Internet Publikation für
Allgemeine und Integrative Psychotherapie
(ISSN 1430-6972)
IP-GIPT DAS=12.10.2006
Internet-Erstausgabe, letzte Änderung: 01.04.15
Impressum:
Diplom-Psychologe Dr. phil. Rudolf Sponsel Stubenlohstr. 20
D-91052 Erlangen
Mail: sekretariat@sgipt.org_
Zitierung
& Copyright_
Anfang_Brecht
Sezuan_Überblick_
Rel.
Aktuelles _Rel.
Beständiges _Titelblatt__Konzept_
Archiv_
Region_
Service-iec-verlag
_Wichtiger
Hinweis zu Links und Empfehlungen.
Willkommen in unserer Internet Publikation
für Allgemeine und Integrative Psychotherapie, Abteilung Kunst, Ästhetik,
Psychologie der Kunst, Bereich Theater, und hier speziell zum Thema:
Der gute Mensch von Sezuan
Parabelstück von Bertolt
Brecht (1943)
Eindrücke zum Stück und zur
Inszenierung im Markgrafentheater Erlangen
(Regie Sandrine Hutinet - Theater-Info)
von Rudolf Sponsel, Erlangen
Die Tragödie der Guten war immer, daß sie viel zu selten
schlecht genug waren, um gut genug
gut sein zu können, damit diese Welt zu einer wirklich guten
entwickelt werden kann. [Q]
_
Summary
- Zusammenfassung - Abstract
Zum Verlauf des Stückes und dem Gang der
Handlung > Wikipedia.
Inhalt: Drei Götter besuchen die Welt, um den Klagen der
Menschen an ihrer Weltordnung nachzugehen. Sie sollen herausfinden, ob
die Welt so bleiben kann wie sie ist. Das ist dann der Fall, so DER DRITTE
GOTT, den "Beschluss" zitierend, "wenn genügend gute Menschen gefunden
werden, die ein menschenwürdiges Dasein leben können." Dieser
an sich schon sehr bescheidene Beschluss wird bereits am Anfang der Handlung
schon zurückgenommen, wenn DER ERSTE GOTT bereits relativiert (fett-kursiv
RS): „Wir müssen einen finden!“ [Brecht
GW, 4, 1492]. Hauptdarstellerin der Parabel
ist die Prostituierte Shen Te, die von Anfang an als guter Mensch von Sezuan
suggeriert
wird, die einzige, die den Göttern unter Verzicht auf einen Freier,
der für die am nächsten Tag fällige Miete sehr nötig
gewesen wäre, ihre Kammer als Nachtquartier zur Verfügung stellt.
Die Götter, offenbar nirgendwo willkommen,
bedanken sich dafür, dass sie ihr über 1000 Silberdollar geben,
wofür sie sich einen Tabakwarenladen kauft, mit dem sie reingelegt
wird. Dennoch wird sie überflutet von mehr oder minder Hilfsbedürftigen,
Ausbeutern und Schmarotzern, an denen sie völlig realitätsentrückt
und kritiklos ihr extremes Helfersyndrom
auslebt, so dass sie von einem Desaster ins nächste gerät. Auf
diese Weise muss (dieses) "gut sein" misslingen und Brecht lässt es
auch misslingen. Aber Brecht findet durch einen literarischen Geniestreich
eine Lösung für Shen Te, indem er sie einen Vetter, Shui Ta,
erfinden lässt, in dessen "Haut" sie schlüpft, wenn ihr "gut
sein" es zu bunt getrieben hat. Shui Ta ist ihr realitätstüchtiges
ICH, das kalkulieren, haushalten und wirtschaften kann und eine gesunde
Menschenkenntnis und sozialpädagogischen Verstand verkörpert.
"Er" kann auch Nein sagen, kann sich abgrenzen und behaupten, kann Forderungen
stellen und sie durchsetzen und den Schmarotzerhaufen in Schach halten.
Nur mit Hilfe Shui Ta's kann Shen Te gut sein. Vereinfacht gesagt: "gut"
sein geht nur, wenn man auch "schlecht" ist. Die suggestive
Diktion des Stückes ist: Shen Te ist die Gute, Shui Ta der Schlechte.
Beides ist falsch. Aber dieser vom Zuschauer bewusst erlebte Kontrast schafft
Spannung und berührt: Brecht und das Theater spielen hier sehr wirkungsvoll
mit den Extremen.
Das Stück spielt in China zu Beginn des 20. Jahrhunderts, das ist
sozusagen der erste Brechtsche Verfremdungseffekt.
Damit ist von vornherein eine gewisse Distanz hergestellt, obwohl
(oder weil?) das zentrale Thema die Fragwürdigkeit christlicher Weltordnung
und Ethik ist (auch durch die Zahl der Götter
unterstrichen). Die Beziehung zum Christentum und seiner Moral ist offensichtlich.
