Erleben und Erlebnis in Diltheys Das Erlebnis und die
Dichtung
Lessing, Goethe, Novalis, Hölderlin, Band 26
GS
Wilhelm Dilthey 1833-1911
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Band-26 Dilthey, Wilhelm (1906ff) Das Erlebnis und die Dichtung Lessing, Goethe, Novalis, Hölderlin. GS XXVI. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht. [GB]. [intern-PDF] 1. A. 1906, 3. A. 1910.
Gesamtzusammenfassung-Dilthey-24
Logik und Wert (ca. 1904-1911) nach Prüfung am 24.09.2024.
Das Werk besteht aus 8 Teilen, die alle einzel ausgewertet wurden 1,
2,
3,
4,
5,
6,
7,
8.
In 7 der 8 Arbeiten werden Erleben, erlebt oder Erlebnis nicht definiert
oder näher erläutert, wie man es nach der wissenschaftlichen
Regel, dass wichtigere Begriffe bei den ersten Erwähnungen definiert
oder näher erläutert werden sollen, erwarten darf. In A3 Bewusstsein
des philosophischen Geistes wird bei der ersten Fundstelle S. 61 eine
Definition von Erlebnis gegeben: "Als Erlebnis bezeichnen wir dann weiter
einen Ausschnitt des Lebensverlaufes, ...". Diese Definition ist aber viel
zu weit und ungenau. Falls das Buch eine Erlebnistheorie enthält,
dann sollte diese sich im Abschnitt "Erlebnis und Dichtung S.127-130 befinden.
Aber dort finden sich in der Hauptsache Geisteslyrik (>Sprachkritik)
und allgemein-abstrakte Behauptungen wie z.B. S.127 "Aus dem Verhältnis
von Leben, Phantasie und Gestaltung des Werks folgen alle allgemeinen Eigenschaften
der Poesie.", S.127 "Jedes poetische Werk macht ein einzelnes Geschehnis
gegenwärtig." Das ist insofern sehr merkwürdig (obwohl typisch
für Philosophen > Sprachkritik),
als Dilthey wie jeder Mensch rund 16 Stunden am Tag Zeit hatte, sein Erleben
zu studieren. Es fehlen auch immer wieder Belege, z.B. S.155 "Diese Grundrichtung
der Dichtung Goethes durchläuft nun bemerkenswerte Veränderungen.
Bis zum Abschluß der Lehrjahre Wilhelm Meisters 1796 entspringen
alle seine Dichtungen aus dem persönlichen Erlebnis." Alle? Wirklich
alle? Oder S.173: "Novalis zeigt uns alle Dinge in einem ihm eigenen Lichte."
Der wichtige Begriff des Kunsterlebnisses
(das Wort kommt in den 296 Dilthey-Seiten gar nicht vor) wird nicht erarbeitet,
erörtert oder erläutert. Eine wissenschaftliche Erlebnistheorie
(der Kunst) ist nicht in Ansätzen erkennbar.
Fundstellen: Ti-, IV-,-SR: "erleb" kommt
nicht im Titel und nicht im Inhaltsverzeichnis vor. Kein Sachregister.
T: e=112, E=343, Erleben 46, erlebt 56, Erlebnis 343.
Übersicht der enthaltenen Arbeiten:
__
Die Fundstellen "erleb" der Reihe nach ohne Lücken S.10-129
S.8
"... das Erlebnis der religiösen
Bewegung von Port-Royal, ..."
S.9
"Diese Veränderungen im Erlebnis
der Dichter wandelten ihr bisheriges Verhältnis zu den Gegenständen
und Gattungen der Poesie, und jede dieser Gattungen erhielt durch sie eine
andere Struktur. ..."
S.10
"... Hier vernimmt man nicht die tiefen Laute, die aus dem Erlebnis
der Tragik des Lebens selber stammen. ..."
S.20
"... Ja Lessing konnte noch zwischen Berlin und Wien schwanken: literarisch
dieselbe Erscheinung, wie wir sie politisch 1848 erlebt
haben; so schwer erwuchs auch in den ersten Köpfen unserer Nation
die Einsicht in die Bedingungen des öffentlichen Geistes und der Wirkung
auf die Menschen. ..."
S.21
"... Manchmal bricht Lessings starkes, männliches Lebensgefühl
in diesen „Kleinigkeiten" durch, und das Gedicht „der Genuß", welches
für ein Erlebnis einen ergreifenden
Ausdruck findet, klingt in Zeilen aus, die schon von dem Ton des jungen
Goethe etwas haben: ..."
S.42.1-3
"Dies ist das große Erlebnis,
das in der Dichtung der deutschen Aufklärung seinen Ausdruck findet
- den höchsten in dem Drama Lessings. Erlebnisse
sind die Quellen, aus denen jeder Teil eines dichterischen Werkes gespeist
wird, in eminentem Sinne aber wird das Erlebnis
dadurch schöpferisch in dem Dichter, daß es ihm einen neuen
Zug des Lebens offenbart. ..."
S.43
"... So war es mit dem Erlebnis,
das Lessing vom Philotas ab ausgesprochen hat, und mit der Wirkung, die
davon ausgegangen ist."
S.45
"... Dieselbe Kürze findet sich in den Prosafabeln, Liedern und
Epigrammen Lessings: er läßt nur so viel Stoff zurück und
braucht genau so viel Worte, als die Energie des Gedankens oder als das
Erlebnis
bedarf um zu existieren."
S.46.1
"Das Schicksal fügte glücklich, daß ein bewegtes Stück
großen Lebens, das mächtigste, das in diesem Jahrhundert vor
der französischen Revolution zu sehen war, gerade von dem einzigen,
der es darzustellen die Kraft hatte, gründlich erlebt
und studiert worden ist - die Armee und der Staat des großen Königs.
..."
S.46.2
"... Der Krieg ist vorüber, die Wunden sind geheilt, und eben
indem nach dem Frieden in einem Wirtshaus ein verabschiedeter Offizier,
sein Wachtmeister und sein soldatischer Bedienter in rein menschlichen
Verwickelungen sich darstellen, erlebt
man von innen, ohne theatralischen Apparat das Wesen dieser Armee in seinen
großen tragischen wie heiteren Zügen."
S.82
"... In der letzten Unterredung Nathans mit dem Klosterbruder ist das
furchtbare Erlebnis Nathans dargestellt,
in welchem seine Resignation und seine Grundstimmung der allgemeinen Menschenliebe
seine letzte und vollkommenste Gestalt erhielten: ist es nicht, als ob
Lessing das im Bewußtsein seines eigenen Schicksals geschrieben hätte?
..."
S.85
"... Ihr moralischer Religionsglaube ist gegründet in ihrem Bewußtsein
von der Würde des Menschen und dieses in dem Erlebnis
unserer sittlichen Natur. ..."
S.86.1-2
"Aber der Nathan ist mehr als ein bloßes dramatisches Lehrgedicht.
Ein lebendiges Kunstwerk entspringt in der Ganzheit der menschlichen Natur:
das Neue, das es erblicken läßt, ist Erlebnis:
indem wir nun das Erlebnis, das im Nathan
zum Ausdruck kommt, in seinem ganzen Umfang zu erfassen suchen, müssen
wir über die bisherige Darstellung von Lessings Verhältnis zur
deutschen Aufklärung hinausgehen."
S.87.1
"Für dies sein höchstes Erlebnis
fand Lessing ein Gefäß in den Geschichten und Sagen, die den
Saladin umgeben. Jerusalem ist der Boden seines Dramas. Hier waren die
drei Weltreligionen einander begegnet. ..."
S.87.2
"... Nicht dieser Konflikt war sein Thema, sondern wie mitten im Machtkampf
und in den fanatischen religiösen Gegensätzen die freien Geister
sich loslösen vom Glauben der Väter, wie sie sich finden, in
sich selbst die gleiche Menschlichkeit entdecken, und wie nun eine geistige
Solidarität zwischen ihnen sich bildet: der ähnlich, welche Lessing
in sich erlebte und um sich sah."
