Internet Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie
    (ISSN 1430-6972)
    IP-GIPT DAS=03.11.2013 Internet-Erstausgabe, letzte Änderung: 21.11.17
    Impressum: Diplom-Psychologe Dr. phil. Rudolf Sponsel Stubenlohstr. 20  D-91052 Erlangen *
    Mail: sekretariat@sgipt.org_ Zitierung  & .Copyright


    Anfang_ MKEA Kröber (Ulvi Kulac)_ Überblick_ Rel. Aktuelles_ Rel. Beständiges _  Titelblatt_ Konzeption_ Archiv_ Region_ Service_iec-verlag _ _Wichtige Hinweise zu Links und Empfehlungen

    Willkommen in unserer Internet-Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie, Abteilung Forensische Psychologie, Kriminologie, Recht und Strafe, Bereich forensische Gutachtenkritik, und hier speziell zum Thema:

    Methodenkritische Erst-Analyse
    des von Prof. Dr. K.-L. Kröber am 19. Oktober 2002 erstellten
    "psychiatrischen und aussagepsychologischen Gutachtens zur Aussagetüchtigkeit des Beschuldigen ULVI KULAC im Hinblick auf den Vorwurf, dass er am 07.05.2001 das neunjährige Kind Peggy Knobloch in Lichtenberg aus Angst vor Entdeckung von ihm zuvor an dem Kind begangener Sexualstraftaten getötet habe, und zur Glaubhaftigkeit seiner Aussagen im Juli 2002."

       
    von Rudolf Sponsel, Erlangen

    In eigener Sache Meine verschiedenen Rollen in der Auseinandersetzung.

    Inhaltsüberblick

    I. Inhaltsverzeichnis Methodenkritische Erst-Analyse.

      Abstract - Zusammenfassung - Summary.
      Hintergrund und Entstehung dieser methodenkritischen Erst-Analyse [11.4.14].
      Ergebnisse der Erstanalyse.
      1. Mängel der Konzeption.
      2. Mängel der Darstellung.
      3. Mängel der Dokumentation.
      4. Mängel der Exploration ("Vernehmung").
      4.1 Erste drei Explorationen nicht audiodokumentiert.
      4.2 Fehlende Zeitangaben bei den Explorationen: Beginn, Ende, Pause, Dauer.
      4.3 Verständnis der schwierigen Hauptaufgabe nicht abgesichert und evaluiert.
      4.4 Extrem suggestive  Fragestellungen.
      4.4.1  Nacherzählte Geschichte bei der Polizei : 68% Suggestivrate.
      4.5  Komplizierte Mehrfachvorgaben.
      4.6  Unangemessene akademische, intellektuelle Worte.
      5.  Methodische Mängel und Fehler.
      5.1 Intransparenz der Methodik.
      5.2 Mangelhafte Aussagenaufbereitung für aussagenpsychologische Vergleiche.
      5.3  Keine Evaluation und Kontrolle einzelner Aufgaben in der Exploration am 14.10.2002 1. Teil.
      5.4  Wichtige Sachverhalte nicht exploriert.
      5.5  Widersprüche nicht beachtet.
      5.6 Wichtige oder problematische Sachverhalte nicht aufgeklärt.
      5.7  Geschichten erfinden.
      5.8 Falsche Bewertung und Schlussfolgerungen der Nacherzählung der Montagsgeschichte.
      5.9  Mit Aussageentstehung nicht differenziert und kritisch auseinandergesetzt.
      6. Zu Prof. Dr. Kröbers "Zusammenfassung und Beurteilung".
      6.1 Aussagetüchtigkeit.
      6.2 Die Geständnisse.
      6.2.a  Kein Motiv für falsches Geständnis.
      6.2.b. Keine Einflussnahme der Vernehmer.
      6.2.c  Geständnisvergleiche.
      6.2.d Peggys Sturz als Argument für Glaubhaftigkeit.
      6.2.e Argument der gut klappenden Rekonstruktionen.
      6.2.f  Schlüssiges Motiv für Kontakt zu Peggy am Montag.
      6.2.g  Keine Anhaltspunkte für frühere Parallelerlebnisse.
      6.2.h Falsche oder fehlende Angaben: alles kein Problem.
      7. Zur Qualifikation Prof. Dr. Kröbers.
    Ende der methodenkritischen Erst-Analyse.
       
      Nachtrag Literatur.
          Literatur des Gutachtens.
          Ergänzte Literatur nach der Erstanalyse.
          Links.


    II.  Zur Wiederaufnahme.

      Geplante Termine nach PM.
      Landgericht Bayreuth ordnet Wiederaufnahme des Strafverfahrens im Fall „Peggy" an.
      Kommentar vom Buchautor.
      Der Verdacht auf massive Staatskriminalität muss untersucht werden, und zwar gründlich.
    Exkurs (Querverweis): Zu den in den Gerichtsakten nicht auffindbaren anderen Spuren.
       
    III. Neues zum Fall Peggy.
      Gutachten Kröber völlig unbrauchbar unabhängig von der Tathergangshypothese.
      Analyse zum Tötungsgeschehen nach dem 2. Tathergangsvideo vom 30.07.2002, 9.25 Uhr.
      Peggy-Prozess: Wurde Ulvi Kulac gefoltert?
      Wahrheit, Irrtum, Lüge  Was ist ein Geständnis wert?
      Fehlstart des Wiederaufnahmeverfahrens im Fall Peggy noch vor dem ersten Verhandlungstag.
      Lemmer bleibt bei seinen Vorwürfen.
      Presseerklräung LG Bayreuth zu den Vorwürfen.
      Wirbel vor dem Peggy-Prozess um neues Gutachten.
      Staatsanwalt im Fall Peggy abgelöst.
      Peggy Dokumentation in Kontrovers.
      RA Euler und Gudrun Rödel in stern-tv.
      Geständnis sexueller Missbrauch wenige Tage vor dem Verschwinden Peggys.


    IV  Inhaltsverzeichnis Glossar, Anmerkungen und Endnoten.
     


    Abstract - Zusammenfassung - Summary
    Vorbemerkung  Eine vollständige methodenkritische Analyse setzt die Einbeziehung aller dem Gutachten vorliegender Daten voraus. Deshalb spreche ich hier von einer Erstanalyse des Gutachtens, die aber, wie dargelegt wird, schon ausreicht, um zu einer ersten fundiert-kritischen Bewertung zu gelangen.
        Das Gutachten entspricht - selbst bei nur grober Sichtung - nicht den Mindestanforderungen für aussagepsychologische Gutachten, weder formal, noch methodisch und praktisch. Es zeigt auf allen Ebenen solch gravierende Mängel, dass es als Beweismittel nicht in Frage kommt. Ich fasse das Wichtigste der groben Fehler und Mängel der Begutachtung und des Gutachtens in den Ergebnissen der Erstanalyse zusammen. Einige der schlimmstens Fehlleistungen sind (Auswahl):
    • eine Suggestivfragerate von 68% bei der nach Konzeption entscheidenden Nacherzählung (Fragen 1-129) am 14.10.2002.
    • Erfindung neuer, nicht belegter und begründeter Kriterien:
      • Eine falsche Geschichte ist wahr, wenn sie richtig nacherzählt werden kann. (Kröber'scher Hauptsatz für seine Nacherzählungsmethode)
      • Geschehnisse ohne Funktion sprächen für Realerlebnisbegründetheit.
    • Das gänzliche Fehlen einer gründlichen Analyse der wichtigen Handlungssequenzen am 7.5.2001 und ihre differenzierte Zuordnung zu realerlebnisbegründet und durch Zeugenaussagen gestützt gegenüber anderen (z.B. Verschachtelung mit ähnlichen Erlebnissen), Erfindung unter Druck, frei erfundene Geschichte.
    • Überforderung durch komplizierte Aufgaben, Mehrfachfragen und akademische Intellektualisierungen (bei einem festgestellten IQ-Bereich von 54-85)
    • Fehlende Kontrolle und Evaluation der wichtigen Befunde.
    • Falschbewertung der vorangehenden Vernehmungen.


    Hintergrund und Entstehung dieser methodenkritischen Erst-Analyse [11.4.14]
    Ich lernte Gudrun Rödel und ihren Ehemann anläßlich meines ersten Besuches mit Gerhard Dörner bei Gustl F. Mollath am 12.04.2012 in Bayreuth kennen. Gudrun Rödel wurde dann auch Mitglied im Unterstützerkreis Gustl F. Mollath und die beiden Unterstützerkreise arbeiteten gelegentlich zusammen. Aufgrund der Veröffentlichungen war mir als Aussagepsychologe klar, dass Ulvi Kulac, die Bürgerinitiative und seine Rechtsvertretungen dem Gutachtern von Prof. Dr. Kröber ziemlich hilflos ausgeliefert waren. Dabei war es als einziges Beweismittel von großer, ja entscheidenter Bedeutung für die Verurteilung. Aber ich wusste damals nicht, wie seine qualitative Güte einzuschätzen war. Ich bot dann am 6.9.2013 an, das Gutachten Prof. Kröber methodenkritisch zu untersuchen und stellte mein Erstergebnis RA Euler und der Bürgerinitiative am 02.10.2013 zur Verfügung. Die Analyse umfasste mit den Anlagen 1, 2, 3 insgesamt 31 Seiten (Inhaltsverzeichnis hier). Die Originalversion enthält in Anlage 2 die durchnumerierten und aussagepsychologisch kommentierten 226 Fragen und Aussagen sowie Anlage 3, die 23 Handlungssequenzen der Kerngeschichte der Nacherzählung, die Ulvi Kulac der Polizei berichtet hat. Eine vollständige Veröffentlichung meiner Erstanalyse erschien mir zum damaligen Zeitpunkt vorgreifend nicht vertretbar und hätte natürlich auch erst der Genehmigung durch den Rechtsanwalt und die Bürgerinitiative bedurft. Ich erstellte daher eine in meinen Augen vertretbare Internetversion, die ich am 15.10.2013 fertig hatte. Die Freigabe hat RA Euler am 3.11.2013 erteilt, so dass die Seite am selben Abend noch ins Netz ging. Zwischenzeitlich hatte ich noch durch RA Euler erfahren, dass er meine methodenkritische Analyse an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet habe. Am 3.12.2013 erhielt ich Zugang zum Tathergangsvideo vom 30.07.2002. Auf der Homepage Ulvi Kulac findet sich auch eine (der ersten) PDF-Versionen.



    Ergebnisse der Erstanalyse

    1. Mängel der Konzeption
    Das gesamte Konzept der Untersuchung wird nicht erläutert, so dass die Nachvollziehbarkeit der Konzeption, Hypothesen und Untersuchungsideen dunkel bleibt und mühsam erschlossen werden muss. Man weiß nicht, welcher Sachverhalt genau im Rahmen welcher Hypothese untersucht und weshalb gerade was gemacht wird.

    2. Mängel der Darstellung
    Nicht nur für einen aussagepsychologischen Laien ist der gesamte Aufbau der Untersuchung Ulvi Kulacs unklar und nicht nachvollziehbar ausgewiesen. Es fehlt ein Inhaltsverzeichnis, was den Überblick, Nachvollziehbarkeit von Aufbau und Begutachtungslogik sehr erschwert. Ich habe daher als erstes Hilfsmittel die inhaltliche Struktur des Gutachtens erfasst und übersichtlich fortlaufend dargestellt (> Anlage 1).

    3. Mängel der Dokumentation
    Wie Prof. Dr. Kröber richtig feststellt, hat der BGH mit seinem bahnbrechenden Urteil vom 30. Juli 1999 (1 StR 618/98) "Wissenschaftliche Anforderungen an aussagepsychologische Begutachtungen (Glaubhaftigkeitsgutachten)" klare Richtlinien formuliert, was die Sachverständigen bei aussagepsychologischen Begutachtungen zu beachten haben, nämlich u.a. eine Tonband- oder Videodokumentation. Das ist bei drei der vier Explorationen nicht erfolgt, was nicht erklärt und nicht erläutert wird. In einem Fall, wo das aussagepsychologische GA einen solchen Beweiswert bekommt, ist das nicht nur gänzlich unverständlich sondern auch vollkommen inakzeptabel. Dieses Vorgehen, abgesehen davon, dass es falsch ist und den BGH-Richtlinien widerspricht, ist wie folgt zu interpretieren. Um den Schein zu wahren, korrekt und vollständig zu dokumentieren, bedurfte es einer Audiodokumentation. Nachdem die vierte Exploration für die Audiodokumentation gewählt wurde, bei der es wesentlich (Aussagen 1-129 nach meiner Nummerierung) um die Nacherzählung der widerrufenen Geschichte im Juli ging, heißt das, das dieser Nacherzählung offenbar besonderes Gewicht beigemessen wurde, was an anderer Stelle noch genauer untersucht und erklärt wird (> Hauptsatz des Kröber'schen Ergebnisses).

    4. Mängel der Exploration ("Vernehmung")

    4.1 Erste drei Explorationen nicht audiodokumentiert
    Tatsächlich hat Prof. Dr. Kröber die ersten drei Explorationen (22.8, 23.8, 10.9.2002)  von Ulvi Kulac entgegen der BGH-Richtlinien nicht auf Tonband dokumentiert, so dass sich die Fehler und Mängel dieser ersten drei Explorationen gar nicht überprüfen und feststellen lassen. Weiter fällt auf:

    4.2 Fehlende Zeitangaben bei den Explorationen: Beginn, Ende, Pause, Dauer.

    4.3 Verständnis der schwierigen Hauptaufgabe nicht abgesichert und evaluiert
    Hier wird in der Exploration am 14.10.2002 die folgende Aufgabe gestellt: "Herr Kulac, ich würde gerne von Ihnen noch mal genau haarklein erzählt bekommen, was Sie der Polizei im Juli erzählt haben. Da ist ja sowohl bei der Polizei zweimal ein Gespräch gewesen oder sogar dreimal, wo Sie gesagt haben, dass Sie die Peggy an dem Montag getroffen haben."

    4.4 Extrem suggestive  Fragestellungen
    Richtig vernehmen und explorieren will gelernt sein. Prof. Dr. Kröber tut es hier jedenfalls nicht, wie nun gezeigt wird. Für eine genaue aussagepsychologische Prüfung ist es notwendig, die Fragen und Antworten (Teilaussagen) der 4., audiodokumentierten, Exploration, zur leichteren Bezugnahme und Erörterung zu numerieren (siehe bitte Anlage 2:  Numerierte Aussagen der 4. Exploration).
    In der Exploration am 14.10.2002 gibt es insgesamt 226 Fragen mit einigen umfangreicheren, teils komplizierten, die dem kognitiven Niveau Ulvi Kulac nicht angemessen sind. Bezogen auf alle 226 Fragen sind es insgesamt 144 Suggestivfragen (Zeugen richtig befragen, Vernehmungsfehler,), also 64%. Wer explorieren kann, sollte nicht mehr als 5% Suggestivfragen und vor allem keine fatalen (nicht reparierbare) aufweisen, wie z.B. Themen einbringen (extrem fatal z.B. Begegnung mit Peggy am Montag).

