Wirklichkeit und wirklich
Ein alltäglicher und wissenschaftlicher Grundbegriff
Originalarbeit von Rudolf Sponsel,
Erlangen
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Eine ebenso allgemeine wie auch praktische Definition liefern die Buddhisten: wirklich ist, was wirkt. Doch man beachte: "Die Philosophie ist ein Kampf gegen die Verhexung des Verstandes durch die Mittel unserer Sprache." Wittgenstein, Philosophische Untersuchungen, 109] |
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Zusammenfassung > Wirklichkeit.
Der Sachverhalt der Wirklichkeit war in der Menschheitsgeschichte im
Unterschied zu bloßen Träumen oder Phantasien
von großer Bedeutung, weil über-lebenswichtig. Was ist also
wirklich, was Einbildung, Vermutung oder nur eine Denkmöglichkeit?
Was Halluzination oder Wahn
ist, spielt in der Psychopathologie eine große Rolle und ist gar
nicht so einfach, wie manche meinen. Eine Hilfe zur Konstruktion und Erfassung
verschiedener Wirklichkeiten kann die Unterscheidung von Referenzwelten
RWindices der ontologischen Bereiche (OB) sein.
Seit über die Wirklichkeit systematisch und
gründlicher nachgedacht wird, hat sich dazu eine eigene Wissenschaft
entwickelt, die traditionell in der Philosophie unter der Erkenntnistheorie
und Ontologie und im 20. Jahrhundert eine gewisse Loslösung
von der Philosophie erfuhr und mehr und mehr in der Wissenschaftstheorie
abgehandelt wurde, eine Art Bindeglied zwischen den Wissenschaften und
der Philosophie. Mit der philosophischen Analyse wurde es unübersichtlich
und unergiebig. Ein -ismus
nach dem anderen entstand und der "Fortschritt" bestand lediglich in einer
Vielzahl von - meist wenig konkreten und operationalen
- Theorien und Meinungen, oft sehr abgehoben von der Lebens- und Wissenschaftspraxis.
Eng verknüpft mit der Wirklichkeits- und Realitätsfrage ist auch
die Frage nach der Wahrheit und der Referenz.
Der Durchschnitts- oder Alltagsmensch hat indessen
keine großen Probleme mit dem Wirklichkeitsbegriff. Für ihn
ist all das, was er wahrnimmt, erlebt und daraus ableitet, wirklich: sein
Wirklichkeitserleben. Und das ist im Großen und Ganzen für das
praktische Leben auch ausreichend - trotz der vielen Fehlerquellen in der
Wahrnehmung und kognitiven Informationsverarbeitung.
Eine ebenso allgemeine wie auch praktische Definition
liefern die Buddhisten:
wirklich
ist, was wirkt.
Schwieriger wird es, wenn man "die" Wirklichkeit
des subjektiven Erlebens und Bewertens hinzunimmt. Auch ein Traum oder
eine seelische Regung von - sagen wir - Zweifel ist natürlich nicht
weniger wirklich als die Sonne oder der Stuhl auf dem ich sitze, aber weit
schwieriger zugänglich. Noch schwieriger wird es, wenn man die Flüchtigkeit,
Veränderung und den Wandel mit einbezieht.
Fluechtigkeit des Erlebens Das allermeiste
wirkliche Erleben verschwindet, zumindest in der Weise, dass es bewusst
nicht mehr zugänglich ist. Wenn wir für einen Wach-Tag 16 Stunden
und pro Minute z.B. ein Erlebensereignis und ein durchschnittliches
Leben mit ungefähr 80 Jahren ansetzen, dann bestünde solch ein
Leben aus 16*60*365*80 = 28.032.000, also gut 28 Millionen, wirklichen
Erlebensereignissen.
Wählte man als Erlebenszeiteinheit die Sekunde, ergäben sich
rund 1,68 Milliarden. Wie und wie viel Erleben tatsächlich gespeichert
wird, ist derzeit noch offen und auch sehr schwierig zu beweisen: selbst
Penfields-Ergebnisse
sind nicht so klar, wie man auf den ersten Blick meinen könnte. Prinzipiell
gibt es in der Physik die analoge Problematik des sehr kleinen, kurzen
und flüchtigen. Dass man diese Probleme in der Physik so gut lösen
konnte, wirft die Frage auf, weshalb dies in der Psychologie bisher noch
nicht einmal ansatzweise gelungen ist. Und sie ist einfach zu beantworten:
(1) weil die naturwissenschaftliche Codierung
des Erlebens (> Realität
des Psychischen) derzeit noch weitgehend nicht entschlüsselt und
unbekannt ist, (2) weil den experimentellen Möglichkeiten der Erforschung
beim Menschen deutliche Grenzen gesetzt sind und (3), weil unheimlich viele
absonderliche - meist Katheder - Theorien über das Bewusstsein
vernünftige Forschung behindern und (4) das methodologische Niveau
der Definitionen und Vorkehrungen gegen die Tücken und Fallstricke
der Sprache wenig ausgeprägt sind.
Nun ist es wahrscheinlich sinnvoll, verschiedene
Wirklichkeiten ("Welten") zu unterscheiden:
subjektive,
gruppensubjektive, intersubjektive und objektive
sowie neben der "realen" Welt die Welten der Möglichkeiten,
Phantasien,
Wünsche,
Normen
und Werte. Eine weitere wichtige Unterscheidung betrifft die Dauer
und Fassbarkeit des Wirklichen. Ist es nur sehr kurz und flüchtig,
kaum greif- oder fassbar wie so viele Bewusstseins- oder mikrophysikalische
Prozesse (h = 6,55 * 10^-27 erg sec)?
Eine besondere Problematik liegt im Wirklichkeitsstatus
unserer geistigen Konstruktionen einerseits der Allgemeinbegriffe (Universalien)
und andererseits der abstrakten Konstruktionen wie z.B. der Staat,
die
Gesellschaft, die Medien, die Kirche, die Arbeiterklasse,
das
Recht, die Konjunktur, usw.
Diegrundlegende Fragestellung lautet: Wer erkennt was für welche Dauer in welcher Welt und Situation mit welchen Interessen und Verfahren, Methoden oder Mitteln wie zuverlässig und wie prüfbar? Die grundlegende Fragestellung zerlegt, ergibt 10 Einzelfragen
Der Wirklichkeitsstatus
im Alltagsleben
Die meisten Menschen sind erkenntnistheoretische Realisten,
d.h. sie gehen mehr oder minder naiv bis kritisch von einer tatsächlichen
Außenwelt aus, die uns teilweise durch unsere Wahrnehmung und Informationverarbeitung
direkt vermittelt wird.
Am besten geht man von konkreten Beispielen aus: (1) Steht da eine
Ampel? (2) Ist da ein Baum? (3) Siehst Du das Haus? (4) Hast Du den Arzttermin
noch im Kopf? (5) Hast Du Schmerzen? (6) Spürst Du Hunger? (7) Fühlst
Du Dich im Moment zufrieden? (8) Geht es Deiner Frau gut? (9) Kommen zu
viele Flüchtlinge [2015]? (10) Wird Deutschland das schaffen, mit
den vielen Flüchtlingen fertig zu werden?
Diese Beispiele dürften zeigen, dass (1-8)
für die allermeisten völlig problemlos sind. (9) könnte
für viele strittig sein, so lange unklar ist, wie viele nun genau
"viele" sind und wann es dann zu viele sind oder sein könnten, also
unter welchen Rand- oder Rahmenbedingungen der Sachverhalt zu erörtern
ist. Und ebenso natürlich (10), da niemand in die Zukunft sehen kann
und unklar ist, was "schaffen" oder fertig werden bedeutet, wobei auch
noch die Zeit offen gelassen wurde.
Der
Wirklichkeitsstatus von Allgemeinbegriffen
(Universalien)
Obwohl seit dem Mittelalter über den Wirklichkeitsstatus von Allgemeinbegriffen,
den sogenannten Universalien,
philosophisch und wissenschaftstheoretisch gestritten wird, hat der Mensch
im Alltag so gut wie keine Probleme damit. In der realen Welt gibt es nur
konkrete Bäume, aber nicht den Baum. So gibt es zwar keinen
allgemeinen Baum, die Universalie
Baum, aber jeder weiß, was damit gemeint ist. Und so gibt es in der
Lebenspraxis kaum ein Problem damit, ob etwas ein Baum, ein Tisch, krumm
oder gerade ist - jedenfalls dann, wenn konkrete Modelle in der Wahrnehmungswelt
vorliegen..
Der
Wirklichkeitsstatus von abstrakten Begriffen
Darunter kann mehrerlei verstanden werden. Begriffe sind eigentlich
immer abstrakt. Aber das meint man meist nicht, wenn man von abstrakten
Begriffen spricht. Gemeint ist gewöhnlich, dass dem Begriff kein Gegenstand,
kein Ding entspricht, wie etwa beim Begriff Definition.
Definitionen gibt es in der objektiven Welt nicht, sie sind ein Produkt
des menschlichen Geistes. Aber es gibt oder sollte Referenzen
geben. Zu den abstrakten Begriffen in diesem Sinne gehören alle nicht
direkt wahrnehmbaren Konstruktionen, z.B. der Bewusstseinsstrom,
Charaktereigenschaften oder die natürlichen Zahlen, die man aber in
Natur und Kultur in endlichen Anzahlen vielfach repräsentiert ("Modelle")
finden kann wie überhaupt die mathematischen Begriffe mehr in der
Natur realisiert sind als man gewöhnlich meint.
Der Wirklichkeitsstatus
von mathematischen Begriffen
Die meisten mathematischen Begriffe haben Referenzen in der Natur,
Wissenschaft und Technik, sonst könnte die Mathematik nicht die Sprache
der Natur (Galilei), Wissenschaft und Technik sein und in den empirischen
Wissenschaften wie der Technik eine solche Bedeutung erlangt haben. Wenn
auch die meisten mathematischen Begriffe ihren referentiellen Ursprung
in der Natur und Umwelt haben, so ist sie doch letztlich unabhängig
von empirischen Gegebenheiten entwickelt und verfasst. Man könnte
auch sagen, Mathematik ist die Wissenschaft von idealisierten Objekten,
Strukturen und ihren Beziehungen. Die Lehre von Dreieck
hängt nicht davon ab, welche Dreiecke wir in der realen Welt vorfinden.
So beruht der Erfolg der Mathematik auf ihrer grundsätzlichen Unabhängigkeit
von empirischen Gegebenheiten, auf ihrer begrifflichen Strenge und ihrem
rigorosen Beweiskonzept. In gewisser Weise ist das ein Paradox, nämlich
wie erfolgreich eine Wissenschaft auf die Wirklichkeit angewendet werden
kann, obwohl sie im
Prinzip unabhängig von ihr entwickelt und gedacht wird. Mit diesem
Rätsel hat sich auch Albert Einstein
in seinem Festvortrag (Geburtstag Friedrich des Großen) am 27.1.1921
beschäftigt und kommt unter dem Kapitel-Titel GEOMETRIE UND ERFAHRUNG
auf S. 119f zu folgender Lösung (fett-kursiv von RS hervorgehoben):
Der Wirklichkeitsstatus
von logischen
Begriffen
Was ist der Wirklichkeitsstatus von "wenn" (Bedingung), "oder" (Verknüpfung),
"ist" (Zuschreibung)? Mit den logischen
Begriffen scheint es sich ähnlich zu verhalten wie mit den mathematischen.
Der logische Grundbegriff ist die Folgerung, der Schluss. Dazu bedarf es
im allgemeinen Voraussetzungen und Schlussregeln, wobei die Inhalte weitgehend
keine Rolle spielen. Wenn alle Deutschen Inder sind und Rumpelstilzchen
ein Deutscher ist, dann ist Rumpelstilzchen logisch gesehen auch ein Inder.
Auch wenn in unserer Wirklichkeit Deutsche keine Inder sind.
Der Wirklichkeitsstatus
von psychologischen Begriffen
Psychologische Begriffe sind an die Existenz des Menschen oder beseelte
Lebewesen gebunden. Nachdem wir uns selbst am nächsten sind und miteinander
aufwachsen, gibt es sehr viele psychologische Begriffe, die zumindest dem
Anschein nach, die psychologische Wirklichkeit beschreiben und erklären
sollen. Kaum problematisch sind hierbei die Begriffe, die Verhalten beschreiben
oder im Alltagsleben fundiert sind. Dafür umso mehr die Begriffe des
Erlebens,
der Entwicklung und Persönlichkeit, die sich der direkten Beobachtung
entziehen. Zum Einstieg kann man die Einteilung des Psychologiestudiums
heranziehen, z.B. die Allgemeine
Psychologie.
Der Wirklichkeitsstatus
von subjektiven Bewusstseinsinhalten
Das, was der Mensch erlebt und wenigstens umschreibend in Begriffe
oder wenigstens kognitive Schemata fassen kann, ist nicht weniger real
oder wirklich als der Stuhl, auf dem ich sitze oder die Sonne, die sich
scheinbar um die Erde dreht. Akzeptiert man allerdings nur intersubjektiv
Nachprüfbares als potentiell real oder wirklich, kann es - derzeit
noch - schwierig werden mit dem Wirklichkeitsstatus subjektiver Bewusstseinsinhalte.
Das Problem ist, dass Bewusstseinsinhalte oft sehr flüchtig und unscharf
sind. aber das gilt im Prinzip für mikrophysikalische
Prozesse noch sehr viel stärker. Mit geeigneter Methodologie
und Terminologie ist es grundsätzlich möglich, subjektive Bewusstseinsinhalte
ziemlich genau zu bestimmen.
Der Wirklichkeitsstatus
von soziologischen Begriffen (ausführlich hier: Ontologie
des Psychosozialen)
Berger & Luckmann nennen ihr Werk »Die gesellschaftliche
Konstruktion der Wirklichkeit«, Searle nennt sein Werk hingegen
»Die Konstruktion der gesellschaftlichen Wirklichkeit«.
Den ebenso feinen wie wichtigen Unterschied erläutert Helmut Plessner
in seinem Vorwort (S. IX) zu Berger
& Luckmann:
Zu den Grundfragen der soziologischen Begriffe gehört das Problem
der genauen Bedeutung ihrer Begriffe, wie z.B.: die Gesellschaft, der
Staat, die Demokratie, die Kirche, das Recht, die Arbeiterklasse, Elite,
Solidarität, Wandel, Gerechtigkeit, Armut, Gleichheit, Gemeinwohl.
Institutionen, die Parteien, und ... und ...
Eroerterung
am Beispiel die Gesellschaft
Es ist sehr üblich und weit verbreitet von der Gesellschaft
zu sprechen. Manchmal sogar, als sei sie ein eigenständiges und handlungsfähiges
Wesen. Aber wer oder was soll das genau sein? Man kann nicht auf sie deuten,
man kann sie nicht aufzählen, es scheint sie zwar zu "geben", und
jeder meint zu verstehen, was gemeint ist, wenn von der Gesellschaft
gesprochen wird, und doch ist es sehr schwierig, die Gesellschaft
genauer zu bestimmen. Daraus könnte man den Schluss ziehen oder sogar
den Vorschlag entwickeln, dass man sich an manchen Stellen mit ungefähren
Bedeutungen begnügen sollte. Die Gesellschaft befindet
sich in einem steten Wandel, so dass eigentlich auch eine Zeitangabe dazu
gehört. Und die Gesellschaft besteht aus vielen, sehr vielen
Faktoren (Elementen, Gruppierungen, Institutionen, Bereichen und Facetten).
So sprach Popper in einem viel beachteten Werk von der offenen
Gesellschaft und ihren Feinden. Damit wendete er sich gegen Ideologien
überwiegend totalitären Charakters ("Historizisten"), hauptsächlich
gegen Platon, Hegel, Marx, deren Anhänger und Folgen und plädiert
für kritische Freiheit. Die Gesellschaft ist ein sehr
komplexes und sehr heterogenes geistiges Modell. Eigentlich sollten die
SoziologInnen erklären können, was die Gesellschaft
bedeutet bzw. so alles bedeuten kann.
Der Wirklichkeitsstatus von gesellschaftlichen Institutionen
> Ontologie des Psychosozialen.
Die naturwissenschaftliche Codierung des Erlebens und die Natur des Erlebens Das Erleben hat zwei Dimensionen: eine materielle, die Basis für die psychologische Dimension des Erlebens und das Erleben. Als metaphorische Analogie kann die Doppelnatur des Lichts dienen (Materie und Welle). Die naturwissenschaftliche Codierung kann bis auf weitere und detailliertere Erkenntnisfortschritte mit der Variable natcode symbolisiert werden. "Ich fühle Ärger" wird dann codiert als [natcode, "ich fühle Ärger"] Das erklärt auch problemlos, dass Erleben Einfluss auf den Körper hat, weil es eben auch körperlich oder materiell ist.
Das Problem des Vergaenglichen Die Sachverhalte, Objekte und Zustände sind vergänglich, nicht wenige in Sekundenschnelle. Das Wirkliche gehört dann der Vergangenheit an. In welcher Weise ist es dann noch wirklich? Wenn es gespeichert wurde, etwa im Gedächtnis, dann kann auch das Vergangene noch wirksam und damit wirklich sein.
Das Problem des Veraenderlichen
Die
Sachverhalte, Objekte und Zustände bleiben nicht konstant, sondern
verändern sich (Heraklit: Alles fließt, man kann nicht zwei
Mal in denselben Fluß steigen). Hier liegt ein gewisses Paradox,
das sich besonders scharf beim Identitätsproblem
zeigt.
Was heißt angesichts der ununterbrochenen
Veränderung "Wirklichkeit"? Welche "Wirklichkeit" ist gemeint? Wie
James sinnig vom Bewusstseinsstrom sprach, müssten wir eigentlich
auch von einem Wirklichkeitsstrom sprechen, denn auch die Wirklichkeit
fließt in einem fort, von Augenblick zu Augenblick . Streng betrachtet
lässt sich die Metapher Heraklits verallgemeinen zu: es gibt keine
zwei gleichen Augenblicke. Andererseits gibt es Zustände, die gleich
bleiben, etwa der Zustand "verheiratet" sein, der mit der Scheidung oder
dem Tod endet, also durchaus 50-60 Jahre konstant anhaltend sein kann.
Wenn wir Menschen, Charaktere und Persönlichkeiten beschreiben, suggeriert
unsere Sprachgebrauch Konstanzen, die es genau betrachtet gar nicht gibt,
wenn etwa einem Menschen eine gwisser Intelligenzquotient (IQ)
oder das Persönlichkeitsmerkmal zuverlässig zugeordnet
wird.
Das Problem des Standpunkts und der Perspektive Ein und dasselbe Objekt stellt sich für unterschiedliche Betrachter (Erkennende Systeme) unterschiedlich dar. Das kann auch für denselben Betrachter gelten, wenn er unterschiedliche Perspektiven einnimmt. Spätestens seit der Relativitätstheorie sind auch unsere grundlegenden Kategorien wie Zeit und Raum betroffen, wenn auch im menschlichen Alltag kaum messbar.
Das Problem der Egozentrik Viele Menschen gehen ganz natürlich von sich, ihren Erfahrungen und ihrem Wissen aus. Aber so wie sich die Sachverhalte für ein einzelnes Individuum darstellen, so müssen sie nicht für andere sein.
Das Problem des Scheins Nur weil wir
"nichts" wahrnehmen, muss nicht nichts da sein. Was uns als nichts erscheint
gilt ja relativ zu unseren Sinnesorganen und Wahrnehmungsschwellen. Wir
können immer nur sagen: das erkennende System ES hat keine (bewusste)
Wahrnehmung.
Für jede Wirklichkeitskonstruktion stellt sich
die Frage, wie zutreffend oder repräsentativ diese Konstruktion ist.
Für genauere Unterscheidungen kann man sich am Veridikalitätsbegriff
(Koffka 1935) orientieren:
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Die Konstruktion des Objektiven
Das Ding an sich
kennen wir nicht und werden es niemals kennen können, weil jede Erkenntnis
ein erkennendes System voraussetzt, an dessen Erkenntnismöglichkeiten
die Erkenntnis gebunden ist. Nehmen wir einen beliebigen Sachverhalt, etwa
irgendein Objekt, an und fragen uns, wie wir herausfinden können,
was das für ein Objekt ist und was an dieser Erkenntnis objektiv sein
könnte. Hierbei können uns z.B. die ontologischen Kategorien
(Auswahl) sehr hilfreich sein:
wirklich/Wirklichkeit in Enzyklopaedie
Philosophie und Wissenschaftstheorie
"wirklich/Wirklichkeit (engl, real/reality, franz. reel/realite), in
alltags- und bildungssprachlicher Verwendung dasselbe wie real/Realität,
im Rahmen philosophischer Terminologien ebenso wie >Realilät< und
im Gegensatz zu »Möglichkeit (>möglich/Möglichkeit)
Bezeichnung für die Welt der Gegenstände, Zustände und Ereignisse,
auch der durch den Menschen hergestellten Dinge und in Gang gesetzten Entwicklungen.
In dieser Bedeutung wird der Terminus >W.< zuerst von Aristoteles im
Zusammenhang seiner Prinzipienanalyse eingeführt. ... " Quelle:
Mittelstraß, Jürgen (1996, Hrsg.) Enzyklopädie Philosophie
und Wissenschaftstheorie. 4. Bd. Metzler, Stuttgart.
__
Wirklichkeitsbegriff bei Ernst Mach:
"... Nichts ist wirklich, was nicht unter gewissen Bedingungen, die sinnlichen
Elemente, den Bewußtseinsinhalt dieses oder jenes Menschen
beeinflussen kann. Was wir erlebt haben, hinterläßt uns
Erinnerungen, Vorstellungen. ..." In: Die Empfindungen, 9. A., 1922, S.
303, Zusatz I zu S. 30.
__
Wirklichkeitsbegriff im Buddhismus:
Schumann (1998, S. 222, kursiv-fett RS): "Der Abendländer, daran gewöhnt,
nur Nachprüfbares für wirklich zu nehmen, hält ideierte
Wesenheiten, die nur ihrem Urheber sichtbar sind, für Wahngebilde.
Der Vajrayänin denkt anders. Wirk-lichkeit ist alles,
das wirk-sam ist, gleichgültig ob äußerlich
oder innerlich, für einen oder viele. ..." Siehe auch Austeda:
"Wirklichkeit als dasjenige, was, „wirkt""
__
Wirklichkeit nach Austedas Wörterbuch
der Philosophie, S. 263:
"Wirklichkeit: mehrdeutiger philosophischer Grundbegriff. 1.
Die Welt der Erlebnisse (Quelle der Wirklichkeitsgewißheit); durch
die kategoriale Bearbeitung der unmittelbar gegebenen Empfindungsmannigfaltigkeit
entsteht 2. die anschauliche Welt der Sinnendinge, die sinnlich wahrnehmbare
Erscheinungswelt, in der sich Forschung treiben läßt, die in
Form von Aussagen beschreibbar ist, in der es „Erkenntnis" und „Wahrheit"
gibt („wirklich" in diesem Sinne ist, was sich als mit allen anderen Erfahrungen
verträglich erweist). Will man die Erscheinungen „verstehen", dann
ist man 3. zur Annahme einer physikalischen Kraftwelt genötigt (Wirklichkeit
als dasjenige, was „wirkt"). 4. Darüber hinaus nehmen die Metaphysiker
noch eine transzendente Überwirklichkeit an (in „horizontaler" Richtung
die „Wirklichkeit an sich", in „vertikaler" Richtung die göttliche
Überwelt). Die „Vollwirklichkeit" ist ein gedanklich unvollziehbarer
Grenzbegriff (eine Fiktion); denn immer zeigt uns „die Wirklichkeit" (je
nach der Optik des Betrachters) nur eine bestimmte „Seite", deren Verabsolutierung
verzerrte Weltbilder entspringen. Auch die Einzelwissenschaftler müssen
je nach Erkenntnisziel die Wirklichkeit von verschiedenen Standpunkten
aus anvisieren und auf bestimmte Begriffsebenen projizieren. Ein umfassendes
Weltbild aufzubauen, ist Aufgabe des Philosophen (vgl. Wirklichkeitstheorie);
aber auch dieses kann nur ein „offenes" sein, da die wissenschaftliche
Erforschung der Wirklichkeit ständig fortschreitet. - Vgl. Außenwelt,
Sein, Mechanistik."
