Internet Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie
    (ISSN 1430-6972)
    IP-GIPT DAS=01.01.2001 Internet-Erstausgabe, letzte Änderung: 01.10.21
    Impressum: Diplom-Psychologe Dr. phil. Rudolf Sponsel  Stubenlohstr. 20  D-91052 Erlangen
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    Willkommen in unserer Internet-Publikation für Allgemeinen und Integrativen Psychotherapie, Abteilung Heilmittel-Lehre & Heilmittel-Monographien, und hier speziell zum Bereich:

    J1) Meditation


    in der Allgemeinen und Integrativen Psychotherapie

    von Rudolf Sponsel, Erlangen

    Allgemeine Einführung

    Begriff und Bedeutung der Meditation sind ausgesprochen schillernd, vieldeutig und damit eine Quelle der Verwirrung. Wir werden also zunächst immer fragen müssen: von welcher Art "der" Meditation ist die Rede? Um welche Zwecke und Ziele geht es? Mit welchen Methoden und Techniken sollen diese Zwecke und Ziele erreicht werden? Betrachten wir Meditation als psychologisches Heilmittel (neudeutsch: Heilwirkfaktor), so kennzeichnen wir das Wort mit dem Heilmitteloperator J1) .

    Das Wort "Meditation" kommt aus dem Lateinischen: meditari = nachsinnen, besinnen; üben; meditatio = nachdenken, Vorbereitung). Sie hat eine besondere Tradition im Christentum2) (Besinnung und Sammlung, Gebet, Anteilnahme im Gottesdienst, Exerzitien), eine noch längere Tradition und besondere Zuwendung, Entwicklung und Pflege erfuhr die Meditation aber im Buddhismus - oder im ZEN als der japanischen Form des Buddhismus - und ganz allgemein im asiatisch philosophisch-religiösen Raum.

    Meditationen sind Jahrtausende alte - ursprünglich philosophisch-religiöse - Verfahren der inneren Achtsamkeit, Aufmerksamkeit, Konzentration auf oder Hingabe an unterschiedliche Ziele, z. B. allgemeine oder mentale Entspannung, Leeren des Bewußtseins z. B. als Nicht-"Denken"3), völlige Hingabe an bestimmte Inhalte oder Betätigungen, auch alltägliche (Satipatthana) oder das Erreichen neuer Bewußtseinszustände.

    Mit Meditation teilweise verwandte oder in der Wirkung ähnliche Verfahren sind: Achtsamkeit, Aufmerksamkeit, Autogenes Training, Besinnen, Bewußtseinslenkung, Dynamische Meditation, Entspannungsverfahren, Exerzitien, Focusing, Hingabe, "Innerung", Konzentration, Konzentrative Bewegungstherapie, Sammlung, Satipatthana Meditation, Trance, Versenkung, ZEN.

    Bemerkung: Meditation bezeichnet als NLP-Begriff Zustände, die eine konzentrierte Form der Trance bewirken; wobei die Aufmerksamkeit nach innen fokussiert und sich ihrer Selbst bewußt wird. Nach Rückerl, T. (1994).

    In der GIPT hängt die Konstruktion und Anwendung einer Meditation von den Zielen ab, die man verfolgt. Bewußteres Leben (> Satipatthana Meditation) erfordert eine andere Meditation als Konzentrieren, Entspannen oder das Bewußtsein leeren lernen, die meisten Ansätze laufen aber auf eine gezielte > Bewußtseins-Lenkung oder Bewußtseins-Haltung hinaus. Eine Theorie der Meditation impliziert daher eine Theorie des Bewußtseins, seiner Zustände und die Einflüsse der Bewußtseinslenkung auf den Körper.

    Meditation in der Heilkunde und Psychotherapie
    Die Forschungsgruppe Grawe et al. (1994, S. 618 ff) berichtet, daß  in 12 von 16 kontrollierten Studien die für Meditation festgestellte Wirksamkeit als überraschend gut angesehen werden muß.

    Meditation als eine der intensivsten Formen der Selbsterfahrung
    In dieser Bedeutung kann Meditation als reine, klare, unverfälschte Konfrontation mit sich selbst aufgefaßt werden. Ich konzentriere mich auf mich und mein Leben, ich lenke mich nicht ab, sondern ich nehme wahr, was in mir geschieht und lasse es geschehen, ich bewerte es nicht, ich versuche es nicht zu lenken, ich nehme "einfach" "nur" wahr, was in mir geschieht.

