Identitätstheorie und die Lösung des Leib-Seele-Problems
aus allgemeiner und integrativer Perspektive
Originalarbeit von Rudolf Sponsel, Erlangen
Identitaetstheorie Leib-Seele-Geist
[Quelle]
Die Identitätstheorie postuliert: alles seelisch-geistige Geschehen
ist an materielles Geschehen gebunden, es ist nur ein Aspekt oder eine
Dimension der materiellen Prozesse, die in ihren unterschiedlichen Realisationsstufen
aus unterschiedlichen
Perspektiven betrachtet werden können, z.B. Alfred
Lehmann 1890. Geist und Seele beeinflussen den Körper, weil
sie körperlich sind. Der Körper beeinflusst Seele und Geist,
weil diese körperlich sind, wenn uns auch unser Erleben
nicht körperlich
erscheint. Seele und Geist sind "nur" unterschiedliche
Aspekte ein und derselben körperlich-materiellen Vorgänge; Seele
und Geist sind "nur" spezielle Erscheinungsformen des Körperlich-Materiellen.
Die Geschichte der
Identitätstheorie ist im Grunde identisch mit dem Materialismus, der
schon in der Antike beginnt:
Rohracher (1983),
behauptet unbelegt und ohne Quellenangabe S. 14, dass die Identitätstheorie
von Leib und Seele auch von Spinoza (1632-1677)
und von Gustav Theodor Fechner (1801-1887) vertreten wurde.
Realität
des Psychischen und die Theorie der zwei Welten [Quelle]
Die Kurzantwort lautet: das Erleben oder die "Seele" ist ebenso körperlich
wie das, was wir körperlich nennen. Bestimmte Vorgänge des Körpers
haben sozusagen eine bewusste oder nichtbewusste erlebenspsychologische
Seite. Alles Seelische ist auch körperlich, aber nicht alles Körperliche
hat eine bewusste oder nichtbewusste erlebenspsychologische Seite. Es gibt
keine eigene, vom Körper unabhängige Seele. Dieses Modell hat
nicht die geringsten Probleme, sog. psychosomatische oder somatopsychische
Phänomene zu erklären, weil zwischen Psyche und Soma gar kein
grundsätzlicher Unterschied ist, nur zwei Seiten ein und derselben
Medaille.
Die allermeisten Menschen dieser Welt zweifeln nicht
daran, dass sie etwas erleben,
z.B. wahrnehmen, vorstellen, phantasieren, fühlen, empfinden, gestimmt
und verfasst sind, wünschen, wollen, denken, erinnern, planen, entscheiden,
entschließen und schließlich auch tun oder lassen, sprechen
und ausdrücken.
In Frage gestellt wird dies nur von einigen wenigen
radikal, mitunter sophistisch eingestellten Skeptikern, Hirnforschern und
von der Antipsychiatrie. Ich gehe in dieser Arbeit ebenso von der Realität
des Psychischen aus wie von der Tatsache, dass psychisches Erleben zu Recht
als gestört, ja als krankhaft beurteilt werden kann. Tun und Lassen
ist mitunter deutlich gestört, z.B. bei Impulsivität, Zwang,
Sucht, Hörigkeit, Depression, Ich-Störungen bei Schizoprenien
(wenn Schübe die Kontrolle übernehmen).
Wer das Psychische nicht als Realität anerkennt,
mit dem kann man nicht und braucht man auch nicht zu sprechen.
Aber gestritten wird unter dem Stichwort Leib-Seele-Problem in der
Philosophie und Wissenschaft seit Menschengedenken, welche Realität
dem Psychischen zukommt und was das für eine Realität sein soll.
Im Wesentlichen wurden bei den Leib-Seele-Modellen
z.B. folgende Standpunkte eingenommen:
Biologische Ereignisse und Prozesse können psychologische Repräsentationen haben, müssen sie aber nicht haben und haben sie vielfach auch nicht. Psychologische Prozesse und Ereignisse hingegen müssen eine biologische Repräsentation haben. Psychologische Ereignisse und Prozesse sind an Leben und Funktionsfähigkeit des Gehirns gebunden. Sei R(P(Wa)) die psychologische Repräsentation eines Wirklichkeitsausschnittes und R(B(Wa)) die biologische Repräsentation eines Wirklichkeitsausschnittes, dann gelte: alle R(P(Wa)) basieren auf einer R(B(Wa)), aber nicht alle R(B(Wa)) haben eine R(P(Wa)).
Falls
biologische Prozesse psychologische Repräsentationen haben, sind Bild
und Abbild nicht identisch. Das psychologische Erlebnis ist zwar in physikalisch-chemischen
Ereignissen und Prozessen repräsentiert und fundiert, es ist aber
nicht mit diesen Prozessen gleich zu setzen, das psychologische Erlebnis
oder das Seelisch-Geistige ist neben dem Materiellen eine eigene, spezifisch
menschliche Wirklichkeit, die auch für das menschliche Dasein, Erleben
und Selbstverständnis in der Welt wesentlich und durch naturwissenschaftliche
Betrachtungen nicht ersetzbar ist.
Bemerkung:
Wir können daher der Identitätstheorie des Leib-Seele-Problems
im Sinne von Feigl (dt. 1973) nicht zustimmen. Argumentatives Analog-Beispiel:
Die menschliche Farbwahrnehmung ist das Ergebnis einer Lichtreflexion relativ
zum "sensorischen System Auge" und relativ zum verarbeitenden System "Gehirn".
Diese Farbwahrnehmung ist eine eigene Wirklichkeit, die zwar abhängig
vom Phänomen Licht und seiner Reflexion ist, aber natürlich keineswegs
mit ihm identisch (dem ästhetischen Empfinden ist es auch völlig
gleichgültig, ob man Licht als Korpuskel oder Welle betrachtet). Und
so verhält es sich auch mit dem Bewußtsein und seinen Inhalten:
natürlich liegen ihm physikalische, chemische, biochemische und physiologische
Vorgänge zugrunde, aber meine Idee der Liebe, meine Bewertung des
Mutes, mein Lebensgefühl in diesem Augenblick ist etwas anderes, nämlich
meine psychologische Wirklichkeit.
Zu
den verschiedenen Welt-Konzepten hier.
Biologische Ereignisse und Prozesse können psychologische Ereignisse und Prozesse beeinflussen und umgekehrt. Exakt betrachtet kann auch das psychologische Ereignis aus einer naturwissenschaftlichen Perspektive betrachtet werden, dann bewegt man sich in einer homogenen (ontologischen) Wirklichkeitsebene. Von daher dürfte es kein Problem mehr darstellen, zu verstehen, wieso es Wechselwirkungen gibt. Umgekehrt: sofern naturwissenschaftliche Ereignisse im Betriebssystem "Mensch" eine psychologische Projektion haben, können diese Projektionen von anderen psychologischen Funktionen natürlich beeinflußt werden, was wiederum zu einem Rückkopplungseffekt führen kann. Die Wirkung des Psychischen auf das Organische erfolgt über den organischen Träger des Psychischen. Und die Wirkung des Organischen auf das Psychische erfolgt über die psychische Repräsentation des Organischen im Psychischen.
Zusatz Axiom III: In der Computer-Metapher bedeutet dies, daß zwischen Hard- und Software vielfache Wechselwirkungen bestehen. Der Hardware-Metapher entspricht die biologisch-materielle Basis der Seele, also die Perspektive Repräsentationssystem Körper. Das Betriebssystem organisiert und verwaltet den Betrieb "Mensch". Begabung und Anlagen werden in einem sogenannten "Anlage-Chip" gedacht. Einige Programme verändern sich mit den zunehmenden Erfahrungen und Veränderungen des Lebens. Die Programme sind nicht perfekt, sondern fehlerhaft; teilweise sind sie fast unveränderlich ("ROM"), teilweise können sie völlig neu gestaltet werden. Man kann "löschen", erweitern, modifizieren, spezifizieren. In der Programmzentrale "Gehirn" denken wir uns einen Programmgenerator, der ganz neue Programme entwickeln kann: die Metapher für das Lernen (und die Konditionierung). Lernt man, generiert der Programmgenerator ein neues Programm oder aktualisiert ein altes. Wird das Lernen selbst verändert, z. B. optimiert, wird das Programmgeneratorprogramm angesprochen.
A-IV Leib-Seele-Axiom: Entsprechungen
A-IV
Leib-Seele-Axiom IV: Entsprechungen
(a) Die gleiche
biologische Repräsentation kann zu unterschiedlichen Zeiten und Bedingungen
unterschiedliche psychologische Repräsentationen bewirken (wahrscheinlich
aber einander ähnliche).
(b) Die gleiche
psychologische Repräsentation kann zu unterschiedlichen Zeiten und
Bedingungen auf unterschiedlichen (aber wahrscheinlich ähnlichen)
biologischen Repräsentationen beruhen.
Zwischen Biologie und Psychologie gibt es keine zwingenden eindeutigen oder eineindeutigen Relationen. Anschauungsbeispiel: eine unmittelbare überzeugende Anwendung liefern die Gestaltgesetze von Figur und Hintergrund. Das "objektiv gleiche" Grau wirkt auf schwarzem Hintergrund ganz anders als auf weißem.
Natcode
aus: (8) Die Kausalitaet zwischen biologischen
Vorgaengen (natcode(bio)) und dem Erleben dieser Vorgänge (natcode(erleben(natcode(bio))))
Die allermeisten biologischen Vorgänge in unserem Körper
sind uns nicht bewusst. Aber es gibt auch biologische Vorgänge, die
bewusst qualitativ und quantitativ erlebt werden können. Hier sind
dann zwei Vorgänge zu codieren: (natcode(erleben)) und (natcode(bio)).
Im Psychischen gibt es einige besondere Probleme durch die Konstruktion des Leiblichen und Seelischen (seelisch-geistige). Wir erleben unseren Leib und seine Regungen als etwas von unserem seelisch-gesitigen Erleben Verschiedenes. Es erscheint daher ganz natürlich, den Leib und seine Regungen einer anderen Seinssphäre als unser seelisch-geistiges Erleben zuzuordnen. Unser Erleben ist uns so eigen und nahe, dass die meisten Menschen nie auf die Idee kamen, es für etwas Materielles, genauer Biologisches, zu halten. Heute noch wird von Geist und Materie so geredet als handele es sich um zwei ganz unterschiedliche Welten ("Seinssphären"). Und so wurde seit Jahrtausenden eine eigene Welt des Seelisch-Geistigen für nahezu selbstverständlich gehalten und von seiner biologischen Basis getrennt (Dualismus). Andererseits ist es aber auch verständlich, erleben von den physikalisch-chemischen Prozessen, die es codieren und fundieren, als etwas Eigenes und Eigenständiges zu begreifen. Auch wenn das Erleben physikalisch-chemisch oder naturwissenschaftlich (natcode) codiert wird, so ist das Erleben doch eine spezifische eigene Erfahrung. Daran gibt es keinen Zweifel. Ich erlebe keine Moleküle, synaptische Ausschüttungen oder elektromagnetischen Vorgänge, wenn auch mein Erleben durch solche naturwissenschaftlichen Vorgänge codiert und fundiert ist. Seit Jahrtausenden stellt man die Frage nach dem "Verhältnis" des Leiblichen zum Psychischen, Materie und Geist. Mein Modell wurde angeregt durch eine Analogie zur Doppelnatur des Lichts, das korpuskulare Materieformen und nichtmaterielle Wellenfomen annehmen kann.Man könnte aber auch die unterschiedlichen Aggregatszustände, die Stoffe annehmen können, heranziehen. Aber ganz greifen diese Analogien nicht, weil Erleben und seine naturwissenschaftliche Codierung ja gleichzeitig stattfinden. Zwei Zustände werden sozusagen zugleich und nicht nacheinander oder entweder-oder realisiert. Sofern man unterschiedliche Seinssphären des Leiblichen und Seelischen annähme - was ich nicht tue - ergäbe sich die Frage der Kausalität zwischen Leiblichen und Psychischen: wie bewirkt Leibliches Psychisches und Psychisches Leibliches? Aber auch wenn man wie ich eine Identitätstheorie bevorzugt, stellt sich die Frage, wie das Materielle und Erlebnismäßige zusammen hängen? Meine Antwort ist: das Erleben ist eine besondere Ausdrucksform der Materie. Nehmen wir eine einfache Empfindung wie z.B. jucken, das im allgemeinen das Motiv zu kratzen bewirkt, so können wir feststellen: es gibt die Empfindung jucken und es gibt das Erleben "es juckt". Die Empfindung selbst kann naturwissenschaftlich gedacht werden, ich habe dafür die naturwissenschaftliche Schemavariable "natcode" entwickelt. Die Empfindung selbst kann also als natcode(jucken) beschrieben werden. Kommt es zum Erleben des Juckens, so kommt (natcode(erleben(natcode(jucken))) dazu. Hier kann gefragt werden: wozu brauch ich ein Erleben des Juckens, um zu kratzen? Ich könnte doch auch einfach so kratzen. Ist also das Erleben nicht doch ein bloßes Epiphänomen, eine Art Irrtum der Evolution? [Quelle in Arbeit: Kausal und Kausalität, Ursache und Wirkung, Grund und Folge - allgemein und besonders im Psychischen und Recht.] |
Geschichte der Identitätstheorie:
Amerbauer, Martin Erste Schritte in der Philosophie.
Rohrachers Verweis auf Spinoza und Gustav Theodor
Fechner.
_
Lehmanns psychophysischer
Materialismus 1890
Lehmann, Alfred (1890) Die Hypnose und die damit verwandten normalen
Zustände. Leipzig: Reisland. [Online]
Anmerkung: Die Arbeit enthält 21 Fundstellen "beweis" (>1890-Lehmann).
G e s p e r r t bei Lehmann, hier fett.
S.8ff: "Das Physische und das Psychische können
also als
Eigenschaften an demselben unbekanntenStoffe betrachtet
werden, und wir müssen uns daher das Verhältniss zwischen
diesen beiden Grundeigenschaflen der Materie auf dieselbe
Art denken, wie wir dasVerhältniss der rein physischen [>9]
Eigenschaften eines Körpers zu einander auffassen. Wenn
wir z. B. in einem Körper eine Wärmeveränderung hervor-
rufen, so werden dadurch die gegenseitigen Anziehungen
und Abstossnngen der Atome modificirt, und dieses giebt
sich zu erkennen durch eine ganze Reihe Veränderungen
in dem physischen Verhalten des Körpers; seine Zustandsform,
sein Leitungsvermögen für Wärme und Elektricität,
seine Farbeu, u. s. w, wird verändert, aber es sind diese
Veränderungen nur verschiedene Formen, worunter die
atomistischen Veränderungen, die Variation der physischen
Activität der Materie, sich uns an den Tag legt. In Analogie
hiermit fassen wir das Verhältniss des Physischen au
dem Psychischen auf. Esist möglich, dass Veränderungen
in der psychischen Activität vor sich gehen, sobald zwei
früher isolirte Atomein ihre gegenseitige Wirkungssphäre
kommen, hierüber wissen wir aber nichts, und es hat für
uns kein grosses Interesse. Wo wir aber mit einem Gehirn,
einem Centralnervensystem zu thun haben, da wissen
wir, dass gewisse Veränderungen in diesem von psychischen
Phänomenen begleitet sind, und das fassen wir analog mit
den genannten physischen Eigenschaftsveränderungen auf.
Es kann hier keine Aenderung der physischen Activität
eintreten, ohne dass die psychische Activität gleichfalls
modificirt wird. Diese psychisclien Aenderungeu treten,
wenn sie die erforderliche Stärke haben, als betonte
Empfindungen auf; die ganze Summe der betonten Empfindungen
des einzelnen Individuums ist das, was das
Bewusstsein genannt wird. Ich lege besonderen Nachdruck
auf den Umstand, dass es wahrscheinlich nur bei einem
hinlänglidien Stärkegrad ist, dass die Aenderungen der
psychischen Activität im Bewusstsein auftreten, denn die
Erfahrung lehrt uns, dass die einzelnen Bewusstseinsphänomene
sich
nur als ganz isolirte Schimmer darstellen.
Wir können eigentlich niemals eine Ursachskette auf [>10]
psychischem Gebiete finden; uneere Empfindungen gehen
und kommen, ohne dass wir in dereinen die Ursache zu
der nachfolgenden finden können. Deshalb suchen wir beständig
die Ursache des augenblicklichen Bewusstseins-
zustandes ausserhalb uns selbst, das heisst ausserhalb des
Bewusstseins selbst, und deshalb werden wir genöthigt, in
einer physischen Ausscnwelt die eigentliche Ursache des
Wechsels der Bewusstseinsphänomcne zu suchen."
__
Spinoza
(1632-1677) ist ein Phantast, der wie die meisten Philosophen nicht verstanden
hat, was Wissenschaft bedeutet (>Zum
Geleit), dessen Bedeutung für die Geistes- und Philosophiegeschichte
weit überschätzt wird, wenn auch sein Hauptwerk "Ethik - In geometrischer
Weise behandelt in fünf Teilen" vor wissenschaftlichen Worten in seinem
Aufbau - Lehrsatz, Beweis, Erläuterungen - nur so strotzt. Das Werk
beginnt mit unzulänglichen Definitionen (Ursache, Endlich,, Substanz,
Attribut, Modus, Gott, Ding, Ewigkeit) und setzt mit nicht minder unzulänglichen
"Axiomen" fort:
"I. Alles, was ist, ist entweder in sich oder in
einem andern.
II. Was durch ein anderes nicht begriffen werden
kann, muß durch sich selbst begriffen werden.
