedingten Hirnhautentzündung (Meningitis) erkrankt und
wurde fast sechs Wochen vom 21.02. bis 01.04.1980 stationär im Kinderkrankenhaus
behandelt. Bereits nach der ersten Woche war unter Penicillin-Behandlung
eine deutliche Besserung eingetreten, diese Erkrankung ist auch [>111]
nach späteren kinderärztlichen Nachuntersuchungen folgenlos ausgeheilt.
Es ist dies auch der typische, gutartige Verlauf bei Entzündungen
der Hirnhaut (nicht zu verwechseln mit der Hirnentzündung, der Enzephalitis,
die oftmals mit Restschäden ausheilt). Mehrere Nachuntersuchungen,
zuletzt noch im September 1983, waren ohne Hinweise auf Erkrankungsfolgen
(siehe dies Gutachten S. 8)."
Anmerkungen: Die Familie und auch die Betreuerin
sind allerdings fest davon überzeugt, dass die Interpretation Prof.
Dr. Kröbers falsch ist und dass Ulvi Kulac nach der Meningitis eindeutig
und massiv verändert war. Er sei davor ein echter Wonneproppen ohne
Auffälligkeiten gewesen.
Ungeachtet dessen erschüttert natürlich
die Uneinigkeit der forensischen Psychiatrie hinsichtlicht der Fragen,
woher die geistige Behinderung kommt und welche Diagnose vorliegt.
__
in allen vier Verfahren
-
Hare Psychopathy Checklist-Revised (PCL-R) 2nd Edition: Rohwert
10 [von 40], früher 13 (S. 25). Höchster T-WERT bei den sieben
erfassten Bereichen 41, also durchweg in allen Bereichen unterdurchschnittlich:
-
STATIC 99 Gesamtscore
3 von 12 (S. 26f): "In diesem Prognosesystem (Hanson & Thornton 1999)
geht es um die Vorhersage der Rückfallwahrscheinlichkeit für
Sexualdelikte bei Sexualstraftätern mittels einer kurzen aktuarischen
Risikoanalyse. Daneben wird die Rückfallwahrscheinlichkeit für
weitere Gewaltdelikte bei Sexualstraftätern ermittelt. Zehn sehr tatnahe
Variablen werden spezifisch kodiert und ausgewertet (Harris et al. 2003).
... Demnach lässt sich bei Herrn Kulac mit diesem Verfahren
ein Summenwert von 3 ermitteln, was für ein eher niedriges Rückfallrisiko
spricht. ..."
-
Sex Offender Risk Appraisal Guide (SORAG): (S. 27f): "Dabei
handelt es sich um ein speziell für Sexualstraftäter entwickeltes
und erstmals 1998 in Kanada veröffentlichtes aktuarisches Prognoseinstrument
(Quinsey et al. 2006), wobei die deutsche Übersetzung von Endrass
et al. aus Zürich verwendet wird. Es müssen 14 Fragen zur Vorgeschichte,
zur psychiatrischen Anamnese und zur bisher bekannt gewordenen Delinquenz
unter Berücksichtigung des Wertes der oben dargelegten PCL-R erfasst
werden". Ergebnis: Gesamtwert 0 mit einem ProzentRANG von 24: "... Dies
bedeutet, dass 76 % der mit diesem Instrument Untersuchten ein gleiches
bzw. ein noch höheres Risiko für die Begehung von Gewaltdelikten
(einschließlich Sexualdelikten) aufweisen. Dadurch kommt ein unterdurchschnittliches
Wiederholungsrisiko für derartige Delikte zur Darstellung." (S. 28)
-
Level of Service Inventory (LSI-R): ProzentRANG 26,3 oder T-WERT
von 43 (S. 29): "Dieses Fremdbeurteilungsinstrument, das seit Mitte der
90er-Jahre im angloamerikanischen Raum genutzt wird (Andrews & Bonta
1995) und für das seit dem Jahr 2012 auch eine deutsche Version vorliegt,
die an einer Stichprobe deutscher Straftäter normiert wurde (Dahle
et al. 2012), ermöglicht eine quantitative Erfassung kriminalitätskorrelierter
Merkmale eines Täters sowie seines Umfeldes. Dabei werden 54 Merkmale
aus zehn Bereichen erfasst, die für die Abschätzung des Rückfallrisikos
und des Behandlungsbedarfs von Bedeutung sind. ..."