S.89.1
"... Aber das ist doch die Hauptsache, daß Nathan, weil in ihm
die religiöse Anlage seines Volkes wirksam ist, doppelt wirksam unter
äußerem Druck und in der Beschränkung auf bloßes
Privatdasein, besonders dazu taugt, den Vorgang totaler Selbstverleugnung
faßlich zu machen, der zur universalen Menschenliebe führt,
und ebenso dann die unablässie Abstraktion, welche das Erlebte
denkend zerlegt und sich so zur Souveränität der Vernunft erhebt.
..."
S.89.2
"Aber - darin erscheint nun seine Grenze - seine Kraft, aus dem Ganzen
in Liebe und Haß, in stolzer Sicherheit der Welt gegenüber zu
leben, hat noch nicht gelernt, der Vernunft sich zu unterwerfen: er erlebt
vor unseren Augen die Umwandlung, die auch ihn durch Schmerz und Resignation
hindurch führt und ihn reif macht. -"
S.101
"... Man findet keine Spur, daß er die falschen Leibniz-Wolffschen
Begriffe untersucht hätte; er bediente sich eben der Metaphysik seiner
Zeit; aber hätte er ihren Zusammenbruch erlebt,
so wäre damit für ihn nichts berührt worden von dem Kern
seiner Gedanken, der seine Bedeutung als eines schöpferischen Denkers
ausmacht. ..."
S.111
"... Er sah noch nicht, daß jeder positive Glaube, als Symbol
des religiösen Erlebnisses, seinen
bodenständigen Eigenwert hat. ... "
Kapitel: GOETHE UND DIE DICHTERISCHE PHANTASIE.
S.113
"Die Phantasie des Dichters, ihr Verhältnis zu dem Stoff der erlebten
Wirklichkeit und der Überlieferung, zu dem, was frühere Dichter
geschaffen haben, die eigentümlichen Grundgestalten dieser schaffenden
Phantasie und der dichterischen Werke, welche aus solcher Beziehung entspringen:
das ist der Mittelpunkt aller Literaturgeschichte. ..."
Abschnitt DAS LEBEN
S.115.1
"Poesie ist Darstellung und Ausdruck des Lebens. Sie drückt das
Erlebnis
aus, und sie stellt die äußere Wirklichkeit des Lebens dar.
..."
S.115.2
"In allem, was mich umgibt, erlebe
ich nach, was ich selbst erfahren habe." [RS: Unverständliche Behauptung]
S.116
"Da ist es nun die erste und entscheidende Eigenschaft der Dichtung
Goethes, daß sie aus einer außerordentlichen Energie des Erlebens
erwächst. ..."
Abschnitt DICHTERISCHE PHANTASIE.
S.118
"Die Umformung der Bilder und bildlichen Zusammenhänge, wie sie
in dem Erinnern stattfindet, ist indes nur der einfachste und darum am
meisten unterrichtende Fall der Bildungsprozesse, welche die Phantasie
charakterisieren. Steigernd, mindernd, einordnend, verallgemeinernd, Typen
bildend, gestaltend-umgestaltend, unbewußt bald und bald willkürlich
- so bringen diese Prozesse neue anschauliche Gebilde ohne Zahl hervor.
Züge der Bilder werden ausgeschaltet, andere gesteigert und aus Erinnerungen
werden Anschauungen ergänzt. Und dieselbe Umbildung zu einem Neuen,
welches das in Erleben und Gewahren
Enthaltene oder aus ihm Erschließbare überschreitet, vollzieht
sich auch an den Zusammenhängen der Vorstellungsbilder. Ein Denken
in Bildern entsteht. In ihm erreicht die Phantasie eine neue Freiheit.
..."
S.119
"Phantasie ist - so sahen wir - in den ganzen seelischen Zusammenhang
verwoben. Jede im täglichen Leben stattfindende Mitteilung bildet
unwillkürlich das Erlebte um; Wünsche,
Befürchtungen, Träume der Zukunft überschreiten das Wirkliche;
jedes Handeln ist bestimmt durch ein Bild von etwas, das noch nicht ist:
die Lebensideale schreiten vor dem Menschen, ja der Menschheit her und
führen sie höheren Zielen entgegen: die großen Momente
des Daseins, Geburt, Liebe, Tod werden verklärt durch Bräuche,
die die Realitäten umkleiden und über sie hinausweisen."
