Internet Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie
    (ISSN 1430-6972)
    IP-GIPTDAS=29.10.2017 Internet Erstausgabe, letzte Änderung: 14.07.24
    Impressum: Diplom-Psychologe Dr. phil. Rudolf Sponsel   Stubenlohstr. 20   D-91052 Erlangen
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    Anfang_ Wirklichkeit & wirklich_ Rel. Aktuelles _Überblick_Überblick Wissenschaft _Rel. Beständiges_ Titelblatt_ Konzept_ Archiv_ Region_ Service iec-verlag_ _Wichtige Hinweise zu Links und Empfehlungen

    Willkommen in unserer Internet-Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie, Abteilung Wissenschaft, Bereich Wissenschaftstheorie und hier speziell zum Thema:

    Wirklichkeit und wirklich
    Ein alltäglicher und wissenschaftlicher Grundbegriff

    Originalarbeit von Rudolf Sponsel, Erlangen
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    Für den Alltagsmenschen ist all das, was er wahrnimmt, erlebt und daraus ableitet wirklich. 
    Eine ebenso allgemeine wie auch praktische Definition liefern die Buddhisten: wirklich ist, was wirkt.  Doch man beachte: "Die Philosophie ist ein Kampf gegen die Verhexung des Verstandes durch die Mittel unserer Sprache." Wittgenstein, Philosophische Untersuchungen, 109]

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    Inhalt
    Zusammenfassung.
        Flüchtigkeit des Erlebens.
        Die grundlegende Fragestellung.
        Der Wirklichkeitsstatus im Alltagsleben.
        Der Wirklichkeitsstatus von Allgemeinbegriffen (Universalien).
        Der Wirklichkeitsstatus von abstrakten Begriffen.
        Der Wirklichkeitsstatus von mathematischen Begriffen.
        Der Wirklichkeitsstatus von logischen Begriffen.
        Der Wirklichkeitsstatus von psychologischen Begriffen.
        Der Wirklichkeitsstatus von subjektiven Bewusstseinsinhalten.
        Der Wirklichkeitsstatus von soziologischen Begriffen.
            Erörterung am Beispiel die Gesellschaft.
            Der Wirklichkeitsstatus von gesellschaftlichen Institutionen.
        Der Wirklichkeitsstatus von Werten.
        Der Wirklichkeitsstatus von mikrophysikalischen Begriffen und Prozessen.
        Der Wirklichkeitsstatus von subjektiven Überzeugungen.
        Der Wirklichkeitsstatus von ökonomischen Begriffen.
        Der Wirklichkeitsstatus von Rechtsbegriffen.
        Der Wirklichkeitsstatus von Begriffen der Kunst.
    Besondere Probleme der Erfassung des Wirklichen:
        Die naturwissenschaftliche Codierung des Erlebens und die Natur des Erlebens.
        Das Problem des Vergänglichen.
        Das Problem des Veränderlichen.
        Das Problem des Standpunkts und der Perspektive.
        Das Problem der Egozentrik.
        Das Problem des Scheins.
           Allgemeines Veridikalitätsproblem des Wirklichen.
        Die Konstruktion des Objektiven.
    Materialien (Auswahl):
        wirklich/Wirklichkeit in Enzyklopädie Philosophie und Wissenschaftstheorie.
        Wirklichkeitsbegriff bei Ernst Mach.
        Wirklichkeitsbegriff im Buddhismus.
        Wirklichkeit nach Austedas Wörterbuch der Philosophie.
        Watzlawickscher Wirklichkeitsbegriff in Wie wirklich ist die Wirklichkeit?
        Die Realisierung  von Oswald Külpe.
        Wirklichkeitsbegriff bei den radikalen Konstruktivisten.
        Wirklichkeit nach Eisler (1904) Wörterbuch der philosophischen Begriffe.
        Realität nach Eisler (1904) Wörterbuch der philosophischen Begriffe.
    Literatur, Links, Querverweise, Zitierung, Änderungen.
    Anmerkungen, Endnoten, Glossar: Erkenntnistheorie * Ontologie * Philosophie * Welt * Weltbilder * Wissen * Wissenschaftstheorie *


    Zusammenfassung  > Wirklichkeit.
    Der Sachverhalt der Wirklichkeit war in der Menschheitsgeschichte im Unterschied zu bloßen Träumen oder Phantasien von großer Bedeutung, weil über-lebenswichtig. Was ist also wirklich, was Einbildung, Vermutung oder nur eine  Denkmöglichkeit? Was Halluzination oder Wahn ist, spielt in der Psychopathologie eine große Rolle und ist gar nicht so einfach, wie manche meinen. Eine Hilfe zur Konstruktion und Erfassung verschiedener Wirklichkeiten kann die Unterscheidung von  Referenzwelten  RWindices  der ontologischen Bereiche (OB) sein.

        Seit über die Wirklichkeit systematisch und gründlicher nachgedacht wird, hat sich dazu eine eigene Wissenschaft entwickelt, die traditionell in der Philosophie unter der Erkenntnistheorie und Ontologie und im 20. Jahrhundert eine gewisse Loslösung von der Philosophie erfuhr und mehr und mehr in der Wissenschaftstheorie abgehandelt wurde, eine Art Bindeglied zwischen den Wissenschaften und der Philosophie. Mit der philosophischen Analyse wurde es unübersichtlich und unergiebig. Ein  -ismus  nach dem anderen entstand und der "Fortschritt" bestand lediglich in einer Vielzahl von - meist wenig konkreten und  operationalen - Theorien und Meinungen, oft sehr abgehoben von der Lebens- und Wissenschaftspraxis. Eng verknüpft mit der Wirklichkeits- und Realitätsfrage ist auch die Frage nach der Wahrheit und der  Referenz.
        Der Durchschnitts- oder Alltagsmensch hat indessen keine großen Probleme mit dem Wirklichkeitsbegriff. Für ihn ist all das, was er wahrnimmt, erlebt und daraus ableitet, wirklich: sein Wirklichkeitserleben. Und das ist im Großen und Ganzen für das praktische Leben auch ausreichend - trotz der vielen Fehlerquellen in der Wahrnehmung und kognitiven Informationsverarbeitung.
        Eine ebenso allgemeine wie auch praktische Definition liefern die Buddhisten: wirklich ist, was wirkt.
        Schwieriger wird es, wenn man "die" Wirklichkeit des subjektiven Erlebens und Bewertens hinzunimmt. Auch ein Traum oder eine seelische Regung von - sagen wir - Zweifel ist natürlich nicht weniger wirklich als die Sonne oder der Stuhl auf dem ich sitze, aber weit schwieriger zugänglich. Noch schwieriger wird es, wenn man die Flüchtigkeit, Veränderung und den Wandel mit einbezieht.

    Fluechtigkeit des Erlebens Das allermeiste wirkliche Erleben verschwindet, zumindest in der Weise, dass es bewusst nicht mehr zugänglich ist. Wenn wir für einen Wach-Tag 16 Stunden und pro Minute z.B. ein Erlebensereignis und ein durchschnittliches Leben mit ungefähr 80 Jahren ansetzen, dann bestünde solch ein Leben aus 16*60*365*80 = 28.032.000, also gut 28 Millionen, wirklichen Erlebensereignissen. Wählte man als Erlebenszeiteinheit die Sekunde, ergäben sich rund 1,68 Milliarden. Wie und wie viel Erleben tatsächlich gespeichert wird, ist derzeit noch offen und auch sehr schwierig zu beweisen: selbst Penfields-Ergebnisse sind nicht so klar, wie man auf den ersten Blick meinen könnte. Prinzipiell gibt es in der Physik die analoge Problematik des sehr kleinen, kurzen und flüchtigen. Dass man diese Probleme in der Physik so gut lösen konnte, wirft die Frage auf, weshalb dies in der Psychologie bisher noch nicht einmal ansatzweise gelungen ist. Und sie ist einfach zu beantworten: (1) weil die naturwissenschaftliche  Codierung  des  Erlebens (> Realität des Psychischen) derzeit noch weitgehend nicht entschlüsselt und unbekannt ist, (2) weil den experimentellen Möglichkeiten der Erforschung beim Menschen deutliche Grenzen gesetzt sind und (3), weil unheimlich viele absonderliche - meist Katheder - Theorien  über das Bewusstsein vernünftige Forschung behindern und (4) das methodologische Niveau der Definitionen und Vorkehrungen gegen die Tücken und Fallstricke der Sprache wenig ausgeprägt sind.
        Nun ist es wahrscheinlich sinnvoll, verschiedene Wirklichkeiten ("Welten") zu unterscheiden: subjektive, gruppensubjektive, intersubjektive und  objektive  sowie neben der "realen" Welt die Welten der Möglichkeiten, Phantasien, Wünsche, Normen und Werte. Eine weitere wichtige Unterscheidung betrifft die Dauer und Fassbarkeit des Wirklichen. Ist es nur sehr kurz und flüchtig, kaum greif- oder fassbar wie so viele Bewusstseins- oder mikrophysikalische Prozesse (h = 6,55 * 10^-27 erg sec)?
        Eine besondere Problematik liegt im Wirklichkeitsstatus unserer geistigen Konstruktionen einerseits der Allgemeinbegriffe (Universalien) und andererseits der abstrakten Konstruktionen wie z.B. der Staat, die Gesellschaft, die Medien, die Kirche, die Arbeiterklasse, das Recht, die Konjunktur, usw.

        Diegrundlegende Fragestellung lautet: Wer erkennt was für welche Dauer in welcher Welt und Situation mit welchen Interessen und Verfahren, Methoden oder Mitteln wie zuverlässig und wie prüfbar? Die grundlegende Fragestellung zerlegt, ergibt 10 Einzelfragen

    1. Wer
    2. erkennt
    3. aus welcher Perspektive
    4. was
    5. für welche Dauer
    6. in welcher Welt (Wirklichkeit)
    7. in welcher Situation
    8. mit welchen Interessen
    9. mit welchen Verfahren, Methoden oder Mitteln
    10. wie zuverlässig
    11. und wie prüfbar?
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        Probleme mit dem Wirklichkeitsstatus von Aussagen lassen sich oft leicht klären und auflösen, wenn man konkret und operational  wird. Fast immer schwierig ist oder wird es, wenn man sich im Allgemeinen, Abstrakten oder Philosophischem bewegt (> Sprachkritik). Das soll an einigen typischen Beispielen deutlich gemacht werden, wobei ich zunächst mit den einfachsten beginne:

    Der Wirklichkeitsstatus im Alltagsleben
    Die meisten Menschen sind erkenntnistheoretische Realisten, d.h. sie gehen mehr oder minder naiv bis kritisch von einer tatsächlichen Außenwelt aus, die uns teilweise durch unsere Wahrnehmung und Informationverarbeitung direkt vermittelt wird.
    Am besten geht man von konkreten Beispielen aus: (1) Steht da eine Ampel? (2) Ist da ein Baum? (3) Siehst Du das Haus? (4) Hast Du den Arzttermin noch im Kopf? (5) Hast Du Schmerzen? (6) Spürst Du Hunger? (7) Fühlst Du Dich im Moment zufrieden? (8) Geht es Deiner Frau gut? (9) Kommen zu viele Flüchtlinge [2015]? (10) Wird Deutschland das schaffen, mit den vielen Flüchtlingen fertig zu werden?
        Diese Beispiele dürften zeigen, dass (1-8) für die allermeisten völlig problemlos sind. (9) könnte für viele strittig sein, so lange unklar ist, wie viele nun genau "viele" sind und wann es dann zu viele sind oder sein könnten, also unter welchen Rand- oder Rahmenbedingungen der Sachverhalt zu erörtern ist. Und ebenso natürlich (10), da niemand in die Zukunft sehen kann und unklar ist, was "schaffen" oder fertig werden bedeutet, wobei auch noch die Zeit offen gelassen wurde.

    Der Wirklichkeitsstatus von  Allgemeinbegriffen  (Universalien)
    Obwohl seit dem Mittelalter über den Wirklichkeitsstatus von Allgemeinbegriffen, den sogenannten Universalien, philosophisch und wissenschaftstheoretisch gestritten wird, hat der Mensch im Alltag so gut wie keine Probleme damit. In der realen Welt gibt es nur konkrete Bäume, aber nicht den Baum. So gibt es zwar keinen allgemeinen Baum, die Universalie Baum, aber jeder weiß, was damit gemeint ist. Und so gibt es in der Lebenspraxis kaum ein Problem damit, ob etwas ein Baum, ein Tisch, krumm oder gerade ist - jedenfalls dann, wenn konkrete Modelle in der Wahrnehmungswelt vorliegen..

    Der Wirklichkeitsstatus von  abstrakten Begriffen
    Darunter kann mehrerlei verstanden werden. Begriffe sind eigentlich immer abstrakt. Aber das meint man meist nicht, wenn man von abstrakten Begriffen spricht. Gemeint ist gewöhnlich, dass dem Begriff kein Gegenstand, kein Ding entspricht, wie etwa beim Begriff  Definition. Definitionen gibt es in der objektiven Welt nicht, sie sind ein Produkt des menschlichen Geistes. Aber es gibt oder sollte  Referenzen geben. Zu den abstrakten Begriffen in diesem Sinne gehören alle nicht direkt wahrnehmbaren Konstruktionen, z.B. der Bewusstseinsstrom, Charaktereigenschaften oder die natürlichen Zahlen, die man aber in Natur und Kultur in endlichen Anzahlen vielfach repräsentiert ("Modelle") finden kann wie überhaupt die mathematischen Begriffe mehr in der Natur realisiert sind als man gewöhnlich meint.

    Der Wirklichkeitsstatus von mathematischen Begriffen
    Die meisten mathematischen Begriffe haben Referenzen in der Natur, Wissenschaft und Technik, sonst könnte die Mathematik nicht die Sprache der Natur (Galilei), Wissenschaft und Technik sein und in den empirischen Wissenschaften wie der Technik eine solche Bedeutung erlangt haben. Wenn auch die meisten mathematischen Begriffe ihren referentiellen Ursprung in der Natur und Umwelt haben, so ist sie doch letztlich unabhängig von empirischen Gegebenheiten entwickelt und verfasst. Man könnte auch sagen, Mathematik ist die Wissenschaft von idealisierten Objekten, Strukturen und ihren Beziehungen. Die Lehre von  Dreieck  hängt nicht davon ab, welche Dreiecke wir in der realen Welt vorfinden. So beruht der Erfolg der Mathematik auf ihrer grundsätzlichen Unabhängigkeit von empirischen Gegebenheiten, auf ihrer begrifflichen Strenge und ihrem rigorosen Beweiskonzept. In gewisser Weise ist das ein Paradox, nämlich wie erfolgreich eine Wissenschaft auf die Wirklichkeit angewendet werden kann, obwohl sie im
    Prinzip unabhängig von ihr entwickelt und gedacht wird. Mit diesem Rätsel hat sich auch Albert Einstein  in seinem Festvortrag (Geburtstag Friedrich des Großen) am 27.1.1921 beschäftigt und kommt unter dem Kapitel-Titel GEOMETRIE UND ERFAHRUNG auf S. 119f zu folgender Lösung (fett-kursiv von RS hervorgehoben):

        "Die Mathematik genießt vor allen anderen Wissenschaften aus einem Grunde ein besonderes Ansehen: ihre Sätze sind absolut sicher und unbestreitbar, während die aller anderen Wissenschaften bis zu einem gewissen Grad umstritten und stets in Gefahr sind, durch neuentdeckte Tatsachen umgestoßen zu werden. Trotzdem brauchte der auf einem anderen Gebiet Forschende den Mathematiker noch nicht zu beneiden, wenn sich seine Sätze nicht auf Gegenstände der Wirklichkeit, sondern nur auf solche unserer bloßen Einbildung bezögen. Denn es kann nicht wundernehmen, daß man zu übereinstimmenden logischen Folgerungen kommt, wenn man sich über die fundamentalen Sätze (Axiome) sowie über die Methoden geeinigt hat, mittels welcher aus diesen fundamentalen Sätzen andere Sätze abgeleitet werden sollen. Aber jenes große Ansehen der Mathematik ruht andererseits darauf, daß die Mathematik es auch ist, die den exakten Naturwissenschaften ein gewisses Maß von Sicherheit gibt, das sie ohne Mathematik nicht erreichen könnten.
          An dieser Stelle nun taucht ein Rätsel auf, das Forscher aller Zeiten so viel beunruhigt hat. Wie ist es möglich, daß die Mathematik, die doch ein von aller Erfahrung unabhängiges Produkt des menschlichen Denkens ist, auf die Gegenstände der Wirklichkeit so vortrefflich paßt. Kann denn die menschliche Vernunft ohne Erfahrung durch bloßes Denken Eigenschaften der wirklichen Dinge ergründen?
          Hierauf ist nach meiner Ansicht kurz zu antworten: Insofern sich die Sätze der Mathematik auf die Wirklichkeit beziehen, sind sie nicht sicher, und insofern sie sicher sind, beziehen sie sich nicht auf [>120] die Wirklichkeit. Die volle Klarheit über diese Sachlage scheint mir erst durch diejenige Richtung in der Mathematik Besitz der Allgemeinheit geworden zu sein, die unter dem Namen „Axiomatik" bekannt ist. Der von der Axiomatik erzielte Fortschritt besteht nämlich darin, daß durch sie das Logisch-Formale vom sachlichen bzw. anschaulichen Gehalt sauber getrennt wurde; nur das Logisch-Formale bildet gemäß der Axiomatik den Gegenstand der Mathematik, nicht aber der mit dem Logisch-Formalen verknüpfte anschauliche oder sonstige Inhalt."


    Der Wirklichkeitsstatus von  logischen Begriffen
    Was ist der Wirklichkeitsstatus von "wenn" (Bedingung), "oder" (Verknüpfung), "ist" (Zuschreibung)? Mit den logischen Begriffen scheint es sich ähnlich zu verhalten wie mit den mathematischen. Der logische Grundbegriff ist die Folgerung, der Schluss. Dazu bedarf es im allgemeinen Voraussetzungen und Schlussregeln, wobei die Inhalte weitgehend keine Rolle spielen. Wenn alle Deutschen Inder sind und Rumpelstilzchen ein Deutscher ist, dann ist Rumpelstilzchen logisch gesehen auch ein Inder. Auch wenn in unserer Wirklichkeit Deutsche keine Inder sind.

    Der Wirklichkeitsstatus von psychologischen Begriffen
    Psychologische Begriffe sind an die Existenz des Menschen oder beseelte Lebewesen gebunden. Nachdem wir uns selbst am nächsten sind und miteinander aufwachsen, gibt es sehr viele psychologische Begriffe, die zumindest dem Anschein nach, die psychologische Wirklichkeit beschreiben und erklären sollen. Kaum problematisch sind hierbei die Begriffe, die Verhalten beschreiben oder im Alltagsleben fundiert sind. Dafür umso mehr die Begriffe des Erlebens, der Entwicklung und Persönlichkeit, die sich der direkten Beobachtung entziehen. Zum Einstieg kann man die Einteilung des Psychologiestudiums heranziehen, z.B. die Allgemeine Psychologie.

    Der Wirklichkeitsstatus von subjektiven Bewusstseinsinhalten
    Das, was der Mensch erlebt und wenigstens umschreibend in Begriffe oder wenigstens kognitive Schemata fassen kann, ist nicht weniger real oder wirklich als der Stuhl, auf dem ich sitze oder die Sonne, die sich scheinbar um die Erde dreht. Akzeptiert man allerdings nur intersubjektiv Nachprüfbares als potentiell real oder wirklich, kann es - derzeit noch - schwierig werden mit dem Wirklichkeitsstatus subjektiver Bewusstseinsinhalte. Das Problem ist, dass Bewusstseinsinhalte oft sehr flüchtig und unscharf sind. aber das gilt im Prinzip für  mikrophysikalische Prozesse  noch sehr viel stärker. Mit geeigneter Methodologie und Terminologie ist es grundsätzlich möglich, subjektive Bewusstseinsinhalte ziemlich genau zu bestimmen.

    Der Wirklichkeitsstatus von soziologischen Begriffen (ausführlich hier: Ontologie des Psychosozialen)
    Berger & Luckmann nennen ihr Werk »Die gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit«, Searle nennt sein Werk hingegen »Die Konstruktion der gesellschaftlichen Wirklichkeit«. Den ebenso feinen wie wichtigen Unterschied erläutert Helmut Plessner in seinem Vorwort (S. IX) zu  Berger & Luckmann:

          »Die gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit« nennen die beiden Autoren das vorliegende Buch, nicht etwa »Die Konstruktion der gesellschaftlichen Wirklichkeit«, was durchaus nicht auf das gleiche hinausliefe, da in solcher Fassung die soziale Welt als gegeben vorausgesetzt wäre und man es mit einem der vielen Versuche zu ihrer theoretischen Bewältigung zu tun hätte. So möchte das Buch gerade nicht verstanden werden. Sein Thema ist die Wirklichkeit schlechthin, und es nähert sich ihr mit einem Ordnungsprinzip gesellschaftlicher Natur, dem die Überzeugung zugrunde liegt, daß die Kriterien jeder Art von Wirklichkeit sozialen Charakter haben. Wir sind gewohnt, daß die Soziologie sich in der gesellschaftlichen Welt zurechtzufinden sucht und sich in ihrer Arbeit von deren vorgegebenen Selbstdeutungen, mit denen die sozialen Gebilde sich artikulieren, leiten läßt. Die Soziologen sprechen von Klasse, Gruppe, Status und Statussymbolen, von Prestige, von Schichten und so weiter und zeichnen mit oft sogar wertend gebrauchten Begriffen eine Wirklichkeit, halb Wort, halb Sache. Diese dem gesellschaftlichen Substrat entsprechende Gebrochenheit und Vorzeichnung durch Sprache engt die Absicht unserer Autoren jedoch nicht ein."
    Und  Searle  schreibt in seiner Einführung (S. 7):
          "Wir leben in genau einer Welt, nicht in zwei oder drei oder siebzehn. Soweit wir gegenwärtig wissen, sind die grundlegenden Eigenschaften dieser Welt so, wie sie von Physik, Chemie und den anderen Naturwissenschaften beschrieben werden. Aber die Existenz von Phänomenen, die allem Anschein nach nicht physikalisch oder chemisch sind, gibt Anlaß zur Verwunderung. Wie zum Beispiel kann es Bewußtseinszustände oder sinnvolle Sprechakte als Teile der physischen Welt geben? Viele der philosophischen Probleme, die mich am meisten interessieren, haben mit der Frage zu tun, in welchem Verhältnis die verschiedenen Teile der Welt zueinander stehen - wie hängt alles zusammen? -, und ein großer Teil meiner Arbeit auf dem Gebiet der Philosophie ist diesen Fragen gewidmet. Die Theorie der Sprechakte ist zum Teil ein Versuch, die Frage zu beantworten: Wie kommen wir von der Physik der Äußerungen zu sinnvollen Sprechakten, die von Sprechern und Autoren geäußert werden? Die Theorie des Geistes, die ich zu entwickeln versucht habe, ist in großen Teilen ein Versuch, die Frage zu beantworten: Wie paßt eine geistige Wirklichkeit, eine Welt des Bewußtseins, der Intentionalität und anderer geistiger Phänomene in eine Welt, die vollkommen aus physischen Teilchen in Kraftfeldern besteht ? Das vorliegende Buch dehnt diese Untersuchung auf die gesellschaftliche Wirklichkeit aus: Wie kann es eine objektive Welt des Geldes, des Eigentums und der Ehe, von Regierungen, Wahlen, Footballspielen, Cocktailparties und Gerichtshöfen geben in einer Welt, die gänzlich aus physischen Teilchen in Kraftfeldern besteht und in der einige dieser Teilchen zu Systemen organisiert sind, die bewußte biologische Lebewesen sind wie wir selbst?"


    Zu den Grundfragen der soziologischen Begriffe gehört das Problem der genauen Bedeutung ihrer Begriffe, wie z.B.: die Gesellschaft, der Staat, die Demokratie, die Kirche, das Recht, die Arbeiterklasse, Elite, Solidarität, Wandel, Gerechtigkeit, Armut, Gleichheit, Gemeinwohl. Institutionen, die Parteien, und ... und ...

    Eroerterung am Beispiel die Gesellschaft
    Es ist sehr üblich und weit verbreitet von der Gesellschaft zu sprechen. Manchmal sogar, als sei sie ein eigenständiges und handlungsfähiges Wesen. Aber wer oder was soll das genau sein? Man kann nicht auf sie deuten, man kann sie nicht aufzählen, es scheint sie zwar zu "geben", und jeder meint zu verstehen, was gemeint ist, wenn von der Gesellschaft gesprochen wird, und doch ist es sehr schwierig, die Gesellschaft genauer zu bestimmen. Daraus könnte man den Schluss ziehen oder sogar den Vorschlag entwickeln, dass man sich an manchen Stellen mit ungefähren Bedeutungen begnügen sollte. Die Gesellschaft befindet sich in einem steten Wandel, so dass eigentlich auch eine Zeitangabe dazu gehört. Und die Gesellschaft besteht aus vielen, sehr vielen Faktoren (Elementen, Gruppierungen, Institutionen, Bereichen und Facetten). So sprach Popper in einem viel beachteten Werk von der offenen Gesellschaft und ihren Feinden. Damit wendete er sich gegen Ideologien überwiegend totalitären Charakters ("Historizisten"), hauptsächlich gegen Platon, Hegel, Marx, deren Anhänger und Folgen und plädiert für kritische Freiheit. Die Gesellschaft ist ein sehr komplexes und sehr heterogenes geistiges Modell. Eigentlich sollten die SoziologInnen erklären können, was die Gesellschaft bedeutet bzw. so alles bedeuten kann.

    Der Wirklichkeitsstatus von gesellschaftlichen Institutionen
    > Ontologie des Psychosozialen.



    Der Wirklichkeitsstatus von Werten
    Werte sind neben anderen  Abstrakta oder Allgemeinbegriffen  (Universalien) nach  Max Stirner  nur Einbildungen oder Wahnprodukte, denen keine reale Existenz zukommt. Wenn Werte auf mein Erleben, Denken, Planen und vor allem auf mein Verhalten eine Wirkung ausüben, dann sind sie - zumindest nach der buddhistischen Definition - real oder wirklich. Im Alltagsleben hat kaum jemand mit dem Wertbegriff Problem. Wie meist, wird es hier erst schwierig, wenn man den Wertbegriff näher untersucht. Und auch die allermeisten PsychologInnen zweifeln nicht daran, dass Werte in unserem Erleben und Verhalten eine wichtige Rolle spielen.



    Der Wirklichkeitsstatus von mikrophysikalischen Begriffen und Prozessen
    Die Physik liefert beeindruckende Beispiele für sehr kleine, kurze, schnelle und sehr flüchtige Objekte und Sachverhalte. Dagegen dürften Gedanken, Gefühlsregungen, Erinnerungen, Vorstellungen oder allgemein Bewusstseinserleben geradezu makroskopische Dimensionen haben. So gesehen ist die Physik eine große Ermutigung für die Psychologie und ihre neurowissenschaftliche Untersuchung [> aber (2) in Flüchtigkeit des Erlebens].
        Einer der letzten ganz großen Nachweise gelang mit dem Higgs-Teilchen. Hierzu schreibt die Welt der Physik (16.2.15): "Das Higgs-Teilchen Das Standardmodell der Teilchenphysik beschreibt erfolgreich die bekannten Elementarteilchen und deren Wechselwirkungen. Woher die Elementarteilchen ihre Masse erhalten, ließ sich im Rahmen dieses Modells aber lange Zeit nicht beantworten. Mit dem Fund eines bisher unbekannten Teilchens könnte sich die Lücke nun schließen. ... Die Theorie sagt dabei die Existenz eines neuen Elementarteilchens voraus. Auf einer Konferenz im Jahr 1966 führte der Physiker Ben Lee den Namen „Higgs“ für dieses Teilchen ein – ein griffiger Name, der sich durchsetzte. Das im Juli 2012 am Forschungszentrum CERN entdeckte Elementarteilchen zeigt viele Eigenschaften des postulierten Higgs-Bosons. Und dennoch bedarf es weiterer Analysen, um sicher zu sein, dass es sich tatsächlich um das lang gesuchte Higgs-Teilchen handelt. ..."
        Harald Lesch zum  Higgs-Teilchen:  "... Stellen Sie sich ein spiegelglattes Meer vor. Dann fängt am einen Ende der Wind an zu blasen, die ersten Wellen entstehen, das Wasser interagiert mit sich selbst und irgendwann bilden sich Schaumkronen. Der See ist das Higgs-Feld und die Schaumkronen, beziehungsweise der Moment, in dem sie schon wieder zerfallen, sind die sogenannten Gottesteilchen, die Higgs-Bosone, die die Leute im Cern durch unglaublich heftiges Pusten sichtbar gemacht haben. Genau den Moment mit der Schaumkrone zu erwischen, ist sehr schwierig und benötigt zahllose Versuche. ... " (SZ 6.7.12)
        "Cern entdeckt ein neues Teilchen. Und jetzt? Sein Name klingt kryptisch, niemand hatte es je gesehen, doch Physiker ahnten: Es muss es geben. Am Genfer Teilchenbeschleuniger wurde ein Xi cc++ entdeckt. Was ist das? ... Es war nur 0,0000000000005 Sekunden da ... Ein solches neues Teilchen wurde jetzt indirekt nachgewiesen: am Forschungszentrum Cern in Genf, wo der Large Hadron Collider (LHC) steht. In diesem Teilchenbeschleuniger lassen Physiker gezielt Teilchen kollidieren um dann zu beobachten, was entsteht. Für gerade einmal 0,0000000000005 Sekunden muss das neue Teilchen dagewesen sein, berichten die Forscher. Es gehört zur Familie der Baryonen und besteht aus drei sogenannten Quarks – und wurde jetzt im Magazin Physical Review Letters vorgestellt. .... Vor allem zum Verständnis der Theorie der starken Wechselwirkungen dürfte das neue Teilchen beitragen. Diese Theorie erklärt grob gesagt, was die Atome in ihrem Innersten zusammenhält.  ... " (Zeit 6.7.17)



    Der Wirklichkeitsstatus von subjektiven Ueberzeugungen
    Subjektive Überzeugungen  und Einstellungen sind nicht weniger wirklich als Backsteine oder die Sonne, wenngleich sie schwieriger zu erfassen sind als konkrete, materielle Objekte und Sachverhalte.



    Der Wirklichkeitsstatus von oekonomischen Begriffen
    Welchen Wirklichkeitsstatus haben der Markt, unsichtbare Hand (Smith), Indizes, Inflation, Angebot und Nachfrage, Zins, BIP (GDP), Arbeitslosenquote u.a.m? Wie unsinnig über den Markt oft gesprochen wird, lässt sich täglich an den Börsennachrichten oder im Wirtschaftsteil der Medien studieren. Dort genießen die Indizes meist ein Eigenleben und handeln homunculesk.



    Der Wirklichkeitsstatus von Rechtsbegriffen
    > 2.5  Rechtliche Konstruktionen sozialer Konstrukte.



    Der Wirklichkeitsstatus von Begriffen der Kunst
    Das fängt schon beim Begriff und damit beim Definitionsproblem an: Was "ist" Kunst? Was soll  Kunst  aus welchen Gründen genannt werden?



    Besondere Probleme der Erfassung des Wirklichen

    Die naturwissenschaftliche Codierung des Erlebens und die Natur des Erlebens Das Erleben hat zwei Dimensionen: eine materielle, die Basis für die psychologische Dimension des Erlebens und das Erleben. Als metaphorische Analogie kann die Doppelnatur des Lichts dienen (Materie und Welle). Die naturwissenschaftliche Codierung kann bis auf weitere und detailliertere Erkenntnisfortschritte mit der Variable natcode symbolisiert werden. "Ich fühle Ärger" wird dann codiert als [natcode, "ich fühle Ärger"]  Das erklärt auch problemlos, dass Erleben Einfluss auf den Körper hat, weil es eben auch körperlich oder materiell ist.

    Das Problem des Vergaenglichen Die Sachverhalte, Objekte und Zustände sind vergänglich, nicht wenige in Sekundenschnelle. Das Wirkliche gehört dann der Vergangenheit an. In welcher Weise ist es dann noch wirklich? Wenn es gespeichert wurde, etwa im Gedächtnis, dann kann auch das Vergangene noch wirksam und damit wirklich sein.

    Das Problem des Veraenderlichen Die Sachverhalte, Objekte und Zustände bleiben nicht konstant, sondern verändern sich (Heraklit: Alles fließt, man kann nicht zwei Mal in denselben Fluß steigen). Hier liegt ein gewisses Paradox, das sich besonders scharf beim  Identitätsproblem  zeigt.
        Was heißt angesichts der ununterbrochenen Veränderung "Wirklichkeit"? Welche "Wirklichkeit" ist gemeint? Wie James sinnig vom Bewusstseinsstrom sprach, müssten wir eigentlich auch von einem Wirklichkeitsstrom sprechen, denn auch die Wirklichkeit fließt in einem fort, von Augenblick zu Augenblick . Streng betrachtet lässt sich die Metapher Heraklits verallgemeinen zu: es gibt keine zwei gleichen Augenblicke. Andererseits gibt es Zustände, die gleich bleiben, etwa der Zustand "verheiratet" sein, der mit der Scheidung oder dem Tod endet, also durchaus 50-60 Jahre konstant anhaltend sein kann. Wenn wir Menschen, Charaktere und Persönlichkeiten beschreiben, suggeriert unsere Sprachgebrauch Konstanzen, die es genau betrachtet gar nicht gibt, wenn etwa einem Menschen eine gwisser Intelligenzquotient (IQ) oder das Persönlichkeitsmerkmal zuverlässig zugeordnet wird.

    Das Problem des Standpunkts und der Perspektive Ein und dasselbe Objekt stellt sich für unterschiedliche Betrachter (Erkennende Systeme) unterschiedlich dar. Das kann auch für denselben Betrachter gelten, wenn er unterschiedliche Perspektiven einnimmt. Spätestens seit der Relativitätstheorie sind auch unsere grundlegenden Kategorien wie Zeit und Raum betroffen, wenn auch im menschlichen Alltag kaum messbar.

    Das Problem der Egozentrik  Viele Menschen gehen ganz natürlich von sich, ihren Erfahrungen und ihrem Wissen aus. Aber so wie sich die Sachverhalte für ein einzelnes Individuum darstellen, so müssen sie nicht für andere sein.

    Das Problem des Scheins Nur weil wir "nichts" wahrnehmen, muss nicht nichts da sein. Was uns als nichts erscheint gilt ja relativ zu unseren Sinnesorganen und Wahrnehmungsschwellen. Wir können immer nur sagen: das erkennende System ES hat keine (bewusste) Wahrnehmung.
        Für jede Wirklichkeitskonstruktion stellt sich die Frage, wie zutreffend oder repräsentativ diese Konstruktion ist. Für genauere Unterscheidungen kann man sich am Veridikalitätsbegriff (Koffka 1935) orientieren:
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      Allgemeines Veridikalitätsproblem des Wirklichen
      Der Veridikalitätsbegriff wurde von Koffka (1935) im Zusammenhang mit Wahrnehmungen erfunden. Der Veridikalitätsbegriff kann aber auf alle Wirklichkeitsfragen oder Wirklichkeitsaussagen übertragen werden. Analog in einer ersten näherungsweisen Übertragung:
      • Definition-1 verlangt nur eine Wirklichkeitsquelle
      • Definition-2 verlangt eine vollständig richtige Wiedergabe zwischen Wirklichkeitsquelle und Wirklichkeitskonstruktion.
      • Definition-3 verlangt eine richtige Wiedergabe wesentlicher (definieren!) oder wichtiger  (definieren!) Merkmale  zwischen der Wirklichkeitsquelle und den entsprechenden Merkmalen der Wirklichkeitskonstruktion.
      • Definition-4 verlangt eine mindestens teilweise richtige Wiedergabe zwischen einigen Merkmalen (>definieren!) der Wirklichkeitsquelle und den entsprechenden Merkmalen der Wirklichkeitskonstruktion. _


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    Die Konstruktion des Objektiven
    Das  Ding an sich  kennen wir nicht und werden es niemals kennen können, weil jede Erkenntnis ein erkennendes System voraussetzt, an dessen Erkenntnismöglichkeiten die Erkenntnis gebunden ist. Nehmen wir einen beliebigen Sachverhalt, etwa irgendein Objekt, an und fragen uns, wie wir herausfinden können, was das für ein Objekt ist und was an dieser Erkenntnis objektiv sein könnte. Hierbei können uns z.B. die ontologischen  Kategorien  (Auswahl) sehr hilfreich sein:

    1. In welchem Raumzeitgebiet soll sich das Objekt befinden?
    2. Welche Form hat das Objekt?
    3. Wie ist das Objekt ausgedehnt; sind seine Dimensionen meßbar?
    4. Ist das Objekt mit den menschlichen Sinnesorganen wahrnehmbar?
    5. Aus welchen Stoffen besteht das Objekt?
    6. Ruht oder bewegt sich das Objekt?
    7. Ist das Objekt aus der Natur (unbelebt, belebt, Pflanze, Tier, Mensch)?
    8. Ist das Objekt bekannt (wem?)?
    9. Woher ist das Objekt?
    10. Wie alt ist das Objekt?
    11. Wie schwer ist das Objekt?
    12. Wie fest ist das Objekt?
    13. Zu was gehört das Objekt? Was ist die natürliche oder normale Umgebung des Objekts?
    Wann kann, soll, darf man nun sagen, die Beschreibung des Objekts ist objektiv? Man sieht sofort, dass dies zunächst eine Frage der  Definition  von objektiv ist. Damit ergibt sich direkt, die Ziele und Zwecke zu benennen, die die Definition erfüllen soll. Man könnte z.B. sagen: die Definition soll unabhängig von individuellen, subjektiven Einschätzungen sein und alle wesentlichen Merkmale erfassen. Hierbei sind die erkennenden Systeme und der Zustand ihrer Beschreibungswerkzeuge anzugeben. Vermutlich gibt es für "objektiv" so wenig eine vollständige Antwort wie für das  Ding an sich. Am besten sagt man jeweils in seinem Kontext, was "objektiv" hier gerade bedeuten soll.



    Materialien (Auswahl)

    wirklich/Wirklichkeit in Enzyklopaedie Philosophie und Wissenschaftstheorie
    "wirklich/Wirklichkeit (engl, real/reality, franz. reel/realite), in alltags- und bildungssprachlicher Verwendung dasselbe wie real/Realität, im Rahmen philosophischer Terminologien ebenso wie >Realilät< und im Gegensatz zu »Möglichkeit (>möglich/Möglichkeit) Bezeichnung für die Welt der Gegenstände, Zustände und Ereignisse, auch der durch den Menschen hergestellten Dinge und in Gang gesetzten Entwicklungen. In dieser Bedeutung wird der Terminus >W.< zuerst von Aristoteles im Zusammenhang seiner Prinzipienanalyse eingeführt.  ... " Quelle: Mittelstraß, Jürgen (1996, Hrsg.) Enzyklopädie Philosophie und Wissenschaftstheorie. 4. Bd.  Metzler, Stuttgart.
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    Wirklichkeitsbegriff bei Ernst Mach: "... Nichts ist wirklich, was nicht unter gewissen Bedingungen, die sinnlichen Elemente, den Bewußtseinsinhalt dieses oder jenes Menschen beeinflussen  kann. Was wir erlebt haben, hinterläßt uns Erinnerungen, Vorstellungen. ..." In: Die Empfindungen, 9. A., 1922, S. 303, Zusatz I zu S. 30.
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    Wirklichkeitsbegriff im Buddhismus: Schumann (1998, S. 222, kursiv-fett RS): "Der Abendländer, daran gewöhnt, nur Nachprüfbares für wirklich zu nehmen, hält ideierte Wesenheiten, die nur ihrem Urheber sichtbar sind, für Wahngebilde. Der Vajrayänin denkt anders. Wirk-lichkeit ist alles, das wirk-sam ist, gleichgültig ob äußerlich oder innerlich, für einen oder viele. ..." Siehe auch Austeda: "Wirklichkeit als dasjenige, was, „wirkt""
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    Wirklichkeit nach Austedas Wörterbuch der Philosophie, S. 263:
    "Wirklichkeit: mehrdeutiger philosophischer Grundbegriff. 1. Die Welt der Erlebnisse (Quelle der Wirklichkeitsgewißheit); durch die kategoriale Bearbeitung der unmittelbar gegebenen Empfindungsmannigfaltigkeit entsteht 2. die anschauliche Welt der Sinnendinge, die sinnlich wahrnehmbare Erscheinungswelt, in der sich Forschung treiben läßt, die in Form von Aussagen beschreibbar ist, in der es „Erkenntnis" und „Wahrheit" gibt („wirklich" in diesem Sinne ist, was sich als mit allen anderen Erfahrungen verträglich erweist). Will man die Erscheinungen „verstehen", dann ist man 3. zur Annahme einer physikalischen Kraftwelt genötigt (Wirklichkeit als dasjenige, was „wirkt"). 4. Darüber hinaus nehmen die Metaphysiker noch eine transzendente Überwirklichkeit an (in „horizontaler" Richtung die „Wirklichkeit an sich", in „vertikaler" Richtung die göttliche Überwelt). Die „Vollwirklichkeit" ist ein gedanklich unvollziehbarer Grenzbegriff (eine Fiktion); denn immer zeigt uns „die Wirklichkeit" (je nach der Optik des Betrachters) nur eine bestimmte „Seite", deren Verabsolutierung verzerrte Weltbilder entspringen. Auch die Einzelwissenschaftler müssen je nach Erkenntnisziel die Wirklichkeit von verschiedenen Standpunkten aus anvisieren und auf bestimmte Begriffsebenen projizieren. Ein umfassendes Weltbild aufzubauen, ist Aufgabe des Philosophen (vgl. Wirklichkeitstheorie); aber auch dieses kann nur ein „offenes" sein, da die wissenschaftliche Erforschung der Wirklichkeit ständig fortschreitet. - Vgl. Außenwelt, Sein, Mechanistik."
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    Watzlawickscher Wirklichkeitsbegriff in Wie wirklich ist die Wirklichkeit?
    "Dieses Buch handelt davon, daß die sogenannte Wirklichkeit das Ergebnis von Kommunikation ist. Diese These scheint den Wagen vor das Pferd zu spannen, denn die Wirklichkeit ist doch offensichtlich das, was wirklich der Fall ist, und Kommunikation nur die Art und Weise, sie zu beschreiben und mitzuteilen.
        Es soll gezeigt werden, daß dies nicht so ist; daß das wacklige Gerüst unserer Alltagsauffassungen der Wirklichkeit im eigentlichen Sinne wahnhaft ist, und daß wir fortwährend mit seinem Flicken und Abstützen beschäftigt sind - selbst auf die erhebliche Gefahr hin, Tatsachen verdrehen zu müssen, damit sie unserer Wirklichkeitsauffassung nicht widersprechen, statt umgekehrt unsere Weltschau den unleugbaren Gegebenheiten anzupassen. Es soll ferner gezeigt werden, daß der Glaube, es gäbe nur eine Wirklichkeit, die gefährlichste all dieser Selbsttäuschungen ist; daß es vielmehr zahllose Wirklichkeitsauffassungen gibt, die sehr widersprüchlich sein können, die alle das Ergebnis von Kommunikation und nicht der Widerschein ewiger, objektiver Wahrheiten sind.
        Die enge Beziehung zwischen Wirklichkeit und Kommunikation ist erst in letzer Zeit Gegenstand eingehenderer Untersuchungen geworden. Aus diesem Grunde hätte dieses Buch noch vor dreißig Jahren nicht geschrieben werden können. Und doch enthält es nichts, das sich nicht seit längster Zeit hätte denken, erforschen und anwenden lassen. Oder anders ausgedrückt: Die hier beschriebenen Sachverhalte waren unserem Denken nicht nur schon vor Jahrzehnten, sondern in ihren Ansätzen bereits der Antike zugänglich; was aber fehlte, war die Bereitschaft oder auch nur der Anlaß, sich mit dem Wesen und den Wirkungen der Kommunikation als eigenständigem Phänomen [>8] auseinanderzusetzen. Freilich hatten Physiker und Fernmeldetechniker die Probleme der Nachrichtenübermittlung bereits weitgehend gelöst, wohl hatte die Linguistik unser Wissen vom Ursprung und Aufbau der Sprachen auf wissenschaftliche Grundlagen gestellt, und hatte die Semantik schon längst die Bedeutung von Zeichen und Symbolen zu untersuchen begonnen. Aber das Studium der sogenannten Pragmatik der menschlichen Kommunikation, das heißt der Art und Weise, in der sich Menschen durch Kommunikation gegenseitig beeinflussen, wie dabei ganz verschiedene »Wirklichkeiten«, Weltanschauungen und Wahnvorstellungen entstehen können, dieses Studium ist ein verhältnismäßig neuer Zweig der Forschung. Die Frage, die dieses Buch zu beantworten versucht, ist: Wie wirklich ist, was wir naiv und unbesehen die Wirklichkeit zu nennen pflegen?
        Es ist die unverblümte Absicht dieses Buchs, unterhaltend zu sein und dem Leser in anekdotischer Form gewisse willkürlich ausgewählte Gebiete der Kommunikationsforschung vorzulegen, die ungewöhnlich, merkwürdig und vielleicht sogar unglaublich sind, trotzdem (oder vielleicht gerade deshalb) aber unmittelbar an der Entstehung und Ausbildung von Wirklichkeitsauffassungen beteiligt sind. Dem Pedanten mag diese Form der Darstellung, oberflächlich und unwissenschaftlich erscheinen, doch sollte er sich vor Augen halten, daß es zwei grundsätzlich verschiedene Formen wissenschaftlicher Erklärung gibt. Die eine beginnt mit der Formulierung einer Theorie und führt dann den Nachweis ihrer Gültigkeit für das Verständnis von Erfahrungstatsachen.*
    Die andere Methode besteht im Vorlegen einer großen Zahl von Beispielen aus verschiedensten Gebieten und versucht, auf diese praktische Weise aufzuzeigen, welche Struktur diesen scheinbar ganz verschiedenen Beispielen gemeinsam ist und welche Schlußfolgerungen sich daraus ziehen lassen. Bei den beiden Methoden fällt dem Gebrauch von Beispielen also sehr verschiedene Bedeutung zu. In der ersten müssen die Beispiele Beweiskraft haben. In der zweiten ist ihre Rolle die von Analogien, Metaphern und Veranschaulichungen - sie sollen beschreiben, in leichter verständliche Sprache über- [>9] setzen, doch nicht notwendigerweise auch beweisen. Dieses Vorgehen erlaubt daher den Gebrauch von Exemplifikationen, die nicht im strengen Sinne des Wortes wissenschaftlich zu sein brauchen; wie etwa die Verwendung von Zitaten aus Dichtung und Romanen, von Anekdoten und Witzen und schließlich sogar den Gebrauch rein imaginärer Denkmodelle - ein Vorgehen, das Maxwell mit der Postulierung seines Dämons schon vor vielen Jahren respektabel gemacht hat.
        Dieses Buch beruht auf der zweiten Methode, und ich hoffe, es dem Leser dadurch zu ermöglichen, an die komplexen Probleme der Wirklichkeitsauffassung und -anpassung sozusagen durch die Hintertür heranzukommen.
        Die hier folgenden Ausführungen setzen weder ein Verständnis von Formeln noch von abstrakter Theorie voraus. Im Gegenteil, das Buch will erzählen und erzählend Wissen vermitteln. Der Leser soll es irgendwo aufschlagen und, je nach Lust und Laune, dort zu lesen beginnen oder weiterblättern können. Wo aber sein Interesse geweckt wird und er sich über das betreffende Thema näher zu informieren wünscht, sollen ihm die Literaturhinweise den Zugang zu den Quellen erleichtern. In ähnlicher Weise dürfte der Student der Sozial- oder der Verhaltenswissenschaften in diesen Seiten Anregungen für eigene Forschungsprojekte oder für Dissertationsthemen finden. Es ist ferner meine Hoffnung, dieses Buch möge auch einen anderen Zweck erfüllen. Wie bereits angedeutet, ist der Glaube, daß die eigene Sicht der Wirklichkeit die Wirklichkeit schlechthin bedeute, eine gefährliche Wahnidee. Sie wird dann aber noch gefährlicher, wenn sie sich mit der messianischen Berufung verbindet, die Welt dementsprechend aufklären und ordnen zu müssen - gleichgültig, ob die Welt diese Ordnung wünscht oder nicht. Die Weigerung, sich einer bestimmten Definition der Wirklichkeit (zum Beispiel einer Ideologie) zu verschreiben, die «Anmaßung», die Welt in eigener Sicht zu sehen und auf eigene Facon selig zu werden, wird immer häufiger zum »think-crime« in Orwells Sinne abgestempelt, je mehr wir uns dem Jahre 1984 nähern. Vielleicht kann dieses Buch einen bescheidenen Beitrag dazu leisten, den Blick für bestimmte Formen psychologischer Violenz zu schärfen und so den modernen Gehirnwäschern und selbsternannten Weltbeglückern die Ausübung ihres üblen Handwerks zu erschweren. [>10]
        Das hier zusammengetragene Material beruht teils auf meiner ursprünglichen Ausbildung in Sprachen und Philosophie und teils auf den fünfundzwanzig Jahren meiner Arbeit als Psychotherapeut, von denen ich die letzten fünfzehn Jahre als Forschungsbeauftragter am Mental Research Institute in Palo Alto hauptsächlich mit dem Studium klinischer Aspekte der menschlichen Kommunikation verbracht habe. Andere Teile dieses Buchs leiten sich aus meiner Tätigkeit als Assistenzprofessor für Psychiatrie an der Stanford-Universität und als Konsulent und Gastvorlesender an anderen Universitäten und psychiatrischen Forschungs- und Ausbildungsinstituten in Nordamerika, Europa und Lateinamerika ab. Mit einigen der hier erwähnten Themen und Untersuchungen habe ich nur oberflächliche Berührung gehabt, während schließlich mein Wissen von anderen rein theoretisch und indirekt ist. Es versteht sich aber von selbst, daß ich mich für die Form meiner Ausführungen und alle Irrtümer und Fehler ausschließlich selbst verantwortlich betrachte.
        Wie der Untertitel nahelegt, umfaßt das Buch drei Teile. Teil I handelt von Konfusion, das heißt von Kommunikationsstörungen und den daraus folgenden Verzerrungen des Wirklichkeitserlebnisses. Teil II untersucht den etwas exotischen Begriff der Desinformation, womit jene Komplikationen und Störungen der zwischenmenschlichen Wirklichkeit gemeint sind, die sich bei der aktiven Suche nach Information oder der absichtlichen Verschleierung oder Verweigerung von Informationen ergeben können. Teil III ist den faszinierenden Problemen der Anbahnung von Kommunikation dort gewidmet, wo noch keine besteht - also den Fragen, die sich auf das Zustandebringen einer allen Partnern zugänglichen Wirklichkeit beziehen, ob diese Partner nun Tiere, die Bewohner anderer Planeten oder rein imaginäre Wesen sind.
    *"Ein ausgezeichnetes Beispiel für diese Form der Darstellung derselben Thematik ist Peter L. Bergers und Thomas Luckmanns Buch »Die gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit (S. Fischer Verlag, 1970); mit den Worten der Autoren »eine systematische, theoretische Abhandlung zur Wissenssoziologie«."
        Wir danken dem Piper-Verlag für die freundliche Genehmigung (vom 06.09.2017 12:30) des Abdrucks hier: Paul Watzlawick: Wie wirklich ist die Wirklichkeit © 1978 Piper Verlag GmbH, München.



    Külpe, Oswald (1912) Die Realisierung  Leipzig: Hirzel.
    [Intern: D://EigDat/Ebooks/PsychologiePDF/Geschichte/Külpe_Realisierung_durchsuchbar.pdf]

    Hinweis: Gesperrtschrift bei Külpe hier fett.

    "Einleitung.
    1. Das Problem der Realisierung. Eine der ältesten und wichtigsten Fragen der Philosophie zielt auf das wahrhaft Seiende, das dem Schein und Trug der Sinne, zufälliger Meinung und willkürlicher Setzung entrückt ist. Um dieses Seiende bemühten sich schon die Vorsokratiker, namentlich die Eleaten, und Platon hat ihm darnach tief eindringende Untersuchungen gewidmet. Zu einer sehr praktischen Angelegenheit wurde es für die erwachende Naturwissenschaft der Neuzeit, die ein Kriterium der Körperlichkeit brauchte. Ontologismus, Mystik und Selbstanschauung fanden daneben einen unmittelbaren Weg zu ihm. überall wo ein Gegebenes, Vorgefundenes, kurz Erfahrung sich darbot, mußte das Bedürfnis entstehen, den Reflex der in das Bewußtsein hereinwirkenden Mächte, die reine Tatsächlichkeit, von den besonderen Bedingungen zu trennen, die ihre Auffassung und Vorstellung begleiten. Unter diesem Gesichtspunkte entwickelte sich die Erfahrungswissenschaft, nachdem bereits das Leben eine entsprechende Sonderung nahegelegt und ausgebildet hatte FNS1.1). [>2]
        So treffen wir denn in den heutigen Natur- und Geisteswissenschaften allenthalben Beschreibungen und Theorien von Gegenständen, die ein wahrhaft Seiendes oder Gewesenes sein sollen. Von den Elektronen der Physik und den Himmelskörpern der Astronomie, durch die Elemente der Chemie bis zu den Mineralen, Pflanzen und Tieren der sog. beschreibenden Naturwissenschaften führt eine einheitliche und gleichartige Bemühung um Feststellung solcher Gegenstände. Mag auch die Analyse und Vergleichung von Sinneseindrücken überall der Ausgangspunkt dieser Arbeit gewesen sein, zweifellos ist man bei ihnen nicht stehen geblieben, sondern bestrebt gewesen, ein Seiendes zu finden und zu bestimmen, das auch beim Verlöschen der Sinneseindrücke als fortdauernd angesehen werden konnte. In den Geisteswissenschaften verhält es sich nicht anders. Wer Bau und Entwicklung der Sprachen studiert, wer Sitten und mythologische Vorstellungen, Kunst und Recht, Staat, Wirtschaft und Gesellschaft untersucht, ist gleichfalls auf die eigentliche Natur aller dieser Gegenstände, auf ihr wahrhaft Seiendes oder Gewesenes gerichtet. Mag auch der Anteil der Phantasie an der Versenkung in solche Gebilde gelegentlich betont werden, nicht als eine freie, selbständig schaffende, sondern nur als eine nacherlebende, also von gegenständlichen Vorlagen abhängige Betätigung des forschenden Geistes wird sie hier zugelassen. Selbst in der Psychologie, die ja meist als Bewußtseinswissenschaft, als eine Lehre vom unmittelbar Gegebenen behandelt zu werden pflegt, ist der Zug zum wahrhaft Seienden unverkennbar. Sobald man von realpsychischen Vorgängen, von einer Seele und deren Fähigkeiten und Leistungen, ja auch nur von Empfindungen, Vorstellungen und Gefühlen als Elementen des Seelenlebens redet, hat man bereits die Grenze des unmittelbar Vorgefundenen überschritten und ist dazu übergegangen, das Seelenleben als [>3] einen für sich seienden Tatbestand aufzufassen und zu bestimmen.
        Wir wollen das Verfahren, das man in allen diesen Wissenschaften einschlägt, um in der Erfahrung und aus ihr heraus ein wahrhaft Seiendes oder Gewesenes zu erkennen, die Realisierung nennen, und den  Gegenstand, auf den sie gerichtet ist, das Reale oder die Realität FNS3.1). Der übliche Sprachgebrauch verbindet mit dem Ausdruck Realisierung den Gedanken einer Herstellung, eines Tuns und Erzeugens (Realisierung einer Absicht, einer Idee, eines Plans u. dgl.). Davon soll hier natürlich abgesehen werden. Unser Begriff der Realisierung ist eine Art desjenigen der Erkenntnis. Er bezeichnet ein Forschungsverfahren, bei dem das zu erfassende Reale vorausgesetzt, nicht erst hervorgebracht wird. Nur die Gedanken, in denen wir es darzustellen und zu verstehen suchen, werden erzeugt und gestaltet. Wir reden in diesem Sinne von einer naturwissenschaftlichen, psychologischen, geisteswissenschaftlichen, metaphysischen Realisierung, je nachdem auf welchen Gebieten sich die Erkenntnis von Realitäten vollzieht. Ihre Zulässigkeit und Möglichkeit wird unser Problem sein. Damit stellen wir uns zugleich die Aufgabe, der Methode genauer nachzugehen, die in den verschiedenen Wissenschaften bei der Realisierung befolgt wird. Hier läßt sich sofort eine zweifache Form der letzteren aufführen: die Setzung FNS3.2), Erfassung, Annahme von Realitäten und deren Bestimmung, Wesensangabe, Charakteristik. Jene liegt vor, wenn lediglich das Sein eines Realen, seine Existenz behauptet, diese, wenn über die Beschaffenheit desselben, seine Essenz ausgesagt wird.   Kants Annahme eines Dinges an sich, dessen Wesen  [>4] uns gänzlich unerkennbar bleibe, ist ein typischer Fall von Realisierung im Sinne bloßer Setzung eines Realen. Der Aufgabe, eine Theorie der Realisierung zu liefern, hat sich die Erkenntnistheorie bisher fast ganz entzogen. Das Problem der Außenwelt ist allein berücksichtigt worden, als wenn nicht alle Erfahrungswissenschaften Reales setzten und bestimmten, und die Behandlung jenes Problems ist über die allgemeine Frage nach der Annahme und deren Berechtigung kaum hinausgegangen.   Und doch liegt hier eine so bedeutende und fruchtbare Aufgabe für die philosophische Untersuchung vor, wie sie größer und bleibender schwerlich gedacht werden kann.   Das ergibt sich aus der Formulierung der Fragen, die im Problem der Realität enthalten sind:
        1. Ist eine Setzung von Realem zulässig?   Diese Frage wird von zwei einflußreichen erkenntnistheoretischen Richtungen, dem Konszientialismus oder Wirklichkeitsstandpunkt und dem objektiven Idealismus verneint. Nach jenem hat sich die Erfahrungswissenschaft auf die im Bewußtsein gegebenen Tatsachen, die Sinneseindrücke, Vorstellungen, Gefühle, Gedanken oder das Wirkliche, das unmittelbar Gegenwärtige zu beschränken.   Jede Überschreitung dieses Gebiets führt in phantastische, spekulative, metaphysische Annahmen. Eine Theorie der Realisierung hat sich daher zunächst mit dem Wirklichkeitsstandpunkt auseinanderzusetzen, der für das Problem der Außenwelt meist die Form des subjektiven Idealismus angenommen hat.   Der objektive Idealismus dagegen identifiziert die realen Objekte mit den idealen der Idealwissenschaften und sucht alle Forschung auf den Typus der letzteren zurückzuführen.   Das Denken erweist sich überall schöpferisch und läßt nirgends eine Selbständigkeit von Objekten zu, wie sie der Realismus voraussetzt. Auch mit dieser Richtung haben wir abzurechnen, ehe wir an die positive zweite Frage herantreten können.
        2. Wie ist eine Setzung von Realem möglich?   Hier sind die Gründe zu erörtern und zu prüfen, die zu der allgemeinen Realisierung, zu der bloßen Annahme eines Realen [>5] führen.   Als solche Gründe sind empirische, rationale und gemischte aufgestellt worden.   Die empirischen beruhen auf der Annahme, daß bestimmte Erfahrungen, wie z. B. die Eindrücke des Tast- und Muskelsinns, vor anderen als realisierbar zu gelten haben.   Die rationalen Gründe machen gewisse Formen und Gesetze des Denkens, der Verstandes- und Vernunfttätigkeit, wie z. B. die sog. Transzendenz des Denkens oder die Widerspruchslosigkeit, zum Fundament einer Realisierung.   Die gemischten endlich, die empirische und rationale Momente in sich enthalten, lassen eine Setzung von Realem dadurch entstehen, daß sie bestimmte Erfahrungen mit bestimmten Denkformen verbinden, wie z. B. die Annahme einer Ursache für die Sinneseindrücke. Aus der Kritik dieser Gründe ergibt sich in Verbindung mit einer Würdigung der in den Erfahrungswissenschaften tatsächlich wirksamen Kriterien der Realität, was zu der Setzung derselben in den einzelnen Realwissenschaften berechtigt.
        3. Ist eine Bestimmung von Realem zulässig?   Auch diese Frage hat eine negative Beantwortung erfahren, indem der Phänomenalismus sich mit der bloßen Setzung von Realem begnügen zu sollen erklärt.   Hiernach muß zwar ein Reales angenommen werden, aber seine Bestimmung, die Angabe seines Wesens ist unmöglich.   Diese schon in der antiken Skepsis vertretene, später namentlich von Kant durchgeführte Lehre fordert eine Auseinandersetzung mit ihren Argumenten. Wir dürfen unsere dritte Frage nur bejahen, nachdem wir den Phänomenalismus gewogen und zu leicht befunden haben.
        4. Wie ist eine Bestimmung von Realem möglich?   Mit dieser Frage ist das letzte Problem unserer Theorie der Realisierung bezeichnet.   In ihm münden alle anderen.   Die Realwissenschaften bleiben nirgends bei bloßen Setzungen stehen, sie schreiten überall zu Bestimmungen, wenn auch provisorischen oder nur in allgemeiner Fassung aufgestellten weiter.   Die Theorie dieser Realisierungen setzt zweierlei voraus: erstlich eine erkenntnistheoretische Würdigung des [>6] Denkens als des Organs, dessen man sich bei ihrer Ausführung zu bedienen hat; zweitens eine Angabe der besonderen Gründe, die eine Bestimmung von Realem ermöglichen. Auch hier kann zwischen empirischen, rationalen und gemischten Gründen unterschieden werden.   Darnach ist den einzelnen Formen oder Methoden der Realisierung eine Untersuchung zu widmen und müssen die Grundsätze abgeleitet werden, nach denen sie vorgehen dürfen.
        Damit ist das Programm der vorliegenden Arbeit entworfen. Die Durchführung kann nur die Bedeutung eines ersten Versuchs beanspruchen.   Es geht über das Vermögen des Einzelnen hinaus, eine vollständige und in allem Wesentlichen unveränderliche Grundlegung der Realwissenschaften durch eine erschöpfende Theorie der Realisierung zu schaffen.   Es muß genügen, ein Arbeitsfeld, auf dem viele friedlich nebeneinander tätig sein können, in seiner Größe und Fruchtbarkeit aufgezeigt und zu seiner sorgfältigen Einzelbestellung angeregt zu haben. Als Voraussetzungen, die wir nicht erst zu begründen haben, dürfen wir namentlich folgende anführen.   Zunächst eine allgemeine Gegenstandstheorie, d.h. eine Lehre von den für alle Gegenstände des Denkens geltenden Bestimmungen. Ferner eine allgemeine Erkenntnistheorie und Logik als Lehre von den bei der Erkenntnis und ihrer Darstellung in der Wissenschaft wirksamen und zulässigen Operationen und Methoden. Sodann die vorgefundene Wirklichkeit des Bewußtseins FNS6.1), die Erlebnisse in ihrer vollen und unmittelbaren Tatsächlichkeit und Gegebenheit.   Endlich die Formal- oder Idealwissenschaften, die von idealen Objekten handelnden Disziplinen, unter denen die Mathematik an erster Stelle steht.   Es würde unsere Aufgabe allzusehr belasten, wenn wir diese Voraussetzungen noch erst genauer entwickeln wollten.   Dagegen müssen wir eine kurze Übersicht der für unser Vorhaben in Betracht kommenden Auffassung der erstgenannten Wissen[>7]schaften geben, weil wir hier nicht, wie bei der Idealwissenschaft der Mathematik, einfach auf den consensus der Forscher verweisen dürfen.
     

      Fußnoten Külpe
      FNS1.1) Vgl. meinen Aufsatz: Contribution to the History of the Concept of Reality.   Philosoph. Review XXI S.1 ff. 1912.   Für diesen Standpunkt sind die Äußerungen von sechs realistischen Denkern im Journal of Philosophy, Psychology and Scientific Methods Bd. VII S. 393ff., die sich über ihre realistischen Grundsätze in der Form kurzer Thesen aussprechen, von Interesse.   Überhaupt sind die Tendenzen zur Aufrichtung eines erkenntnistheoretischen Realismus in England und den Vereinigten Staaten zurzeit größer als in Deutschland.   Ich nenne nur das bedeutende Werk von Bradley: Appearance and Reality (2. ed. 1897), sowie G. T. Ladd: A Theory of Reality, 1899 und die vortrefflich orientierende Abhandlung von G. St. Fullerton: The New Realism (Essays Philosophical and Psychological in Honor of William James 1908).   Das oben zitierte Journal enthält zahlreiche Diskussionen über diesen Gegenstand.
      FNS3.1) Einen ungleich weiteren Begriff hat A. Hägerström (Das Prinzip der Wissenschaft I, Die Realität, Upsala 1908 S. 27) diesem Namen gegeben, indem er darunter eine „logische Bedingung für jedes besondere Wissen" versteht.
      FNS3.2) Es versteht sich nach dem Obigen von selbst, daß Setzung nicht Erzeugung, sondern Anerkennung eines Seienden bedeutet.
      FNS6.1) Diese Wirklichkeit kann auch, im Hinblick auf das Reale, als Erscheinung oder Phänomen bezeichnet werden"


    Wirklichkeitsbegriff bei den radikalen Konstruktivisten
    Von Glasersfeld erläutert seine Ideen in Fiktion und Realität aus der Perspektive des radikalen Konstruktivismus (1991). Er führt S. 2f aus: "Realität und Wirklichkeit

      In dieser Hinsicht bietet die deutsche Sprache einen Vorteil im Vergleich zum Englischen. Sie stellt einem zwei Wörter zur Verfügung, dank derer man den unnahbaren ontologischen Bereich, den die Abendländische Philosophie stets zu „erkennen“ hoffte, als Realität bezeichnet, während man von der Erlebenswelt, zu der allein man durch Wahrnehmen und Handeln tatsächlich Zugang hat, getrost als Wirklichkeit sprechen kann. [FN1] Damit hat man die Möglichkeit, allen herkömmlichen Realismus, sei er materialistisch oder metaphysisch, zu vermeiden.
          Genauer gesagt: Ich verstehe unter „Wirklichkeit“ ein Netzwerk von Begriffen, die sich in der bisherigen Erfahrung des Erlebenden als angemessen, brauchbar oder „viabel“ erwiesen haben, und zwar dadurch, daß sie wiederholt zur erfolgreichen Überwindung von Hindernissen oder zur begrifflichen „Assimilation“ von Erfahrungskomplexen gedient haben.
          „Realität“ hingegen ist in der konstruktivistischen Perspektive eine Fiktion und zudem eine gefährliche, denn sie wird von Rednern und Autoren zumeist dazu {>3] benützt, dem, was sie behaupten, den Anschein absoluter Gültigkeit zu verleihen (vgl. Maturana, 1988)."
        Er geht dann auf Vorläufer ein(z.B. Vorsokratiker, Vico, Kant, Bentham, Vaihinger), führt den Begriff  "viabel" (zielgemäß passend) ein und erläutert auf S. 7: "Was heißt „Konstruieren“?
      Die Art und Weise, wie die kognitive Konstruktion vor sich geht, habe ich im Grossen und Ganzen von Piaget übernommen und anderwärts ausführlich beschrieben (siehe Glasersfeld, 1987a, 1990). Hier möchte ich nur einige Punkte ganz kurz erwähnen:
      1. Das Ziel aller Konstruktion ist, wie Piaget unermüdlich erklärte, nicht eine Kopie oder Repräsentation ontologischer Sachverhalte, sondern die Erreichung und Erhaltung eines inneren Gleichgewichts (Äquilibration).
      2. Der Aufbau von Wissen ist zunächst induktiv und fußt auf Koordination, erfolgreicher Wiederholung und Abstraktion von sensomotorischen Erfahrungselementen („figuratives“ Wissen).
      3. Die reflektive Abstraktion von figurativen Elementen, insbesondere von Handlungen, führt zu abstrakten Invarianten, „operativem“ Wissen, z.B. Zahlen, Funktionsbegriffe, Regeln, logische Verbindungen, erklärende Fiktionen wie etwa die Schwerkraft, und schließlich zu zusammenhängenden bewußten Begriffsnetzen wie „Gesellschaft“, „Geschichte“, „Physik“, usw.
      4.  Die Anwendung des Wissens beruht darauf, daß das kognitive Subjekt den Fluß der elementaren Erfahrung aufgrund der vorhandenen Begriffe segmentiert und, solange das in befriedigender Weise funktioniert, an seine Begriffe „assimiliert“ und dank dieser Begriffe zu einer kohärenten Wirklichkeit koordiniert.
      5. Wo die Assimilation fehlgeht, das heißt, wo das Ergebnis der Erwartung nicht entspricht, werden Handlungen oder Begriffe abgeändert (Akkommodation), was, sofern es erfolgreich ist, zur Erweiterung des Wissens führt.
      6. Ein weiterer wichtiger Punkt, der hier nicht behandelt wurde, betrifft Kommunikation und Sprache. Ich verweise da auf andere Arbeiten (z.B. Glasersfeld, 1987a) und erwähne nur, daß die Bedeutung von Wörtern und Texten ja stets auch von jedem interpretierenden Subjekt nur aufgrund der eigenen Erlebenswelt aufgebaut und darum in keiner Weise als „objektiv“ hingestellt werden kann."
    Im Anschluss geht er auf den Begriff der Fiktion, bewusste und unbewusste Fiktionen ein. S. 9: "Die Wirklichkeit kann man nur als Fiktion betrachten, wenn man sie zu einer ontischen Welt in Beziehung setzt. ..." Zum Schluss führt er S. 10f aus:
          "Im konstruktivistischen Modell sind „die Anderen“ nun eben das, was es dem kognitiven Subjekt ermöglicht, eine höhere, intersubjektive Wirklichkeit aufzubauen. Am deutlichsten kommt das durch folgende Überlegung heraus: In meiner Erfahrungswelt komme ich nicht zurecht, wenn ich unter meinen Konstrukten nicht [>11] auch Wesen konstruiere, die ähnlich wie ich wahrnehmen, sich spontan bewegen und Ziele verfolgen. Ich nenne diese Konstrukte „Tiere“ – und unter ihnen gibt es solche (Mitmenschen), denen ich mehr oder weniger die gleichen Fähigkeiten zuschreibe, wie mir selbst. Will ich nun das Verhalten dieser „Anderen“ vorhersagen – was im Hinblick auf mein Äquilibrium nicht nur vorteilhaft, sondern oft schlechthin notwendig ist, dann muß ich mir die Gedankengänge ausmalen, die ihr Verhalten bestimmen. Das kann ich freilich nur aufgrund meiner eigenen Erfahrung tun. Bestätigen sich dann meine Vorhersagen, so bin ich berechtigt, zu schließen, daß die Anderen eine der meinen ähnliche Wirklichkeit konstruiert und aus ihr ähnliche Konsequenzen gezogen haben wie ich. Damit gewinnt die von mir konstruierte Wirklichkeit, wenn nicht „Objektivität“, so doch eine gewisse intersubjektive Geltung, d.h. sie erreicht eine höhere Stufe der Viabilität. Da es mir offensichtlich wichtig ist, die Viabilität meiner Konstrukte zu verbreitern, muß ich mir sagen, daß ich „die Anderen“ brauche, um die höchste Stufe des Wirklichen zu erreichen.

      FN1  Diese Trennung der Begriffe wurde von Stadler & Kruse (1986) empfohlen."


        Kritische Anmerkung Der Grundfehler der radikal konstruktivistischen Denkweise ist, dass "erkennbar" mit "objektiv", also "objektiv erkennbar", verkettet wird. Damit wird ein Pappkamerad aufgestellt, den kaum einer jemals vertreten hat oder das Kind mit dem Badewasser ausgeschüttet. Selbstverständlich ist die Realität eine Konstruktion, das bestreitet ja niemand, aber deshalb ist sie noch nicht nicht vorhanden. Ich denke, es ist viel viabler, zweckmäßiger,  nützlicher und praktischer eine reale Außenwelt, deren Bestandteil wir sind, anzunehmen.


    Wirklichkeit bei Eisler 1904 Woerterbuch der philosophischen Begriffe  > Realität Eisler (1904)

    "Wirklichkeit

    Wirklichkeit (actualitas, realitas) bedeutet 1) gegenüber der bloßen Möglichkeit (s. d.): die Aktualität, das gegenwärtige Sein, Wirken, Ausgewirkte, Verwirklichte. 2) im Gegensatz zum Schein (s. d.), zum Eingebildeten, bloß Vorgestellten, Bildlichen, Vermeinten: den Charakter des mit Recht als seiend, wesenhaft, dinglich, eigenschaftlich, zuständlich Beurteilten, bezw. den Inbegriff des wahrhaft Seienden selbst. Ursprünglich gilt alles (implizite) als wirklich, der Begriff der Wirklichkeit wird aber erst gebildet durch die Gegenüberstellung des wahrhaft und des vermeintlich, scheinbar Seienden. »Wirklich« ist alles Wirkungsfähige, den Inhalt einer (möglichen) Erfahrung bildende oder als seiend denkend Gesetzte. Indem man erkennt, daß die Objekte (s. d.) in ihrer Beschaffenheit subjektiv bedingt sind, verwandelt sich deren Wirklichkeit in eine bloß mittelbare, relative, während das Ich (s. d.) als solches unmittelbare Wirklichkeit behält und eine absolute Wirklichkeit den »transzendenten Faktoren« (s. d.) zugeschrieben wird. Von der subjektiven Wirklichkeit der individuellen Erlebnisse unterscheiden sich die gesetzmäßigen Zusammenhänge möglicher (äußerer) Erfahrungsinhalte durch ihre objektive (s. d.) Wirklichkeit (s. Realität)."

    Aristoteles, Kant, Hegel, Fichte
    Von fundamentaler Bedeutung ist die Unterscheidung der Potentialität (s. d.) und Aktualität (s. Energie) bei ARISTOTELES. Mit der Körperlichkeit (s. d.) identifizieren die Wirklichkeit die Stoiker und Epikureer (Diog. L. X, 67). - Die Scholastiker sprechen von »actualitas«, »actus« im Aristotelischen Sinne (s. Realität, Actus). Während der Realismus (s. d.) das Wirkliche als unabhängig vom Bewußtsein bestimmt, setzt der Idealismus (s. d.) alle Wirklichkeit innerhalb des (endlichen und unendlichen, subjektiven und objektiven) Bewußtseins (s. Objekt, Realität). So BERKELEY (s. Objekt, Ding). HUME erklärt: »Der Inhalt einer Erinnerung muß zweifellos, da er auf den Geist mit einer Lebhaftigkeit einwirkt, die der des unmittelbaren Eindrucks gleicht, in unseren geistigen Vorgängen jederzeit besonderes Gewicht haben und sich dadurch leicht von bloßen Phantasiebildern unterscheiden. Die Eindrücke oder Vorstellungen der Erinnerungen nun vereinigen wir zu einer Art von System, das alles umfaßt, von dem unsere Erinnerung sagt, daß es uns einmal, sei es als innere Perzeption, sei es als Sinneseindruck, gegenwärtig war. und alles, was diesem System angehört, zusammen mit den jetzt in uns gegenwärtigen Eindrücken, belieben wir als ›Wirklichkeit‹ zu bezeichnen. Dabei bleibt unser Geist indessen nicht stehen. Mit diesem System von Perzeptionen sind durch die Gewohnheit oder, was dasselbe sagt, durch die Beziehung von Ursache und Wirkung anderweitige Vorstellungen verknüpft. Vermöge dieser Verknüpfung wendet der Geist dann auch diesen letzteren seine Tätigkeit zu, und da er dabei inne wird, daß für ihn eine Art Notwendigkeit besteht, gerade diesen Vorstellungen sich zuzuwenden, daß die Gewohnheit oder die kausale Beziehung, die ihn dazu zwingt, jede Veränderung (in der Richtung, die sie dem Vorstellen aufnötigt) ausschließt, so faßt er diese Vorstellungen in ein neues System zusammen, das er gleichfalls mit dem Namen ›Wirklichkeit‹ beehrt. Das erste dieser Systeme ist der Gegenstand der Erinnerung und der Sinne, das zweite ist der Gegenstand des Urteilsvermögens« (Treat. III, sct. 9, S. 147 f.. vgl. damit KANTS Realitätsbegriff, s. d. und unten).

    Nach CHR. WOLF ist wirklich, »was in dem Zusammenhang der Dinge, welcher die gegenwärtige Welt ausmachet, gegründet ist« (Vern. Ged. I, § 572). Wirklichkeit ist »Erfüllung des Möglichen« (l. c. §14). MENDELSSOHN erklärt: »Das erste, von dessen Wirklichkeit ich überführt bin, sind meine Gedanken und Vorstellungen. Ich schreibe ihnen eine ideale Wirklichkeit zu, insoweit sie meinem Innern beiwohnen und als Abänderungen meines Denkvermögens von mir wahrgenommen werden. Jede Abänderung setzet etwas zum voraus, das abgeändert wird. Ich selbst also, das Subjekt dieser Abänderung, habe eine Wirklichkeit, die nicht bloß ideal, sondern real ist.« »Wir haben hier also die Quelle einer zwiefachen Wirklichkeit: die Wirklichkeit der Vorstellungen und die Wirklichkeit des vorstellenden Dinges« (Morgenst. I, 1, S. 12 ff.). Für die objektive Wirklichkeit einer Sache bietet Bürgschaft das Übereinstimmen der Sinne und der Mitmenschen (l. c. S. 15 f.). TETENS bestimmt: »Das Wirkliche ist etwas Objektivisches, ein Gegenstand, etwas, das von der Empfindung und Vorstellung unterschieden ist« (Philos. Vers. I, 395). Daß »Wirklichkeit« (Existenz) undefinierbar sei, betont FEDER (Log. u. Met. S. 228).

    KANT nennt »wirklich« alles, »was mit den materialen Bedingungen der Erfahrung (der Empfindung) zusammenhängt« (Krit. d. rein. Vern. S. 203), alles Erfahrbare oder mit Wahrnehmungen gesetzmäßig zu Verknüpfende. Das Dasein der Dinge hängt mit unseren Wahrnehmungen in einer »möglichen Erfahrung« zusammen (l. c. S. 206 f.. s. Sein, Realität). »Alle äußere Wahrnehmung also beweiset unmittelbar etwas Wirkliches im Raume, oder ist vielmehr das Wirkliche selbst« (l. c. S. 316). »Das Reale äußerer Erscheinungen ist... wirklich nur in der Wahrnehmung und kann auf keine andere Weise wirklich sein« (l. c. S. 318), wegen der Subjektivität des Raumes (s. d.) und der Kategorien (s. d.). »Das Postulat, die Wirklichkeit der Dinge zu erkennen, fordert Wahrnehmung, mithin Empfindung, deren man sich bewußt ist, zwar nicht eben unmittelbar von dem Gegenstande selbst, dessen Dasein erkannt werden soll, aber doch Zusammenhang desselben mit irgend einer wirklichen Wahrnehmung, nach den Analogien der Erfahrung, welche alle reale Verknüpfung in einer Erfahrung überhaupt darlegen« (l. c. S. 206 f.). KRUG erklärt: »Wirklichkeit kündigt sich nur durch Wirksamkeit an« (Fundamentalphilos. S. 134) - Nach BOUTERWEK ist Wirklichkeit der »Inbegriff alles dessen..., was zum Dasein gehört oder eine Folge des Daseins ist« (Lehrb. d. philos. Wissensch. I, 119). Es unterscheidet sich das Wirkliche vom bloß Gedachten (ib.). Das Ideale ist das »Übersinnlich-wirkliche« (l. c. S. 120). Das Absolute ist das »Urwirkliche« (ib.). ANCILLON bemerkt: »Die Anschauungen -nämlich die äußern - sind von inniger Überzeugung der Wirklichkeit der sinnlichen Welt begleitet, von einem wahren Glauben... an die Existenx dieser Welt. ein Glaube, der uns angeboren ist« (Glaub. u. Wiss. in d. Philos. S. 61).

    Nach J. G. FICHTE ist Wirklichkeit »Wahrnehmbarkeit, Empfindbarkeit« (Syst. d. Sittenlehre S. 95. vgl. Gr. d. g. Wissensch. S. 414). SCHELLING erklärt: »Nichts... ist für uns wirklich, als was uns, ohne alle Vermittlung durch Begriffe, ohne alles Bewußtsein unserer Freiheit, unmittelbar gegeben ist« (Naturphilos. I, 303). »Nur einer freien Tätigkeit in mir gegenüber nimmt, was frei auf mich wirkt, die Eigenschaften der Wirklichkeit an« (l. c. S. 305) Nach HEGEL ist die Wirklichkeit eine ontologische Kategorie. Sie ist »die unmittelbar gewordene Einheit des Wesens und der Existenz, oder des Innern und Äußern« (Encykl. § 142. Log. II, 184). Wirklichkeit ist höher als Sein und Existenz (Log. II, 200). Die Wirklichkeit ist 1) das Absolute, 2) eigentliche Wirklichkeit, 3) Substanz (l. c. II, 185). Reale Wirklichkeit ist zunächst die existierende Welt (l. c. S. 208). Das Wirkliche ist »das Sich-selbst-setzende und In-sich-lebende, des Dasein in seinem Begriffe« (Phänomenol. S. 36). »Das Geistige allein ist das Wirkliche« (l. c. S. 19). Alles Wirkliche ist als solches vernünftig, alles Vernünftige wirklich (Rechtsphilos., Vorr. S. 17. s. Vernunft, Panlogismus, Idee). Nach K. ROSENKRANZ ist die Wirklichkeit die »Einheit des Innern mit dem Äußern« (Syst. d. Wissensch. S. 75). Die Wirklichkeit ist »1) unmittelbar die reale als die Einheit des Wesens und seiner Erscheinung. 2) die formale, als die Unterscheidung des Wesens von seiner Erscheinung mit der Beziehung von jenem zum Übergang in diese. 3) die absolute als die sich selbst vermittelnde Einheit des Wesens mit seiner Erscheinung, welche die Möglichkeit des Unterschiedes von sich ausschließt« (1. 0. S. 75 ff.). Nach HILLEBRAND ist Wirklichkeit »das Sein, insofern es sich selbst als Einheit seines Unterschiedes setzt«, »die Positivität der absolut gegenwärtigen Realität«, »die Auflösung der Kraft in das Wirken« (Philos. d. Geist. II, 58 f.). Nach CHR. KRAUSE ist das Wirkliche das, »was in vollendeter Bestimmtheit in der Zeit gestaltet wird« (Vorles. S. 127 f.), »was in der Zeit erwirket und wirksam ist« (Abr. d. Rechtsphilos. S. 2. vgl. AHRENS, Naturrecht I, 248). Nach C. H. WEISSE ist Wirklichkeit »Ursachlichkeit«. »Nicht also in dem Setzen des Daseins durch sein Wesen oder seine substantielle Möglichkeit überhaupt, sondern in dem Setzen bestimmten Daseins durch anderes gleichfalls schon bestimmtes Dasein besteht, was wir die Wirklichkeit nennen« (Grdz. d. Metaphys. S. 436). Die Wirklichkeit besteht im »Prozesse der Kausalreihe« (l. c. S. 441). Die wahre Wirklichkeit ist »das Wirken der einen Substanz auf die andere«. »Wirklich ist nur, was wirkt.« Die Wirklichkeit ist die »Totalität des Seienden« (l. c. S. 448 f.). Was der Verstand für Wirklichkeit nimmt, ist die gemeine Wirklichkeit. die wahre Wirklichkeit ist die vernünftige, d.h. die kategorial richtig bestimmte (l. c. S. 449). Auch SCHOPENHAUER bestimmt Wirklichkeit als Inbegriff alles Wirksamen (W. a. W. u. V. I. Bd., § 4). ULRICI erklärt: »Wirklich ist alles, was mit dem Eintreten der Bedingungen, durch das Übergehen der Vermögen in Wirksamkeit und die damit erfolgende Aufhebung der realen Möglichkeit als Wirkung jener Wirksamkeit entsteht« (Log. S. 393).

    Lotze, Hartmann, Planck
    LOTZE nennt wirklich »ein Ding, welches ist, im Gegensatz zu einem, welches nicht ist. wirklich auch ein Ereignis, welches geschieht oder geschehen ist..., ein Verhältnis, welches besteht« (Log.2, S. 511 f.). Der Gedanke der Wirklichkeit enthält eine Bejahung (ib.. vgl. Grdz. d. Met. S. 9). Alles Reale ist an sich Geist (Mikrok. III2, 527), »Für-sich-sein« (l. c. S. 531). Die Realität ist »das Dasein des Für-sich-seienden« (l. c. S. 531 f.). Nach TEICHMÜLLER ist die Wirklichkeit 1) der Inbegriff der Wesen. »Die Wesen heißen wirklich, sofern sie nicht bloß einen Gedankeninhalt für einen Denkenden bilden« (Neue Grundleg. S. 116). 2) ist Wirklichkeit »jede Funktion..., welche dem Bewußtsein der Gegenwart angehört oder damit zusammenhängt« (l. c. S. 117). Die Wirklichkeit ist »das ganze durch alle Zeiten reichende technische System aller Funktionen der Wesen« (l. c. S. 119 ff.). Nach E. V. HARTMANN gibt es in der »für sich isolierten subjektiv idealen Sphäre« »weder Wirklichkeit, noch Notwendigkeit noch Möglichkeit, sondern nur eine geglaubte Möglichkeit in doppeltem Sinne, als formallogische und als dynamische« (Kategorienlehre, S. 348). »Die Wirklichkeit in der objektiv realen Sphäre oder das objektiv reale Sein ist das Wirken, oder die dynamisch- thelistische Funktion einschließlich ihrer logisch determinierten Gesetzmäßigkeit« (l. c. S. 349). In der metaphysischen Sphäre fällt die Kategorie der Wirklichkeit fort. Das Sein der Prinzipien im Wesen ist ein überwirkliches (l. c. E3. 356 ff.).

    Als Inbegriff des Wirksamen bestimmt die Wirklichkeit DILTHEY (Einl. in d. Geisteswiss. I, 469. 6. Objekt). RIEHL erklärt: »Nur, was fähig ist, zu wirken, ist und heißt wirklich.« »Zu dem Mechanismus der äußeren Erscheinung liefert die innere Erfahrung die Ergänzung. sie zeigt uns Vorgänge, die nicht bloß bewirkt, sondern auch selbst wirkend sind« (Philos. Krit. II 2, 195). Die Außenwelt müssen wir nach Analogie mit unserem eigenen Wesen erfassen (l. c. S. 319. vgl. II 1, 277). Wirklichsein heißt auch »in den Zusammenhang der Wahrnehmungen gehören« (Beitr. zur Log., Vierteljahreschr. f. wiss. Philos. 16. Bd., S. 134). »Es ist dieselbe Wirklichkeit, aus der unsere Sinne stammen und die Dinge, die auf unsere Sinne wirken. Die nämliche schaffende Macht, die schon in den einfachsten Dingen am Werke ist, setzt ihr Werk in uns durch uns fort. Sie ist die gemeinsame Quelle von Natur und Verstand. Sie hat den Dingen ihre begreifliche Form gegeben und uns das Vermögen, zu begreifen. So stiftete sie zwischen den Natur- und Denkgesetzen jene Harmonie, welche im einzelnen zu vernehmen Ziel und Lohn aller Forschung ist. Aber nur bis zur Voraussetzung dieser Einheit dringt unser Denken. Sie selbst in ihrem Wesen bleibt transzendent. Das Geheimnis des Daseins ist durch das Denken nicht zu ergründen. das Prinzip des Daseins geht dem Denken voran. erst Sein, dann Denken« (Zur Einf. in d. Philos. S. 167 f.). M. PALÁGYI erklärt: »In der direkten Besinnung haben wir das Ewige als Wirkliches, in der konträren Besinnung haben wir das Ewige als Begriff« (Log. auf dem Scheidewege, S. 251). Das Ewige selbst ist die Einheit der Wirklichkeit und des Begrifflichen, Wahren. wir Wissen von dieser Einheit, nicht aber diese Einheit selbst (l. c. S. 252 f.). Nach HÖFFDING ist wirklich, »was wir trotz allem Widerstreben zuletzt doch stehen lassen müssen, wie es ist - was anzuerkennen wir nicht umhin können« (Psychol. S. 288). Das Kriterium der Wirklichkeit ist »in zweifelhaften Fällen schließlich immer der feste, unzertrennliche Zusammenhang« (Philos. Probl. S. 36 f.). Nach PLANCK ist objektive Wirklichkeit das »Gegenteil der bloßen Gedankeneinheit« (Testam. ein. Deutsch. S. 57 f.). Nur im Zusammen des aneinander grenzenden Unterschiedes oder Außereinanders ist Realität (l. c. S. 61). Nach B. ERDMANN ist das Wirkliche »das Vorgestellte, sofern es auf das Transzendente bezogen wird« (Log. I, 10). Wirklichkeit hat derjenige Gegenstand, »dem im Transzendenten ein Substrat oder, einfacher, wenn schon unsicherer, ein transzendentes Substrat entspricht« (l. c. S. 83). »Das von uns verschiedene Wirkliche ist... das von unserem Willen unabhängig Wirksame«. »Als so Leidende und in diesem Leiden uns selbst Erhaltende werden wir uns unserer eigenen Wirklichkeit bewußt und setzen dem entsprechend den ›Objekten‹ oder Gegenständen im eigentlichsten Sinne des Wortes, d. i. dem Nicht-Ich als ihrem Inbegriff, unser eigenes Ich entgegen. Durch unsern Willen also, in dem wir uns als Ursachen, beziehungsweise als Gegenursachen bewußt werden, finden wir uns selbst in letztem Grunde als wirklich« (l. c. S. 83 f.). »Wirklichsein überhaupt würde sich danach als Wirksamsein ergeben, oder als Wirken« (l. c. S. 84). E. DÜHRING versteht unter dem Wirklichen das sinnlich, raumzeitlich Gegebene, Erfaßbare, Materielle (Curs. S. 13. s. Wirklichkeitsphilosophie).

    Nach J. BERGMANN ist Wirklichkeit »die Bestätigung, welche wir zu der Setzung eines Gedachten als eines Seienden hinzutun, während das Seiende das Gesetzte selbst bedeutet« (Sein u. Erk. S. 111. vgl. S. 10 f.). Nach G. SIMMEL ist Wirklichkeit »nichts, was außerhalb der Vorstellungen derart existierte, daß diese nun erst in jene versetzt würden. sondern eine gewisse psychologische Qualität der Vorstellungen wird dadurch bezeichnet, daß wir diese wirkliche nennen« (Einl. in d. Moralwiss. I, 6). LIPPS erklärt: »Das Bewußtsein der Wirklichkeit, dies heißt das Bewußtsein haben, ein Vorstellen sei notwendig, müsse oder solle sein« (Grundtats. d. Seelenleb. S. 397). Das Gefühl des Zwanges macht die Empfindung zu einem Wirklichen. Das Wirklichkeitsbewußtsein besteht in »Gefühl des Widerstandes, das sich dann in uns einstellt, wenn unser freier Vorstellungsverlauf einem übermächtigen Vorstellungsgeschehen begegnet« (l. c. S. 397). Es sind die »zeitlich-räumlichen Beziehungen, die der Vorstellung die zwingende Kraft verleihen« (l. c. S. 398. vgl. S. 438 ff). EHRENFELS erklärt: »Wenn ich irgend eine Begebenheit... als wirklich denke, so stelle ich mir vor, daß sie selbst oder ihre Nachwirkungen mit den meinigen in Kontakt gekommen sind oder kommen werden: - kurz ich verflechte sie (immer nur in der Vorstellung) in das kausale Gewebe, in welchem ich selbst mich befinde. Ähnlich schalte ich sie aus diesem Gewebe aus, wenn ich sie als nicht wirklich zur Vorstellung bringe. bei der schlechthinigen Vorstellung dagegen, bei welcher ich... auf Wirklichkeit oder Nichtwirklichkeit gar nicht achte, ziehe ich auch jenes Kausalgewebe gar nicht in Betracht« (Syst. d. Werttheor. I, 204. vgl. KOCH unter »Objekt«). Nach DEUSSEN ist (empirisches) Wirklichsein das »durch die Sinne vorgestellt werden können« (Elem. d. Met. § 76). K. LASSWITZ versteht unter objektiver Wirklichkeit den »Komplex räumlich- zeitlicher Empfindungen, welcher einer gesetzlichen Bestimmbarkeit unterliegt« (Gesch. d. Atomist. I, 80). Aber »der Bewußtseinsinhalt eines Ich, eines Individuums, ist niemals der Weltinhalt, sondern nur ein mangelhaft bestimmbares Bruchstück des Ganzen« (Wirkl. S. 137). Die Natur ist nicht die einzige Realität, es gibt Bedingungen anderer Wirklichkeiten, einer sittlichen Welt, einer »Welt der Werte« (Relig. u. Naturwiss. S. 13 ff.). Ferner: »Die Natur ist allerdings eine selbständige Realität in Raum und Zeit, aber diese Realität besteht in Gesetzen, die nicht wieder aus Raum und Zeit stammen, sondern es erst ermöglichen, daß wir sie in Raum und Zeit als wirksam auffinden« (l. c. S. 13). Nach FR. SCHULTZE ist Subjektiv-wirklich »alles Erfahrene, d.h. alles in Zeit, Raum und kausaler Verknüpfung Empfundene« (Philos. d. Nat. II, 345). Objektiv-wirklich (wahr) ist »dasjenige, welches in Übereinstimmung mit den Grundsätzen des kritischen Empirismus und insofern streng wissenschaftlich bewiesen werden kann und die Möglichkeit jedes Zweifels ausschließt« (l. c. S. 345). Nach E. KOENIG ist objektive Wirklichkeit ein beständig sich modifizierender Bewußtseinsinhalt, die volle, wahre Wirklichkeit ist ein Idealbegriff (Üb. d. letzten Fragen d. Erk., Zeitschr. f. Philos. 103. Bd., 59). Nach HUSSERL bedeutet »wirklich« nicht außerbewußt, sondern »nicht bloß vermeintlich« (Log. Unters. II, 715). - Nach M. KAUFFMANN ist Wirklichkeit »Vorhandensein in der anschaulichen Welt« (Fund. d. Erk. S. 28). Nach SCHUPPE ist das Wirkliche »der mit Qualitäten erfüllte Raum- und Zeitteil« (Zeitsehr. f. imman. Philos. I, 42). Zunächst ist das Wirkliche »die Sinneswahrnehmung, d. i der räumlich-zeitliche Wahrnehmungsinhalt selbst, nichts Übersinnliches, was ihr oder ihm als bloßem Scheine zugrunde läge« (Log. S. 34). »Der Gegensatz des bloßen Gedankendinges zum Wirklichen ist falsch. nur das Phantasieprodukt stände in diesem Gegensatz zum Wirklichen, Das Abstrakte ist Bestandteil des Wirklichen« (l. c. S. 92). »Wirklich (sc. objektiv) ist nichts, was nicht in den Zusammenhang des Weltganzen paßt« (l. c. S. 173).

    Ale wahre Wirklichkeit bestimmen Spiritualisten (s. d.) und objektive Idealisten (s. d.) den Geist, das Geistesleben. So ist nach G. CLASS das Geistesleben (im Unterschiede auch vom bloß Psychischen) das wahrhaft Seiende (Unters. zur Phänomenol. u. Ontolog. des menschl. Geist. 1896). Ähnlich lehrt R. EUCKEN. Wirklichkeit ist ein Produkt des Tuns (Kampf um ein. geist. Lebensinh. S. 49 ff.), ist, absolut, Geistesleben (ib.). Das absolute geistige Leben »muß bei sich selbst stehen und aus sich selbst ein Sein entwickeln, in sich selbst Sein tragen und damit ein Bei-sich-selbst-sein werden« (Warheitsgeh. d. Relig. S. 182). Nach H. MÜNSTERBERG ist die absolute Wirklichkeit mehr als ein System physischer und psychischer Objekte, nämlich ein System von Absichten, Zwecken, »Selbststellungen« (Grdz. d. Psychol. I, 14 ff.). Als geistig bestimmen die absolute Wirklichkeit in verschiedener Weise E. v. HARTMANN, WUNDT, J. BERGMANN, L. BUSSE, RENOUVIER, BOSTRÖM, BRADLEY, GREEN u. a. (g. Spiritualismus, Idealismus). Nach BBADLEY ist das Wirkliche (»the real«) »self-existent, individual«, die Begriffe (»ideas«) hingegen sind »general and adjectival«. »No idea can be real.« Das »particular phenomenon, the momentary appearence, is not individual, and is not the Subjekt which we use in judgment« (Log. I, 2, § 4 ff., § 10). - Als das einzige Wirkliche in der physischen Welt betrachtet OSTWALD die Energie (Energet.2, S. 41). - Vgl. BRANISS, Syst. d. Met. S. 286 ff. - Vgl. Realität, Objekt, Sein, Wahrheit, Realismus, Idealismus, Spiritualismus, Materialismus, Monismus, Dualismus, Identitätslehre, Erscheinung, Ding an sich, Positivismus."



    Realität bei Eisler 1904 Woerterbuch der philosophischen Begriffe  > Wirklichkeit bei Eisler (1904)

    "Realität
    Realität (realitas): Sachhaftigkeit, Dinglichkeit, selbständige, vom Denken unabhängige Wirklichkeit. »Real« ist, was »in re«, nicht bloß »in intellectu« besteht, »realiter« ist die Seinsweise eines Etwas außerhalb des Gedachtseins. Realität ist also ein »Charakter«, eine Wirkung, die ein Aussageinhalt auf Grundlage denkend verarbeiteter Erfahrung oder von zwingenden Denkforderungen und Glaubenspostulaten bekommt, wodurch ihm die Dignität eines »mehr als Gedanklichen (Phantasiemäßigen)« zuteil wird. Je nach dem Was, das als »real« charakterisiert wird, gibt es verschiedene »Realitäten«. Zunächst hat für den Menschen das Körperliche die meiste Realität, später lernt man auch im Psychischen als solchem ein Reales erblicken. Es gibt demnach: physische und psychische (geistige) Realität. beide haben das Gemeinsame, daß sie, um real zu sein, mehr als bloßen Gedankeninhalt, Phantasieinhalt bedeuten, daß sie das, als was sie im Denken gemeint sind, auch sein müssen. Daß das Physische (s. d.) als solches abhängig vom erkennenden Subjekt überhaupt ist, nimmt ihm nicht die Realität. nur ist diese dann keine absolute Realität (wie die des Ding an sich, Geistes u. dgl.), sondern eben relative, empirische Realität, d.h. auch das Phänomenal-Empirische ist real, insofern es gesetzmäßig auftritt und außer jedem einzelnen Denkakt besteht.
        Der Gegensatz von »real« ist »ideal«, von »objektiv« - »Subjektiv«, von »wirklich« - »scheinbar«. Obwohl diese drei Termini verschiedene Begriffe bedeuten, werden sie oft promiscue gebraucht. Im folgenden halten wir uns aber an den Terminus »Realität« und behandeln den Ausdruck »Wirklichkeit« gesondert. beide sind aber (nebst »objektiv«) miteinander zu vergleichen.
        Eine absolute Realität der Außenwelt lehrt der Realismus (H. d. u. Objekt), eine bloß relative der Idealismus (s. d. u. Objektiv). Bezüglich der Realität der Universalien (s. d.) s. Allgemein.
        Bei den Griechen ist das »Reale« das exô on. Die Scholastiker stellen das »reale«, »re aliter« dem »intentionaliter« (s. d.), »obiective« (s. d.) gegenüber. Sie nehmen verschiedene Grade der Realität, der Seinsfülle als Vollkommenheit an. Gott (s. d.) ist »ens realissimum«. DUNS SCOTUS bestimmt: »Omnis realitas specifica constituit in esse formali, quia in esse quidditativo. realitas individui consituit praecise in esse materiali, h. e. in esse contracto« (Sent. II, 3, 6). FRANC. MAYRONIS erklärt: »Realitas est quidam modus intrinsecus, mediante quo realizantur omnia, quae sunt in aliquo« (bei Prantl, G. d. L. III, 290), - GOCLEN bestimmt: »Reale, quod reperitur extra animae notiones« (Lex. philos. p. 256). MICRAELIUS erklärt: »Reale rationis est, quad formaliter et ante intellectus operationem est« (Lex. philos. p. 951). »Realitas est vel formalis, vel subiectiva, vel obiectiva.« »Realitas obiectiva est, quae potest intellectui obiici. qualis est in ente intentionali« (l. c. p. 952). Nicht alle »realis distinctio« ist »essentialis« (ib.). DESCARTES unterscheidet noch »realitas formaliter« (reale Wirklichkeit) und »obiective« (gedachte Wirklichkeit). »Per realitatem obiectivam ideae intelligo entitatem rei repraesentatae per ideam, quatenus est in idea. eodemque modo dici potest perfectio obiectiva vel artificium obiectivum etc.« »Eadem dicuntur esse formaliter in idearum obiectis, quando talia sunt in ipsis, qualia illa percipimus. et eminenter, quando non quidem talia sunt, sed tanta, ut talium vicem supplere possint« (Medit. III. Rationes, def. III). Es gibt verschiedene »gradus realitatis«, die Substanz z.B. hat mehr Realität als das Akzidenz, mehr Vollkommenheit (s. d.) (vgl. SPINOZA, Ren. Cart. princ. philos. I, def. III. ax. IV, IX). Als Positives, als Vollkommenheit bestimmt die Realität auch LEIBNIZ (Theod. II, Anh. I, § 5). Die absolute Realität (»la réalité absolue«) ist nur in den Monaden (s. d.). LOCKE erklärt: »Real ideas are such as have a fondation in nature« (Ess. II, ch. 30, § 1). Nach BERKELEY existiert »truly und really« nur die Seele, der Geist, während die Körper »exist only in a secondary und dependent sense« (Siris, 266). Nach MENDELSSOHN kommen dem höchsten Wesen »alle möglichen Realitäten im höchsten Grade zu« (Üb. d. Evid. S. 98). KANT versteht unter »empirischer Realität« die Objektivität (s. d.) eines Erkenntnisinhaltes, die Allgemeingültigkeit desselben, ungeachtet seiner »transzendentalen Idealität« (s. d.), d.h. seiner bloß phänomenalen (s. d.) Wertigkeit (Krit. d. rein. Vern. S. 55 f., 62). »Objektive Realität«, d.h. »Beziehung auf einen Gegenstand« beruht auf dem Gesetze, »daß alle Erscheinungen, sofern uns dadurch Gegenstände gegeben werden sollen, unter Regeln a priori der synthetischen Einheit derselben stehen müssen, nach welchen ihr Verhältnis in der empirischen Anschauung allein möglich ist, d. i. daß sie ebensowohl in der Erfahrung unter Bedingungen der notwendigen Einheit der Apperzeption, als in der bloßen Anschauung unter den formalen Bedingungen des Raumes und der Zeit stehen müssen, ja daß durch jene jede Erkenntnis alle, erst möglich werde« (l. c. S. 123). Realität ist eine der Kategorien (s. d.) der Qualität (l. c. S. 96). »Realität ist im reinen Verstandesbegriffe das, was einer Empfindung überhaupt korrespondiert. dasjenige also, dessen Begriff an sich selbst ein Sein (in der Zeit) anzeigt.« »Da die Zeit nur die Form der Anschauung, mithin der Gegenstände als Erscheinungen ist, so ist das, was an diesen der Empfindung entspricht, die transzendentale Materie aller Gegenstände, als Dinge an sich (die Sachheit, Realität).« Das »Schema« (s. d.) der Realität als der Quantität von etwas, sofern es die Zeit erfüllt, ist die »kontinuierliche und gleichförmige Erzeugung derselben in der Zeit« (l. c. S. 146). - »Alle äußere Wahrnehmung... beweiset unmittelbar etwas Wirkliches im Raume, oder ist vielmehr das Wirkliche selbst, und insofern ist also der empirische Realismus außer Zweifel, d. i. es korrespondiert unseren äußeren Anschauungen etwas Wirkliches im Raume. Freilich ist dieser Raum selbst, mit allen seinen Erscheinungen, als Vorstellungen, nur in mir, aber in diesem Raume ist doch gleichwohl das Reale, oder der Stoff aller Gegenstände der äußeren Anschauung, wirklich und unabhängig von aller Erdichtung gegeben, und es ist auch unmöglich, daß in diesem Raume irgend etwas außer uns (im transzendentalen Sinne) gegeben sein sollte, weil der Raum selbst außer unserer Sinnlichkeit nichts ist... Das Reale äußerer Erscheinungen ist also wirklich nur in der Wahrnehmung und kann auf keine andere Weise wirklich sein« (l. c. S. 317 f.). Wo Erkenntnis nicht möglich ist (im Felde des Übersinnlichen) gibt es nur noch praktische Realität in Bezug auf den sittlichen Willen (Krit. d. prakt. Vern. 1. Tl., 1. B., 1. Hptst.). - »Das allgemeine Prinzip der Dynamik der materiellen Natur ist: daß alles Reale der Gegenstände äußerer Sinne, das, was nicht bloß Bestimmung des Raumes (Ort, Ausdehnung und Figur) ist, als bewegende Kraft angesehen werden müsse« (Met. Anf. d. Naturwiss. S. 81). Vgl. Objekt, Raum, Zeit.
        PLATNER erklärt: »Alle Vorstellungen weisen zwar auf ein Objekt hin: einige aber nur ideal, andere real. Bei jenen kann ich denken, daß das Objekt nur in meiner Denkkraft sei, das sind bloße Ideen. bei diesen muß ich denken, daß es, außer der Denkkraft und unabhängig von ihr, bestehe« (Log. u. Met. S. 78). BOUTERWEK nennt die praktische Realität »Virtualität« (s. d.). DESTUTT DE TRACY bemerkt: »Etre voulant et être résistant c'est être réellement« (Elém. d'idéol. I, ch. 8, p. 137). - Idealistisch deduziert die Kategorie der Realität aus dem Sich-setzen des Ich (s. d.) J. G. FICHTE. »Alles, worauf der Satz A = A anwendbar ist, hat, inwiefern derselbe darauf anwendbar ist, Realität. Dasjenige, was durch das bloße Setzen irgend eines Dinges (eines im Ich gesetzten) gesetzt ist, ist in ihm Realität, ist sein Wesen« (Gr. d. g. Wissensch. S. 12). »Aller Realität Quelle ist das Ich. Erst durch und mit dem Ich ist der Begriff der Realität gegeben.« »Alle Realität ist tätig, und alles Tätige ist Realität. Tätigkeit ist positive (im Gegensatz gegen bloß relative) Realität« (l. c. S. 62). Alle Realität (in diesem letzteren Sinne) entstammt der produktiven Einbildungskraft. »Die Einbildungskraft produziert Realität. aber es ist in ihr keine Realität. erst durch die Auffassung und das Begreifen im Verstande wird ihr Produkt etwas Reales« (l. c. S. 192, 202). »Ein Begriff hat Realität und Anwendbarkeit, heißt: unsere Welt - es versteht sich für uns, die Welt unseres Bewußtseins - wird durch ihn in einer gewissen Rücksicht bestimmt. Er gehört unter diejenigen Begriffe, durch welche wir Objekte denken« (Syst. d. Sittenlehre, S. 71 f.). SCHELLING definiert: »Reell ist..., was durch bloßes Denken nicht erschaffen werden kann« (Syst. d. tr. Ideal. S. 42). Das Ich et Prinzip der Realität, das Objekt hat »abgeleitete Realität« (l. c. S. 60). »Die Realität der Empfindung beruht darauf, daß das Ich das Empfundene nicht anschaut, als durch sich gesetzt« (l. c. S. 111). Im »Absoluten« ist Reales und Ideales identisch, eins. »Alle Formen des Realen sind an sich und wahrhaft betrachtet auch Formen des Idealen, und umgekehrt« (WW. I 6, 498 ff.). Nach L. OKEN ist das Realwerden nur ein Extensivwerden der Idee (Lehrb. d. Naturphilos.) ESCHENMAYER betont: »Das, was in der Wirklichkeit einer Welt gegeben ist, gehört immer noch zur Sphäre unserer Seele. Dies Reale ist nur die Kehrseite des Idealen in uns, und das eine bezieht sich auf das andere. Über beiden aber steht die Seele, und ihre ursprünglichsten Gleichungen und Proportionen, die innerhalb des geistigen Organismus bloß ideal sind, sind in einer Außenwelt in unendlich vielen Reflexen real geworden.« Über Idealem und Realem hinaus liegt das Göttliche (Psychol. S. 119). G. M. KLEIN erklärt: »Was wir sinnliche Erscheinungen oder endliche Realitäten nennen, kann nur insoweit real sein, als sie in der unbedingten Realität gewurzelt sind. was nebstdem ihnen noch zuzukommen scheint, kann nur Negation jener Realität, also nichts Reales sein« (Beitr. zum Stud. d. Philos. S. 93). »Was für die Vernunft unmittelbar gewiß und evident ist, das ist auch für sie real« (l. c. S. 43). »Logisch real bezeichnet das bloß Denkbare, welches den Formen des Denkens gemäß zur Einheit des Bewußtseins verbunden wird. Diesem wird gewöhnlich entgegengesetzt das physisch Reale, ein Gegenstand des Empfindbaren. Ebenso werden die transzendentalen Grundsätze des Verstandes, welche allgemeine Erfahrungsgesetze aussagen, und die praktischen Wahrheiten, welche sittliche und politische Vorschriften ausdrücken, real genannt.« Die Vernunft- Realität ist das durch sich Notwendige, das Identische des Ideellen und Reellen (l. c. S. 43. vgl. J. J. WAGNER, Organ. d. menschl. Erk. S. 15 ff.). Nach H. RITTER ist das Reale »das, wozu die Anknüpfungspunkte und Mittel für die Erkenntnis in der sinnlichen Anschauung uns vorliegen und was daher in den Formen unseres Denkens wirklich von uns erkannt werden kann« (Log. u. Met.). Bei HEGEL ist Realität eine (ontologische) Kategorie (Encykl.), ein Moment der dialektischen Begriffsentwicklung. Nach K. ROSENKRANZ hat das Dasein »durch die in sich einfache Bestimmtheit als ein Was« Realität, d.h. »die Kraft der unmittelbaren Selbstunterscheidung von der abstrakten Ununterschiedenheit des Seins« (Syst. d. Wissensch. S. 17). »Die Reellität ist die nach außen hin erscheinende Realität« (l. c. S. 18). CHALYBAEUS bemerkt: »Die Realität ist eine einseitig objektive ontologische Kategorie, die Wirklichkeit nimmt Bezug auf das Wissen« (Wissenschaftslehre S. 227. vgl. BRANISS, Syst. d. Met.2, S. 251 ff.). - COUSIN erklärt: »J'appelle réel tout ce qui tombe sous l'observation« (Du vrai, p. 32). Nach SCHOPENHAUER ist Realität »das durch den Verstand richtig Erkannte« (W. a. W. u. V. I. Bd., § 6. vgl. Parerga I, l.) l.) Nach HERBART fordert die Metaphysik, »daß man alles, was nicht selbst real ist, auf ein Reales zurückführe. daß man, wo irgend etwas nicht das ist, was es scheint, es als Andeutung des ihm zugrunde liegenden Realen betrachte« (Lehrb. zur Einleit.5, § 157, S. 288). LOTZE betont: »Es existiert nicht Reales als solches, als Stoff..., es gibt vielmehr nur Realität, d.h. eine gewisse Weise der Existenz, darin bestehend, daß etwas als unabhängiger Mittelpunkt von Wirkungen sich darstellt, die es ausübt oder erleidet« (Med. Psychol. S. 147). »Das aber, dem diese Form realer Existenz zukommt, ist immer zuletzt ein Ideales, nämlich jener qualitative Inhalt der Dinge, von dem wir voraussetzen, daß er dem Denken nicht undurchdringlich, sondern durch Gedankenbestimmungen erschöpfbar sei« (l. c. S. 147). »Durch ihren Inhalt allein sind die Dinge das, was sie sind. dadurch, daß dieser Inhalt fähig ist, zu wirken und zu leiden und das beständige Element in einer veränderlichen Reihe von Erscheinungen bilden, dadurch sind die Dinge und unterscheiden sich als real von ihrem Abbild« (Mikrok. II2, 158). Das Reale ist nichts anderes als »die auf unbegreifliche Weise in der Form wirkungsfähiger Selbständigkeit gesetzte Idee« (l. c. S.158 f.. vgl. Gr. d. Met. S. 30). Realität ist Für-sich-sein. Nach J. H. FICHTE heißt Realsein »seinen Raum und seine Zeit erfüllen« (Psychol. I, 12). Realsein bedeutet erstens »qualitativ Bestimmtsein und Existieren, Wirklichsein« und zweitens ist alles Reale »sich quantitierend zufolge seiner Qualität« (ib.. vgl. Anthropol. S. 181). ULRICI definiert: »Real ist nur, was unabhängig vom menschlichen Denken und Gedanken, gleichgültig gegen sein Gedachtwerden, also unserem Denken und Gedanken, ein An-sich-seiendes, Selbständiges ist« (Log. S. 393). ÜBERWEG bemerkt: »Nicht jedes in seiner Sphäre notwendige und berechtigte Denken sichert das Sein. aber das gesamte Denken mit Einschluß des erkenntnistheoretischen als des letzten und höchsten..., dies und erst dies erschließt dem Menschen die volle Erkenntnis der Realität« (Welt- u. Lebensansch. S. 80). A. DORNER betont, »daß, wenn ein Begriff, den wir notwendig denken müssen, so beschaffen ist, daß er notwendig die Realität in sich schließt, daß ihm dann auch die notwendig gedachte Realität entspricht« (Gr. d. Religionsphilos. S. 19). Die Realität können wir durch die Kategorien (s. d.) erreichen (ib.). STEUDEL bestimmt: »Tatsächliches Sein ist Realität oder Wirklichkeit. Real ist, was außerhalb des Denkens und unabhängig vom Denken ist« (Philos. I 1, 298 ff.. ähnlich TITTMANN, Aphor. S. 136). Nach STEINTHAL ist das Reale »der absolute Abgrund unseres Denkens«, »die Grundlage der Erscheinung«. Das Reale, sofern es nur erscheint, ist Natur (Zeitschr. f. Völkerpsychol. IX, 1876). Nach L. NOIRÉ ist die Bewegung »das wahrhaft Reale aller Erscheinung« (Einl. u. Begr. ein. monist. Erk. S. 180). E. V. HARTMANN erklärt: »Nur dadurch, daß, ein Willensakt mit den anderen in Opposition tritt und sie sich gegenseitig Widerstand leisten und beschränken, nur dadurch entsteht das, was wir Realität nennen« (Philos. d. Unb.3, S. 535). DREWS bestimmt: »Realität ist die unbewußte Einheit des Willens und der Idee. Ideellität ist die aus dieser Einheit herausgesetzte und in die Form des Bewußtseins gekleidete Idee« (Das Ich, S. 277.) Das Reale kann nicht vom Ich aus bestimmt werden (l. c. S. 130). Nach WUNDT kommt den Begriffen zwar »objektive Realität«, nicht aber »dingliche Existenz« zu (Log. I, 419). Die Realität der Erfahrung ist die durch das Denken vermittelte und kontrollierte Form, in welcher wir die Objekte auffassen (l. c. I, 490). Nach L. DILLES ist die Außenwelt unser »Balancebild«, welches indirekte Data von den Dingen an sich gibt (Weg zur Met. S. 178). Wir haben vom Wesen der Realität ein indirektes Wissen (l. c. S. 31). Nach R. AVENARIUS ist die »Sachhaftigkeit« ein Grundwert von »E« (s. d.), d.h. von Aussageinhalten, abhängig von Änderungen des »System C« (s. d.). Als »Sache« kann nicht bloß ein Ding, sondern auch ein Schmerz u. dgl. gesetzt werden (Krit. d. rein. Erfahr. II, 63 ff.). Nach SCHUBERT-SOLDERN hat Realität (im weitesten Sinne) alles, sofern es »in irgend welcher Beziehung gegeben« ist (Gr. ein. Erk. S. 53). - H. SPENCER erklärt: »By reality we mean persistence in consciousness« (First Princ. § 46). Nach GREEN hat Wirklichkeit nur für ein Bewußtsein Bedeutung. Das Wirkliche bezieht sich auf ein allgemeines Bewußtsein, ein unendliches Subjekt. BRADLEY bemerkt: »In thinking the Subjekt is much more than thought. And that is why we are able to imagine that in thinking we find all reality« (Mind XIII, p. 370 ff.). »Thought's relational content can never be the same as the Subjekt, either as it appears or as it truly is. The reality that is presented is taken up in a form not adequate to its nature, and beyond which its nature must appear as an other. But... this nature is the nature thought wants for itself, which even as mere thinking it desires to have, and which, further, in all its aspects exists already within thought in an incomplete form.« (l. c. p. 379. vgl. Appear. und Realit.). »the presence of reality among its appearences in different degrees and with diverse values« (App. und Real. p. 550). Jede Erscheinung ist »an appearance of reality«. Vgl. BOSANQUET, Knowledge and Reality 1885 (auch J. WARD, Encycl. Brit. XX, 55 ff.), nach welchem die Wirklichkeit nichts Transzendentes, sondern ein System von Erfahrungsinhalten ist Vgl. L. DAURIAC, Croyance et Réalité, 1889, und schon früher RENOUVIER, Essais I u. Nouv. Monadol.
        Nach NATORP ist Realität »Kraft der Geltung in der Erkenntnis« (Socialpäd. S. 33). H. COHEN erklärt: »Realität liegt nicht in dem Rohen der sinnlichen Empfindung und auch nicht in dem Reinen der sinnlichen Anschauung, sondern muß als eine besondere Voraussetzung des Denkens geltend gemacht werden.« Sie ist eine besondere, von der der Wirklichkeit unterschiedene Kategorie (Princ. d. Infin. S. 14) Ein besonderer Grundsatz ist erforderlich, um die Empfindung zu objektivieren (l. c. S. 28). »Daß ich ein Element selbst an und für sich setzen darf, das ist das Desiderat, welchem das Denkmittel der Realität entspricht« (ib.). Realität bedeutet »intensive Größe« (l. c. S. 91). Die Realität liegt im Infinitesimalen (s. Unendlich). »In den intensiven Größen sind diejenigen Realitäts-Einheiten gewährleistet, an welchen dynamische Beziehungen gestiftet und durch Differentialgleichungen berechnet werden können« (l. c. S. 135. vgl. Log. S. 113 f.). Vgl. Objekt, Wirklichkeit, Sein."



    Literatur (Auswahl) > Lit. in Beweis und beweisen in Wissenschaft und leben.
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    • Skirbekk, Gunnar (1977, Hrsg.) Wahrheitstheorie  Eine Auswahl aus den Diskussionen über Wahrheit im 20. Jahrhundert. Frankfurt aM: Suhrkamp.
    • Spektrum Kompakt Was ist real? - Am Übergang von Wissenschaft und Philosophie
    • Stegmüllers Werk: [IL] Werkauswahl W.
    • Stirner, Max (1844) Der Sparren  aus dem Kapitel Die Besessenen in Der Einzige und sein Eigentum.
    • Treher, Wolfgang (1962) Das Oknosprinzip. Die raum-zeitliche Entfaltung des Tai-ki. Eine Wirklichkeitslehre
    • Vaihinger, Hans (1913, 2.A.) Die Philosophie des "Als-Ob"  Berlin: Reuther & Reichard.
    • Waismann, Friedrich (1976). Logik, Sprache, Philosophie. Stuttgart: Reclam.
    • Wal, Koo van der (2017) Die Wirklichkeit aus neuer Sicht. Für eine andere Naturphilosophie. Wiesbaden: VS (Springer).
    • Watzlawick, Paul (1976 ff) Wie wirklich ist die Wirklichkeit? Wahn, Täuschung, Verstehen. München: Piper.
    • Watzlawick, Paul (1985, Hrsg.) Die erfundene Wirklichkeit. Wie wissen wir, was wir zu wissen glauben? Beiträge zum Konstruktivismus. München: Piper.




    Links (Auswahl: beachte)
    • Skizzen Erkenntnistheoretisch-Philosophischer Positionen.
    • Vulgärkonstruktivismus: Können Erkenntnistheorie, Wissenschaft und Alltagsleben auf den Wahrheitsbegriff verzichten?
    • Konstruktivismus: Formen und Varianten.
    • Beweis und beweisen in Wissenschaft und Leben.
    • Beweisen im Alltag.
    • http://www.wirklich.de/seiten/wirklichkeitsbegriff.html




    Glossar, Anmerkungen und Fußnoten > Eigener wissenschaftlicher Standort.
    1) GIPT= General and Integrative Psychotherapy, internationale Bezeichnung für Allgemeine und Integrative Psychotherapie.
    __
    Erkenntnistheorie
    Die Lehre(n), wie Erkenntnisse gewonnen werden können und sollen. Die Grundgleichung E = f(Sachverhalt, Erkennendes System, Raumzeitgebiet). Jedes Erkennen setzt ein erkennendes System (z.B. Mensch, Meßgerät, Videocamera, Sinnesorgane, Lebewesen) voraus, das sich in einem bestimmten Raumzeitgebiet befindet. Das  Ding an sich  ist eine  Fiktion.
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    Evolution des Erkennens
    Untertitel von Max Delbrücks "Wahrheit und Wirklichkeit". Merkwürdigerweise gibt es in diesem Buch kein Kapitel mit dem Untertitel "Evolution des Erkennens", eine Verlagsunsitte, die gar nicht so selten ist (auch der Suhrkampverlag versteht etwas davon):

      Porträtfoto aus Wikipedia.
    __
    Komplementaritaet
    "Komplementarität ist ein Begriff der Erkenntnistheorie für zwei (scheinbar) widersprüchliche, einander ausschließende, nicht aufeinander reduzierbare Beschreibungsweisen oder Versuchsanordnungen, die aber in ihrer wechselseitigen Ergänzung zum Verständnis eines Phänomens oder Sachverhaltes im Ganzen notwendig sind. Diesen Begriff hatte der Physiker Niels Bohr als Komplementaritätsprinzip in die Quantenphysik eingeführt und anschließend auf viele Gebiete übertragen. Deshalb wurde der Begriff vieldeutig und bezeichnet häufig nur noch ein grundsätzliches „Sowohl-als-auch“.
    Zwei komplementäre Eigenschaften gehören zusammen, sofern sie dieselbe Referenz haben, also dasselbe „Objekt“ betreffen, jedoch kausal nicht voneinander abhängig sind. Die zwei verwendeten Methoden unterscheiden sich grundsätzlich im Verfahren und können in der Regel nicht gleichzeitig, sondern nur nacheinander eingesetzt werden." [Wikipedia Abruf 11.07.2018]
        Lit: Fahrenberg, Fischer.
    Die Komplementaritäts-Idee, das sowohl als auch, spielt in der Allgemeinen und Integrativen Psychotherapie eine grundlegende Rolle, weshalb dieser Sachverhalt sogar ins  Logo  aufgenommen wurde.
    __
    Ontologie
    Die Wissenschaft vom Seienden: Einteilung und Ordnung der Dinge, Eigenschaften und Beziehungen in den verschiedenen Welten, Ihrer Räume und Orte.
    __
    Philosophie
    Zu Zeiten des großen Aristoteles noch die Universalwissenschaft, wie es späterhin noch im studium generale gedacht war: die Liebe zu Weisheit und Wissen. Die Zeit der Universalgelehrten ist mit der Differenzierung und Spezialisierung der Wissenschaften weitgehend vorbei. Als Hauptgebiete der Philosophie mag folgende Einteilung dienen: die Lehre vom Sinn, den Werten und Tugenden (Metaphysik und Ethik), die Lehre von der Erkenntnis (Erkenntnistheorie, Logik, Methodologie, Wissenschaftstheorie), die Lehre von der Welt und ihrer Entstehung (Wissenschaft, Kosmologie), die Lehre vom Schönen und den Künsten (Ästhetik), die Lehre von der Gemeinschaft und ihrer Organisation (Politik, Verwaltung, Staatslehre, Recht, Kommunikation, Rhetorik).
    __
    Probleme sich Selbst visuell zu erkennen an zwei Beispielen Ernst Machs
    "Als junger Mensch erblickte ich einmal auf der Straße ein mir höchst unangenehmes  widerwärtiges Gesicht im Profil. Ich erschrak nicht wenig, als ich erkannte. dass es mein eigenes sei, welches ich an einer Spiegelniederlage vorbeigehend
    durch zwei gegen einander geneigte Spiegel wahrgenommen hatte. — Ich stieg einmal esaer anstrengenden nächtlichen Eisenbahnfahrt sehr ermüdet in einen Omnibus eben als von der anderen Seite auch ein Mann hereinkam. „Was steigt doch da für ein herabgekommener Schulmeister ein“, dachte ich. Ich war es selbst, denn mir gegenüber befand sich ein großer Spiegel. Der Klassenhabitus war mir also viel geläufiger als mein Specialhabitus." Fußnote 19 S. 3, in Analyse der Empefindungen, 9. A. 1922.
    __
    Welt
    Theoretischer Begriff zur Unterscheidung von Referenzbezügen:
    Reale Welt
    mögliche Welt
    Norm-Welt
    Wunsch-Welt
    Phantasie-Welt
    Andere Welt
    subjektive
    gruppen-subjektiv
    intersubjektiv
    objektiv
    __
    Weltbilder
    Mehr oder minder gruppen- oder subjektive Meinungen, wie die Welt beschaffen ist und funktioniert.
    __
    Wissen
    Im Unterschied zu  glauben, vermuten, spekulieren, für möglich halten alle Aussagen, deren Inhalt für sicher wahr gehalten wird.
    __
    Wissenschaftstheorie
    Metatheorie einzelner Wissenschaften oder allgemeine Theorie, was für jede Wissenschaft gelten soll (z.B. mein allgemeiner Wissenschaftsbegriff)
    __
     


    Querverweise
    Standort: Wirklichkeit.
    *
    Glaube, Irrtum, Wahn * Referenzwelten *
    Überblick Arbeiten zur Theorie, Definitionslehre, Methodologie, Meßproblematik, Statistik und Wissenschaftstheorie besonders in Psychologie, Psychotherapie und Psychotherapieforschung.
    *
    Suchen in der IP-GIPT, z.B. mit Hilfe von "google": <suchbegriff> site: www.sgipt.org
    z.B. Wissenschaft site: www.sgipt.org. 
    *
    Dienstleistungs-Info.
    *

    Zitierung
    Sponsel, R.  (DAS). Wirklichkeit und wirklich. Ein alltäglicher und wissenschaftlicher Grundbegriff. Internet Publikation  für Allgemeine und Integrative Psychotherapie  IP-GIPT. Erlangen:  https://www.sgipt.org/wisms/wistheo/wirklich.htm
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    Ende
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    korrigiert: irs 02.11, 01.11.2017, 29.10.  2017



    Änderungen Kleinere Änderungen werden nicht extra ausgewiesen; wird gelegentlich überarbeitet und ergänzt.
    14.07.24    Ergänzung   Allgemeines Veridikalitätsproblem des Wirklichen.
    30.06.21    Hinweise auf  Referenzwelten
    28.11.18    Erg. Eisler (1904) Wirklichkeit, Realität,
    02.11.17    Lit: Glasersfeld; Roetzer & Weibel * Brückner, Thomas Christian  (2015) * Maturana, H. (1982) * Wirklichkeitsbegriff bei den radikalen Konstruktivisten.
    01.11.17    AlbertEinstein  zur Wirklichkeitsgeltung der Mathematik. * Metapher zur Codierung. *
    30.10.17    Wirklichkeit nach Austedas Wörterbuch der Philosophie, auch beim buddhistischen Wirklichkeitsbegriff zitiert.
    29.10.17    Vorläufiger Abschluss, Korrektur, Linkprüfung.
    05.09.17    Die Realisierung von Külpe erfasst. * Watzlawick Reader geklärt.
    17.12.15    angelegt und begonnen.