Alexander der Große und das antike Griechenland
356 Pella - 10/13.6.323 Babylon
Eine historische und Psycho-Pathographische Skizze mit einer Kritik an der hagiographischen Geschichtsschreibung und Unterrichtung
Zugleich Auserwählt-Materialie
03
'Ja, mit Fug den
Griechen sind die andern untertan'
von Rudolf Sponsel, Erlangen
China: Konfuzius 551-479 [1].
In China entsteht um die Zeit der Geburt Alexanders des Großen die
erste Mauer gegen die Hunnen [1].
Um 350 verdrängt das Privateigentum an Grund und Boden die alte Agrarverfassung
in China. Im 4. Jhd. v.Chr. entsteht das geschlossene System der konfuzianischen
Lehre.
Germanien: Um 390 Beginn der Keltenwanderung
[1,];
von Bayern und Böhmen aus stoßen
keltische Stämme über Mähren und Ungarn nach Siebenbürgen
und Dalmatien vor. Sie erobern das etruskische Felsina und bauen es als
Bologna aus. Der griechische Seefahrer und Geograph Pytheas von Massilia
(Marseille) [1,2]
reist um 320 entlang der westeuropäischen Atlantikküste und erreicht
die Mündung des Rheins oder der Elbe und berichtet als erster über
die Germanen (Goten).
Indien: Um 530 Einfall des Persers Kyros
[1,], der das heutige
Nordwestpakistan und Ostafghanistan besetzte. Buddha 560-480. In Indien
beginnt im 4. Jhd. v.Chr. Mahabharata, ein Epos in 100.000 Doppelversen.
Um 540 Aufstieg der Magadha (heute: Bihar). 364 Nanda Dynastie. 327
überrannten Alexanders d.G. Truppen Teile des Panjab; seine eigenen
Truppen zwangen ihn nach zwei Jahren zur Umkehr.
Israel / Palästina: 720-586 unter assyrischer
und babylonischer Herrschaft. 586-537 babylonisches Exil, Auswanderung
nach Ägypten. 537-332 Perserherrschaft. Kyros-Edikt
538: Rückkehr der jüdischen Exilanten, Wiederaufbau des Tempels
und Rückführung der Kulturgeräte. Im 5. Jhd. zweiter Tempelaufbau
in Jerusalem. Theokratie in Palästina. Um 330: Das "Buch Habakuk"
des alten Testaments entsteht. Die Samariter trennen sich vom Judentum
und errichten auf dem Berg Garizim ein eigenes Heiligtum. 332-140 Griechenherrschaft.
Japan: Die Jömon- oder Schnurkeramik-Kultur
läuft bis zum 3. Jhd. v. Chr. aus und wird von der Yayoi-Kultur abgelöst
(neue Keramik-, Spinn- und Webtechniken, Naßreiskultur).
Kleinasien: [1,2,3,4,]
Persien: Der Prophet Zaratustra begründet
im 6. Jhd. v. Chr. die persische Staatsreligion [bis zur islamischen Eroberung
637 n. Chr.] Kyros II. gründet das persische Großbereich:
Siege gegen den Mederkönig Astyages (550/49), den Lydierkönig
Krösus (547/46) und gegen Belsazar (539). Der Dareikos, persische
Goldmünze, war zur Zeit Philipps die Welthandelswährung [1,2,3,4,5,].
Rom: Um 750 Gründung Roms. 365 stirbt
in Rom der Feldherr und Diktator Camillus, Sieger über die Etrusker.
347 Handelsvertrag zwischen Rom und Karthago. Der erste der Samniterkriege
beginnt. 343. Persien wiedererobert Ägypten. Römisches Gesetz
verbietet 342 Zinsnahme (unwirksam; 347 wurde der Zins von 8 1/3 auf 4
1/6 halbiert)). 340 wird Antium erobert. 338 beginnt das römische
Münzwesen. 326 Aufhebung der Schuldknechtschaft der Plebejer.
Rußland: Entsteht erst um 862 n.Chr.
Land, Sprache, Völker, Politische Systeme, Recht und Militär
Griechenland bildet wie die meisten Länder im Verlauf der Geschichte noch dazu im Altertum keine feste Einheit. Hinzu kommt natürlich, daß das Gebiet auch noch rund 2000 Inseln hat. Und wie unten ausgeführt wird, wurden die Makedonier gar nicht zu den Griechen gezählt.
Sprache: Die (alt) griechische Sprache gilt als die älteste der indogermanischen Sprachen Europas und wurde erst in hellenistischer Zeit Allgemeinsprache (Koine) mit Überwindung der einzelnen Dialekte. Zu den ältesten Quellen zählen die Tontafeln, die man auf Knossos (Kreta), Pylos (West-Peloponnes), Mykene und Theben fand und zwischen das 15. und 13. Jhd. datierte. Überlieferungen in griechischer Schrift um das 8. Jhd. Die ältesten und zugleich klassischen Werke sind die der Dichtergestalt Homer mit Ilias und Odyssee. Die griechische Sprache wurde durch die Kriege und Eroberungsfeldzüge, euphemistisch auch "Kolonisation" genannt, aber auch durch die kulturellen Leistungen sehr verbreitet. Griechisch war zunächst die Kanzleisprache der Makedonenkönige und wurde später zur Weltsprache der Antike, ähnlich der heutigen Rolle des Englischen und analog der politischen Funktion der USA. Im östlichen Teil des Römischen Reichen war Griechisch die allgemeine Handels- und Verkehrssprache; auch das Neue Testament wurde in Griechisch aufgeschrieben.
Völker und Volksgruppen:
Kartenquelle: Levi, Peter (dt. 1998, S. 21). Bildatlas
der Weltkulturen. Griechenland. München: Christian-Verlag.
Sparta: Sparta bestand aus der Minderheit
der Spartiaten (herrschende Schicht), den freien Periöken (Bauern,
Handel, Gewerbe) ohne politische Rechte und den unfreien Heloten (Sklaven).
Erbliches Doppelkönigtum, Ältestenrat, der die Entscheidungen
vorbereitete, Volksversammlung der waffenfähigen Männer; fünf
Ephoren
gewählt auf ein Jahr, eine Art Oberaufseher für alle Staatsangelegenheiten,
die selbst einen König verhaften lassen konnten. Plutarch:
„Die zweite und gewagteste politische
Maßnahme des Lykurgos war die Landverteilung.
Es bestand eine sehr große Ungleichheit. Viele Menschen waren besitz-
und erwerbslos und fielen dem Staat zur Last. Der Reichtum war in ganz
wenige Hände zusammengeflossen. Lykurgos überredete die Bürger,
den gesamten Grund und Boden zur Verfügung zu stellen und ganz neu
aufzuteilen; danach sollten alle gleich und unter gleichen Lebensbedingungen
leben und einen Vorrang nur durch Tüchtigkeit erstreben.
Der Plan wurde so ausgeführt:
Ganz Lakonien verteilte er mit 30 000 Losen an die Periöken, das zur
Stadt Sparta gehörende Land mit 9000 Losen an die Spartiaten. [Jedes
Landlos war so groß, daß eine Familie von den Erträgen
des Bodens leben konnte.] Um die Üppigkeit und das Streben nach Reichtum
auszurotten, traf Lykurgos seine dritte und beste politische Maßnahme:
die Einführung der gemeinsamen Mahlzeiten. Die Bürger [nur die
Spartiaten] mußten zusammenkommen und miteinander die gemeinsamen
vorgeschriebenen Speisen zu sich nehmen. Durch die Gemeinschaft der Mahlzeiten
und die Einfachheit der Kost machte er den Reichtum wertlos. Keinem stand
es frei, zu leben, wie er wollte. Die Spartiaten lebten nach strengen Vorschriften.
Sie glaubten, daß sie nicht sich selbst, sondern dem Vaterland gehörten.
War ihnen nichts anderes zu tun befohlen, so beaufsichtigten sie die Knaben
und lehrten sie etwas Nützliches oder ließen sich selbst von
den Älteren unterweisen. Es war ihnen nicht gestattet, irgendein niederes
Gewerbe zu betreiben. Überhaupt brauchten sie sich nicht mit Gelderwerb
oder mühseligen Geschäften zu befassen. Die Heloten bearbeiteten
für sie das Land und lieferten die vorgeschriebenen [>] Abgaben.
Reigentänze, Feste, Schmause und Zeitvertreib bei der Jagd, auf den
Sportplätzen und in den Sprechhallen gab es das ganze Jahr, außer
wenn ein Krieg war.
Lykurgos gestattete auch nicht allen,
die den Wunsch danach hatten, das Land zu verlassen. Von Zeit zu Zeit schickten
die Oberen die gewandtesten jungen Leute aufs Land hinaus, versehen mit
Schwertern und den notwendigen Nahrungsmitteln. Am Tag verstreuten sie
sich, hielten sich an schwer auffindbaren Orten verborgen und ruhten aus,
bei Nacht gingen sie auf die Straßen und töteten jeden Heloten,
dessen sie habhaft wurden. Oft auch gingen sie über die Felder und
erschlugen die stärksten und tüchtigsten von ihnen. Es wird gesagt,
die Ephoren hätten jedesmal, wenn sie ihr Amt antraten, den Heloten
den Krieg erklärt, damit ihre Ermordung nicht wider göttliches
Recht verstoße. Auch sonst behandelten sie sie hart und roh." [Mehr
und Quellen zu den Ephoren]
Athen: Im 7. Jhd. Oligarchie des Adels. Plutarch: "Das ganze niedere Volk war bei den Reichen verschuldet." Wer seine Schulden nicht bezahlen konnte, wurde zum Sklaven des Gläubigers. Durch die Unruhen wurde ein Schiedsrichter, Solon bestellt, was zu allgemeinen Schuldenerlassen führte. Solons Verfassung 594 sah vier nach Grundbesitzerträgen gestaffelte Klassen vor. Nach einer Phase der Tyrannis arbeitete Kleisthenes 507 eine Verfassung aus, die das Land in 30 Bezirke und 10 "Phylen" gliederte, jeweils mit einem Bezirk in der Stadt, vom Land und von der Küste. Jede Phyle entsandte 50 Vertreter in den neuen Rat der 500. Die Mitglieder des Rats wurden für 36 Tage gewählt, alle Staatsämter wurden jährlich neu besetzt, nur der Heerführer konnte wiedergewählt werden. Das Scherbengericht bot jedem Bürger die Möglichkeit, jmd. zur Verbannung auf 10 Jahre vorzuschlagen. Nicht vergessen sollte man, daß auch in Athen wie im ganzen Land nur die Griechen Bürger gewesen sind, die keine Sklaven waren.