    4.4.1  Nacherzählte Geschichte bei der Polizei : 68% Suggestivrate
    Die Aussage im Juli bei der Polizei, die Ulvi Kulac auf Wunsch Kröbers bei der Exploration am 14.10.2002 "haarklein" erzählen sollte, geht bis Frage 129. Von diesen 129 Fragen, teilweise Mehrfachfragen oder Mehrfachsachverhalte, sind 88 (88/129)*100 = 68%) Suggestivfragen. Das sind Raten, die selbst die schlimmsten von mir gefundenen bei der bayerischen KRIPO noch übertreffen. Kröber leitet die Exploration mit seiner ersten von 226 Fragen wie folgt ein (S. 70):
     

      Kröber-01: "Herr Kulac, ich würde gerne von Ihnen noch mal genau haarklein erzählt bekommen, was Sie der Polizei im Juli erzählt haben. Da ist ja sowohl bei der Polizei zweimal ein Gespräch gewesen oder sogar dreimal, wo Sie gesagt haben, dass Sie die Peggy an dem Montag getroffen haben. Und dann haben Sie es ja auch mal mit der Polizei mit Videoaufnahmen gemacht, dass Sie da gezeigt haben, was da geschehen ist. [S. 70] Ich weiß, dass Sie inzwischen sagen, das war 'ne falsche Angabe gegenüber der Polizei, das sagen, das war 'ne falsche Angabe gegenüber der Polizei, das stimmt in Wirklichkeit nicht so.
      Aber ich würde gerne wisse, was Sie jetzt noch genau erinnern von dem, was Sie der Polizei erzählt haben, was Sie damals gesagt haben.
      Und das will ich gerne noch mal haarklein von Anfang von Ihnen erzählt bekommen, also diese Geschichte, die Sie damals der Polizei gesagt haben über das, was an dem Montag, dem 7. Mai 2001 da gelaufen ist, ja? Vielleicht fangen wir gleich morgens an mit dem Aufstehen, was da geschehen ist und wie es dann weitergegangen ist."


        Als erstes wäre es natürlich notwendig, sorgfältig zu prüfen (evaluieren) gewesen, ob Ulvi Kulac diese Fragenkaskade "richtig" verstanden hat. Eine solche Prüfung hielt Kröber offenbar für unnötig.
        Die erste Antwort von Ulvi Kulac ist ungewöhnlich ausgiebig und lange, beginnt früh morgens bis Abends und umfasst - nach meiner Analyse 23 Handlungssequenzen (> Anlage 3) - den ganzen Tagesablauf (> Homepage):
     


    Das legt die Frage nahe, die sorgfältig zu untersuchen gewesen wäre: Wieso kann der minderintelligente Ulvi Kulac den ganzen Tagesablauf am Stück ohne Hilfe oder Unterbrechung erzählen? Es bieten sich die Hypothesen, die sorgfältig zu prüfen wären, an:

    • H0: Weil er die - nach Kröber richtige, aber widerrufene ("falsche") - Geschichte so gut gelernt hat?
    • H1: Weil sich die Geschichte so zugetragen hat?
    • H2: Weil er diese Geschichte schon oft erzählt hat?
    • H3: Weil er ein außergewöhnliches Gedächtnis hat?
    • H4: Weil er in dieser Sache ein außergewöhnliches Gedächtnis hat?
    • HX sonstiges bislang nicht Berücksichtigtes.


    4.5  Komplizierte Mehrfachvorgaben - mindestens zwei  - , die miteinander nicht in direktem, unmittelbaren Zusammenhang stehen, die überwiegend auch zudem noch Suggestivfragen beinhalten. Ein ganz fatales Beispiel (siehe auch oben Kröber-01):

      "Kröber-02.2: Jetzt haben wir uns das angehört, das letzte Stückchen, und das ist soweit okay. Nun haben Sie ja eine Geschichte erzählt, die noch nicht ganz dem entspricht, was Sie bei der Polizei erzählt haben. [S. 74] Da fehlt mittags rum ein Stück. Dieses Stück würde mich noch mal interessieren, was Sie da der Polizei erzählt haben, daß Sie der Peggy begegnet sind. Ich weiß, daß Sie jetzt sagen, Sie sind der Peggy an dem Montag nicht begegnet. Aber damals haben Sie der Polizei was anderes erzählt. Das würde ich gerne noch einmal von Ihnen hören, was Sie damals der Polizei erzählt haben, als Sie da am Henri-Marteau-Platz sitzen, auf der Rentnerbank, glaube ich."
      Kulac-02: Das war nicht die Rentnerbank."
    Wie hätte an dieser Stelle richtig gefragt werden können und müssen? Nun, z.B.
    • Gibt es noch was oder ist diese Geschichte fertig? Falsch suggestiv wären: Gibt es noch was? ebenso wie Ist die Geschichte fertig? Oder: Fehlt noch was?
    • Hm. Ist das haarklein die Geschichte, die Sie der Polizei erzählt haben oder ist das noch nicht haarklein die Geschichte, die Sie der Polizei erzählt haben?
    • Haben Sie etwas vergessen oder fehlt nichts mehr? Falsch suggestiv wäre: Haben Sie etwas vergessen? Oder: Fehlt vielleicht noch was?
    Völlig unmöglich sind natürlich Kröbers Suggestionen: 1) entspricht nicht der Geschichte bei der Polizei. 2) Es fehlt mittags rum ein Stück. Und völlig fatal 3) Peggybegegnung. 4) Henri-Marteau-Platz, 5) sitzen, 6)  Rentnerbank  - von Ulvi Kulac übrigens zurückgewiesen. Kröber gibt hier - wie der allerschlimmste Anfänger - genau das vor, was Ulvi erzählen soll, um anschließend zu schlussfolgern, dass Ulvi die "falsche" Geschichte gut nacherzählen konnte - bei einer Suggestivfragenrate von 68%. Tatsächlich erzählte Ulvi Kulac bereits in seiner ersten umfassenden Antwort weitgehend die seiner Meinung nach richtige (Erst)- Geschichte (Rekonstruktion siehe bitte Homepage). "

    4.6  Unangemessene akademische, intellektuelle Worte
    z.B. "Argument, Position, Version, Rekonstruktion". Auch diese Fehlleitungen sprechen für geringe Erfahrung und mangelhafte explorative Selbstkontrolle.
     

    5.  Methodische Mängel und Fehler

    5.1 Intransparenz der Methodik
    Was sind genau die einzelnen Hypothesen und wie werden sie aus welchem Grunde so untersucht? Das GA erweckt den Eindruck, als würden die Aussagen intuitiv nach globalen Eindrücken bewertet, weil die einzelnen aussagepsychologischen Bewertungen nicht zu Aussagesachverhalten und Handlungssequenzen in vergleichende Beziehung gesetzt werden.

    5.2 Mangelhafte Aussagenaufbereitung für aussagenpsychologische Vergleiche
    Bei den vielen Geschichten und Varianten, wäre es notwendig gewesen, die Aussagen der verschiedenen Geschichten und Varianten genau aufzuführen, in ihre Handlungssequenzen zu zerlegen (> siehe Beispiel "Anlage 3: Zerlegung der Montagsgeschichte in der Exploration am 14.10.2002 in Handlungssequenzen). Eine detaillierte Aufbereitung, hypothesengeleitete und kritische Erörterung findet überhaupt nicht statt, nur vage, kursorische und globale Bewertungen in der Zusammenfassung und Beurteilung.

    5.3  Keine Evaluation und Kontrolle einzelner Aufgaben in der Exploration am 14.10.2002 1. Teil
    (Teil-Aussagen 1-129 zum nacherzählten Montagsgeständnis)
    Es werden keine Ausführungen gemacht, wie bei Ulvi Kulac - dessen IQ die hier leider auch nicht überzeugenden Psychologen zwischen 54 und 85 ansiedeln - geprüft wurde, dass er  5.3.1 die Aufgabe wirklich versteht und 5.3.2 auch leisten kann. Das sind zwei gravierende und unverständliche Fehler. 5.3.2 Das Mindeste wäre gewesen, sich nach Aufgabenstellung  noch einmal von Ulvi Kulac erklären zu lassen, was nun von ihm erwartet und gewünscht wird. 5.3.4 Nachdem es hier mindestens drei Geschichten und Varianten gibt, deren Handlungssequenzen teilweise gleich sind, wäre es selbst für einen überdurchschnittlich kognitiv ausgerüsteten Menschen schwierig, das auseinander zu halten, geschweige denn für einen kognitiv Beeinträchtigten und Geschichtenerfinder.

    5.4  Wichtige Sachverhalte nicht exploriert
    Die Untersuchung der moralischen Einstellung und Entwicklung, insbesondere in Bezug auf seine sexuellen Neigungen und Handlungen, wird offenbar von niemanden für erforderlich gehalten.

    5.5  Widersprüche nicht beachtet
    Witterung am besagten Montag, den 7.5.2001 (Buch S. 187)

    5.6 Wichtige oder problematische Sachverhalte nicht aufgeklärt
    Stichworte: Mordmotiv, Zeit für den Mord, Verschwinden lassen der Leiche.
    In der Montagsexploration erscheinen in den Aussagen von Ulvi Kulac durchweg solche, die durch Zeugen und Rekonstruktion bestätigt werden können, vor allem fehlt in der ersten (freien) Darstellung zu Beginn der Exploration die Begegnung mit Peggy. Sie wird erst durch suggestives Anmahnen Kröbers nachgeliefert.

    5.7  Geschichten erfinden
    Dass er Geschichten erfinden kann, zeigt die Variante mit Manuel Schmidt. Besonders aber die Aussagen der Behandler (Buch S. 187)

    5.8 Falsche Bewertung und Schlussfolgerungen der Nacherzählung der Montagsgeschichte
    5.8.1  Der Nacherzählung fehlt die Begegnung mit Peggy. Sie wird erst auf suggestives Anmahnen geliefert. Das ist ein aussagepsychologisch bedeutsamer Sachverhalt, der weder erörtert noch gewürdigt wird.
    5.8.2  Die hohe Übereinstimmung der Nacherzählung ist ziemlich sicher ein Artefakt aus Realerlebnisfundierung einerseits und suggestiver Steuerung (68% Suggestivfragenrate) andererseits. Hier wären die einzelnen Handlungssegmente alle sorgfältig vergleichend mit früheren Aussagen zu prüfen.

    5.9  Mit Aussageentstehung nicht differenziert und kritisch auseinandergesetzt
    Zu den klassischen Aufgaben eines aussagepsychologischen Gutachtens gehört die Geschichte der Aussage, also die Aussageentstehung vom ersten Aufkommen über die verschiedenen Vernehmungen, so dass man das Werden der Aussage und ihre Entwicklung nachverfolgen und kritisch überprüfen kann. Ein Abschnitt zum Thema Aussageentstehung findet sich nicht, was als fataler Fehler zu bewerten ist.
    Zusatz 14.4.14  Nach den von Prof. Dr. Kröber ausgewiesenen Daten hatte er Einsicht in die Vorvernehmungen.

    6. Zu Prof. Dr. Kröbers "Zusammenfassung und Beurteilung" (S. 109 ff)
    Den Zusammenfassungen und Bewertungen fehlt eine detaillierte nachvollziehbare Erörterung und Begründung. Überschriften bei den Punkte 6.2.a - h von mir.

    6.1 Aussagetüchtigkeit
    Ulvi Kulac ist mit gewissen kognitiven Einschränkungen aussagetüchtig, aber sein Verständnis von den Aufgaben muss kontrolliert werden. Das hat Prof. Dr. Kröber nicht gemacht und das ist ein schwerer aussagepsychologischer Kunstfehler. Herr Kulac darf auch nicht mit Mehrfachfragen, akademisch-intellektuellen oder komplizierten Fragen überfordert werden. Auch das sind aussagepsychologische Kunstfehler. Und selbstverständlich sind die bekannten Vernehmungsfehler zu vermeiden.

    6.2 Die Geständnisse
    Entwicklung und Verlauf des Gestehensprozesses und der Widerruf, wie auch Ulvi Kulac selbst, zeigen einige Besonderheiten, die bei der aussagepsychologischen Untersuchung entsprechend konzeptionell hätten berücksichtigt werden müssen:

    1. minderbegabt, auch als leicht geistig behindert bezeichnet
    2. in seinem Entwicklungsstand kann er teilweise einem Kind gleichgesetzt werden
    3. er ist teilweise leicht beeinflussbar und nachgiebig in sehr folgenreichen Vernehmungssituationen
    4. er war nicht in der Lage, die komplizierte und gefährliche Vernehmungssituation realistisch einzuschätzen
    5. er ist sehr oft und sehr lange vernommen worden
    6. er ist durch Vorgabe falscher Blutspuren auch getäuscht worden
    7. er ist sehr lange und sehr oft suggestiv befragt worden
    8. den Vernehmungen lag die unzulässige Reid-Methode zugrunde (Druck, Täuschung)
    9. die Vernehmungen zumindest der Soko Peggy II. vor dem widerrufenen Geständnis folgten der Tathergangshypothese eines Profilers
    10. bei der Tatrekonstruktion sind wichtige Elemente nicht geprüft worden, z.B. wie lange Ulvi Kulac überhaupt rennen kann
    11. die Umstände des Geständnis sind mehr als dubios: das "Geständnis" findet genau dann statt, als der Anwalt weg und das Tonband kaputt war
    12. Die verschiedenene Varianten und Widersprüche z.B. die Beseitigung der angeblichen Leiche werden nicht kritisch und gründlich aufgearbeitet und erklärt.
    13. Geständniswiderrufe erfordern eine besonders sorgsame Prüfung der Umstände, Aussagegeschichte und Einflussnahmen (s.a. Volbert 2013)


    6.2.a  Kein Motiv für falsches Geständnis
    Vollkommen falsch. Druck und Verhörtechnik der Vernehmer. Auch die "Berufung" auf  Wegener  und insbesondere  Gudjonsson  ist nicht nur unzulänglich, sondern vollkommen falsch. Unter Punkt 2, "Coerced-compliant False Confessions", der Gründe für Falschgeständnisse führt Gudjonsson explizit an (S. 227) "1. Being allowed to go home after confessing; 2. Bringing the interview to an end;". Das entspricht ziemlich genau dem, wie Ulvi Kulac sein Geständnis unter Druck begründet hatte. Wie Prof. Kröber dazu kommt, zu behaupten (S. 115): "Alle in der wissenschaftlichen Literatur  genannten Gründe für ein unwahres Geständnis FN3 treffen bei ihm nicht zu." ist nicht nachvollziehbar. Und Wegener arbeitet sehr detailliert heraus, was bei Geständnisprüfungen und -dokumentationen zu beachten ist, was Prof. Kröber ignoriert. Das wurde auch in der vernichtenden Kritik von Eisenberg (2013) bemängelt.

    6.2.b. Keine Einflussnahme der Vernehmer [Vernehmungsfehler Kripo Zusatz 13.4.14]
    Diese Wertung ist vollkommen widersinnig schon allein durch die Verwendung der Reid-Methode, bei der sich jedem Aussagepsychologen die Haare sträuben (wahrscheinlich auch sehr leicht und unzweideutig nachweisbar durch Analyse der Fragen der Vernehmer).  S. 115 führt Prof. Dr. Kröber aus:
     

      "Es besteht kein Anhalt dafür, dass der Inhalt des Geständnisses Herrn Kulac durch die vernehmenden Kriminalbeamten suggeriert wurde. Dies ergibt sich daraus, dass in Ermangelung eines der Polizei bekannten Tatortes und eines aus der Untersuchung des Opfers ableitbaren Tatgeschehens die Kriminalbeamten selbst kein unterstelltes Tatgeschehen hatten, das sie Herrn Kulac hätten einreden können.
          Aus den Vernehmungsprotokollen ergeben sich auch keine Hinweise darauf, dass man versucht hätte, Herrn Kulac auf ein von der Polizei unterstelltes Tatgeschehen festzulegen. Des weiteren ist es nicht so, dass Herr Kulac erhöht suggestibel wäre, dass man ihm falsche Geschehensabläufe leicht einreden könnte. ..."
    _
    Tatsächlich gab es ein "Konzept für die Vernehmung des Ulvi Kulac", das am 2.5.2002 aus München der Soko Peggy 2  in Hof (offiziell eingesetzt am 25.2.2002) schriftlich zur Verfügung gestellt wurde. Unter Punkt 1 wird die "Tathergangshypothese" dargelegt. Das ist ein klarer zusätzlicher Beweis für die Beeinflussung durch die Vernehmer. Hinzu kommt natürlich, dass weder die Beamten noch die Psychiater die hier erforderlichen psychologischen Kompetenzen für eine fachgerechte Vernehmung und Explo- ration mitbrachten. 
    Rechts: Gif-Faksimile 
    _
    6.2.c  Geständnisvergleiche
    Ulvi Kulac wird aufgefordert dem Gutachter "haarklein" zu erzählen, was er im Juli der Polizei erzählt hat. Die Konstanz bezieht sich auf das widerrufene Geständnis und damit auf die Nacherzählung einer falschen Geschichte, die noch dazu eine ganze Reihe durch Zeugenaussagen und Rekonstruktion bestätigbarer Aussageteile enthält. Was soll das für einen Beweiswert haben? Die Schlusslogik ist mir aus der aussagepsychologischen Literatur auch nicht bekannt. Grundidee und
    Hauptsatz des Kröber'schen Ergebnisses:
    Eine falsche Geschichte ist wahr, wenn sie richtig nacherzählt werden kann. Ein solches Kriterium findet sich nicht unter den 19 Kriterien, die der BGH in seinem aussagepsychologischen Urteil 1999 ausweist. [11.4.14 Zusatzerklärung]

    6.2.d Peggys Sturz als Argument für Glaubhaftigkeit
    Hier erfindet Prof. Dr. Kröber ein - gegenüber den 19 Kriterien des BGH - bislang unbekanntes und neues aussagepsychologisches Kriterium, nämlich die "Geschehnisse ohne Funktion".

    6.2.e Argument der gut klappenden Rekonstruktionen
    Lange genug eingeübt und trainiert durch die "Vernehmer" und die zahlreichen Vernehmungen. Suggestive Fragetechnik. Die Erfindung Kröbers, eine falsche Geschichte muss wahr sein, wenn sie richtig nacherzählt werden kann, entbehrt jeder Logik.

    6.2.f  Schlüssiges Motiv für Kontakt zu Peggy am Montag
    Das Motiv ist schon deshalb nicht schlüssig, weil ein wirkliches Unrechtsbewusstsein für die sexuellen Handlungen fehlte (im übrigen durch den Freispruch für eben diese belegt).

    6.2.g  Keine Anhaltspunkte für frühere Parallelerlebnisse
    Hier bleibt unklar, welche Parallelerlebnisse genau gemeint sind. Andere "Morde"? Oder andere sexuelle Erlebnisse? Von denen gibt es genug.

    6.2.h Falsche oder fehlende Angaben: alles kein Problem
    Falschangaben gehören so weit wie möglich aufgeklärt und nicht einfach hingenommen. Der Kröber'sche Tenor hingegen: alles kein Problem, alles ganz normal und üblich. Das ist wenig überzeugend und erweckt den Eindruck von Bagatellisierung.

    7. Zur Qualifikation Prof. Dr. Kröbers
    S. 3 seines Gutachtens wird ausgeführt: ""In der Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Einlassungen von Herrn Kulac bei den Vernehmungen am 2. Juli 2002, 23.07.2002 und 24.07.2002 sowie den Video-Rekonstruktionen vom 30.07 und 01.08.2002 stützt sich das Gutachten auf die Kriterien und Qualitätsmaßstäbe zur aussagepsychologischen Beurteilung, wie sie von Max Steller und Renate Volbert, Institut für Forensische Psychiatrie der Freien Universität Berlin, in ihrem Gutachten für den Bundesgerichtshof dargelegt wurden. Dieses Gutachten bildete eine wesentliche Grundlage des Urteils des BGH vom 30. Juli 1999 (1 StR 618/98)2 "Wissenschaftliche Anforderungen an aussagepsychologische Begutachtungen (Glaubhaftigkeitsgutachten ).
         Der Sachverständige ist als Leiter dieses Instituts in ständiger Diskussion mit Prof. Dr. Max Steller, Frau Dr. Renate Volbert und weiteren wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen des Instituts im Hinblick auf die fortlaufende Forschung zu Realkennzeichen und Qualitätskriterien der Glaubhaftigkeitsbegutachtung; der konkrete Fall wurde vom Sachverständigen auch eingehend mit Prof. Steller diskutiert."
        Prof. Kröber versucht also den Eindruck zu erwecken, dass er, weil Prof. Max Steller und Dr. Renate Volbert, an seinem Forensischen Institut tätig sind, man quasi Tür an Tür arbeitet, ein besonders qualifizierter aussagepsychologisch geschulter Psychiater sei. Tatsächlich erfährt man nichts darüber, in welcher Weise zu welchem Thema mit welchem Ergebnis "diskutiert" oder "supervidiert" wurde. Es entsteht der Eindruck, dass hier mit dem Renommee, das Prof. Dr. Max Steller und [inzwischen Prof.] Dr. Renate Volbert genießen, gewuchert werden soll.
        Tatsächlich ergibt die erste Analyse des "aussagepsychologischen Gutachtens" von Prof. Dr. Kröber, dass es teilweise sogar extreme Mängel in der Konzeption, Durchführung, Dokumentation, Untersuchung, Exploration und Beweisfragenbegründung aufweist. Es sollte daher bei Prof. Dr. Max Steller und Dr. Renate Volbert nachgefragt werden, in welcher Weise sie mit dem Fall und seiner Supervision befasst waren.

    Anmerkung zur Bedeutung der Exploration bei aussagepsychologischen Gutachten nach Köhnken:
    "4. Ungeeignete Befragungsformen
    Eine fachgerecht durchgeführte aussagepsychologische Exploration ist ein wesentlicher Bestandteil der Begutachtung. Die Exploration produziert das Aussagematerial, welches schließlich Gegenstand der Realkennzeichenanalyse ist. Das Ergebnis dieser Analyse ist somit entscheidend von der Qualität der Exploration abhängig. Unzulängliche Befragungsformen können dazu führen, dass der Fokus nicht auf die diagnostisch relevanten Sequenzen gerichtet wird und somit schließlich zu wenig Aussagematerial vorhanden ist.”
        Querverweise: Exploration, Vernehmungs- und Explorationsfehler.

    Anmerkung2 Warum wurde Prof. Dr. Kröber überhaupt ausgewählt, vergegenwärtigt man sich folgenden Beschluss des BGH vom 19. 2. 2002 - 1 StR 5/02 (LG Mannheim).
        "Wahl zwischen psychologischem oder psychiatrischem Sachverständigen zur Glaubhaftigkeitsbegutachtung, NStZ 2002, 490. StPO § 244 StPO § 244 Absatz II.
        Hält der Tatrichter zur Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Angaben eines Zeugen die Zuziehung eines Sachverständigen für geboten, wird er sich der Hilfe eines Psychologen bedienen, wenn „normalpsychologische” Wahrnehmungs-, Gedächtnis- und Denkprozesse in Rede stehen. Das gilt auch für den Fall intellektueller Minderleistung eines Zeugen. Der besonderen Sachkunde eines Psychiaters bedarf es allenfalls dann, wenn die Zeugentüchtigkeit dadurch in Frage gestellt ist, dass der Zeuge an einer geistigen Erkrankung leidet oder sonst Hinweise darauf vorliegen, dass die Zeugentüchtigkeit durch aktuelle psychopathologische Ursachen beeinträchtigt sein kann.
        Rn 1: Zur Beurteilung der Glaubwürdigkeit der infolge einer frühkindlichen Hirnblutung geistig behinderten Geschädigten konnte (allein) ein psychologischer Sachverständiger herangezogen werden.
        Rn 2: Der besonderen Sachkunde eines Psychiaters bedurfte es nicht, weil ein aktueller, die Zeugentüchtigkeit unmittelbar beeinflussender hirnorganischer Befund nach den Feststellungen nicht vorlag."



    Literatur (Auswahl)
    Siehe bitte Literatur: > Aussagepsychologie, Suggestivfragen, Potentielle Fehler in psychologisch-psychopathologischen Gutachten,

    Literatur des Gutachtens

    • BGH 1 StR 618/98 - Urteil v. 30. Juli 1999 (LG Ansbach): Urteil zur Aussagepsychologie. Quellenangaben Kröber: BGH, Urteil vom 30.07.1999 - 1 StR 618/98, abgedruckt in: NJW 1999, S. 2746-2751, Strafverteidiger 9199, S. 473-478, Neue Zeitschrift für Strafrecht (NStZ) 2000, S. 100-105, sowie Praxis der Rechtspsychologie 9 (1999) 113-125 sowie 10 (Sonderheft Glaubhaftigkeitsbegutachtung) S. 117-130.
    • Gudjonsson, G.H. (1992) The causes of False Confessions, in: ders. The Psychology of Interrogations, Confessions and Testimony. J Wiley & Sons, Chichester New Yorlt Brisbane, p. 224-233. Lit-Angabe Kröber]
    • Jung, Ina & Lemmer, Christoph (2013) Der Fall Peggy. Die Geschichte eines Skandals. München: Droemer.
    • Kröber, H.-L. (19.10.2002) Psychiatrisches und aussagepsychologisches Gutachtens zur Aussagetüchtigkeit des Beschuldigen ULVI KULAC im Hinblick auf den Vorwurf, dass er am 07.05.2001 das neunjährige Kind Peggy Knobloch in Lichtenberg aus Angst vor Entdeckung von ihm zuvor an dem Kind begangener Sexualstraftaten getötet habe, und zur Glaubhaftigkeit seiner Aussagen im Juli 2002."
    • Steller, M. & Volbert, R. (1999) Wissenschaftliches Gutachten Forensisch-aussagepsychologische Begutachtung (Glaubwürdigkeitsbegutachtung). Praxis der Rechtspsychologie 9: 46-112. Quellenangabe Kröber
    • Steller, M. & Volbert, R. (2000) Anforderungen an die Qualität forensisch-psychologischer Glaubhaftigkeitsbegutachtungen. Praxis der Rechtspsychologie 10, Sonderheft 1, 102-116: 46-112. Quellenangabe Kröber
    • Wegener, H. (1991) Die Gestandnissituation im Lichte psychologischer Theorien. In: H. Schlltz et al. (Hrsg) Medizinrecht - Psychopathologie - Rechtsmedizin. Festschrift für Günter ScheINe. Springer, Berlin Heidelberg, S. 309-319. Quellen-Angabe Kröber.
    _
    Ergänzte Literatur nach der Erstanalyse
    • Eisenberg, Ulrich (2011) III.  Verbotene Vernehmungsmethoden in: Zweiter Teil. Beschuldigter, Eisenberg, StPO, 7. Auflage 2011, beck-online.
    • Eisenberg, Ulrich (2013) Ausfall revisionsgerichtlicher Kontrolle. Editorial. Juristische Arbeitsblätter, 10. [Online]
    • Eisenberg, Ulrich (2013) Geständnis und Widerruf, dargestellt anhand eines Einzelfalls. Juristische Arbeitsblätter 11, 860-865.
    • Jansen, Gabriele (2004, 2012). Zeuge und Aussagepsychologie. Praxis der Strafverteidigung. 2., neu bearb. und erw. Aufl. 2012.  Heidelberg: Müller. [GB]
    • Habschick, Klaus (2012) Die Vernehmung leicht geistig Behinderter. In Kapitel 17 (648f): Die Vernehmung von Personen mit Handicap. In: Habschick, Klaus (2012) Erfolgreich Vernehmen. Kompetenz in der Kommunikations-, Gesprächs- und Vernehmungspraxis. 3. A. Heidelberg: Kriminalistik. [GB]
    • Köhnken, Rn 112, in Widmaier, Münchener Anwaltshandbuch Strafverteidigung, § 62 Glaubwürdigkeitsbegutachtung, 1. Auflage 2006, Rn 1 – 148.
    • Kröber HL (1995) Geständnis und Auseinandersetzung mit der Tat als Gesichtspunkte der Individualprognose nach Tötungsdelikten. In: Dölling D (Hrsg) Die Täterindividualprognose. Beiträge zu Stand, Problemen und Perspektiven der kriminologischen Prognoseforschung. Kriminalistik Verlag, Heidelberg, S 63-81.
    • Lindner, Bernd (1988) Täuschungen in der Vernehmung des Beschuldigten. Ein Beitrag zur Auslegung des § 136a StPO. Dissertation JurFak Tübingen.
    • Milne, Rebecca & Bill, Ray (dt. 2003) Psychologie der Vernehmung. Die Befragung von Tatverdächtigen, Zeugen und Opfern. Bern: Huber. [darin auch Vernehmungsprobleme mit geistig Behinderten]
    • Peters, Karl (1972) Fehlerquellen im Strafprozeß. Eine Untersuchung der Wiederaufnahmeverfahren in der Bundesrepublik Deutschland. 2 Bde. Karlsruhe:  C.F. Müller.
    • Volbert, R. (2013) Falsche Geständnisse: Über die möglichen Auswirkungen von Voreinstellung, Vernehmung und Verständigung. Forens Psychiatr Psychol Kriminol. 2013. Forensische Psychiatrie, Psychologie, Kriminologie  2013/4:  230-239.


    Links (Auswahl: beachte)
    Veränderte URLs ohne Weiterleitung entlinkt.

    • Homepage Ulvi Kulac.
    • bitterlemmerzur Wiederaufnahme.
    • Aussagepsychologie, Aussgepsychologische Wahrheitstheorie 1. Systematik der Falsch-Aussagen.
    • Suggestivfragen.
    • Vernehmungsfehler.
    • Übersicht Potentielle Fehler in forensisch psychologisch-psychopathologischen Gutachten.
    • Beweis und beweisen in Wissenschaft und Leben.
      • Beweis und beweisen in der Kriminologie und im Recht.
      • Beweis und beweisen in Psychologie, Psychopathologie und Psychotherapie.
      • Beweis-Fehler in forensisch-psychiatrischen Gutachten.
    • Überblick Forensische Psychologie in der IP-GIPT.




    Zur Wiederaufnahme

    Geplante Termine nach PM:

    • Donnerstag, 10. April 2014, 8:30 Uhr
    • Freitag, 11. April 2014, 8:30 Uhr
    • Dienstag, 15. April 2014, 8:30 Uhr
    • Montag, 5. Mai 2014, 8:30 Uhr
    • Dienstag, 6. Mai 2014, 8:30 Uhr
    • Mittwoch, 7. Mai 2014, 8:30 Uhr
    • Dienstag, 13. Mai 2014, 8:30 Uhr
    • Mittwoch, 14. Mai 2014, 8:30 Uhr
    • Montag, 2. Juni 2014
      _
      Landgericht Bayreuth ordnet Wiederaufnahme des Strafverfahrens im Fall „Peggy"an [PDF]

      "Die 1. Jugendkammer des Landgerichts Bayreuth hat mit Beschluss vom 09.12.2013 die Wiederaufnahme des Strafverfahrens im Fall „Peggy" angeordnet. Damit kommt es gegen den am 30.04.2004 vom Landgericht Hof wegen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilten Ulvi K. zu einer neuen Hauptverhandlung. Der Angeklagte befindet sich derzeit wegen anderer Taten in einem psychiatrischen Krankenhaus. Diese Unterbringung ist von der heutigen Entscheidung nicht betroffen.

      Die Jugendkammer stützt sich auf zwei Gründe, welche die Wiederaufnahme notwendig machen.

      So habe sich ein - zwischenzeitlich verstorbener - Zeuge mit seiner Aussage vor dem Landgericht Hof einer vorsätzlichen falschen uneidlichen Aussage zu Ungunsten des Angeklagten schuldig gemacht. Dieser Zeuge hat seine Falschaussage im Jahr 2010 vor dem Ermittlungsrichter eingeräumt. Es könne auch nicht sicher ausgeschlossen werden, dass die Aussage dieses Zeugen auf die Urteilsfindung Einfluss hatte. Die Aussage dieses Zeugen habe auch als Tatsachengrundlage für das seinerzeitige psychiatrische Sachverständigengutachten gedient.

      Als weiteren Grund für die Wiederaufnahme führt die Jugendkammer das Vorliegen einer sogenannten Tathergangshypothese vom 30.04.2002 an, welche dem Gericht in Hof nicht bekannt gewesen sei. Diese Tathergangshypothese sei erheblich, weil der Sachverständige, der im Verfahren vor dem Landgericht Hof die Glaubhaftigkeit der Geständnisse des Angeklagten zu beurteilten hatte, ausgeschlossen habe, dass deren Inhalt ihm durch vernehmende Kriminalbeamte suggeriert worden sei. Der Sachverständige begründete dies damit, dass den Beamten selbst zum Zeitpunkt der Geständnisse am 02.07.2002 ein hypothetisches Tatszenario gefehlt habe, das sie dem Angeklagten hätten vorhalten können. Eine solche Tathergangshypothese hat es aber, wie sich im Wiederaufnahmeverfahren herausgestellt hat, tatsächlich gegeben.

      Auf die weiteren von der Verteidigung vorgetragenen möglichen Wiederaufnahmegründe kam es nicht an.

      Über Einzelheiten zur neuerlichen Hauptverhandlung gegen den Angeklagten Ulvi K. werden wir zu gegebener Zeit informieren.

      I. A.
      gez. Goger, Richter am Landgericht Pressesprecher"



      Kommentar vom Buchautor
      Der Buchautor - zusammen mit Ina Jung - Christoph Lemmer kommentiert die Wiederaufnahme auf seiner Seite "bitterlemmer" (10.12.13)
       


       
      Der Verdacht auf massive Staatskriminalität muss untersucht werden, und zwar gründlich
      Was hier im Hintergrund durch den Frömmler Beckstein und seine Zöglinge inszeniert wurde, ist ungeheuerlich und gehört nunmehr grundlegend auf den Prüfstand. Selbst die Kommentatorin in den Nürnberger Nachrichten (10.12.13) sagt am Ende sehr vorsichtig, aber doch klar: "Die Justiz wird auch die Rolle der Ermittlungsbehörden in Franken thematisieren müssen." 
          Es wird höchste Zeit, dass eine wirklich unabhängige Untersuchung die verfilzten, konfusen und verleugneten Missstände im Recht gründlich und schonungslos unter die Lupe nimmt und damit den Boden für eine grundlegende Justizreform aufbereitet. Eine Demokratie, die den Rechtsstaat den Juristen überlässt, hat sich aufgegeben. Im Namen des Volkes verpflichtet alle.
         Als erste Hilfemaßnahme wäre es sicher gut, der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie (DGPPN) das forensische Zertifizierungsrecht so lange zu entziehen, bis sie den okkultistischen Meinungsachterspuk prüf- und kontrollierbar beendet hat. 
    • Rechtsfehler bei Unterbringung und im Maßregelvollzug.
    • Unrecht im Namen des Rechts.
    • Nachrichten aus der Psychiatrie.
    • Internetmahnwachen.
    • Stellungnahmen zum Fall Mollath.
    • Potentielle Fehler in forensisch-psychopathologischen Gutachten.

    •  


    Exkurs: Zu den in den Gerichtsakten nicht auffindbaren anderen Spuren.

    Medienkritik Gerichtsberichterstattung

    Frau Friedrichsen hat einen lesenswerten Kommentar für Spiegel-Panorama am 7.5.14 unter dem Titel "Prozess zum Fall Peggy: Schwere Umkehr" verfasst, wo sie u.a. kritisch bemerkt: "Wenn man in der schriftlichen Urteilsbegründung gegen Ulvi K. die Bekundungen der Hofer Richter zusammenzählte, wie oft sie "zweifelsfrei überzeugt" waren von der Schuld des Angeklagten - man käme auf eine stattliche Zahl. Der Eindruck täuscht wohl nicht, dass diese Affirmationen dem Zweck dienten, einer höchst fragwürdigen Beweisaufnahme wenigstens mit starken Worten den Glanz richterlicher Überzeugungskraft zu verleihen." Ich habe daraufhin das Urteil noch einmal nach dem Wörtchen "zweifelsfrei" durchsucht und das Suchprogram ist dabei auf 19 Nennungen gestoßen:
     
    19 mal bedient sich das Hofer Gericht der Floskel "zweifelsfrei", nämlich auf den Seiten: 36, 38, 39, 41, 44, 44 (2x), 51, 78, 82, 84, 85, 91, 91 (2x), 96, 98, 106, 107, 109, 110 von insgesamt 131 Seiten. 

    Dass Prof. Dr. Kröber vielfach nicht in der Lage war und ist, zwischen seiner Aufgabe, die psychopathologischen Entsprechungen der Rechtsbegriffe zu erarbeiten und dafür jüngst erst noch eine Zurechtweisung durch das Gericht erhält, verwundert wohl nur noch wenige. Frau Friedrichsen dürfte leider zu denen gehören, die wie Lakotta oder Rückert immer noch dem Blendwerk seiner Funktion verfallen sind und nicht begreifen, dass in unserer Gesellschaft Funktions- und Statuseliten nichts über wirkliche Qualität aussagen. Eine Zeit, die so sehr Qualitätssicherung, Qualitätskontrolle und Zertifzierung fokusiert, drückt ja damit aus, dass es daran fehlt. Aber der Fisch stinkt bekanntlich vom Kopf her. Die gesamte Psychiatrie steht auf dem Prüfstand, und zwar allein schon durch das Machwerk DSM V, das man selbst als Produkt einer Geistesstörung bezeichnen muss. Der besondere Murks- und Pfusch, das Hochstapler-Gutachterunwesen der forensischen Psychiatrie kommt hinzu.

    Doch auch die Medien sind nachhaltig zu kritisieren, wenn sie sich - wie Prof. Dr. Kröber an nicht wenigen Stellen auch - vollkommen unfähig zeigen, zwischen Glaubwürdigkeit, ein Personenmerkmal, und Glaubhaftigkeit, ein Aussagemerkmal zu unterscheiden. Das zumindest hätte der Fall Ulvi Kulac und Kröber der Öffentlichkeit beibringen müssen. Also noch einmal: Glaubwürdigkeit ist ein Personenmerkmal (Ruf, Leumund), Glaubhaftigkeit ein Aussagemerkmal (Stimmigkeit, realerlebnisbegründet). Man begriff - und begreift auch heute oft noch nicht -  dass Menschen mit einem hervorragenden Ruf und Leumund, wie z.B. Richter, Staatsanwälte, Polizisten. Ärzte, Psychiater, Beamte, Akademiker, ranghohe Gesellschaftsmitglieder, ebenso lügen, tricksen, täuschen wie Milieugeschädigte, Obdachlose, Psychiatrieinsassen, Prostituierte, Verwahrloste, Kriminelle die Wahrheit sagen können.



    Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Bayreuth vom 13. Mai 2014
    https://www.justiz.bayern.de/sta/sta/bt/presse/archiv/2014/04363/index.php

    "Im Wiederaufnahmeverfahren hinsichtlich des Angeklagten K. wegen Mordes an Peggy Knobloch hat die Staatsanwaltschaft Bayreuth vor dem Landgericht Bayreuth einen Freispruch beantragt.
        Der tragende Grund für die seinerzeitige Verurteilung des Angeklagten wegen Mordes am 30.04.2004 durch das Landgericht Hof war das zunächst von ihm abgelegte, später aber widerrufene Geständnis, er habe Peggy getötet, ihr Mund und Nase zugehalten, bis sie sich nicht mehr gerührt habe.
        Der Sachverständige Prof. Dr. Kröber hat nach der Beweisaufnahme vor dem Landgericht Bayreuth in seinem ergänzenden mündlichen Gutachten vom 06.05.2014 in der Hauptverhandlung im Wiederaufnahmeverfahren - erstmals anders als bisher - ausgeführt, dass nach wie vor eine hohe Wahrscheinlichkeit für die Annahme spreche, das Geständnis des Angeklagten sei erlebnisbegründet, es könne aber heute aussagepsychologisch nicht mehr sicher ausgeschlossen werden, dass der Angeklagte ein falsches Geständnis abgelegt habe.
        Sonstige Beweise für eine Täterschaft des Angeklagten, unmittelbare Tatzeugen, beweiskräftige Spuren oder ein Tatort mit Leiche sind trotz der umfangreichen Ermittlungen bis heute nicht bekannt.
        Bei dieser Sachlage ist - wenn aussagepsychologisch nicht mehr sicher ausgeschlossen werden kann, dass der Angeklagte ein falsches Geständnis abgelegt hat - im Zweifel für den Angeklagten auf Freispruch zu plädieren.
        Die mit Urteil des Landgerichts Hof verhängte lebenslange Freiheitsstrafe wegen Mordes, die den Gegenstand des vorliegenden Wiederaufnahmeantrags bildet, ist bislang nicht vollstreckt worden. Derzeit befindet sich der Angeklagte wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in einem psychiatrischen Krankenhaus."


    Neues zum Fall Peggy - Wiederaufnahmeverfahren
    Veränderte URLs ohne Weiterleitung wurden entlinkt.

    • Prof. Dr. Henning Ernst Müller hat einen Blog zum Wiederaufnahmeverfahren eingerichtet.131 Seiten.
    • Der Buchautor Christoph Lemmer berichtet auf seiner Seite "bitterlemmer" vom Prozess.
    • Der Fall Peggy - Die Wiederaufnahme: ein Buch mit Folgen [Auszüge des Knaur eBbook GB]
    • TV BAYERN Regionalfernsehen Online [einige ursprüngliche URLs]:
      • Bericht vom 8. Verhandlungstag. (14.5.): Urteil. FREISPRUCH -  nach einem langen Kampf.
      • Bericht vom 7. Verhandlungstag. (13.5.): Plädoyers. Das letzte Wort des Angeklagten: "Ich habe Peggy nicht umgebracht und mein Wunsch ist, dass sie noch lebend gefunden wird."
      • Bericht vom 6. Verhandlungstag. (7.5.) "Keine Leiche, kein Tatort – kein Schuldiger. Die Beweisaufnahme im Mordprozess gegen Ulvi Kulac ist abgeschlossen, der Freispruch nur noch Formsache. Das Wiederaufnahmeverfahren war wichtig, doch die Aufklärung bleibt auf der Strecke. ... Paukenschlag am sechsten Verhandlungstag. Überraschend will der Richter die Beweisaufnahme im Wiederaufnahmeverfahren gegen Ulvi Kulac heute abschließen. Alles deutet auf einen Freispruch hin. Neben dem Geständnis gebe es keinen Sachbeweis, dass Ulvi Kulac Peggy ermordet hat. ... "
      • Bericht vom 5. Verhandlungstag. (6.5.). SZ, BL, BL2, MP,
      • Bericht vom 4. Verhandlungstag (5.5.)
      • Bericht vom 3. Verhandlungstag. (15.4.)
      • Bericht vom 2. Verhandlungstag. (11.4.) * TVO.
      • Bericht vom 1. Verhandlungstag. (10.4.)
      • Chronologie Teil 2.
      • Chronologie Teil 1.
    • https://www.tvbayern.tv/tvo/nachrichten/fall-peggy-tag-3-im-wiederaufnahmeverfahren.html
    • Und natürlich diskutiert der Wollf-Blog den Fall kritisch.
    • Wiederaufnahmeverfahren Live Ticker Focus Online


    Kurz-Kommentar: Neues Gutachten Kröber (6.5.14)
     
    Trotz aller Vorabmeldungen der Medien rückte Kröber nun doch von seinem ersten "aussagepsychologischen" Gutachten ab. Mit seinem neuen Gutachten kreiert er sich und dem Gericht ein neues Schlupfloch: die "Nicht ausschließbare Denkmöglichkeit" (SZ) eines falschen Geständnisses, die psychiatrische Entsprechung des Rechtsbegriffs "nicht ausschließbar". Das ist ein trivialer 0-Satz, denn Denken - Falsches, Widersinniges, Widersprüchliches, Irreales - kann man in der Tat alles  Im Denken ist sozusagen alles möglich. So beweist Kröber mit seinem neuen "aussagepsychologischen" Gutachten abermals, dass er nichts von seiner Aufgabe verstanden hat und ihr auch gar nicht gewachsen ist. Aber durch seine Relativierung muss sich das Gericht wenigstens nicht mehr gegen sein unsägliches "Gutachten" quälen. Dem könnte aber auch die Aufklärung der Staatskriminalität zum Opfer fallen, falls denn überhaupt einer so naiv war, zu glauben, dass das ein bayerisches Gericht vorhaben könnte. So nebenbei: Erst hieß es, das Tonband sei beim Geständnis kaputt gewesen. Dann hieß es, das Tonband sei schon abgebaut gewesen. Heute sollen es plötzlich Stenoretten gewesen sein. Nun, morgen waren vielleicht die Batterien gerade leer. Und übermorgen ... verlegt, vergessen, nicht eingeschaltet, runtergefallen? 

    Gutachten Kröber völlig unbrauchbar unabhängig von der Tathergangshypothese - 2. Kommentar zur Wiederaufnahme
     
    Es ist völlig falsch, wie das Gericht und die gewogenen Medien kolportieren, dass das Gutachten von Prof. Dr. Kröber nur deshalb falsch sei, weil es von der sog. Tathergangshypothese angeblich nichts wusste. Dieses Gutachten ist völlig unabhängig von der Tathergangshypothese dermaßen fehlerbehaftet, stümperhaft und geradezu grotesk falsch in seiner Grundidee (eine falsche Geschichte, die richtig nacherzählt werden kann, muss wahr sein). Allein das Tathergangsvideo vom 30.7.2002, das dem Gutachter vorlag, muss selbst einem Anfänger, ja Laien deutlich machen, dass hier keinesfalls ein Tathergang wiederholt wurde, denn dann hätte Ulvi Kulac rennen müssen - 800 m mit 20% Steigung! - und nach wenigen Metern keine Luft mehr bekommen, er schnaufte ja bereits beim bloßen Gehen deutlich. Wenn selbst solche simplen Dinge nicht wiederholt werden, dann kann das nur so verstanden werden, alles, was die Täterschaft in Frage stellen konnte, wurde wohlweislich nicht wiederholt und unter den Teppich gekehrt. Das passt dann gut zum falschen Zeugen kaufen, Spuren- und Zeugenmanipulationen, zu verbotenen Vernehmungsmethoden mit Foltermerkmalen, zur Reid-Methode. Das Tollste ist aber ohne Zweifel, dass genau dann, als das Geständnis erfolgte, das Tonband kaputt gegangen sein soll und der Anwalt gerade weg war. Eine Kriminalpolizei, die sich zu so etwas hergibt, sollte wie die verantwortlichen Vorgesetzten einschließlich des Frömmlers Beckstein suspendiert werden. Solche Innenminister, Richter, Staatsanwälte, Kriminalbeamte und pseudosachverständigen forensischen Psychiater sind die eigentliche Gefahr für den wohlverstandenen Rechtsstaat - nicht Ulvi Kulac, Mollath oder die hessischen Steuerfahnder oder die Kritiker, die diese unglaublichen Zustände von Staatsversagen auf der ganzen Linie anprangern. 

    Analyse zum Tötungsgeschehen nach dem 2. Tathergangsvideo vom 30.07.2002, 9.25 Uhr [13.4.14]
    (ungefähr um 2/3)

       
      Geht man die Angaben durch, kann hier von Mord keine Rede sein, noch nicht einmal Tötungsabsicht ist erkennbar. Die folgende Schilderung hört sich mehr wie ein Unfall an (schubsen mit Folgen) - mit zahlreichen Ungereimtheiten wie z.B. UK15 "und dann hat sie die Augen zu fallen lassen" (was UK nach seinen Stellungsangaben gar nicht sehen konnte).

      UK01 An der zweiten Treppe war die Peggy gestanden.
      UK02 Und dann hab ich sie überholt.

      Kripo: Machen Sie's mal zeigen Sie's vor, Ulvi geht ..., überholt Peggy, steht vor ihr
      UK03 Und dann hab ich sie rumgedreht.

      Kripo: wie, demonstrieren Sie's mal; Ulvi dreht Peggy um, so dass sie treppabwärts steht
      UK04 Und dann runtergeschubst (Peggy fällt auf ihr Gesicht in der Demo)

      Kripo: Haben Sie vorher noch irgend was anderes gemacht? [Suggestiv]
      UK05 Ne (legt Schulkoffer dazu)

      Kripo: Ok, was ist dann passiert?
      UK06 Und dann bin ich so hin (links von Peggy) und mich nach unten gebeugt und vorher hat sie noch um Hilfe geschrien (Gesicht auf dem Boden)

      Kripo: Jawohl. Hat sie sonst noch was gesagt? [Suggestiv]
      UK07 Nein, nur um Hilfe geschrien.

      Kripo: Nach dem ersten Sturz bis hierher? Hat sie da gesprochen? [Suggestiv]
      UK08 Nein.

      Kripo: Überlegen Sie mal genau, Sie haben schon mal was angegeben [Insistierend, suggestiv]
      UK10 (richtet sich wieder aus der Beuge auf) Ich hab zu ihr gesagt, sie soll stehen bleiben, ich will mich entschuldigen, ..., dann hat sie ... gesagt, das glaubt sie mir nicht ...

      Kripo: Hat sie noch irgendwas gesagt?  [Suggestiv]
      UK11 (schüttelt den Kopf) Kann ich mich nicht dran erinnern

      Kripo: Sie haben einmal angegeben während der Vernehmungen, dass die Peggy was gesagt hätte, wovor Sie Angst hätten [Suggestiv]
      UK12 (überlegt) Das weiß ich nicht mehr (schüttelt den Kopf)

      Kripo: Zeigen Sie mal wie es weiter gegangen ist
      UK13 Dann habe ich die linke Hand an ihrem Nacken gehabt (zeigt es) und die rechte Hand, hebt Peggy an, auf den Mund und die Nase

      Kripo: Machen Sie's mal so kräftig oder so schwach wie es damals wirklich war. ... Wie lange hat das ungefähr gedauert?'
      UK14 10 Minuten

      Kripo: Ok. Und was ist dann passiert?
      UK15 Dann hat sie die Augen zufallen lassen und dann hab ich sie genommen, so hochgehoben und dann so nach hinten ...
      _
      Ergebnis Da es um Mordvorwurf geht, ist dieses Aussagesegment natürlich wesentlich. Zwingend hätte sich Kröber im Detail, mindestens so wie ich jetzt hier, damit auseinandersetzen müssen. Wenn Kröber nicht auffiel, dass die Vernehmungen hochgradig suggestiv waren - was gut möglich ist, weil er selbst ja eine Suggestivrate von 68% aufbringt -, dann war er auf jeden Fall der falsche Gutachter. Prof. Köhnken wäre an dieser Stelle durch die Dreifachanforderung Aussagepsychologie, geistige Behinderung, Geständniswiderruf wahrscheinlich der beste Mann gewesen.
          Inhaltlich ist der Mordvorhalt in dieser Sequenz nicht nachvollziehbar. Der Schilderung nach erscheint es eher wie ein Unfall (Schubsen mit Folgen). An dieser Stelle ist aber auch zu bedenken, dass Ulvi Kulac wegen der sexuellen Delikte Schuldunfähigkeit zuerkannt wurde. Wenn er also gar nicht wusste, dass er hier Unrecht tat: wieso sollte er sich entschuldigen und es verdecken wollen? Hier erscheint die Mordmotivkonstruktion in sich widersprüchlich.

    _
    Peggy-Prozess: Wurde Ulvi Kulac gefoltert ?
    "Vorwurf seines Verteidigers - Peggys Vater glaubt nicht an ihren Tod - vor 40 Minuten. BAYREUTH - Seit 8.30 Uhr läuft die Verhandlung im Bayreuther Gerichtssaal. Rund 40 Journalisten sind angereist, um über einen der spektakulärsten Gerichtsprozesse zu berichten. ... Insgesamt sind drei Berufsrichter, zwei Schöffen und zwei Sachverständige aus dem Prozess von 2004 vor Ort. Die beiden Psychiater Norbert Nedopil und Professor Hans-Ludwig Kröber erstellten im Zuge der letzten Verhandlung ein psychologisches Gutachten über den 36-Jährigen. ...  [NB 10.4.14] * Fall der vermissten Peggy: Ulvi K. bestreitet Mord. Wiederaufnahmeverfahren um Tötung von Neunjähriger [DW 10.4.14]

    Wahrheit, Irrtum, Lüge  Was ist ein Geständnis wert? mdr 9.4., 20.45
    “2004 wurde Ulvi Kulac wegen Mordes an Peggy Knobloch verurteilt. Ein Urteil ohne Leiche, denn Peggy ist seit Mai 2001 spurlos verschwunden. Jetzt, genau zehn Jahre nach seiner Ver-urteilung, wird der Fall wieder aufgerollt. Ab dem 10. April soll in einem neuen Verfahren geprüft werden, ob Ulvi wirklich der Mörder von Peggy ist. …”  mdr: Chronik zum Fall Peggy.

    Fehlstart des Wiederaufnahmeverfahrens im Fall Peggy noch vor dem ersten Verhandlungstag
    "Das Wiederaufnahmeverfahren im Fall Peggy hätte eine schöne Gelegenheit bieten können, den angekratzten Ruf der bayerischen Justiz ein bisschen zu polieren. Und über eine längere Strecke haben Staatsanwaltschaft und Landgericht in Bayreuth auch eine gute Figur abgegeben. Die Staatsanwaltschaft war so mutig, alle verwertbaren Spuren noch einmal neu zu untersuchen und formelle Ermittlungsverfahren wegen Mordverdachts gegen neue Verdächtige einzuleiten, obwohl das Urteil gegen den verurteilten Ulvi Kulac nach wie vor gültig ist. Aber der Hang zum Mauscheln und Kungeln ist in der Justiz  offenbar derart tief  verwurzelt, dass der Prozess schon vor dem ersten Verhandlungstag am 10. April von neuen Affären überschattet wird. ... " [bitterlemmer 3.4.14]

    Lemmer bleibt bei seinen Vorwürfen "Fall Peggy: Landgericht Bayreuth weist Mauschelvorwurf zurück – wortreich.
    Das Landgericht Bayreuth hat soeben in einer Pressemitteilung den Vorwurf zurückgewiesen, der Vorsitzende Richter im Peggy-Wiederaufnahmeprozess habe mit Gutachter Hans-Ludwig Kröber im Vorhinein das Ergebnis seines Gutachtens besprochen. “Dieser Vorwurf trifft nicht zu”, schreibt Justizsprecher Thomas Goger. Allerdings folgt danach eine recht detaillierte Beschreibung des Prozedere zwischen Richter und Gutachter, das dem Dementi die Klarheit nimmt. ... Wir bleiben dennoch bei unserer Darstellung." [bitterlemmer 3.4.14]

    Presseerklräung LG Bayreuth zu den Vorwürfen [3.4.14 PDF]
    "...Der Vorsitzende hat dem Sachverständigen, welchem zum Zeitpunkt der vorbereitenden Telefonate die Akten und der Wiederaufnahmebeschluss noch nicht vorlagen, deutlich gemacht, weshalb es sich bei der Existenz der Tathergangshypothese aus Sicht der Kammer um eine wesentliche Änderung der Tatsachengrundlage seines vormals erstatteten Gutachtens handelt. Zu keinem Zeitpunkt hat der Vorsitzende dem Sachverständigen inhaltliche Vorgaben für das von ihm zu erstattende Gutachten gemacht oder gar ein Ergebnis vorgegeben. Der Vorsitzende hat dies auch den Verfahrensbeteiligten heute so mitgeteilt. ..."

    Wirbel vor dem Peggy-Prozess um neues Gutachten
    "Fall Peggy: Schwere Vorwürfe gegen das Gericht. Zwei Buchautoren werfen dem Vorsitzenden Richter im Verfahren Ulvi Kulac die Beeinflussung eines Gutachters vor. Der zuständige Staatsanwalt lässt sich vom Fall entbinden. ...[FP  3.4.14]

    Staatsanwalt im Fall Peggy abgelöst
    "Vor neuem Prozess: Staatsanwalt im Fall Peggy abgelöst. Um das Wiederaufnahmeverfahren im Mordfall Peggy K. wird sich ein neuer Staatsanwalt kümmern. Der bislang verantwortliche Beamte wird abgelöst, weil er den Wunsch eines Verdächtigen nach einem Anwalt ignoriert haben soll. ..." [SPON 3.4.14]

    Peggy Dokumentation in Kontrovers
    " Die Kontrovers-Story Der Fall Peggy wird neu aufgerollt. Vor 13 Jahren verschwindet Peggy aus Lichtenberg spurlos. Eine Leiche wird nie gefunden. Trotzdem wird Ulvi K. als Mörder verurteilt. Doch es gibt Zweifel an seiner Schuld. Jetzt wird der Fall neu aufgerollt. ...  Kontrovers-Reporter Christian Stücken hat bereits 2012 in einer Dokumentation nachgewiesen, dass Ulvi K. den Mord nicht so begangen haben kann, wie es das Gericht im Urteil darstellt. Nicht zuletzt aufgrund seiner Recherchen wird der Fall Peggy neu aufgerollt. 13 Jahre nach dem Verschwinden des Mädchens überprüfen Ermittler noch einmal jede Spur, graben Grundstücke um auf der Suche nach ihrer Leiche, vernehmen Verdächtige und Zeugen. Am 10. April beginnt das Wiederaufnahmeverfahren. ... " [BR 3.4.14]

    RA Euler und Gudrun Rödel in stern-tv
    "Der Fall Peggy Wiederaufnahmeverfahren: Wer steckt wirklich hinter Peggys Verschwinden? Der Fall Peggy: Vor fast 13 Jahren verschwand Peggy spurlos. Seitdem sitzt der mutmaßliche Mörder, Ulvi Kulac in Haft. Mittlerweile wird vermutet, dass er zu Unrecht in Haft sitzt. Denn es drängt sich immer mehr ein anderer Verdacht auf. ..." [sterntv 2.4.14]

    Geständnis sexueller Missbrauch wenige Tage vor dem Verschwinden Peggys
    Die Abendzeitung München berichtet am 5.3.14: "... Der wegen sexuellen Kindesmissbrauchs bereits in Haft sitzende Holger E. (29), gegen den die Staatsanwaltschaft Bayreuth auch im Fall Peggy ermittelt, hat gegenüber den Ermittlern zugegeben, das Mädchen wenige Tage vor ihrem Verschwinden im Mai 2009 ebenfalls missbraucht zu haben. ...Rechtsanwalt Michael Euler, der den verurteilten Gastwirtssohn Ulvi K. (35) vertritt, reagiert auf die Nachricht von dem Teilgeständnis dagegen eher kühl. „Wirklich überraschend ist das nicht. Es gab ja bereits genügend Hinweise darauf, dass Holger E. Peggy missbraucht haben könnte. Ob er sie auch ermordet hat, steht auf einem ganz anderen Blatt“, sagte er zur AZ. ... " [AZM 5.3.14]
        Hierzu aber:
    "Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Bayreuth vom 05.03.2014 zur vermeintlichen neuen Entwicklung im Mordfall Peggy
    Seit Mitte 2012 ermittelt die Staatsanwaltschaft Bayreuth unabhängig vom Wiederaufnahmeantrag des Verurteilten Ulvi K. im Zusammenhang mit dem Verschwinden von Peggy K..
        Zu heute erschienenen Presseberichten, wonach es zwischen dem Verdächtigen Holger E. und Peggy K. zu Zärtlichkeiten gekommen sein soll, ist Folgendes klarzustellen:
        Es handelt sich hierbei nicht um neue Erkenntnisse. Bereits am 27.02.2013 ? also vor über einem Jahr - hat Holger E. im Rahmen einer anderweitigen Vernehmung mitgeteilt, dass es zwischen ihm und Peggy K. zum Austausch von Zärtlichkeiten gekommen sein soll.
        Dies war Anlass für weitere umfangreiche Ermittlungen. Ein hinreichender Tatverdacht für eine Anklage hat sich aber nicht ergeben.
        Es wird um Verständnis dafür gebeten, dass aus ermittlungstaktischen Gründen zunächst keine weiteren Einzelheiten bekannt gegeben werden können."





    Glossar, Anmerkungen und Endnoten:
    1) GIPT= General and Integrative Psychotherapy, internationale Bezeichnung für Allgemeine und Integrative Psychotherapie.
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    Überblick Stichworte Glossar und Anmerkungen:
      Inhaltsverzeichnis der originalen methodenkritischen Erstanalyse vom 2.10.2013.
      Ausgewiesene Daten auf die sich das GA vn Prof. Dr. Kröber stützt.
      Aussageentstehung.
      BGH 1 StR 618/98 - Urteil v. 30. Juli 1999 (LG Ansbach).
      siehe Anlage 1 Die Gliederung und Struktur des Gutachtens von Prof. Dr. Kröber.
      siehe bitte Anlage 2   Numerierte Aussagen der 4. Exploration.
      siehe Beispiel Anlage 3  in der Ausarbeitung für den Rechtsanwalt dokumentiert.
      das sagen  So stand es in dem mir übermittelten Text.
      § 136a StPO Vernehmung )vberbotene Methoden).
      Reid-Methode.
      Suggestivfragen > Vernehmungsfehler.
      Volbert 2013 "Warum legen Beschuldigte falsche Geständnisse ab?
      Wegener (1991), S. 317f (fett-kursiv RS): "Folgerungen und Desiderata.
      Titelbilder Gudjonsson, Schütz et al.
      Gudjonsson (1992), S. 226-228  Markierungn von RS.
      • Zusammenfassung der Hauptgründe für Falschgeständnisse nach Gudjonsson 1992.
      Eisenberg Kritik (2013).
      Berichtigung der Seitenzahlen nach dem PDF-Original.
      Zusatzerklärung zu 6.2c  Geständnisvergleiche 11.4.14.
      Vernehmung von geistig Behinderten (15.4.14).
      • Prof. Dr. Kröbers Beurteilung von Ulvi Kluac's geistiger Behinderung.
      • Prof. Dr. Nedopil zu Ulvi Kulac's Verhandlungsfähigkeit in seinem Gutachten vom 11.06.2003.
      • Richtlinien zum Umgang mit behinderten Menschen.
      • Auskünfte zu den Anfragen des Abgeordneten Florian Streibl zum Fall Ulvi Kulac.
        • Erste Auskunft zur Anfrage vom 17./18. Juli 2012.
        • Zweite Auskunft zur Anfrage vom 21. August 2012.
      • Die Vernehmung leicht geistig Behinderter nach Habschick.
      • Protokollvorschriften bei Vernehmungen nach Habschick (2012).
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    Inhaltsverzeichnis der originalen methodenkritischen Erstanalyse vom 2.10.2013
      Ergebnis der Erstanalyse 2
      1. Mängel der Konzeption 2
      2. Mängel der Darstellung 2
      3. Mängel der Dokumentation 2
      4. Mängel der Exploration ("Vernehmung") 2
      4.1  Erste drei Explorationen nicht audiodokumentiert 2
      4.2  Fehlende Zeitangaben bei den Explorationen: Beginn, Ende, Pause, Dauer 3
      4.3  Verständnis der schwierigen Hauptaufgabe nicht abgesichert und evaluiert 3
      4.4  Extrem suggestive Fragestellungen 3
      4.4.1  Nacherzählte Geschichte bei der Polizei : 68% Suggestivrate 3
      4.4.2  Der zweite Teil 130-226 enthält 96 Fragen, davon 56 suggestive = 58% 4
      4.6  Unangemessene akademische, intellektuelle Worte 4
      5.  Methodische Mängel und Fehler 4
      5.2 Mangelhafte Aussagenaufbereitung für aussagenpsychologische Vergleiche 4
      5.3  Evaluation und Kontrolle einzelner Aufgaben in der Exploration am 14.10.2002 1. Teil  (Teil-Aussagen 1-129 zum nacherzählten Montagsgeständnis) 4
      5.4  Wichtige Sachverhalte nicht exploriert 4
      5.5  Widersprüche nicht beachtet 5
      5.6  Wichtige oder problematische Sachverhalte nicht aufgeklärt 5
      5.7  Geschichten erfinden 5
      5.8 Falsche Bewertung und Schlussfolgerungen der Nacherzählung der Montagsgeschichte 5
      6. Zu Prof. Dr. Kröbers "Zusammenfassung und Beurteilung" (S. 55 ff) 5
      6.1 Aussagetüchtigkeit 5
      6.2 Die Geständnisse 5
      6.2.a  Kein Motiv für falsches Geständnis 5
      6.2.b. Keine Einflussnahme der Vernehmer 5
      6.2.c  Geständnisvergleiche 5
      6.2.d  Peggys Sturz als Argument für Glaubhaftigkeit 6
      6.2.e  Argument der gut klappenden Rekonstruktionen 6
      6.2.f   Schlüssiges Motiv für Kontakt zu Peggy am Montag 6
      6.2.g  Keine Anhaltspunkte für frühere Parallelerlebnisse 6
      6.2.f2  Erklärung für einige Falschangaben und wo die Leiche geblieben ist 6
      6.2.h  Falsche oder fehlende Angaben: alles kein Problem 6
      7. Zur Qualifikation Prof. Dr. Kröbers 6
      Anlagen 8
      Anlage 1  Die Gliederung und Struktur des Gutachtens von Prof. Dr. Kröber 8
      Anlage 2  [Kommentiertes] Transkript des Gespräches mit Ulvi Kulac am 14.10.2002 im BKH Bayreuth ab 8.40 Uhr 10
      Anlage 3  Kerngeschichte der Nacherzählung die Ulvi Kulac der Polizei erzählt hat 28
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    Ausgewiesene Daten auf die sich das GA vn Prof. Dr. Kröber stützt
    Aus ihnen geht klar hervor, dass Prof. Dr. Kröber die früheren Vernehmungen vorlagen und damit die Geschichte der Aussageentstehung:
      "Das Gutachten stützt sich auf die Kenntnis der übersandten drei Leitz-Ordner mit Vernehmungsprotokollen mit Herrn Kulac, der [>2] psychiatrischen Gutachten der Landgerichtsärztin Frau J       über Herrn Kulac, der Sozialakte über Herrn Kulac sowie auf einen zusammenfassenden Bericht der Kriminalpolizei vom 05.08.2002 über den Verlauf der Vernehmungen und die dort gesehene Problematik. Diese Unterlagen wurden vervollständigt durch das Zufaxen des psychologischen Zusatzgutachtens vom 27.12.01 des Herrn Dipl.-Psych. P ..   K ..    sowie eine Ergänzung zum Zwischenbericht der Kriminalpolizeiinspektion Hof, Soko Peggy, zur Erstellung eines Gutachtens bezüglich der Aussagefähigkeit vom 20.08.2002, der am selben Tage zugefaxt wurde.
          Durchgesehen wurden des weiteren die Vernehmungen des Vaters E     Kulac und die dazugehörigen Vermerke.
          Durchgesehen wurde zuletzt der Schlußbericht der Kriminalpolizei vom 08.10.2002.
      Weiter basiert das Gutachten auf der Kenntnis der drei zugesandten Videobänder zur Tatrekonstruktion vom 02.07.2002 sowie vom 30.07. und 01.08.2002; das erstgenannte, ca. zwanzigminütige Video-Band (2.7.02) konnte aus technischen Gründen (ständige Bildverzerrungen) nur akustisch wahrgenommen werden werden.
          Das Gutachten erfolgt des weiteren in Kenntnis der einbändigen Ermittlungsakte (Duplo) 242 Js 10292 und der zweibändigen Ermittlungsakten (Duplo) aus dem Verfahren 22 Js 12451/01 der Staatsanwaltschaft Hof. [>3]
          Schließlich basiert das Gutachten auf der psychiatrischen Exploration und Untersuchung des Beschuldigten am 22. und 23.08.2002 und am 10.09. sowie 14.10.2002 auf der Station FP 6 des Be[>4]zirkskrankenhauses Bayreuth. Bei der Exploration vom 14.10.02 zum einstigen Geständnis wurde das Gespräch mit Einverständnis von Herrn Kulac auf Tonband aufgezeichnet."
        Es folgen die eigenen Untersuchungsdaten und die Bezugnahme auf Prof. Steller & Dr. Volbert.
    __
    Aussageentstehung
      Jansen (2004), Rn 414: "Entstehungsgeschichte der Aussage
      Undeutsch FN308 hat schon in seiner grundlegenden Veröffentlichung im Jahr 1967 auf die Bedeutung der „Geschichte der Aussage" hingewiesen und ausführliche Ausführungen zur „Geburtsstunde der Aussage", der „Erstbefragung", der „Entwicklung der Aussage" und „Zurücknahme - Widerruf gemacht.
          In der Grundsatzentscheidung zu aussagepsychologischen Gutachten hat der BGffi09 klargestellt: BGH [1 StR 618/98]
      'Im Rahmen der Fehlerquellenanalyse wird es in Fällen, bei denen - wie hier - (auch unbewußt) fremdsuggestive Einflüsse in Erwägung zu ziehen sind, in aller Regel erforderlich sein, die Entstehung und Entwicklung der Aussage aufzuklären (vgl. Steller/Volbert aaO S. 24, 31 f.; Köhnken aaO 297). ...
      Die Feststellung der Aussagegenese stellt insofern einen zentralen Analyseschritt dar (Gutachten Prof. Dr. Steller). Besonders dann, wenn es sich bei dem möglichen Tatopfer um ein (jüngeres) Kind handelt, werden zu diesem Zweck die Angaben der Personen, denen gegenüber es sich zu den Tatvorwürfen geäußert hat (z.B. Eltern, Lehrer), zu berücksichtigen sein (BGH StV 1995,451 f.; Scholz/Endres NStZ 1995, 6, 10).'"
        Das gilt natürlich nicht nur für Opfer, sondern auch für Beschuldigte und Angeklagte, erst recht, wenn sie minderbegabt, eigen und einer kindlichen Entwicklungsstufe gleichzusetzen sind.
        Die Geschichte der Aussageentstehung beginnt mit ihrem ersten Aufkommen. Von großer Bedeutung ist die Erstausage, wie Stern schon 1926 formulierte: "Von den ersten Vernehmungen hängt also geradezu die ganze Zukunft des Prozesses ab: In ihnen wird eigentlich fast immer der Sachverhalt endgültig geklärt oder endgültig verschleiert" (1926,47)." > Die Bedeutung der Erstaussage.
    __
    BGH 1 StR 618/98 - Urteil v. 30. Juli 1999 (LG Ansbach)
      Rn 55  "bb) Entsprechende Maßstäbe gelten für die Mitschriften und die - mit dem Einverständnis des Untersuchten - im Interesse einer besseren Dokumentation in der Regel zu erstellenden Audio- und ggf. Videoaufnahmen (kritisch Arntzen aaO S. 141) der Exploration zur Sache, die zur Vermeidung von Erinnerungsverfälschungen bei der Analyse und Bewertung der Bekundungen anzufertigen sind, weil jedenfalls die Durchführung der Aussageanalyse bei komplexen Sachverhalten ohne verwendbare Aufzeichnung des Ablaufs der Exploration als nicht möglich erscheint (Gutachten Prof. Dr. Steller; Eisenberg aaO Rdn. 1798; Greuel/Offe/ Fabian/Wetzels/Fabian/Offe/Stadler aaO S. 68, 251; Steller/Volbert aaO S. 27; Deckers aaO S. 1369 f.). "Rn 56: Das bedeutet aber nicht, daß das Explorationsgespräch im Gutachten unbedingt vollständig wiederzugeben ist. Ausreichend und wegen der größeren Übersichtlichkeit vorzugswürdig ist ein Bericht, der das Gespräch nur insoweit wörtlich - ggf. unter Schilderung von Ablauf und Begleitumständen - darstellt, wie es für die Bearbeitung des Gutachtenauftrags von Bedeutung ist. Insofern gilt nichts anderes als für die entsprechende Darstellung in den schriftlichen Urteilsgründen (vgl. BGH, Urt. Vom 7. März 1996 - 1 StR 707/95). Im übrigen sind die bezeichneten Materialien - wenigstens bis zur Rechtskraft des Urteils, im Hinblick auf eine eventuelle Wiederaufnahme des Verfahrens besser darüber hinaus - aufzubewahren und bei Bedarf in der Hauptverhandlung nach den Maßstäben der gerichtlichen Aufklärungspflicht vorzulegen (s. auch Zuschlag aaO S. 123)."
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    siehe Anlage 1 Die Gliederung und Struktur des Gutachtens von Prof. Dr. Kröber
    Ein Inhaltsverzeichnis mit übersichtlicher Gliederung gibt es nicht. Ich habe daher die Gliederung aus dem Text entnommen:
     
    • Einführung S.1
    • Beweisfrage Aussagetüchtigkeit S.1
    • Anknüpfungsachverhalte
      • Aktenunterlagen (3 Leitzordner)
      • Psychiatrisches Gutachten der Landgerichtsärztin Janovsky
      • Sozialakte über Herrn Kulac
      • Schlußbericht Kriminalpolizei vom 8.10.2002 über den Verlauf der Vernehmungen
      • Zusatzgutachten Dipl.-Psych. Paul Keller vom 27.12.2001
      • Ergänzung Zwischenbericht Soko Peggy zu Gutachten Aussagefähigkeit vom 20.8.2002
      • Durchgesehen weitere Vernehmungen des Vaters Erdal Kulac
      • Drei Videobänder zur Tatrekonstruktion vom 2.7.2, 30.7.2, 1.8.2
      • Einbändige Ermittlungsakte (Duplo) 242 Js 10292/00 und der zweibändigen Ermittlungsakten (Duplo) aus dem Verfahren 22 Js 12451/01 der Staatsanwaltschaft Hof.
      • Eigene Explorationen 2. und 23.8., 10.9, und 14.10.2002 auf Station FP6.
      • Berufung auf die Methodik, wie sie der BGH 1999 vorgegeben hat.
      • Berufung auf ständige Diskussion mit Prof. Steller und Dr. Volbert u.a. auch des konkreten Falles.
    • PSYCHIATRISCH RELEVANTE AKTENINFORMATIONEN
      • Jetzige Tatvorwürfe S. 3
      • Peggy Knobloch S. 3
      • Sexueller Übergriff auf Peggy Knobloch am Donnerstag, 3.5.2001 S. 3
      • Akteninformationen zur Person Ulvi Gürcan Kulac S. 4
      • Kinderkrankheiten S. 5
      • Schulschwierigkeiten S.5
      • Ulvi Kulac als Heranwachsender und Erwachsener S. 7
      • Frühere Delikte S.8
    • Bisherige psychiatrische Gutachten
      • Janovsky S. 10
      • Dipl.-Psych. Paul Keller Intelligenz S. 11
      • Krankenakte des BKH Bayreuth S. 12
      • [RS zu Sex und Peggy S. 14f]
    • Aus den Vernehmungsakten S. 15
      • Video-Rekonstruktionen S. 21
      •  1. Video vom 02.07.2002 Tatablauf 7.5.2001
      •  2  Video vom 30.07.2002,  53 Min,  Tatablauf 7.5.2001.
      •  3. Video vom 01.08.2002, 59 Min, überwiegend Tatrekonstruktion 3.5.2001
      •  Angaben aus einer Vernehmung des Vaters EK S. 21
    • JETZIGE UNTERSUCHUNGEN S. 23
      •  Aktuelle Situation S. 23
      •  Angaben zu den Tatvorwürfen S. 27
      •  Eigene Angaben zur Lebensgeschichte S. 29
      •  Himmelfahtsausflug S. 31
      •  Sexuelle Erfahrungen S. 31
      •  Tat gegenüber Peggy Knobloch am 3. Mai 2001 S. 32
      •  Untersuchungsgespräch am 10.09.2002  S. 33
      •  Zu den Tatvorwürfen im Gespräch am 10.09.2002 S. 33
      •  Transkript des Gespräches mit Ulvi Kulac am 14.10.2002 im BKH Bayreuth ab 8.40 Uhr S. 35
      •  Psychischer Befund S. 53
      •  Diagnosen S. 55
    • ZUSAMMENFASSUNG UND BEURTEILUNG S. 55

    • [Überschriften in eckigen Klammern von RS]
      • 1. Aussagetüchtigkeit S. 55
      • 2. Glaubhaftigkeit der Geständnisse S. 58  [Überschriften von RS]
      • 2.a   [RS: Kein Motiv für falsches Geständnis] S. 58
      • 2.b   [RS: Keine Einflussnahme der Vernehmer]
      • 2.c   [RS: Geständnisvergleiche] S. 59
      • 2.d   [RS: Peggys Sturz als Argument für Glaubhaftigkeit]  S. 60
      • 2.e   [RS: Argument der gut klappenden Rekonstruktionen] S. 61
      • 2.f    [RS Schlüssiges Motiv für Kontakt zu Peggy am Montag] S. 62
      • 2.g   [RS Keine Anhaltspunkte für frühere Parallelerlebnisse] S. 62
      • 2.h.  [RS Falsche oder fehlende Angaben kein Problem] S. 63
    __
    siehe bitte Anlage 2   Numerierte Aussagen der 4. Exploration: durchgezählt und Besonderheiten Aussage für Aussage signiert, kommentiert und dokumentiert in der Ausarbeitung für den Rechtsanwalt.
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    siehe Beispiel Anlage 3  in der Ausarbeitung für den Rechtsanwalt dokumentiert (Grundlage für eine systematische und differenzierte Aussagenanalyse).
    __
    das sagen  So stand es in dem mir übermittelten Text. Es kommt in natürlichen Explorationen immer wieder zu sprachlichen Ungereimtheiten, z.B. Füllwörtern oder Wiederholungen. Sofern man versteht, worum es gehen soll, spielt das keine Rolle und ist auch nicht als Fehler zu werten.
    __
    § 136a StPO Vernehmung > Vernehmung in Bayern.
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    Reid-Methode
    > KrimLex. > Buch 26. Kapitel: Wie die Kripo Geständnisse produziert, S. 237-245. Die Einführung und Erprobung dieser hochgradig manipulativen Methode in Bayern geht offenbar auf Inititiative Becksteins zurück.
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    Suggestivfragen  > Vernehmungsfehler. > Vernehmung in Bayern.
    sind eine Todsünde der Exploration und Vernehmung mit einer Ausnahme, wenn nämlich die Suggestibilität getestet werden soll. Das Wesen der Suggestivfrage ist, dass ein Wissen oder eine Erinnerung vorgegeben, statt offen erfragt wird. Ic h habe schon Fälle erlebt, wo die VernehmerIn mit der ersten Frage "Wie war das mit dem Missbrauch?" einstieg. Damit wurde bereits am Anfang vorgegeben, was überhaupt erst ermittelt werden soll. Es gibt ein paar unterschiedliche Arten von Suggestivfragen, z.B.: (1) Ja-Nein-Fragen, (2) Geschlossene Vorgabe, (3) Zweifeln oder In-Frage-stellen, (4) Bekräftigen oder gar Belohnungen oder das Gegenteil, (5) Vorgabe, was erst herausgefunden werden soll, (6) Wiederholungen und Instierungen, (7) Wertungen und Entwertungen von Antworten, (8) Falschinformationen und Täuschungen ...
        Richtig explorieren und befragen ist eine hohe Kunst, die im Prinzip fast jeder lernen kann, aber auch muss. Sie fällt niemand in den Schoß und wird auch nicht vererbt. Peters führt hierzu (1972, 2.Bd. S. 142) aus: "Es ist eigentlich erstaunlich, daß offenbar bei Juristen weithin die Vorstellung herrscht, daß die Beherrschung der Vernehmungsmethoden und der Grundfragen der Zeugenpsychologie sich in der Praxis von selbst ergibt."
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    Volbert 2013 "Warum legen Beschuldigte falsche Geständnisse ab?
      Grundsätzlich lassen sich 2 Gruppen von falschen Geständnissen unterscheiden [20], nämlich freiwillige falsche Geständnisse, also solche, die ohne Zutun von Ermittlungsbehörden zustande kommen, und solche, die erst im Laufe von Vernehmungen abgelegt werden.
          Als Gründe für freiwillige falsche Geständnisse werden ein pathologisches Streben nach Berühmtheit, ein bewusstes oder unbewusstes Bedürfnis nach Selbstbestrafung aufgrund von Schuldgefühlen oder eine krankheitsbedingte Beeinträchtigung der Realitätskontrolle diskutiert [17]. In einem nicht unerheblichen Teil dieser Fälle erscheinen die Hintergründe aber auch rationaler. Freiwillige Geständnisse werden beispielsweise abgelegt, um den eigentlichen Täter zu decken oder auch um von einer tatsächlich begangenen eigenen schwerwiegenderen Tat abzulenken [9, 30]. In Befragungen gab jeweils mehr als die Hälfte den Schutz eines anderen als Grund für ein Falschgeständnis an. Erst an zweiter Stelle wurde der polizeiliche Befragungsdruck genannt. Hierbei ist aber zu berücksichtigen, dass diese Angaben sich überwiegend auf nicht schwerwiegende Delikte bezogen [10].
          Im Fokus der meisten Untersuchungen stehen aber die auf Befragungsdruck abgelegten falschen Geständnisse. Dies hat vermutlich nicht zuletzt damit zu tun, dass Fälle nachgewiesener Fehlurteile v. a. Konstellationen aufweisen, bei denen erst nach längerer polizeilicher Befragung ein Geständnis abgelegt wurde.
          Diese falschen Geständnisse werden in der Regel nicht durch einzelne, sondern durch eine Kombination von Faktoren ausgelöst [25]. Hierbei kommt der Kombination von personenspezifischer Vulnerabilität und unangemessenen Vernehmungsmethoden besonderes Gewicht zu."
          An personenbezogenen Risikofaktoren benennt Volbert: Jugendliches Alter, Intellektuelle Beeinträchtigungen, Psychische Störung. Sie kommt hinsichtlich der Untersuchung zu dem Ergebnis (S. 235): "Hierbei ist allerdings zu beachten, dass andere Rahmenbedingungen vorliegen als bei der Begutachtung von Zeugenaussagen und dass eine schematische Übertragung der Methode von der einen auf die andere Fragestellung zu falschen Ergebnissen führen kann (ausführlich dazu [48])."
        Die Arbeit schließt mit dem wichtigen Abschnitt "Zusammenfassung und Schlussfolgerungen für die Praxis".
    __
    Wegener (1991), S. 317f (fett-kursiv RS): "Folgerungen und Desiderata
      Die exemplarisch ausgewählten, empirisch-experimentell gewonnenen Theorien und Modelle erscheinen geeignet, die besonderen psychischen Bedingungen von Geständnissituationen unter starkem Druck abzubilden. Der Gefahr, privat ausgedachte, unrichtige theoretische Annahmen über das Beschuldigtenverhalten durch Berufserfahrung vermeintlich zu bestätigen, kann nur durch Grundlagenforschung begegnet werden. Theorielosigkeit oder ungeprüfte Alltagspsychologie entsprechen nicht den hohen Anforderungen an eine Geständnisvernehmung; Engagement und gute Vorsätze des Fragenden allein verhindern keine Irrtümer und Vernehmungsmängel. Beide können aber durch Beachtung psychologischer Erkenntnisse der genannten Art reduziert werden.
          Ein eindringliches Desiderat soll der Praxis gelten: Die akribische Dokumentation jeder Beschuldigtenvernehmung zum Zwecke der Rekonstruktion möglicher Positionseffekte, Suggestionen, Gratifikationen, Sanktionen, Selbstformulierungen des Beamten, Denaturierung des Protokolls durch Einfügung polizeilicher oder juristischer Gesichtspunkte oder Begriffe, des Freezingeffekts und v.a. der entscheidenden Phase des „Shifting" vom Leugnen zum Geständnis muß angestrebt werden. Bei voller Anerkennung der Schwierigkeiten für die ermittelnden Beamten muß ein nicht genau protokolliertes (oder besser elektronisch aufgenommenes) „informelles" Vorgespräch als ungeeignetes Mittel, ja als drohende Fehlerquelle für die Wahrheitsfindung beurteilt werden. Hier fallen in der Regel die entscheidenden Worte, nicht jedoch in der nachher formell protokollierten Vernehmung, in die naturgemäß die Effekte der vorher (ohne Protokollierung!) gestellten Fragen mit Antwor-[>318] ten eingehen. Die später in der Hauptverhandlung abgegebene Erklärung der Vernehmungsperson, daß der Inhalt des Vorgesprächs dem der schriftlich formulierten Vernehmung entsprochen habe, kann aus zahlreichen psychologischen Gründen nicht ausreichen. Neben anderen haben Rasch u. Hinz (1980) sowie Hannover (1989), allerdings in einem anderen Zusammenhang, zu Recht auf die Problematik dieses Vorgesprächs hingewiesen. Hier sollte endlich der heutige Stand psychologischer Forschung und technischer Möglichkeiten zu seinem Recht kommen.
          Auch im Bereich der anwendungsorientierten Grundlagenforschung bedarf es weiterer und umfangreicher Projekte, um die vorhandenen Theorien auszuweiten, empirisch zu prüfen, ggf. zu falsifizieren und durch bessere zu ersetzen. Diese Forderung entspricht sowohl dem grundlegenden methodischen Vorgehen empirischer Wissenschaft als auch den berufsethischen und rechtsstaatlichen Zielen einer Humanisierung und Optimierung des Strafverfahrens.
          „Sicherlich ist nicht immer unschuldig, wer unter Zwang ein Geständnis abgelegt hat" (Altavilla 1955, S. 354). Auch sollte psychologische Methodenkritik nicht Anlaß geben zu einer pauschalen Diffamierung des Ermittlungsverfahrens. Die Darstellung psychologischer Erkenntnisse in diesem Zusammenhang rechtfertigt sich jedoch aus der Hoffnung, daß durch vermehrte Beachtung der psychophysischen Situation des Beschuldigten Fehlerquellen auf beiden Seiten verringert werden können."
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    Titelbilder Gudjonsson, Schütz et al.
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    Gudjonsson (1992), S. 226-228  Markierungn von RS
    Zusammenfassung der Hauptgründe für Falschgeständnisse nach Gudjonsson 1992:
    • Freiweilige falsche Geständnisse ("voluntary falce confessions")
      • Aufmerksamkeits- oder Mittelpunktstreben
      • Selbstbetrafungsmotive
      • Probleme Phantasie und Wirklichkeit auseinanderzuhalten
    • Erzwungene falsche Geständnisse ("coerced-compliant false confessions") aufgrund spezieller, langer Vernehmungsmethoden und besonders zunehmenden Druck
      • Es hinter sich bringen wollen
      • Endlich seine Ruhe haben wollen
    • Verinnerlichte Falschgeständnisse ("coerced internalzed false confessions") bei unklaren oder fehlenden Erinnerungen an die Tat (die ja nicht begangen wurde) werden die (suggestiven) Vorgaben der Vernehmer mehr und mehr verinnerlicht.
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    Eisenberg (2013)
    Einleitend fett: "Der Fall ist geeignet, das Zusammenwirken von (unter politischem Druck stehender) Polizei, einem von der Staatsanwaltschaft beauftragten (nicht kompetenten) psychiatrischen Sachverständigen und der Strafkammer eines Landgerichts mit dem Ergebnis einer allem Anschein nach falschen Verurteilung zu veranschaulichen. Im Einzelnen sind sowohl strafverfahrensrechtlich als auch kriminalistisch und aussagepsychologisch unterlaufene Fehler nicht zu verkennen." Und, S. 863:
    "1. Verdeckung möglicher Widerrufsgründe
    Zum Widerruf findet sich schon eingangs des Gutachtens FN37 folgende Äußerung: „alle in der wissenschaftlichen Literatur angegebenen Gründe für ein falsches Geständnis treffen bei dem Beschuldigten nicht zu" - zitiert werden hierzu pauschal Wegener und Gudjonsson, obwohl gerade diese Forscher auf dem Gebiet der Vernehmungs- und Aussagepsychologie die Konstellationen des inhaltlich zutreffenden Widerrufs eines durch Vernehmungsdruck zustande gekommenen Geständnisses nachgewiesen haben und in dem hier erörterten Einzelfall zumindest nach den vom Beschuldigten angegebenen Gründen FN38 eine solche Entstehung nicht fern liegt. Der Sachverständige wertete diese Gründe ohne nähere Darlegung als „keine Gründe" FN39 bzw., schon vorweg, es liege kein überzeugendes „Motiv" für den Widerruf vor. FN40 Laut Urteil blieb der Sachverständige X in der Hauptverhandlung bei seiner Position, obwohl im Gutachten Y vergleichbare Angaben des Beschuldigten referiert sind, FN41 die dieser dem Sachverständigen Y gegenüber machte."
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    Berichtigung der Seitenzahlen nach dem PDF-Original
    Mir lag zunächst das Gutachten im seitenkomprimierten Word.doc-Format vor (Unterschrift S. 64). Inzwischen habe ich die Seitenzahl-Originalfassung im PDF-Format erhalten (Unterschrift S. 128). Ich habe die entsprechenden Seitenangaben korrigiert, so dass man nun auch mit Zitatfundstellen anderer Autoren (z.B. Eisenberg) leichter vergleichen kann.
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    Zusatzerklärung zu 6.2c  Geständnisvergleiche 11.4.14
    Im beck-blog argumentierte am 11.4.14 ein Gast, der schrieb: "@ Dr. Sponsel: Ich lese das jetzt nicht zum ersten Mal bei Ihnen: 'Dieses Gutachten ist […] geradezu grotesk falsch in seiner Grundidee (eine falsche Geschichte, die richtig nacherzählt werden kann, muss wahr sein)." Damit unterstellen Sie, dass Prof. Kröber wusste, dass die Geschichte falsch ist. Können Sie das belegen?'
        Unter dem Titel "Suggestiv induzierte Konstanz als Argument - Kröber erfindet ein neues aussagepsychologisches Kriterium" ging ich wie folgt auf die Kritik ein (bb 11.4.14, #24):
      "Sie werden es auch nicht zum letzten Mal lesen. Ich unterstelle gar nichts, sondern analysiere, was Kröber gemacht hat und ziehe daraus meine Schlüsse. Kröbers Untersuchungskonzept liegt ja nicht vor und ist sein Geheimnis; auch das ist ein schwerer Gutachtenfehler. Seine Logik und Methodik muss also erschlossen werden. Aber ich gebe zu, der Sachverhalt hat seine Tücken. Daher noch einmal ausführlicher. Der hier entscheidende Punkt mit unerträglichen Mehrfachfehlern ist, Zitat Kröber (bei mir in 4.3, 4.4.1):
          'Herr Kulac, ich würde gerne von Ihnen noch mal genau haarklein erzählt bekommen, was Sie der Polizei im Juli erzählt haben. Da ist ja sowohl bei der Polizei zweimal ein Gespräch gewesen oder sogar dreimal, wo Sie gesagt haben, dass Sie die Peggy an dem Montag getroffen haben.'
          Abgesehen davon, dass hier mehrere Geschichten - bei einem geistigen Behinderten! (Verständnis nicht einmal evaluiert) - ineinander greifen, geht es um das - später widerrufene - Geständnis. Das Geständnis soll nacherzählt werden. Gelänge  dies, so wertet Kröber dies als entscheidendes Konstanz- und Glaubhaftigkeitsmerkmal. Obwohl nur suggestiv-induziert und durch extrem viele Wiederholungen und Insistierungen im Vorfeld - in Kröbers Augen es - "gelingt", ist die grundlegende Logik: eine so gut nacherzählte, konstante, Geschichte, kann nicht falsch, also muss der Widerruf falsch sein. Es ist hierbei gleich, ob die nacherzählte Geschichte wahr oder falsch ist, sie wird als wahr bewertet, wenn sie konstant nacherzählt wird. In Ulvi Kulacs Augen war das Geständnis bei der Begutachtung falsch, also eine falsche Geschichte. Kann diese falsche Geschichte aber konstant nacherzählt werden, so muss sie nach Kröbers Logik richtig sein. Falsche Geschichte heißt an dieser Stelle: in Ulvis Augen zum Untersuchungszeitpunkt.
          Zwei ganz wichtige Sachverhalte sind hier zu berücksichtigen. Erstens ist das Erscheinen Peggys am Montag suggestiv induziert durch Kröber hereingebracht worden. Zweitens hat es extrem viele  Wiederholungen und suggestive Insistierungen im Vorfeld gegeben.
          Es ist ein ungeheurerer Vorgang, wenn der Gutachter, den entscheidenden Sachverhalt, den Ulvi Kulac nicht von sich aus berichtet, nun plötzlich selber suggestiv induziert (unten 2.1). Spätestens hier hätte man sagen müssen: 6, setzen, Honorar zurückerstatten.
          Nachdem Ulvi sehr lange den Tagesablauf - ohne Peggybegegnung - geschildert hat (71 Zeilen. 731 Wörter) greift Kröber gleich zu Beginn mit seiner 2.1 Einlassung ein:
          'Kröber-02.1: Jetzt haben wir uns das angehört, das letzte Stückchen, und das ist soweit okay. Nun haben Sie ja eine Geschichte erzählt, die noch nicht ganz dem entspricht, was Sie bei der Polizei erzählt haben Da fehlt mittags rum ein Stück. Dieses Stück würde mich noch mal interessieren, was Sie da der Polizei erzählt haben, daß Sie der Peggy begegnet haben. Ich weiß, daß Sie jetzt sagen, Sie sind der Peggy an dem Montag nicht begegnet. Aber damals haben Sie der Polizei was anderes erzählt. Das würde ich gerne noch einmal von Ihnen hören, was Sie damals der Polizei erzählt haben, als Sie da am Henri-Marteau-Platz sitzen, auf der Rentnerbank, glaube ich.' (S. 74)
          Das zeigt: Kröber kann von fachgerechter aussagepsychologischer Exploration nicht die geringste Ahnung haben oder er verfolgte andere Ziele. Kröber war an Ulvi Kulacs Geschichte ganz offensichtlich gar nicht interessiert, wie bereits seine zweite (von 226) Einlassung zeigt. Er will seine Nacherzählung auf Teufel komm raus. Also, schließe ich, ist seine grundlegende Idee: Kann das falsche Geständnis richtig nacherzählt werden, kann es nicht falsch, sondern muss es richtig sein."
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    Staatskriminalität      > Literatur. >  > Unrecht im Namen des Rechts.
    Staatskriminalität ist einfach zu definieren: das sind im engeren Sinne die Straftaten, die Menschen im Staatsdienst begehen und im weiteren Sinne alle die, die im Auftrag des Staates Dienstleistungen verrichten. Kurz: Straftaten von Staatsbediensteten bilden die Staatskriminalität. In der Hauptsache sind das Beamte, Angestellte und Freiberufler im Dienste des Staates. Von oben nach unten sind das Kanzler, Präsidenten Minister, Ministerialbeamte, Abgeordnete, Professoren, Richter, Staatsanwälte, Polizisten, Geheimpolizei, Staats- und Verfassungsschutz, Spione, Militärs, Vollzugsbeamte, Ärzte, Lehrer, Erzieher, Krankenpfleger, Verwaltungsbedienste u.a.m. Staatskriminalität ist ein normales Phänomen, wenn man unterstellt, dass Staatsbedienstete keine besondere und höhere Menschenart darstellen. Aber die Immunisierungs-, Schutz- und Deckungsmechnismen innerhalb des Staatsapparates sind sehr ausgeprägt und daher Aufdeckung und Verfolgung nicht sehr zugänglich. Bedenkt man, dass die Verjährungsfrist von Rechtsbeugung bei RichterInnen ganze 5 Jahre beträgt, so dürfte allein dieser Umstand nur ganz selten zur angemessenen Verfolgung führen. Mit Staatskriminalität befasst man sich bevorzugt, wenn es um andere Staaten geht oder man weicht auf historische Betrachtungen aus. Ein einfacher Beleg hierfür ist, wie wenig Literatur, Forschung und investigative Arbeiten - Ausnahme z.B. Jürgen Roth - man hierzu findet. Die allgemeine selbstzufriedene Lebenslüge lautet: das war einmal, das gibt es bei uns nicht, das gibt es bei den anderen.
    Wer Staats-, Regierungs-, Polizei- oder Justizkriminalität anegeht, läuft u.a. Gefahr, ganz schnell kriminalisiert oder psychiatrisiert zu werden.
    Das Online-Lexikon Kriminologie führt aus:
      "Regierungskriminalität
      Unter Regierungskriminalität werden Straftaten verstanden, die von Regierungen oder ihren ausführenden Organen verübt, unterstützt, vorbereitet oder gedeckt werden oder zu denen von diesen angestiftet wird.
      Die Regierungskriminalität bezieht sich auf Straftaten, deren Ziel die Vergrößerung oder Erhaltung politischer und ökonomischer Macht ist. Dazu gehören Straftaten, wie beispielsweise der Stimmkauf, die Wahlfälschung oder die Korruption.
      Die Regierungskriminalität wird von der Makrokriminalität abgegrenzt, zu der Straftaten wie Kriegsverbrechen, Menschenrechtsverletzungen oder der Genozid zählen. Beide, Regierungs- und Makrokriminalität, bilden gemeinsam die sogenannte Staatskriminalität. ..."
        Folgendes Beispiel aus dem 3. Reich: Carl Schmitt »Der Führer schützt das Recht« bringt man z.B. gerne:
      "... Auch daraus mag man etwas lernen, etwa wie stark Recht von Ideologien beeinflusst wird. Im Vordergrund steht aber die zeitgeschichtliche Bedeutung der Darstellung. Manches sollte jungen Juristen schlechthin bekannt sein. So etwa, dass Carl Schmitt unmittelbar nach der Ermordung von etwa 85 Menschen am 30. Juni 1934 – Staatskriminalität, für die die NSPropaganda die Bezeichnung »Röhm-Putsch« verbreitete – einen Aufsatz schrieb mit dem Titel »Der Führer schützt das Recht« (Deutsche Juristenzeitung v. 30.8.1934, Sp. 945). Die Pe:rvertierung des Rechts war Teil der durch den Nationalsozialismus herbeigeführten Katastrophe. Das kann im Einzelnen bei Michael Stolleis nachgelesen werden. ..." [ja-aktuell: Michael Stolleis, Geschichte des öffentlichen Rechts in Deutschland C.H. Beck, Vier Bände]
        Graue Staatskriminalität Mit grauer Staatskriminalität ist Abwiegelungsverhalten gemeint, das nur schwer zu greifen ist. Sachen bleiben liegen, werden verräumt, verschwinden, Zuständige sind nicht klar, es wird vorbei geantwortet, gar nicht geantwortet, verspätet gewantwortet; unötig wird nachgefragt, Zeit geschunden; man stellt sich dumm, versteht nicht recht. All diese Machenschaften dienen der Verzögerung, Entnervung, der Behinderung von Aufklärung und angemessener Abarbeitung.
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    Vernehmung von geistig Behinderten (15.4.14)
    • Prof. Dr. Kröbers Beurteilung von Ulvi Kluac's geistiger Behinderung.
    • Prof. Dr. Nedopil zu Ulvi Kulac's Verhandlungsfähigkeit in seinem Gutachten vom 11.06.2003.
    • Richtlinien zum Umgang mit behinderten Menschen.
    • Auskünfte zu den Anfragen des Abgeordneten Florian Streibl zum Fall Ulvi Kulac.
      • Erste Auskunft zur Anfrage vom 17./18. Juli 2012.
      • Zweite Auskunft zur Anfrage vom 21. August 2012.
    • Insbesondere: Die Vernehmung leicht geistig Behinderter. In Kapitel 17 (648f): Die Vernehmung von Personen mit Handicap. In: Habschick, Klaus (2012) Erfolgreich Vernehmen. Kompetenz in der Kommunikations-, Gesprächs- und Vernehmungspraxis. 3. A. Heidelberg: Kriminalistik. [GB]
    • Prof. Dr. Henning Ernst Müller zur Frage der Vernehmung geistig Behinderter und hier Ulvi K.
    • BGH-Hinweis von Herrn Kolos.
    • Siehe auch § 136a StPO: verbotene Vernehmungsmethoden und hierzu sehr informativ erläuternd:  III.  Verbotene Vernehmungsmethoden in: Zweiter Teil. Beschuldigter, Eisenberg, StPO, 7. Auflage 2011, beck-online.


