Danke an die VHS Erlangen und den DGB, die Frau Herrmann eingeladen,
die Veranstaltung organisiert und ermöglicht haben.
Der Saal war gut gefüllt und alle gespannt
auf den verheißungsvollen Vortragstitel. Immerhin, Ulrike Herrmann,
gelernte Bankkauffrau und Journalistin bei der taz,
versprach Einiges. Im Wesentlichen wollte sie aus drei Kapiteln ihres Buches
- inzwischen 9. Auflage - Der Sieg des Kapitals, berichten. Der Vortrag
dauerte eine Stunde (19.05-20.05) danach war eine Stunde Zeit für
Fragen und Diskussion. Viele aus dem Umfeld links, Ökologie, Eintreten
für eine gerechtere Welt, waren da.
Meine stichwortartigen Notizen (ohne
das Buch zu Hilfe zu nehmen):
-
Kapital sei nicht gleichbedeutend mit Geld.
-
Schuldscheine und damit Geld lassen sich schon um 5000. v.Chr. nachweisen.
-
Kreditgeld entsteht aus dem Nichts durch Kredit. (Mit der Tilgung verschwindet
es wieder).
-
Das Wesentliche ist die Geldmenge = Kreditmenge.
-
Geld allein schaffe kein Wachstum.
-
Wo kommt nun dieses Wachstum her?
-
Es entstehe 1760 mit Beginn der Industrialisierung in England als die Arbeiter,
damals die bestbezahlten in der Welt (doppelt so viel wie auf dem europäischen
Festland) genau wegen der hohen Kosten, die sie verursachten, zu großen
Teilen durch Maschinen ersetzt wurden. Die Maschinen gab es bereits früher,
aber erst, als die englische Industrie wegen der hohen Lohnkosten nicht
mehr konkurrenzfähig mit dem restlichen Europa war, wurden sie in
großem Stil durch Maschinen ersetzt.
-
Technik werde eingesetzt, wenn sie sich lohne- nicht weil sie da sei.
-
Kapitalismus bedeute (auch) Mobilität.
-
Wir sind heute 20x so reich wie vor 200 Jahren.
-
Erst komme der Wohlstand, dann erst die Demokratie.
-
Die Lebenserwartung sei von 30 auf 80 Jahre gestiegen.
-
Erst komme der Wohlstand, dann die Gleichberechtigung in allen möglichen
Bereichen (Frauen, Homosexuelle, Behinderte und andere).
-
Ganz wichtig sei auch die Bildung. Früher machten 20% Abitur, inzwischen
50% [von der Absenkung der Leistungsgrenzen kein Wort]
-
Kapitalismus = Maschinen und technischer Fortschritt.
-
Der Reichtum einer Gesellschaft rühre von Investitionen in Maschinen
und Technik.
-
Wir verschenken Reichtum, wenn wir nicht investieren.
-
1919-1929 sei in den USA zwar 43% mehr produziert worden. Aber das Geld
floss zunehmend an die Börse (Parallelen zu heute).
-
Die Reallöhne steigen seit langem nicht mehr. In den USA seien die
Reallöhne seit 1975 nicht mehr gestiegen, in Japan seit 1990 nicht
mehr. [> Deutschland]
-
Das übermäßig vorhandene Geld wird nicht investiert und
wird nicht zur Erhöhung der Reallöhne genutzt, sondern fließt
an die Börsen.
-
Eine Folge seien die Finanzkrisen (z.B. dotcom-Blase 2001, Finanzkrise
ab 2007, Eurokrise 2010)
-
Die EZB habe in Ungarn komplett versagt. Eine Folge davon sei Orban.
-
Die Reallöhne müssten steigen.
-
Die Globalisierung sei nichts Neues (schönes Beispiel Siemens aus
der Gründerzeit), sondern so alt wie der Kapitalismus, also etwa um
1760 in England erstmals zu beobachten lange vor Marx und Engels.
-
Im Wesentlichen sei die Welt nicht wirklich global regiert (G7), sondern
sie werde von den sechs reichsten Ländern beherrscht: USA, Japan,
Großbritannien, Frankreich, Deutschland, China.
-
Kann es einen Kapitalismus ohne Wachstum geben? Der Schweizer Ökonom
Hans Christoph Binswanger (Erfinder der Ökosteuer) sage: "Nein!" Wenn
das Wachstum aufhöre blieben die Investitionen aus.
-
Klar sei, dass man nicht einfach in eine Kreislaufwirtschaft eintreten
könne. Es drohe sehr schnell alles zusammenzukrachen, daher bedürfe
es sorgfältiger Konzepte und Simulationen, um den Umstieg vorzubereiten.
-
Das große Transformationsproblem sei nicht nur nicht gelöst,
sondern noch nicht einmal richtig angegangen. Es fehle an Aus- und Umstiegsforschung.
Ein Bamberger Wirtschaftsprofessor habe sich der Sache annehmen wollen,
sei aber gescheitert, weil er keine Volkswirte gefunden habe, die so etwas
könnten und / oder bereit seien zu machen.
So weit meine Stichworte. Es schloss sich dann eine lebhafte
und vielseitige Diskussion an. Wir fanden den Vortrag und die anschließende
Diskussion sehr interessant und anregend, wenn wir auch in einigen wichtigen
Punkten nicht mit Herrmann übereinstimmen. Erfrischend authentisch
auch ihre grüne Selbstkritik.
Meine Frau und ich haben zwei Vorschläge eingebracht.
-
Rathsmann-Sonsel (attac, gbs): Das Ruhrgebiet, aus dem sie stamme, sei
ein Beispiel dafür, dass Strukturwandel gelingen könne.
-
Rudolf Sponsel (attac, bfg, gbs): Man brauche 1. eine Denkfabrik (z.B.
Typ Harald Welzer), 2.
eine Stiftung, 3. viel Geld und 4. Möglichkeiten, die Veränderungen
im Kleinen quasi-experimentell zu testen (Beispiel: die Experimente mit
dem bedingungslosen Grundeinkommen).
|
Reaktionen von LeserInnen
Auf Twitter wurde die Seite mehrfach empfohlen.
21.01.2019 Vorschlag (KHS) Arbeitskreis/Netzwerk einrichten zum Thema
"Geordnete Transformation des Kapitalismus"
Literatur (Auswahl)
-
Herrmann, Ulrike
(2017) Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte
von Wachstum, Geld und Krisen. München: Piper.
Links (Auswahl: beachte) > Querverweise.
Seiten, die ihre URL verändert und keine Weiterleitung eingerichtet
haben, werden entlinkt.
-
ND 8.12.18: Reallohnanalyse.
Erlangen Links:
Erlanger Stadtlexikon.
Arbeiterwohlfahrt * attac
* Ausländerbeirat
* Bündnis 90/ Die Grünen
* Caritas * DGB
* Diakonie * Die
Linke * DKP * Dritte
Welt Laden * Evang. Kirchlicher Dienst in der
Arbeitswelt (KDA) * feld22
* Frauengruppentreff Bildung evangelisch *
GEW
[PDF]
* Greenpeace * Initiative
Gewerkschaftsgrün *
IGM
* Mieterverein * Sozialforum
* SPD * Tafel
* VdK *
ver.di
*
*
Glossar,
Anmerkungen und Endnoten:
1) GIPT= General and Integrative
Psychotherapy,
internationale Bezeichnung für Allgemeine und Integrative Psychotherapie.
__
Reallohnanalyse Deutschland
..."
[]
Die statistischen Daten zur Reallohnanalyse stimmen nicht überein,
so dass eine gewisse, kritische Vorsicht geboten ist. Daten müssen
stimmen. Das ist eine unabdingbare und absolut notwendige Voraussetzung
für Forschung und Politik.
-
destatis 2007-2017
-
Hans Böckler Stiftung (gewerkschaftsnahe):
-
Aus Wikipedia: Von Udo Brechtel - Eigenes Werk, CC BY-SA
3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=48351481
-
Aus Rahlf (2015) - Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft:
-
"Entwicklung der Nominal- und Reallöhne in Deutschland
Die Reallöhne sind in Deutschland zwischen 1991 und 2012 um lediglich
3,1 Prozent gestiegen, obwohl im gleichen Zeitraum eine Nominallohnsteigerung
von 36,7 Prozent festzustellen ist. Zurückzuführen ist dies auf
die Entwicklung der Verbraucherpreise (Steigerung um 33,9 Prozent zwischen
1991 und 2012), die die jährlichen Raten der Reallohnentwicklung nivellierten.
Insbesondere seit 2000 ist ein kontinuierliches Sinken der Reallöhne
zu beobachten gewesen, weil die Höhe der Inflationsrate (Steigerungsrate
der Verbraucherpreise) beinahe durchweg über der Höhe der Nominallohnrate
lag. Die folgende Abbildung verdeutlicht dies. Zwischen 1992 und 2004 lag
die Jahresrate der Nominallohnentwicklung stets über der Inflationsrate,
ab 2005 bis 2010 war jedoch eine Umkehr festzustellen. Dies führte
letztlich zu dem sukzessiven Absinken der Reallöhne. ..." [bpb 11.08.2014]
-
"Ständig wird den Menschen hierzulande mit irgendwelchen Behauptungen
Angst eingejagt, mal bedroht die Digitalisierung angeblich viele Arbeitsplätze,
mal droht ganz generell der Untergang des Abendlands. Ein Dauerbrenner
in Sachen Angstmache lautet: Höhere Löhne vernichten Jobs. Das
stimmt so zum Glück nicht, wie eine Datenanalyse, die am Freitag veröffentlicht
wurde, recht eindrucksvoll zeigt.
So stagnierten die Reallöhne in den Jahren
von 2000 bis 2008, was keineswegs einen Jobboom ausgelöst hat. Vielmehr
ist die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Stellen geschrumpft, es
gab lediglich ein Wachstum bei den Minijobs, so die Aufschlüsselung
der Hans-Böckler-Stiftung. In den folgenden Jahren sind die Reallöhne
dann um zehn Prozent gestiegen, und siehe da: Parallel dazu hat sich die
Zahl der Menschen mit einem sozialversicherungspflichtigen Job um satte
4,5 Millionen erhöht. Ein wesentlicher Grund: Die Wirtschaft insgesamt
und speziell die Binnennachfrage ist in dieser Periode kräftig gewachsen.
Gehälter sind eben nicht nur Kosten für
Unternehmen, sie sind auch Geld, das Beschäftigte für Waren und
Dienstleistungen der Unternehmen ausgeben. Das ist banal, wird aber in
der öffentlichen Debatte häufig ignoriert. ..." [ND 08.12.2018]
Querverweise
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Zitierung
Sponsel, Rudolf (DAS). Vom
Anfang und Ende des Kapitalismus. Eindrücke vom Vortrag von Ulrike
Herrmann (taz) im großen Saal der VHS am 18.01.2019, 19-21 Uhr inkl.
Diskussion. IP-GIPT. Erlangen: https://www.sgipt.org/regional/Erlang/HerrmKap.htm
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korrigiert: irs 19.01.2019
Änderungen wird
gelegentlich überarbeitet, ergänzt und vertieft * Anregungen
und Kritik willkommen
21.01.2019 Reaktionen von LeserInnen.
19.01.2019 Angelegt und eingestellt.