Persiflierende Zyglosse
auf das Heinrich von Pierer Siemens
und die "Deutschland AG"
In der Hugenotten- und Siemensstadt Erlangen geistert dieser Tage ein Papier von Hand zu Hand, von Mailbox zu Mailbox, das den Siemens-Chef und seine Wirtschafts-, Finanz- und Firmenpolitik ganz im Stile einer Zyglosse persifliert. Dieses "Dokument" des Ungeistes der "Deutschland AG" benutzt in raffinierter Form ein fiktives Interview zwischen dem "Stern" und Heinrich von Pierer, derzeitiger Firmenchef von Siemens - und gelegentlich aggressiv- spöttisch Heinrich, der Halbierer, genannt - , der von der FDP als Präsidentschafts- Kandidat ins Spiel gebracht wurde und im fiktiven Interview gar eine weitere Beförderung erfährt. Doch lesen Sie selbst: |
STERN: Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, Kritiker werfen Ihnen vor, sie seien bei der Sanierung Deutschlands übertrieben brutal vorgegangen.
v. Pierer: Das sehe ich nicht so. Als mich das überparteiliche Bündnis fragte, ob ich Kanzler werden möchte, um Deutschland vor dem Konkurs zu retten, habe ich erklärt, dass ich das Land so sanieren werde wie ich Siemens saniert habe: streng marktwirtschaftlich. Siemens und Deutschland gleichen sich in gewisser Weise: zwei Gemischtwarenläden mit sehr unterschiedlichen Komponenten, die einen leistungsfähig, die anderen weniger. Ich habe nur das gemacht, was ich auch bei Siemens gemacht habe: unproduktive Unternehmensteile abgestoßen.
STERN: Sie sprechen von den neuen Bundesländern?!
v. Pierer: Nicht von allen. Thüringen und Sachsen haben sich ja als sanierungsfähig erwiesen, diese Bundesländer führen wir weiterhin in unserem Länder-Portfolio. Für Mecklenburg-Vorpommern konnten wir dies nicht mehr verantworten, da ein Totalverlust drohte. Da kam uns das Angebot der Bush-Administration ganz recht, gegen die Übernahme der Landesschulden und für den symbolischen Kaufpreis von 1 EUR das Land als Atomtestgelände zu kaufen.
STERN: Polen hat Hamburg, Bremen, Berlin, das Saarland, Brandenburg und Sachsen-Anhalt sogar kostenlos bekommen.
v. Pierer: Richtig. Sie dürfen aber nicht vergessen, dass sich Polen im Gegenzug verpflichtet hat, drei Millionen der ärmsten deutschen Rentner dort anzusiedeln. Von 300 EUR Rente kann in Deutschland niemand leben, aber in Polen wegen der wesentlich geringeren Lebenshaltungskosten. Mit dieser Transaktion konnten wir die Sozialhilfekosten massiv reduzieren und den deutschen Kommunen wieder Handlungsspielraum verschaffen.
STERN: Den Bundeshaushalt haben Sie durch einen Verkauf der deutschen Schulden an US-Pensionsfonds saniert. Es gab durchaus Kritik daran, dass Sie als Sicherheit die Alpen, den Schwarzwald, den Kölner Dom, die Rüdesheimer Drosselgasse, Schloss Neuschwanstein sowie Rothenburg o. d. Tauber und das Münchner Oktoberfest verpfändet haben.
v. Pierer: Verpfändet bedeutet nicht verkauft. Die einheimische Bevölkerung kann diesen Event sowie die Landschaften und Liegenschaften weiterhin ungehindert nutzen.
STERN: Bei den Arbeitslosen sind sie einen neuen Weg gegangen ...
v. Pierer: ... den am Anfang viele nicht verstanden haben. Erst hieß es, es sei widersinnig, die Arbeitslosenzahl durch Entlassungen senken zu wollen. Aber das macht jeder Manager, der zu viele Leute hat, die zuviel Geld kosten. Er entlässt sie einfach! Wir haben zwei Millionen Arbeitslose aus der deutschen Staatsbürgerschaft ausgegliedert und aus Deutschland ausgewiesen.
STERN: Wohin?
v. Pierer: Unterschiedlich. Nicht wenige sind mit einer "Blond Card" als Straßenkehrer nun in Indien tätig. Andere haben sich im Rahmen des "Ich-AG" Förderprogramms in diversen afrikanischen Bürgerkriegsländern als Söldner verpflichtet.
STERN: Auch bei der Landesverteidigung konnten Sie massiv sparen.
v. Pierer: Das stimmt. Sie als Privatmann halten sich ja auch keinen persönlichen Polizisten. Warum sollten wir das als Staat tun?! Dem Trend zum Outsourcing können sich auch die öffentlichen Einrichtungen nicht entziehen. Also haben wir die Bundeswehr abgeschafft, die viel zu teuer ist. Im Bedarfsfall kaufen wir uns Sicherheitsleistungen zum Beispiel von US-Söldnerfirmen ein, die zudem auch noch das ganze Kriegsgerät vorrätig halten. So entfallen für uns darüberhinaus auch Lager- und Wartungskosten. Just-in-time-Sicherheit sozusagen.
STERN: Sogar die Politiker haben Sie zu Gunsten der Staatskasse eingespannt.
v. Pierer: Es war nicht einzusehen, dass solche hochkarätigen Entertainer kostenlos bei Vereinsfesten und Einweihungen auftreten. Seitdem wir Gebühren für die Anwesenheit von Politikern erheben, kommt Geld in die Staatskasse und die Terminflut für die Politiker nimmt ab, so dass diese endlich wieder in ihren Büros zum Wohle des Staates arbeiten können, statt bei irgendwelchen Karnickelzüchtern Grußworte zu sprechen. Die Deutschen müssen sich dran gewöhnen, dass es nichts kostenlos gibt, auch nicht Grußworte von Politikern. Roberto Blanco singt bei der Einweihung eines Baumarktes ja auch nicht kostenlos.
STERN: Aber ein Staatssekretär singt doch auch nicht.
v. Pierer: Auf Wunsch und gegen Aufpreis wird auch dieser Service angeboten!
STERN: Was sind Ihre nächsten Pläne, Herr Bundeskanzler?
v. Pierer: Wir haben noch zirka 2,5 Millionen Arbeitslose in Deutschland. Ich beabsichtige, durch weitere Entlassungen endlich Vollbeschäftigung herzustellen. Außerdem müssen wir uns noch stärker auf unsere Kernkompetenzen konzentrieren. Ich habe an den Universitäten unsinnige Studienfächer wie Sozialpädagogik streichen und deutsche Kernfächer wie Ingenieurwissenschaften stark ausbauen lassen.
STERN: Durchaus mit Erfolg. Wird Deutschland durch Zukäufe wachsen?
v. Pierer: Das halte ich nicht für ausgeschlossen. Wie Sie sicher wissen, befinden wir uns seit einigen Wochen in Verhandlungen mit Frankreich, weil wir das Elsass kaufen wollen. Obwohl wir den Franzosen einen fairen Preis gemacht haben, konnte hier jedoch noch kein Geschäftsabschluß getätigt werden. Aber ich glaube nicht, dass Frankreich diesen Kurs noch lange durchhalten wird können. Schließlich hat es Frankreich im Gegensatz zu Deutschland versäumt, rechtzeitig mit einem streng marktwirtschaftlichen Kurs das Ruder doch noch herumzureißen. Das hat dazu geführt, dass Paris von marodierenden Afrikanern aus den ehemaligen Kolonien zur Hälfte niedergebrannt wurde und in Marseille jetzt ein islamischer Kalif regiert. Frankreich braucht Geld, es wird uns das Elsass verkaufen. Ich will nicht verhehlen, dass wir auch Interesse an der Champagne und dem Bordelais haben.
STERN: Duce Berlusconi, der Führer des weitgehend bankrotten Italiens, soll Deutschland Südtirol zum Kauf angeboten haben?
v. Pierer: Das stimmt. Südtirol würde durchaus in unser Länder-Portfolio passen. Dort gibt es noch eine ausgeprägte Landwirtschaft und Landwirtschaft gehört weiterhin zu den deutschen Kernkompetenzen: Der deutsche Bauer erzeugt auf deutscher Scholle deutsche Lebensmittel. Allerdings müssten die Italiener zunächst die Altlasten entsorgen.
STERN: Altlasten?
v. Pierer: Unter diesem Begriff definieren wir die in Südtirol lebenden Italiener, die aus unserer Sicht keinen Beitrag zur Weiterentwicklung des Landes leisten. Diese müsste der Duce zurücknehmen.
STERN: Es gibt Gerüchte, Großbritannien habe Deutschland eine Fusion angeboten.
v. Pierer: Dazu möchte ich zum jetzigen Zeitpunkt nur sagen, dass Großbritannien - wie wir - gut am Markt positioniert ist. Eine solche Fusion könnte durchaus den Wert unserer Volkswirtschaften mehren. Eine solche Fusion müsste allerdings ein Merger of Equal sein. Eine feindliche Übernahme unsererseits wird es nicht geben.
STERN: Herr Bundeskanzler, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.
v. Pierer: Gern geschehen. Ich möchte Sie bitten, am Ausgang die Gebühren für das Interview in die Staatskasse einzuzahlen. Ich möchte Sie ferner noch darauf hinweisen: Dieses Interview was powered by Coca Cola light. Ich möchte Sie ferner noch darauf hinweisen, daß, aufgrund bestehender Werbeverträge zwischen der Deutschland AG und Boss AG, mein Name nur im Zusammenhang mit dem Herrenausstatter Boss genannt werden darf. Die vereinbarte Schreibweise ist einzuhalten! "von Pierer, Boss"."
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