III. Aus einer gegebenen bestimmten Ursache folgt
notwendig eine Wirkung, und umgekehrt: wenn keine bestimmte Ursache gegeben
ist, kann unmöglich eine Wirkung folgen.
IV. Die Erkenntnis der Wirkung hängt von der
Erkenntnis der Ursache ab und schließt dieselbe ein.
V. Dinge, welche nichts miteinander gemein haben,
können auch nicht wechselseitig auseinander erkannt werden oder der
Begriff des einen schließt den Begriff des andern nicht ein.
VI. Eine wahre Idee muß mit ihrem Gegenstand
übereinstimmen.
VII. Was als nicht existierend begriffen werden
kann, dessen Wesen schließt die Existenz nicht ein.
[Spinoza: Ethik. Philosophie von Platon bis Nietzsche, S. 16740 (vgl.
Spinoza-Ethik, S. 24-25) http://www.digitale-bibliothek.de/band2.htm]
__
Geschichte der Hauptwerkes
Ethik
nach Ziegenfuss: "... In den
beiden Traktaten, die auf dem Weg zur „Ethik'' liegen, werden zahlreiche
Fäden angesponnen, die in dem Hauptwerk zu einem System verwoben sind.
Es ist in mehreren Entwürfen entstanden, zuerst in drei, dann in der
überlieferten letzten Fassung in fünf Büchern. Das erste
Buch kursierte unter Sp.s Freunden schon 1663, das zweite und dritte war
1665 abgeschlossen. Aus dem dritten Buch entwickelten sich in langdauernder
Umarbeitung die Bücher drei, vier und fünf der letzten Gestalt
des Werks, das Sp. im Jahre 1675 für druckreif hielt, jedoch nach
den Anfeindungen, die sein 1670 anonym erschienener „Theologisch-politischer
Traktat" nach sich zog, nicht zu veröffentlichen wagte. Erst die Opera
postuma, 1677 von Sp.s Freunden herausgegeben, machten Spinozas System
in Gestalt der Ethik öffentlich bekannt. Die Darstellung erfolgt nach
geometrischer Methode. Definitionen — von Erklärungen begleitet, —
Axiome und Lehrsätze mit Beweisen und Folgesätzen umschließen
Sp.s systematische Grundgedanken, Die strenge Form ist gelockert durch
Vorreden und Anhänge (Appendices), die der Erläuterung, Erweiterung,
Auseinandersetzung mit fremden und gegnerischen philosophischen Ansichten
dienen. Buch I handelt von Gott, Buch II von der Natur und dem Ursprung
des Geistes, Buch III von der Natur und dem Ursprung der Affekte, Buch
IV von der menschlichen Knechtschaft (servitus) oder der Macht der Affekte,
Buch V von der Kraft des Intellekts oder der menschlichen Freiheit. Religionsphilosophie
und Metaphysik, Natur- und Erkenntnislehre, Psychologie und Ethik Sp.s
sind in dem Werk enthalten, dessen Schwergewicht er durch die Wahl seines
Titels auf die Ethik verlegt. Die gewählte geometrische Methode bringt
den unerschütterlichen Glauben der Zeit an die Unverbrüchlichkeit
der Naturgesetze und an die Berechenbarkeit des Naturverlaufs zum Ausdruck.
Die Strenge der Darstellungsform Sp.s und seiner Gedankenführung hat
doch die Mehrdeutigkeit seiner philosophischen Grundüberzeugungen
nicht ausschließen können. Die Interpretation seines Pantheismus
bewegt sich zwischen den Polen inniger Religiosität und des völligen
Atheismus. Seine Gleichsetzung von Gott und Natur wird bald als Materialismus,
bald als Panentheismus aufgefaßt. In der Erkenntnislehre wird von
Sp.s Deutern der Nachdruck bald auf die rationale, bald auf die intuitive
Seite verlegt. ..."
__
Jüttemann, Gerd; Sonntag &
Wulf, Christoph (1991). Die Seele. Ihre Geschichte im Abendland. Weinheim:
Psychologie Verlagsunion. Spinoza taucht im Namenregister mehrfach auf:
224f, 227, 234f, 253, 365, 461. Wenig erhellend für die Identitätstheorie
von Leib und Seele.
__
Revesz, Bela (1917) Geschichte des Seelenbegriffes
und
der Seelenlokalisation. Stuttgart: Enke. Darin Spinoza S. 165-166.
Revesz (1878-1955) bringt eine verständliche Darstellung, meist
leider nicht durch genaue Quellen belegt, der Position Spinozas zum Seelenbegriff,
S. 165:
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kontrolliert: