Die Wölfe - Inszenierung im Theater "Garage"
Eine Würdigung (Kritik) von Rudolf Sponsel, Erlangen
Nachlese 23.4.2005.
Vorbemerkung: Das hat es in der kleinen Großstadt Erlangen noch nicht gegeben: Das Theaterstück - Die Wölfe - eines erklärten nationalsozialistischen Künstlers, Hans Rehberg, bewegt die ganze Stadt, (Kommentare hierzu), ja kulturell sogar das ganze Land und spaltet streckenweise die Kultur- Interessierten der Hugenotten- Stadt mit dem Slogan "Offen aus Tradition" - die erste Stadt Deutschlands, die einem Juden ein Denkmal errichtete, aber auch die Stadt, deren Universität im 3. Reich als eine der ersten überlief. Als Kuriosum sei angemerkt, daß Erlangen in der Nachkriegszeit angeblich einen eigenen Menschentyp hervorgebracht haben soll: den sog. "Siemensianer" ;-).
Das Bühnenstück: Handlung und Geschichte
Das Leitmotiv
und Hauptthema der Wölfe ist: wie
bewältigen Menschen den Krieg und seine Folgen, besonders: wie werden
die Frauen mit dem Verlust ihrer Männer fertig und was ist der Sinn
und Unsinn all dieser Opfer? Obwohl das Stück von einem erklärten
und überzeugten nationalsozialistischen Künstler - Hans Rehberg
(1901-1963) - verfaßt wurde, hat es mit nationalsozialistischer Propaganda
gar nichts zu tun, und schon gar nicht in der Inszenierung von Marc Pommerening
und dem Theater
in der Garage. Es ist kein sog. Durchhaltestück und auch kein
vaterländisches Werk. In der Wirkung dieser brillanten Inszenierung
ist es ganz klar ein Antikriegsstück, das die Not der Frauen und die
Verlorenheit der meist zum Tode bestimmten fragwürdigen Helden - o.B.d.A.
hier U-Boot- Offiziere - überzeugend thematisiert und damit auch den
Sinn des Krieges und seiner Opfer problematisiert und in Frage stellt.
Dies macht auch verständlich, weshalb das Stück selbst in der
ersten angepaßteren Uraufführung (16.4.1944 in Breslau) sehr
schnell von der Bühne verschwand: weil es zur nationalsozialistischen
Propaganda und als Durchhaltestück völlig ungeeignet war. In
der Tat kann der zentrale Konflikt dieses Stückes als Ambivalenzkonflikt
zwischen - im Stück durchaus in Frage gestellt - vaterländischer
Pflicht, Gehorsam und Opferbereitschaft auf der einen Seite und den ganz
normalen und natürlichen Bedürfnissen nach Freude, Ausgelassensein,
Lachen, Tanz, Liebe, Freundschaft und Familie auf der anderen Seite verstanden
werden.
Mich hat die Handlung, womöglich besonders
gefördert durch die exzellent verfremdende und kontrastierende Inszenierung
- ein Meisterwerk des Garagenteams mit einfachsten Mitteln - mehrfach sehr
berührt und betroffen gemacht. Damit hat das Theater für mich
geleistet, was es eigentlich soll: berühren, betreffen, gefangen nehmen,
ergreifen, anregen, bewegen. Umso mehr, je mehr Zuschauer diese Wirkungen
bei sich erleben konnten. Wie die Diskussionen nach den Aufführungen
zeigten, waren dies nicht wenige.
Die handelnden Personen und ihre Beziehungen: Maria von Oppen hat ihren Mann Robert (U-Boot-Kommandant) in den Kriegstiefen der karibischen See verloren. Sie wird damit seelisch nicht fertig und flüchtet, genährt durch intensiv abgewehrte Trauer und starke Sehnsucht nach dem Gatten in sein Versprechen ("Er hat es mir doch versprochen. Er hat mir geschworen, zu kommen."), zurückzukehren. Dies läßt sie immer wieder regelrecht Ausschau halten nach ihm. In dieser Haltung wird sie vom Schäferkarl (Rolle eines Knechts, aber auch Freundes des gefallenen Robert), der das Metaphysisch-Religiöse und Alternative in diesem Stück verkörpert, unterstützt. Kurt, Bruder Roberts, der Maria zur Frau begehrt, erweist sich aus nachvollziehbaren Gründen als durchgängiger Gegner des Schäferkarl, weil dieser die irrationale Sehnsuchtshoffnung Marias auf eine Wiederkehr des toten Robert nährt und unterstützt. Schließlich finden Maria und Kurt nach metaphysischen Auseinandersetzungen doch noch zu einander. Auch Bobby, der in Lore verliebt ist, kann sich erklären und gewinnt die Liebe Lores. Heiko Griff ist der dritte Mann fürs U-Boot und seine Frau Ursula, mit der er frisch verheiratet ist, eine Freundin von Maria und Lore. Bevor die drei Männer zum U-Booteinsatz vom " großen Löwen" - Admiral Dönitz - abkommandiert werden, schwängert Bobby Lore, wovon er aber erst kurz vor seinem Tod auf dem U-Boot durch Heiko erfährt. Nach 80 Tagen vergeblicher Bemühungen um Feindberührung kommt es schließlich zu einer Konfrontation und zum Kampfeinsatz des U-Bootes, bei dem Bobby und Kurt getötet werden. Maria verliert zum zweiten Mal ihren Mann und liegt nun im existenziellen Widerstreit zwischen Verzweiflung, Verfluchung und Treue gegenüber dem Vaterland.
Im einzelnen benötigt
das Stück nur 8 Personen:
Bobby Neumann (gespielt von Andreas Petri)
Kurt von Oppen (gespielt von Bernhard Majcen)
Robert von Oppen (gespielt von Bernhard Majcen)
Heiko Griff (gespielt von Denis Larisch)
Ursula Griff (gespielt von Lisa Braun)
Lore von Oppen (gespielt von Tanya Häringer)
Maria von Oppen (gespielt von Michaela Kaspar)
Schäferkarl (gespielt von Winfried Wittkopp)
Die großen Themen der Handlung: Das Stück handelt in der Mitte des 2. Weltkrieges im U-Boot-Milieu. Seine zentralen Themen sind Liebe, Rolle der Männer und Frauen, Krieg, Schmerz, Leid, Opfer, Trauer, Tod, Gott, Jenseits, Wiederkehr, Helden, Vaterland, Sinn und Unsinn des Krieges, des Lebens und des Schicksals und damit verbunden Chaos, Verwirrung, seelische Not und und das immerwährende Lebensthema - besonders im Krieg - Bewältigung all dessen wie auch existenziell Metaphysisches, was natürlich dazu gehört.
Die Kernfragen
der
Wölfe sind überzeitlich allgegenwärtig aktuell
"Süß und ehrenvoll ist es, für das Vaterland zu
sterben" (Horaz, Oden)
Wofür lohnt es sich zu sterben? Fürs Vaterland? Für eine gute und gerechte Sache? Im Buch Die Soldaten sagt Schneider im 1. Kapitel: "Wofür sterben Soldaten: Raum und Ruhm" und er fragt eingangs: "Wofür haben sie gekämpft, die Hunderte von Millionen Krieger und Soldaten der Weltgeschichte, die Griechen in Indien, die Römer in Schottland, die Normannen auf der Krim, die Portugiesen in China, in der Ukraine und in Schweden, auf Java die Württemberger? Wofür sind sie einen grausamen Tod gestorben, die Engländer in der Wüste, die Neger in Frankreich, die Deutschen im Kaukasus, die Türken in Korea?" Die Menschen wurden von den Herrschern immer mißbraucht für ihre Zwecke und werden hierfür seit Menschen Gedenken in einen meist sinnlosen, ungerechten und falschen Tod geschickt. Und die Frage des Sinnes für Krieg, Opfer und Tod stellt sich auch ganz aktuell für viele SoldatInnen auf der Welt, denken wir nur an die "Koalition der Willigen" im Irak. Täglich wandern Särge in ihre Heimat. Es gibt im Grunde keine wichtigere und existenziellere Frage als die: wofür lohnt sich zu leben und zu sterben? Genau diese Frage ist der zentrale und grundlegende Konflikt, um den die Wölfe spielen. Damit trägt das Stück, gerade weil es von einem erklärten Nationalsozialisten stammt - auch wenn er allen Klischees, die man von einem erklärten Nazidichter hat, widerspricht - nicht unwesentlich zum Verständnis der "Heldenfamilien", ihrer Denkweise, ihren Gefühlen und ihren Konflikten bei. |
Nein, das ist und war gewiß kein Nazipropagandastück. Ein Kultur- und Literaturtrottel, wer das behauptet. Auf mich hat es einerseits eher wie ein (allgemeines) Anti-Kriegsstück gewirkt, wobei die existenziellen und metaphysischen Grundfragen und Konflikte überzeugend herausgearbeitet und präsentiert wurden. Es überwiegt bei weitem die Anklage, die Botschaft der Fragwürdigkeit, die Frage nach dem Sinn und damit der Sinnlosigkeit. So wundert es mich gar nicht, daß das Stück unter den Nazis schnell abgesetzt wurde. Und so sind auch die vielfach gehörten Deutungen eines angeblichen Durchhaltestückes unhaltbar. Und es ist auch kein vaterländisches Junkerstück. Bei Lichte betrachtet und auf den Punkt gebracht, ist es ein existenzialistisches Stück, das den Konflikt zwischen fragwürdigen Helden, Sinn und Unsinn des Krieges und seiner Opfer für ein dubioses und instrumentalisiertes Schein- Vaterland zum Gegenstand hat. |
Maria: ... was sollen wir tun?
Robert: Lieben und glauben. Adieu! Maria: Geliebter! Noch eine Frage! Was sollen wir lieben? Robert: Das Vaterland. Maria: Ach, du mein Geliebter, bleibe noch, nur eine Frage lang: Was sollen wir glauben? Robert: Daß Freiheit köstlicher ist als Knechtschaft oder sogar der Tod eines Volkes. Maria: Geliebter, was ist das Vaterland? Robert: das weißt du. Maria: Nein - seid du tot bist, seitdem du nichts mehr zu mir redest und mich nicht mehr umarmst, ist alles blaß geworden, alles blaß. - Umarme mich, ach, gib mir nur die Hand. Wie grausam ist doch das, was du vom Vaterlande weißt. Du opferst, ohne dich umzusehen, dich und die anderen. Welch Untier, Robert ist dein Vaterland. Geh nicht im Zorn! Ich bitte dich! Zeig mir den Sonnenstrahl, der diese Wüste, großartig deinem Auge, dem meinen voller Schrecken, freundlich macht. |
Ausgezeichnete
Dokumentation
Eindrucksvoll fundiert, informativ, offen, authentisch und zugleich
schlicht und ausdrucksstark in der Präsentation. Die Dokumentation
umfaßt folgende Themen:
Viele
und vielfältige Diskussionsveranstaltungen
Man kann letztlich Entwicklung und Umfeld des "Dramas" um das Drama
der Wölfe und die vielen und vielfältigen Diskussionen,
die diese Inszenierung begleitete als das eigentliche, wenn auch so gar
nicht beabsichtigte Meisterstück bezeichnen. Hier wurde eine Auseinandersetzung
bewirkt, die ihresgleichen wirklich sucht.
Ein
fader Bei- und Restgeschmack bezüglich der Methoden der GegnerInnen
Weniger erfreulich war die teilweise erschütternd inkompetente
Berichterstattung, einige Kommentare der deutschen Theater- und KulturkritikerInnen
und ein paar häßliche Begleiterscheinungen aus dem Umfeld der
Welk-Rost-Rot-Grünen und der abstoßende Opportunismus der politischen
Führung der Stadt. Die teilweise zweifelhafte und unschöne Rolle
der selbsternannten - aber keineswegs repräsentativen - Erlanger Linken
und des sog. Friedensbündnisses mit sogar denunziatorischer und rufmörderischer
Agitation, erinnerte teilweise fatal an die Methoden, die man zu bekämpfen
vorgab. Am verständlichsten ist noch die Reaktion der jüdischen
Organisationen und Holocaustopfer. Aber es wäre politisch sehr gefährlich,
der Holocaust-Konditionierung der deutschen Intelligenz weiter nachzugeben
und damit eine fundierte, wahrhaftige und wirkungsvoller Auseinandersetzung
und Aufarbeitung weiterhin so zu behindern.
Fehlleistungen
der Kulturkritik
Daß der bundesdeutsche Journalismus
nicht besonders viel taugt, läßt sich auch an der Berichterstattung
und Kritik der "Wölfe" sehr schön demonstrieren. Da wird ein
Mist von angeblich professionellen KulturkritikerInnen verzapft, daß
einem schlecht werden könnte. So schreibt z.B. ein gewisser F.J. Bröder
im Fränkischen Tag, daß das Stück angeblich im ersten Weltkrieg
spielt - wiewohl man sich dann natürlich fragt, wie der "Löwe",
Admiral (seit 1942) Dönitz, der am 30.1.1943 zum Oberbefehlshaber
der Kriegsmarine ernannt, zu seiner Rolle in dem Stück gelangt oder
wie das Schicksal von U-106 (1942) den inhaltlichen Aufhänger bietet
(bei einem Tieffliegerangriff wurde ein Offizier getötet). Mit der
ausgezeichneten Dokumentation
hat sich dieser "Kulturkritiker" sicher auch nicht auseinandergesetzt,
sonst müßte man ihn ja der böswilligen Lüge oder Desinformation
bezichtigen. Das scheinen wohl auch andere KulturkritikerInnen nicht gemacht
zu haben, wie sonst könnte man solche hanebüchenen Wertungen
wie eilig zusammengeschustert, Stück- und Flickwerk
u.ä. in der Presse wiederfinden. Rehberg, obwohl Nationalsozialist,
paßt mit seinem ganzen Stück und all den fehlenden Naziklischees
so wenig in die Vorstellung dieser wenig kompetent wirkenden "KulturkritikerInnen",
daß sie die Handlung aus dem Jahre 1943/44 in den ersten Weltkrieg
legen müssen und auch sonst sehr rat- und hilflos erscheinen, wie
nun mit diesem Stück und dieser Inszenierung umzugehen ist.
Wie
kann und sollte die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus erfolgen
?
Die Sachverhalte ganz, offen, wahrhaftig und realistisch anschauen.
Einseitige Klischees, falsche Vereinfachungen, Ausblenden und oberflächliche
Lippenbekenntnisse wie Sonn- und Feiertagsdemos sind wenig hilfreich und
schon gar nicht ausreichend. Die Konditionierung
der deutschen Intelligenz durch die VertreterInnen der jüdischen
Interessen ist hierbei nicht nur nicht hilfreich, sondern objektiv sogar
Antisemitismus
fördernd. Wir müssen die deutsche Schuld und Verantwortung, die
sich daraus ergibt, selbst aufarbeiten und brauchen hierzu keine ständige
jüdische Bevormundung und Anleitung, wie das zu geschehen hat. Sie
ist kontraproduktiv. Zur Bedeutung einfühlender Haltung wird unten
einiges gesagt:
Was
kann das Theater für die notwendige Auseinandersetzung leisten ?
Sehr viel, wie auch die Inszenierung der Wölfe zeigt. Theater,
Film, Literatur und Kunst allgemein sind wichtige Ausdrucksformen, Menschen,
Ereignisse und Geschichte zu verstehen. So vermag u.U. die Lektüre
von Dostojewskijs Raskolnikov ("Schuld und Sühne / Verbrechen und
Strafe") mehr über die Psychologie der Menschen zu vermitteln als
manches akademische Psychologiestudium. Die Kunst liefert aber auch
Ersatz für fehlende eigene Erfahrung, für neue Sicht- und Erlebnisweisen.
So kann die Kunst sehr dazu beitragen, den eigenen Erlebnis- und Bewertungshorizont
zu erweitern oder zu ergänzen, anzuregen, aber auch in Frage zu stellen,
zu erschüttern und zu verunsichern. Eine wirkliche Auseinandersetzung
muß den ganzen Menschen bewegen. Ihn hierzu bereit zu machen, zu
überrumpeln, einzunehmen oder gar zu verführen, ist auch eine
Aufgabe, die im Grunde - außer der Realerfahrung - nur die Kunst
leisten kann. Zum Verstehen gehört einfühlen, d.h. weggehen von
sich selbst, aufmachen, offen sein, zulassen, die Dinge mit den Augen des
andern zu betrachten suchen, in seinen Mokassins zu gehen, wie die
Indianer zu sagen pflegen. Will man neuen nationalsozialistischen Entwicklungen
und Bedrohungen vorbeugen, so ist es wichtig, den Nationalsozialismus,
seine Zeit und die Menschen, die sich von ihm gefangen nehmen ließen,
zu verstehen. Wie waren diese erschütternden Ungeheuerlichkeiten nur
möglich? Kann ein solches Projekt mißraten? Ja, es kann mißraten,
wenn es ein falsches Stück ist oder falsch inszeniert wird. Das war
hier aber ganz und gar nicht der Fall. Die Inszenierung der Wölfe
ist ein Meisterwerk subtiler Verfremdung: der Zuschauer weiß immer,
daß er im Theater ist und alle Authentizität erreicht ihn durch
die Filter distanzierten Theaters. Weniger finanzielle und technische
Mittel sind - so gesehen - manchmal sogar ein Vorteil.
Exkurs
I: Die zeitgeschichtliche und historische Situation um 1943/ 1944
Der Krieg war um diese Zeit für Kenner schon verloren - die Opfer
groß. Paulus kapitulierte in Stalingrad am 31.1.1943. Spätestens
der Fall von Stalingrad durch die Inkompetenz des angeblich größten
deutschen Feldherrn aller Zeiten war der endgültige Anfang vom endgültigen
Ende. Und die - zwar erst am 6.6.1944 in der Normandie erfolgte - Landung
der Allierten zeichnete sich bereits ab.
Exkurs
II: Können nationalsozialistisch gesinnte Menschen Kunstwerke vollbringen
?
Ja, natürlich. KünstlerInnen können Kommunisten sein
(Eisenstein, Brecht), linke oder rechte Faschisten (Ezra Pound), fundamentalistisch
verwirrt oder auch verbrecherisch-kriminell (Genet) oder auch nur MitläuferInnen,
SympathisantInnen, NutznießerInnen oder pragmatische HelferInnen
(Kulturschaffende im 3. Reich, z.B. Gründgens, Riefenstahl). Es ist
falsch, aus der begründeten, notwendigen und wünschenswerten
Ablehnung des Nationalsozialismus alles und jedes künstlerisch oder
sonstwie zu entwerten. Differenzierung wäre richtiger, wahrhaftiger
und nützlicher.
Exkurs
III: Sind alle nationalsozialistischen Werte rundum abzulehnen ?
z.B. Volksgemeinschaft, Vaterland, Ehre, Treue, Tapferkeit, Gehorsam,
Heldentum.
Die Metaphysik Hitlers war
schlicht und einfach (wie die der meisten diktatorischen
Führer). Das Volk ist ein metaphysischer "Körper", ein "Ganzes".
Kopf und Hirn dieses Volksganzen finden sich im Führer wieder. Er
hat die absolute Definitionsgewalt, was das Volk will, zu wollen hat, was
gut und was schlecht ist. Der einzelne ist nichts, das Volk ist alles,
doch interpretiert wird es vom Führer. Damit wird er zu Allem und
alle anderen zu nichts oder bestensfalls zu "besseren Ameisen". Diese Machtperversion,
der Wahn, selbst alles zu sein und alle andern zu nichts zu definieren,
ist das extrem psychopathologische und zutiefst persönlichkeitsgestörte
Merkmal Hitlers (neben zahlreichen anderen Diktatoren, gegen die es nur
ein wirkliches Mittel gibt: so schnell wie möglich umbringen).
Ungeachtet dessen sind Werte wie Heimat, Vaterland,
Gemeinschaft, Ehre, Treue, Tapferkeit, Gehorsam oder Heldentum unabhängig
vom Nationalsozialismus. Aus der nationalsozialistischen Ausgestaltung
- und war sie auch noch so extrem und verbrecherisch - darf nicht geschlossen
werden, diese Werte seien an sich fragwürdig oder schlecht. Ein gesundes
Erbgut bleibt z.B. ein Wert, auch wenn das von den Nazis noch so mißbraucht
wurde. Treue bleibt ein Wert, auch wenn sie von den Nazis für ihre
verderblichen Zwecke mißbraucht wurde. Tapferkeit bleibt ein Wert,
auch wenn sie für falsche Ziele eingesetzt wurde. Und jede Zeit will
und braucht ihre Helden. Man darf nicht den Fehler machen, Werte abzulehnen,
nur weil sie von Nazis oder anderen DemagogInnen beansprucht und für
ihre Zwecke einseitig ausgestaltet und mißbraucht werden. So kommt
es bei der Wertediskussion sehr darauf an, das Kind nicht mit dem Badewasser
auszuschütten.