Internet Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie
    (ISSN 1430-6972)
    IP-GIPTDAS=22.08.2024 Internet-Erstausgabe, letzte Änderung: 25.09.24
    Impressum: Diplom-Psychologe Dr. phil. Rudolf Sponsel Stubenlohstr. 20 D-91052 Erlangen
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    Anfang
    _Erleben und Erlebnis in Diltheys Das Erlebnis und die Dichtung Lessing, Goethe, Novalis, Hölderlin Bd. 26
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    Willkommen in unserer Internet-Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie,
    Abteilung Allgemeine Psychologie, Bereich Psychologie des Erlebens, und hier speziell zum Thema:

    Erleben und Erlebnis in Diltheys Das Erlebnis und die Dichtung
    Lessing, Goethe, Novalis, Hölderlin, Band 26 GS


    Wilhelm Dilthey 1833-1911
    Bildquelle Wikipedia.

    Originalrecherche von Rudolf Sponsel, Erlangen



    Zusammenfassungen, Haupt- und Verteilerseite Dilthey.
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        Inhaltsübersicht
      Editorial.
      Bibliographie.
      Zusammenfassung-Dilthey-26.
      Fundstellen "erleb" der Reihe nach ohne Lücken S.10-129

      Signierungen und Signierungssystem.
      Checkliste definieren.
      Bisher ausgearbeitete Definitionen elementarer Dimensionen des Erlebens.
      Checkliste-Beweisen.
      Methodik-Beweissuche in der Psychologie.
      Signierung von Beweiserwähnungsbeurteilungen.
      Beweissuchwortkürzel.
      Literatur, Links, Glossar, Anmerkungen und Endnoten, Querverweise, Copyright und Zitierung, Änderungen




    Editorial
    Dilthey Das Erlebnis und die Dichtung Lessing, Goethe, Novalis, Hölderlin gilt als bedeutendes Werk und sollte eigentlich das Kunsterlebnis analysieren und verständlich machen.


    Band-26  Dilthey, Wilhelm (1906ff)  Das Erlebnis und die Dichtung Lessing, Goethe, Novalis, Hölderlin. GS XXVI. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht. [GB]. [intern-PDF] 1. A. 1906, 3. A. 1910.

    Gesamtzusammenfassung-Dilthey-24 Logik und Wert (ca. 1904-1911)  nach Prüfung am 24.09.2024. Das Werk besteht aus 8 Teilen, die alle einzel ausgewertet wurden 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8.  In 7 der 8 Arbeiten werden Erleben, erlebt oder Erlebnis nicht definiert oder näher erläutert, wie man es nach der  wissenschaftlichen Regel, dass wichtigere Begriffe bei den ersten Erwähnungen definiert oder näher erläutert werden sollen, erwarten darf. In A3 Bewusstsein des philosophischen Geistes wird bei der ersten Fundstelle S. 61 eine Definition von Erlebnis gegeben: "Als Erlebnis bezeichnen wir dann weiter einen Ausschnitt des Lebensverlaufes, ...". Diese Definition ist aber viel zu weit und ungenau. Falls das Buch eine Erlebnistheorie enthält, dann sollte diese sich im Abschnitt "Erlebnis und Dichtung S.127-130 befinden. Aber dort finden sich in der Hauptsache Geisteslyrik (>Sprachkritik) und allgemein-abstrakte Behauptungen wie z.B. S.127  "Aus dem Verhältnis von Leben, Phantasie und Gestaltung des Werks folgen alle allgemeinen Eigenschaften der Poesie.", S.127 "Jedes poetische Werk macht ein einzelnes Geschehnis gegenwärtig." Das ist insofern sehr merkwürdig (obwohl typisch für Philosophen > Sprachkritik), als Dilthey wie jeder Mensch rund 16 Stunden am Tag Zeit hatte, sein Erleben zu studieren. Es fehlen auch immer wieder Belege, z.B. S.155 "Diese Grundrichtung der Dichtung Goethes durchläuft nun bemerkenswerte Veränderungen. Bis zum Abschluß der Lehrjahre Wilhelm Meisters 1796 entspringen alle seine Dichtungen aus dem persönlichen Erlebnis." Alle? Wirklich alle? Oder S.173: "Novalis zeigt uns alle Dinge in einem ihm eigenen Lichte." Der wichtige Begriff des Kunsterlebnisses (das Wort kommt in den 296 Dilthey-Seiten gar nicht vor) wird nicht erarbeitet, erörtert oder erläutert. Eine wissenschaftliche Erlebnistheorie (der Kunst) ist nicht in Ansätzen erkennbar.
        Fundstellen:  Ti-, IV-,-SR:  "erleb" kommt nicht im Titel und nicht im Inhaltsverzeichnis vor. Kein Sachregister. T: e=112, E=343, Erleben 46, erlebt 56, Erlebnis 343.