S.120.1-2
"Jetzt erst erfassen wir die Natur der dichterischen
Phantasie. Alles bisher Gesagte enthält nur die allgemeinen
Bedingungen derselben. Sie ist der Inbegriff der Seelenprozesse, in denen
die dichterische Welt sich bildet. Die Grundlage dieser Seelenprozesse
sind immer Erlebnisse und der durch
sie geschaffene Untergrund des Auffassens. Lebensbezüge beherrschen
die poetische Phantasie und kommen in ihr zum Ausdruck, wie sie schon die
Bildung der Wahrnehmungen im Dichter beeinflussen. Unwillkürliche,
unmerkliche Vorgänge walten hier überall. Sie arbeiten beständig
an Farbe und Form der Welt, in welcher der Dichter lebt. Hier ist der Punkt,
an welchem sich uns der Zusammenhang von Erlebnis
und Phantasie im Dichter aufzuschließen beginnt. ..."
Abschnitt DIE DICHTERISCHE PHANTASIE GOETHES.
S.122
"... Goethe waltete königlich in diesem Reich der Sprache. Es
entsprang dies eben daraus, daß Erlebnis
in ihm überall und unmittelbar mit dem Drang zum Ausdruck verbunden
war. ..."
S.123
"Diese Sprachphantasie Goethes, die aus Drang und Gabe, Erlebnis
auszudrücken, sich entwickelte, ist nun verbunden mit einer erstaunlichen
Einbildungskraft in der Sphäre des ganzen sichtbaren Scheins der Dinge.
Über den bewegten Seelenzuständen breitet sich so die bildhafte
Schönheit der gegenständlichen Welt aus."
S.126
"... Wie sein interesseloses Anschauen der Natur dem künstlerischen
Schaffen verwandt war, so eröffnete sich ihm auch dessen Gegenstand,
die Natur, in dem Erlebnis der Kraft
der Phantasie, die in ihm selber schöpferisch wirksam war. ..."
Abschnitt ERLEBNIS UND DICHTUNG
S.127.1-4
"Aus dem Verhältnis von Leben, Phantasie und Gestaltung des Werks
folgen alle allgemeinen Eigenschaften der Poesie. Jedes poetische Werk
macht ein einzelnes Geschehnis gegenwärtig. Es gibt daher den bloßen
Schein eines Wirklichen durch Worte und deren Verbindungen. So muß
es [RS: das Werk] alle Mittel der Sprache anwenden, um Eindruck und Illusion
hervorzubringen, und in dieser künstlerischen Behandlung der Sprache
liegt ein erster und höchst bedeutender ästhetischer Wert desselben.
Es hat nicht die Absicht Ausdruck oder Darstellung des Lebens zu sein.
Es isoliert seinen Gegenstand aus dem realen Lebenszusammenhang und gibt
ihm Totalität in sich selber. So versetzt es den Auffassenden in Freiheit,
indem er sich in dieser Welt des Scheines außerhalb der Notwendigkeiten
seiner tatsächlichen Existenz findet. Es erhöht sein Daseinsgefühl.
Dem durch seinen Lebensgang eingeschränkten Menschen befriedigt es
die Sehnsucht, Lebensmöglichkeiten, die er selber nicht realisieren
kann, durchzuerleben. Es öffnet
ihm den Blick in eine höhere und stärkere Welt. Und es beschäftigt
im Nacherleben sein ganzes Wesen in
einem ihm gemäßen Ablauf der seelischen Vorgänge, von der
Freude an Klang, Rhythmus, sinnlicher Anschaulichkeit bis zum tiefsten
Verständnis des Geschehnisses nach dessen Beziehungen zur ganzen Breite
des Lebens. Denn jedes echte poetische Werk hebt an dem Ausschnitt der
Wirklichkeit, den es darstellt, eine Eigenschaft des Lebens heraus, die
so vorher nicht gesehen worden ist. Indem es eine ursächliche Verkettung
von Vorgängen oder Handlungen sichtbar macht, läßt es zugleich
die Werte nacherleben, die im Zusammenhang
des Lebens einem Geschehnis und dessen einzelnen Teilen zukommen. ...
So sind in dem Untergrund dichterischen Schaffens
persönliches Erleben, [>128] Verstehen
fremder Zustände, Erweiterung und Vertiefung der Erfahrung durch Ideen
enthalten. ..."
S.128.1-10
"... Der Ausgangspunkt des poetischen Schaffens ist immer die Lebenserfahrung,
als persönliches Erlebnis oder
als Verstehen anderer Menschen, gegenwärtiger wie vergangener, und
der Geschehnisse, in denen sie zusammenwirkten. Jeder der unzähligen
Lebenszustände, durch die der Dichter hindurchgeht, kann in psychologischem
Sinne als Erlebnis bezeichnet werden:
eine tiefer greifende Beziehung zu seiner Dichtung kommt nur denjenigen
unter den Momenten seines Daseins zu, welche ihm einen
Zug des Lebens aufschließen. Und was nun auch dem
Dichter aus der Welt der Ideen zufließen mag - und der Einfluß
der Ideen auf Dante, Shakespeare, Schiller war sehr groß: alle religiösen,
metaphysischen, historischen Ideen sind doch schließlich Präparate
aus vergangenen großen Erlebnissen,
Repräsentationen derselben, und nur sofern sie die eigenen Erfahrungen
dem Dichter verständlich machen, dienen sie ihm, Neues am Leben zu
gewahren. Der Idealismus der Freiheit, wie ihn Schiller von Kant aufnahm,
klärte ihm doch nur das große innere Erlebnis
auf, in welchem seine hohe Natur im Konflikt mit der Welt ihrer Würde
und Souveränität gewiß wurde.
Welche Mannigfaltigkeit von Modifikationen dichterischer
Erfahrung muß sich hieraus entwickeln! Indem die griechischen Tragiker
die innere religiöse Welt in dramatische Sichtbarkeit herausversetzten,
entstand ein Ausdruck tiefsten Erlebens,
der doch zugleich Darstellung einer mächtigen äußeren Tatsächlichkeit
war, und eine Wirkung ohnegleichen muß hiervon ausgegangen sein.
Wir erfahren etwas von diesen Wirkungen noch in den Oberammergauer Spielen
und in unseren Oratorien. Shakespeare gibt sich einem von außen gegebenen
Vorgang verstehend völlig hin; er legt sein eigenes Leben hinein,
und so entstehen seine Menschen, die so mannigfaltig sind, wie die Natur
sie darbietet, und so tief, wie Erleben
reicht. Goethe bringt das persönliche Erlebnis,
die bildende Arbeit an ihm selbst zum Ausdruck, und in diesem Verhältnis
von Erlebnis und seinem Ausdruck tritt
das der Beobachtung immer Verborgene am Seelenleben, sein ganzer Verlauf
und seine ganze Tiefe heraus. Überall ist hier das Verhältnis
von persönlichem Erlebnis und Ausdruck
mit dem von äußerem Gegebensein und Verstehen in verschiedener
Mischung miteinander verwebt. Denn im persönlichen Erlebnis
ist ein seelischer Zustand gegeben, aber zugleich in Beziehung auf ihn
die Gegenständlichkeit der umgebenden Welt. Im Verstehen und Nachbilden
wird fremdes Seelenleben erfaßt, aber es ist doch nur da durch das
hineingetragene eigene. Nur die Stärke und die Verbindung dieser Momente
ist in den verschiedenen Modifikationen der dichterischen Erfahrung immer
wieder eine andere. Auf diesen Grundlagen entwickelt sich die seherische
Gabe
des Dichters, die uns über uns selbst und die Welt, über die
letzten erreichbaren Tiefen der Menschennatur und über [>129] die
Fülle der Individualitäten belehrt. ..."
S.129
"... Das höchste Verständnis eines Dichters wäre erreicht,
könnte man den Inbegriff der Bedingungen in ihm und außer ihm
aufzeigen, unter denen die sein Schaffen bestimmende Modifikation des Erlebens,
Verstehens, Erfahrens entsteht, und den Zusammenhang umfassen, der von
ihr aus Motiv, Fabel, Charaktere und Darstellungsmittel gestaltet."
Es folgt der Abschnitt Shakespeare und Rousseau
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korrigiert: 09.09.2024 irs Rechtschreibprüfung und gelesen