Internet Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie
    (ISSN 1430-6972)
    Abteilung Politische Psychologie - Überblick - Präambel - Sprache -
    IP-GIPT DAS=10.12.2007 Internet-Erstausgabe, letzte Änderung 3.1.11
    Impressum: Diplom-Psychologe Dr. phil. Rudolf Sponsel  Stubenlohstr. 20  D-91019 Erlangen
    Mail: sekretariat@sgipt.org_ Zitierung & Copyright_

    Anfang  Hartz IV. Kritik_Service_ Überblick_ Relativ Aktuelles_Rel. Beständiges Titelblatt_ Konzept_ Archiv_ Region__ _Wichtiger Hinweis zu Links und Empfehlungen

    Willkommen in unserer Internet-Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie, Abteilung Politische Psychologie, Bereich Sozialpolitik, und hier speziell zum Thema:

    Hartz IV. Kritik
    Heiner Geißler kritisiert Hartz IV:
    “Hartz IV verletzt die Menschenwürde”
    [Q1, Q2,]
    Billig Lohn, Niedriglohn, Mindestlohn, Leiharbeit 2010.

     Kontrastprogramm:
    Wer Mist macht auf höherer Ebene, wird gnadenlos belohnt *  Manager Gagen * Wachstumsraten für Millionäre * Elite und etilE *  "Deutschland AG" *  geMEINwohl *

    von Rudolf Sponsel, Erlangen

    Editorial.
    Demütigung und Ausbeutung sind nicht geeignet, Motivation, Integration und Verantwortungsbereitschaft bei irgend jemandem zu fördern. Sie sind vielmehr Ausdruck einer menschen- und realitätsverachtenden Fehlhaltung, die nur ausgrenzt, und destabilisiert. Das gilt ganz besonders für unsere Wirtschaft und ihre Lobbies in Politik und Justiz. Denn zum Konsum braucht man Geld und eine Arbeit, die sich lohnt und rechnet. Das hat bereits Henry Ford vor rund einem Jahrhundert mit seinem berühmten Satz "Autos kaufen keine Autos" auf den Punkt gebracht. Aber auch diese wirtschaftliche Binsenweisheit scheint - wie die Einsicht, dass freier Markt und echter Wettbewerb allgemeinverbindliche Mindestlöhne voraussetzen, - an den entscheidenden Stellen völlig verloren gegangen zu sein. Deutschland wird leider längst nicht mehr von gemeinwohlorientiertenEliten regiert, sondern von Personen, die den Lebensalltag und die Lebensprobleme von arbeitslosen, kinderreichen, kranken Menschen weder kennen, noch sich einfühlen können, noch brauchbare Lösungen für die großen aktuellen gesellschaftlichen Probleme anzubieten haben. Natürlich sollen Menschen, die arbeiten können und Sozialleistungen beziehen, auch für die Gesellschaft etwas tun. Das ist doch gar keine Frage und selbstverständlich, wenn es an den richtigen gemeinnützigen Stellen geschieht und die Aufhebung der Marktwirtschaft ausgeschlossen werden kann. Zum Sozialstaat gehört natürlich immer auch, dass Geben und Nehmen, auch Fördern und Fordern zusammen bedacht werden. Psychologisch ist jedoch ganz entscheidend, wie das gemacht wird. Nur Ignorante und Verwirrte können daher auf solch eine perverse Idee kommen, 1-Euro-Jobs einzurichten, die den Menschen zwangsläufig das Gefühl geben müssen, gedemütigt und ausgebeutet zu werden. In einem Sozialstaat muss auf jedem Lohnzettel, ein Betrag stehen, von dem Familien  leben können müssen. Firmen und ArbeitergeberInnen, die keine anständigen Löhne zahlen können, haben keine wirtschaftliche Existenzberechtigung und sollten vom Markt verschwinden: je früher, desto besser. Die Aushöhlung des fairen Wettbewerbs und Sozialstaates durch Züchtung von Lohnsklaven, zu deren Entlohnung die Sozialkassen Zuschüsse leisten müssen, ist sogar innerhalb des kapitalistischen Systems völlig abwegig, ja regelrecht abnorm. Von unfassbarem Zynismus ist aber, dass Jahr für Jahr - toleriert durch die Justiz - die Teuerungsraten den Barwert von Arbeitslosengeld II/ Sozialhilfe in einem Ausmaß mindern, dass 2007 von einem zweistelligen Kaufkraftschwund ausgegangen werden muss. Den Ärmsten der Armen wird also in einem Ausmaß genommen, was sich die Reichen und Superreichen um ein Vieltausendfaches grenzenlos gierig, wie hemmungs- und skrupellos, draufsatteln. Sozial? Recht? Gerecht?
     
    Moral und Kultur sind nur Makulatur, wie alle Krisen, Umbruch- und Kriegszeiten zeigen - und die Tragödie und das Versagen der Guten war immer, dass sie viel zu selten schlecht genug waren, um gut genug gut sein zu können. 

    Probleme und Perfidien (Gemeinheiten) zur Hartz-IV-Bedarfsberechnung.
    Das Grundproblem unserer Gesellschaft  ist, dass Hartz IV. einerseits ein menschenwürdiges Existenzminimum garantieren und andererseits aber so unattraktiv gegenüber Vollzeiterwerbsarbeit sein soll, dass genügend Anreize zum Arbeiten da sind. Das geht natürlich nur, wenn ein Mindestlohn dies erzwingt. Ansonsten lohnt sich Arbeiten nicht und der Arbeitslose wäre quasi blöd, wenn er sich um eine (Sklaven-) Arbeit bemüht, die ihm nur einen Hungerlohn zahlt, mit dem er sich schlechter stellt als wenn er Hartz IV. nimmt. Daher ist auch das  Bundesverfassungsgerichtsurteil vom 9.2.1010 [1, 2] falsch und unakzeptabel. Denn das hätte das Urteil wenigstens fest- und sicherstellen müssen. Das BVerfG hat lediglich grobe Zirkelschlüsse ausdrücklich untersagt, indem es verlangt, dass für die Referenzstichprobe der EVS-Statistik Leistungsbezieher nach Hartz IV. herauszunehmen sind, aber eben nicht die Billig- und NiedriglöhnerInnen. Im Grunde fehlen faire und realistische Kriterien für das Existenzminimum eines "menschenwürdigen" Lebens. Inhalt und Substanz werden durch statistische Relativbezugsmaße ersetzt vom Typ ProzentRANG. Das Modell besteht darin, den Konsumverbrauch der sog. Referenzstichprobe der unteren 20% - warum nicht 25, 30 oder 33% - Einkommen (EVS) zu bestimmen. Hierzu muss erstens die Referenzstichprobe gebildet werden. Und zweitens die Konsumverbrauchsausgaben nach Kriterien (welche, warum?). Diese Berechnungen müssen transparent und nachvollziehbar sein. Nach einer ersten Sichtung der Daten (> Hartz IV. Regelsätze), die das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hierzu veröffentlicht hat, kann ich für mich - seit 1971 mit Statistik befasst - feststellen, dass ich die Berechnungen bislang nicht nachvollziehen kann (bei Gelegenheit werde ich das hier näher dokumentieren). Ein Beispiel sei aber jetzt schon mitgeteilt: In (S. 70) wird ausgeführt: "S. 70: "Aufgrund der Möglichkeit präzise Zirkelschlusshaushalte auszuschließen, basiert der Regelungsentwurf
    für die Bestimmung des Regelbedarfs bei den Einpersonenhaushalte auf 22,3 vom Hundert der Gesamtstichprobe, von denen 8,6 % zur Vermeidung von Zirkelschlüssen
    ausgeschlossen werden. Bei den Familienhaushalten werden von der Gesamtstichprobe 21,8 % betrachtet, von denen 2,3 % zur Vermeidung von Zirkelschlüssen ausgeschlossen wurden. Bei der Auswertung der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2003 (Einpersonenhaushalt) waren es hingegen insgesamt 20,4 % von denen 0,5 % zur Vermeidung von Zirkelschlüssen ausgeschlossen werden konnten." Wenn von 22,3% 8,6% ausgeschlossen werden, dann umfasst die Stichprobe noch 13,7% = 22,3% - 8,6%. Es sollte aber das unterste Quintil (das erste Fünftel von 100 zu deutsch), als die untersten 20%. Ich habe das BMAS angemailt und um Aufklärung gebeten.