        Übersicht der enthaltenen Arbeiten:

    • A Die Theorie der Wertschätzung in der logischen Grundlegung der Theorie des Wissens [ca. 1906-1908] 1-15
    • A Über das System der Philosophie 16-59
    • A Bewusstsein des philosophischen Geistes über seine denkenden Operationen 60-121
    • A Theorie des Wissens 122-158
    • B Texte zum Zusammenhang von Strukturlehre und Theorie des Wissens [nach 1904] 159-191
    • B Logik als Phänomenologie der Wirklichkeitserkenntnis 192-212
    • C Entwürfe und Fragmente zur Theorie des Wertschätzung und Wertsystematik [ca. 1905-1911] 213-266

    • D Kritik des Erkenntnis- und Wertproblems bei H. Rickert und in der Phänomenologie [nach 1904] 267-309


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    Die Fundstellen "erleb" der Reihe nach ohne Lücken S.10-129

    S.8
    "... das Erlebnis der religiösen Bewegung von Port-Royal, ..."

    S.9
    "Diese Veränderungen im Erlebnis der Dichter wandelten ihr bisheriges Verhältnis zu den Gegenständen und Gattungen der Poesie, und jede dieser Gattungen erhielt durch sie eine andere Struktur. ..."

    S.10
    "... Hier vernimmt man nicht die tiefen Laute, die aus dem Erlebnis der Tragik des Lebens selber stammen. ..."

    S.20
    "... Ja Lessing konnte noch zwischen Berlin und Wien schwanken: literarisch dieselbe Erscheinung, wie wir sie politisch 1848 erlebt haben; so schwer erwuchs auch in den ersten Köpfen unserer Nation die Einsicht in die Bedingungen des öffentlichen Geistes und der Wirkung auf die Menschen. ..."
     

      S.20 Pseudo "... Schriftstellerlebens ..."


    S.21
    "... Manchmal bricht Lessings starkes, männliches Lebensgefühl in diesen „Kleinigkeiten" durch, und das Gedicht „der Genuß", welches für ein Erlebnis einen ergreifenden Ausdruck findet, klingt in Zeilen aus, die schon von dem Ton des jungen Goethe etwas haben: ..."

    S.42.1-3
    "Dies ist das große Erlebnis, das in der Dichtung der deutschen Aufklärung seinen Ausdruck findet - den höchsten in dem Drama Lessings. Erlebnisse sind die Quellen, aus denen jeder Teil eines dichterischen Werkes gespeist wird, in eminentem Sinne aber wird das Erlebnis dadurch schöpferisch in dem Dichter, daß es ihm einen neuen Zug des Lebens offenbart. ..."

    S.43
    "... So war es mit dem Erlebnis, das Lessing vom Philotas ab ausgesprochen hat, und mit der Wirkung, die davon ausgegangen ist."

    S.45
    "... Dieselbe Kürze findet sich in den Prosafabeln, Liedern und Epigrammen Lessings: er läßt nur so viel Stoff zurück und braucht genau so viel Worte, als die Energie des Gedankens oder als das Erlebnis bedarf um zu existieren."

    S.46.1
    "Das Schicksal fügte glücklich, daß ein bewegtes Stück großen Lebens, das mächtigste, das in diesem Jahrhundert vor der französischen Revolution zu sehen war, gerade von dem einzigen, der es darzustellen die Kraft hatte, gründlich erlebt und studiert worden ist - die Armee und der Staat des großen Königs. ..."

    S.46.2
    "... Der Krieg ist vorüber, die Wunden sind geheilt, und eben indem nach dem Frieden in einem Wirtshaus ein verabschiedeter Offizier, sein Wachtmeister und sein soldatischer Bedienter in rein menschlichen Verwickelungen sich darstellen, erlebt man von innen, ohne theatralischen Apparat das Wesen dieser Armee in seinen großen tragischen wie heiteren Zügen."
     

