Irak
[Quelle und Bedeutung] von Rudolf
Sponsel, Erlangen
Brainstorming
zur Zukunft des Irak 21.4.2003
Fläche: 438317 qkm
Bevölkerung (Stand 1995): ca. 20 Millionen, inzwischen ca. 23 Millionen. 77,1% Araber, 19% Kurden, 1,4% Turkmenen, 0,8% Perser, 0,8% Assyrer, Sonstige 0,9%. Ethnisch: Schiiten 61,5%, Sunniten 34%, Christen 3,7% Sonstige 0,8%. Wirtschaft: Dienstleistung 49,7%, Industrie 30%. Landwirtschaft 20,3%. Öl-Export 99,5%. Quelle: Westermann Lexikon Krisenherde der Welt S. 349) Siehe auch unten |
Geschichte (Darstellung nach Westermann Lexikon Krisenherde der Welt S. 336f)
"Antike: Bereits im 6. Jahrtausend v. Chr. betneben seßhaft gewordene Nomaden im Süden Mesopotamiens Ackerbau und Viehzucht. Um die Mitte des 4. Jahrtausends v. Chr. entstanden erste Städte. Ab 2300 v. Chr. kamen semitische Stämme ins Land, und es bildete sich unter König SARGON von Akkad ein erstes Reich, das aber nach dem Tod des Königs bereits wieder zerflel. Erst mit König HAMMURABI entstand um 1700 v. Chr. ein babylonisches Reich, das vier Jahrhunderte später unter assyrische Herrschaft geriet. Das assyrische Reich vom 13. bis 7. Jahrhundert v. Chr. hatte sein Zentrum am oberen Tigris. Unter NEBUKADNEZAR II. (604 562 V. Chr.) wurde Babylon noch einmal Großmacht, mußte sich dann aber 539 v. Chr. den Persern beugen, wurde 331 v. Chr. von ALEXANDER DEM GROSSEN unterworfen und 141 v. Chr. von den Parthern verwüstet.
7. bis 19. Jahrhundert: 637 n. Chr. fiel die Region unter arabisch-islamische Herrschaft mit Damaskus und ab 762 Bagdad als Hauptstadt. Die Mongolen verwüsteten 1258 das Land. Nach der Eroberung durch die Osmanen 1534 blieb das Gebiet die nächsten 400 Jahre unter ihrer Herrschaft.
20. Jahrhundert: Nach dem Zerfall des Osmanischen Reiches übernahm Großbritannien während des Ersten Weltkriegs mit Zustimmung des Völkerbundes die Regierungsgewalt im Irak. 192l setzten die Briten den arabischen Fürsten FEISAL 1. auf den irakischen Königsthron. Nach dem Zweiten Weltkrieg beteiligte sich der Irak als Mitbegründer der Arabischen Liga 1945 und 1948 an Militäraktionen gegen Israel. Vom Februar 1955 bis 1959 bildeten der Irak und die Türkei den sog. Bagdad-Pakt, ein Sicherheitsbündnis, dem sich auch Großbritannien, der Iran und Pakistan anschlossen. 1958 wurde die irakische Monarchie von dem sozialistischen General ABD EL-KARIM KASSEM durch einen blutigen Putsch gestürzt, der seinerseits fünf Jahre später von ABDAS-SALAM MOHAMMED AREF gewaltsam abgesetzt wurde. 1968 putschte der linksgerichtete General ACHMED HASSAN AL-BAKR die nationalistische Baath-Partei an die Macht. General AL-BAKR war ein Vertreter der arabischen Einheit und ein unversöhnlicher Gegner Israels. Daher übernahm der Irak zusammen mit Syrien nach dem Abkommen von Carnp David (1978, Israel) eine führende Rolle im alabischen Widerstand gegen Ägyptens Nahostpolitik. Nach AL-BAKRS Rücktritt im Juli 1979 kam es unter seinem Nachfolger SADDAM HUSSEIN ZU groß angelegten Säuberungsaktionena innerhalb der Baath-Partei."
Konflikte u.a. nach Westermann Lexikon Krisenherde der Welt S. 336)
US-Dokumente: http://www.gwu.edu/~nsarchiv/NSAEBB/NSAEBB82/
Zur
rechtlichen Situation des Angriffskriegs auf den Irak (für Deutschland)
UN-Charta: http://www.uno.de/charta/charta.htm
Linkhinweise: Tyrannenmord
und Regime-Krieg
Kriege gegen Menschen und Völker sind verbrecherisch. Wer Charakter, Mut und Fähigkeiten hat, kann diktatorische Regierungen und ihre Führer beseitigen. Und hierfür wäre eine völkerrechtliche Regelung sehr wünschenswert. Doch die PolitikerInnen quälen lieber Menschen und Völker, statt verbrecherische Regimes zu beseitigen. |
Aktuell: USA der Unterstützung des Iraks beschuldigt. Beginn der
Anhörungen vor dem Internationalen Gerichtshof [nicht ICC]
zum Prozeß Iran gegen die USA: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,236508,00.html
Links
zur Kriegspropaganda USA
Das Regime des Barbaren Saddams Husseins wurde von den
Alliierten militärisch besiegt. Nun steht der schwierigere und kaum
lösbare Teil an.
Am
wichtigsten ist im Moment (21.4.2003) zunächst.
So wie es aussieht, wird die US-Regierung ungeachtet
dessen, was die irakischen Völker wollen, ihre polit-ökonomischen
Interessen im Irak durchsetzen wollen. Damit ist die politische Aporie
bereits in den Grundvoraussetzungen angelegt.