    Literatur (Auswahl) und Links (Auswahl,  beachte)
    Stichworte zur Gliederung: * Arbeitsmarktsituation und Arbeitslosigkeit * Aufstocker * Ein-Euro-Jobs * Gerichtsurteile zu Hartz IV. * Hartz-Gesetze I-IV * Medien zu Hartz IV. * Wikipedia zu Hartz IV. * Wirtschaft: Situation und Entwicklung * Prekariat/ Unterschicht.

    Arbeitsmarktsituation und Arbeitslosigkeit

    • Forschungsberichte der IAB: , 2007pdf,
    • Statistik der Bundesagentur für Arbeit (2004): Begriff der Arbeitslosigkeit in der Statistik unter SGB II und SGB III. Nürnberg.
    • Bundesrechnungshof (2006): Bericht an den Haushaltsausschuss und an den Ausschuss für Arbeit und Soziales des Deutschen Bundestages nach § 88 Abs. 2 BHO. Durchführung der Grundsicherung für Arbeitssuchende – Wesentliche Ergebnisse der Prüfung im Rechtskreis des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch. Bonn.
    • Wolff, J. / Hohmeyer, K. (2006): Förderung von arbeitslosen Personen im Rechtskreis des SGBII durch Arbeitsgelegenheiten: Bislang wenig zielgruppenorientiert. IAB-Forschungsbericht Nr. 10/2006. Nürnberg.


    Aufstocker. Ein Kandidat für das Unwort des Jahres

    • Aufstocker – bedürftig trotz Arbeit [IAB Kurzbericht Ausgabe Nr. 22 / 30.11.2007: PDF]
    • Focus 3.12.7: "Lohn reicht nicht zum Leben. Immer weniger Menschen können nach Erkenntnissen von Arbeitsmarktforschern vom Lohn ihrer Arbeit leben und sind deshalb auf Hartz IV angewiesen. ... "
    • Nürnberger Nachrichten: “Aufstocker” 30.11.7, S. 4 und “Aufstocker” in EN 4.12.7, S. 2.


    Billig Lohn, Niedriglohn, Mindestlohn, Leiharbeit 2010.

    Ein-Euro-Jobs.

    • Bellmann, L. / Hohendanner, Ch. / Promberger, M. (2006): Welche Arbeitgeber nutzen Ein-Euro-Jobs? Verbreitung und Einsatzkontexte des SGB II – Arbeitsgelegenheiten in deutschen Betrieben. In: Sozialer Fortschritt, Nr. 8/2006, S. 201 – 207.
    • DIE ZEIT: in “Die Gratis-Konkurrenz: Ein-Euro-Jobs sollen den Langzeitarbeitslosen helfen. Der Erfolg ist umstritten, die Nebenwirkungen sind beträchtlich. Die Praxis zeigt: Die Billigjobs vernichten Arbeitsplätze.” Quelle: http://www.zeit.de/2006/23/Ein-Euro-Jobs-neu_xml?page=all.
    • Schmid, G. (2005): Ein-Euro-Jobs: ein neuer arbeitsmarktpolitischer Irrweg? In: IAW-Report, 2/2005, S. 35 – 49.
    • Wikipedia: 1-Euro-Job..


    Gerichtsurteile zu Hartz IV.

      Bundesverfassungserichtsurteil vom [BVerfG 9.2.2010]. > Vollständige Pressemitteilung Nr. 5/2010.
      "Leitsätze. zum Urteil des Ersten Senats vom 9. Februar 2010. 1 BvL - 1/09 - 1 BvL 3/09 - 1 BvL 4/09 -
         1.  Das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG sichert jedem Hilfebedürftigen diejenigen materiellen Voraussetzungen zu, die für seine physische Existenz und für ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben unerlässlich sind.
         2.  Dieses Grundrecht aus Art. 1 Abs. 1 GG hat als Gewährleistungsrecht in seiner Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG neben dem absolut wirkenden Anspruch aus Art. 1 Abs. 1 GG auf Achtung der Würde jedes Einzelnen eigenständige Bedeutung. Es ist dem Grunde nach unverfügbar und muss eingelöst werden, bedarf aber der Konkretisierung und stetigen Aktualisierung durch den Gesetzgeber, der die zu erbringenden Leistungen an dem jeweiligen Entwicklungsstand des Gemeinwesens und den bestehenden Lebensbedingungen auszurichten hat. Dabei steht ihm ein Gestaltungsspielraum zu.
         3.  Zur Ermittlung des Anspruchumfangs hat der Gesetzgeber alle existenznotwendigen Aufwendungen in einem transparenten und sachgerechten Verfahren realitätsgerecht sowie nachvollziehbar auf der Grundlage verlässlicher Zahlen und schlüssiger Berechnungsverfahren zu bemessen.
         4.  Der Gesetzgeber kann den typischen Bedarf zur Sicherung des menschenwürdigen Existenzminimums durch einen monatlichen Festbetrag decken, muss aber für einen darüber hinausgehenden unabweisbaren, laufenden, nicht nur einmaligen, besonderen Bedarf einen zusätzlichen Leistungsanspruch einräumen.  ...
      Urteil ...
         2. Bis zur Neuregelung, die der Gesetzgeber bis spätestens zum 31. Dezember 2010 zu treffen hat, sind diese Vorschriften weiter anwendbar.
         3. Der Gesetzgeber hat bei der Neuregelung einen Anspruch auf Leistungen zur Sicherstellung eines unabweisbaren, laufenden, nicht nur einmaligen, besonderen Bedarfs für die nach § 7 Sozialgesetzbuch Zweites Buch Leistungsberechtigten vorzusehen, der bisher nicht von den Leistungen nach §§ 20 folgende Sozialgesetzbuch Zweites Buch erfasst wird, zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums jedoch zwingend zu decken ist. Bis zur Neuregelung durch den Gesetzgeber wird angeordnet, dass dieser Anspruch nach Maßgabe der Urteilsgründe unmittelbar aus Artikel 1 Absatz 1 Grundgesetz in Verbindung mit Artikel 20 Absatz 1 Grundgesetz zu Lasten des Bundes geltend gemacht werden kann."
      Einige Medienstimmen zum Bundesverfassungsgerichtsurteil vom 9.2.2010 (fett-kursiv RS):
      "Für ein menschenwürdiges Leben. Laut Gesetz soll die Regelleistung es den Bedürftigen ermöglichen, ein menschenwürdiges Leben zu führen. Der nötige Bedarf wurde früher mit einem Warenkorb ermittelt, der eine unterstellte Menge an täglich benötigten Gütern und Dienstleistungen enthielt. Als sich die Fachpolitiker nicht mehr über die Zusammenstellung einigen konnten, stieg man auf das Statistikmodell um. Grundlage ist seitdem der tatsächliche Verbrauch in der Bevölkerung, genauer gesagt, des einkommensschwächsten Fünftels - ohne Sozialhilfeempfänger. Die Daten liefert das Statistische Bundesamt mit der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS), eine Umfrage unter 60.000 Haushalten, die alle fünf Jahre stattfindet. Der Konsum dieser Gruppe wird in verschiedene Kategorien wie Nahrungsmittel, Freizeit, Bekleidung oder Verkehr unterteilt. Die Verbrauchswerte werden dann für den Regelsatz zu einem bestimmten Prozentsatz übernommen (Rasche Anhebung der Hartz-Sätze nicht in Sicht).[FAZ 9.2.10]
          "Urteilsauszug zur Leistungshöhe: "Da nicht festgestellt werden kann, dass die gesetzlich festgesetzten Regelleistungsbeträge evident unzureichend sind, ist der Gesetzgeber nicht unmittelbar von Verfassungs wegen verpflichtet, höhere Leistungen festzusetzen. Er muss vielmehr ein Verfahren zur realitäts- und bedarfsgerechten Ermittlung der zur Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums notwendigen Leistungen entsprechend den aufgezeigten verfassungsrechtlichen Vorgaben durchführen und dessen Ergebnis im Gesetz als Leistungsanspruch verankern. Wegen des gesetzgeberischen Gestaltungsermessens ist das Bundesverfassungsgericht nicht befugt, aufgrund eigener Einschätzungen und Wertungen gestaltend selbst einen bestimmten Leistungsbetrag festzusetzen. Die verfassungswidrigen Normen bleiben daher bis zu einer Neuregelung durch den Gesetzgeber weiterhin anwendbar." [TS 9.2.10]
    • Hartz IV-Arbeitsgemeinschaften mit Verfassung nicht vereinbar [Pressemitteilung 118 20.12.7]
    • Der focus meldet am 15.11.2007  ... Arbeitslosengeld. Hartz-IV-Klagen überfordern die Gerichte. ... Beim Sozialgericht häufen sich die Klagen wegen Hartz IV. Die Arbeitsmarktreformen zeigen Wirkung. ...