__
Organische Persönlichkeitsstörung
(ICD-10: F07.0) [Online-Quelle]
"Diese Störung ist charakterisiert durch eine auffällige
Veränderung des gewohnten prämorbiden Verhaltensmusters und betrifft
die Äußerung von Affekten, Bedürfnissen und Impulsen. Eine
Beeinträchtigung der kognitiven Fähigkeiten, des Denkvermögens
und ein verändertes Sexualverhalten können ebenfalls Teil des
klinischen Bildes sein."
__
Progedienz-Kriterien
bei Sexualdelikten
Siehe bitte: Hill, A.; Briken, P. Lietz, K. & Berner, W. (2005)
In Schläfke, Häßler, Feger (2005) Sexualstraftaten: forensische
Begutachtung, Diagnostik und Therapie. Stuttgart: Schattauer, Tabelle
5.2 S. 78. Auch Google
Books.
Prognostische
Bedeutung der Progredienz ("hand off - hand on") [Ergänzung 21.01.15]
Prof. Rettenberger bot bei seinem Vortrag
im Rechtspsychologischen Kolloquium an, dass man ihn nach speziellen
Studien fragen könne. Das habe ich speziell zur Frage der Progredienz
("hand off - hand on") gemacht und von ihm eine Studie genannt bekommen,
in der die sexuelle Progredienz unter dem Stichwort "Escalation in Frequency
or severity" zu suchen ist. Die Studie umfasst 249 Kindesmissbrauchstäter.
Hierbei zeigte sich ein AUC
= 0.46, was grob besagt, dass die Treffsicherheit ungefähr 50%, genau
46%, ist, also keinen Prognosewert hat.
Rettenberger, Martin; Boer, Douglas P.
& Eher, Reinhard (2011) The Predictive Accuracy Of Risk Factors
In The Sexual Violence Risk–20 (Svr-20). Criminal Justice and Behavior
October 2011 vol. 38 no. 10 1009-1027 [Online-Quelle]
__
Testpsychologischen Befunde
Der
Benton-Test ist DAS testpsychologische Verfahren - meist im Zusammenhang
mit dem Vergleich Handlungs- und Verbalteil im HAWIE oder HAWIK -, um hirnorganische
Störungen festzustellen. (1) So stellte Herr Dipl.-Psych. PAUL KELLER
vom Bezirkskrankenhaus Bayreuth in seinem Gutachten vom 27.12.2001 fest:
"Der durchgeführte Benton-Test entsprach im Ergebnis seinem Intelligenzniveau
und lieferte keine Hinweise für bedeutsame hirnorganisch bedingte
Beeinträchtigungen seiner visuellen Merkfähigkeit und seiner
Gestalterfassung. Im Syndrom-Kurz-Test (SKT) kam er auf einen Punktwert
von 11, der auf eine leichte hirnorganische Beeinträchtigung hinweisen
könnte. Insgesamt verweisen die Befunde darauf, daß bei dem
Untersuchten eindeutig kein Schwachsinn zu attestieren ist, sondern eine
niedrige Intelligenz." zitiert nach Kröber GA S. 112. (2) Und am 27.06.2014
wird der Benton-Test erneut abgenommen.: "Bei der Erfassung hirnorganischer
Leistungsdefizite mit dem Visual-Retention-Test von Benton habe der Proband
unter Zugrundelegung eines durchschnittlichen (prämorbiden) IQ-Wertes
von 89 Punkten sieben Vorlagen fehlerfrei wiedergegeben. Bei den verbleibenden
Vorlagen seien vier Fehler aufgetreten. Die Differenzen der tatsächlichen
Werte zu den Erwartungswerten hätten keine Auffälligkeiten ergeben,
die auf hirnorganisch bedingte Funktionsstörungen für diesen
Bereich verweisen würden. ..." (S. 47) Ulvi Kulac zeigt also ein stabiles
Benton-Ergebnis über den Zeitraum von 13 Jahren (2001-2014), das keine
hirnorganische Störung erkennen lässt.