      S.50 Pseudo "... überlebten ... "


    S.82
    "... In der letzten Unterredung Nathans mit dem Klosterbruder ist das furchtbare Erlebnis Nathans dargestellt, in welchem seine Resignation und seine Grundstimmung der allgemeinen Menschenliebe seine letzte und vollkommenste Gestalt erhielten: ist es nicht, als ob Lessing das im Bewußtsein seines eigenen Schicksals geschrieben hätte? ..."

    S.85
    "... Ihr moralischer Religionsglaube ist gegründet in ihrem Bewußtsein von der Würde des Menschen und dieses in dem Erlebnis unserer sittlichen Natur.  ..."

    S.86.1-2
    "Aber der Nathan ist mehr als ein bloßes dramatisches Lehrgedicht. Ein lebendiges Kunstwerk entspringt in der Ganzheit der menschlichen Natur: das Neue, das es erblicken läßt, ist Erlebnis: indem wir nun das Erlebnis, das im Nathan zum Ausdruck kommt, in seinem ganzen Umfang zu erfassen suchen, müssen wir über die bisherige Darstellung von Lessings Verhältnis zur deutschen Aufklärung hinausgehen."

    S.87.1
    "Für dies sein höchstes Erlebnis fand Lessing ein Gefäß in den Geschichten und Sagen, die den Saladin umgeben. Jerusalem ist der Boden seines Dramas. Hier waren die drei Weltreligionen einander begegnet. ..."

    S.87.2
    "... Nicht dieser Konflikt war sein Thema, sondern wie mitten im Machtkampf und in den fanatischen religiösen Gegensätzen die freien Geister sich loslösen vom Glauben der Väter, wie sie sich finden, in sich selbst die gleiche Menschlichkeit entdecken, und wie nun eine geistige Solidarität zwischen ihnen sich bildet: der ähnlich, welche Lessing in sich erlebte und um sich sah."

    S.89.1
    "... Aber das ist doch die Hauptsache, daß Nathan, weil in ihm die religiöse Anlage seines Volkes wirksam ist, doppelt wirksam unter äußerem Druck und in der Beschränkung auf bloßes Privatdasein, besonders dazu taugt, den Vorgang totaler Selbstverleugnung faßlich zu machen, der zur universalen Menschenliebe führt, und ebenso dann die unablässie Abstraktion, welche das Erlebte denkend zerlegt und sich so zur Souveränität der Vernunft erhebt.  ..."

    S.89.2
    "Aber - darin erscheint nun seine Grenze - seine Kraft, aus dem Ganzen in Liebe und Haß, in stolzer Sicherheit der Welt gegenüber zu leben, hat noch nicht gelernt, der Vernunft sich zu unterwerfen: er erlebt vor unseren Augen die Umwandlung, die auch ihn durch Schmerz und Resignation hindurch führt und ihn reif macht. -"

    S.101
    "... Man findet keine Spur, daß er die falschen Leibniz-Wolffschen Begriffe untersucht hätte; er bediente sich eben der Metaphysik seiner Zeit; aber hätte er ihren Zusammenbruch erlebt, so wäre damit für ihn nichts berührt worden von dem Kern seiner Gedanken, der seine Bedeutung als eines schöpferischen Denkers ausmacht. ..."

    S.111
    "... Er sah noch nicht, daß jeder positive Glaube, als Symbol des religiösen Erlebnisses, seinen bodenständigen Eigenwert hat. ... "

    Kapitel: GOETHE UND DIE DICHTERISCHE PHANTASIE.

    S.113
    "Die Phantasie des Dichters, ihr Verhältnis zu dem Stoff der erlebten Wirklichkeit und der Überlieferung, zu dem, was frühere Dichter geschaffen haben, die eigentümlichen Grundgestalten dieser schaffenden Phantasie und der dichterischen Werke, welche aus solcher Beziehung entspringen: das ist der Mittelpunkt aller Literaturgeschichte. ..."

    Abschnitt DAS LEBEN

    S.115.1
    "Poesie ist Darstellung und Ausdruck des Lebens. Sie drückt das Erlebnis aus, und sie stellt die äußere Wirklichkeit des Lebens dar. ..."

    S.115.2
    "In allem, was mich umgibt, erlebe ich nach, was ich selbst erfahren habe." [RS: Unverständliche Behauptung]

    S.116
    "Da ist es nun die erste und entscheidende Eigenschaft der Dichtung Goethes, daß sie aus einer außerordentlichen Energie des Erlebens erwächst. ..."

    Abschnitt DICHTERISCHE PHANTASIE.

    S.118
    "Die Umformung der Bilder und bildlichen Zusammenhänge, wie sie in dem Erinnern stattfindet, ist indes nur der einfachste und darum am meisten unterrichtende Fall der Bildungsprozesse, welche die Phantasie charakterisieren. Steigernd, mindernd, einordnend, verallgemeinernd, Typen bildend, gestaltend-umgestaltend, unbewußt bald und bald willkürlich - so bringen diese Prozesse neue anschauliche Gebilde ohne Zahl hervor. Züge der Bilder werden ausgeschaltet, andere gesteigert und aus Erinnerungen werden Anschauungen ergänzt. Und dieselbe Umbildung zu einem Neuen, welches das in Erleben und Gewahren Enthaltene oder aus ihm Erschließbare überschreitet, vollzieht sich auch an den Zusammenhängen der Vorstellungsbilder. Ein Denken in Bildern entsteht. In ihm erreicht die Phantasie eine neue Freiheit. ..."

    S.119
    "Phantasie ist - so sahen wir - in den ganzen seelischen Zusammenhang verwoben. Jede im täglichen Leben stattfindende Mitteilung bildet unwillkürlich das Erlebte um; Wünsche, Befürchtungen, Träume der Zukunft überschreiten das Wirkliche; jedes Handeln ist bestimmt durch ein Bild von etwas, das noch nicht ist: die Lebensideale schreiten vor dem Menschen, ja der Menschheit her und führen sie höheren Zielen entgegen: die großen Momente des Daseins, Geburt, Liebe, Tod werden verklärt durch Bräuche, die die Realitäten umkleiden und über sie hinausweisen."

    S.120.1-2
    "Jetzt erst erfassen wir die Natur der dichterischen Phantasie. Alles bisher Gesagte enthält nur die allgemeinen Bedingungen derselben. Sie ist der Inbegriff der Seelenprozesse, in denen die dichterische Welt sich bildet. Die Grundlage dieser Seelenprozesse sind immer Erlebnisse und der durch sie geschaffene Untergrund des Auffassens. Lebensbezüge beherrschen die poetische Phantasie und kommen in ihr zum Ausdruck, wie sie schon die Bildung der Wahrnehmungen im Dichter beeinflussen. Unwillkürliche, unmerkliche Vorgänge walten hier überall. Sie arbeiten beständig an Farbe und Form der Welt, in welcher der Dichter lebt. Hier ist der Punkt, an welchem sich uns der Zusammenhang von Erlebnis und Phantasie im Dichter aufzuschließen beginnt. ..."

    Abschnitt DIE DICHTERISCHE PHANTASIE GOETHES.

    S.122
    "... Goethe waltete königlich in diesem Reich der Sprache. Es entsprang dies eben daraus, daß Erlebnis in ihm überall und unmittelbar mit dem Drang zum Ausdruck verbunden war. ..."

    S.123
    "Diese Sprachphantasie Goethes, die aus Drang und Gabe, Erlebnis auszudrücken, sich entwickelte, ist nun verbunden mit einer erstaunlichen Einbildungskraft in der Sphäre des ganzen sichtbaren Scheins der Dinge. Über den bewegten Seelenzuständen breitet sich so die bildhafte Schönheit der gegenständlichen Welt aus."

    S.126
    "... Wie sein interesseloses Anschauen der Natur dem künstlerischen Schaffen verwandt war, so eröffnete sich ihm auch dessen Gegenstand, die Natur, in dem Erlebnis der Kraft der Phantasie, die in ihm selber schöpferisch wirksam war. ..."

    Abschnitt ERLEBNIS UND DICHTUNG

    S.127.1-4
    "Aus dem Verhältnis von Leben, Phantasie und Gestaltung des Werks folgen alle allgemeinen Eigenschaften der Poesie. Jedes poetische Werk macht ein einzelnes Geschehnis gegenwärtig. Es gibt daher den bloßen Schein eines Wirklichen durch Worte und deren Verbindungen. So muß es [RS: das Werk] alle Mittel der Sprache anwenden, um Eindruck und Illusion hervorzubringen, und in dieser künstlerischen Behandlung der Sprache liegt ein erster und höchst bedeutender ästhetischer Wert desselben. Es hat nicht die Absicht Ausdruck oder Darstellung des Lebens zu sein. Es isoliert seinen Gegenstand aus dem realen Lebenszusammenhang und gibt ihm Totalität in sich selber. So versetzt es den Auffassenden in Freiheit, indem er sich in dieser Welt des Scheines außerhalb der Notwendigkeiten seiner tatsächlichen Existenz findet. Es erhöht sein Daseinsgefühl. Dem durch seinen Lebensgang eingeschränkten Menschen befriedigt es die Sehnsucht, Lebensmöglichkeiten, die er selber nicht realisieren kann, durchzuerleben. Es öffnet ihm den Blick in eine höhere und stärkere Welt. Und es beschäftigt im Nacherleben sein ganzes Wesen in einem ihm gemäßen Ablauf der seelischen Vorgänge, von der Freude an Klang, Rhythmus, sinnlicher Anschaulichkeit bis zum tiefsten Verständnis des Geschehnisses nach dessen Beziehungen zur ganzen Breite des Lebens. Denn jedes echte poetische Werk hebt an dem Ausschnitt der Wirklichkeit, den es darstellt, eine Eigenschaft des Lebens heraus, die so vorher nicht gesehen worden ist. Indem es eine ursächliche Verkettung von Vorgängen oder Handlungen sichtbar macht, läßt es zugleich die Werte nacherleben, die im Zusammenhang des Lebens einem Geschehnis und dessen einzelnen Teilen zukommen. ...
        So sind in dem Untergrund dichterischen Schaffens persönliches Erleben, [>128] Verstehen fremder Zustände, Erweiterung und Vertiefung der Erfahrung durch Ideen enthalten. ..."

    S.128.1-10
    "... Der Ausgangspunkt des poetischen Schaffens ist immer die Lebenserfahrung, als persönliches Erlebnis oder als Verstehen anderer Menschen, gegenwärtiger wie vergangener, und der Geschehnisse, in denen sie zusammenwirkten. Jeder der unzähligen Lebenszustände, durch die der Dichter hindurchgeht, kann in psychologischem Sinne als Erlebnis bezeichnet werden: eine tiefer greifende Beziehung zu seiner Dichtung kommt nur denjenigen unter den Momenten seines Daseins zu, welche ihm  einen Zug des Lebens  aufschließen. Und was nun auch dem Dichter aus der Welt der Ideen zufließen mag - und der Einfluß der Ideen auf Dante, Shakespeare, Schiller war sehr groß: alle religiösen, metaphysischen, historischen Ideen sind doch schließlich Präparate aus vergangenen großen Erlebnissen, Repräsentationen derselben, und nur sofern sie die eigenen Erfahrungen dem Dichter verständlich machen, dienen sie ihm, Neues am Leben zu gewahren. Der Idealismus der Freiheit, wie ihn Schiller von Kant aufnahm, klärte ihm doch nur das große innere Erlebnis auf, in welchem seine hohe Natur im Konflikt mit der Welt ihrer Würde und Souveränität gewiß wurde.
        Welche Mannigfaltigkeit von Modifikationen dichterischer Erfahrung muß sich hieraus entwickeln! Indem die griechischen Tragiker die innere religiöse Welt in dramatische Sichtbarkeit herausversetzten, entstand ein Ausdruck tiefsten Erlebens, der doch zugleich Darstellung einer mächtigen äußeren Tatsächlichkeit war, und eine Wirkung ohnegleichen muß hiervon ausgegangen sein. Wir erfahren etwas von diesen Wirkungen noch in den Oberammergauer Spielen und in unseren Oratorien. Shakespeare gibt sich einem von außen gegebenen Vorgang verstehend völlig hin; er legt sein eigenes Leben hinein, und so entstehen seine Menschen, die so mannigfaltig sind, wie die Natur sie darbietet, und so tief, wie Erleben reicht. Goethe bringt das persönliche Erlebnis, die bildende Arbeit an ihm selbst zum Ausdruck, und in diesem Verhältnis von Erlebnis und seinem Ausdruck tritt das der Beobachtung immer Verborgene am Seelenleben, sein ganzer Verlauf und seine ganze Tiefe heraus. Überall ist hier das Verhältnis von persönlichem Erlebnis und Ausdruck mit dem von äußerem Gegebensein und Verstehen in verschiedener Mischung miteinander verwebt. Denn im persönlichen Erlebnis ist ein seelischer Zustand gegeben, aber zugleich in Beziehung auf ihn die Gegenständlichkeit der umgebenden Welt. Im Verstehen und Nachbilden wird fremdes Seelenleben erfaßt, aber es ist doch nur da durch das hineingetragene eigene. Nur die Stärke und die Verbindung dieser Momente ist in den verschiedenen Modifikationen der dichterischen Erfahrung immer wieder eine andere. Auf diesen Grundlagen entwickelt sich die seherische Gabe des Dichters, die uns über uns selbst und die Welt, über die letzten erreichbaren Tiefen der Menschennatur und über [>129] die Fülle der Individualitäten belehrt. ..."