    Hartz-Gesetze (I-IV).

    • I: Leiharbeit / Zeitarbeit  (Personal-Service-Agenturen). [, Online, ]
    • II: Mini-Jobs. [, Online, ]
    • III: Agenturen für Arbeit. [, Online, ]
    • IV: Arbeitslosenhilfe + Sozialhilfe = Arbeitslosengeld II. [, Online, ]
    • Sozialleistungen. Info. [Online]
    • Tacheles Aktuelle Informationen zum Arbeitslosengeld II, Sozialhilfe und Grundsicherung [Online]
    Hartz IV. Regelsätze
    • Referentenentwurf zum Gesetz zur Ermittlung der Regelbedarfe nach § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (Regelbedarf-Ermittlungsgesetz)  [bmasPDF]
    • Referentenentwurf zum Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (Bildungspaket, Kosten der Unterkunft, Sanktionen)  [bmasPDF]
    • Vergleich regelsatzrelevante Verbrauchspositionen EVS 2003 - EVS 2008 [bmasPDF]
    • Einzelpersonenhaushalt - Ergebnis der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2008  [bmasPDF]
    • Paarhaushalte mit 1 Kind unter 6 Jahren - Ergebnis der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2008  [bmasPDF]
    • Paarhaushalte mit 1 Kind von 6 bis unter 14 Jahren  - Ergebnis der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2008  [bmasPDF]
    • Paarhaushalte mit 1 Kind von 14 bis unter 18 Jahren  - Ergebnis der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2008  [bmasPDF]


    Infos und Hilfe zu Hartz-4

    • Hartz 4 Einkommen.
    • S24 Sozialhilfe24.de.


    Medien zu Hartz IV.: , BVerfG-Urteil 9.2.10, focus, mdr, moma ARD, Tagesspiegel: 16.8.7,

    • gegen-hartz.de.


    Politik zu Hartz IV.:

    • Kleine Anfrage der Linken zur Ermittlung des menschenwürdigen Existenz- und Teilhabeminimums nach dem Statistikmodell – Erfahrungen und Probleme [PDF]


    Wikipedia zu Hartz IV.

    • Arbeitslosengeld II.
    • Kritik am Arbeitslosengeld II.
    • Regelleistung beim Arbeitslosengeld II.


    Wirtschaft: Situation und Entwicklung.

    • Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (2006): Widerstreitende Interessen – Ungenutzte Chancen. Jahresgutachten 2006/07. Wiesbaden.




    Glossar, Anmerkungen und Endnoten:
    GIPT= General and Integrative Psychotherapy, internationale Bezeichnung für Allgemeine und Integrative Psychotherapie.
    ___
    Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung.
    "Mit Beschluss vom 27. Januar 2000 hat der Deutsche Bundestag die Bundesregierung aufgefordert, regelmäßig einen Armuts- und Reichtumsbericht zu erstatten. Am 25. April 2001 hat die Bundesregierung den ersten Armuts- und Reichtumsbericht vorgelegt [Erster, Anlagen]. Der Bericht und die zeitgleiche Vorlage des "Nationalen Aktionsplanes zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung 2001-2003" (NAP-incl) bei der EU-Kommission waren der Beginn einer kontinuierlichen Berichterstattung über Fragen der sozialen Integration und der Wohlstandsverteilung in Deutschland. Die Armuts- und Reichtumsberichterstattung basiert auf dem Leitgedanken, dass eine detaillierte Analyse der sozialen Lage die notwendige Basis für eine Politik zur Stärkung sozialer Gerechtigkeit und zur Verbesserung gesellschaftlicher Teilhabe ist. Am 19. Oktober 2001 hat der Deutsche Bundestag die Verstetigung der Armuts- und Reichtumsberichterstattung beschlossen und die Bundesregierung aufgefordert, jeweils zur Mitte einer Wahlperiode einen entsprechenden Bericht vorzulegen. Dem kommt die Bundesregierung mit der Vorlage des Berichts "Lebenslagen in Deutschland - Der 2. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung" nach. Der Bericht beschreibt die Lebenslagen der Menschen in Deutschland auf der Basis statistischer Daten etwa zu Einkommen, Vermögen, Erwerbstätigkeit, Bildungsbeteiligung. Stand: Februar 2005. PDF-Bericht (1.79 MB) 370 Seiten., Anhänge."
    ___
    Aufstocker EN 30.11.7, S. 4.


    ___
    Aufstocker EN 4.12.7, S. 2.


    ___
    Bundesverfassungsgerichtsurteil vom 9.2.2010 Pressemitteilung Nr. 5/2010 vom 9. Februar 2010 zum Urteil vom 9. Februar 2010 – 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09 –

      Regelleistungen nach SGB II ("Hartz IV- Gesetz") nicht verfassungsgemäß

      I. Sachverhalt

      1. Das Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 (sog. „Hartz IV-Gesetz“) führte mit Wirkung vom 1. Januar 2005 die bisherige Arbeitslosenhilfe und die bisherige Sozialhilfe im neu geschaffenen Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) in Form einer einheitlichen, bedürftigkeitsabhängigen Grundsicherung für Erwerbsfähige und die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen zusammen. Danach erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige Arbeitslosengeld II und die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden, nicht erwerbsfähigen Angehörigen, insbesondere Kinder vor Vollendung des 15. Lebensjahres, Sozialgeld. Diese Leistungen setzen sich im Wesentlichen aus der in den §§ 20 und 28 SGB II bestimmten Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts und Leistungen für Unterkunft und Heizung zusammen. Sie werden nur gewährt, wenn ausreichende eigene Mittel, insbesondere Einkommen oder Vermögen, nicht vorhanden sind. Die Regelleistung für Alleinstehende legte das SGB II zum Zeitpunkt seines Inkrafttretens für die alten Länder einschließlich Berlin (Ost) auf 345 Euro fest. Die Regelleistung für die übrigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft bestimmt es als prozentuale Anteile davon. Danach ergaben sich zum 1. Januar 2005 für Ehegatten, Lebenspartner und Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft ein Betrag von gerundet 311 Euro (90%), für Kinder bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres ein Betrag von 207 Euro (60%) und für Kinder ab Beginn des 15. Lebensjahres ein Betrag von 276 Euro (80%).

      Im Vergleich zu den Regelungen nach dem früheren Bundessozialhilfegesetz (BSHG) wird die Regelleistung nach dem SGB II weitgehend pauschaliert; eine Erhöhung für den Alltagsbedarf ist ausgeschlossen. Einmalige Beihilfen werden nur noch in Ausnahmefällen für einen besonderen Bedarf gewährt. Zur Deckung unregelmäßig wiederkehrenden Bedarfs ist die Regelleistung erhöht worden, damit Leistungsempfänger entsprechende Mittel ansparen können.

      2. a) Bei der Festsetzung der Regelleistung hat sich der Gesetzgeber an das Sozialhilferecht, das seit dem 1. Januar 2005 im Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) geregelt wird, angelehnt. Nach dem SGB XII und der vom zuständigen Bundesministerium erlassenen Regelsatzverordnung erfolgt die Bemessung der sozialhilferechtlichen Regelsätze nach einem Statistikmodell, das bereits in ähnlicher Form unter der Geltung des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) entwickelt worden war. Grundlage für die Bemessung der Regelsätze ist eine Sonderauswertung der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe, die vom Statistischen Bundesamt alle fünf Jahre erhoben wird. Für die Bestimmung des Eckregelsatzes, der auch für Alleinstehende gilt, sind die in den einzelnen Abteilungen der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe erfassten Ausgaben der untersten 20% der nach ihrem Nettoeinkommen geschichteten Einpersonenhaushalte (unterstes Quintil) nach Herausnahme der Empfänger von Sozialhilfe maßgeblich. Diese Ausgaben gehen allerdings nicht vollständig, sondern als regelsatzrelevanter Verbrauch nur zu bestimmten Prozentanteilen in die Bemessung des Eckregelsatzes ein.

      Die seit dem 1. Januar 2005 geltende Regelsatzverordnung fußt auf der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe aus dem Jahre 1998. Bei der Bestimmung des regelsatzrelevanten Verbrauchs in § 2 Abs. 2 Regelsatzverordnung wurde die Abteilung 10 der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (Bildungswesen) nicht berücksichtigt. Weiterhin erfolgten Abschläge unter anderem in der Abteilung 03 (Bekleidung und Schuhe) zum Beispiel für Pelze und Maßkleidung, in der Abteilung 04 (Wohnung etc.) bei der Ausgabenposition „Strom“, in der Abteilung 07 (Verkehr) wegen der Kosten für Kraftfahrzeuge und in der Abteilung 09 (Freizeit, Unterhaltung und Kultur) zum Beispiel für Segelflugzeuge. Der für das Jahr 1998 errechnete Betrag wurde nach den Regelungen, die für die jährliche Anpassung der Regelleistung nach dem SGB II und der Regelsätze nach dem SGB XII gelten, entsprechend der Entwicklung des aktuellen Rentenwertes in der gesetzlichen Rentenversicherung (vgl. § 68 SGB VI) auf den 1. Januar 2005 hochgerechnet.

      b) Bei der Festsetzung der Regelleistung für Kinder wich der Gesetzgeber von den Prozentsätzen, die unter dem BSHG galten, ab und bildete nunmehr nur noch zwei Altersgruppen (0 bis 14 Jahre und 14 bis 18 Jahre). Eine Untersuchung des Ausgabeverhaltens von Ehepaaren mit einem Kind, wie sie unter dem BSHG erfolgt war, unterblieb zunächst.

      3. Die Sonderauswertung der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe aus dem Jahre 2003 führte zwar zum 1. Januar 2007 zu Änderungen beim regelsatzrelevanten Verbrauch gemäß § 2 Abs. 2 Regelsatzverordnung, jedoch nicht zu einer Erhöhung des Eckregelsatzes und der Regelleistung für Alleinstehende. Eine erneute Sonderauswertung bezogen auf das Ausgabeverhalten von Ehepaaren mit einem Kind veranlasste den Gesetzgeber zur Einführung einer dritten Alterstufe von haushaltsangehörigen Kindern im Alter von 6 Jahren bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres. Diese erhalten ab dem 1. Juli 2009 nach § 74 SGB II 70% der Regelleistung eines Alleinstehenden. Seit dem 1. August 2009 erhalten schulpflichtige Kinder nach Maßgabe von § 24a SGB II zudem zusätzliche Leistungen für die Schule in Höhe von 100 Euro pro Schuljahr.

      4. Über eine Vorlage des Hessischen Landessozialgerichts (1 BvL 1/09) und über zwei Vorlagen des Bundessozialgerichts (1 BvL 3/09 und 1 BvL 4/09) zu der Frage, ob die Höhe der Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts für Erwachsene und Kinder bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres im Zeitraum vom 1. Januar 2005 bis zum 30. Juni 2005 nach § 20 Abs. 1 bis 3 und nach § 28 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 Alt. 1 SGB II mit dem Grundgesetz vereinbar ist, hat der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts am 20. Oktober 2009 verhandelt. Die diesen Vorlagen zugrundeliegenden Ausgangsverfahren sind in der Pressemitteilung zur mündlichen Verhandlung (Nr. 96/2009 vom 19. August 2009) im Einzelnen dargestellt.

      II. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts

      Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts hat entschieden, dass die Vorschriften des SGB II, die die Regelleistung für Erwachsene und Kinder betreffen, nicht den verfassungsrechtlichen Anspruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG erfüllen. Die Vorschriften bleiben bis zur Neuregelung, die der Gesetzgeber bis zum 31. Dezember 2010 zu treffen hat, weiter anwendbar. Der Gesetzgeber hat bei der Neuregelung auch einen Anspruch auf Leistungen zur Sicherstellung eines unabweisbaren, laufenden, nicht nur einmaligen, besonderen Bedarfs für die nach § 7 SGB II Leistungsberechtigten vorzusehen, der bisher nicht von den Leistungen nach §§ 20 ff. SGB II erfasst wird, zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums jedoch zwingend zu decken ist. Bis zur Neuregelung durch den Gesetzgeber wird angeordnet, dass dieser Anspruch nach Maßgabe der Urteilsgründe unmittelbar aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG zu Lasten des Bundes geltend gemacht werden kann.

      Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zu Grunde:

      1. a) Das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG sichert jedem Hilfebedürftigen diejenigen materiellen Voraussetzungen zu, die für seine physische Existenz und für ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben unerlässlich sind. Dieses Grundrecht aus Art. 1 Abs. 1 GG hat als Gewährleistungsrecht in seiner Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG neben dem absolut wirkenden Anspruch aus Art. 1 Abs. 1 GG auf Achtung der Würde jedes Einzelnen eigenständige Bedeutung. Es ist dem Grunde nach unverfügbar und muss eingelöst werden, bedarf aber der Konkretisierung und stetigen Aktualisierung durch den Gesetzgeber, der die zu erbringenden Leistungen an dem jeweiligen Entwicklungsstand des Gemeinwesens und den bestehenden Lebensbedingungen auszurichten hat. Der Umfang des verfassungsrechtlichen Leistungsanspruchs kann im Hinblick auf die Arten des Bedarfs und die dafür erforderlichen Mittel nicht unmittelbar aus der Verfassung abgeleitet werden. Die Konkretisierung obliegt dem Gesetzgeber, dem hierbei ein Gestaltungsspielraum zukommt.

      Zur Konkretisierung des Anspruchs hat der Gesetzgeber alle existenznotwendigen Aufwendungen folgerichtig in einem transparenten und sachgerechten Verfahren nach dem tatsächlichen Bedarf, also realitätsgerecht, zu bemessen.

      b) Dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei der Bemessung des Existenzminimums entspricht eine zurückhaltende Kontrolle der einfachgesetzlichen Regelung durch das Bundesverfassungsgericht. Da das Grundgesetz selbst keine exakte Bezifferung des Anspruchs erlaubt, beschränkt sich bezogen auf das Ergebnis die materielle Kontrolle darauf, ob die Leistungen evident unzureichend sind. Innerhalb der
      materiellen Bandbreite, welche diese Evidenzkontrolle belässt, kann das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums keine quantifizierbaren Vorgaben liefern. Es erfordert aber eine Kontrolle der Grundlagen und der Methode der Leistungsbemessung daraufhin, ob sie dem Ziel des Grundrechts gerecht werden. Um eine der Bedeutung des Grundrechts angemessene Nachvollziehbarkeit des Umfangs der gesetzlichen Hilfeleistungen sowie deren gerichtliche Kontrolle zu gewährleisten, müssen die Festsetzungen der Leistungen auf der Grundlage verlässlicher Zahlen und schlüssiger Berechnungsverfahren tragfähig zu rechtfertigen sein.

      Das Bundesverfassungsgericht prüft deshalb, ob der Gesetzgeber das Ziel, ein menschenwürdiges Dasein zu sichern, in einer Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG gerecht werdenden Weise erfasst und umschrieben hat, ob er im Rahmen seines Gestaltungsspielraums ein zur Bemessung des Existenzminimums im Grundsatz taugliches Berechnungsverfahren gewählt hat, ob er die erforderlichen Tatsachen im Wesentlichen vollständig und zutreffend ermittelt und schließlich, ob er sich in allen Berechnungsschritten mit einem nachvollziehbaren Zahlenwerk innerhalb dieses gewählten Verfahrens und dessen Strukturprinzipien im Rahmen des Vertretbaren bewegt hat. Zur Ermöglichung dieser verfassungsgerichtlichen Kontrolle besteht für den Gesetzgeber die Obliegenheit, die zur Bestimmung des Existenzminimums im Gesetzgebungsverfahren eingesetzten Methoden und Berechnungsschritte nachvollziehbar offen zu legen. Kommt er ihr nicht hinreichend nach, steht die Ermittlung des Existenzminimums bereits wegen dieser Mängel nicht mehr mit Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG in Einklang.

      2. Die in den Ausgangsverfahren geltenden Regelleistungen von 345, 311 und 207 Euro können zur Sicherstellung eines menschenwürdigen Existenzminimums nicht als evident unzureichend angesehen werden. Für den Betrag der Regelleistung von 345 Euro kann eine evidente Unterschreitung nicht festgestellt werden, weil sie zur Sicherung der physischen Seite des Existenzminimums zumindest ausreicht und der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei der sozialen Seite des Existenzminimums besonders weit ist.

      Dies gilt auch für den Betrag von 311 Euro für erwachsene Partner einer Bedarfsgemeinschaft. Der Gesetzgeber durfte davon ausgehen, dass durch das gemeinsame Wirtschaften Aufwendungen gespart werden und deshalb zwei zusammenlebende Partner einen finanziellen Mindestbedarf haben, der geringer als das Doppelte des Bedarfs eines Alleinlebenden ist.

      Es kann ebenfalls nicht festgestellt werden, dass der für Kinder bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres einheitlich geltende Betrag von 207 Euro zur Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums offensichtlich unzureichend ist. Es ist insbesondere nicht ersichtlich, dass dieser Betrag nicht ausreicht, um das physische Existenzminimum, insbesondere den Ernährungsbedarf von Kindern im Alter von 7 bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres zu decken.

      3. Das Statistikmodell, das für die Bemessung der sozialhilferechtlichen Regelsätze gilt und nach dem Willen des Gesetzgebers auch die Grundlage für die Bestimmung der Regelleistung bildet, ist eine verfassungsrechtlich zulässige, weil vertretbare Methode zur realitätsnahen Bestimmung des Existenzminimums für eine alleinstehende Person. Es stützt sich auch auf geeignete empirische Daten. Die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe bildet in statistisch zuverlässiger Weise das Verbrauchsverhalten der Bevölkerung ab. Die Auswahl der untersten 20 % der nach ihrem Nettoeinkommen geschichteten Einpersonenhaushalte nach Herausnahme der Empfänger von Sozialhilfe als Referenzgruppe für die Ermittlung der Regelleistung für einen Alleinstehenden ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Gesetzgeber konnte auch vertretbar davon ausgehen, dass die bei der Auswertung der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 1998 zugrunde gelegte Referenzgruppe statistisch zuverlässig über der Sozialhilfeschwelle lag.

      Es ist verfassungsrechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden, dass die in den einzelnen Abteilungen der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe erfassten Ausgaben des untersten Quintils nicht vollständig, sondern als regelleistungsrelevanter Verbrauch nur zu einem bestimmten Prozentsatz in die Bemessung der Regelleistung einfließen. Der Gesetzgeber hat aber die wertende Entscheidung, welche Ausgaben zum Existenzminimum zählen, sachgerecht und vertretbar zu treffen. Kürzungen von Ausgabepositionen in den Abteilungen der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe bedürfen zu ihrer Rechtfertigung einer empirischen Grundlage. Der Gesetzgeber darf Ausgaben, welche die Referenzgruppe tätigt, nur dann als nicht relevant einstufen, wenn feststeht, dass sie anderweitig gedeckt werden oder zur Sicherung des Existenzminimums nicht notwendig sind. Hinsichtlich der Höhe der Kürzungen ist auch eine Schätzung auf fundierter empirischer Grundlage nicht ausgeschlossen; Schätzungen „ins Blaue hinein“ stellen jedoch keine realitätsgerechte Ermittlung dar.

      4. Die Regelleistung von 345 Euro ist nicht in verfassungsgemäßer Weise ermittelt worden, weil von den Strukturprinzipien des Statistikmodells ohne sachliche Rechtfertigung abgewichen worden ist.

      a) Der in § 2 Abs. 2 Regelsatzverordnung 2005 festgesetzte regelsatz- und damit zugleich regelleistungsrelevante Verbrauch beruht nicht auf einer tragfähigen Auswertung der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 1998. Denn bei einzelnen Ausgabepositionen wurden prozentuale Abschläge für nicht regelleistungsrelevante Güter und Dienstleistungen (zum Beispiel Pelze, Maßkleidung und Segelflugzeuge) vorgenommen, ohne dass feststand, ob die Vergleichsgruppe (unterstes Quintil) überhaupt solche Ausgaben getätigt hat. Bei anderen Ausgabepositionen wurden Kürzungen vorgenommen, die dem Grunde nach vertretbar, in der Höhe jedoch empirisch nicht belegt waren (zum Beispiel Kürzung um 15% bei der Position Strom). Andere Ausgabepositionen, zum Beispiel die Abteilung 10 (Bildungswesen), blieben völlig unberücksichtigt, ohne dass dies begründet worden wäre.

      b) Zudem stellt die Hochrechnung der für 1998 ermittelten Beträge auf das Jahr 2005 anhand der Entwicklung des aktuellen Rentenwerts einen sachwidrigen Maßstabswechsel dar. Während die statistische Ermittlungsmethode auf Nettoeinkommen, Verbraucherverhalten und Lebenshaltungskosten abstellt, knüpft die Fortschreibung nach dem aktuellen Rentenwert an die Entwicklung der Bruttolöhne und -gehälter, den Beitragssatz zur allgemeinen Rentenversicherung und an einen Nachhaltigkeitsfaktor an. Diese Faktoren weisen aber keinen Bezug zum Existenzminimum auf.

      5. Die Ermittlung der Regelleistung in Höhe von 311 Euro für in Bedarfsgemeinschaft zusammenlebende Partner genügt nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen, weil sich die Mängel bei der Ermittlung der Regelleistung für Alleinstehende hier fortsetzen, denn sie wurde auf der Basis jener Regelleistung ermittelt. Allerdings beruht die Annahme, dass für die Sicherung des Existenzminimums von zwei Partnern ein Betrag in Höhe von 180 % des entsprechenden Bedarfs eines Alleinstehenden ausreicht, auf einer ausreichenden empirischen Grundlage.

      6. Das Sozialgeld für Kinder bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres von 207 Euro genügt nicht den verfassungsrechtlichen Vorgaben, weil es von der bereits beanstandeten Regelleistung in Höhe von 345 Euro abgeleitet ist. Darüber hinaus beruht die Festlegung auf keiner vertretbaren Methode zur Bestimmung des Existenzminimums eines Kindes im Alter bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres. Der Gesetzgeber hat jegliche Ermittlungen zum spezifischen Bedarf eines Kindes, der sich im Unterschied zum Bedarf eines Erwachsenen an kindlichen Entwicklungsphasen und einer kindgerechten Persönlichkeitsentfaltung auszurichten hat, unterlassen. Sein vorgenommener Abschlag von 40 % gegenüber der Regelleistung für einen Alleinstehenden beruht auf einer freihändigen Setzung ohne empirische und methodische Fundierung. Insbesondere blieben die notwendigen Aufwendungen für Schulbücher, Schulhefte, Taschenrechner etc. unberücksichtigt, die zum existentiellen Bedarf eines Kindes gehören. Denn ohne Deckung dieser Kosten droht hilfebedürftigen Kindern der Ausschluss von Lebenschancen. Auch fehlt eine differenzierte Untersuchung des Bedarfs von kleineren und größeren Kindern.

      7. Diese Verfassungsverstöße sind weder durch die Auswertung der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2003 und die Neubestimmung des regelsatzrelevanten Verbrauchs zum 1. Januar 2007 noch durch die Mitte 2009 in Kraft getretenen §§ 74 und 24a SGB II beseitigt worden.

      a) Die zum 1. Januar 2007 in Kraft getretene Änderung der Regelsatzverordnung hat wesentliche Mängel, wie zum Beispiel die Nichtberücksichtigung der in der Abteilung 10 (Bildungswesen) der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe erfassten Ausgaben oder die Hochrechnung der für 2003 ermittelten Beträge entsprechend der Entwicklung des aktuellen Rentenwertes, nicht beseitigt.

      b) Das durch § 74 SGB II eingeführte Sozialgeld für Kinder ab Beginn des 7. bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres in Höhe von 70 % der Regelleistung für einen Alleinstehenden genügt den verfassungsrechtlichen Anforderungen bereits deshalb nicht, weil es sich von dieser fehlerhaft ermittelten Regelleistung ableitet. Zwar dürfte der Gesetzgeber mit der Einführung einer dritten Altersstufe und der § 74 SGB II zugrunde liegenden Bemessungsmethode einer realitätsgerechten Ermittlung der notwendigen Leistungen für Kinder im schulpflichtigen Alter näher gekommen sein. Den Anforderungen an die Ermittlung des kinderspezifischen Bedarfs ist er dennoch nicht gerecht geworden, weil die gesetzliche Regelung weiterhin an den Verbrauch für einen erwachsenen Alleinstehenden anknüpft.

      c) Die Regelung des § 24a SGB II, die eine einmalige Zahlung von 100 Euro vorsieht, fügt sich methodisch nicht in das Bedarfssystem des SGB II ein. Zudem hat der Gesetzgeber den notwendigen Schulbedarf eines Kindes bei Erlass des § 24a SGB II nicht empirisch ermittelt. Der Betrag von 100 Euro pro Schuljahr wurde offensichtlich freihändig geschätzt.

      8. Es ist mit Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG zudem unvereinbar, dass im SGB II eine Regelung fehlt, die einen Anspruch auf Leistungen zur Sicherstellung eines zur Deckung des menschenwürdigen Existenzminimums unabweisbaren, laufenden, nicht nur einmaligen, besonderen Bedarfs vorsieht. Ein solcher ist für denjenigen Bedarf erforderlich, der deswegen nicht schon von den §§ 20 ff. SGB II abgedeckt wird, weil die Einkommens- und Verbrauchsstatistik, auf der die Regelleistung beruht, allein den Durchschnittsbedarf in üblichen Bedarfssituationen widerspiegelt, nicht aber einen darüber hinausgehenden, besonderen Bedarf aufgrund atypischer Bedarfslagen.

      Die Gewährung einer Regelleistung als Festbetrag ist grundsätzlich zulässig. Wenn das Statistikmodell entsprechend den verfassungsrechtlichen Vorgaben angewandt und der Pauschalbetrag insbesondere so bestimmt worden ist, dass ein Ausgleich zwischen verschiedenen Bedarfspositionen möglich ist, kann der Hilfebedürftige in der Regel sein individuelles Verbrauchsverhalten so gestalten, dass er mit dem Festbetrag auskommt; vor allem hat er bei besonderem Bedarf zuerst auf das Ansparpotential zurückzugreifen, das in der Regelleistung enthalten ist.

      Da ein pauschaler Regelleistungsbetrag jedoch nach seiner Konzeption nur den durchschnittlichen Bedarf decken kann, wird ein in Sonderfällen auftretender Bedarf von der Statistik nicht aussagekräftig ausgewiesen. Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG gebietet allerdings, auch diesen unabweisbaren, laufenden, nicht nur einmaligen, besonderen Bedarf zu decken, wenn es im Einzelfall für ein menschenwürdiges Existenzminimum erforderlich ist. Dieser ist im SGB II bisher nicht ausnahmslos erfasst. Der Gesetzgeber hat wegen dieser Lücke in der Deckung des lebensnotwendigen Existenzminimums eine Härtefallregelung in Form eines Anspruchs auf Hilfeleistungen zur Deckung dieses besonderen Bedarfs für die nach § 7 SGB II Leistungsberechtigten vorzugeben. Dieser Anspruch entsteht allerdings erst, wenn der Bedarf so erheblich ist, dass die Gesamtsumme der dem Hilfebedürftigen gewährten Leistungen - einschließlich der Leistungen Dritter und unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten des Hilfebedürftigen - das menschenwürdige Existenzminimum nicht mehr gewährleistet. Er dürfte angesichts seiner engen und strikten Tatbestandsvoraussetzungen nur in seltenen Fällen in Betracht kommen.

      9. Die verfassungswidrigen Normen bleiben bis zu einer Neuregelung, die der Gesetzgeber bis zum 31. Dezember 2010 zu treffen hat, weiterhin anwendbar. Wegen des gesetzgeberischen

      Gestaltungsspielraums ist das Bundesverfassungsgericht nicht befugt, aufgrund eigener Einschätzungen und Wertungen gestaltend selbst einen bestimmten Leistungsbetrag festzusetzen. Da nicht festgestellt werden kann, dass die gesetzlich festgesetzten Regelleistungsbeträge evident unzureichend sind, ist der Gesetzgeber nicht unmittelbar von Verfassungs wegen verpflichtet, höhere Leistungen festzusetzen. Er muss vielmehr ein Verfahren zur realitäts- und bedarfsgerechten Ermittlung der zur Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums notwendigen Leistungen entsprechend den aufgezeigten verfassungsrechtlichen Vorgaben durchführen und dessen Ergebnis im Gesetz als Leistungsanspruch verankern.

      Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG verpflichtet den Gesetzgeber nicht dazu, die Leistungen rückwirkend neu festzusetzen. Sollte der Gesetzgeber allerdings seiner Pflicht zur Neuregelung bis zum 31. Dezember 2010 nicht nachgekommen sein, wäre ein pflichtwidrig später erlassenes Gesetz schon zum 1. Januar 2011 in Geltung zu setzen.

      Der Gesetzgeber ist ferner verpflichtet, bis spätestens zum 31. Dezember 2010 eine Regelung im SGB II zu schaffen, die sicherstellt, dass ein unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger besonderer Bedarf gedeckt wird. Die nach § 7 SGB II Leistungsberechtigten, bei denen ein derartiger Bedarf vorliegt, müssen aber auch vor der Neuregelung die erforderlichen Sach- oder Geldleistungen erhalten. Um die Gefahr einer Verletzung von Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG in der Übergangszeit bis zur Einführung einer entsprechenden Härtefallklausel zu vermeiden, muss die verfassungswidrige Lücke für die Zeit ab der Verkündung des Urteils durch eine entsprechende Anordnung des Bundesverfassungsgerichts geschlossen werden.

    ___
    Hartz-IV. Bedarfsberechnung:
     
      Das BVerfG führt in seiner Pressemitteilung zur Bedarfsberechnung aus: "3. Das Statistikmodell, das für die Bemessung der sozialhilferechtlichen Regelsätze gilt und nach dem Willen des Gesetzgebers auch die Grundlage für die Bestimmung der Regelleistung bildet, ist eine verfassungsrechtlich zulässige, weil vertretbare Methode zur realitätsnahen Bestimmung des Existenzminimums für eine alleinstehende Person. Es stützt sich auch auf geeignete empirische Daten. Die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe bildet in statistisch zuverlässiger Weise das Verbrauchsverhalten der Bevölkerung ab. Die Auswahl der untersten 20 % der nach ihrem Nettoeinkommen geschichteten Einpersonenhaushalte nach Herausnahme der Empfänger von Sozialhilfe als Referenzgruppe für die Ermittlung der Regelleistung für einen Alleinstehenden ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Gesetzgeber konnte auch vertretbar davon ausgehen, dass die bei der Auswertung der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 1998 zugrunde gelegte Referenzgruppe statistisch zuverlässig über der Sozialhilfeschwelle lag."

          Die Linke stellt in ihrer kleinen Anfrage (Drucksache 17/2711–2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode) vom 23. Juli 2010 fest: "Dem Statistikmodell sind weitere Probleme immanent. Für das Verfahren ist die tatsächliche soziale Lage der ausgewählten Referenzgruppe unerheblich. Insbesondere ist das Statistikmodell blind gegenüber einem Prozess der Verarmung der Referenzgruppe. Sofern die Referenzgruppe von der Einkommensentwicklung abgekoppelt wird, wirkt sich dies bei der Festsetzung des Existenz- und Teilhabeminimums aus. Für einen derartigen Abkopplungsprozess gibt es in- folge der politisch forcierten Ausweitung des Niedriglohnsektors deutliche Hinweise. So hat sich der Einkommensanteil der ärmsten 20 Prozent der Haushalte von 10,1 Prozent (1997) bis 2006 auf 9,3 Prozent verringert (Datenreport 2008, S. 164). Gegenüber dem Jahr 2000 hat das unterste Dezil bis 2008 durchschnittlich um knapp 9 Prozent des realen Einkommens verloren, während Personen im obersten Dezil entsprechende Steigerungen um fast 15 Prozent erzielten (DIW Wochenbericht 7/2010, Anmerkung 8). Die soziale Polarisierung wirkt sich demzufolge als realer Einkommensverlust bei der sozialen Gruppe aus, die als Referenzgruppe für die Ermittlung des Existenz- und Teilhabeminimums fungiert. Die AG der Sozialhilfeinitiativen hat bereits 1989 vorausschauend kritisiert, dass die Kopplung der Sozialhilferegelsätze mit den unteren Einkommensgruppen eine Spirale nach unten eröffnet.
          Schließlich ist das Statistikmodell anfällig für zahlreiche Manipulationen. So- wohl bei der konkreten Festlegung der Referenzgruppe (welcher Haushaltstyp, Ausschluss verdeckt Armer aus der Referenzgruppe), bei der Festlegung der Abschläge als auch bei der Bestimmung der sog. regelsatzrelevanten Ausgaben bestehen Möglichkeiten, sachfremde fiskalische Kostensenkungsabsichten in die Ermittlung des Regelsatzes einfließen zu lassen. Solche fiskalischen Gesichtspunkte haben aber in der Sicherung des Existenz- und Teilhabeminimums nichts zu suchen, weil die Bekämpfung von Armut durch die Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenz- und Teilhabeminimums zu den vordring- lichsten Staatsaufgaben gehört (Rothkegel in: ZFSH/SGB 3/2010, S. 144)."

          Roth schreibt: "Alles ist möglich, man muss es nur besser begründen. Als verfassungswidrig wird nur das Verfahren zur Festsetzung der Regelsätze betrachtet (Rd.Nr. 210), nicht die Höhe der Regelsätze selbst. „Schätzungen 'ins Blaue hinein' laufen … einem Verfahren realitätsgerechter Ermittlung zuwider und verstoßen deshalb gegen Art. 1 Abs. 1 GG (Unantastbarkeit der Menschenwürde) in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG.” (Rd.Nr. 171) Wenn die Höhe der Regelsätze dem Hohen Gericht nach verfassungsgemäß ist, muss man demnach also nur die Höhe der Regelsätze „nachvollziehbar begründen” (Rd.Nr. 171), um der Menschenwürde und dem Sozialstaatsprinzip genüge zu tun." [tacheles-sozialhilfe 13.2.10)

          Jahnke analysiert (28.9.10) scharfsinnig: "Hartz-4: Die Trickserin. Nachvollziehbar und fair und unbestechlich soll nach von der Leyen die Berechnung der neuen Hartz-IV-Regelsätze sein: "Die Zahlen des Statistischen Bundesamtes sprechen eine klare Sprache". Doch die Ministerin hat sich nicht nur an die statistischen Daten gehalten, sondern mit diesen herumgespielt, bis das Ergebnis stimmte. Dabei handelt es sich vor allem um dreierlei Tricks.
          Erstens sollte Vergleichsmaßstab das Ausgabenverhalten des untersten Fünftels der Einkommensbezieher sein. Aber die Hartz-IV-Empfänger selbst dürfen laut Verfassungsgericht nicht dabei sein, um einen Zirkelschluss zu vermeiden. Daher mußte das Arbeitsministerium alle Bezieher von Grundsicherung herausrechnen. Nun hätte man vom Rest das unterste Fünftel bestimmen müssen. Doch da diesmal relativ viele Hartz-IV-Empfänger herausgerechnet werden mußten, wäre das Ausgabenverhalten der Referenzgruppe stärker gestiegen. Also wurden bei Einzelpersonen ohne Kinder die untersten 15 % und nicht 20 % als Referenzgruppe benutzt, also eine Gruppe mit noch niedrigerem Ausgabenverhalten, und damit die Regelsätze entsprechend heruntermanipuliert. Bei Kindern beließ man es dann bei den 20 %.
          Zweitens wurden aus dem Ausgabenverhalten dieser untersten Gruppe viele Ausgaben nach politischen Vorgaben herausgenommen. Das gilt z.B. für Alkohol (auch das Gläschen Bier), Tabak, Schnittblumen, der gelegentliche Besuch in der Kneipe für den mitmenschlichen Kontakt, die chemische Kleiderreinigung. All das hat ein Langzeitarbeitsloser nach von der Leyen zum Leben nicht nötig. Die Begründungen sind teilweise ausgesprochen peinlich. So heißt es beim Ausschluß der chemischen Reinigung: "Solche Ausgaben sind nur bei teueren Kleidungsstücken erforderlich und stehen häufig mit einer beruflichen Tätigkeit in Zusammenhang." Doch ein Arbeitsloser braucht offensichtlich nach Meinung der Ministerin keinen sauberen Anzug, auch nicht zur Vorstellung für einen Job.
          Drittens fängt die Trickserei eigentlich schon bei der mechanischen Beziehung auf den untersten Teil der Einkommensbezieher an. Denn von der Leyen lehnt die sonst in den entwickelten Industrieländern üblichen gesetzliche Mindestlöhne strikt ab. Damit werden in Deutschland immer mehr Arbeitnehmer zu Niedriglöhnern. Der Anteil an den sozialversicherungspflichtig Vollbeschäftigten stieg von 13,5 % 1992 auf 19,6 % 2007 und seitdem sicher weiter, auch wenn statistische Daten noch nicht bekannt sind (Abb. 14914). Das unterste Fünftel der Einkommensbezieher sinkt damit immer tiefer. So verkürzen von der Leyen und die Bundesregierung durch Ablehnung gesetzlicher Mindestlöhne die Bezugsgröße für die Hartz-4-Regelsätze immer weiter.
          Und die CSU-bayerische Arbeits-, Sozial- und Familienministerin Haderthauer bringt das Ganze auf die zynische Formel : "Nein, denn es gibt hier kein Wunschkonzert". Es ist eben nur ein Konzert nach den Haushalts- und parteipolitischen Wünschen der Bundesregierung."

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    klare direkte Sprache. Sofern Persönlichkeiten angegriffen werden, werden sie in ihrer funktionalen Rolle oder als Repräsentanten und nicht als individuelle Menschen attackiert. Natürlich können z.B. CIA-Gangster oder Wirtschaftskriminelle der Deutschland AG auch gute Menschen, Eltern, Freunde oder Nachbarn sein. > GIPT-Manifest.
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    Neid.
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    Mißgunst.
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    Soziale Gerechtigkeit.
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    Wachstumsraten für Millionäre in Deutschland.  [Google: Millionäre]
    • Spiegel 9.6.5: "WOHLSTANDSREPORT Deutschland hat 760.300 Millionäre. Das schwache Wirtschaftswachstum in Deutschland wirkt sich nun auch auf die Schicht der besonders Wohlhabenden aus: Die Zahl der Millionäre ist 2004 nur minimal gestiegen. In den meisten anderen Staaten hingegen sind die Reichen noch reicher geworden."
    • Handelsblatt 4.10.7: "Zehn Millionen Millionäre. Die Zahl der Reichen und Superreichen wächst: Das verwaltete Finanzvermögen der Millionäre nimmt seit Jahren überproportional zu – es könnte im laufenden Jahr sogar erstmals die Marke von 100 Billionen Dollar übertreffen. Wo die Reichsten der Reichen leben."
    • wiwo/dpa 27.6.7: "31.000 neue Millionäre in Deutschland. Studie. Dank der anziehenden Konjunktur ist im vergangenen Jahr auch die Zahl der Millionäre in Deutschland gestiegen."
    • Wikipedia: Millionäre. * Liste der reichsten Deutschen.


    Datenquelle und Basis: Materialband zum ersten Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung S. 112, Tab. 1.65


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    Prekariat/ Unterschicht.
        bpb: Abstieg - Prekarität - Ausgrenzung.
    ___



     
    Demütigung und Ausbeutung sind nicht geeignet, Motivation, Integration und Verantwortungsbereitschaft bei irgend jemandem zu fördern. Sie sind vielmehr Ausdruck einer menschen- und realitätsverachtenden Fehlhaltung, die nur ausgrenzt, und  destabilisiert. 
    Moral und Kultur sind nur Makulatur, wie alle Krisen, Umbruch- und Kriegszeiten zeigen - und die Tragödie und das Versagen der Guten war immer, dass sie viel zu selten schlecht genug waren, um gut genug gut sein zu können. 


    Querverweise
    Standort: Hartz IV. Kritik.
    *
    Billig Lohn, Niedriglohn, Mindestlohn, Leiharbeit 2010.
    *
     Kontrastprogramm:
    Manager Gagen * Wachstumsraten für Millionäre * Elite und etilE *  "Deutschland AG" *  geMEINwohl *
    *
     Vorbilder.
    Überblick Politische Psychologie in der IP-GIPT
    *
    Suchen in der IP-GIPT, z.B. mit Hilfe von "google": <suchbegriff> site:www.sgipt.org
    z.B. Politische Psychologie site:www.sgipt.org. 
    *
    Dienstleistungs-Info.
    *

    Zitierung
    Sponsel, Rudolf  (DAS).  Hartz IV. Kritik. Abteilung Politische Psychologie. IP-GIPT. Erlangen: https://www.sgipt.org/politpsy/sozpol/Hartz4K.htm
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    korrigiert: irs 10.12.07



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    29.09.10    Aktualisierungen Bundesverfassungserichturteil, Probleme und Perfidien (Gemeinheiten) zur Hartz-IV-Bedarfsberechnung.
    16.12.07    Wer Mist macht auf höherer Ebene, wird gnadenlos belohnt
    11.12.07    Kontrastprogramm.