    Meditation nach Matthieu Ricard:  Kultivierung des Geistes.
    "Was bedeutet »Meditation«?
    Betrachten wir die Etymologie der asiatischen Worte für »Meditation«: Das Sanskritwort bhavana bedeutet »pflegen«, »fördern«, »kultivieren«, das tibetische gom heißt »vertraut werden«; das kann sich auf neue Eigenschaften und Einsichten beziehen, aber auch auf eine neue Lebenseinstellung. Man darf Meditation also nicht auf die weitverbreiteten Klischees »Entspannung« und »Leerwerden des Geistes« reduzieren. Wir alle spüren immer wieder Liebe und Güte, Freigebigkeit, [>28] inneren Frieden und Freiheit von Konflikten in uns. Doch diese Gedanken und Gefühle durchströmen uns und werden schon bald durch andere, unter Umständen auch negative ersetzt, wie Zorn und Eifersucht zum Beispiel. Damit Altruismus und Mitgefühl zu dauerhaften Bestandteilen unseres Bewußtseinsstroms werden, müssen wir sie über eine längere Zeit kultivieren. Wir müssen sie uns bewußt machen und sie dann fördern, wir müssen sie wiederholen, bewahren, verstärken, so daß sie unser Denken und Fühlen allmählich dauerhaft ausfüllen. ... [>29]
        Du mußt üben, üben, üben. Skifahren lernt man auch nicht, indem man sich jeden Monat für 15 Sekunden auf die Piste stürzt. Hier ist langfristiger Einsatz gefragt, und das Ziel heißt »Anregung von innen« ...  Wenn du acht oder zwölf Stunden am Tag darauf verwendest, bestimmte Geisteszustände zu kultivieren, die du kultivieren [>30] willst und die du zu kultivieren gelernt hast, dann sollte das auch zu einer Umprogrammierung des Gehirns fuhren. Doch das geschieht hier nicht auf zufällige Art und Weise, als hättest du einen Monat in Disneyland zugebracht, sondern aufgrund von Methoden, die in über 2000 Jahren kontemplativer Wissenschaft verfeinert wurden.
        Quelle: Singer, Wolf & Ricard, Matthieu (2008) Hirnforschung und Meditation. Ein Dialog. Frankfurt: Suhrkamp.



