Internet Publikation
für Allgemeine und Integrative Psychotherapie
(ISSN 1430-6972)
IP-GIPT DAS=06.07.2012
Internet-Erstausgabe, letzte Änderung ttmmjj
Impressum:
Dipl.-Psych.
Dr. phil. Rudolf Sponsel Stubenlohstr. 20 D-91052 Erlangen
Mail:
sekretariat@sgipt.org_
Zitierung
& Copyright_
Anfang Schwellenmodell
psychischer Störungen_Überblick_Rel.
Aktuelles_Rel.
Beständiges_Titelblatt_
Konzept_Archiv_
Region_Service
iec-verlag___ Wichtige
Hinweise zu Links und Empfehlungen_
Willkommen ins unserer
Internet-Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie,
Abteilung Dokumentation, Evaluation, Qualitätssicherung, Epidemiologie,
psychologische Testtheorie u.a., hier speziell zum Thema:
Pragmatisches Schwellen-Modell
psychischer Störungen
für die praktische psychotherapeutische
Arbeit
aus allgemeiner und integrativer
Perspektive
von Rudolf Sponsel, Erlangen
Querverweise.
Hintergrund und Vorgeschichte: Im Handbuch Integrativer Psychologischer
Psychotherapie (Sponsel,
1995) hatte ich ausführliche Betrachtungen zu verschiedenen Krankheits-
und Störungsmodellen im Kapitel
3.3 vorgestellt. Seit dieser Erörterung der verschiedenen Modelle
(Schwellenmodell im Handbuch)
hat sich in meiner psychotherapeutischen Arbeit, z.B. besonders mit Depressiven
und psychoseformen Störungen ein praktisches Schwellen-Modell als
hilfreich und nützlich erwiesen.
Die Grundidee dieses Modells ist, dass bei der Entstehung von Störungen
(Krankheiten) mehrere Faktoren zusammenwirken können und dass eine
Störung (Krankheit) nur dann ausbricht oder aufrechterhalten bleibt,
wenn das Ausmaß dieser Faktoren einen kritischen persönlichen
Schwellenwert eine gewisse Zeit lang überschreitet (genügend
lange und viel).
Klassifikationsmöglichkeiten
der Faktoren und Komponenten
_
-
Genetische Faktoren (Anlage, besonders Neurotransmitterdispositionen)
-
Endogene Faktoren (körper- und organspezifische Faktoren, Physiologie,
Körperrhythmen wie z.B. Schlaf-Wach-Zyklus, endogene Neurotransmitterprozesse;
medikamentöser Therapieansatz)
-
Exogene, ökologische Faktoren (Klima, Jahreszeit, Licht, Nahrungsmittel,
Umweltverschmutzung)
-
Psychosozial situative Faktoren (Probleme, Belastungen, Misserfolg,
Enttäuschung, Unglück)
-
Lebensgeschichtliche Faktoren, z.B. Vernachlässigung, Entwertung,
zu wenig oder unangemessene Förderung, Modell-Lernen (vorgelebt in
der Familie). Anmerkung: man kann zwar das Geschehen nicht mehr verändern,
sehr wohl aber die (kognitive) Beurteilung und Bewertung.
-
Persönlichkeitsspezifische Faktoren (falsche Grund-Einstellungen,
Rigidität, Ansprüche, pars pro toto,
unzulängliche oder unangemessene Problemlösungsstrategien; Könnte-Falle;
Verstrickung in der Kunst, das Unmögliche zu meistern, ... )
-
Mangelnde oder nicht ausreichend gelernte Verfahren, Methoden und
Werkzeuge zum sinnvollen TUN und LASSEN im Sinne der eigenen
Lebenswerte und Lebensziele, die gar nicht angemessen wahrgenommen oder
bewertet werden. Z.B. wird die wichtige Methode des Erkennens von ungünstiger
Bewusstseinsarbeit oder das Unterbrechen und außen vor halten unerwünschter
Bewusstseinsinhalte nicht beherrscht, d.h. es wäre die Methode der
Bewusstseinslenkung zu lernen und so lange und nachhaltig einzuüben,
bis sie sozusagen automatisch beherrscht wird.
-
Aktuell kontraproduktive Verhaltensfaktoren, auch mental, z.B. zu
lange „herumsumpfen" oder gar hineinsteigern.
-
Zeit Faktor (ähnlich „Inkubationszeit“ in der Medizin), die
eine Störung oder Belastung (Auszeit, Urlaub, Reha, weniger, krank
schreiben) andauern muss oder braucht, um schließlich auszubrechen.
Manchmal summieren sich ungünstige Faktoren im Laufe der Zeit, bis
dann das Fass zum Überlaufen kommt und damit die Schwelle der Auslösung
von Störungen überschritten wurde.
-
Empfindlichkeit oder Schwellenwert (bei den einen liegt die Schwelle
höher, bei anderen niedriger (Vulnerabilität = Verwundbarkeit,
Verletzlichkeit), auch in Abhängigkeit von der persönlichen Situation
und allgemeinen Verfassung).
-
X, sonstige bislang nicht berücksichtigte, aber hier möglicherweise
noch zu berücksichtigende zusätzliche Faktoren.
Praktisches allgemeines und integratives Arbeitsprinzip:
-
Man suche die Faktorenbereiche, die mit der Entstehung und Aufrechterhaltung
der Störung in Beziehung stehen könnten
-
und auf die man Einfluss hat.
-
Man wähle diejenigen bevorzugt, wo die Einflussnahme und der Veränderungsnutzen
am größten erscheinen ("Archimedischer
Hebel").
_
Literatur (Auswahl)
-
3.3 Allgemeine
abstrakte Ätiologie (Krankheitslehre) (S. 145 aus (Sponsel,
1995))
3.3.0 Grundlagen und Hintergrund
3.3.1 Funktionseinheit, Funktion, Funktionsfähigkeit, Störung
(1) Makro-Perspektive
(2) Mikro-Perspektive
3.3.2 Allgemeines Wissenschaftliches Krankheitsmodell der IPPT
3.3.2.1 Die Familie der Schwellen-Modelle (FSM) und die Schwellenmodelle
der neuronalen Netze
3.3.2.2 Die Familie der Kumulationsmodelle (FKM)
Wiederkehrende Schleifen über die Zeit
"Steter Tropfen höhlt den Stein"
3.3.2.3 Labile Verfassung und Abwehrschwäche Modell (LVM)
3.3.2.4 Allgemeines Homöostase Modell (AHM)
3.3.2.5 Kompensations- und Defizit-Ausgleichs-Modell (KDM)
3.3.2.6 Genetisches Dispositions-Modell (GDM)
3.3.2.7 Abnützungs- und Verschleiß-Modell (AVM)
3.3.2.8 Bewältigungs-Defizit-Modell (BDM)
3.3.3 Die allgemeinen abstrakten Heilmittel
3.3.3.1 Zur Einführung ein paar Beispiele:
(1) Heilwirkprinzipien nach GILLMANN
(2) Homöopathisches Heilprinzip
(3) Exkurs: Das homöopathische Prinzip in der Schulmedizin,
in Psychologie und Psychotherapie:
Immunisieren durch Impfen
(4) Die Idee der Inversen und der Lösungen 2. Ordnung
3.3.3.2 Systematik einer allgemeinen abstrakten System- und Veränderungstheorie
und damit einer allgemeinen und abstrakten Krankheitslehre. Entwicklung
der Grundbegriffe und der allgemeinen Operatoren einer einfachen ökologischen
System und Prozeßtheorie: IPPT-Systemik.
-
Bundesministerium
für Bildung und Forschung (2006). "Es
ist, als ob die Seele unwohl wäre ...". Depression - Wege aus
der Schwermut. Forscher bringen Licht in die Lebensfinsternis. Berlin:
Referat Öffentlichkeitsarbeit. [PDF
2007]
_
Links (Auswahl: beachte)
Querverweis: Allgemeines
Bio-Psycho-Soziales Krankheits-Modell
Glossar,
Anmerkungen und Endnoten:
1) GIPT=
General
and Integrative
Psychotherapy, internationale Bezeichnung
für Allgemeine und Integrative Psychotherapie.
___
Depressionsforschung.
In der empfehlenswerten Broschüre des Bundesministeriums
für Bildung und Forschung wird sowohl ein Mehrfaktorenmodell (S.
44: "Das Mehr-Faktoren-Modell oder: die „Psycho-Biologie“ der Depression")
als auch ein Multimodales Therapiemodell (S. 46: "Therapien – wie Depressionen
behandelt werden Viele Ursachen erfordern viele Therapien") bevorzugt.
___
Neurotransmitter.