Makedonien nach Nack
und Wägner S.246f
"Makedonien bildete bis ins vierte Jahrhundert
v. Chr. eine Welt für sich. In unabsehbarer Ausdehnung war das Land
noch immer mit Hochwald bedeckt, in dem man neben dem Eber und Bären
auch noch den Auerochsen jagte. Die Bevölkerung wohnte dünngesäht
in offenen Ortschaften. Die Küste war von einem reichen Kranz hellenistischen
Städten gesäumt, die das waldreiche Makedonien mit seinem Bauholz
für die Schiffe lockte. Auf dem spärlichen Raum, der verblieb,
entstanden die Städte Therma und, weiter ins Land zurückgezogen,
die Hauptstadt Pella. Die Form der Landwirtschaft und die
Witterung sind rauh, das Klima bringt schwere Regen im Spätherbst,
Schnee im Winter und zur Sommerzeit viel Gewitter. Besonders drückend
ist der Nebel über Seen und Wäldern.
Obgleich die Griechen die Makedonen
als Barbaren zu betrachten pflegten, so waren sie ihnen doch verwandt.
Sie gehörten zu den Indogermanen wie die Griechen. Nur hielten sie
durch ihre frühe Absonderung mit den übrigen nicht den gleichen
Schritt und blieben in ihrer Kultur zurück. Auch ihre Sprache hat
sich von der griechischen entfernt, aber doch sind beiden Idiome so ähnlich,
daß daß die Makedonen leicht das Griechische erlernen
konnten, um sich seiner in Wort und Schrift zu bedienen.
Das Königsgeschlecht der Argeaden
führte seine Abstammung auf griechische Ahnen zurück, und das
Verdienst dieser Könige war es auch, daß allmählich die
Bildung der südlicher wohnenden Hellenen in Makedonien eingeführt
wurde.
In der Schichtung der Bewohner standen
sich drei Kräfte gegenüber: der König, der Adel und die
Gemeinfreien. Die beiden letzteren waren Mitglieder der Heeresverwaltung.
Da die Zahl der kleinen Leute viel größer war, so gaben ihre
Stimmen den Ausschlag. Daher bildete die Heeresversammlung für die
breite Masse den Hort des Rechtes und der Freiheit. Die Heeresversammlung
war allein befugt, den König zu wählen, und hatte das Spruchrecht
in Blutprozessen.
Für die Königgsherrschaft
bestand kein direktes Erbrecht, aber es war ein ungeschriebener Brauch,
daß immer der älteste Sohn zum Thronfolger gewählt wurde.
Die Herrscher bewiesen eine große Griechenfreundlichkeit. Am eindringlichsten
tritt dieser Philohellenismus bei Archelaos entgegen. Er verlegte
seine Residenz von Aigai nach Pella, ließ hier einen
prunkvollen Palast aufführen und von dem berühmten Maler Zeuxis
mit Fresken schmücken. Pella wurde zum Zentrum der geistigen Kultur,
da viele hellenische Künstler anzog. Euch Euripides erlebte dort seine
letzten jahre. Archelaos krönte die kulturelle Tätigkeit seiner
Herrschaft mit der Einführung vom gymnischen und musischen Spielen.
Ein weiterer Förderer hellenischer Bildung war Perdikkas
III. Er wollte auch Platon an seinen Hof ziehen, dieser aber sagte
ab und sandte dafür seinen Schüler Euphraios, der am Hofe eine
große Rolle spielte. Eine wichtige Maßregel war die Einführung
des Attischen als lönigliche Amtssprache.
Die Zukunft des Landes hing aber nicht
nur davon ab, den kulturellen und technischen Anschluß an Hellas
zu finden, sondern auch sich machtpolitisch gegen Griechenland durchzusetzen.
Dies bedeutete aber ein Zusammentreffen feindlicher Art. Denn Makedonien
mußte trachten, die von griechischen Kolonien nach beiden Seiten
abgeriegelten Küsten zu gewinnen., um in Thessalien, dem Verbindungsglied
mit dem eiegentlichen Hellas, maßgebenden Einfluß zu erlangen.
Am schwersten aber empfand Makedonien die attische Neugründung von
Amphipolis,
die jeden Zugriff zu den thrakischen Gold- und Silbergruben verhinderte.
Dieser Umstand mußte zu einer dauernden Feindschaft führen.
Makedonien
bemühte sich, jede Machtvergrößerung im Norden, sei es
von Sparte oder von Athen aus zu untergraben, während die Greichen
nichts unversucht ließen, um eine Stärkung Makedoniens zu verhindern.
Durch diesen Zwang, ständig auf der Hut zu sein, wurde Makedonien
dauernd angetrieben, das Reich auf jede Weise zu sichern, und wuchs dadurch
zur Großmacht heran. Perdikkas hatte seine hohen Ziele nicht
mehr erreicht.
König Philipp. Als nach Peridikkas'
Tod Philipp (383-336) das Steuer der Herrschaft in die Hand nahm, erwehrte
er sich bald der illyrischen Feinde, bemächtigte sich der Goldminen
und richtete das größte und schlagkräftigste Heer auf,
das bisher in Europa gerüstet worden war. Noch blieb ihm ein großes
Ziel, nämlich Herr über seine eigenen Meeresküsten zu sein
und den hemmenden Einfluß Athens zu beseitigen. Mit Schlauheit und
Winkelzügen, mit Bestechung und militärischer Überlegenheit
zerstörte er unter anderen Griechenstädten Potideia und
Olynth
und nnahm das für ihn sehr wichtige Amphipolis in Besitz. 350
vor Chr. war die gesamte Küste in makedonischer Hand. Makedonien hatte
freien Zugang zum Meer und wurde durch Übernahme und Auswertung der
militärischen und technischen Errungenschaften der erste großflächige
Machtstaat in Europa."
Es kam dann zum Krieg gegen Theben und Athen, der
mit einer vernichtenden Niederlage und einem Blutbad der unter den Gegnern
Philipps endete (vor allem unter den Thebaner), was bei Alexander zu langanhaltenden
und massiven Schuldgefühlen führte.
Eine
griechische Demokratie hat es nie gegeben. Überall herrschte eine
Oligarchie und Minderheit der privilegierten und auserwählten
Menschen, d.h. der Griechen, gegenüber wenig einflußreichen
unteren Ständen und rechtelosen Sklaven (meist Nichtgriechen und per
definitionem "Barbaren", d.h. noch nicht einmal Untermenschen sondern gewöhnlich
sogar Nichtmenschen: wie Tiere und Pflanzen [Faschismus
des Aristoteles]). Der Reichtum beruhte auf Eroberung (Imperialismus,
euphemistisch
Kolonisation genannt), Unterdrückung, Ausbeutung und Versklavung.
Ein interkultureller Vergleich mit den USA und ihren Vasallen könnte
evtl. zu interessanten Einsichten führen (Versklavung durch globalen
- "alexandrinischen" - Wachstums-
und Konsumterror?).
Erfindung der Sklaverei * Sklaverei in Griechenland * 'Ja, mit Fug den Griechen sind die andern untertan' * |
"Wer von körperlicher Arbeit frei ist, gilt für
edel, besonders wer sich der Kriegskunst widmet. Das haben sämtliche
Griechenstämme übernommen, besonders die Spartaner. Am wenigstens
verachten die Konrinther die Handwerker."
(Herodot 2, 166,2-167,2). |
Die alten Griechen hatten keine vernünftige
Arbeitskultur und waren darin ausgesprochen primitiv, oligarch und menschenrechtsfeindlich
(wie die meisten Völker damals) organisiert. Im Grunde verachteten
sie richtige Arbeit oder schätzten sie wenigstens gering. Staat und
Wirtschaft beruhten überwiegend auf Sklavenarbeit
und Handel. Die meisten Sklaven gab es in den Silberbergwerken von Laurion
mit 20-30.000, ähnlich viele wie freie Bürger Athens, und in
den Steinbrüchen von Piräus. In Bezug auf die Menschenrechte
und Gerechtigkeit war die vielgerühmte und hochgelobte "Demokratie"
- die nie eine richtige war - des klassischen Griechenland völlig
unterentwickelt. Eine Inschrift aus dem Gebiet von Laurion definiert Eigentum
als den "Grund, die Anlagen und die antrapoda (Menschenvieh)." [was u.a.
auch an den Talmud, z.B. Baba
mezia 114b, erinnert]. Im 4. Jhd. soll es ein Sprichwort gegeben haben,
wonach der Unterschied zwischen der Arbeit auf dem Bauernhof oder in einem
Bergwerk ein Lebensalter umgreife. Selbst einen Denker wie Aristoteles
kann man - aus heutiger Sicht - in der Sklavenfrage nur als geistig zurückgeblieben
und auserwählt-faschistoid
bezeichnen. Die Gegensätze zwischen Arm und Reich scheinen ähnlich
wie im heutigen Amerika gewesen zu sein (Bill Gates besitzt dort allein
so viel wie die 120 Millionen ärmsten Amerikaner zusammen [Jean
Ziegler]). Die reichen Familien hatten aber kaum über drei Generationen
Bestand. Noch im 6. Jhd. waren die Bauern verarmt und Sklaven,
was erst Solon änderte.
Van der Veen berichtet in seiner Sozialgeschichte
der Arbeit (Bd. 1, S. 35): "Der Lohn für Arbeiter betrug im 5. Jhd.
vor Christus gleichmäßig eine Drachme pro Tag, sowohl für
die Sklaven wie für den
Bürger, für den Baumeister und Bildhauer ebenso wie für
den Wasserträger. Erst im 4. Jhd. entsteht Lohndifferenzierung, natürlich
verbunden mit Differenzierung der Bewertung. Die Intellektuellen werden
eine neue Klasse, die sich stark von den Handel treibenden und industriellen
Gruppen unterscheidet. Sklaven
werden vermietet, manchmal sogar eine Mine oder ein Arbeitsplatz mitsamt
dem ganzen Personal. Man wird Rentier oder beschäftigt sich
dann mit Wissenschaft und Politik, vor allem mit Politik." Die tatsächliche
Geringschätzung und Verachtung der profanen Arbeit hatte zur Folge,
daß die Griechen kein besonderes Geschick in der praktischen Ökonomie
und wirtschaftlichen Infrastruktur zeigten. Peter Levi bemerkt hierzu:
"Kein Versuch, den Kanal von Korinth
zu bauen, war in der Antike erfolgreich; Anlagen wie die Häfen von
Korinth und Athen werfen ein Licht auf die extreme Beschränktheit
der Griechen, was eine wirksame Ausnutzung der menschlichen Arbeitskraft
angeht." Nun dafür gibt es eine ganz einfache Erklärung: die
Oligarachen hatten das Maloche-Arbeiten nicht nötig, dafür hatten
sie ihre Sklaven. Andererseits erwies sich Archimedes
(287-212) nicht nur als großer und kühner Mathematiker und Physiker
(Lösung von kubischen Gleichungen, Hebelgesetz, Hydrostatik, schiefe
Ebene), sondern zugleich als hervorragender Ingenieur und Techniker (Archimedische
Schraube, Flaschenzug, Kran, Bewegungsmaschinen).
Der größte Sklavenmarkt Griechenlands
war die Insel Delos. Dort sollen täglich bis 10.000 Männer, Frauen
und Kinder die Besitzer gewechselt haben. Der Durchschnittspreis betrug
ca. 300 Drachmen, etwa 1/5 des Preises eines Pferdes. Zur Zeit des Perikles
gab es in Attika und Athen ca. 20.000 Bürger und ca. 350.000 Sklaven.
Nebenbei sei erwähnt, daß Aristoteles
feststellte, daß Sklavenaufstände dort unwahrscheinlicher waren,
wo die Sklaven vielfältige Herkunft hatten. Zu den größten
reaktionären und anthropologischen und politologischen Fehlleistungen
des Aristoteles gehörte
der Nachweisversuch, daß Sklaven und Frauen minderwertig seien.
* Erfindung der Sklaverei
* Sklaverei in Griechenland
Der "Normalgrieche" verachtete anstrengende, besonders
körperliche Arbeit, erlebte und definierte sich zu Höherem berufen
(z.B. Staatsgeschäfte, Kriegsdienst, Philosophie, Kulturpflege, Spiel,
Wetten, Feste und Saufgelage). Erwerbsarbeit war für Sklaven,
niedere Stände, Handwerker, Landwirte, Fischer, Frauen, Diener und
Lakaien.
Aus dem Leben eines intriganten, eitlen doch begabten
Müßiggängers:
"ALKIBIADES
UNTERLAG mehr als die andern einem überaus starken Bedürfnis
aufzufallen. Die Aufmerksamkeit, die seine Schönheit und Anmut erweckten,
reichte ihm bei weitem nicht. Er kultivierte einen leichten Sprachfehler,
den er wohl hatte indem er bewußt - und liebenswürdig - lispelte;
die Komödie imitierte es gern. Er war für die langen, über
den Boden streifenden Purpurgewänder bekannt, die er gelegentlich
trug wie eine Frau. Auf seinem Hopliten-Schild brachte er seltsamerweise
einen kleinen Eros an, der statt mit leichtem Bogen mit dem Donnerkeil
des Zeus ausgerüstet war. Einmal kaufte er für die exorbitante
Summe von 7 ooo Drachmen (für die er vierzig Sklaven bekommen hätte)
einen überdimensional großen Hund, den schönen Schwanz
des Tiers aber schnitt er ab, und als Freunde ihn fragten, warum - allen
Leuten täte das leid -, meinte er, das gerade sei seine Absicht: so
käme er noch stärker ins Gespräch. ...
Doch wenn dies nur maßlose Übersteigerungen
des Üblichen waren, so scheint er sich anderem geradezu mit Mutwillen
hingegeben zu haben: Mit »jenem Belieben, es darauf ankommen
zu lassen, wohin die Dinge tragen, in dem blindes Vertrauen und Gleichgültigkeit
zu der Lust sich verbinden, ohne viel um sich zu schauen, dem eigenen Impuls
sich hinzugeben«, mit jenem Gemisch also von Wagemut und williger
Ergebenheit, das wir Mutwillen nennen, scheint er darangegangen zu sein,
seine Möglichkeiten auszuloten.
416 beantragte er etwa in der Volksversammlung,
die Männer Melos zu töten, Frauen und Kinder als Sklaven zu verkaufen,
dann selbst eine dieser Frauen zu erwerben, sich der Liebe zu ihr zu ergeben
und mit ihr ein Kind zu zeugen. Ein unbekannter Autor der Zeit meint, wenn
die Athener so etwas auf der Bühne gesehen hätten, hätten
sie es für eine Ungeheuerlichkeit gehalten, in der Wirklichkeit
aber, bei Alkibiades, hätten sie es hingenommen, ohne sich viel dabei
zu denken.
Agatharchos, einen der bekanntesten
Maler der Zeit, hat Alkibiades regelrecht gefangengesetzt - und erst wieder
freigelassen, als er schöne Gemälde für sein Haus geschaffen
hatte. ...
Die hohe Meinung, die der verwöhnte
Mann von sich hatte, seine Eitelkeit, sein Mutwille und jene ungemeine
Verletzlichkeit, die gerade diejenigen auszeichnet, die mit Verachtung
und Beleidigungen anderer nicht kleinlich sind, das alles bewährte
er auch im Politischen - und es verband sich mit seiner Genialität."
Um 350 spielen die Hetären
(Edelgespielinnen [Edelhuren]) als gebildete Gesellschafterinnen in Athen
eine stärkere Rolle. Angeblich fanden die griechischen Männer
dort die geistige Anregungen, die sie in ihren Familien nicht fanden. Eine
berühmte - Lais I., die Ältere - von ihnen liebte den berüchtigten
Diogenes
(in der Tonne), dem sie sich umsonst hingegeben haben soll; im Alter soll
sie käuflicher und zur Trinkerin geworden sein. Der Geschichte nach
soll ihr Aphrodite im Traum erschienen und viele vermögende Freier
verhießen haben. Die 'gewöhnliche' Prostitution wurde gewöhnlich
von Sklavinnen ausgeübt. Ein schönes Beispiel für die ungerechte
und hochentwickelte griechische plutokratische Amigorepublik zeigt auch
die Besteuerungspolitik der Edelhuren.
Philosophie
und Wissenschaft zur Zeit Alexanders
Das antike Griechenland schafft in der Philosophie, Kultur, Kunst,
Literatur und Wissenschaft meist auch heute noch zu Recht bewunderte außergewöhnliche
und bleibende Leistungen. Beispiele: Archytas von Tarent (Entdeckung
der einfachen Zahlenverhältnisse zwischen Tonhöhe und Länge
der schwingenden Saite) stirbt wie 360 Demokrit (Atomlehre), Schüler
des Leukippos. Eudoxos von Knidos (harmonisches Doppelverhältnis
des Goldenen Schnitts) stirbt 359.
Ephorus von Kyrene schreibt 355
eine (erste?) Weltgeschichte. Um 350 lehrt Herakleidos die Achsendrehung
der Erde. 340 erkennt Proxagoras den Unterschied zwischen Arterien und
Venen und benutzt die Pulsfühlung zur ärztlichen Diagnose. 336
wird Zenon von Kition (Zypern), Gründer der Stoa, geboren.
Euklid
soll um 325 (?) seine Jahrtausende überdauernde Geometrie aus wenigen
Axiomen und seine auch heute noch weitgehend gültige
Methodik
entwickelt haben.
Aristoteles erkennt die beschleunigte Bewegung
im freien Fall, glaubt aber irrtümlich, daß schwerere Körper
schneller fallen (von Galilei widerlegt). 334 führt Aristoteles das
Gestaltprinzip ("Das Ganze
ist vor dem Teil") ein und nimmt damit das Grundprinzip der Gestaltpsychologie
vorweg. In der Frauen- und
Sklavenfrage ist er aber extrem rückständig und reaktionär.
In der Menschenrechtsfrage waren selbst die gescheitesten Köpfe schwarzweiss
denkende primitive
Steinzeit-Borderliner.
Alexander soll eine ganze Menge Wissenschaftler
und Berichterstatter bei sich gehabt haben. Das von ihm gegründete
Alexandria soll zum kulturellen Mittelpunkt geworden sein bis die Araber
641 die Stadt eroberten.
Faun (Faunus = Fruchtbarkeitsgott), Vase, Artemistempel
(Artemis = multiple Göttin; 356 von Herostratos in Brand gesteckt),
Laokoon (um 50 v.C.).
Die griechische Kunst wird in etwa wie folgt eingeteilt: I. Die vorgriechische kretisch-mykenische Kunst und Kultur. II. Die griechische Kunst und Kultur ab ca. 700 v.Chr. mit den Perioden: 1) archaische Kunst und Kultur, 2) Kunst der ersten Blütezeit (5. Jhd.), 3) Kunst der zweiten Blütezeit (4. Jhd.), 4) hellenistische Kunst (etwa ab dem Tod Alexanders d.G.). In Ägypten entsteht um 360 die Sphinxallee vor dem Luxortempel. Um 355 Höhepunkt klassizistischer griechischer Kunst. Um 338: das Gefallenendenkmal der Löwe von Chäronea.
Richard Hamann
charakterisiert in seiner Geschichte der Kunst, III. S. 671, das vierte
Jahrhundert, die 2. Blütezeit, wie folgt:
"ERMATTUNG DES PLASTISCHEN UND VERINNERLICHUNG (4. Jahrhundert).
Athens Vormachtstellung gebrochen), doch behält es weiterhin Gewicht.
Durch die anhaltenden heftigen Kämpfe der Griechen untereinander werden
diese eine Beute Makedoniens, das schließlich zur Weltmacht aufsteigt.