Faustregeln hirnorganische
Störung in den Testbefunden: Ist im Hamburg-Wechsler-Intelligenztest
der Handlungsteil deutlich niedriger als der Verbalteil und ist die Fehlerrate
im BENTON-Test erhöht (über dem zugeordneten Erwartungswert der
Intelligenz), so liegt ein sehr begründeter Verdacht auf eine hirnorganische
Störung vor. |
__
Zirkuläre Selbstvalidierung
Validieren
bedeutet etwas als wahr, begründet, gegeben erweisen. Sagt jemand
über sich, dass A richtig ist, weil er früher schon meinte, A
sei richtig, so liegt eine zirkuläre Begründung vor, die wissenschaftlich
natürlich unzulässig ist.
__
Zitierregeln(Beispiele)
-
S. 59: "... Es geht dabei um eine erschwerte Anpassung bei der Bewältigung
der Anforderungen des alltäglichen Lebens (Dilling et al. 2010), was
hier sicherlich positiv angenommen werden kann."
-
S. 59: "... Auch hinsichtlich der moralischen Entwicklung ist der Proband
nicht auf einem kindlichen Niveau stehen geblieben, sondern es bilden sich
Merkmale einer Einstellung ab bzw. auch einer Sichtweise, die einem Entwicklungsalter
von etwa zehn bis zwölf Jahren entspricht (Esser et al. 1991; Herpertz-Dahlmann
et al. 2003; Fehler! Hyperlink-Referenz ungültig.) ...."
-
S. 61f: "... Dabei ist bei Probanden mit einer Störung der Sexualpräferenz
bekannt geworden, dass sich in vielen Fällen mehr als eine sexuelle
Störungstypologie entwickelt (Abel et al. 1988). ..."
-
S. 62: "... Eigenen Untersuchungen zufolge findet man eine Störung
der Sexualpräferenz bei etwa einem Drittel der zu begutachtenden Sexualstraftäter
(Blocher 2001), also vergleichsweise häufig. ..."
-
S. 64: "... Insbesondere konnte er keine Angaben über die aus forensisch-psychiatrischer
Sicht wichtigen Folgen der Einnahme dieser Substanz wie einem hohen Abhängigkeitspotential,
einer psychotischen Dekompensation und der überzufällig häufigen
Auslösung von aggressiven Verhaltensweisen (Uchtenhagen & Zieglgänsberger
2000; Knecht 2002) machen. ..."
-
S. 65: "... Gerade der Aspekt langer Beobachtungszeiträume und deren
Bedeutung bei der Bemessung des Rückfallrisikos wird durch verschiedene
Arbeiten zur Rückfallprognose bei Sexualstraftätern verdeutlicht
(Rösler 1997; Stadtland et al. 2006). ..."
Anmerkung:
Der Hochstaplerzizierstil,
den immer mehr (forensische) Psychiater
übernehmen, ist leider eine Erfndung der Psychologen.
__
Querverweise
Standort: Methodenkritische Analyse des GA
Dr. Blocher zur Freilassung von Ulvi Kulac.
*
Zur Freilassung.
Wiederaufnahmeverfahren
Ulvi Kulac ("Peggy").
Methodenkritische
Erstanalyse GA Prof. Kröber.
Überblick: Potentielle
Fehler in forensisch-psychopathologischen Gutachten, Beschlüssen und
Urteilen der Maßregeljustiz.
Internet-Mahnwachen
Forensische Psychiatrie und Justiz.
Nachrichten
aus der Psychiatrie.
Gewaltanwendung
und Zwang in der forensischen Psychiatrie.
Überblick
Forensische Psychologie.
Unrecht
im Namen des Rechts.
*
*
Dienstleistungs-Info.
*
Zitierung
Sponsel, Rudolf (DAS).
Zusammenfassung
Methodenkritische Analyse des Gutachtens von Dr. Blocher vom 3.9.2014 über
die Freilassung von Ulvi Kulac.
Erlangen
IP-GIPT: https://www.sgipt.org/forpsy/Kulac/BZK-Freilassung/MKA_BGA.htm
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korrigiert:
Änderungen Kleinere
Änderungen werden nicht extra ausgewiesen; wird gelegentlich überarbeitet
und ergänzt.
04.02.15 Linkfehler geprüft
und korrigiert.
21.01.15 Prognostische
Bedeutung der Progredienz.
18.11.14 Anmerkung
Hochstaplerzitierstil.