Körper, Seele und Geist sind untrennbar miteinander verwoben und
im Grunde nur unterschiedliche Aspekte der materialen Basis und ihrer Funktionen.
Man kann daher das Geschehen im "System Mensch" unter den verschiedendsten
Gesichtspunkten betrachten und untersuchen (> Axiom
V Multiple Repräsentationen). Neurotransmitter sind Botenstoffe
im Gehirn, die besonders in den Nervenzellen Veränderungen beeinflussen
und auch bei Störungen eine große Rolle spielen können,
wie z.B. der Neurotransmitter Serotonin
bei der Depression.
___
pars pro toto. Den Teil fürs Ganze
nehmen, also unrichtige und unrealistische Verallgemeinerung, ein häufiger
kognitiver Fehler bei Menschen (nicht nur mit seelischen Problemen).
___
Schwellen-Modell im
Handbuch (Sponsel, 1995),
S. 148f:
"3.3.2.1 Die Familie der Schwellen-Modelle (FSM) und die Schwellenmodelle
der neuronalen Netze
Allgemeine Schwellenüberlegungen.
Im "Körper-Betriebssystem Mensch" finden mikroskopisch gesehen
ununterbrochen Kämpfe zwischen angreifenden Krankheitsfaktoren und
verteidigenden Abwehrmaßnahmen statt. Mit der Immunüberwachungstheorie(FN1)
vermuten wir z. B., daß auch der gesunde Körper ständig
kranke Krebszellen produziert. Die Frage ist aber: in welchem Ausmaß,
mit welcher Lebensdauer und mit welchem Erfolg? Das Krankheitsmodell, das
sich aus dieser Grundüberlegung ergibt, bedeutet hier: (1) Erst wenn
eine bestimmte Schwelle in der Produktion überschritten wird. (2)
Erst wenn die Abwehr mit dem Ansturm von Krankheitsfaktoren nicht mehr
fertig wird, d. h. wenn die die Abwehr überlebende Produktion eine
bestimmte Schwelle überschreitet, kann Krankheit entstehen. (3) Krankheiten,
wie uns die Inkubationszeiten lehren, sind meist ein zeitfordernder Prozeß,
sie entstehen selten sofort, auch wenn es subjektiv oft so aussieht, sondern
sie entwickeln sich. (4) Nachdem viele Faktoren eine Rolle spielen und
die Funktionssysteme des "Betriebssystems" Mensch in vielfältiger
und vielfach noch in wenig bekannter Weise miteinander vernetzt sind, erscheint
es auch sinnvoll, zufällige Komponenten in der Krankheitsentstehung
mit vorzusehen. (5) Außerdem erscheint es sinnvoll, wenn viele Faktoren
und Funktionssysteme eine Rolle spielen, sowohl bahnende, d. h. krankheitsbegünstigende
und hemmende, d. h. krankheitsbehindernde Faktoren anzunehmen.
In der Psychopathologie kann dieses Modell in der
Weise interpretiert und ausgedeutet werden, daß bestimmte Ereignisse,
Erlebnisse oder Bewußtseinsinhalte viele, ja sehr viele negative
oder konfliktträchtige frühere Erfahrungen - wir nennen es -
JTraumata
aktivieren. Wird die Abwehr mit diesen vielen gleichzeitig "angreifenden
Traumata" nicht mehr fertig, kann die JKrankheit_latent
sehr schnell in eine JKrankheit_manifest
und JKrankheit_subjektiv
übergehen."
___
Terminologie. Mit
dem griechischen Buchstaben Theta J
(nach Jerapeia
(therapeia): Heilung) kennzeichnen wir Psychische Funktionen, wenn sie
Heilmittel oder Heilwirkfaktoren Qualität (Funktion) annehmen,
z. B. J
einsehen, J
zulassen unterdrückter Erinnerungen, J
stellen (konfrontieren), J
sich überwinden und
J
mutig sein,
J
differenzieren, J
entspannen, J
lernen, J
loslassen, J
beherrschen ...
Man vergegenwärtige
sich auch, daß viele Sachverhalte eine Doppelfunktion haben können:
Heilmittel
und
Störmittel ("Gift").
Möchte man von der Heilmittelfunktion absehen, kann man einfach die
Vorsilbe "Heil" weglassen und spricht dann ganz allgemein nurmehr vom "Mittel"
(zum Zweck). Ein Mittel zum Heilzweck wird sozusagen zum Heilmittel, wenn
das Mittel zur Begleitung, Linderung, Besserung oder Heilung von Störungen
mit Krankheitswert eingesetzt werden soll. Für Mittel zum Zweck fehlt
ein eigentliches griechisches Wort, so daß sich Begriff und Wort
des Werkzeuges organon
(organon) anbietet mit dem Nachteil, daß sich o
wenig vom lateinischen o unterscheidet, so daß wir aus typologischen
Gründen lieber in lautgestaltlicher Analogie den Buchstaben m
(Mü) wählen. Die Kennzeichnung m
loben
bedeutet also z.B., daß wir loben als Mittel kennzeichnen,
um einen Zweck zu erreichen zur Abgrenzung von loben als z.B. spontaner
Ausdruck von (freudiger) Anerkennung.
Und um deutlich zu machen, daß wir ein Wort
nicht alltagssprachlich, sondern im Rahmen einer psychologisch-psychotherapeutischen
Fachsprache verwenden, kennzeichnen wir das Wort mit dem griechischen Buchstaben
y
(Psi, mit dem das griechische Wort für Seele = yuch,
sprich: psyche, beginnt).
Störungs Funktor. Begriffe, die eine
Störung repräsentieren sollen, kennzeichnen wir mit dem Anfangsbuchstaben
Tau (t) des griechischen Wortes für Störung
tarach
(tarach). Viel
Verwirrung gibt es in und um die Psychologie, weil viele ihrer Begriffe
zugleich Begriffe des Alltags und anderer Wissenschaften und damit meist
vielfache Homonyme
sind. Um diese babylonische Sprachverwirrung, die unökonomisch, unkommunikativ
und entwicklungsfeindlich ist, zu überwinden, ist u. a. das Programm
der Erlanger Konstruktivistischen Philosophie und Wissenschaftstheorie
entwickelt worden: Kamlah & Lorenzen (1967).
Zu einigen psychologischen Grundfunktionen siehe bitte: vorstellen.
Ausführlich
zur Terminologie.
Querverweise
(Links) zum Terminologie-Problem in der Psychologie, Psychopathologie,
Psychodiagnostik und Psychotherapie:
_
Querverweise
Standort: Schwellenmodell psychischer Störungen.
*
-
Bio-Psycho-Soziales
Krankheitsmodell.
-
Überblick Heilmittelanwendung
in der IP-GIPT.
-
TOP-10. Theoretische Organisations-Prinzipien
des Therapieprozesses in der GIPT.
-
Norm, Wert, Abweichung
(Deviation).
-
Überblick
Diagnostik und Differentialdiagnostik in der IP-GIPT.
-
Was-Ist-Fragen in
der Diagnostik. WIF-Fallstricke, Tücken und Probleme.
-
Diagnostik, Komorbidität
und das Problem der Differentialdiagnose.
-
Krankheit, Symptom,
Syndrom, Aufgabe der Heilkunde.
-
Kausalitätsproblem.
-
Der Wissenschaftsbegriff
und seine aktuelle Bedeutung.
-
Welten und
die Konstruktion unterschiedlicher Wirklichkeiten in der GIPT.
-
Iatrogenie - Krank durch Behandlung.
Fehler, Behandlungsfehler, Kunstfehler. Ein kritischer Beitrag zur Epidemiologie
des Gesundheitssystems, das selbst ein wichtiger Faktor für Krankheit
und Tod ist.
-
Allgemeine und integrative
Epidemiologie.
-
Übersicht - Psycho-Moden,
psychische Epidemien, Epidemiologie und systemimmanente Kunstfehler.
-
Potentielle Kunst-/
Fehler aus der Sicht der Allgemeinen und Integrativen Psychologischen Psychotherapie.
Materialien zur Qualitätssicherung mit einer Literaturübersicht.
-
Über potentielle
Kunst- oder Behandlungsfehler in der Psychotherapie aus allgemeiner und
integrativer Sicht. Vortrag auf der Ersten Fachtagung des IVS am Samstag
den 27. Juli 2002. Festsaal, Klinikum am Europakanal. (Kunstfehler 2).
Zitierung
Sponsel, R. (DAS). Pragmatisches
Schwellen-Modell psychischer Störungen für die praktische psychotherapeutische
Arbeit
aus allgemeiner und integrativer Perspektive.
Internet Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie
IP-GIPT. Erlangen: https://www.sgipt.org/doceval/Epidem/PSMpS.htm
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korrigiert: 06.07.12 irs
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