Der Aufbau eines aus westlicher
Sicht vorbildlichen arabischen Staates ist extrem schwierig und
kaum zu leisten. Installiert man eine "echte" Demokratie von oben - eigentlich
schon ein Widerspruch in sich - , ist binnen kurzem mit einer islamistischen
Regierung zu rechnen, die einen Staat nach islamischen Vorbild und die
Aufhebung der Gewaltenteilung, also die Verschmelzung von Staat und Religion
anstreben dürfte und damit gerade das, was die US-Regierung unter
Demokratie versteht, wieder abschaffen würde. Mit Toleranz gegenüber
anderen gesellschaftlichen und ideologischen Gruppen wäre dann nicht
mehr zu rechnen. In solchen Fällen sind die Alliierten gewöhnlich
nicht sehr demokratiefreundlich, sondern paktieren lieber mit (Militär)
Diktatoren und Despoten - besonders wenn sie Massenvernichtungswaffen besitzen
wie z.B. in Pakistan - wodurch sie sich vielfach ebenso unglaubwürdig
wie unbeliebt machen. In den offiziellen Lexika unserer verlogenen Amigorepublik
heißt dies dann euphemistisch
"präsidiale Republik".
Überdies haben die Briten im
Irak schon vor hundert
Jahren gezeigt, was von einer westlichen "Demokratie" zu halten ist.
Versuchen die Alliierten dies durch äußere Fremdbestimmung zu
verhindern, kann der Irak schnell zu einem Hexenkessel von vielfach motivierten
Autonomiebestrebungen werden, ein Nordirland
- das auch die Briten zu verantworten haben - oder ein weiteres und besonderes
arabisches
Vietnam made in USA.
Wahrscheinlich führt kein Weg
daran vorbei, den Irak eine Weile politisch zu bevormunden, bis akzepzable
und stabile Grundstrukturen eingekehrt sind. Es ist aber nicht davon auszugehen,
daß die US-Regierung den erforderlichen Sachverstand, die nötige
Empathie und Akzeptanz für die Araber aufbringen kann. Ihr fehlen
auch die politischen Grundtugenden Geduld, Kontinuität und Zuverlässigkeit.
Akzeptanz und Empathie für andere Lebens- und Kulturformen, die es
in der US-amerikanischen Geschichte noch nie richtig gegeben hat (der Fall
Deutschland
ist aus vielen Gründen nicht vergleichbar): Gott
ist quasi Amerikaner.
Daher ist es wohl am besten, die Amerikaner
ihre Erfahrungen machen zu lassen - sich als alte Europäer zurückhalten
und nicht zu laut und oft nach der UNO rufen - bis sie von selbst merken,
daß sie nicht weiter kommen, daß sie der Problembewältigung
nicht gewachsen sind oder zu viele Postkriegs- Opfer bringen müssen.
Allerdings ist auch kaum zu erwarten, daß Alt-Europa diese politische
Vernunft an Zurückhaltung zeigt. Zu groß ist die dümmliche
Angst, nichts zu sagen zu haben.
Die Alliierten haben diesen Krieg
völkerrechtswidrig begonnen und gewonnen. Damit sind sie auch für
die Zukunft des Iraks verantwortlich. Alt-Europa kann sich getrost zurücklehnen
und geduldig abwarten, bis es gerufen wird, sofern es denn nötig und
hilfreich sein können sollte.
In einem ist den Alliierten allerdings recht zu geben: Die UN-Sanktionen sollten aufgehoben werden. Sie waren ohnehin vollkommen falsch und auch unmenschlich, weil sie nur das Volk und hier die Schwächsten trafen. Der Barbar Saddam und seine Schergen waren davon nicht im mindestens betroffen. Eine solche UN-Politik ist zynisch, feige, falsch und mit den Menschenrechten nicht in Einklang zu bringen.
Wir brauchen daher auch eine neue UN-Organisation, in der Diktatoren und Despoten kein nennenswertes Stimmrecht haben dürfen. Das Stimmrechtsgewicht muß an die Verfassung und die Menschenrechtsentwicklung - die von allen großen Kulturvölkern multikulturell überarbeitet werden müssen - der Mitgliedsstaaten gebunden werden. Ebenso sollten die völkerrechtlichen Voraussetzungen für einen Regime-Krieg geschaffen werden.
Man muß sich an dieser Stelle fragen, wie systematisch und warum solche ganz offensichtlichen Falschdarstellungen die Redaktionsstuben, Schulen und Ausbildungsstätten überschwemmen können. Die Welt wird von diesen Lexikon- Redaktionen sozusagen systematisch verdreht und falsch dargestellt. Weitere Beispiele: die Militärdiktatur Pakistan heißt föderative Republik (S. 531), Syrien eine "präsidiale Republik". |
Staatsformen: Zu den euphemistisch-verlogenenen Darstellungen deutscher Lexikon- und Redaktionsstuben paßt auch gut, daß der Begriff der "Staatsform" im Kontext der Darstellung noch nicht einmal erklärt wird. D.h. die Dinge werden bewußt und absichtlich nicht beim Namen genannt, noch nicht einmal die ansonsten vorzügliche Einrichtung der Bundeszentrale für politische Bildung, wo man den Begriff der Staatsformen zumindest bis 21.4.2003, 10.30 Uhr vergeblich suchte:
Obwohl die Suche im Plural sehr sinnvoll und richtig ist, habe ich noch einmal den Singular "Staatsform" gesucht. Hier wurde ein Eintrag gefunden:
Sie suchten in allen Publikationen, mit dem Text
"Staatsform"
Fundstellen 1-1 von insgesamt 1 Treffern
1 Schriftenreihe (Bd. 385)
Der lange Weg nach Westen
Das Spannungsverhältnis von Demokratie und Nation
am Anfang des letzten Jahrhunderts in Deutschland
bildet den Ausgangspunkt dieser lebendigen,
quellenorientierten Darstellung.
noch nicht endkorrigiert: