Zufrieden und Zufriedenheit
J Heilmittel
zufrieden + und J Heilmittel unzufrieden
Übersicht Heilmittellehre und Heilmittel-Monographien * Literaturhinweis_ * Symbolik Heilmittelgraphik
Zufriedenheit,
zufrieden (sein [mit])
Das Bedeutungswörterbuch des Duden
definiert ebenso trefflich wie kurz und bündig: zufrieden a) innerlich
ausgeglichen und nichts anderes verlangend als man hat; b) mit den gegebenen
Verhältnissen, Leistungen o.ä. einverstanden, nichts auszusetzen
habend.
Sprachbrockhaus:
"zufrieden,
befriedigt, glücklich mit dem Zustand, in dem man sich befindet."
Fritz Wiedemann: "Die Signale für
das lustvolle Gefühl der Zufriedenheit sind Wahrnehmungen und Vorstellungen,
die uns bedeuten, daß wir erreicht haben, was wir erreichen sollten
und wollten."
Zufriedenheit ist kein eindeutiges
Gefühl, sondern kann beliebig differenziert oder mehr oder minder
allgemein gemeint sein und angewendet werden. Die Erfassung und Erhebung
sind wie bei den meisten psychologischen Begriffen noch nicht normiert
und so gesehen ist die jeweilige Bedeutung weitgehender Beliebig-, Vieldeutigkeit
und Unklarheit ausgesetzt. Dennoch haben die meisten Menschen ein intuitives
Verständnis von dem Wörtchen zufrieden und seiner Bedeutung.
Die Grundfunktion für
die Festellung von (Un-) Zufriedenheit ist das Fühlen.
Zufriedenheit,
Krankheit und Psychotherapieerfolg
Zufrieden sein ist ein wichtiger Zustand des
bio-psycho-sozialen Wohlbefindens, der im allgemeinen für die Gesundheit
wichtig ist, ganz sicher aber auch zur Lebensqualität gehört.
Zufriedene Menschen bilden im allgemeinen keine oder kaum Symptome aus.
So gesehen kann Zufriedenheit auch als Kriterium für erfolgreiche
Psychotherapien herangezogen werden (Erfolgskontrolle, Evaluation, Qualitätssicherung;
Sponsel
(1984)). Diese Idee ist alt und drückt sich in verschiedenen Theorien
und Modellen aus, z.B. in der Idee einer Homöostase.
Zusammenfassung der Zufriedenheitsmittelwerte der verschiedenen Norm- und Kontroll- sowie der Behandlungsgruppen > Lesebeispiele.
Lesebeispiele: Die Normgruppe Alle (letzte Zeile) erreicht im Mittel (Bereich 0-100%) einen Zufriedenheitswert von 59,9%, die Auffälligen ohne nähere Spezifikation von 53,4%, die unbehandelten Auffälligen von 52,4%. Die Unauffälligen ("relativ glücklich und Zufriedenen") erreichen einen Zufriedenheitsmittelwert vom 66,9%. Man sieht auch die Behandelten von 46,6% in der Anfangsphase auf 50,0% in der ersten und auf 54,9% in der zweiten Zwischenphase steigen. Die Nachuntersuchungsgruppe erreicht 64,1%, während die beiden Abbrechergruppen 57,0% (o. n. Spez.) bzw. 54,5% (weiterhin unbehandelt) erreichen. Interpretiert man den Zufriedenheitswert als umgekehrten Spannungswert - je höher die Zufriedenheit, desto geringer die Spannung durch Bedürfnisfrustration - lässt sich hier die Katharsishypothese gut begründen und nachvollziehen: Therapiebedürftigkeit bzw. Therapieerfolg als Lösen von Bedürfnisversagungen.
Begriffsumfeld:
Ausgeglichen, Ausgeglichenheit, befrieden, Befriedigung,
Friede, Gleichgewicht, Glück, Homöostase, Seelenfrieden, seelisches
Gleichgewicht, Wohlbefinden.
Gegenbegriffsfeld: reizbar,
unausgeglichen, unzufrieden, unbefriedigt, unglücklich, verstimmt.
Spezifische
Zufriedenheiten:
Zu allen Bedürfnissen, Motiven und Wünschen
können spezifische Zufriedenheiten oder Zufriedenheitsklassen (Arbeit,
Freundschaft, Einkommen, Liebe, Produkt) gedacht werden.
Beispiele:
- Lebens-Zufriedenheits-Skala (LZS)
- Selbst-Zufriedenheits-Skala (SZS)
Einflußfaktoren
auf die Zufriedenheit
Bedürfnisse, Wünsche, Motive, Erwartungen,
Einschätzungen, Beurteilungen, Rahmenbedingungen, Situation, allgemeine
Befindlichkeit und Verfassung, aktuelles Geschehen, Bewußtheit, Aufmerksamkeitsrichtung,
Beschäftigung.
Materieller
Wohlstand und Zufriedenheit
Man darf Wohlbefinden und (Lebens-) Zufriedenheit
nicht mit materiellem Wohlstand gleichsetzen. Ein gewisser materieller
Wohlstand, der über den Reproduktionskosten liegen muß, ist
eine meist notwendige, aber keine hinreichende Bedingung für Wohlbefinden
und Zufriedenheit. Zu einseitige materielle Orientierung oder gar allzu
starkes Streben nach Geld und Besitz kann einer echten inneren Zufriedenheit
sogar entgegenstehen. Das wußten schon die Alten:
Bereits Plutarch schrieb unter der "Unstillbarkeit des Verlangens": "Wer reich ist, macht sich darum nicht weniger aus dem Reichtum, und wer Überflüssiges besitzt, verliert keineswegs das Bedürfnis nach Überflüssigem. Von welchem Übel also befreit der Reichtum, wenn nicht einmal vom Hang zum - Reichtum? Das ist beim Trinken und Essen anders: Getränk löscht das Begehren nach Getränk, Nahrung stillt das Verlangen nach Nahrung. Den Drang nach Geld aber stillt weder Silber noch Gold, und das Mehrhabenwollen hört mit dem Mehrerwerb nicht auf. Zum Reichtum kann man ja wirklich sagen wie der Patient in der Komödie zu dem Arzt mit dem Wunderrezept: 'Dein Mittel macht nur, daß mein Leiden schlimmer wird'" |
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Elisabeth Frenzel berichtet in "Motive der Weltliteratur" unter dem umfangreichen Eintrag (S. 266 - 283) zu den Stichworten Goldgier, Geldgier: "Nicht durch Zufall knüpft die griechische Sage an den schon bei HERODOT (5. Jh. v. Chr.) erwähnten Phrygierkönig Midas, also an den Beherrscher eines Lydien benachbarten Gebiets im Goldland Kleinasien, jene durch OVID (Metamorphosen XI, 2/ 8 n. Chr.) bekanntgewordene Erzählung, der König habe, auch durch seinen ungewöhnlichen Reichtum nicht in seiner Goldgier gesättigt, von Dyonisos, der ihm zum Dank für die Bewirtung Silents einen Wunsch freistellte, erbeten, es möge sich alles, was er berühre, in Gold verwandeln. Als jedoch auch das Essen in seinem Munde zu Gold wurde, mußte er den Gott bitten, ihn von der verheerenden Erfüllung seines Wunsches zu befreien. Das harte, kalte Metall, in das sich bei des Habgierigen Berührung alles verwandelt, erscheint wertlos, wenn es sich um die Erfüllung der elementarsten Lebensbedürfnisse handelt, und die Goldgier erweist sich damit als lebensfeindlich." [S. 267f] |
Vermutlich gilt für den Zusammenhang zwischen Wohlbefinden und Zufriedenheit auf der einen Seite und materiellem Wohlstand auf der anderen Seite eine nicht lineare, eher umgekehrt kurvenlineare (Gauß'sche 'Glockenkure') Beziehung, wonach ein mittlerer materieller Wohlstand günstig ist, aber zu viel auch schaden kann (Verwöhnung, Unterforderung, Trägheit, Langeweile, mangelnde Ausbildung von Lebenstüchtigkeiten).
Probleme bei Erhebungen: Die Messung (Schätzung) der Zufriedenheit
Bei Erhebungen sind die vielen Fallen und Tücken zu berücksichtigen und zu kontrollieren, was die Güte der (Selbst-) Auskünfte und Informationen betrifft, etwa durch Beachtung der allgemeinen Testgütekriterien (Objektivität, Reliabilität, Stabilität, Validität, Utilität), die leider häufig besonders auch bei Internetbefragungen, Zeitungen oder Zeitschriften (sehr oft suggestiv, einseitig, oberflächlich, naiv), selbst von Forschungsinstituten, die es besser wissen und können sollten, nicht angemessen berücksichtigt werden. Methodische und inhaltliche Grundprobleme von Zufriedenschätzungen werden in der Dissertation Sponsel (1984) erörtert und empirisch untersucht.Das wichtigste psychologische Werkzeug für Zufriedenheit
"Wir müssen lernen, die Informationen zu verknüpfen und daraus einfache Routinen zu entwickeln. Ziel des ganzen ist, unterscheiden zu lernen, was einem gut tut - und was nicht, und sich bei dieser Unterscheidungsfähigkeit nicht nur des Verstandes zu bedienen. Der 'gesunde Menschenverstand' ist das denkende Herz. Dort spielen auch Gefühle eine Rolle. Man kann lernen, zu empfinden, ob Produkte einem schaden oder nicht." [Christine Kaufmann (1997, S. 6)]. Christine Kaufmann formuliert sogar noch zu vorsichtig. Die entscheidende Fähigkeit ist tatsächlich die Fähigkeit zu fühlen, zu empfinden und zu spüren als Grundlage persönlichen Werterlebens. Und diese Fähigkeit scheint in der westlichen Konsumkultur zunehmend verloren zu gehen, d.h. die Konsumgesellschaften bringen immer mehr Alexithymie ("Gefühls-Analphabeten") hervor.
Duden 10 (1970). Das Bedeutungswörterbuch. Mannheim: BI. Journal of Happiness Studies: http://www.springerlink.com/link.asp?id=104910 Köcher, Renate & Raffelhüschen, Bernd (2011). Glücksatlas Deutschland 2011. Erste Glücksstudie von Deutsche Post. München: Knaus. Sponsel, Rudolf (1984). Lebens- und Selbstzufriedenheit als Psychotherapieerfolgskontrolle. Praktische Systematik psychologischer Behandlungsforschung. Erlangen: IEC. Sprachbrockhaus (1956). Wiesbaden: Brockhaus. Toman, Walter (1968, S. 166-190). Grundannahmen einer allgemeinen Theorie der Motivationsentwicklung. In: Motivation, Persönlichkeit, Umwelt. Göttingen: Hogrefe. Toman, Walter (1978, S, 91-106). Motivintensität, Ersatzbefriedigung und Gesamtbedürftigkeit. In: Tiefenpsychologie. Stuttgart: Kohlhammer. Veenhoven, Ruut (1991). Ist Glück relativ? Überlegungen zu Glück, Stimmung und Zufriedenheit aus Psychologischer Sicht. Report Psychologie, vol. 16, Juli 1991, pp. 14-20. Text hier: http://www.eur.nl/fsw/research/veenhoven/work-ger.htm. Veenhoven, Ruut (1997). Die Lebenszufriedenheit der Bürger: Ein Indicator für die 'Lebbarkeit' von Gesellschaften? in: Noll, H-H. (ed) Sozialberichterstattung in Deutschland. Konzepte, Methoden und Ergebnisse für Lebensbereiche und Bevölkerungsgruppen. München: Juventa Verlag, ISBN 3 7799 0396 2, pp 267-293. Text hier: http://www.eur.nl/fsw/research/veenhoven/work-ger.htm. Veenhoven, Ruut (2002). Die Rückkehr der Ungleichheit in die moderne Gesellschaft? Die Verteilung der Lebenszufriedenheit in den EU-Ländern von 1973 bis 1996. In: Wolfgang Glatzer, Roland Habich & Karl-Ulrich Maier (Hrsg.), 'Socialer Wandel und Gesellschaftliche Dauerbeobachtung. Festschrift für Wolfgang Zapf', Opladen: Leske+Bundrich, 2002, Deutschland, ISBN 3-8100-3368-5, pp. 273-294. Text hier: http://www.eur.nl/fsw/research/veenhoven/work-ger.htm. Wiedemann, Fritz (1969). Die Gefühle. Heidenheim: Heidenheimer Verlagsanstalt.
WORLD DATABASE OF HAPPINESS: http://worlddatabaseofhappiness.eur.nl/ Glücksarchiv: http://www.gluecksarchiv.de/ Glücksatlas der deutschen Post. Überblick über internationale Studien: http://www.payer.de/entwicklung/entw12.htm Kurzbeschreibung LZS. Lebens-Zufriedenheits-Skala (LZS) als PDF-Datei im Rahmen der Befindlichkeitsanalyse. Kurzbeschreibung SZS. Selbst-Zufriedenheits-Skala (SZS) als PDF-Datei im Rahmen der Befindlichkeitsanalyse. Rangplätze verschiedener Faktoren für die Lebenszufriedenheit. Untersuchung der Intervallskaleneigentschaft von Zufriedenheitsschätzungen. Zufriedenheit mit Selbstverwirklichung und Geld. Zusammenhang Zufriedenheit und Lebenssinn. Materialien: wie lebt, wie wird man glücklich?.
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