    Hintergund der Meditation durch Buddhas Lehre nach Held (1954)
    "Diese höchste Harmonie, deren Resultante die sittliche Persönlichkeit, das polar gesteuerte Ich ist, bezeichnet Buddha mit „Nirvana“.
    Das dynamische Menschenbild Buddhas kennt also keinen Zustand Leib, Seele oder Umwelt, sondern nur den dynamischen Vorgang Leib-Seele-Umwelt, es kennt keine statischen Schichten, sondern baut sich nach dem dynamischen, final ausgerichteten Polaritätsprinzip aus verschiedenen Funktionsringen auf, in denen das einseitige Kausalitätsprinzip aufgehoben ist, deren Faktoren sich wechselseitig bedingen.
        Das praktische Ziel Buddhas war die psychotechnische Erreichung des „Nirvanas“, dieser höchsten Harmonie. In diesem Sinne entwickelte er „den stufenweisen Heilsweg zum Nirvana“, die buddhistische Meditation.
        Die erste Stufe, sila, gilt der bewußten groben Regelung der Triebe und Affekte durch Erfüllen der alten brahmanischen Gebote „Du sollst nicht töten, Du sollst nicht stehlen“ usw. Diese erste Stufe nimmt eine lange Zeit in Anspruch und wird meistens in einem Kloster durchgeführt. Dieses rationale sittliche Streben ist aber nicht Selbstzweck, sondern lediglich die Vorbedingung zur zweiten Stufe, samadhi, d. i. eine Übung zur Ruhigstellung und Dämpfung der psychophysischen Tiefenperson. Die Techniken dazu hat Buddha zum Teil von der Yogaschule übernommen. Die optimalen Voraussetzungen für diese Stufe sind: Ein stiller einsamer Ort, die den Orientalen adequate Sitzstellung mit untergekreuzten Beinen und eine bestimmte Atemregulierung. Für diese zweite Stufe werden in der Literatur meist — fälschlicherweise — drei Methoden angegeben, und zwar zwei emotionelle, die die Reduktion der „feineren Affekte“ bis zur „affektlosen Indifferenz“ zum Ziel haben, und eine intellektuelle, die aber wohl der Yogaschule angehört und von Buddha wahrscheinlich abgelehnt wurde (s, u.), da sie über die fortschreitende Abstraktion des Vor stellens zu einem unter wachen Endzustand führt. Die beiden gleichberechtigten sog. emotionellen Methoden, die eigentlich buddhistischen, unterscheiden sich nur in ihren Meditationsobjekten: Bei der einen Methode ist es das „Leiden“ (i, S. Buddhas), bei der anderen ist es das Wesen des sittlichen Prinzips, — Das Ziel beider Methoden ist die weitgehende Dämpfung der vitalen Persönlichkeit und gleichzeitig damit die Erreichung eines überwachen maximalrezeptiven Bewußtseinszustandes.
        Diese Stufe ist in 4 Grade eingeteilt, bei der erstgenannten Methode sind es die sog. 4 „jhana-Grade“:
    1. Grad: Bildhafte Reflexion über die Theorie der Lehre, d. h. über das Leiden, dessen Ursache und Aufhebung. Diese Reflexionen verkoppeln sich mit einem „seligen Lustgefühl der Befreiung“,
    2. Grad: Die konkreten Vorstellungen blassen ab, es bleibt der isolierte Affekt — „Meeresstille der Seele“." [>]
    3.,Grad: Dieser Affekt verwandelt sich in „heiteren Gleichmut“, der nun nicht mehr seelisch, sondern als körperliches Wohlbehagen gefühlt wird, . |^^B
    4. Grad: Es entsteht allmählich eine Affektlosigkeit — „der ganze Organismus ist mit lauschendem Bewußtsein erhellt“.
    Der überwache, ausgeweitete Bewußtseinszustand, die Vorbedingung zur nächsten Stufe, ist nun erreicht. Dieser Zustand wird entsprechend auch mit der anderen sog. emotionellen Methode in den vier „appamanna-Graden“ erreicht, wobei im ersten Grad reflektive Betrachtungen über die „Selbstliebe“ angestellt werden, die sich im zweiten Grad zu einem „allgemeinen Wohlwollen“ erweitern, im dritten Grad sich noch mehr generalisieren und endlich im vierten Grad ebenfalls zur Affektlosigkeit führen, .die wiederum den überwachen Bewußtseinszustand auslöst."
        Im weiteren wird die von Buddha abgelehnte intellektuelle Methode 'arupa-jjihana' erörtert.
     



    Literatur (Auswahl)
    Literaturhinweis: In Sponsel, R. (1995) werden S. 193 - 200 die meisten potentiellen psychologischen Heilmittel (neudeutsch: Heilwirkfaktoren) gelistet und ca. 180 - das sind längst nicht alle - in der Literatur beschriebenen Heilmittel S. 387 - 404 dokumentiert. Überblick Sponsel 1995.
     
    • Lit: Engel, K. (1995). > Liste.
    • Held, Fritz (1954) Studie zur Psychologie der Meditation am Modell der indischen Lehren. Jahrbuch düre Psychologie und Psychotherapie 2, 1954,  406-424.




    Links (Auswahl: beachte)
    • Anregung zu einer praktischen Natur-Mandala-Meditation.
    • Zur: Satipatthana Meditation.