__
Watzlawickscher
Wirklichkeitsbegriff in Wie wirklich ist die Wirklichkeit?
"Dieses Buch handelt davon, daß die sogenannte Wirklichkeit das
Ergebnis von Kommunikation ist. Diese These scheint den Wagen vor das Pferd
zu spannen, denn die Wirklichkeit ist doch offensichtlich das, was wirklich
der Fall ist, und Kommunikation nur die Art und Weise, sie zu beschreiben
und mitzuteilen.
Es soll gezeigt werden, daß dies nicht so
ist; daß das wacklige Gerüst unserer Alltagsauffassungen der
Wirklichkeit im eigentlichen Sinne wahnhaft ist, und daß wir fortwährend
mit seinem Flicken und Abstützen beschäftigt sind - selbst auf
die erhebliche Gefahr hin, Tatsachen verdrehen zu müssen, damit sie
unserer Wirklichkeitsauffassung nicht widersprechen, statt umgekehrt unsere
Weltschau den unleugbaren Gegebenheiten anzupassen. Es soll ferner gezeigt
werden, daß der Glaube, es gäbe nur eine Wirklichkeit, die gefährlichste
all dieser Selbsttäuschungen ist; daß es vielmehr zahllose Wirklichkeitsauffassungen
gibt, die sehr widersprüchlich sein können, die alle das Ergebnis
von Kommunikation und nicht der Widerschein ewiger, objektiver Wahrheiten
sind.
Die enge Beziehung zwischen Wirklichkeit und Kommunikation
ist erst in letzer Zeit Gegenstand eingehenderer Untersuchungen geworden.
Aus diesem Grunde hätte dieses Buch noch vor dreißig Jahren
nicht geschrieben werden können. Und doch enthält es nichts,
das sich nicht seit längster Zeit hätte denken, erforschen und
anwenden lassen. Oder anders ausgedrückt: Die hier beschriebenen Sachverhalte
waren unserem Denken nicht nur schon vor Jahrzehnten, sondern in ihren
Ansätzen bereits der Antike zugänglich; was aber fehlte, war
die Bereitschaft oder auch nur der Anlaß, sich mit dem Wesen und
den Wirkungen der Kommunikation als eigenständigem Phänomen [>8]
auseinanderzusetzen. Freilich hatten Physiker und Fernmeldetechniker die
Probleme der Nachrichtenübermittlung bereits weitgehend gelöst,
wohl hatte die Linguistik unser Wissen vom Ursprung und Aufbau der Sprachen
auf wissenschaftliche Grundlagen gestellt, und hatte die Semantik schon
längst die Bedeutung von Zeichen und Symbolen zu untersuchen begonnen.
Aber das Studium der sogenannten Pragmatik der menschlichen Kommunikation,
das heißt der Art und Weise, in der sich Menschen durch Kommunikation
gegenseitig beeinflussen, wie dabei ganz verschiedene »Wirklichkeiten«,
Weltanschauungen und Wahnvorstellungen entstehen können, dieses Studium
ist ein verhältnismäßig neuer Zweig der Forschung. Die
Frage, die dieses Buch zu beantworten versucht, ist: Wie wirklich ist,
was wir naiv und unbesehen die Wirklichkeit zu nennen pflegen?
Es ist die unverblümte Absicht dieses Buchs,
unterhaltend zu sein und dem Leser in anekdotischer Form gewisse willkürlich
ausgewählte Gebiete der Kommunikationsforschung vorzulegen, die ungewöhnlich,
merkwürdig und vielleicht sogar unglaublich sind, trotzdem (oder vielleicht
gerade deshalb) aber unmittelbar an der Entstehung und Ausbildung von Wirklichkeitsauffassungen
beteiligt sind. Dem Pedanten mag diese Form der Darstellung, oberflächlich
und unwissenschaftlich erscheinen, doch sollte er sich vor Augen halten,
daß es zwei grundsätzlich verschiedene Formen wissenschaftlicher
Erklärung gibt. Die eine beginnt mit der Formulierung einer Theorie
und führt dann den Nachweis ihrer Gültigkeit für das Verständnis
von Erfahrungstatsachen.*
Die andere Methode besteht im Vorlegen einer großen Zahl von
Beispielen aus verschiedensten Gebieten und versucht, auf diese praktische
Weise aufzuzeigen, welche Struktur diesen scheinbar ganz verschiedenen
Beispielen gemeinsam ist und welche Schlußfolgerungen sich daraus
ziehen lassen. Bei den beiden Methoden fällt dem Gebrauch von Beispielen
also sehr verschiedene Bedeutung zu. In der ersten müssen die Beispiele
Beweiskraft haben. In der zweiten ist ihre Rolle die von Analogien, Metaphern
und Veranschaulichungen - sie sollen beschreiben, in leichter verständliche
Sprache über- [>9] setzen, doch nicht notwendigerweise auch beweisen.
Dieses Vorgehen erlaubt daher den Gebrauch von Exemplifikationen, die nicht
im strengen Sinne des Wortes wissenschaftlich zu sein brauchen; wie etwa
die Verwendung von Zitaten aus Dichtung und Romanen, von Anekdoten und
Witzen und schließlich sogar den Gebrauch rein imaginärer Denkmodelle
- ein Vorgehen, das Maxwell mit der Postulierung seines Dämons schon
vor vielen Jahren respektabel gemacht hat.
Dieses Buch beruht auf der zweiten Methode,
und ich hoffe, es dem Leser dadurch zu ermöglichen, an die komplexen
Probleme der Wirklichkeitsauffassung und -anpassung sozusagen durch die
Hintertür heranzukommen.
Die hier folgenden Ausführungen setzen weder
ein Verständnis von Formeln noch von abstrakter Theorie voraus. Im
Gegenteil, das Buch will erzählen und erzählend Wissen vermitteln.
Der Leser soll es irgendwo aufschlagen und, je nach Lust und Laune, dort
zu lesen beginnen oder weiterblättern können. Wo aber sein Interesse
geweckt wird und er sich über das betreffende Thema näher zu
informieren wünscht, sollen ihm die Literaturhinweise den Zugang zu
den Quellen erleichtern. In ähnlicher Weise dürfte der Student
der Sozial- oder der Verhaltenswissenschaften in diesen Seiten Anregungen
für eigene Forschungsprojekte oder für Dissertationsthemen finden.
Es ist ferner meine Hoffnung, dieses Buch möge auch einen anderen
Zweck erfüllen. Wie bereits angedeutet, ist der Glaube, daß
die eigene Sicht der Wirklichkeit die Wirklichkeit schlechthin bedeute,
eine gefährliche Wahnidee. Sie wird dann aber noch gefährlicher,
wenn sie sich mit der messianischen Berufung verbindet, die Welt dementsprechend
aufklären und ordnen zu müssen - gleichgültig, ob die Welt
diese Ordnung wünscht oder nicht. Die Weigerung, sich einer bestimmten
Definition der Wirklichkeit (zum Beispiel einer Ideologie) zu verschreiben,
die «Anmaßung», die Welt in eigener Sicht zu sehen und
auf eigene Facon selig zu werden, wird immer häufiger zum »think-crime«
in Orwells Sinne abgestempelt, je mehr wir uns dem Jahre 1984 nähern.
Vielleicht kann dieses Buch einen bescheidenen Beitrag dazu leisten, den
Blick für bestimmte Formen psychologischer Violenz zu schärfen
und so den modernen Gehirnwäschern und selbsternannten Weltbeglückern
die Ausübung ihres üblen Handwerks zu erschweren. [>10]
Das hier zusammengetragene Material beruht teils
auf meiner ursprünglichen Ausbildung in Sprachen und Philosophie und
teils auf den fünfundzwanzig Jahren meiner Arbeit als Psychotherapeut,
von denen ich die letzten fünfzehn Jahre als Forschungsbeauftragter
am Mental Research Institute in Palo Alto hauptsächlich mit dem Studium
klinischer Aspekte der menschlichen Kommunikation verbracht habe. Andere
Teile dieses Buchs leiten sich aus meiner Tätigkeit als Assistenzprofessor
für Psychiatrie an der Stanford-Universität und als Konsulent
und Gastvorlesender an anderen Universitäten und psychiatrischen Forschungs-
und Ausbildungsinstituten in Nordamerika, Europa und Lateinamerika ab.
Mit einigen der hier erwähnten Themen und Untersuchungen habe ich
nur oberflächliche Berührung gehabt, während schließlich
mein Wissen von anderen rein theoretisch und indirekt ist. Es versteht
sich aber von selbst, daß ich mich für die Form meiner Ausführungen
und alle Irrtümer und Fehler ausschließlich selbst verantwortlich
betrachte.
Wie der Untertitel nahelegt, umfaßt das Buch
drei Teile. Teil I handelt von Konfusion, das heißt von Kommunikationsstörungen
und den daraus folgenden Verzerrungen des Wirklichkeitserlebnisses. Teil
II untersucht den etwas exotischen Begriff der Desinformation, womit jene
Komplikationen und Störungen der zwischenmenschlichen Wirklichkeit
gemeint sind, die sich bei der aktiven Suche nach Information oder der
absichtlichen Verschleierung oder Verweigerung von Informationen ergeben
können. Teil III ist den faszinierenden Problemen der Anbahnung von
Kommunikation dort gewidmet, wo noch keine besteht - also den Fragen, die
sich auf das Zustandebringen einer allen Partnern zugänglichen Wirklichkeit
beziehen, ob diese Partner nun Tiere, die Bewohner anderer Planeten oder
rein imaginäre Wesen sind.
*"Ein ausgezeichnetes Beispiel für diese Form
der Darstellung derselben Thematik ist Peter L. Bergers und Thomas Luckmanns
Buch »Die gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit (S. Fischer
Verlag, 1970); mit den Worten der Autoren »eine systematische, theoretische
Abhandlung zur Wissenssoziologie«."
Wir danken dem Piper-Verlag für die freundliche
Genehmigung (vom 06.09.2017 12:30) des Abdrucks hier: Paul Watzlawick:
Wie wirklich ist die Wirklichkeit © 1978 Piper Verlag GmbH, München.
Hinweis: Gesperrtschrift bei Külpe hier fett.
"Einleitung.
1. Das Problem der Realisierung. Eine der ältesten und
wichtigsten Fragen der Philosophie zielt auf das wahrhaft Seiende, das
dem Schein und Trug der Sinne, zufälliger Meinung und willkürlicher
Setzung entrückt ist. Um dieses Seiende bemühten sich schon die
Vorsokratiker, namentlich die Eleaten, und Platon hat ihm darnach tief
eindringende Untersuchungen gewidmet. Zu einer sehr praktischen Angelegenheit
wurde es für die erwachende Naturwissenschaft der Neuzeit, die ein
Kriterium der Körperlichkeit brauchte. Ontologismus, Mystik und Selbstanschauung
fanden daneben einen unmittelbaren Weg zu ihm. überall wo ein Gegebenes,
Vorgefundenes, kurz Erfahrung sich darbot, mußte das Bedürfnis
entstehen, den Reflex der in das Bewußtsein hereinwirkenden Mächte,
die reine Tatsächlichkeit, von den besonderen Bedingungen zu trennen,
die ihre Auffassung und Vorstellung begleiten. Unter diesem Gesichtspunkte
entwickelte sich die Erfahrungswissenschaft, nachdem bereits das Leben
eine entsprechende Sonderung nahegelegt und ausgebildet hatte FNS1.1).
[>2]
So treffen wir denn in den heutigen Natur- und Geisteswissenschaften
allenthalben Beschreibungen und Theorien von Gegenständen, die ein
wahrhaft Seiendes oder Gewesenes sein sollen. Von den Elektronen der Physik
und den Himmelskörpern der Astronomie, durch die Elemente der Chemie
bis zu den Mineralen, Pflanzen und Tieren der sog. beschreibenden Naturwissenschaften
führt eine einheitliche und gleichartige Bemühung um Feststellung
solcher Gegenstände. Mag auch die Analyse und Vergleichung von Sinneseindrücken
überall der Ausgangspunkt dieser Arbeit gewesen sein, zweifellos ist
man bei ihnen nicht stehen geblieben, sondern bestrebt gewesen, ein Seiendes
zu finden und zu bestimmen, das auch beim Verlöschen der Sinneseindrücke
als fortdauernd angesehen werden konnte. In den Geisteswissenschaften verhält
es sich nicht anders. Wer Bau und Entwicklung der Sprachen studiert, wer
Sitten und mythologische Vorstellungen, Kunst und Recht, Staat, Wirtschaft
und Gesellschaft untersucht, ist gleichfalls auf die eigentliche Natur
aller dieser Gegenstände, auf ihr wahrhaft Seiendes oder Gewesenes
gerichtet. Mag auch der Anteil der Phantasie an der Versenkung in solche
Gebilde gelegentlich betont werden, nicht als eine freie, selbständig
schaffende, sondern nur als eine nacherlebende, also von gegenständlichen
Vorlagen abhängige Betätigung des forschenden Geistes wird sie
hier zugelassen. Selbst in der Psychologie, die ja meist als Bewußtseinswissenschaft,
als eine Lehre vom unmittelbar Gegebenen behandelt zu werden pflegt, ist
der Zug zum wahrhaft Seienden unverkennbar. Sobald man von realpsychischen
Vorgängen, von einer Seele und deren Fähigkeiten und Leistungen,
ja auch nur von Empfindungen, Vorstellungen und Gefühlen als Elementen
des Seelenlebens redet, hat man bereits die Grenze des unmittelbar Vorgefundenen
überschritten und ist dazu übergegangen, das Seelenleben als
[>3] einen für sich seienden Tatbestand aufzufassen und zu bestimmen.
Wir wollen das Verfahren, das man in allen diesen
Wissenschaften einschlägt, um in der Erfahrung und aus ihr heraus
ein wahrhaft Seiendes oder Gewesenes zu erkennen, die Realisierung
nennen, und den Gegenstand, auf den sie gerichtet ist, das Reale
oder die Realität FNS3.1). Der übliche
Sprachgebrauch verbindet mit dem Ausdruck Realisierung den Gedanken einer
Herstellung, eines Tuns und Erzeugens (Realisierung einer Absicht, einer
Idee, eines Plans u. dgl.). Davon soll hier natürlich abgesehen werden.
Unser Begriff der Realisierung ist eine Art desjenigen der Erkenntnis.
Er bezeichnet ein Forschungsverfahren, bei dem das zu erfassende Reale
vorausgesetzt, nicht erst hervorgebracht wird. Nur die Gedanken, in denen
wir es darzustellen und zu verstehen suchen, werden erzeugt und gestaltet.
Wir reden in diesem Sinne von einer naturwissenschaftlichen, psychologischen,
geisteswissenschaftlichen, metaphysischen Realisierung, je nachdem auf
welchen Gebieten sich die Erkenntnis von Realitäten vollzieht. Ihre
Zulässigkeit und Möglichkeit wird unser Problem sein. Damit stellen
wir uns zugleich die Aufgabe, der Methode genauer nachzugehen, die in den
verschiedenen Wissenschaften bei der Realisierung befolgt wird. Hier läßt
sich sofort eine zweifache Form der letzteren aufführen: die Setzung
FNS3.2),
Erfassung, Annahme von Realitäten und deren Bestimmung, Wesensangabe,
Charakteristik. Jene liegt vor, wenn lediglich das Sein eines Realen, seine
Existenz behauptet, diese, wenn über die Beschaffenheit desselben,
seine Essenz ausgesagt wird. Kants Annahme eines Dinges an
sich, dessen Wesen [>4] uns gänzlich unerkennbar bleibe, ist
ein typischer Fall von Realisierung im Sinne bloßer Setzung eines
Realen. Der Aufgabe, eine Theorie der Realisierung zu liefern, hat sich
die Erkenntnistheorie bisher fast ganz entzogen. Das Problem der Außenwelt
ist allein berücksichtigt worden, als wenn nicht alle Erfahrungswissenschaften
Reales setzten und bestimmten, und die Behandlung jenes Problems ist über
die allgemeine Frage nach der Annahme und deren Berechtigung kaum hinausgegangen.
Und doch liegt hier eine so bedeutende und fruchtbare Aufgabe für
die philosophische Untersuchung vor, wie sie größer und bleibender
schwerlich gedacht werden kann. Das ergibt sich aus der Formulierung
der Fragen, die im Problem der Realität enthalten sind:
1. Ist eine Setzung von Realem zulässig?
Diese Frage wird von zwei einflußreichen erkenntnistheoretischen
Richtungen, dem Konszientialismus oder Wirklichkeitsstandpunkt
und dem objektiven Idealismus verneint. Nach jenem hat sich die
Erfahrungswissenschaft auf die im Bewußtsein gegebenen Tatsachen,
die Sinneseindrücke, Vorstellungen, Gefühle, Gedanken oder das
Wirkliche,
das unmittelbar Gegenwärtige zu beschränken. Jede
Überschreitung dieses Gebiets führt in phantastische, spekulative,
metaphysische Annahmen. Eine Theorie der Realisierung hat sich daher zunächst
mit dem Wirklichkeitsstandpunkt auseinanderzusetzen, der für das Problem
der Außenwelt meist die Form des subjektiven Idealismus angenommen
hat. Der objektive Idealismus dagegen identifiziert die realen
Objekte mit den idealen der Idealwissenschaften und sucht
alle Forschung auf den Typus der letzteren zurückzuführen.
Das Denken erweist sich überall schöpferisch und läßt
nirgends eine Selbständigkeit von Objekten zu, wie sie der Realismus
voraussetzt. Auch mit dieser Richtung haben wir abzurechnen, ehe wir an
die positive zweite Frage herantreten können.
2. Wie ist eine Setzung von Realem möglich?
Hier sind die Gründe zu erörtern und zu prüfen, die zu der
allgemeinen Realisierung, zu der bloßen Annahme eines Realen [>5]
führen. Als solche Gründe sind empirische,
rationale
und gemischte aufgestellt worden. Die empirischen beruhen
auf der Annahme, daß bestimmte Erfahrungen, wie z. B. die Eindrücke
des Tast- und Muskelsinns, vor anderen als realisierbar zu gelten haben.
Die rationalen Gründe machen gewisse Formen und Gesetze des Denkens,
der Verstandes- und Vernunfttätigkeit, wie z. B. die sog. Transzendenz
des Denkens oder die Widerspruchslosigkeit, zum Fundament einer Realisierung.
Die gemischten endlich, die empirische und rationale Momente in sich enthalten,
lassen eine Setzung von Realem dadurch entstehen, daß sie bestimmte
Erfahrungen mit bestimmten Denkformen verbinden, wie z. B. die Annahme
einer Ursache für die Sinneseindrücke. Aus der Kritik dieser
Gründe ergibt sich in Verbindung mit einer Würdigung der in den
Erfahrungswissenschaften tatsächlich wirksamen Kriterien der Realität,
was zu der Setzung derselben in den einzelnen Realwissenschaften berechtigt.
3. Ist eine Bestimmung von Realem zulässig?
Auch diese Frage hat eine negative Beantwortung erfahren, indem der Phänomenalismus
sich mit der bloßen Setzung von Realem begnügen zu sollen erklärt.
Hiernach muß zwar ein Reales angenommen werden, aber seine Bestimmung,
die Angabe seines Wesens ist unmöglich. Diese schon in
der antiken Skepsis vertretene, später namentlich von Kant durchgeführte
Lehre fordert eine Auseinandersetzung mit ihren Argumenten. Wir dürfen
unsere dritte Frage nur bejahen, nachdem wir den Phänomenalismus gewogen
und zu leicht befunden haben.
4. Wie ist eine Bestimmung von Realem möglich?
Mit dieser Frage ist das letzte Problem unserer Theorie der Realisierung
bezeichnet. In ihm münden alle anderen. Die
Realwissenschaften bleiben nirgends bei bloßen Setzungen stehen,
sie schreiten überall zu Bestimmungen, wenn auch provisorischen oder
nur in allgemeiner Fassung aufgestellten weiter. Die Theorie
dieser Realisierungen setzt zweierlei voraus: erstlich eine erkenntnistheoretische
Würdigung des [>6] Denkens als des Organs, dessen man sich
bei ihrer Ausführung zu bedienen hat; zweitens eine Angabe der besonderen
Gründe,
die eine Bestimmung von Realem ermöglichen. Auch hier kann zwischen
empirischen, rationalen und gemischten Gründen unterschieden werden.
Darnach ist den einzelnen Formen oder Methoden der Realisierung
eine Untersuchung zu widmen und müssen die Grundsätze abgeleitet
werden, nach denen sie vorgehen dürfen.
Damit ist das Programm der vorliegenden Arbeit entworfen.
Die Durchführung kann nur die Bedeutung eines ersten Versuchs beanspruchen.
Es geht über das Vermögen des Einzelnen hinaus, eine vollständige
und in allem Wesentlichen unveränderliche Grundlegung der Realwissenschaften
durch eine erschöpfende Theorie der Realisierung zu schaffen.
Es muß genügen, ein Arbeitsfeld, auf dem viele friedlich nebeneinander
tätig sein können, in seiner Größe und Fruchtbarkeit
aufgezeigt und zu seiner sorgfältigen Einzelbestellung angeregt zu
haben. Als Voraussetzungen, die wir nicht erst zu begründen haben,
dürfen wir namentlich folgende anführen. Zunächst
eine allgemeine Gegenstandstheorie, d.h. eine Lehre von den für
alle Gegenstände des Denkens geltenden Bestimmungen. Ferner eine allgemeine
Erkenntnistheorie
und Logik als Lehre von den bei der Erkenntnis und ihrer Darstellung
in der Wissenschaft wirksamen und zulässigen Operationen und Methoden.
Sodann die vorgefundene Wirklichkeit des Bewußtseins FNS6.1),
die Erlebnisse in ihrer vollen und unmittelbaren Tatsächlichkeit und
Gegebenheit. Endlich die Formal- oder Idealwissenschaften,
die von idealen Objekten handelnden Disziplinen, unter denen die Mathematik
an erster Stelle steht. Es würde unsere Aufgabe allzusehr
belasten, wenn wir diese Voraussetzungen noch erst genauer entwickeln wollten.
Dagegen müssen wir eine kurze Übersicht der für unser Vorhaben
in Betracht kommenden Auffassung der erstgenannten Wissen[>7]schaften geben,
weil wir hier nicht, wie bei der Idealwissenschaft der Mathematik, einfach
auf den consensus der Forscher verweisen dürfen.
Wirklichkeitsbegriff bei den radikalen
Konstruktivisten
Von Glasersfeld erläutert seine Ideen in Fiktion und Realität
aus der Perspektive des radikalen Konstruktivismus (1991). Er führt
S. 2f aus: "Realität und Wirklichkeit
FN1 Diese Trennung der Begriffe wurde von Stadler & Kruse (1986) empfohlen."
Kritische Anmerkung Der Grundfehler der radikal
konstruktivistischen Denkweise ist, dass "erkennbar" mit "objektiv", also
"objektiv erkennbar", verkettet wird. Damit wird ein Pappkamerad aufgestellt,
den kaum einer jemals vertreten hat oder das Kind mit dem Badewasser ausgeschüttet.
Selbstverständlich ist die Realität eine Konstruktion, das bestreitet
ja niemand, aber deshalb ist sie noch nicht nicht vorhanden. Ich denke,
es ist viel viabler, zweckmäßiger, nützlicher und
praktischer eine reale Außenwelt, deren Bestandteil wir sind, anzunehmen.
Wirklichkeit bei Eisler 1904 Woerterbuch der philosophischen Begriffe > Realität Eisler (1904)
"Wirklichkeit
Wirklichkeit (actualitas, realitas) bedeutet 1) gegenüber der bloßen Möglichkeit (s. d.): die Aktualität, das gegenwärtige Sein, Wirken, Ausgewirkte, Verwirklichte. 2) im Gegensatz zum Schein (s. d.), zum Eingebildeten, bloß Vorgestellten, Bildlichen, Vermeinten: den Charakter des mit Recht als seiend, wesenhaft, dinglich, eigenschaftlich, zuständlich Beurteilten, bezw. den Inbegriff des wahrhaft Seienden selbst. Ursprünglich gilt alles (implizite) als wirklich, der Begriff der Wirklichkeit wird aber erst gebildet durch die Gegenüberstellung des wahrhaft und des vermeintlich, scheinbar Seienden. »Wirklich« ist alles Wirkungsfähige, den Inhalt einer (möglichen) Erfahrung bildende oder als seiend denkend Gesetzte. Indem man erkennt, daß die Objekte (s. d.) in ihrer Beschaffenheit subjektiv bedingt sind, verwandelt sich deren Wirklichkeit in eine bloß mittelbare, relative, während das Ich (s. d.) als solches unmittelbare Wirklichkeit behält und eine absolute Wirklichkeit den »transzendenten Faktoren« (s. d.) zugeschrieben wird. Von der subjektiven Wirklichkeit der individuellen Erlebnisse unterscheiden sich die gesetzmäßigen Zusammenhänge möglicher (äußerer) Erfahrungsinhalte durch ihre objektive (s. d.) Wirklichkeit (s. Realität)."
Aristoteles, Kant, Hegel, Fichte
Von fundamentaler Bedeutung ist die Unterscheidung der Potentialität
(s. d.) und Aktualität (s. Energie) bei ARISTOTELES. Mit der Körperlichkeit
(s. d.) identifizieren die Wirklichkeit die Stoiker und Epikureer (Diog.
L. X, 67). - Die Scholastiker sprechen von »actualitas«, »actus«
im Aristotelischen Sinne (s. Realität, Actus). Während der Realismus
(s. d.) das Wirkliche als unabhängig vom Bewußtsein bestimmt,
setzt der Idealismus (s. d.) alle Wirklichkeit innerhalb des (endlichen
und unendlichen, subjektiven und objektiven) Bewußtseins (s. Objekt,
Realität). So BERKELEY (s. Objekt, Ding). HUME erklärt: »Der
Inhalt einer Erinnerung muß zweifellos, da er auf den Geist mit einer
Lebhaftigkeit einwirkt, die der des unmittelbaren Eindrucks gleicht, in
unseren geistigen Vorgängen jederzeit besonderes Gewicht haben und
sich dadurch leicht von bloßen Phantasiebildern unterscheiden. Die
Eindrücke oder Vorstellungen der Erinnerungen nun vereinigen wir zu
einer Art von System, das alles umfaßt, von dem unsere Erinnerung
sagt, daß es uns einmal, sei es als innere Perzeption, sei es als
Sinneseindruck, gegenwärtig war. und alles, was diesem System angehört,
zusammen mit den jetzt in uns gegenwärtigen Eindrücken, belieben
wir als ›Wirklichkeit‹ zu bezeichnen. Dabei bleibt unser Geist indessen
nicht stehen. Mit diesem System von Perzeptionen sind durch die Gewohnheit
oder, was dasselbe sagt, durch die Beziehung von Ursache und Wirkung anderweitige
Vorstellungen verknüpft. Vermöge dieser Verknüpfung wendet
der Geist dann auch diesen letzteren seine Tätigkeit zu, und da er
dabei inne wird, daß für ihn eine Art Notwendigkeit besteht,
gerade diesen Vorstellungen sich zuzuwenden, daß die Gewohnheit oder
die kausale Beziehung, die ihn dazu zwingt, jede Veränderung (in der
Richtung, die sie dem Vorstellen aufnötigt) ausschließt, so
faßt er diese Vorstellungen in ein neues System zusammen, das er
gleichfalls mit dem Namen ›Wirklichkeit‹ beehrt. Das erste dieser Systeme
ist der Gegenstand der Erinnerung und der Sinne, das zweite ist der Gegenstand
des Urteilsvermögens« (Treat. III, sct. 9, S. 147 f.. vgl. damit
KANTS Realitätsbegriff, s. d. und unten).
Nach CHR. WOLF ist wirklich, »was in dem Zusammenhang der Dinge, welcher die gegenwärtige Welt ausmachet, gegründet ist« (Vern. Ged. I, § 572). Wirklichkeit ist »Erfüllung des Möglichen« (l. c. §14). MENDELSSOHN erklärt: »Das erste, von dessen Wirklichkeit ich überführt bin, sind meine Gedanken und Vorstellungen. Ich schreibe ihnen eine ideale Wirklichkeit zu, insoweit sie meinem Innern beiwohnen und als Abänderungen meines Denkvermögens von mir wahrgenommen werden. Jede Abänderung setzet etwas zum voraus, das abgeändert wird. Ich selbst also, das Subjekt dieser Abänderung, habe eine Wirklichkeit, die nicht bloß ideal, sondern real ist.« »Wir haben hier also die Quelle einer zwiefachen Wirklichkeit: die Wirklichkeit der Vorstellungen und die Wirklichkeit des vorstellenden Dinges« (Morgenst. I, 1, S. 12 ff.). Für die objektive Wirklichkeit einer Sache bietet Bürgschaft das Übereinstimmen der Sinne und der Mitmenschen (l. c. S. 15 f.). TETENS bestimmt: »Das Wirkliche ist etwas Objektivisches, ein Gegenstand, etwas, das von der Empfindung und Vorstellung unterschieden ist« (Philos. Vers. I, 395). Daß »Wirklichkeit« (Existenz) undefinierbar sei, betont FEDER (Log. u. Met. S. 228).
KANT nennt »wirklich« alles, »was mit den materialen Bedingungen der Erfahrung (der Empfindung) zusammenhängt« (Krit. d. rein. Vern. S. 203), alles Erfahrbare oder mit Wahrnehmungen gesetzmäßig zu Verknüpfende. Das Dasein der Dinge hängt mit unseren Wahrnehmungen in einer »möglichen Erfahrung« zusammen (l. c. S. 206 f.. s. Sein, Realität). »Alle äußere Wahrnehmung also beweiset unmittelbar etwas Wirkliches im Raume, oder ist vielmehr das Wirkliche selbst« (l. c. S. 316). »Das Reale äußerer Erscheinungen ist... wirklich nur in der Wahrnehmung und kann auf keine andere Weise wirklich sein« (l. c. S. 318), wegen der Subjektivität des Raumes (s. d.) und der Kategorien (s. d.). »Das Postulat, die Wirklichkeit der Dinge zu erkennen, fordert Wahrnehmung, mithin Empfindung, deren man sich bewußt ist, zwar nicht eben unmittelbar von dem Gegenstande selbst, dessen Dasein erkannt werden soll, aber doch Zusammenhang desselben mit irgend einer wirklichen Wahrnehmung, nach den Analogien der Erfahrung, welche alle reale Verknüpfung in einer Erfahrung überhaupt darlegen« (l. c. S. 206 f.). KRUG erklärt: »Wirklichkeit kündigt sich nur durch Wirksamkeit an« (Fundamentalphilos. S. 134) - Nach BOUTERWEK ist Wirklichkeit der »Inbegriff alles dessen..., was zum Dasein gehört oder eine Folge des Daseins ist« (Lehrb. d. philos. Wissensch. I, 119). Es unterscheidet sich das Wirkliche vom bloß Gedachten (ib.). Das Ideale ist das »Übersinnlich-wirkliche« (l. c. S. 120). Das Absolute ist das »Urwirkliche« (ib.). ANCILLON bemerkt: »Die Anschauungen -nämlich die äußern - sind von inniger Überzeugung der Wirklichkeit der sinnlichen Welt begleitet, von einem wahren Glauben... an die Existenx dieser Welt. ein Glaube, der uns angeboren ist« (Glaub. u. Wiss. in d. Philos. S. 61).
Nach J. G. FICHTE ist Wirklichkeit »Wahrnehmbarkeit, Empfindbarkeit« (Syst. d. Sittenlehre S. 95. vgl. Gr. d. g. Wissensch. S. 414). SCHELLING erklärt: »Nichts... ist für uns wirklich, als was uns, ohne alle Vermittlung durch Begriffe, ohne alles Bewußtsein unserer Freiheit, unmittelbar gegeben ist« (Naturphilos. I, 303). »Nur einer freien Tätigkeit in mir gegenüber nimmt, was frei auf mich wirkt, die Eigenschaften der Wirklichkeit an« (l. c. S. 305) Nach HEGEL ist die Wirklichkeit eine ontologische Kategorie. Sie ist »die unmittelbar gewordene Einheit des Wesens und der Existenz, oder des Innern und Äußern« (Encykl. § 142. Log. II, 184). Wirklichkeit ist höher als Sein und Existenz (Log. II, 200). Die Wirklichkeit ist 1) das Absolute, 2) eigentliche Wirklichkeit, 3) Substanz (l. c. II, 185). Reale Wirklichkeit ist zunächst die existierende Welt (l. c. S. 208). Das Wirkliche ist »das Sich-selbst-setzende und In-sich-lebende, des Dasein in seinem Begriffe« (Phänomenol. S. 36). »Das Geistige allein ist das Wirkliche« (l. c. S. 19). Alles Wirkliche ist als solches vernünftig, alles Vernünftige wirklich (Rechtsphilos., Vorr. S. 17. s. Vernunft, Panlogismus, Idee). Nach K. ROSENKRANZ ist die Wirklichkeit die »Einheit des Innern mit dem Äußern« (Syst. d. Wissensch. S. 75). Die Wirklichkeit ist »1) unmittelbar die reale als die Einheit des Wesens und seiner Erscheinung. 2) die formale, als die Unterscheidung des Wesens von seiner Erscheinung mit der Beziehung von jenem zum Übergang in diese. 3) die absolute als die sich selbst vermittelnde Einheit des Wesens mit seiner Erscheinung, welche die Möglichkeit des Unterschiedes von sich ausschließt« (1. 0. S. 75 ff.). Nach HILLEBRAND ist Wirklichkeit »das Sein, insofern es sich selbst als Einheit seines Unterschiedes setzt«, »die Positivität der absolut gegenwärtigen Realität«, »die Auflösung der Kraft in das Wirken« (Philos. d. Geist. II, 58 f.). Nach CHR. KRAUSE ist das Wirkliche das, »was in vollendeter Bestimmtheit in der Zeit gestaltet wird« (Vorles. S. 127 f.), »was in der Zeit erwirket und wirksam ist« (Abr. d. Rechtsphilos. S. 2. vgl. AHRENS, Naturrecht I, 248). Nach C. H. WEISSE ist Wirklichkeit »Ursachlichkeit«. »Nicht also in dem Setzen des Daseins durch sein Wesen oder seine substantielle Möglichkeit überhaupt, sondern in dem Setzen bestimmten Daseins durch anderes gleichfalls schon bestimmtes Dasein besteht, was wir die Wirklichkeit nennen« (Grdz. d. Metaphys. S. 436). Die Wirklichkeit besteht im »Prozesse der Kausalreihe« (l. c. S. 441). Die wahre Wirklichkeit ist »das Wirken der einen Substanz auf die andere«. »Wirklich ist nur, was wirkt.« Die Wirklichkeit ist die »Totalität des Seienden« (l. c. S. 448 f.). Was der Verstand für Wirklichkeit nimmt, ist die gemeine Wirklichkeit. die wahre Wirklichkeit ist die vernünftige, d.h. die kategorial richtig bestimmte (l. c. S. 449). Auch SCHOPENHAUER bestimmt Wirklichkeit als Inbegriff alles Wirksamen (W. a. W. u. V. I. Bd., § 4). ULRICI erklärt: »Wirklich ist alles, was mit dem Eintreten der Bedingungen, durch das Übergehen der Vermögen in Wirksamkeit und die damit erfolgende Aufhebung der realen Möglichkeit als Wirkung jener Wirksamkeit entsteht« (Log. S. 393).
Lotze, Hartmann, Planck
LOTZE nennt wirklich »ein Ding, welches ist, im Gegensatz zu
einem, welches nicht ist. wirklich auch ein Ereignis, welches geschieht
oder geschehen ist..., ein Verhältnis, welches besteht« (Log.2,
S. 511 f.). Der Gedanke der Wirklichkeit enthält eine Bejahung (ib..
vgl. Grdz. d. Met. S. 9). Alles Reale ist an sich Geist (Mikrok. III2,
527), »Für-sich-sein« (l. c. S. 531). Die Realität
ist »das Dasein des Für-sich-seienden« (l. c. S. 531 f.).
Nach TEICHMÜLLER ist die Wirklichkeit 1) der Inbegriff der Wesen.
»Die Wesen heißen wirklich, sofern sie nicht bloß einen
Gedankeninhalt für einen Denkenden bilden« (Neue Grundleg. S.
116). 2) ist Wirklichkeit »jede Funktion..., welche dem Bewußtsein
der Gegenwart angehört oder damit zusammenhängt« (l. c.
S. 117). Die Wirklichkeit ist »das ganze durch alle Zeiten reichende
technische System aller Funktionen der Wesen« (l. c. S. 119 ff.).
Nach E. V. HARTMANN gibt es in der »für sich isolierten subjektiv
idealen Sphäre« »weder Wirklichkeit, noch Notwendigkeit
noch Möglichkeit, sondern nur eine geglaubte Möglichkeit in doppeltem
Sinne, als formallogische und als dynamische« (Kategorienlehre, S.
348). »Die Wirklichkeit in der objektiv realen Sphäre oder das
objektiv reale Sein ist das Wirken, oder die dynamisch- thelistische Funktion
einschließlich ihrer logisch determinierten Gesetzmäßigkeit«
(l. c. S. 349). In der metaphysischen Sphäre fällt die Kategorie
der Wirklichkeit fort. Das Sein der Prinzipien im Wesen ist ein überwirkliches
(l. c. E3. 356 ff.).
Als Inbegriff des Wirksamen bestimmt die Wirklichkeit DILTHEY (Einl. in d. Geisteswiss. I, 469. 6. Objekt). RIEHL erklärt: »Nur, was fähig ist, zu wirken, ist und heißt wirklich.« »Zu dem Mechanismus der äußeren Erscheinung liefert die innere Erfahrung die Ergänzung. sie zeigt uns Vorgänge, die nicht bloß bewirkt, sondern auch selbst wirkend sind« (Philos. Krit. II 2, 195). Die Außenwelt müssen wir nach Analogie mit unserem eigenen Wesen erfassen (l. c. S. 319. vgl. II 1, 277). Wirklichsein heißt auch »in den Zusammenhang der Wahrnehmungen gehören« (Beitr. zur Log., Vierteljahreschr. f. wiss. Philos. 16. Bd., S. 134). »Es ist dieselbe Wirklichkeit, aus der unsere Sinne stammen und die Dinge, die auf unsere Sinne wirken. Die nämliche schaffende Macht, die schon in den einfachsten Dingen am Werke ist, setzt ihr Werk in uns durch uns fort. Sie ist die gemeinsame Quelle von Natur und Verstand. Sie hat den Dingen ihre begreifliche Form gegeben und uns das Vermögen, zu begreifen. So stiftete sie zwischen den Natur- und Denkgesetzen jene Harmonie, welche im einzelnen zu vernehmen Ziel und Lohn aller Forschung ist. Aber nur bis zur Voraussetzung dieser Einheit dringt unser Denken. Sie selbst in ihrem Wesen bleibt transzendent. Das Geheimnis des Daseins ist durch das Denken nicht zu ergründen. das Prinzip des Daseins geht dem Denken voran. erst Sein, dann Denken« (Zur Einf. in d. Philos. S. 167 f.). M. PALÁGYI erklärt: »In der direkten Besinnung haben wir das Ewige als Wirkliches, in der konträren Besinnung haben wir das Ewige als Begriff« (Log. auf dem Scheidewege, S. 251). Das Ewige selbst ist die Einheit der Wirklichkeit und des Begrifflichen, Wahren. wir Wissen von dieser Einheit, nicht aber diese Einheit selbst (l. c. S. 252 f.). Nach HÖFFDING ist wirklich, »was wir trotz allem Widerstreben zuletzt doch stehen lassen müssen, wie es ist - was anzuerkennen wir nicht umhin können« (Psychol. S. 288). Das Kriterium der Wirklichkeit ist »in zweifelhaften Fällen schließlich immer der feste, unzertrennliche Zusammenhang« (Philos. Probl. S. 36 f.). Nach PLANCK ist objektive Wirklichkeit das »Gegenteil der bloßen Gedankeneinheit« (Testam. ein. Deutsch. S. 57 f.). Nur im Zusammen des aneinander grenzenden Unterschiedes oder Außereinanders ist Realität (l. c. S. 61). Nach B. ERDMANN ist das Wirkliche »das Vorgestellte, sofern es auf das Transzendente bezogen wird« (Log. I, 10). Wirklichkeit hat derjenige Gegenstand, »dem im Transzendenten ein Substrat oder, einfacher, wenn schon unsicherer, ein transzendentes Substrat entspricht« (l. c. S. 83). »Das von uns verschiedene Wirkliche ist... das von unserem Willen unabhängig Wirksame«. »Als so Leidende und in diesem Leiden uns selbst Erhaltende werden wir uns unserer eigenen Wirklichkeit bewußt und setzen dem entsprechend den ›Objekten‹ oder Gegenständen im eigentlichsten Sinne des Wortes, d. i. dem Nicht-Ich als ihrem Inbegriff, unser eigenes Ich entgegen. Durch unsern Willen also, in dem wir uns als Ursachen, beziehungsweise als Gegenursachen bewußt werden, finden wir uns selbst in letztem Grunde als wirklich« (l. c. S. 83 f.). »Wirklichsein überhaupt würde sich danach als Wirksamsein ergeben, oder als Wirken« (l. c. S. 84). E. DÜHRING versteht unter dem Wirklichen das sinnlich, raumzeitlich Gegebene, Erfaßbare, Materielle (Curs. S. 13. s. Wirklichkeitsphilosophie).
Nach J. BERGMANN ist Wirklichkeit »die Bestätigung, welche wir zu der Setzung eines Gedachten als eines Seienden hinzutun, während das Seiende das Gesetzte selbst bedeutet« (Sein u. Erk. S. 111. vgl. S. 10 f.). Nach G. SIMMEL ist Wirklichkeit »nichts, was außerhalb der Vorstellungen derart existierte, daß diese nun erst in jene versetzt würden. sondern eine gewisse psychologische Qualität der Vorstellungen wird dadurch bezeichnet, daß wir diese wirkliche nennen« (Einl. in d. Moralwiss. I, 6). LIPPS erklärt: »Das Bewußtsein der Wirklichkeit, dies heißt das Bewußtsein haben, ein Vorstellen sei notwendig, müsse oder solle sein« (Grundtats. d. Seelenleb. S. 397). Das Gefühl des Zwanges macht die Empfindung zu einem Wirklichen. Das Wirklichkeitsbewußtsein besteht in »Gefühl des Widerstandes, das sich dann in uns einstellt, wenn unser freier Vorstellungsverlauf einem übermächtigen Vorstellungsgeschehen begegnet« (l. c. S. 397). Es sind die »zeitlich-räumlichen Beziehungen, die der Vorstellung die zwingende Kraft verleihen« (l. c. S. 398. vgl. S. 438 ff). EHRENFELS erklärt: »Wenn ich irgend eine Begebenheit... als wirklich denke, so stelle ich mir vor, daß sie selbst oder ihre Nachwirkungen mit den meinigen in Kontakt gekommen sind oder kommen werden: - kurz ich verflechte sie (immer nur in der Vorstellung) in das kausale Gewebe, in welchem ich selbst mich befinde. Ähnlich schalte ich sie aus diesem Gewebe aus, wenn ich sie als nicht wirklich zur Vorstellung bringe. bei der schlechthinigen Vorstellung dagegen, bei welcher ich... auf Wirklichkeit oder Nichtwirklichkeit gar nicht achte, ziehe ich auch jenes Kausalgewebe gar nicht in Betracht« (Syst. d. Werttheor. I, 204. vgl. KOCH unter »Objekt«). Nach DEUSSEN ist (empirisches) Wirklichsein das »durch die Sinne vorgestellt werden können« (Elem. d. Met. § 76). K. LASSWITZ versteht unter objektiver Wirklichkeit den »Komplex räumlich- zeitlicher Empfindungen, welcher einer gesetzlichen Bestimmbarkeit unterliegt« (Gesch. d. Atomist. I, 80). Aber »der Bewußtseinsinhalt eines Ich, eines Individuums, ist niemals der Weltinhalt, sondern nur ein mangelhaft bestimmbares Bruchstück des Ganzen« (Wirkl. S. 137). Die Natur ist nicht die einzige Realität, es gibt Bedingungen anderer Wirklichkeiten, einer sittlichen Welt, einer »Welt der Werte« (Relig. u. Naturwiss. S. 13 ff.). Ferner: »Die Natur ist allerdings eine selbständige Realität in Raum und Zeit, aber diese Realität besteht in Gesetzen, die nicht wieder aus Raum und Zeit stammen, sondern es erst ermöglichen, daß wir sie in Raum und Zeit als wirksam auffinden« (l. c. S. 13). Nach FR. SCHULTZE ist Subjektiv-wirklich »alles Erfahrene, d.h. alles in Zeit, Raum und kausaler Verknüpfung Empfundene« (Philos. d. Nat. II, 345). Objektiv-wirklich (wahr) ist »dasjenige, welches in Übereinstimmung mit den Grundsätzen des kritischen Empirismus und insofern streng wissenschaftlich bewiesen werden kann und die Möglichkeit jedes Zweifels ausschließt« (l. c. S. 345). Nach E. KOENIG ist objektive Wirklichkeit ein beständig sich modifizierender Bewußtseinsinhalt, die volle, wahre Wirklichkeit ist ein Idealbegriff (Üb. d. letzten Fragen d. Erk., Zeitschr. f. Philos. 103. Bd., 59). Nach HUSSERL bedeutet »wirklich« nicht außerbewußt, sondern »nicht bloß vermeintlich« (Log. Unters. II, 715). - Nach M. KAUFFMANN ist Wirklichkeit »Vorhandensein in der anschaulichen Welt« (Fund. d. Erk. S. 28). Nach SCHUPPE ist das Wirkliche »der mit Qualitäten erfüllte Raum- und Zeitteil« (Zeitsehr. f. imman. Philos. I, 42). Zunächst ist das Wirkliche »die Sinneswahrnehmung, d. i der räumlich-zeitliche Wahrnehmungsinhalt selbst, nichts Übersinnliches, was ihr oder ihm als bloßem Scheine zugrunde läge« (Log. S. 34). »Der Gegensatz des bloßen Gedankendinges zum Wirklichen ist falsch. nur das Phantasieprodukt stände in diesem Gegensatz zum Wirklichen, Das Abstrakte ist Bestandteil des Wirklichen« (l. c. S. 92). »Wirklich (sc. objektiv) ist nichts, was nicht in den Zusammenhang des Weltganzen paßt« (l. c. S. 173).
Ale wahre Wirklichkeit bestimmen Spiritualisten (s. d.) und objektive Idealisten (s. d.) den Geist, das Geistesleben. So ist nach G. CLASS das Geistesleben (im Unterschiede auch vom bloß Psychischen) das wahrhaft Seiende (Unters. zur Phänomenol. u. Ontolog. des menschl. Geist. 1896). Ähnlich lehrt R. EUCKEN. Wirklichkeit ist ein Produkt des Tuns (Kampf um ein. geist. Lebensinh. S. 49 ff.), ist, absolut, Geistesleben (ib.). Das absolute geistige Leben »muß bei sich selbst stehen und aus sich selbst ein Sein entwickeln, in sich selbst Sein tragen und damit ein Bei-sich-selbst-sein werden« (Warheitsgeh. d. Relig. S. 182). Nach H. MÜNSTERBERG ist die absolute Wirklichkeit mehr als ein System physischer und psychischer Objekte, nämlich ein System von Absichten, Zwecken, »Selbststellungen« (Grdz. d. Psychol. I, 14 ff.). Als geistig bestimmen die absolute Wirklichkeit in verschiedener Weise E. v. HARTMANN, WUNDT, J. BERGMANN, L. BUSSE, RENOUVIER, BOSTRÖM, BRADLEY, GREEN u. a. (g. Spiritualismus, Idealismus). Nach BBADLEY ist das Wirkliche (»the real«) »self-existent, individual«, die Begriffe (»ideas«) hingegen sind »general and adjectival«. »No idea can be real.« Das »particular phenomenon, the momentary appearence, is not individual, and is not the Subjekt which we use in judgment« (Log. I, 2, § 4 ff., § 10). - Als das einzige Wirkliche in der physischen Welt betrachtet OSTWALD die Energie (Energet.2, S. 41). - Vgl. BRANISS, Syst. d. Met. S. 286 ff. - Vgl. Realität, Objekt, Sein, Wahrheit, Realismus, Idealismus, Spiritualismus, Materialismus, Monismus, Dualismus, Identitätslehre, Erscheinung, Ding an sich, Positivismus."
"Realität
Realität (realitas): Sachhaftigkeit, Dinglichkeit, selbständige,
vom Denken unabhängige Wirklichkeit. »Real« ist, was »in
re«, nicht bloß »in intellectu« besteht, »realiter«
ist die Seinsweise eines Etwas außerhalb des Gedachtseins. Realität
ist also ein »Charakter«, eine Wirkung, die ein Aussageinhalt
auf Grundlage denkend verarbeiteter Erfahrung oder von zwingenden Denkforderungen
und Glaubenspostulaten bekommt, wodurch ihm die Dignität eines »mehr
als Gedanklichen (Phantasiemäßigen)« zuteil wird. Je nach
dem Was, das als »real« charakterisiert wird, gibt es verschiedene
»Realitäten«. Zunächst hat für den Menschen
das Körperliche die meiste Realität, später lernt man auch
im Psychischen als solchem ein Reales erblicken. Es gibt demnach: physische
und psychische (geistige) Realität. beide haben das Gemeinsame, daß
sie, um real zu sein, mehr als bloßen Gedankeninhalt, Phantasieinhalt
bedeuten, daß sie das, als was sie im Denken gemeint sind, auch sein
müssen. Daß das Physische (s. d.) als solches abhängig
vom erkennenden Subjekt überhaupt ist, nimmt ihm nicht die Realität.
nur ist diese dann keine absolute Realität (wie die des Ding an sich,
Geistes u. dgl.), sondern eben relative, empirische Realität, d.h.
auch das Phänomenal-Empirische ist real, insofern es gesetzmäßig
auftritt und außer jedem einzelnen Denkakt besteht.
Der Gegensatz von »real« ist »ideal«,
von »objektiv« - »Subjektiv«, von »wirklich«
- »scheinbar«. Obwohl diese drei Termini verschiedene Begriffe
bedeuten, werden sie oft promiscue gebraucht. Im folgenden halten wir uns
aber an den Terminus »Realität« und behandeln den Ausdruck
»Wirklichkeit« gesondert. beide sind aber (nebst »objektiv«)
miteinander zu vergleichen.
Eine absolute Realität der Außenwelt
lehrt der Realismus (H. d. u. Objekt), eine bloß relative der Idealismus
(s. d. u. Objektiv). Bezüglich der Realität der Universalien
(s. d.) s. Allgemein.
Bei den Griechen ist das »Reale« das
exô on. Die Scholastiker stellen das »reale«, »re
aliter« dem »intentionaliter« (s. d.), »obiective«
(s. d.) gegenüber. Sie nehmen verschiedene Grade der Realität,
der Seinsfülle als Vollkommenheit an. Gott (s. d.) ist »ens
realissimum«. DUNS SCOTUS bestimmt: »Omnis realitas specifica
constituit in esse formali, quia in esse quidditativo. realitas individui
consituit praecise in esse materiali, h. e. in esse contracto« (Sent.
II, 3, 6). FRANC. MAYRONIS erklärt: »Realitas est quidam modus
intrinsecus, mediante quo realizantur omnia, quae sunt in aliquo«
(bei Prantl, G. d. L. III, 290), - GOCLEN bestimmt: »Reale, quod
reperitur extra animae notiones« (Lex. philos. p. 256). MICRAELIUS
erklärt: »Reale rationis est, quad formaliter et ante intellectus
operationem est« (Lex. philos. p. 951). »Realitas est vel formalis,
vel subiectiva, vel obiectiva.« »Realitas obiectiva est, quae
potest intellectui obiici. qualis est in ente intentionali« (l. c.
p. 952). Nicht alle »realis distinctio« ist »essentialis«
(ib.). DESCARTES unterscheidet noch »realitas formaliter« (reale
Wirklichkeit) und »obiective« (gedachte Wirklichkeit). »Per
realitatem obiectivam ideae intelligo entitatem rei repraesentatae per
ideam, quatenus est in idea. eodemque modo dici potest perfectio obiectiva
vel artificium obiectivum etc.« »Eadem dicuntur esse formaliter
in idearum obiectis, quando talia sunt in ipsis, qualia illa percipimus.
et eminenter, quando non quidem talia sunt, sed tanta, ut talium vicem
supplere possint« (Medit. III. Rationes, def. III). Es gibt verschiedene
»gradus realitatis«, die Substanz z.B. hat mehr Realität
als das Akzidenz, mehr Vollkommenheit (s. d.) (vgl. SPINOZA, Ren. Cart.
princ. philos. I, def. III. ax. IV, IX). Als Positives, als Vollkommenheit
bestimmt die Realität auch LEIBNIZ (Theod. II, Anh. I, § 5).
Die absolute Realität (»la réalité absolue«)
ist nur in den Monaden (s. d.). LOCKE erklärt: »Real ideas are
such as have a fondation in nature« (Ess. II, ch. 30, § 1).
Nach BERKELEY existiert »truly und really« nur die Seele, der
Geist, während die Körper »exist only in a secondary und
dependent sense« (Siris, 266). Nach MENDELSSOHN kommen dem höchsten
Wesen »alle möglichen Realitäten im höchsten Grade
zu« (Üb. d. Evid. S. 98). KANT versteht unter »empirischer
Realität« die Objektivität (s. d.) eines Erkenntnisinhaltes,
die Allgemeingültigkeit desselben, ungeachtet seiner »transzendentalen
Idealität« (s. d.), d.h. seiner bloß phänomenalen
(s. d.) Wertigkeit (Krit. d. rein. Vern. S. 55 f., 62). »Objektive
Realität«, d.h. »Beziehung auf einen Gegenstand«
beruht auf dem Gesetze, »daß alle Erscheinungen, sofern uns
dadurch Gegenstände gegeben werden sollen, unter Regeln a priori der
synthetischen Einheit derselben stehen müssen, nach welchen ihr Verhältnis
in der empirischen Anschauung allein möglich ist, d. i. daß
sie ebensowohl in der Erfahrung unter Bedingungen der notwendigen Einheit
der Apperzeption, als in der bloßen Anschauung unter den formalen
Bedingungen des Raumes und der Zeit stehen müssen, ja daß durch
jene jede Erkenntnis alle, erst möglich werde« (l. c. S. 123).
Realität ist eine der Kategorien (s. d.) der Qualität (l. c.
S. 96). »Realität ist im reinen Verstandesbegriffe das, was
einer Empfindung überhaupt korrespondiert. dasjenige also, dessen
Begriff an sich selbst ein Sein (in der Zeit) anzeigt.« »Da
die Zeit nur die Form der Anschauung, mithin der Gegenstände als Erscheinungen
ist, so ist das, was an diesen der Empfindung entspricht, die transzendentale
Materie aller Gegenstände, als Dinge an sich (die Sachheit, Realität).«
Das »Schema« (s. d.) der Realität als der Quantität
von etwas, sofern es die Zeit erfüllt, ist die »kontinuierliche
und gleichförmige Erzeugung derselben in der Zeit« (l. c. S.
146). - »Alle äußere Wahrnehmung... beweiset unmittelbar
etwas Wirkliches im Raume, oder ist vielmehr das Wirkliche selbst, und
insofern ist also der empirische Realismus außer Zweifel, d. i. es
korrespondiert unseren äußeren Anschauungen etwas Wirkliches
im Raume. Freilich ist dieser Raum selbst, mit allen seinen Erscheinungen,
als Vorstellungen, nur in mir, aber in diesem Raume ist doch gleichwohl
das Reale, oder der Stoff aller Gegenstände der äußeren
Anschauung, wirklich und unabhängig von aller Erdichtung gegeben,
und es ist auch unmöglich, daß in diesem Raume irgend etwas
außer uns (im transzendentalen Sinne) gegeben sein sollte, weil der
Raum selbst außer unserer Sinnlichkeit nichts ist... Das Reale äußerer
Erscheinungen ist also wirklich nur in der Wahrnehmung und kann auf keine
andere Weise wirklich sein« (l. c. S. 317 f.). Wo Erkenntnis nicht
möglich ist (im Felde des Übersinnlichen) gibt es nur noch praktische
Realität in Bezug auf den sittlichen Willen (Krit. d. prakt. Vern.
1. Tl., 1. B., 1. Hptst.). - »Das allgemeine Prinzip der Dynamik
der materiellen Natur ist: daß alles Reale der Gegenstände äußerer
Sinne, das, was nicht bloß Bestimmung des Raumes (Ort, Ausdehnung
und Figur) ist, als bewegende Kraft angesehen werden müsse«
(Met. Anf. d. Naturwiss. S. 81). Vgl. Objekt, Raum, Zeit.
PLATNER erklärt: »Alle Vorstellungen
weisen zwar auf ein Objekt hin: einige aber nur ideal, andere real. Bei
jenen kann ich denken, daß das Objekt nur in meiner Denkkraft sei,
das sind bloße Ideen. bei diesen muß ich denken, daß
es, außer der Denkkraft und unabhängig von ihr, bestehe«
(Log. u. Met. S. 78). BOUTERWEK nennt die praktische Realität »Virtualität«
(s. d.). DESTUTT DE TRACY bemerkt: »Etre voulant et être résistant
c'est être réellement« (Elém. d'idéol.
I, ch. 8, p. 137). - Idealistisch deduziert die Kategorie der Realität
aus dem Sich-setzen des Ich (s. d.) J. G. FICHTE. »Alles, worauf
der Satz A = A anwendbar ist, hat, inwiefern derselbe darauf anwendbar
ist, Realität. Dasjenige, was durch das bloße Setzen irgend
eines Dinges (eines im Ich gesetzten) gesetzt ist, ist in ihm Realität,
ist sein Wesen« (Gr. d. g. Wissensch. S. 12). »Aller Realität
Quelle ist das Ich. Erst durch und mit dem Ich ist der Begriff der Realität
gegeben.« »Alle Realität ist tätig, und alles Tätige
ist Realität. Tätigkeit ist positive (im Gegensatz gegen bloß
relative) Realität« (l. c. S. 62). Alle Realität (in diesem
letzteren Sinne) entstammt der produktiven Einbildungskraft. »Die
Einbildungskraft produziert Realität. aber es ist in ihr keine Realität.
erst durch die Auffassung und das Begreifen im Verstande wird ihr Produkt
etwas Reales« (l. c. S. 192, 202). »Ein Begriff hat Realität
und Anwendbarkeit, heißt: unsere Welt - es versteht sich für
uns, die Welt unseres Bewußtseins - wird durch ihn in einer gewissen
Rücksicht bestimmt. Er gehört unter diejenigen Begriffe, durch
welche wir Objekte denken« (Syst. d. Sittenlehre, S. 71 f.). SCHELLING
definiert: »Reell ist..., was durch bloßes Denken nicht erschaffen
werden kann« (Syst. d. tr. Ideal. S. 42). Das Ich et Prinzip der
Realität, das Objekt hat »abgeleitete Realität« (l.
c. S. 60). »Die Realität der Empfindung beruht darauf, daß
das Ich das Empfundene nicht anschaut, als durch sich gesetzt« (l.
c. S. 111). Im »Absoluten« ist Reales und Ideales identisch,
eins. »Alle Formen des Realen sind an sich und wahrhaft betrachtet
auch Formen des Idealen, und umgekehrt« (WW. I 6, 498 ff.). Nach
L. OKEN ist das Realwerden nur ein Extensivwerden der Idee (Lehrb. d. Naturphilos.)
ESCHENMAYER betont: »Das, was in der Wirklichkeit einer Welt gegeben
ist, gehört immer noch zur Sphäre unserer Seele. Dies Reale ist
nur die Kehrseite des Idealen in uns, und das eine bezieht sich auf das
andere. Über beiden aber steht die Seele, und ihre ursprünglichsten
Gleichungen und Proportionen, die innerhalb des geistigen Organismus bloß
ideal sind, sind in einer Außenwelt in unendlich vielen Reflexen
real geworden.« Über Idealem und Realem hinaus liegt das Göttliche
(Psychol. S. 119). G. M. KLEIN erklärt: »Was wir sinnliche Erscheinungen
oder endliche Realitäten nennen, kann nur insoweit real sein, als
sie in der unbedingten Realität gewurzelt sind. was nebstdem ihnen
noch zuzukommen scheint, kann nur Negation jener Realität, also nichts
Reales sein« (Beitr. zum Stud. d. Philos. S. 93). »Was für
die Vernunft unmittelbar gewiß und evident ist, das ist auch für
sie real« (l. c. S. 43). »Logisch real bezeichnet das bloß
Denkbare, welches den Formen des Denkens gemäß zur Einheit des
Bewußtseins verbunden wird. Diesem wird gewöhnlich entgegengesetzt
das physisch Reale, ein Gegenstand des Empfindbaren. Ebenso werden die
transzendentalen Grundsätze des Verstandes, welche allgemeine Erfahrungsgesetze
aussagen, und die praktischen Wahrheiten, welche sittliche und politische
Vorschriften ausdrücken, real genannt.« Die Vernunft- Realität
ist das durch sich Notwendige, das Identische des Ideellen und Reellen
(l. c. S. 43. vgl. J. J. WAGNER, Organ. d. menschl. Erk. S. 15 ff.). Nach
H. RITTER ist das Reale »das, wozu die Anknüpfungspunkte und
Mittel für die Erkenntnis in der sinnlichen Anschauung uns vorliegen
und was daher in den Formen unseres Denkens wirklich von uns erkannt werden
kann« (Log. u. Met.). Bei HEGEL ist Realität eine (ontologische)
Kategorie (Encykl.), ein Moment der dialektischen Begriffsentwicklung.
Nach K. ROSENKRANZ hat das Dasein »durch die in sich einfache Bestimmtheit
als ein Was« Realität, d.h. »die Kraft der unmittelbaren
Selbstunterscheidung von der abstrakten Ununterschiedenheit des Seins«
(Syst. d. Wissensch. S. 17). »Die Reellität ist die nach außen
hin erscheinende Realität« (l. c. S. 18). CHALYBAEUS bemerkt:
»Die Realität ist eine einseitig objektive ontologische Kategorie,
die Wirklichkeit nimmt Bezug auf das Wissen« (Wissenschaftslehre
S. 227. vgl. BRANISS, Syst. d. Met.2, S. 251 ff.). - COUSIN erklärt:
»J'appelle réel tout ce qui tombe sous l'observation«
(Du vrai, p. 32). Nach SCHOPENHAUER ist Realität »das durch
den Verstand richtig Erkannte« (W. a. W. u. V. I. Bd., § 6.
vgl. Parerga I, l.) l.) Nach HERBART fordert die Metaphysik, »daß
man alles, was nicht selbst real ist, auf ein Reales zurückführe.
daß man, wo irgend etwas nicht das ist, was es scheint, es als Andeutung
des ihm zugrunde liegenden Realen betrachte« (Lehrb. zur Einleit.5,
§ 157, S. 288). LOTZE betont: »Es existiert nicht Reales als
solches, als Stoff..., es gibt vielmehr nur Realität, d.h. eine gewisse
Weise der Existenz, darin bestehend, daß etwas als unabhängiger
Mittelpunkt von Wirkungen sich darstellt, die es ausübt oder erleidet«
(Med. Psychol. S. 147). »Das aber, dem diese Form realer Existenz
zukommt, ist immer zuletzt ein Ideales, nämlich jener qualitative
Inhalt der Dinge, von dem wir voraussetzen, daß er dem Denken nicht
undurchdringlich, sondern durch Gedankenbestimmungen erschöpfbar sei«
(l. c. S. 147). »Durch ihren Inhalt allein sind die Dinge das, was
sie sind. dadurch, daß dieser Inhalt fähig ist, zu wirken und
zu leiden und das beständige Element in einer veränderlichen
Reihe von Erscheinungen bilden, dadurch sind die Dinge und unterscheiden
sich als real von ihrem Abbild« (Mikrok. II2, 158). Das Reale ist
nichts anderes als »die auf unbegreifliche Weise in der Form wirkungsfähiger
Selbständigkeit gesetzte Idee« (l. c. S.158 f.. vgl. Gr. d.
Met. S. 30). Realität ist Für-sich-sein. Nach J. H. FICHTE heißt
Realsein »seinen Raum und seine Zeit erfüllen« (Psychol.
I, 12). Realsein bedeutet erstens »qualitativ Bestimmtsein und Existieren,
Wirklichsein« und zweitens ist alles Reale »sich quantitierend
zufolge seiner Qualität« (ib.. vgl. Anthropol. S. 181). ULRICI
definiert: »Real ist nur, was unabhängig vom menschlichen Denken
und Gedanken, gleichgültig gegen sein Gedachtwerden, also unserem
Denken und Gedanken, ein An-sich-seiendes, Selbständiges ist«
(Log. S. 393). ÜBERWEG bemerkt: »Nicht jedes in seiner Sphäre
notwendige und berechtigte Denken sichert das Sein. aber das gesamte Denken
mit Einschluß des erkenntnistheoretischen als des letzten und höchsten...,
dies und erst dies erschließt dem Menschen die volle Erkenntnis der
Realität« (Welt- u. Lebensansch. S. 80). A. DORNER betont, »daß,
wenn ein Begriff, den wir notwendig denken müssen, so beschaffen ist,
daß er notwendig die Realität in sich schließt, daß
ihm dann auch die notwendig gedachte Realität entspricht« (Gr.
d. Religionsphilos. S. 19). Die Realität können wir durch die
Kategorien (s. d.) erreichen (ib.). STEUDEL bestimmt: »Tatsächliches
Sein ist Realität oder Wirklichkeit. Real ist, was außerhalb
des Denkens und unabhängig vom Denken ist« (Philos. I 1, 298
ff.. ähnlich TITTMANN, Aphor. S. 136). Nach STEINTHAL ist das Reale
»der absolute Abgrund unseres Denkens«, »die Grundlage
der Erscheinung«. Das Reale, sofern es nur erscheint, ist Natur (Zeitschr.
f. Völkerpsychol. IX, 1876). Nach L. NOIRÉ ist die Bewegung
»das wahrhaft Reale aller Erscheinung« (Einl. u. Begr. ein.
monist. Erk. S. 180). E. V. HARTMANN erklärt: »Nur dadurch,
daß, ein Willensakt mit den anderen in Opposition tritt und sie sich
gegenseitig Widerstand leisten und beschränken, nur dadurch entsteht
das, was wir Realität nennen« (Philos. d. Unb.3, S. 535). DREWS
bestimmt: »Realität ist die unbewußte Einheit des Willens
und der Idee. Ideellität ist die aus dieser Einheit herausgesetzte
und in die Form des Bewußtseins gekleidete Idee« (Das Ich,
S. 277.) Das Reale kann nicht vom Ich aus bestimmt werden (l. c. S. 130).
Nach WUNDT kommt den Begriffen zwar »objektive Realität«,
nicht aber »dingliche Existenz« zu (Log. I, 419). Die Realität
der Erfahrung ist die durch das Denken vermittelte und kontrollierte Form,
in welcher wir die Objekte auffassen (l. c. I, 490). Nach L. DILLES ist
die Außenwelt unser »Balancebild«, welches indirekte
Data von den Dingen an sich gibt (Weg zur Met. S. 178). Wir haben vom Wesen
der Realität ein indirektes Wissen (l. c. S. 31). Nach R. AVENARIUS
ist die »Sachhaftigkeit« ein Grundwert von »E«
(s. d.), d.h. von Aussageinhalten, abhängig von Änderungen des
»System C« (s. d.). Als »Sache« kann nicht bloß
ein Ding, sondern auch ein Schmerz u. dgl. gesetzt werden (Krit. d. rein.
Erfahr. II, 63 ff.). Nach SCHUBERT-SOLDERN hat Realität (im weitesten
Sinne) alles, sofern es »in irgend welcher Beziehung gegeben«
ist (Gr. ein. Erk. S. 53). - H. SPENCER erklärt: »By reality
we mean persistence in consciousness« (First Princ. § 46). Nach
GREEN hat Wirklichkeit nur für ein Bewußtsein Bedeutung. Das
Wirkliche bezieht sich auf ein allgemeines Bewußtsein, ein unendliches
Subjekt. BRADLEY bemerkt: »In thinking the Subjekt is much more than
thought. And that is why we are able to imagine that in thinking we find
all reality« (Mind XIII, p. 370 ff.). »Thought's relational
content can never be the same as the Subjekt, either as it appears or as
it truly is. The reality that is presented is taken up in a form not adequate
to its nature, and beyond which its nature must appear as an other. But...
this nature is the nature thought wants for itself, which even as mere
thinking it desires to have, and which, further, in all its aspects exists
already within thought in an incomplete form.« (l. c. p. 379. vgl.
Appear. und Realit.). »the presence of reality among its appearences
in different degrees and with diverse values« (App. und Real. p.
550). Jede Erscheinung ist »an appearance of reality«. Vgl.
BOSANQUET, Knowledge and Reality 1885 (auch J. WARD, Encycl. Brit. XX,
55 ff.), nach welchem die Wirklichkeit nichts Transzendentes, sondern ein
System von Erfahrungsinhalten ist Vgl. L. DAURIAC, Croyance et Réalité,
1889, und schon früher RENOUVIER, Essais I u. Nouv. Monadol.
Nach NATORP ist Realität »Kraft der Geltung
in der Erkenntnis« (Socialpäd. S. 33). H. COHEN erklärt:
»Realität liegt nicht in dem Rohen der sinnlichen Empfindung
und auch nicht in dem Reinen der sinnlichen Anschauung, sondern muß
als eine besondere Voraussetzung des Denkens geltend gemacht werden.«
Sie ist eine besondere, von der der Wirklichkeit unterschiedene Kategorie
(Princ. d. Infin. S. 14) Ein besonderer Grundsatz ist erforderlich, um
die Empfindung zu objektivieren (l. c. S. 28). »Daß ich ein
Element selbst an und für sich setzen darf, das ist das Desiderat,
welchem das Denkmittel der Realität entspricht« (ib.). Realität
bedeutet »intensive Größe« (l. c. S. 91). Die Realität
liegt im Infinitesimalen (s. Unendlich). »In den intensiven Größen
sind diejenigen Realitäts-Einheiten gewährleistet, an welchen
dynamische Beziehungen gestiftet und durch Differentialgleichungen berechnet
werden können« (l. c. S. 135. vgl. Log. S. 113 f.). Vgl. Objekt,
Wirklichkeit, Sein."
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