    S.129
    "... Das höchste Verständnis eines Dichters wäre erreicht, könnte man den Inbegriff der Bedingungen in ihm und außer ihm aufzeigen, unter denen die sein Schaffen bestimmende Modifikation des Erlebens, Verstehens, Erfahrens entsteht, und den Zusammenhang umfassen, der von ihr aus Motiv, Fabel, Charaktere und Darstellungsmittel gestaltet."

    Es folgt der Abschnitt Shakespeare und Rousseau
     



    Zitierstil
    Dilthey zitiert, wie die meisten Alten, in der Regel korrekt mit genauer Seitenfundstelle.
        Zitate sind in den Anmerkungen zu erwarten:
    • Lessing Anmerkungen Diltheys 336
    • Goethe Anmerkungen Diltheys 370
    • Novalis Anmerkungen Diltheys 421
    • Hölderlin Anmerkungen Diltheys 448
        Teilweise schwierig im Anhang und in den Anmerkungen zu erkennen, ob das Zitat von Dilthey oder vom Herausgeber ist.
        Einige Beispiele:
    • S.336 Fußnote 4: "Von der Hypothese H. Spitzers konnte D. durch E. Schmidt, Lessing II (1892), S. 670 (ohne Nachweis) wissen, oder er kannte sie aus O. Nieten, Lessings religionsphilosophische Ansichten bis zum Jahre 1770 in ihrem historischen Zusammenhang und in ihren historischen Beziehungen, Diss. Bonn, Duisburg 1896, S. 33-36. Nietens Quelle ist E. Schmidt. Schließlich weist Spitzer selbst in der Besprechung der Diss. Nietens auf seine und Schmidts Beobachtung hin. Deutsche Litteraturzeitung XIX (1898), Sp. 171 lf."
    • S.421 Fußnote 1: "E. Heilborn, Novalis Schriften. Kritische Neuausgabe auf Grund des handschriftlichen Nachlasses, I-II,1—2, Berlin 1901. Die Fragmente stehen in II,1—2."
    • S.449 Fußnote 12: "E. Lehmann, Hölderlins Hymnen an die Ideale der Menschheit, Siebenunddreißigster Jahresbericht des K. K Staats-Obergymnasiums zu Landskron in Böhmen, Landskron 1909, S. 7-62. Lehmann knüpft ausdrücklich an D.s Urteil über die Jugendhymnen Hölderlins an."


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    Literatur (Auswahl)



    Links (Auswahl: beachte)

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    ChatGPT

    • https://chat.openai.com/
    • https://chatgpt.ch/
    • https://talkai.info/de/chat/
    Von Dilthey gibt es zwei große Ausgaben gesammelter Schriften, die alte in 12 Bänden und die neue von Vandenhoeck & Ruprecht in 26 Bänden mit den Nachlässen. Gibt es eine Synopsis dieser beiden Ausgeben?
    _


    Glossar, Anmerkungen und Endnoten:  > Wissenschaftlicher Standort  * Weltanschaulicher Standort
    GIPT= General and Integrative Psychotherapy, internationale Bezeichnung für Allgemeine und Integrative Psychotherapie.
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    Kunsterlebnis
    Ein grundlegender und wichtiger Begriff der Kunstpsychologie und Ästhetik, der bis heute nicht richtig geklärt ist - obwohl Charlotte Bühler hierzu eine spezielle Arbeit vorgelegt hat - was nicht nur daran liegt, dass auf dem Gebiet der Kunst unheimlich viele Geisteslyriker und Schwätzer unterwegs sind.
     
      Grundlage einer wissenschaftlichen Erlebnistheorie (Quelle)
      Kunstinterpretation und Kunst-Kritik
      Wollen uns KünstlerInnen etwas sagen und wie ist zu ergründen, was sie uns sagen wollen? Mit dieser Frage wurden und werden Milliarden von SchülerInnen und StudentInnen - seit es entsprechende Bildungseinrichtungen gibt - konfrontiert. Die Wahrheit dürfte nicht selten sein: es gibt vermutlich ebenso viele Deutungsmöglichkeiten für ein Werk wie es Erfassende gibt, die allesamt ihre individuelle Bildungs- und Persönlichkeitsgeschichte mitbringen. Ob Werkschaffende oder KunstproduzentInnen immer wissen, was sie sagen wollen, ist nicht minder zweifelhaft. Manche wollen vielleicht auch gar nichts sagen. Andere können es nicht oder sagen etwas (teilweise) Falsches. Nicht selten geben Künstler - wie ihre Kritiker - Unsinn von sich (z.B. in der Reihe 100(0)  Meisterwerke oder hier). Nicht wenige KünstlerInnen schaffen einfach, geben sich ihren Fantasien und Gestaltungen hin. Jedes Werk, könnte man vermuten, wirkt nach seiner Schaffung weitgehend unabhängig von seiner SchöpferIn. Etwas bildungspathetisch formuliert: es wirkt durch sich. Aber durch sich wirkt bei genauer Betrachtung gar nichts. Es sind immer zwei, die einen Eindruck konstituieren: das Werk und seine ErfasserIn (Reiz und Reaktion, Werk und Rezeption). Die Interpretation ist vielleicht selbst eine individuelle Schöpfung. Und wie etwas auf eine Erfassende wirkt, kann nur die Erfassende selbst wissen und sagen, wobei auch hier viele nichtbewusste, kaum in Worten fassbare Faktoren mitspielen. Bei genauer Betrachtung haben wir also sowohl auf der Schöpfer- als auch auf der Erfasserseite viele subjektive, teils nicht bewusste, teils gar nicht angemessen in Worte fassbare Momente. Was ist dann aber ein Kunstwerk? Was ist eine angemessene Interpretation?  Gibt es keine objektiven Kriterien? Die Antwort ist ein klares Jein. Eine allgemein akzeptable Regel könnte lauten: Wenn eine Schöpfung anregt, berührt, bewegt, dann hat sie einen wichtigen Zweck erfüllt.


       

      • Querverweise: Wertfunktion Kunst, Definition der Kunst, Wovon hängt das sinnlich-geistige Werterleben bei der Kunstbetrachtung ab?
      • Interessant und verallgemeinerungsfähig auch Prinzhorn: Die psychologischen Grundlagen der bildnerischen Gestaltung.
      • Die Sprache der Kunst ist analog, symbolisch, "rechtshemisphärisch": Allgemeine und Integrative Symboltheorie, Einführung.
      • Einführung: Literatur und Kunst - Psychologie und Psychotherapie.
      • Absurdität, Antinomie, Aporie, Konfusion, Paradoxie, Pseudo-Paradoxie, Sophisma, Widerspruch, X-Strittiges/Sonstiges.
      • Dali: Unabhängigkeitserklärung der Phantasie und Erklärung der Rechte des Menschen auf seine Verrücktheit
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    Querverweise
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    Zitierung
    Sponsel, Rudolf  (DAS). Erleben und Erlebnis in Diltheys Das Erlebnis und die Dichtung Lessing, Goethe, Novalis, Hölderlin Bd. 26. IP-GIPT. Erlangen: https://www.sgipt.org/gipt/erleben/Dilthey/26-Dilthey.htm

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    korrigiert: 09.09.2024 irs Rechtschreibprüfung und gelesen



    Änderungen wird gelegentlich überarbeitet, ergänzt und vertieft * Anregungen und Kritik willkommen
    25.09.2024    Abgleich Zusammenfassung Hauptseite.
    24.09.2024    Korrigiert auf die Fundstellen des reinen Dilthey-Textes ohne Anhang der Hrsg.
    09.09.2024    irs Rechtschreibprüfung und gelesen.
    08.09.2024    Ausgewertet.
    07.09.2024    Angelegt.