— Der Gegensatz Sparta—Athen besteht weiterhin. Bedrohung der Demokratie
in Athen durch die 30 Oligarchen (404). Diese werden gestürzt. Verurteilung
des Sokrates zum Tode (399). Plato entfaltet seine Wirksamkeit, Gründung
der Akademie (387). — Krieg der Spartaner gegen die Perser (399—394). —
Kämpfe zwischen Athen, Theben, Korinth, Argos und Sparta (395—387).
— Kurze Hegemonie Thebens (379—362, Epaminondas), Philipp von Makedonien
begründet die Hegemonie seines Landes über die Griechen (359—336).
Sein Sieg bei Chaironeia über die verbündeten Griechen (338).
Alexander der Große (336—323) unterwirft erneut die Griechen (335)-
Sein Zug gegen Persien, Zerstörung des Reiches bei Gaugamela (330),
Zug nach Indien (327—325). Er will von Susa aus den Orient hellenisieren,
ein großes makedonisch-persisches Reich gründen, die Satrapien
neu ordnen. Er hat Pläne zur Umschiffung Arabiens, zum Bau von großen
Straßen. Er erstrebt die bewußte Vermischung der makedonischen
Führungsschicht mit Asiaten. An seinen Hof in Babylon kommen Gesandtschaften
aus Griechenland, Italien, Spanien, Afrika, um ihm zu huldigen. Sein Tod
in Babylon (323) läßt die griechischen Freiheitsbestrebungen
aufleben (Demosthenes), sie bleiben vergeblich. Wirkungen Platos und des
Aristoteles, der Alexanders Lehrer war. Xenophon von Athen und Theopomp
schreiben Geschichte, Philemon und Menander sind Dichter der neueren Komödie."
An bedeutenden bildenden Künstlern im 4. Jhd.
hebt Hamann hervor: Skopas [1,],
Bildhauer und Architekt; Praxiteles [1,],
Bildhauer und Lysipp [1,2,],
der Hofkünstler Alexanders d.G. Besondere Zuwendung erhalten die Grabmäler.
Macht und Bedeutung der staatlich geschützten Religion im antiken Griechenland waren nicht zu unterschätzen. Die griechischen Philosophen standen der Religion kritisch und skeptisch gegenüber. Man erinnere sich, daß Sokrates der Gottesleugnung angeklagt war und zum Tode verurteilt wurde (sein Tod wird von Platon im Phaidon geschildert). Auch Aristoteles wird nach dem Tod Alexanders 323 der Gottlosigkeit (Asebie) angeklagt und verläßt Athen. Er stirbt ein Jahr später 322 (Spätwerk Poetik). |
Frühe überregional bedeutendere Kultheiligtümer: Delphi, Delos, Samos, Olympia.
Das
griechische Orakel: Algorithmen für unsicheres und Nichtwissen
Das frühe und besonders natürlich auch das griechische Orakel
ist eine psychologisch außerordentlich interessante Erscheinung.
Es berührt grundlegende psychologische und metaphysische
Bedürfnisse des Menschen und ist von daher auch nicht - wie manche
oberflächliche und dümmliche scheinbar (natur-) wissenschaftlich
orientierte DenkerInnen irrtümlich meinen - ausrottbar. Schlicht und
einfach deshalb nicht, weil wir vieles nicht wissen und was die Zukunft
betrifft auch objektiv gar nicht wissen können. D.h. menschliches
Leben und Handeln geht immer und notwendigerweise mit Unsicherheit und
Unwissen einher. Und hier genau hat das Orakel seine wichtige Funktion:
es schließt die Lücke der Unentschiedenheit, Unschlüssigkeit,
Unsicherheit und des Nichtwissens (> Alexanders Orakel
in Delphi) wie heutzutage
Astrologie,
Tarot und andere Orakel-Methoden, z.B. Signifikanztests
oder Faktorenanalysen.
Aus: Die Verwalter des Wissens in: Rosenberger
(2001, S. 29):
"Vor der Befragung des Orakels war eine Opfergebühr
von neun Obolen Silber fällig, die ebenfalls
im Schatzhaus gesammelt wurde. Wer einen Heiltraum erwartete, opferte einen
Widder und schlief auf dem Fell des Tieres. Das Fleisch des Opfertieres
durfte man nicht außerhalb des heiligen Bezirkes bringen. Von jedem
Opfertier erhielt der Priester die Schulter als Bezahlung. Jeder durfte
sich zum Inkubationsschlaf niederlegen, sofern er nicht das Recht verletzte,
frei von Schuld und Frevel war sowie die Orakelgebühr gezahlt hatte.
Bei der Bezahlung mußte ein niederer Kultbeamter den Namen sowie
die Herkunftsstadt des Klienten notieren und beides auf einer Holztafel
im Heiligtum ausstellen [FN43]. Damit wurde nicht nur dokumentiert, wer
sich zu Recht in der Inkubationshalle aufhielt - was durchaus auch eine
Werbefunktion haben mochte -, sondern durch die Kenntnis von Namen und
Herkunft wurde auch Kontrolle über die Klienten ausgeübt: Wer
sich etwa durch Diebstahl aus dem Orakelschlaf der anderen Vorteile verschaffen
wollte, sollte abgeschreckt sein."
Aus einer Inschrift gehen weitere
Details hervor (nach Rosenberger, S. 31 ): "'Wenn die Genannten beim
Orakel eingetroffen sind und das Opfer vollzogen haben nach überkommener
Sitte und das Opfer günstig ausgefallen ist, soll der Schreiber des
Gottes sogleich danach die Listen mit den Namen derjenigen entgegennehmen,
welche das Orakel zu befragen wünschen, alle Namen auf einer weiß
getünchten Tafel aufzeichnen, diese Tafel unverzüglich vor dem
Tempel aufstellen und Einlaß gewähren in der Reihenfolge jeder
einzelnen Eintragung, durch Aufruf, sofern nicht welche das Vorrecht haben,
zuerst vorgelassen zu werden. Ist der Aufgerufene nicht anwesend, soll
er (der Schreiber) den Nächsten vorlassen, bis der Aufgerufene sich
eingefunden hat. Sitzen sollen die Genannten (Würdenträger) im
Heiligtum in ordentlicher Haltung, in weißen Gewändern, mit
Lorbeerkränzen geschmückt, in Reinheit und nüchtern, und
sie sollen die Täfelchen entgegennehmen von denen, die das Orakel
befragen.'
Aus dieser Regelung geht zunächst
hervor, daß eine recht große Zahl von Leuten das Orakel befragen
wollte."
Zu Alexander dem Großen gibt es viel im Internet, wenn auch wenig wirklich Substanzielles zu seinem Leben, von dem wir aber überhaupt nur wenig wirklich Zuverlässiges zu wissen scheinen, wenn auch Plutarch psychologisch sehr viel ergiebiger ist, als die meiste Sekundärliteratur vermuten läßt. Das hat auch damit zu tun, daß Alexander bereits ein durchdachtes "Embedded-Konzept" von Hof-Feldzugs-Berichterstattern, namentlich im Dichter Kallisthenes von Olynth, mit sich führte.
Herkunft. Alexander wurde als einziger Sohn des Makedonierkönigs Philipp II. und dessen vierter Frau Olympias in Pella (Makedonien) 356 v.C. geboren, das Jahr, in dem das Rennpferd des Vaters bei der Olympiade siegte und das 7. Weltwunder, der Artemistempel, durch einen Brandanschlag des Herostratos zerstört wurde. Im Jahre 342 (bis 336?) wird kein Geringerer als der große Aristoteles (384-322) zum Erzieher Alexanders berufen. Mit 16 (340) wird Alexander von seinem Vater zu dessen Stellvertreter ernannt. Insgesamt soll Philipp nach Bankl - und damals durchaus üblich - sieben oder acht rechtmäßige Frauen und viele Konkubinen gehabt haben, was zu zahlreichen und vielfältigen intrafamiliären Problemen führte. 337 hat sein Vater die Mutter nach zwangzigjähriger Ehe verstoßen und Kleopatra, die Nichte des Attalos, geehelicht. Alexander war dann mit seiner Mutter ins Exil gegangen. Plutarch schreibt über die familiären Turbulenzen (Alexander, 9):
"Aber die Störungen des Familienlebens - durch Philipps Heiraten und Liebschaften krankte das ganze Reich in gewisser Weise mit an den Leiden des Frauengemachs - führten zu einer Menge von Vorwürfen und heftigen Streitereien. Diese wurden dadurch verschärft, daß Olympias, eine eifersüchtige, leidenschaftliche Frau, in ihrer Unverträglichkeit auch noch Alexander aufhetzte. Zum offenen Zerwürfnis kam es durch Attalos auf der Hochzeit Philipps mit Kleopatra, die er heiratete, weil er sich trotz seines Alters in dieses junge Mädchen verliebt hatte. Ihr Oheim Attalos forderte nämlich berauscht beim Bankett die Makedonen auf, sie sollten zu den Göttern beten, daß Philipp und Kleopatra dem Reich einen rechtmäßigen Thronfolger schenkten. Darauf geriet Alexander in Wut und rief ihm zu: »Bin ich etwa für dich ein Bastard, du elender Kerl?«, und er warf einen Becher nach ihm. Philipp sprang auf, wandte sich gegen Alexander und zog das Schwert, aber zum Glück für beide stolperte er in seinem Zorn und Rausch und fiel hin."
Vaterprobleme, Muttersohn. Zu seinem Vater scheint er immer schon ein sehr gespanntes Verhältnis gehabt zu haben. Im Alter von 20 wurde Alexanders Vater ermordet; es heißt mit Zutun der Mutter. Nach Anerkennung durch das Heer wird er 336 König der Makedonen und des Korinthischen Bundes: Alexander III. Seine Gegner, Verwandte und sonstige Thronanwärter werden hingerichtet. Mit den aufständischen Theben, unterstützt durch Athen, verfährt er rabiat und grausam. Plutarch berichtet (Alexander, 14):
"Die meisten fielen in der Schlacht selbst, die Stadt aber wurde erobert, ausgeplündert und dem Erdboden gleichgemacht. Alexander ging dabei von der Überlegung aus, daß die Griechen, durch eine solche Katastrophe in Schrecken versetzt, klein beigeben und Ruhe halten würden. Außerdem gebrauchte er den Vorwand, er habe Beschuldigungen der Bundesgenossen nachgeben müssen. Denn die Phoker und Platäer hatten Klage geführt gegen die Thebaner. Mit Ausnahme der Priester, aller Gastfreunde der Makedonen, der Nachkommen Pindars [FN33] und der Leute, die gegen den Beschluß zum Aufstand gestimmt hatten, ließ er die gesamte Bevölkerung in die Sklaverei verkaufen. Es waren etwa 30000 Menschen, gefallen waren über 6000."
Die weiteren Ausführungen Plutarchs zeigen, daß Alexander im Nachhineinmassive Schuldgefühle ausbildete, die er durch jede Menge Wiedergutmachungshandlungen zu beruhigen und damit die Dionysos zugeschriebene Vergeltung aufzuheben versuchte. Seine impulsive Ungerechtigkeit und Grausamkeit und die daraufhin entwickelten Schuldgefühle könnten auch eine Kompenente für den zunehmenden Alkoholismus gewesen sein.
"13. Mit den Athenern gelang ihm eine Aussöhnung, obwohl sie schwer an dem Schicksal Thebens trugen. Zum Zeichen der Trauer brachen sie die gerade begonnene Feier der Mysterien ab und setzten sich aufopfernd für die thebanischen Flüchtlinge in Athen ein. Alexander hatte nun entweder wie ein Löwe seinen Blutdurst gestillt, oder er wollte der überaus grausamen und unmenschlichen Tat einen Akt der Milde gegenüberstellen; er verzichtete jedenfalls nicht nur auf jede Beschwerde gegen die Athener, sondern riet ihnen sogar, die politische Entwicklung aufmerksam im Auge zu behalten, denn wenn ihm etwas zustieße, seien sie das Oberhaupt von Hellas. Später aber soll ihm das Unglück, das er über Theben gebracht hatte, leidgetan und ihn milde gestimmt haben gegen viele. Er war überzeugt, daß die im Rausch verübte Tat an Kleitos [FN34] sowie die feige Umkehr der Makedonen in Indien, [FN35] die so den Feldzug gleichsam nicht zum Ziel kommen ließ und seinen Ruhm schmälerte, auf den Zorn und die Vergeltung des Dionysos [FN36] zurückzuführen seien. Es gab keinen von den überlebenden Thebanern, der nicht später jeden Wunsch und jede Bitte von ihm erfüllt bekam. Das war das Schicksal der Stadt Theben."
Seine Mutter kehrt nach Pella zurück und läßt die Witwe Philipps Eurydike Kleopatra sowie deren Kind töten. Nach Bankl (1992, S. 25): Auf dem Einigungs- und Befriedungsfeldzug sieht er in Korinth nach Diogenes.
Anmerkung (8.8.6): Die Arbeit des Pulitzerpreisträgers Sulzbergers zur Beziehungsproblematik zwischen Alexander und seinem Vater hällt leider nicht im geringsten was sie verspricht.
Befragung des Orakels
von Delphi: Plutarch (Alexander, 14) berichtet:
"Er begab sich nach Delphi, um von
dem Gott ein Orakel über den Feldzug zu erhalten. Es waren aber zufällig
gerade ungünstige Tage, an denen kein Orakel erteilt werden durfte.
Alexander schickte zunächst nach der Pythia und forderte sie auf zu
kommen. Als sie es ablehnte und sich auf das Gesetz berief, ging er selber
hin und brachte sie mit Gewalt zum Tempel. Da sagte sie, von seiner Beharrlichkeit
gleichsam überwältigt: »Du bist unüberwindlich, Knabe!«
Als Alexander dies hörte, meinte er, nun brauche er keinen weiteren
Seherspruch mehr, er habe bereits das gewünschte Orakel von ihr."
Diese Schilderung zeigt den klassischen königlichen
Zug aller Tyrannen bereits frühzeitig an: Alexander hält sich
an nichts und legt die Dinge willkürlich so aus, wie sie für
ihn günstig sind.
Alexander war weniger
mutig als tollkühn
Stimmen die Angaben, wie Alexander den Hellespont
überquerte, folgt hieraus ziemlich sicher, daß er tollkühn
gewesen sein mußte. Mut heißt trotz Angst
handeln. Die Angst, die der Mutige überwindet, hindert ihn gleichzeitig
auch, tollkühn zu handeln. Der Tollkühne erlebt keine
Angst und ist so gesehen zu tollen - in des Wortes mehrfacher
Bedeutung auch zu geradezu irrsinnigen - Taten fähig. Das war einer
seiner großen Erfolgstrümpfe. Ein anderer seine Unbeirrbarkeit
und Entschlossenheit. Sein Selbstvertrauen stärkte er durch seinen
Glauben, u.a. mit Hilfe der Orakel,
woran man wieder einmal sehen, was für ein mächtiges (Heil-)
Mittel der Glaube
ist. Aber zum Erfolg gehört auch Glück, treue Bundesgenossen
und Freunde. Auch davon hatte er wohl genug.
Der
Mordbefehl des väterlichen Kampfgefährten und Förderers
Parmenions. Plutarch (Alexander, 49) berichtet:
"Als Philotas hingerichtet war, schickte Alexander sofort
Leute nach Medien und ließ Parmenion aus dem Wege räumen, einen
Mann, der mit Philipp zusammen die größten Taten vollbracht
hatte. Er war es gewesen, der als einziger von seinen älteren Freunden,
oder doch hauptsächlich, Alexander zu dem Zug nach Asien ermuntert
hatte. Drei Söhne besaß er und hatte auf dem Feldzug schon den
Tod von zweien erleben müssen, mit dem dritten zusammen wurde er jetzt
umgebracht. Damit erregte Alexander Grauen bei vielen seiner Freunde, besonders
bei Antipater."
Charakteristik: Affekttötung
des Kleitos.
Ein solch treuer Freund und Bundesgenosse war Kleitos, dem er bei der
tollkühnen Operation über den Hellespont
sein Leben zu verdanken schien. Er lohnte es ihm nicht, sondern tötete
ihn aus einem affektiven Wutimpuls heraus, wahrscheinlich auch deshalb,
weil dieser ihm die Wahrheit ins Gesicht sagte. Plutarch
(Alexander, 50-52) berichtet:
"50. Nicht lange danach ereignete sich
der Vorfall mit Kleitos. Wenn man ihn so zusammenhanglos hört, erscheint
er einem noch grausamer als das Vorgehen gegen Philotas. Betrachtet man
jedoch mit Überlegung den Anlaß und den Zeitpunkt, dann kommt
man zu der Auffassung, daß der König diese Tat nicht mit Vorsatz
getan hat, daß es vielmehr eine Verkettung unglücklicher Umstände
war, da er dem bösen Dämon des Kleitos durch die Stimmung der
zornigen Erregung und der Trunkenheit freie Bahn schuf. Abgespielt hat
es sich folgendermaßen.
Es kamen einige Leute, die dem König
griechisches Obst vom Meer her brachten. Er staunte darüber, weil
es so herrlich reif und schön war, und ließ den Kleitos rufen,
denn er wollte es ihm zeigen und ihm davon geben. Kleitos war gerade beim
Opfern, er ließ aber das Opfer stehen und machte sich auf den Weg,
und drei der Schafe, die bereits mit dem Trankopfer besprengt waren, liefen
ihm nach. Als der König davon erfuhr, beriet er sich darüber
mit den Wahrsagern, mit Aristandros und dem Spartaner Kleomantis. Sie erklärten,
dies sei ein unheilvolles Vorzeichen, und der König befahl daher,
unverzüglich ein Sühnopfer für Kleitos darzubringen. Er
hatte auch selber drei Tage zuvor einen seltsamen Traum gehabt: Er sah
den Kleitos mit den Söhnen des Parmenion in schwarzen Gewändern
zusammensitzen, und diese waren doch alle tot. Kleitos ging jedoch, ohne
das Ende des Sühnopfers abzuwarten, zur Tafel des Königs, der
gerade den Dioskuren ein Opfer dargebracht hatte. [FN95] Es wurde scharf
gezecht, und dabei wurden Lieder eines gewissen Pranichos oder, wie einige
sagen, des Pierion gesungen, Schimpf- und Spottlieder auf die makedonischen
Generale, die kürzlich von Barbaren besiegt worden waren. [FN96] Die
Älteren nahmen das sehr übel auf und schimpften auf den Dichter
wie auf den Sänger, Alexander aber und seine Umgebung hatten ihren
Spaß beim Zuhören und forderten den Sänger auf, weiterzusingen.
Kleitos, der dem Wein schon reichlich zugesprochen hatte und von Natur
aus jähzornig und starrsinnig war, zeigte ganz besondere Empörung
und erklärte, es sei keine feine Art, in einem Kreis von Barbaren
und Feinden sich über die Makedonen lustig zu machen, die immer noch
viel besser seien als die, die jetzt über sie lachten, auch wenn sie
einmal Pech gehabt hätten. Alexander sagte darauf, Kleitos rede wohl
in eigener Sache, wenn er Feigheit als einen Unglücksfall hinstelle.
Da sprang Kleitos auf und rief: »Diese Feigheit hat dem Göttersohn
das Leben gerettet, als er schon dem Schwert des Spithridates den Rücken
zukehrte! [FN97] Und durch das Blut der Makedonen und durch diese Wunden
hier bist du so groß geworden, daß du dich zum Sohn des Ammon
machst und Philipp verleugnest!«
51. Wutentbrannt erwiderte Alexander:
»Du elender Kerl, du glaubst wohl, ich werde mir das lange gefallen
lassen, daß du bei jeder Gelegenheit solche Dinge von mir erzählst
und die Makedonen aufhetzt?« »Nun, es gefällt uns jetzt
auch nicht, Alexander«, sagte Kleitos, »daß wir einen
solchen Lohn für unsere Mühen davontragen, und wir preisen alle
die glücklich, die gestorben sind, bevor sie sehen mußten, wie
Makedonen mit persischen Ruten ausgepeitscht werden und wir bei Persern
um Einlaß bei unserem König betteln müssen!« Eine
solche Sprache wagte Kleitos zu führen, Alexanders Freunde aber erhoben
sich und schalten Kleitos, während die älteren Gäste versuchten,
den Streit zu schlichten. Alexander aber wandte sich an Xenodoxos aus Kardia
und Artemios aus Kolophon und sagte: »Habt ihr nicht den Eindruck,
als spazierten die Griechen unter den Makedonen einher wie leibhaftige
Halbgötter unter wilden Bestien?« Kleitos aber ließ nicht
locker, sondern forderte Alexander auf, entweder solle er ihn frei heraus
sagen lassen, was er wolle, oder er solle sich keine freien Männer,
die ein offenes Wort gewöhnt seien, als Gäste einladen, sondern
mit Barbaren und Sklaven zusammenleben, die vor seinem persischen Gürtel
und seinem rotweißen Rock auf die Knie fielen. Nun konnte Alexander
seinen Zorn nicht länger meistern, er nahm einen Apfel von der Tafel,
warf ihn dem Kleitos an den Kopf und suchte nach seinem Schwert. Ein Mann
von der Leibwache, Aristophanes, hatte es aber rechtzeitig beiseite geschafft,
und die anderen umdrängten Alexander und suchten ihn durch Bitten
zu besänftigen. Er aber sprang auf und rief auf makedonisch seine
Waffenträger heraus - das war das Zeichen zum Alarm - und befahl dem
Trompeter, Signal zu blasen. Als dieser zögerte und nicht daran wollte,
schlug er mit den Fäusten auf ihn ein. Später wurde dieser Mann
belobigt, weil man es vor allem ihm zu verdanken hatte, daß nicht
das ganze Lager in Aufruhr geriet. Den Kleitos, der durchaus keine Ruhe
geben wollte, hatten seine Freunde inzwischen mit Mühe aus dem Saal
geschafft. Aber er kam zu einer anderen Tür wieder herein und deklamierte
in geringschätzigem und anmaßendem Ton die Verse aus der Andromache
des Euripides: »Weh, welch schlimme Sitte herrscht in Griechenland!«
[FN98] Jetzt riß Alexander einem der Türwächter die
Lanze aus der Hand und durchbohrte Kleitos, der ihm entgegenkam und gerade
den Vorhang vor der Tür wegzog. Er sank mit Seufzen und Stöhnen
zu Boden, und augenblicklich verließ Alexander der Zorn. Er kam wieder
zu sich, und als er die Freunde sprachlos dastehen sah, konnte er gerade
noch die Lanze aus dem Leichnam reißen; als er aber Anstalten machte,
sie sich durch den Hals zu stoßen, hielt man ihn fest. Die Leibwächter
packten ihn an den Armen und um den Leib und brachten ihn mit Gewalt in
seinen Schlafraum.
52. Die Nacht verbrachte er elend
unter ständigem Weinen, und den folgenden Tag lag er, vom Schreien
und Klagen erschöpft, ohne ein Wort zu sprechen da und stieß
nur schwere Seufzer aus. Seine Freunde gerieten in Angst durch sein Schweigen
und verschafften sich mit Gewalt Zutritt. Alles Zureden war vergeblich;
erst als der Seher Aristandros ihn an den Traum erinnerte, den er von Kleitos
gehabt habe, und an das Vorzeichen beim Opfer, was doch auf ein lang vorherbestimmtes
Geschehen deute, schien er nachzugeben. Daher brachte man den Philosophen
Kallisthenes zu ihm, einen Verwandten des Aristoteles, und den Anaxarchos
aus Abdera. Kallisthenes versuchte,
sanft auf sein Gemüt einzuwirken und, ohne ihm wehzutun, seinen Schmerz
an der Wurzel zu packen. ..."
Alles mag ein auserwählter Tyrann ertragen, "nur"
die Wahrheit nicht. Kleitos sprach "nur" aus, was alle Griechen und Makedonen
dachten. Das war sein eigentlicher Fehler und sein Verderben. Die entscheidende
Stelle war:
"Kleitos aber ließ nicht locker, sondern forderte Alexander auf, entweder solle er ihn frei heraus sagen lassen, was er wolle, oder er solle sich keine freien Männer, die ein offenes Wort gewöhnt seien, als Gäste einladen, sondern mit Barbaren und Sklaven zusammenleben, die vor seinem persischen Gürtel und seinem rotweißen Rock auf die Knie fielen."Das war ein Stück echte Demokratie - wenn auch nur unter Oligarchen! - und kostete in dieser vielgerühmten und hochgepriesenen Kultur das Leben eines Freundes, Lebensretters und großen Kampfgefährten. Welch ein Charakter ... und so was geistert als Vorbild durch die Geschichtsbücher und den Schulunterricht. |
Sexualität,
Liebe und Genuß bei Alexander.
Über die sexuelle Orientierung Alexanders geistert viel Fragwürdiges
durch die Literatur. Dabei könnte einmal das allgemeine Vorurteil
mitspielen, die alten Griechen seien sämtlich homosexuell gewesen,
wahrscheinlich spielen aber auch die unglückseligen Phantastereien
der Psychoanalyse eine
Rolle, für die Alexander der Große eine große Versuchung
darstellt, die seltsame Phantasie des Ödipuskomplexes an seiner Familienkonstellation
zu belegen.
Die griechische Knabenliebe kann nicht ohne weiteres
der Homosexualität gleichgesetzt werden, sondern wirkt eher als eine
ideologisch fundierte Kulturmode. Aus dem Kulturphänomen der Knabenliebe
darf m.E. daher nicht auf Homosexualität geschlossen werden. Homosexulität
bedeutet wenn nicht ausschließliche, so doch wenigstens hauptsächliche
gleichgeschlechtliche Orientierung. Man kann wohl mit Recht die Hypothese
vertreten, daß der Mensch in seiner erotisch-sinnlichen Genußfähigkeit
grundsätzlich vielfältig angelegt und nicht notwendigerweise
und ausschließlich auf Gegengeschlechtlichkeit festgelegt ist. Nachdem
die Griechen aber hinsichtlich der Knabenliebe und Homosexualität
sehr frei waren, gibt es eigentlich keinen Grund, weshalb von Alexander
entsprechende Begebenheiten verschwiegen werden sollten, erst recht nicht,
wenn man seine absolute Königsstellung bedenkt.
Bei Wikipedia
wird ausgeführt: "Alexander heiratete verschiedene Prinzessinnen ehemaliger
persischer Gebiete: Roxana von Bactria, Statira, Tochter von Darius III.
und Parysatis, Tochter von Ochus. Aber die große Liebe seines Lebens
waren offensichtlich seine Erastes (Liebhaber) und sein bester Freund Hephaestion."
Letztere Behauptungen werden nicht belegt.
Plutarch schreibt zu den
Knabenangeboten an Alexander:
"22. Einmal schrieb ihm Philoxenos,
der Befehlshaber der Küstentruppen, ein gewisser Theodoros aus Tarent
sei bei ihm, der zwei ausnehmend schöne Knaben zu verkaufen habe,
und fragte an, ob Alexander sie kaufen wolle. Dieser nahm das sehr übel
auf und rief mehr als einmal seinen Freunden zu: »Welche Schändlichkeit
hat denn dieser Philoxenos jemals bei mir entdeckt, daß er sich erdreistet,
für mich solche Schandkerle auftreiben zu wollen!« Dem Philoxenos
selber machte er brieflich allerhand Vorwürfe und hieß ihn,
den Theodoros samt seinem Angebot zum Henker zu schicken. Ebenso grob ließ
er auch den Hagnon abfahren, der ihm schrieb, er wolle den Krobylos, einen
vielbewunderten Knaben aus Korinth, kaufen und zu ihm bringen. Als er erfuhr,
daß Dämon und Timotheos, zwei Makedonen aus dem Heer des Parmenion,
die Frauen einiger Söldner vergewaltigt hätten, schickte er dem
Parmenion einen Brief mit dem Befehl, die beiden, wenn sie der Tat überführt
seien, als wilde Tiere, die nur zum Schaden der menschlichen Gesellschaft
da seien, mit dem Tode zu bestrafen. Von sich selber sagt er in diesem
Brief wörtlich: »Was mich betrifft, so wird man feststellen
können, daß ich es nicht einmal geduldet habe, wenn andere die
Schönheit der Gemahlin des Dareios priesen, geschweige denn, daß
ich sie mir betrachtet oder den Wunsch dazu gehabt hätte.« Er
pflegte auch zu sagen, Schlaf und Liebe lehrten ihn am eindringlichsten,
daß er ein sterblicher Mensch sei, denn Ermüden und Genießen
entsprängen aus derselben Schwäche der menschlichen Natur. Auch
im Essen war er äußerst mäßig. ... [23] Was den Genuß
von Leckereien anging, so war er darin so enthaltsam, daß er die
seltensten Früchte und Fische, die er oftmals geradewegs vom Meer
zugesandt bekam, an seine Freunde verteilte und oft nichts für sich
selber zurückbehielt. "
Plutarch (Alexander, 47) schreibt später zur Ehe mit Roxana im Nebenbei: "Auch seine Verbindung mit Roxane [FN02] geschah zwar aus Liebe - er hatte sie in ihrer Jugendschönheit im Reigentanz bei einem Gastmahl gesehen - sie fügt sich aber ebenfalls in seine politischen Zielsetzungen ein." Auch dieses Zitat spricht nicht für Knabenliebe oder Homosexualität.
Wirth
schreibt (S. 120f) zum elterlichen Hintergrund, zu Kindheit und Jugend:
"Von überlegener Intelligenz
und einem subtilen Einfühlungsvermögen, die sich im politischen
Verhalten wie im persönlichen Umgang zeigen und seine großen
Erfolge zumindest in Griechenland ermöglichten, verkörpert sich
in Philipps Naturell, in seinen Ausschweifungen, seiner Freude am übermäßigen
Alkoholgenuß zugleich etwas Urwüchsig-Barbarisches, das den
Griechen immer rätselhaft blieb. Alexanders Mutter Olympias galt als
Anhängerin orgiastischer Kulte, wie sie am deutlichsten in Thrakien
faßbar, das naturhafte Lebensgefühl der damaligen Balkanvölker
zu kennzeichnen scheinen. [FN259] 'Die Zeugnisse über ihr Machtstreben,
vielleicht durch ihr Verhältnis zum Gatten und den Makedonen mitbestimmt,
verleihen ihr Züge einer Dämonie, die sich bisweilen ins Unmenschliche
steigert. [FN260] Wieweit Olympias ihren Sohn in seinen entscheidenden
ersten Lebensjahren zu formen unternahm, ist nicht zu ergründen. Es
wäre möglich, daß Alexanders mythische Selbstdeutung bis
hin zur göttlichen Zeugung, sei es durch den Blitz vom Himmel, sei
es durch den in eine Schlange verwandelten Zeus, auf seine Mutter zurückgeht
[FN261]; manches an ihm, zum Beispiel die auffallende Zurückhaltung
im Sexuellen, wird wohl zu Recht auf einen Mutterkomplex zurückgeführt.
Olympias' Versuche, ihren Sohn durch Ausnutzung kindlicher Pietät
und Zuneigung auch in den späteren Jahren zu beeinflussen, sind unbestreitbar.
[FN262]
"Zum vorwiegend mütterlichen
Erbteil gehört neben einer starken Abhängigkeit von Affekten,
die sich oft genug in aufbrausender Leidenschaftlichkeit äußert,
eine übernormale Disposition zur Introversion, das heißt einer
übersteigerten Fähigkeit zum Verweilen in der selbstgewählten
Gefühls- und Gedankenwelt unter Ignorierung oder Vergewaltigung der
Realität. Von hier aus wäre Alexanders übermenschliche Willenskraft
und jenes gleichsam als zweite Natur fungierende Sichhinwegsetzen über
Vernunftgründe als eine Variante ererbter Anlagen zu erklären;
in den Augen W. W. Tarns läßt dies ihn als großen Träumer
erscheinen."
Auf welche
Weise war Alexander religiös ?
Alexander brachte nach Plutarch viele Opfer, suchte Orakel und Weisssagungen.
Drückt sich darin Religiösität aus? Oder ist es bloße
Psychologie zur Bestätigung insgeheimer Wünsche, Bewältigung
von Ungewißheit und Nichtwissen oder gar nur ein "abergläubisches"
"Geschäft" mit den Göttern?
Vandenberg
(S. 63f) führt aus: "Alexander, seit seinem 13. Lebensjahr von
dem großen Philosophen Aristoteles als Philhellene erzogen, war sehr
gläubig. In seinem Leben spielten Orakelsprüche eine große
Rolle. Das begann schon bei seiner Geburt, ja sogar noch vor der Zeugung.
Als Alexanders Vater, Philipp von Makedonien, die schöne Olympias
freite, da hatte die »in der Nacht vor ihrer Vereinigung« in
der Brautkammer einen Traum: Ein Blitz schlug in ihren Leib, ein loderndes
Feuer brach hervor, aber schnell, wie es entstanden war, erlosch es wieder.
Philipp hatte wenige Tage nach der Hochzeit einen ebenso merkwürdigen
Traum: Er drückte auf den nackten Leib seiner Angetrauten ein Siegel,
und als er den Abdruck betrachtete, sah er das Bild eines Löwen.
Traumdeuter und Wahrsager am Hofe
Philipps ersannen die abenteuerlichsten Theorien und waren sich allesamt
einig, das könne nichts Gutes bedeuten. Nur einer, der lykische Wahrsager
und Traumdeuter Aristandros von Telmessos, meinte, ganz einfach, die Königin
sei schwanger, leere Gefäße pflege man schließlich nicht
zu versiegeln, und sie werde einen Knaben von feurigem, löwenartigem
Mute gebären.
Philipps Liebe zu Olympias kühlte
übrigens nach diesem Ereignis sehr rasch ab, und Plutarch sah sich
zu der denkwürdigen Bemerkung veranlaßt, »daß man
ihn seitdem sehr selten mit ihr schlafen gehen sah«. Zur Ehrenrettung
Philipps sei gesagt, daß die schöne Olympias auch gar seltsame
Gelüste zeigte, die wohl jeden Mann abgestoßen hätten.
Sie soll es mit Schlangen im Bett getrieben haben, und Philipp ließ
sich auch durch die Beteuerungen seiner Frau, es handle sich bei der mächtigen
Natter um einen Gott, in seinem Zorn nicht besänftigen. So absurd
die Ausrede Olympias auch erscheinen mag, sie hatte einen realistischen
Hintergrund: Olympias war den orphischen Mysterien und geheimen Diensten
des Dionysos ergeben, bei denen Schlangen
kultische Bedeutung hatten."
Aus der engen Mutterbeziehung und deren besonderer
Neigung zu religiösen Kulten macht es entwicklungspsychologisch jedenfalls
Sinn, anzunehmen, daß dies auf Alexander frühzeitig und nachhaltig
gewirkt haben dürfte. Religiöse Überzeugung kann große
subjektive und mentale Kräfte verleihen. Ich halte es daher für
wahrscheinlich, daß Alexander auf eine sehr persönliche, narzißtisch-egozentrische
Weise religiös war und dies für seine Selbstüberzeugung
und für sein Selbstvertrauen nutzte.
Wurde Alexander größenwahnsinnig
?
Plutarch verneint es und sieht die Vergöttlichung
als bloßes Machtinstrument und Mittel, wenn auch den Makedonen und
Griechen gegenüber als ein wenig intelligentes und taugliches (siehe
die Tragödie um Kleitos).
Wirth
führt aus (S. 121):
"Anekdoten über frühe Symptome
seiner Herrscherqualitäten erklären wohl auch die frühe
Verwendung Alexanders bei politischen Aufgaben. [FN267] Daneben gibt es
freilich ebenfalls frühe Zeugnisse über seine Haltlosigkeit und
sein Sichaustoben, etwa bei Chäronea (338) oder auf Philipps Hochzeitsfest
ein knappes Jahr danach. Ähnlich sind denn auch bei späteren
militärischen Taten Methode, Instinkt und emotionaler Impuls nicht
auseinanderzuhalten.
Die oben versuchte Deutung der Gesten
Alexanders nach 336, etwa am Hellespont oder in Gordion, trifft als Politikum
wohl stets nur einen — und zwar den äußerlichen — Aspekt. Denn
alles in diesem Zusammenhang zu Deutende ist nicht denkbar ohne eine seelische
Prädisposition für dessen innere Gehalte bis hin zu jenem Glauben
an die Wirklichkeit mythischen Geschehens in der eigenen Welt. Nur so scheint
eine Entwicklung denkbar, die sich deutlich von hier aus bis ans Ende seines
Lebens erstreckt. Alexander, wie es oft geschehen ist, als Romantiker zu
bezeichnen, reicht für ein wirkliches Verstehen kaum aus. Eher zeigt
sich in entsprechendem Verhalten eine andere Seite der Introversion. Der
Homer unter dem Kopfkissen ist nicht nur ein Zeugnis seiner Vorliebe für
mitreißende Vorbilder — er ist offenbar zugleich der Katechismus
einer Daseinsdeutung, die ein solches Refugium von der Wirklichkeit dringend
nötig hat.
Die Erlebnisse während der Jugend
und der ersten Regierungsjahre müssen für Alexander ein Trauma
bedeutet haben, von dem selbst weniger sensible Existenzen ihr Leben lang
nicht losgekommen wären. Aus dem Gefühl ständigen Bedrohtseins
schärft sich seine Intelligenz, vertiefen sich psychische Veranlagung;
im Wechselverhältnis zueinander steigert sich beides und bestimmt
äußere Verhaltensweisen wie auch die innere Entwicklung. So
ist es der überlegene Intellekt, der Alexander ohne große Erfahrung
gleichsam über Nacht zum überlegenen Heerführer macht und
ihn die Vielfalt politischer Probleme bewältigen läßt.
...
[S. 128] Daß es in Alexanders
Umgebung Stimmen gab, die das alles wie auch die wachsende Hektik in seinem
Verhalten als Zeichen psychischer Deformation auslegten [FN288], ist nicht
zu verwundern. Unsere Zeugnisse freilich warnen, allzu vorschnell ein Überschreiten
der Grenze zwischen Genie und Wahnsinn oder gar Spuren geistigen Verfalls
zu diagnostizieren. Wohl stehen neben plausiblen politischen Maßnahmen
und Plänen Symptome von Größenwahn wie das Hephaistion-Grabmal
in Babylon, eine Grabpyramide für Philipp und sogar die Absicht, das
Athosgebirge zur Büste zu formen. [FN289] Doch wäre zu fragen,
was von diesen Nachrichten bereits Übertreibung ist."
Plutarch spricht zum Ende
seiner Alexander-Biographie sogar direkt von einem Wahn, allerdings im
Zusammenhang mit einer vermutlich abnormen Trauerreaktion nach dem Tod
seines Freundes Hephaistion:
"75. Da Alexander sich nun damals dem Aberglauben zugewandt
hatte, weil er in Verwirrung und Furcht geraten war, gab es schließlich
kein ungewohntes und aus dem Rahmen fallendes Ereignis mehr, mochte es
auch noch so geringfügig sein, das für ihn nicht ein Zeichen
war und eine Vorbedeutung hatte. Der ganze Palast war voller Leute, die
Sühn- und Reinigungsopfer darbrachten und die Zukunft erforschten.
So gefährlich nun auf der einen
Seite der Unglauben und die Mißachtung der Götter ist, so gefährlich
ist auf der anderen Seite jedoch auch der Aberglaube, der wie das Wasser
immer ins Tiefergelegene hinunterzieht. [FN137] und die Menschen mit Wahnvorstellungen
und Ängsten erfüllt, wie es jetzt bei Alexander der Fall war.
Als aber die Orakelsprüche über Hephaistion eintrafen, legte
er seine Trauer ab und wandte sich aufs neue den Festen und Banketten zu."
Anmerkung. Auch
beim Tod des Freundes zeigt sich Alexanders übler Charakter sehr drastisch.
