Internet Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie
    (ISSN 1430-6972)
    IP-GIPT DAS=01.01.2001 Internet-Erstausgabe, letzte Änderung 27.9.5
    Impressum: Dipl.-Psych. Dr. phil.Rudolf Sponsel  Stubenlohstr. 20   D-91052 Erlangen
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      Krankheit, Symptom, Syndrom, Aufgabe der Heilkunde


    von Rudolf Sponsel, Erlangen,
     Querverweise

        Der Krankheitsbegriff 1) ist ein sehr wichtiger Begriff in unserer Gesellschaft und daher rechtlich und sozialrechtlich normiert. Wir zitieren nach Faber, F. R. & Haarstrick, R. (1991) "Kommentar Psychotherapie-Richtlinien", S. 21):
     

       
      "Nach den Psychotherapie-Richtlinien kann seelische Krankheit
       
      • in seelischen Symptomen,
      • in körperlichen Symptomen,
      • oder in krankhaften Verhaltensweisen erkennbar werden.

      •  
      Seelische Krankheit wird als krankhafte Störung der Wahrnehmung, der Erlebnisverarbeitung, der sozialen Beziehungen und der Körperfunktionen verstanden. Der Krankheitscharakter dieser Störungen kommt wesentlich darin zum Ausdruck, daß sie der willentlichen Steuerung durch den Patienten nicht mehr oder nur zum Teil zugänglich sind.

      Das Symptom ist nicht schon die Krankheit
      Seelische Krankheit ist grundsätzlich von ihrer Symptomatik zu unterscheiden. Das Symptom ist nicht schon die Krankheit. Seelische Krankheit kann durch seelische oder auch durch körperliche Faktoren verursacht sein - oder auch durch eine Mischung beider Faktorengruppen."

     

      Die dogmatische Festlegung, immer und grundsätzlich zwischen Krankheit und Symptom zu trennen, ist wissenschaftlich unhaltbar (siehe unten Symptom) und ist z. B. von der Verhaltenstherapie auch nie akzeptiert worden. Insofern ist der Kommentar zu den Richtlinien in sich widersprüchlich. Es folgen nun wichtige Ausführungen zur Krankheitslehre der Psychotherapie-Richtlinien (S. 21 - 22).
     

     
    "Die »Komplexität« der seelischen Krankheit
    Einer seelischen Krankheit liegt häufig eine aktuelle Krise seelischen Geschehens zugrunde, die direkt beobachtet und konfliktzentriert behandelt werden kann. Es kann ihr aber auch eine lebensgeschichtlich erworbene Struktur zugrunde liegen, die ihrerseits eine anlagemäßige Disposition 2) voraussetzt. Da eine in der frühen Biographie geprägte Struktur seelischer Störungen als solche nicht direkt beobachtbar ist, muß der seelische Krankheitszustand »in seiner Komplexität« diagnostisch erschlossen und für die psychotherapeutische Intervention als Therapieziel erst erkennbar gemacht werden."

      Im weiteren wird ausgeführt, daß nach den Psychotherapie-Richtlinien Berufs-, Erziehungs-, Sexual- 3) und Beziehungsprobleme für sich gesehen keine Krankheiten sind,  und "nur dann als seelische Krankheit gelten können, wenn ihre ursächliche Verknüpfung mit einer krankhaften Veränderung eines Menschen nachgewiesen wurde." (a. a. O., S. 22). Die Autoren führen weiter aus:
     

       
      "Die Notwendigkeit einer Krankheitslehre
      Schließlich wird gefordert, daß seelische Krankheit im Rahmen eines umfassenden Theoriesystems der Krankheitsentstehung diagnostiziert wird. Der Begriff der seelischen Krankheit erfordert einen wissenschaftlich definierten Ort in einer Krankheitslehre,  der die psychotherapeutische Behandlung, methodisch begründet, zugeordnet werden kann." 4)

    Zur Krankheitslehre werden in den Psychotherapie-Richtlinien weitere Vorgaben und  Erläuterungen  gemacht (a. a. O., S. 23):
     

       
      "Formulierungen zur Ätiologie in den Richtlinien
      Die Behandlung seelischer Krankheiten im Sinne der Psychotherapie-Richtlinien setzt voraus, »daß das Krankheitsgeschehen als ein ursächlich bestimmter Prozeß verstanden wird« (R: A 3). Das Krankheitsgeschehen wird durch gegenwärtig wirksame Faktoren und durch lebensgeschichtliche Prägungen determiniert. An der individuellen Genese der seelischen Erkrankung haben Einwirkungen gesellschaftlicher Faktoren teil. Die »ätiologisch orientierte Diagnostik« muß die jeweiligen Krankheitserscheinungen erklären und zuordnen (R: A 6). Es ist also die Aufgabe des Therapeuten, das Krankheitsgeschehen ätiologisch zu erfassen. Die Forderung gilt für die psychoanalytisch begründeten Verfahren ebenso wie für die Verhaltenstherapie. ... Mit diesen Formulierungen wurde klargestellt, daß kausale Zusammenhänge in der Genese von seelischen Störungen erkannt werden müssen und daß der Hinweis auf belastende biographische Gegebenheiten in der Anamnese eines Patienten oder auf seine Symptomatik nicht genügt." 5)
     

     
       
      Definition des allgemeinen und  abstrakten Krankheitsbegriffs in der GIPT (Sponsel 1995, Kap. 2 und 3)

      Die möglicherweise umgebungsbedingte An- oder Abwesenheit einer spezifischen Qualität oder Quantität, auch einer Regel, in einem Ökosozialsystem oder Individuum bewirkt eine Störung einer oder mehrerer Funktionen bzw. Funktionseinheiten eines Systems, der ab einer bestimmten Ausprägung oder Dauer, wenn es sich um biologische Systeme handelt, Krankheitswert zugesprochen werden kann. 

      Sachlich grundlegend für den Krankheitsbegriff ist der Störungsbegriff. Bestimmte Störungen erhalten den Wert Krankheit oder einen Krankheitswert zugesprochen. Krankheit ist ein sozialrechtlicher Wertbegriff mit dem sich bestimmte Ansprüche und Rechte verknüpfen, so hat der Kranke Anspruch auf Heilung, Besserung, Linderung oder Bewältigung. 

      Eine Störung kann man nach Gustav von Bergmann ([1878-1955], 1932) zweckmäßigerweisse dann eine Krankheit nennen, also ihr Krankheitswert zuerkennen, wenn wenigstens eine - wichtige - Funktions-Störung gegeben ist. Damit hat ein man vernünftiges inhaltliches Kriterium und vermeidet die Tücken,  Fallen und Paradoxien eines statistischen Abweichungskriteriums. Siehe auch Bio-Psycho-Soziales Krankheitsmodell.

     

    Der Begriff des Symptoms und seine Normierung (Definition)
    Siehe auch: Das Diagnostikproblem   und  Krankheitsmodell in der GIPT

      In der Diskussion um den Krankheitsbegriff (Keupp 1972, Hg.; Schulte 1990) und die den verschiedenen Therapieschulen zugrundeliegende Krankheitslehre (Pritz & Petzold1992, Hg.) hat es viel Verwirrung gegeben, kein Wunder bei dem allgemeinen "autistisch-undisziplinierten Denken in der Heilkunde" (Bleuler 1919). Symptom bedeutet in der Heilkunde Zeichen von ... oder Zeichen für ... . In der klassischen und veralteten Heilkunde ist eine sprachdogmatische Entscheidung getroffen worden, daß Krankheit und Symptom immer verschiedene Erscheinungen sind. Ein solches Dogma hat natürlich in der Wissenschaft nichts suchen und wird daher von der GIPT abgelehnt. In der Psychopathologie ist es völlig falsch, da hier oft Symptom und Krankheit oder Störung zusammenfallen und identisch sind, etwa bei der Angstneurose. Die Angst ist die Krankheit und zugleich ihr Ausdruck: das Symptom. Daß die Angst natürlich Ursachen, Bedingungen und Hintergründe hat, ist klar und wird von niemandem bestritten.

     
       

      Exkurs: Sprachliche Kausalitätswirren
      um die Störung und ihre Symptome

      Beispiel: Jemand mache vor einer Prüfung aus Angst in die Hose. Dann wäre der (vorübergehende) Verlust der Harnentleerungslenkung ein Symptom. Ist auch die Angst "nur" ein Symptom einer tiefer sitzenden Störung, z. B. der Verkennung der Schwierigkeit oder der Verkennung des ausreichend Gewappnetseins oder der Verkennung, daß man solche Situationen im Leben aushalten und bewältigen muß? Je genauer wir analysieren, desto mehr Rückwärtslinien in der Rekonstruktion (Ätiologie) der Störung werden wir vermutlich finden. Es stellt sich dann überhaupt die Frage, wie die einzelnen Elemente, die zu dem Gesamtkomplex dieser Störung gehören, terminologisch differenziert werden sollen. Hierzu wählen wir zunächst eine Reihe von Hilfsbegriffen, quasi als "Geistwerkzeug":

       Checkliste Kausalitätsfeld

          Angewendet auf unser obiges Beispiel können wir folgendes Modell bilden: (1) Hintergrundbedingungen: Persönlichkeitsmerkmale PM1, PM2, ... (2) Situationsbedingung: Prüfung; (3) Aktualitätsbedingung: Befürchtung ([3.1] tatsächlich gerechtfertigt oder [3.2] nur gewähnt) unzulänglicher Vorbereitung. (4) aus (1), (2), (3) resultiert Angst und daraus (5) partieller Verlust der Harnentleerungslenkung. Wir können vermuten: (4) wäre nicht, wenn (1) entfiele; (4) wäre nicht, wenn (2) entfiele; (4) wäre nicht, wenn (3) entfiele. Welche sprachliche Interpretation ist nun richtig? Ist (2), die Prüfungssituation, (a) ein Mitgrund, (b) der Auslöser oder (c) nur der Anlaß für die Angstreaktion? 6)  Eine genaue terminologische Konvention könnte sehr dazu beitragen, eine Lösung für die strittigen Probleme zu finden. Gesundheitspolitisch und psychotherapieökonomisch ist es natürlich von größter Bedeutung, ob man an Hintergrundbedingungen wie Persönlichkeitsmerkmalen = (1) oder an den Aktualitätsbedingungen = (3) therapeutisch arbeitet. (1) könnte zu einer Langzeitanalyse von 400 Stunden mit einem Kostenaufwand von DM 50.000.- führen, bei (3) würde schon eine GIPT mit 20 Sitzungen oder DM 2500.-  reichen (Barwert Basis 1995). Das ist immerhin der Faktor 20.
        Anmerkung: Die Hilfsbegriffe in der Checkliste Kausalitaet sind im übrigen sehr nützlich zur Therapie der Schuldgefühle, weil kognitive Schemata zur Differentialdiagnose moralischer und nicht-moralischer, d. h. rein sachlicher Ursachen- und Bedingungsbegriffe zur Verfügung gestellt werden.

    Der Begriff des Syndroms und seine Normierung (Definition)

      Unter einem Syndrom wird eine bestimmte Konfiguration von Symptomen verstanden. Sinn macht der Syndrombegriff nur, wenn die Konfiguration bestimmter Symptome zu einem Syndrom eine deutlich höhere Wahrscheinlichkeit hat. Beim Syndrom  sollten wir daher unterschiedliche Symptombedeutungen unterscheiden: Kernsymptome, Begleitsymptome, Randsymptome. Kernsymptome müssen vorhanden sein, bei Begleitsymptomen ist die bedingte Wahrscheinlichkeit höher als die unbedingte, Randsymptome sind syndrombezogen eher unbedeutend oder zufällig und individuell, situativ bedingt. Die Differentialdiagnose zum Symptomtyp kann im Einzelfall sehr schwierig sein, weil es hier oft an Vergleichsmöglichkeiten fehlt. Treten verschiedene Syndrome derselben Grunderkrankung (Störung) auf, müssen sie natürlich mit unterschiedlichen Namen bezeichnet werden. Sei z. B. Manie die Grundstörung, so kann diese sich in mindestens zwei Syndromen äußern: Euphorisches oder Dysphorisches Manisches Syndrom.

     Der Begriff der Gesundheit und seine Normierung (Definition)

      Während der Krankheitsbegriff über das Leiden oder drohendes Leiden relativ leicht vernünftig definiert werden kann, ist das mit dem Gesundheitsbegriff nicht so leicht. Die WHO-Definition ist sicher völlig unrealistisch und daher praktisch nicht zu gebrauchen 7). Von psychologischer Seite ist in den letzten 10 - 15 Jahren zu dem Thema einiges geleistet und erarbeitet worden (Becker, P., Minsel, B. 1982, 1986). Wir können hier keine Normierung leisten, das ist auch nicht unser Hauptanliegen.  Gesundheits-, Wohlbefindens- und Glücksforschung finden wir in der GIPT sehr wichtig. Es ist nicht gut für die Entwicklung der Psychotherapie, wenn sie nur einseitig, quasi "einäugig" ihre Erkenntnisse aus dem Pathologischen, Gestörten, Kranken, Nichtfunktionierenden bezieht. Vielleicht gibt es ja gar nicht solche großen Unterschiede zwischen "Gestörten" und "Unauffälligen". Und nicht minder wichtig für ein vollständiges Bild der ätiologischen, diagnostischen und prognostischen Beurteilung von Störungen wäre die Kenntnis, wie es denn diejenigen anstellen, die nicht erkranken, keine Störungen entwickeln, obwohl sie vielleicht dieselben Schwiergkeiten erleben wie andere, die erkranken. Hierzu gehört auch die Frage, wie es verstanden werden kann, daß Menschen, die schlimmen und mißlichen Bedingungen ausgesetzt waren, z. B. in ihrer Kindheit (Hemminger 1982) sich gesund fortentwickeln und psychopathologisch weitgehend unauffällig bleiben. Systematisch ergibt sich daher folgende Forschungsmatrix:
     

                     Gesundheit   Störungen   Alternation
    Günstige Bedingungen          11           12           13
    Ungünstige Bedingungen        21           22           23
    Alternationen                 31           32           33

      Die Psychopathologie und Psychotherapieforschung befaßt sich hauptsächlich mit der Teilmatrix 22. Ein richtiges Bild ergibt sich unseres Erachtens erst, wenn wir diese eingeengte Perspektive aufgeben und die ganze Wirklichkeit betrachten und erforschen.  Die Hauptdiagonalen stimmen mit unserer naiven Erwartung überein. Und das eben sollte kritisch hinterfragt und untersucht werden. Möglicherweise ergäben sich dadurch auch völlig neue Therapiemethoden.
      Mit Gesundheit verknüpfen wir das Analog-Bild einer großen Firma mit vielen Werktätigen. Obwohl dort im einzelnen, "mikroskopisch" betrachtet, das eine oder andere schief läuft, Fehler gemacht oder Aufgaben nicht so gut erledigt werden, MitarbeiterInnen ausfallen und fehlen, KundInnen und Zulieferer Probleme bereiten, im Großen und Ganzen funktioniert der Betrieb, im Großen und Ganzen ist er gesund, wenn die Bilanz stimmt. Dieses Bild scheint uns trefflich für unsere noch wenig präzise Vorstellung von Gesundheit. Und doch: obwohl die eine andere Region von Körper oder Seele nicht so gut funktioniert, das eine oder andere schief läuft und leichten Störungen unterliegt: im Großen und Ganzen ist alles in Ordnung. Und gibt es einmal eine stärkere Krise, Störung oder Erkrankung, dann greifen die Selbstheilungsmechanismen und der Genesungsprozeß nimmt zügig seinen Lauf. So etwa stellen wir uns Gesundheit vor. Präziser läßt sich das nur sagen, wenn die einzelnen Krankheitsfaktormodelle genauer ausgeführt werden.
     
     

     Der Begriff der Heilung (Genesung) und seine Normierung

        Der Prozeß der Heilung oder Genesung im engeren Sinne ist selten Gegenstand heilkundlicher Literatur (Weil, A. dt. 1988, orig. 1983, S. 101 - 123) und ist im wesentlichen eine "black box", obwohl die Heilwirkfaktorenforschung in den letzten 30 Jahren ziemlich angewachsen ist (> 6.4.3.5), wie auch die Mikro-Prozeßforschung sich allmählich entwickelt (> 4.4). Wie geschieht Heilung genau? Wir wissen viel zu wenig darüber. In der GIPT erhoffen wir uns aber einen Erkenntnisschub in den nächsten 10 Jahren, weil die Schöpfung und Normierung der grundlegenden Heilmittel und Methoden die instrumentellen Voraussetzungen für genaue Detailanalysen liefert. Auch von der Computersimulation und neuronalen Netzmodellen psychischer Störungen dürfte einiges zu erwarten sein.
        Kenntnis des Heil- oder Genesungsvorganges zu haben, bedeutet die Transformationsschritte vom Zustand der Störung zum Zustand des Wieder-Funktionierens  beschreiben zu können.
        Aus dem psychoanalytischen Modell kann folgender Heilungsprozeß abgeleitet werden: Unbewußtes wird zunehmend bewußt, Widerstandsschicht um Widerstandsschicht wird abgetragen, um der Übertragungsneurose den Weg frei zu machen. Entlädt sie sich endlich und ist sie durchgearbeitet, ist der psychoanalytische Heilungsprozeß zu Ende.
        Bei Rogers verhält es sich auf einer formal-abstrakten Stufe ähnlich: Zug um Zug versteht und akzeptiert KlientIn immer mehr von sich. Damit wird der Abstand, die Inkongruenz, zwischen Selbstwunschbild und dem lebensgeprägten Selbstbild immer kleiner. Und damit wird die Spannung oder negative Energie immer geringer, die den Boden für Symptomproduktionen bildet.
        Das allgemeine abstrakte Modell für beide Heilungstheorien ist ein einfaches Ist-Sollwert-Modell: die Abstände zwischen Ist- und Sollwerten werden kleiner.
     
     

    Prophylaxe und Prävention

      Prophylaxe und Prävention zielen indirekt auf Gesundheit. Die Einführung eines Schulfaches "Praktische Lebenskunst" wäre z. B. ein solcher vernünftiger Prophylaxe- und Präventionsschritt. Wie geht man mit sich selbst und anderen um, worauf kommt es an im Leben, was muß man beachten, um seine Chancen auf ein zufriedenstellendes Leben zu erhöhen? Teilweise wird psychotherapeutische Prophylaxe und Prävention von der psychotherapeutischen Volkshochschulbewegung ausgefüllt. Animation zur gesunden Ernährung und Bewegung sind allgemeine gesundheitsprophylaktische Programme. Die humanistische Philosophie von Entwickeln, Wachsen und Selbstverwirklichung, die Encounter- und Selbsterfahrungsbewegung kann auch unter dem Gesichtspunkt der Prophylaxe und Prävention gesehen werden. Aber auch gegenteilige, negative Effekte sind in der "Szene" zu beklagen, wenn z. B. labilen, latent psychisch Gefährdeten oder gar manifest psychisch Gestörten in Veranstaltungen, die eine relative Ichstärke voraussetzen, zu viel zugemutet, also nicht richtig gefiltert wird. Eine andere Gefahr ist, daß künstliche Begegnungsstätten als Ersatz für mangelnde Beziehungen und Zufriedenheitsquellen herhalten müssen und damit am Leben erhalten, möglicherweise sogar veranstaltermotiviert, was konstruktiv beseitigt werden sollte.
     
     

    Behinderung und irreversible Folgen &
    Schäden aus Unfällen & Krankheiten

      Sind mehr oder minder irreversible Schäden - durch angeborene oder erworbene Behinderung - schon eingetreten, kann es natürlich nicht mehr um eine heilende Psychotherapie gehen, sondern um stützende Psychotherapie, Hilfe zu Bewältigung, ein nicht minder wichtiges heilkundliches Tun als das der heilenden Psychotherapie oder der Prävention.
     
     

    Psychotherapeutische Hilfe bei der Bewältigung bevorstehender
    Eingriffe oder chronischer Krankheiten

      Auch hier geht es nicht primär um psychotherapeutische Heilung, sondern um Bewältigungshilfe und Unterstützung bei bevorstehenden (z. B. Operationen, Chemotherapie) oder schon eingetretenen schwierigen Situationen (z. B. Brustamputation, künstlicher Ausgang, chronisches Leiden).
     
     

    Die allgemeine Aufgabe der Heilkunde (und Psychotherapie)

       
      Die Aufgabe der Heilkunde besteht im Vorbeugen, Heilen, Bessern, Lindern und Bewältigen von Krankheiten oder Beeinträchtigungen von Krankheitswert, z. B. Behinderungen oder Verletzungen.


    Anmerkungen/ Fußnoten
    1) Zur Problematik der Ableitung eines wissenschaftlichen Krankheitsbegriffs vgl. Sponsel 1984, S. 57 - 71 oder CST-SYSTEM-Handbuch 01-90-01...15. Dort findet sich auch ein Beispiel für eine kognitiv konstruktive Ableitung.
    2) Wieso bei einer lebensgeschichtlich erworbenen Struktur eine anlagemäßige Disposition vorausgesetzt werden muß, ist eine nicht nachvollziehbare und sicher falsche Einschränkung.
    3)  Es fragt sich allerdings, wenn das so wäre, daß sexuelle Störungen "für sich" keine Kassenleistung rechtfertigen, weshalb dann im ICD ein Dutzend Klassifikationen vorgesehen wurden? Wenn eine Beziehungsstörung zu einer massiven Beeinträchtigung der Lebensqualität führt, dann ist sie natürlich behandlungsbedürftig und so gesehen auch krankenkassen-leistungswürdig.
    4) Hier wird verkannt, daß es für die meisten Störungen und Krankheiten keine allgemein anerkannte Ätiologie gibt. Man erzwingt also Mythologie und Dichtung, was natürlich die Psychoanalyse begünstigt, die nie um eine Erklärung verlegen ist.
    5) Hier wird eine Kausalität gefordert und erzwungen, die derzeit von keiner Therapieschule geleistet werden kann, es sei denn sie mythologisiert.
    6)  An dieser Stelle könnten wir die metamethodische Frage stellen, ob  die Fragestellung (a), (b) oder (c) überhaupt sinnvoll ist? Nun, sie ist leicht zu beantworten: Differenzierungsfragen sind dann sinnvoll, wenn unterschiedliche Beantwortungen zu unterschiedlichen Handlungskonsequenzen führen. Ändert sich für eine mögliche Therapie dieser Störung etwas, wenn man sich für eine Partialmenge aus den Möglichkeiten (a), (b) oder (c) entscheidet (also: abc, ab, ac, bc, a, b, c) ?
    7) "Zustand vollkommenen körperlichen, seelischen und sozialen Wohlbefindens und nicht bloß die Abwesenheit von Krankheit und Gebrechen". Das ist eine Definition, die einem hypomanischen Glückszustand entspricht. Offenbar verwechselt man glückliches Leben mit Gesundheit.

    Änderungen Kleinere Änderungen werden nicht extra ausgewiesen; wird gelegentlich überarbeitet und ergänzt.
    27.09.05    Layout. Kleine Korrekturen.

    Querverweise
    Standort: Krankheit, Symptom, Syndrom, Aufgabe der Heilkunde.
    • Kritik und Alternative zur Traditionellen Diagnostik in der Psychopathologie
    • Testtheorie der Allgemeinen und Integrativen Psychotherapie
    • Diagnostik, Komorbiditaet und das Problem der Differentialdiagnose
    • Bio-Psycho-Soziales Krankheitsmodell in der GIPT
    • Norm, Wert, Abweichung (Deviation), "Krank", Normal", "Verrückt", ...
    • Kausalitaetsproblem
    • Der Wissenschaftsbegriff und seine aktuelle Bedeutung
    • Die Psychotherapierichtlinien
    • Kittel, Ingo-Wolf (1981). Systematische Überlegungen zum Begriff "krank" in der Medizin im allgemeinen und in der Seelenheilkunde im besonderen
    • *
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    Zitierung
    Sponsel, R. (DAS). Krankheit, Symptom, Syndrom, Aufgabe der Heilkunde. Internet Publikation  für Allgemeine und Integrative Psychotherapie  IP-GIPT. Erlangen: https://www.sgipt.org/gipt/krabeg0.htm
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