Shen Te, DER GUTE MENSCH VON SEZUAN repräsentiert mit
ihrem Helfersyndrom
einerseits eine Art Heilige, andererseits ein naiv-christliches "Schaf",
das vom Wunsch, nur Gutes zu tun, nicht nur beseelt, sondern geradezu besessen
ist, daran scheitern muss und schuldig wird. Daher muss dieser Wunsch auch
mehrfach missraten und scheitern, weil es eben nicht genügt, ohne
sozialpädagogischen Sinn oder soziologischen Verstand und ohne
ausreichende ökonomische Mittel, nur willfährig die Wünsche
und Bedürfnisse der um Hilfe und Unterstützung nachsuchenden
Menschen bedingungslos zu erfüllen. Das mag manchmal
gut, edel und geboten sein. Manchmal ist es aber
auch grundfalsch. Shen Te ist aber auch ein Mensch, der nach Leben, Auskommen
und Liebe verlangt, sie hat auch ihre eigene Bedürfnisse und Interessen
und das ist ihr psychologischer, tragischer Konflikt, den
sie aus sich heraus nicht lösen kann. So lässt sie Brecht in
einem literarischen Geniestreich ihren Vetter Shui Ta erfinden, in dessen
Rolle sie immer öfter schlüpfen muss, um das von ihrem naiv-christlichen
Helfersyndrom
erzeugte Chaos wieder aufzulösen.
Brecht hat hier ein Meisterwerk an Vielschichtigkeit, Hintergründigkeit
und dialektischer Widersprüchlichkeit vorgelegt, das nur bei oberflächlicher
Betrachtung über die Hauptthesen hinaus einfach interpretierbar erscheint.
Zum Beispiel stellt sich die gar nicht einfache Frage: ist Shen Te wirklich
ein guter Mensch im klassischen Sinne? Brecht tut alles
für diese
Suggestion,
schon mit dem Titel, aber auch im Stück selbst an vielen Stellen,
so dass nicht verwundert, dass es kaum eine Interpretation von DER GUTE
MENSCH VON SEZUAN gibt, die diese Suggestion des hintergründigen
Brecht in Zweifel zieht. Tatsächlich ergibt sich bei genauerer Betrachtung,
dass Shen Te mit ihrem idealistisch entrückten Helfersyndrom
gar nicht gut sein kann und bei Lichte betrachtet eine "Indikation"
für die Psychotherapie darstellt.
Das Stück ist in seiner - beschreibend diagnostischen - Aussage
über den Zustand der Welt und ihrer Ordnung völlig klar: in dieser
Welt mit so viel materieller Not und Elend kann man nicht ethisch moralisch
gut sein und ein materiell gutes Auskommen oder gar -
wenn auch nur bescheidenen - Wohlstand finden. Es ist unmöglich,
in dieser Welt gut zu sein, ohne - zumindest teilweise und ab und zu -
ein bisschen schlecht zu sein. So gipfelt der Schluss (Gerichtsverhandlung)
auch in einem Kuhhandel zwischen den Göttern und Shen Te, wie oft
der „Vetter“ Shui Ta, ihre Verwandlung in ihr realitätstüchtiges
ICH, erscheinen und tätig werden darf. Sie bräuchte ihn wenigstens
einmal die Woche, die Göttern gewähren ihn ihr schließlich
einmal pro Monat.
Der Epilog, Schlußhöhepunkt des ganzen
Stückes - der unverständlicherweise in der Erlanger Inszenierung
weggelassen wurde - stellt nach der niederschmetternden Diagnose über
den Zustand dieser Welt und ihrer Ordnung die ganz entscheidenden Fragen
an den Zuschauer: Liegt es am Menschen? Liegt es an der Welt und
ihrer Ordnung? Liegt es an den - falschen - Göttern? Liegt es an allen
dreien? Kann man dies ändern? Was muss man ändern, falls man
es kann? Und wie soll man dies verändern? Die Antwort liegt
für mich auf der Hand: Der gute Mensch muss anfangen, sich oft
genug schlecht sein zu trauen, um letztlich dauerhaft überwiegend
gut sein zu können. Die guten "Schafe" und HelfersyndromträgerInnen
werden diese Welt nicht verändern, sie sind nur gut für die Schlachtbank
der schöpfungs- und ethikverachtenden Globalplayer
- in der Erlanger Inszenierung eindrucksvoll aktuell, mutig, richtig und
im Einklang mit Brecht mit Siemens - und anderen trefflichen aktuellen
Bezügen - verknüpft, was die Nürnberger Nachrichten
wie folgt auf den Punkt brachten:
Anmerkung.
" ... unsere Gebote scheinen tödlich zu sein."
Die Beweisfrage der Parabel
ergibt: Die Götter scheitern, aber sie gestehen es sich nicht ein,
sie sind blind für ihre unglückselige Weltordnung,
obwohl sie am Ende feststellen müssen, dass es noch nicht einmal einen
(ganzen) guten Menschen gibt, sondern nur einen teilweise guten (Shen Te
ohne Shui Ta nach der Diktion Brechts).
Gott
hat die Welt nicht nur falsch eingerichtet, er ist obendrein noch blind
und feige. Mit solchen Göttern ist also keine ordentliche Welt zu
gestalten. Sie sollten abdanken.
Die Parabel
im Lichte des gescheiterten Kommunismus
Mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion und der Auflösung des Kommunismus
ergibt sich in Bezug auf DER GUTE MENSCH VON SEZUAN, dass der weise
und klug formulierte Epilog seine tiefe und wahrscheinlich
zeitlose Berechtigung bewahrt. Denn inzwischen wissen wir: Die bloße
Abschaffung des Privateigentums und die Vergesellschaftung der Produktionsmittel,
also die Errichtung einer sozialistischen Gesellschaft, scheiterte im Wettbewerb
mit dem Kapitalismus in der Gunst der meisten Menschen. Diese Form und
Variante des Sozialismus hat, zumindest vorläufig, verloren. Betrachtet
man z.B. das Wüten und Rasen Stalins, so wissen wir inzwischen auch,
dass es nicht nur Rechts- sondern auch Linksfaschismus gibt. Es liegt also
nicht nur und auch nicht entscheidend an den ökonomischen Grundbedingungen.
Das gewaltsame Umstülpen der ökonomischen und politischen Bedingungen
erwies sich als nicht zielführend. Es liegt nahe, zu vermuten, dass
bessere, gerechtere, stabilere und dauerhafte Bedingungen von der Mehrheit
der Menschen innerlich getragen und akzeptiert werden müssen. Also
falls Sozialismus, dann kann und muss es ein demokratischer Sozialismus
sein. Das kann Jahrzehnte oder, wohl eher, Jahrhunderte dauern. Und es
kann vermutlich nur funktionieren, wenn nicht nur eine sehr breite Basis
an kognitiver Bildung geschaffen wird, sondern genauso unverzichtbar wichtig
ist auch eine entsprechende Charakterbildung - und damit der Erziehung,
wie der Anarchist William
Godwin vor rund 200 Jahren richtig erkannte. Ohne fundiert gelebte
und akzeptierte Ethik wird es nicht gehen. Und die Frage, was "gut" ist,
steht täglich und immer wieder neu auf der Tagesordnung.
Was ist
"gut" ?
Das Stück übermittelt klar und deutlich die Botschaft, dass
es in dieser Welt unmöglich ist, gut zu sein, d.h. ethisch moralisch
anständig zu handeln und, gleichzeitig, gut zu leben, d.h. materiell
sein Auskommen oder gar einen bescheidenen Wohlstand zu finden. Beides
ist nach Brecht nicht möglich. Das Stück endet mit dem Höhepunkt
des Epilogs, in dem der Zuschauer mit den durch die
Botschaft des Stückes aufgeworfenen Fragen konfrontiert wird. Shen
Te wird allenthalben und etwas unkritisch als guter Mensch beurteilt. Das
ist aber alles andere als klar und eindeutig. Bei genauer Betrachtung stellt
sich sogar heraus, dass sie nur höchst einseitig und unvollständig
- und dadurch dann eigentlich nicht - gut, sondern eine "Indikation"
für die Psychotherapie "ist". Damit stellt sich natürlich
die Frage: was soll gut heißen, was „ist“
gut? Ist es gut, naiv und spontan jedem mit Mitteln zu helfen, über
die man letztlich gar nicht verfügt, deren Sicherheit fragwürdig
ist? Ist es gut, von anständigen Leuten 200 Silberdollar als Darlehen
zu nehmen, um sie einem nichtsnutzigen Egoisten, dem Geliebten, als Schmiergeldanteil
für eine Stellung zu überlassen? Ist es gut, Schmiergeldzahlungen
zu unterstützen? Ist es gut, einen egoistischen Ausbeuter zu lieben?
Ist es gut, sich selbst und seine Ansprüche an Mitmenschen völlig
aufzugeben, und ihnen in geradezu hündischer Weise willfährig
zu sein, sich alles gefallen zu lassen, jede Unverschämtheit hinzunehmen,
keinen Wunsch abzuschlagen, keine Bedürftigkeit zu überprüfen?
Ist es gut, von einem Wirtschafts- und Schuldendesaster in das andere zu
fallen?
Welche ethischen Maßstäbe setzt Brecht in dem Stück
selbst? Wann ist ein Mensch „gut“? Am Anfang [Brecht
GW, 4, 1492] meint DER DRITTE GOTT, dass Wang, der Wasserverkäufer,
ein guter Mensch sei. Da belehrt ihn aber DER ZWEITE GOTT mit dem Hinweis,
dass Wang mit doppeltem Boden ausschenkt, also betrügt (in der Erlanger
Inszenierung verkauft er zeitgemäss saures Regenwasser). Man kommt
überein, dass Wang als Betrüger anzusehen sei, der damit als
guter Mensch entfalle. Tatsächlich ist das natürlich nur ein
Aspekt. Dass dieser einzige Aspekt genügt, ihn als möglichen
guten Menschen zu verwerfen zeigt, dass Brecht seine Götter einen
harten Maßstab anlegen lässt. Eine Verfehlung genügt hier.
Dabei ist Wang Shen Te gegenüber sicher gut und ein treuer, besorgter
und für ihre Wiederkehr kämpfender Mensch. Wang ist zur treuen
Freundschaft fähig, und das ist sicher ein guter Zug. Doch dieser
Zug genügt den Göttern nicht. Andererseits muss man sagen fehlt
auch Shen Te des öfteren, besonders drastisch dem älteren Teppichhändlerehepaar
- die nach der Darstellung Brechts auch als gute Menschen in Frage kämen
- gegenüber, deren 200 geliehene Silberdollar sie gleich an die Mutter
des Fliegers, in den sie sich vernarrt hat, übergibt, ohne sich zu
überlegen, wie sie das Geld den Alten wird zurückzahlen können.
Bei kritischer
und tieferer Betrachtung stellt Brechts Parabel den Begriff des Guten selbst
auf den Prüfstand indem er ein Relativitätsprinzip bezüglich
der jeweiligen naturgesetzlichen, biologischen und soziologischen Rahmenbedingungen
zum zentralen Thema macht. |
Warum
ist
die Welt, sind die Menschen so schlecht ?
Wangs Interpretation: Zu Beginn des Stückes wird von den
Göttern auch die Frage aufgeworfen, weshalb es den Menschen hier so
schlecht geht. Als Wang, der Wasserverkäufer, davon erzählt,
dass in der Provinz Kwan große Armut herrsche, weil sie seit Jahrzehnten
von Überschwemmungen heimgesucht werde und dies den Göttern als
Folge fehlender Gottesfurcht verkaufen will, widerspricht DER ZWEITE GOTT:
„Unsinn, weil sie den Staudamm verfallen ließen“ [Brecht
GW 4, 1491]. Die Welt ist demnach nicht nur schlecht, weil die Menschen
es an Charakterstärke und Ethik vermissen lassen, sondern es mangelt
offenbar auch an der verantwortlichen Nutzung der Fähigkeiten. Das
wird durch die derzeitige fehlende handwerklich-fachliche Qualität
unserer PolitikerInnen mehr als bestätigt [was alles nötig
wäre, Beispiel der Staatsverschuldung].
Literatur (Auswahl)
-
Brauneck, Manfred
& Schneilin, Gérard (1986, Hrsg.). Theaterlexikon. Begriffe
und Epochen, Bühnen und Ensembles. Reinbek: Rowohlt.
-
Brecht, Bertolt
(1967). Der gute Mensch von Sezuan. Gesammelte Werke 4, Stücke 4,
1486-1607. Frankfurt: Suhrkamp (Werkausgabe).
-
Gehrke, Hans
(1992, 7. v. A.). Bertolt Brecht. Der gute Mensch von Sezuan. Kommentare,
Wertungen und Anregungen für den Unterricht. Hollfeld: Beyer.
-
Kleine, Sven
(2006). Erlanger Fassung: Der gute Mensch von Sezuan. Skript Theater Erlangen.
-
Ueding, Gert
(1996). Interpretation. Bertolt Brecht: Der gute Mensch von Sezuan. Stuttgart:
Reclam.[I]
Links (Auswahl: beachte)
Veränderte URLs ohne Weiterleitung wurden
entlinkt.
-
Markgrafen-Theater-Info.
"Eröffnungspremiere. Der gute Mensch von Sezuan. Bertolt Brecht
Mit Theresa Braun, Thomas Graw, Tanya Häringer, Gregor Henze,
Peter Neutzling, Andreas Petri, Wolfgang Preuß, Stefan Rieger, Jennifer
Sabel, Lea Schmocker, Nicoline Schubert, Winfried Wittkopp u.a. Regie:
Sandrine Hutinet. Bühne: Matthias Schaller Kostüme: Christine
Haller. Markgrafentheater. Eröffnungspremiere. Info: "Drei Götter
steigen auf die Erde herab. Ihr Auftrag: So viele gute Menschen wie möglich
zu finden – zum Beweis, dass die Welt im Grunde genommen einer vernünftigen
und gerechten Ordnung gehorcht und nicht verändert werden muss. Doch
was die Götter antreffen ist alles andere als ‚gut’. Sie begegnen
egoistischen Einzelindividuen, die durch die unmenschlichen Verhältnisse
und den Überlebenskampf jeder gegen jeden das moralische Bewusstsein
für ihre Mitmenschen verloren haben – bis sie auf die Prostituierte
Shen Te stoßen, die ihre Menschenliebe nicht verloren hat. Ist sie
vielleicht „Der gute Mensch von Sezuan“? Um ihre Integrität auch ökonomisch
zu stützen, statten die Götter sie mit Geld aus, mit dem Shen
Te sich einen Tabakwarenladen kauft und eine Existenz aufbaut. Doch bald
muss sie feststellen, dass ihre Gutmütigkeit von allen Seiten ausgenutzt
wird. Um nicht unterzugehen, erfindet sie einen ‚Doppelgänger’, Shui
Ta, der mit knallharter Ellenbogenmentalität das Geschäft vor
dem Ruin bewahrt, während Shen Te weiterhin sozial handelt. Auf Dauer
lässt sich diese Doppelrolle aber nicht aufrechterhalten...
Bertolt Brechts zwischen 1938 und 1941 im Exil verfasste
Parabel „Der gute Mensch von Sezuan“ verbindet in gleichnishafter und philosophischer
Weise die Frage nach dem moralischen Bewusstsein des Einzelnen mit den
gesellschaftlichen, d.h. vornehmlich ökonomischen, Verhältnissen.
Wie kann man ‚ gut’ sein in einer ‚schlechten’ Welt? Wieviel individuellen
Existenzkampf um Arbeit und Auskommen eine Gesellschaft aushält und
wie weit der Einzelne dazu verdammt ist, eine schizoide Doppelrolle zu
spielen, wird die junge Regisseurin Sandrine Hutinet (Inszenierungen u.a.
an den Staatstheatern Mainz, Karlsuhe, Braunschweig und am Maxim Gorki
Theater Berlin) mit diesem perfekt konstruierten Lehrstück untersuchen."
Quelle 2006: https://www.theater-erlangen.de/daten/stueckdetail.asp?StueckID=410&VonSeite=11_eigen.asp
-
Zum Verlauf des Stückes und dem Gang der Handlung > Wikipedia.
-
Landestheater
Tübingen.
-
Mecklenburgisches Staatstheater.
-
Theater tri-buehne Stuttgart.
-
Theater
Freiburg.
-
Theater Nordhausen [PDF-Info]
-
Mouse on Produktion Frankfurt [Info]
-
Google: <Wissenschaftliche
Artikel zu DER GUTE MENSCH VON SEZUAN>
-
Google: <DER GUTE MENSCH VON SEZUAN Theater>
-
Dieter Wunderlich
Seite.
Politisch-gesellschaftliche Querverweise:
Glossar,
Anmerkungen und Endnoten:
___
GIPT = General and Integrative
Psychotherapy,
internationale Bezeichnung für Allgemeine und Integrative Psychotherapie.
___
Abwehr. Obwohl Shen Te in der Rolle des
"Vetters" Shui Ta von Sun, dem Flieger, weiß, dass dieser allein
nach Peking gehen, sie nicht heiraten und nur ausnutzen will, tritt diese
schmerzliche und brutale Erkenntnis ziemlich schnell in der Hintergrund,
wird zunehmend rationalisiert
und bagatellisiert. [Brecht,
GW, 4, 1553]:
___
Aktuelle Bezüge
-
Der Betrug des Wasserverkäufers, der im Stück mit doppeltem Boden
arbeitet, wird in der Neuinszenierung dahin gewandelt, dass er nun zeitgemäß
passend „saures Regenwasser“ verkauft.
-
Die Arbeiter der Tabakwarenfabrik tragen sehr aktuell Hemden mit dem Aufdruck
1 Euro.
-
Videoeinblendungen zeigen „Siemens“
- besonders eindrucksvoll und passend für Erlangen - und andere globale
Vertreter der „Deutschland
AG“ Die Videoeinblendungen waren teilweise störend, weil
sie geteilte Aufmerksamkeit erforderten; besonders dort, wo sie gar keine
besondere Funktion hatten und daher überflüssig waren. Förderlich
wären Videoeinblendungen der Texte der Lieder gewesen, die nur schwer
zu verstehen waren, wie eine Diskussionsteilnehmerin am 8.10.6 vorschlug.
___
Anmerkung
Brecht grüßt Herrn Kleinfeld. Die Veränderung der Siemensbetriebskultur
geht auf Heinrich von Pierer zurück, für den auch der Beiname
"Heinrich der Halbierer" erfunden wurde [Witz]
zurück. Kleinfeld ist "nur" eine Folge.
___
autonome Unbedingtheit.
Die Formulierung "Ich will nicht wissen, ob er mich liebt." drückt
eine typisch eigensüchtig und ungesund schizoide
Liebeshaltung aus.
___
Beweisfrage der Parabel.
[Brecht, GW,
4, 1492]: „DER DRITTE GOTT: In dem Beschluß hieß es: die Welt
kann bleiben, wie sie ist, wenn genügend gute Menschen gefunden werden,
die ein menschenwürdiges Dasein leben können. ...“ Dieser Beschluss
wird während der Handlung - gleich am Anfang schon eingeschränkt
und zurückgenommen (fett-kursiv RS) DER ERSTE GOTT: „... Wir müssen
einen
finden! ...“ [Brecht,
GW, 4, 1492].
„DER DRITTE GOTT: Es steht nicht zum besten mit
unserer Suche. Wir finden hier und da gute Anläufe, erfreuliche Vorsätze,
viele hohe Prinzipien, aber das alles macht ja kaum einen guten Menschen
aus. Wenn wir halbwegs gute Menschen treffen, dann leben sie nicht menschenwürdig.
...“ [Brecht,
GW, 4, 1565]
„DER DRITTE GOTT: ..., unsere Gebote scheinen tödlich
zu sein. Ich fürchte, es muß alles gestrichen werden, was wir
an sittlichen Vorschriften aufgestellt haben. Die Leute haben genug zu
tun, nur das nackte Leben zu retten. Gute Vorsätze bringen sie an
den Rand des Abgrunds, gute Taten stürzen sie hinab.“ [Brecht,
GW, 4, 1596]
Im 5. Zwischenspiel [Brecht,
GW, 4, 1595] sagt DER ERSTE GOTT: „... Unsere ganze Suche ist gescheitert.
Wenige Gute fanden wir, und wenn wir welche fanden, lebten sie nicht menschenwürdig.
Wir hatten schon beschlossen, uns an Shen Te zu halten.“ Und: DER
ERSTE GOTT: „... Brüder, wir dürfen nicht verzweifeln. Einen
haben wir doch gefunden, der gut war und nicht schlecht geworden ist, und
er ist nur verschwunden. Eilen wir, ihn zu finden. Einer genügt. Haben
wir nicht gesagt, daß alles noch gut werden kann, wenn nur einer
sich findet, der diese Welt aushält, nur einer!“ [Brecht,
GW, 4, 1596]
___
Brecht, Bertolt. Eine ausführliche,
eindrucksvolle und kritische Biographie wurde jüngst in dem Film "Liebe
und Revolution" vorgelegt, das gut zum Stück DER GUTE MENSCH VON
SEZUAN passt, weil auch Brechts egoistische und brüchig-feige
Charakterzüge im Umgang mit seinen Mitmenschen, besonders seinen Frauen,
sehr klar und eindringlich neben dem großen Künstler und überragenden
Gesellschaftskritiker aufgezeigt werden.
___
Eindrücke. Meine "Eindrücke"
von Theateraufführungen sind zwar an manchen Stellen gelegentlich
kritisch, sind aber nicht als traditionelle Theaterkritiken misszuverstehen.
Hierzu bin ich gar nicht ausgebildet und habe auch zu wenig Theaterkenntnis
und -erfahrung. Ich kann also die vielfältige Leistung von Dramaturgie,
Regie, Musik, Bühnentechnik und Darstellung, besonders der SchauspielerInnen
gar nicht angemessen bewerten. Und deshalb möchte ich mich auch mit
Eindrücken
begnügen. Ich verlange vom Theater nicht mehr, als dass es Interesse
weckt, berührt und zur Auseinandersetzung mit der Aufführung
und des ihr zugrundeliegenden Stückes anregt. Die Erlanger Inszenierung
von Brechts DER GUTE MENSCH VON SEZUAN hat dies mehr als geleistet
und so gesehen bin ich zufrieden: ein wirklich erlebenswertes Stück,
wie auch der lang anhaltende Beifall zeigte. Nicht so begeistert war ich
von den Streichungen: in erster Linie des gesamten
Epilogs;
ein wenig auch von der Streichung des grossen, wenn auch nur fünfzeiligen
Liebesgedichtes
und dem Zusammenstreichen des großen Plädoyers
Shen Te's im Gerichtssaal von 37 auf 14 Zeilen. In der Diskussion am 8.10.6
(21.00 Uhr) wies der Dramaturg Sven Kleine aber darauf hin, dass gestrichen
werden musste, weil das Stück in Originallänge sonst vier Stunden
dauern würde (das Stück beinhalte allein 26 Ansprachen an die
Zuschauer!).
___
Epilog
"Vor den Vorhang tritt ein Spieler und wendet sich entschuldigend
an das Publikum mit einem Epilog.
Verehrtes Publikum, jetzt kein Verdruß:
Wir wissen wohl, das ist kein rechter Schluß.
Vorschwebte uns: die goldene Legende.
Unter der Hand nahm sie ein bitteres Ende.
Wir stehen selbst enttäuscht und sehn betroffen
Den Vorhang zu und alle Fragen offen.
Dabei sind wir doch auf Sie angewiesen
Daß Sie bei uns zu Haus sind und genießen.
Wir können es uns leider nicht verhehlen:
Wir sind bankrott, wenn Sie uns nicht empfehlen!
Vielleicht fiel uns aus lauter Furcht nichts ein.
Das kam schon vor. Was könnt die Lösung sein?
Wir konnten keine finden, nicht einmal für Geld.
Soll es ein andrer Mensch sein? Oder eine andre Welt?
Vielleicht nur andere Götter? Oder keine?
Wir sind zerschmettert und nicht nur zum Scheine!
Der einzige Ausweg wär aus diesem Ungemach:
Sie selber dächten auf der Stelle nach
Auf welche Weis' dem guten Menschen man
Zu einem guten Ende helfen kann.
Verehrtes Publikum, los, such dir selbst den Schluß!
Es muß ein guter da sein, muß, muß, muß!" [Brecht,
GW, 4, 1607]
___
gut. Textstellen zum Begriff des Guten in
DER
GUTE MENSCH VON SEZUAN bei Brecht:
„... Keinen verderben zu lassen, auch nicht sich selber / Jeden mit
Glück zu erfüllen, auch sich, das / Ist gut. ...“ [Brecht
GW, 4, 1553; Zwischenspiel vor dem Vorhang]
___
Helfersyndrom
- Eine Indikation für die Psychotherapie. Hervorstechend sind
bei Shen Te folgende Symptome (1) Nicht Nein sagen können; (2) es
allen recht machen wollen; (3) unbedingt und immerzu, geradezu suchtartig
und zwanghaft helfen wollen ("Helfersyndrom"); (4) Realitätsverlust
(a) sie kann nicht haushalten und wirtschaften; (b) was geht und was hilft
im Augenblick, aber dadurch vielleicht gerade nicht auf Dauer?; (c) sie
erkennt nicht, dass der arbeitslose Flieger Yang Sun nichts taugt; (5)
mangelnde Selbstkritik (was kann ich leisten und was nicht, sie übernimmt
sich, kennt ihre Grenzen nicht) und starke Abwehr;
(6) übertriebene Schuldgefühle und ein andauernd schlechtes Gewissen,
zum Teil paradoxerweise sogar zu Recht, weil sie sich übernimmt und
(7) ihre Versprechen nicht einhalten kann. (8) Hörigkeit
gegenüber dem arbeitslosen Flieger Yang Sun. Das alles wird zum besonderen
Problem, weil sie auch einen verständlichen und berechtigten Wunsch
nach Leben, ökonomischer Sicherheit und natürlich nach Liebe
hat, zu der sie unter der Liebeserfahrung mit dem Flieger zu einer depressiv-romantisch-heroischen
Einstellung findet, ausgedrückt in dem großen Liebesgedicht,
das in der Erlanger Inszenierung ebenso fehlte wie der Epilog.
Aus psychopathologischer
Sicht kommen für Shen Te eine Reihe von Symptomen folgender Störungen
in Betracht: Abulie (Willenlosigkeit), depressive
Persönlichkeitsstruktur nach Riemann, ein Helfersyndrom, Psychasthenie
("Seelenschwäche"), Asthenie ("Schwäche"), dependente
(abhängige) Persönlichkeit, Hörigkeit.
Aus verhaltenstherapeutischer Sicht fehlt ihr vor allem die Selbstbehauptung,
Selbstdurchsetzung und soziale Kompetenz.
___
Hutinet, Sandrine. [Homepage]
___
Liebesgedicht [fehlte in der
Erlanger Inszenierung; Quelle: (GW, 4, 1552).
"Ich will mit dem gehen, den ich liebe.
Ich will nicht ausrechnen, was es kostet.
Ich will nicht nachdenken, ob es gut ist.
Ich will nicht wissen, ob er mich liebt.
Ich will mit ihm gehen, den ich liebe."
___
Manchmal. Was als richtig und was als
falsch zu beurteilen und zu bewerten ist, hängt von den Zielen und
Zwecken, die man verfolgt, von der Situation, den Möglichkeiten und
Fähigkeiten, die man hat und natürlich vom jeweiligen Wertsystem
ab. Was in der einen Situation gut sein mag, ist in einer anderen falsch.
Was kurzfristig angenehm ist (z.B. Drogen), kann langfristig ins Verderben
führen. Manchmal ist fliehen gut, ein andermal kämpfen nötig.
Der
Doppelcharakter
und die Relativität aller (Heil-) Mittel spielt in der Konzeption
der Allgemeinen und Integrativen Psychotherapie eine grundlegende Rolle.
___
Nein sagen. Sehr wichtig für
Selbstvertrauen, Selbstsicherheit und ein charakteristisches Merkmal für
Selbstbehauptung und Durchsetzung. Nicht Nein sagen können
ist ein Merkmal vieler psychopathologischer Störungen.
Als Shen Te's Wirtsleute, die sie einst, als sie kein Geld mehr hatte,
auf die Straße setzten, vorbeikommen, um ein Nachtlager ersuchen
und sie sich deren Situation vergegenwärtigt, sagt sie sich: „...
Sie brauchen jemand. / Wie könnte man da nein sagen? ...“ [Brecht
GW, 4, 1500]
___
Nirgendwo willkommen. Die
Götter scheinen nirgendwo willkommen: „DER ZWEITE GOTT: Zufälle
in Schun, Zufälle in Kwan und Zufälle in Sezuan. Es gibt keinen
Gottesfürchtigen mehr, das ist die nackte Wahrheit, der ihr nicht
ins Gesicht schauen wollt. Unsere Mission ist gescheitert, gebt es Euch
zu!“ (Brecht
GW, 4, 1492).
___
Parabel. [,W,]
Bei Brecht Lehrstück, ursprünglich eigentlich Gleichnis, Analogie,
ein Problem wird in verschlüsselter, indirekter Form zum Ausdruck
gebracht.
DER GUTE MENSCH VON SEZUAN ist aber sehr direkt und unverschlüsselt.
Es ist ohne Zweifel ein Lehrstück mit der zentralen Botschaft, dass
man in dieser Welt, in diesen kapitalistischen Verhältnissen nicht
gut sein kann, wenn man selbst einigermaßen gut überleben will.
Diese im Stück sehr drastisch aufgezeigte, aber letztlich ungelöste
Problematik verdeutlicht auch der Höhepunkt des Lehrstückes,
der Epilog, der in der Inszenierung von Sandrine
Hutinet
(Berlin) weggelassen wurde, obwohl doch gerade hier zum Ausdruck kommt,
wie wichtig es ist, dass der Zuschauer sich weiterhin mit dieser Frage
auseinandersetzt und für sich eine Lösung sucht. [Lit: Brauneck
et al.]
___
Plädoyer Shen
Te's im Gerichtssaal [Brecht
GW, 4, 1603f; fett-kursiv, was die Erlanger Inszenierung brachte]
Shen Te kann nicht gleichzeitig gut sein zu andern und zu sich selbst
[1603f]:
„Ja, ich bin es. Shui
Ta und Shen Te, ich bin beides.
Euer einstiger Befehl
Gut zu sein und doch zu leben
Zerriß mich wie Ein Blitz in zwei Hälften. Ich
Weiß nicht, wie es kam : gut sein zu andern
Und zu mir konnte ich nicht zugleich
Andern und mir zu helfen, war mir zu schwer.
Ach, eure Welt ist schwierig! Zu viel Not, zu viel Verzweiflung!
Die Hand, die dem Elenden gereicht wird
Reißt er einem gleich aus! Wer den Verlorenen hilft
Ist selbst verloren! Denn wer könnte
Lang sich weigern, böse zu sein, wenn da stirbt, wer kein Fleisch
ißt?
Aus was sollte ich nehmen, was alles gebraucht wurde? Nur
Aus mir! Aber dann kam ich um! Die Last der guten Vorsätze
Drückte mich in die Erde. Doch wenn ich Unrecht tat
Ging ich mächtig herum und aß vom guten Fleisch
Etwas muss falsch sein an eurer Welt. Warum
Ist auf Bosheit ein Preis gesetzt und warum erwarten den Guten
So harte Strafen? Ach, in mir war
Solch eine Gier, mich zu verwöhnen! Und da war auch
In mir ein heimliches Wissen, denn meine Ziehmutter
Wusch mich mit Gossenwasser! Davon kriegte ich
Ein scharfes Aug. Jedoch Mitleid
Schmerzte mich so, daß ich gleich in wölfischen Zorn verfiel
Angesichts des Elends. Dann
Fühlte ich, wie ich mich verwandelte und
Mir die Lippe zur Lefze wurd. Wie Asche im Mund
Schmeckte das gütige Wort. Und doch
Wollte ich gerne Engel sein in den Vorstädten. Zu schenken
War mir eine Wollust. Ein glückliches Gesicht
Und ich ging wie auf Wolken.
Verdammt mich: alles was ich verbrach
Tat ich, um meinen Nachbarn zu helfen
Meinen Geliebten zu lieben und
Meinen kleinen Sohn vor dem Mangel zu retten.
Für eure großen Pläne, ihr Götter
War ich armer Mensch zu klein.“
___
Rationalisieren
und bagatellisieren. Rationalisieren bedeutet einen Abwehrmechanismus,
der einen anderen Grund vorgibt als den wirklichen. Bagatellisieren bedeutet
das wirkliche Ausmaß eines Fehlers oder Mangels kleinmachen. Eine
Sonderform der Bagatellisierung ist der Euphemismus,
das Schönreden.
___
Schaf. Metapher für gutmütig,
trottelig, unkritisch, überbrav, naiv, wehr- und hilflos, Schlachtbankkandidatin
mit der typisch neutestamentlichen Haltung, nach einem Schlag auf die eine
Backe, auch noch die andere anzubieten.
___
Sprüche
-
„DER ZWEITE GOTT streng: Je schlimmer seine Lage ist, als desto
besser zeigt sich der gute Mensch. Leid läutert!“ [Brecht
GW, 4, 1565]
-
„DIE GÖTTER ... - Wir sind nur Betrachtende. Wir glauben fest, daß
unser guter Mensch sich zurechtfinden wird auf der dunklen Erde. - Seine
Kraft wird wachsen mit der Bürde. ... [Brecht
GW, 4, 1565]
-
Shen Te: „..., der Magen knurrt leider auch, wenn der Kaiser Geburtstag
hat.“ [Brecht
GW, 4, 1494]
-
Shen Te: „... Wie soll ich gut sein, wo alles so teuer ist?“ [Brecht
GW, 4, 1498]
-
Shen Te: „... Was ein Mann zu Männern sagt, das bedeutet nichts. ...“
[Brecht GW,
4, 1553] Eine Rationalisierung
und Bagatellisierung.
___
Verfremdungseffekt. Der Zuschauer
soll sich nicht mit einem Helden überidentifizieren, sondern sich
stets bewusst sein, dass er im Theater ist. Dieses Ziel kritischer Distanz
soll mit dem Verfremdungseffekt [,W,]
erreicht werden. Hierzu gibt es viele Stilmittel, z.B. dass ein urchristliches
Thema und die Religionskritik des Christentums mitten in China [,W,]
spielt.
___
Zahl der Götter. Bei Brecht
sind es drei Götter, deren Zahl an die christliche Dreifaltigkeit
(Dreieinigkeit) erinnert. In der Erlanger Inszenierung sind es nur zwei
Götter.
___
Querverweise
Standort: Der gute Mensch von Sezuan.
*
* Brecht
in der IP-GIPT: *
Fragen eines lesenden Arbeiters * Die
Frage, ob es einen Gott gibt *
Aus dem Galilei
die berühmte Passage, ob eine Stecknadel auf Wasser schwimmt *
* Theater
in der IP-GIPT:
Kafka: Die Verwandlung
* Beckett: Das leztzte
Band * Horváth:
Kasimir & Karoline * Strindberg:
Der Vater * * Shakespeare:
Hamlet,
Richard
III. *
Bochert:
Credits * Rehberg:
Wölfe * Ibsen:
Gynt * Giraudoux:
Apoll von Bellac *
Überblick Kunst,
Ästhetik, Psychologie und Psychopathologie der Kunst in der IP-GIPT.
Literatur- und Link- Liste zu den Seiten: Kunst,
Ästhetik, Psychologie und Psychopathologie der Kunst.
*
*
Dienstleistungs-Info.
*
Zitierung
Sponsel, Rudolf (DAS). Der
gute Mensch von Sezuan. Eindrücke zur Erlanger Inszenierung Brechts.
Aus unserer Abteilung Kunst, Ästhetik, Psychologie der Kunst. IP-GIPT.
Erlangen: https://www.sgipt.org/kunst/theater/sezuan.htm
Copyright & Nutzungsrechte
Diese Seite darf von jeder/m in nicht-kommerziellen
Verwertungen frei aber nur original bearbeitet und nicht inhaltlich
verändert und nur bei vollständiger Angabe der Zitierungs-Quelle
benutzt werden. Das direkte, zugriffsaneignende Einbinden in fremde Seiten
oder Rahmen ist nicht gestattet. Zitate und Links sind natürlich willkommen.
Sofern die Rechte anderer berührt sind, sind diese dort zu erkunden.
Sollten wir die Rechte anderer unberechtigt genutzt haben, bitten wir um
Mitteilung. Soweit es um (längere) Zitate aus ... geht,
sind die Rechte bei/m ... zu erkunden oder eine Erlaubnis einzuholen.
Ende_Brecht
Sezuan_Überblick_Rel.
Aktuelles _Rel.
Beständiges _Titelblatt_Konzept_
Archiv_
Region_Service-iec-verlag__Mail:
sekretariat@sgipt.org__Wichtiger
Hinweis zu Links und Empfehlungen.
korrigiert: irs 21.10.06, 16.10.
Änderungen wird
gelegentlich überarbeitet, ergänzt und vertieft * Anregungen
und Kritik willkommen
01.04.15 Linkfehler geprüft und
korrigiert.
17.02.07 Linkergänzungen.
24.10.06 Ergänzungen
Interpretationshilfen. * Interpretationsergänzung: Begriff
des Guten selbst auf dem Prüfstand.
21.10.06 Kleine Korrekturen und Ergänzungen.
14.10.06 Ergänzung zu den Videoeinblendungen
und Link zur Welthungerhilfe.
13.10.06 Die
Parabel im Lichte des gescheiterten Kommunismus.