Plutarch berichtet (Alexander, 72):
"In diesen Tagen geschah es, daß Hephaistion an
einem heftigen Fieber erkrankte. Aber er war ein junger Mann, ein Soldat,
und so kümmerte er sich nicht um die strengen ärztlichen Vorschriften,
und sobald sein Arzt Glaukos zu den Theatervorstellungen gegangen war,
setzte er sich zum Essen, verzehrte einen gekochten Hahn und trank dazu
ein großes Kühlgefäß voll Wein. Davon wurde ihm so
elend, daß er kurz darauf starb. Alexanders Trauer darüber kannte
kein Maß; er befahl, unverzüglich den Pferden und Maultieren
zum Zeichen der Trauer die Mähnen abzuscheren, und ließ in den
umliegenden Städten die Mauerzinnen abbrechen. Den unseligen Arzt
ließ er ans Kreuz schlagen, Flötenspiel und jede Art von Musik
im Lager verbot er auf lange Zeit, bis von Ammon ein Orakelspruch kam,
der gebot, Hephaistion zu verehren und ihm als Heros Opfer darzubringen.
Zum Trost für sein Leid stürzte sich Alexander in den Krieg,
er zog gleichsam zu einer Menschenjagd aus und unterwarf das Volk der Kossaier135,
wobei er alle kriegstüchtigen Männer abschlachten ließ.
Das nannte er das Totenopfer für Hephaistion."
Anmerkung_2: Die religionskritische Schrift
des Anonymus aus der Aufklärung "Traktat
über die drei Betrüger" reiht Alexander in die wahnbefallenen
Herrscher ein.
Lange-Eichbaum, Kurth & Ritter (1992, S. 13) beschreiben Alexander als blond, langköpfig, zarte Hautfarbe; mit einem hellblauben und einem dunkelblauen Auge. "Mittelgroß, ebenmäßig. Haar gelockt, fliehende Stirn, starke Brauenbogen, geschwungene Nase, kräftiges Kinn (Lit). Unmäßig, wild (Lit). Liebte seine Mutter, haßte den Vater, daraus Ehrgeiz und wahnhaftes Größengefühl." Familiär führen die Autoren aus: "Mutter sittenlos, ungezügelt; Vater heftig, Bruder Idiot. Alexander war sehr heftig, tötete mehrere Menschen. Anfangs frigide, später homosexuell. Nach der Rückkehr von Babylon dauernd berauscht (Lit). Todesursache umstritten."
Aus heutiger Sicht ist klar, daß Alexander der Große wenigstens eine Persönlichkeitsstörung zuzuschreiben ist. Hierbei erscheinen die Kriterien der - ansonsten grundsätzlich fragwürdigen - Borderline-Störung in beiden bisherigen vorliegenden Definitionen des DSM diskussionswürdig. Nach dem DSM-III kommen die Kriterien 1,2,3,4,5 und 8 und nach DSM-IV könnten die Kriterien 2,(3), 4,6,7,8 und 9 in Betracht kommen. Möglicherweise war die Alkoholsucht Alexanders auch Ausdruck eines Selbstheilungsversuches, obwohl der objektiv natürlich alles nur noch schlimmer machte und möglicherweise, wie Bankl (unten) ausführte, durch Schwächung der Abwehr auch den frühzeitigen Tod begünstigte.
Alexanders Tod. Die derzeit medizinisch
fundierteste Arbeit zu Alexanders
Tod stammt wahrscheinlich von Bankl (1992, S.39):
"Woran ist nun Alexander gestorben? Zur Beantwortung dieser Frage müssen
wir noch einmal die überlieferten Krankheitsmerkmale zusammenstellen:
plötzlicher Beginn; wechselndes, hohes Fieber; zunehmende Verschlechterung;
Unvermögen zu sprechen oder sich zu bewegen; Tod nach 13 Tagen.
Diese Symptome lassen eigentlich nur den Schluß
auf eine Malariainfektion zu. Der Verlauf einer Malaria tropica ist charakterisiert
durch eine Inkubationszeit von 8-12 Tagen bis zum Ausbruch des Fiebers.
Dann steigt das Fieber langsam an, manchmal im Verlauf von Tagen und es
entwickelt sich ein grippeähnlicher Zustand. Danach geht das Fieber
in einen unregelmäßigen Rhythmus über, in unbehandelten
Fällen entsteht eine lebensbedrohliche Krankheit, wobei es verschiedene
Verlaufsformen gibt. Bei der sogenannten zerebralen Malaria treten Aphasien
auf, d. h. eine Unfähigkeit zu sprechen, weiters Ataxien (Unfähigkeit
zu gehen) und Paresen (Lähmungen) der Extremitätenmuskulatur.
Alle diese Symptome werden von Alexanders Krankheit
berichtet. Es ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit anzunehmen,
daß er einer Malaria tropica erlegen ist. Wesentlich für den
raschen tödlichen Verlauf war zweifellos auch die enorme Schwächung
der Abwehrkraft durch exzessives Trinken. Dies
wird von den Biographen auch gar nicht verschwiegen."
Kritik
der unkritischen, hagiographischen Geschichtsschreibung und Unterrichtung
am Beispiel des antiken Griechenlands und Alexanders
des Großen
Zur Ethik,
Wissenschaft und Repräsentanz der Geschichtsschreibung. Die Kritik
Bert Brechts: Fragen eines lesenden Arbeiters.
Im allgemeinen wird das antike Griechenland als ein besonderer Ort der Demokratie, des Rechtes, als Ausgangspunkt europäischer Zivilisation, Kultur, Wissenschaft und Bildung beschrieben. Nur wenig davon ist wahr: Kultur, Wissenschaft und Bildung. Unsere GymnasiastInnen werden von vorne bis hinten euphemistisch und propagandistisch falsch unterrichtet. Tatsächlich war Griechenland nie eine richtige Demokratie und in Bezug auf eine gerechte Gesellschaft und die Menschenrechte im höchsten Maße selbst anti-zivilisatorisch und barbarisch. Ihre eigene Barbarei projizierten sie auf die Nichtgriechen wie die Juden auf die Nichtjuden (Heiden, Götzendiener) und wie andere "Auserwählte" auch. Der andere und der Fremde sind die Barbaren, im Grunde keine Menschen, und das eigene Fleisch und Blut von erlesenem und auserwählten Wert. Dies wird spätestens dann klar, wenn man sich näher mit dem Wirtschaftssystem der alten Griechen beschäftigt. Die Erfindung der Sklaverei und besonders die Sklavenhalterwirtschaft war eine wesentliche "Leistung" der Griechen, was unmittelbar mit ihrer Auserwählterhebung zusammenhängt. D.h. daß die unzweifelhaft großen Leistungen der Griechen in Kultur und Wissenschaft wesentlich mit einem unmenschlichen Wirtschaftsprinzip der Sklavenhalterordnung einhergehen. So ergibt sich eine interessante historische, soziologische und politische Hypothese, nämlich ob der Typ Sklavenhalterwirtschaft eine Bedingung für kulturelle und wissenschaftliche Höchstleistungen ist, wofür z.B. auch die Entwicklung der modernen Plutokratien wie etwa in den USA spricht. Müssen also für besondere Begabungen, kulturelle und wissenschaftliche Betätigungen entsprechende "Oasen" geschaffen werden, die es Interessierten und Begabten erlauben, sich der Muße und den Musen hinzugeben, was von der Gesellschaft dann auch entsprechend gewertschätzt werden muß? Ein Eliten- Vergleich der Antike mit den USA und ihren Vasallen könnte in der Tat lohnen. Die modernen Sklaven sind die mit Hilfe der Massenmedien konditionierten "Konsumratten" des homo oeconomicus im Dienste des Wachstumswahnsinns für eine kleine radikale Minderheit von PlutokratInnen (die USA werden von 200-400 Familien beherrscht).
Unser Geschichtsunterricht taugt über weite Strecken nicht viel; und er ist besonders in Bezug auf die Antike einseitig verklärend, unkritisch bis falsch und verlogen. Groß und bedeutend ist, wer möglichst viele Menschen auf vielfältige Weise massakrierte, Krieg, Vernichtung, Leid, Unterdrückung, Mord und Totschlag über die Menschheit brachte. Was stimmt nicht mit unseren HistorikerInnen und GeschichtslehrerInnen, daß sie solch eine Propaganda, solch einen Unsinn, solche falschen Mythen und Wertungen verbreiten? Wozu soll das Vermitteln von meist schlechten, rücksichtslosen bis perversen KaiserInnen, KönigInnen, FürstInnen, Generälen und PolitikerInnen, mit ihren Raub- und Mordfeldzügen und all ihren fragwürdigen, morschen und wackeligen "Reichen" denn gut sein?
Ich hatte zwar kein Griechisch auf dem Gynmasium, aber Latein. Und da fiel mir bereits an den Worten der Sprache auf, daß mit dem hagiographischen Humanismusbild etwas nicht stimmen kann, bedenkt man, wie viele Worte Latein für das Töten und Morden bereit hält.
Alexander der Große war ohne Zweifel ein großer Mörder, Zerstörer, Räuber und Tyrann, wahrscheinlich persönlichkeitsgestört, zunehmend Alkoholiker und Koma-Säufer. Weshalb heißt dieser Mann, der mit 33 starb und dessen "Reich" sogleich verfiel, der Große? Weil er so viele Eroberungen und Morde durchführte? Doch was hat er uns konstruktiv und positiv hinterlassen?
Übersicht antike Geschichtsschreiber unter: https://www.net-lexikon.de/Liste-der-antiken-Geschichtsschreiber.html
"Markus Schußmann: DIE KELTEN IN BAYERN. Mit Bodendenkmälern und Museen. Ein halbes Jahrtausend europäischer Geschichte - die Zeit zwischen 500 vor und Christi Geburt - wurde von den Kelten geprägt. Ihre große Wanderung ab 400 v. Chr. erfaßte weite Teile Europas. Das heutige Bayern gehört zum eigentlichen keltischen Kernland, das schon vor der Expansion der Kelten besiedelt war. Will man ihnen heute "begegnen", so muß man sich nicht unbedingt in die Regionen Europas begeben, in denen - wie in Teilen Schottlands oder Irlands - noch keltische Sprachen gesprochen werden. Man muß auch nicht Anhänger eines (übrigens völlig frei erfundenen) Druidentums werden, wie manche Esoteriker suggerieren. Auch hierzulande kann man den Kelten dort, wo die vorgeschichtliche Archäologie ihre Hinterlassenschaften aufgedeckt hat, auf die Spur kommen." Quelle und mehr: https://www.wek.de/index.htm?/arch.htm |
korrigiert: 15.05.04 irs