    Glossar, Anmerkungen und Endnoten:
    GIPT= General and Integrative Psychotherapy, internationale Bezeichnung für Allgemeine und Integrative Psychotherapie.
    ___
    Terminologie.  Mit dem griechischen Buchstaben Theta J  (nach Jerapeia (therapeia): Heilung) kennzeichnen wir Psychische Funktionen, wenn sie Heilmittel oder Heilwirkfaktoren Qualität (Funktion) annehmen,  z. B. J einsehen,  J zulassen unterdrückter Erinnerungen, J stellen (konfrontieren), J sich  überwinden und J mutig sein, J differenzieren, J entspannen, J lernen, J loslassen, J beherrschen ...
        Man vergegenwärtige sich auch, daß viele Sachverhalte eine Doppelfunktion haben können: Heilmittel und Störmittel ("Gift"). Möchte man von der Heilmittelfunktion absehen, kann man einfach die Vorsilbe "Heil" weglassen und spricht dann ganz allgemein nurmehr vom "Mittel" (zum Zweck). Ein Mittel zum Heilzweck wird sozusagen zum Heilmittel, wenn das Mittel zur Begleitung, Linderung, Besserung oder Heilung von Störungen mit Krankheitwert eingesetzt werden soll. Für Mittel zum Zweck fehlt ein eigentliches griechisches Wort, so daß sich Begriff und Wort des Werkzeuges organon (organon) anbietet mit dem Nachteil, daß sich o wenig vom lateinsichen o unterscheidet, so daß wir aus typologischen Gründen lieber in lautgestaltlicher Analogie den Buchstaben m (Mü) wählen. Die Kennzeichnung  m loben bedeutet also z.B., daß wir loben als Mittel kennzeichnen, um einen Zweck zu erreichen zur Abgrenzung von  loben als z.B. spontaner Ausdruck von (freudiger) Anerkennung.
        Und um deutlich zu machen, daß wir ein Wort nicht alltagssprachlich, sondern im Rahmen einer psychologisch-psychotherapeutischen Fachsprache verwenden, kennzeichnen wir das Wort mit dem griechischen Buchstaben y  (Psi, mit dem das griechische Wort für Seele =  yuch, sprich: psyche, beginnt). Störungs Funktor. Begriffe, die eine Störung repräsentieren sollen, kennzeichnen wir mit dem Anfangsbuchstaben Tau (t) des griechischen Wortes für Störung tarach (tarach). Viel Verwirrung gibt es in und um die Psychologie, weil viele ihrer Begriffe zugleich Begriffe des Alltags und anderer Wissenschaften und damit meist vielfache Homonyme sind. Um diese babylonische Sprachverwirrung, die unökonomisch, unkommunikativ und entwicklungsfeindlich ist, zu überwinden, ist u. a. das Programm der Erlanger Konstruktivistischen Philosophie und Wissenschaftstheorie entwickelt worden: Kamlah & Lorenzen (1967). Zu einigen psychologischen Grundfunktionen siehe bitte: vorstellen. Ausführlich zur Terminologie.
     
      Querverweise (Links)  zum Terminologie-Problem in der Psychologie, Psychopathologie, Psychodiagnostik und Psychotherapie:
      • Über den Aufbau einer präzisen Wissenschaftssprache in Psychologie, Psychopathologie, Psychodiagnostik und Psychotherapie aus Allgemeiner und Integrativer Sicht.
      • Grundzüge einer Idiographischen Wissenschaftstheorie.
      • Introspektion, Bewußtseins- und Bewußtheitsmodell in der Allgemeinen und Integrativen Psychotherapie.
      • Beispiel Nur_empfinden_fühlen_spüren.
      • Über den Aufbau einer präzisen Wissenschaftssprache in Psychologie, Psychopathologie, Psychodiagnostik und Psychotherapie.
      • Überblick der Signaturen: Dokumentations- und Evaluationssystem Allgemeine und Integrative Psychotherapie.
      • Testtheorie der Allgemeinen und Integrativen Psychotherapie.
      • Probleme der Differentialdiagnose und Komorbidität aus Sicht der Allgemeinen und Integrativen Psychotherapie.


    2) Die interessantesten Bücher zur Meditation findet man oft in den Bibliotheken der TheologInnen.
    3) Die Leerung des Bewußtseins wird häufig falsch oder zumindest mißverständlich mit Nicht-"Denken" ("De-Reflexion" bei  Frankl; aber schon von  Dornblüth 1911, S. 618  beschrieben) bezeichnet. Die  psychologische Grundfunktion des Bewußtseins heißt in der GIPT aber y erleben.




    (wird gelegentlich fortgesetzt und ausgearbeitet)


    Querverweise
    Standort: Heilmittelmonographie Lenken.
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    Übersicht Heilmittelmonographien in der IP-GIPT.
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    Zitierung
    Sponsel, R. (DAS). Heilmittel-Monographie Meditation. Klärung eines schillernden und esoterisch anmutenden Begriffes und Verfahrens: Meditation in der GIPT.  Internet Publikation  für Allgemeine und Integrative Psychotherapie  IP-GIPT. Erlangen: https://www.sgipt.org/hm/hm_medi0.htm
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    kontrolliert:
    Änderungen wird gelegentlich überarbeitet, ergänzt und vertieft * Anregungen und Kritik willkommen
    19.07.15    Meditation nach Matthieu Ricard:  Kultivierung des Geistes.