    Prof. Dr. Kröbers Beurteilung von Ulvi Kluac's geistiger Behinderung

      "Deutlich erkennbar ist der Untersuchte von etwas langsamer Auffassung, er muß auf Fragen hin öfter erst mal überlegen und tut dies auch. Insgesamt liegen die intellektuellen Möglichkeiten auch nach dem klinischen Eindruck im untersten Normalbereich, während jedoch, auch ausweislich der früheren testpsychologischen Untersuchungen, eine geistige Behinderung nicht vorliegt, die dem Rechtsbegriff "Schwachsinn" zuzuordnen wäre." (S. 106)


    Prof. Dr. Nedopil zu Ulvi Kulac's Verhandlungsfähigkeit in seinem Gutachten vom 11.06.2003
     

      "Unter Zugrundelegung der bei der Begutachtung festgestellten psychischen Auffälligkeiten, aber auch der durchaus vorhandenen Kompetenzen im kognitiv-mnestisch und intellektuellen Bereich muss Folgendes festgestellt werden:

      1  Die Fähigkeiten des Probanden reichen aus, um einfach strukturierte Fragen - in denen nicht mehrere Sachverhalte gleichseitig gefragt werden oder in denen nur begrenzt Bedingungsgefüge angegeben werden  (nicht aber Konditionalsätze,  bei denen es unter verschiedenen Konditionen Antwortalternativen geben könnte) zu verstehen und zu beantworten.

      2. Er ist in der Lage, seine Aufmerksamkeit und seine Konzentration etwa 2 Stunden aufrecht zu erhalten, er regeneriert sich nach kurzen Pausen schnell und ist über einen gesamten Tag hin belastbar, wenn ausreichende Erholungspausen ermöglicht werden.

      Bei Berücksichtigung dieser Einschränkungen ist Herr Kulac in der Lage, einer Verhandlung zu folgen, ungerechtfertigten Vorwürfen zu widersprechen und einem Verteidiger, dem er vertraut, ggf.  entsprechende Anweisungen zu geben oder bei ihm um Hilfestellung nachzusuchen. Die Voraussetzungen für Verhandlungsunfähigkeit liegen somit bei ihm nicht vor."


    Richtlinien zum Umgang mit behinderten Menschen

      "Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren (RiStBV) vom 1. Januar 1977 geändert mit Wirkung vom 1. April 2012 durch Bekanntmachung vom 13.03.2012 [Fundstelle: BAnz AT 02.05.2012 B1]

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      Umgang mit behinderten Menschen

      (1) Behinderten Menschen ist mit besonderer Rücksichtnahme auf ihre Belange zu begegnen.
      (2) Im Hinblick auf die Ausübung des Wahlrechts nach § 186 Abs. 1 GVG teilt der Staatsanwalt mit Erhebung der öffentlichen Klage in geeigneter Form eine ihm bekannt gewordene Hör- oder Sprachbehinderung mit.
      (3) Es empfiehlt sich, hörbehinderte Personen zur Wiederholung dessen zu veranlassen, was sie von Fragen, Zeugenaussagen oder mündlichen Erörterungen verstanden haben. Wenn sie auch mit technischen Hilfsmitteln zu einer Wiederholung nicht in der Lage sind oder von ihrem Wahlrecht nach § 186 Abs. 1 GVG keinen Gebrauch gemacht haben, ist darauf hinzuwirken, dass eine die Verständigung ermöglichende Maßnahme nach § 186 Abs. 2 GVG ergriffen wird.
      (4) Bei Vernehmungen von geistig behinderten oder lernbehinderten Zeugen empfiehlt es sich, in geeigneten Fällen darauf hinzuwirken, dass nach Möglichkeit eine Vertrauensperson des Behinderten an der Vernehmung teilnimmt, die in der Lage ist, sprachlich zwischen diesem und dem Vernehmenden zu vermitteln.
      (5) Bei Vernehmungen von hör- oder sprachbehinderten Beschuldigten, Verurteilten oder nebenklageberechtigten Personen im vorbereitenden Verfahren soll, sofern dies zur Ausübung der strafprozessualen Rechte dieser Personen erforderlich ist, der Staatsanwalt darauf hinwirken, dass ein Dolmetscher oder Übersetzer herangezogen wird."


    Auskünfte zu den Anfragen des Abgeordneten Florian Streibl zum Fall Ulvi Kulac

      Der Fall Ulvi Kulac stellt noch einmal verschärft das Problem in den Mittelpunkt, ob und wie geistig Behinderte zu vernehmen sind. Hierzu hat dankenswerterweise Abgeordneter Florian Streibl mehrere Anfragen durchgeführt.

      In einer ersten Anfrage des Abgeordneten Florian Streibl (Freie Wähler) zum Plenum vom 17./18. Juli 2012 wird geantwortet (nach PDF-Quelle):

      " ...
      Die Vernehmung von geistig behinderten Beschuldigten richtet sich - ebenso wie die Vernehmung anderer Beschuldigter - nach den Vorschriften der Strafprozessordnung (StPO) und den Richtlinien für das Straf- und das Bußgeldverfahren (RiStBV). Darüber hinausgehende Handlungsanweisungen für den Bereich der Justiz oder der Polizei bestehen nicht, allerdings sind zum Teil Besonderheiten zu beachten. Im Einzelnen sind folgende gesetzliche Regelungen hervorzuheben:

      Die Belehrung des Beschuldigten über die Aussagefreiheit erfolgt nach § 136 Abs. 1 S. 2 StPO (im Ermittlungsverfahren in Verbindung mit § 163a StPO). Die Belehrung ist dabei mit Blick auf den einzelnen Beschuldigten so zu erteilen, dass er ihren Sinn erfassen kann und seine Rechte eindeutig klargestellt werden. Bei geistig Behinderten kann dabei häufig schon im Vorverfahren (§ 141 Abs. 3 StPO) die Bestellung eines Verteidigers in Betracht kommen, insbesondere wenn ersichtlich ist, dass sich der Beschuldigte nicht selbst verteidigen kann (§ 140 Abs. 2 StPO).

      Für geistig behinderte Beschuldigte gilt außerdem die generelle Vorgabe in Nr. 21 Abs. 1 RiStBV, wonach behinderten Menschen mit besonderer Rücksichtnahme auf ihre Belange zu begegnen ist. In Strafverfahren gegen Hirnverletzte sieht Nr. 63 RiStBV die Beiziehung eines Facharztes für Neurologie und Psychiatrie sowie der Kranken- und Versorgungsakten vor. Darüber hinaus wird die Verhandlungsfähigkeit des Beschuldigten, die im Strafverfahren sicher gegeben sein muss und bei Fehlen zur Einstellung des Verfahrens führt, bei Zweifeln vom Gericht im Freibeweisverfahren unter Hinzuziehung eines Sachverständigen zu klären sein. [>3]

      Neben den gesetzlichen Regelungen sind Grundsätze der Vernehmung von Zeugen und Beschuldigten durch die Polizei in entsprechenden Dienstvorschriften geregelt, die allerdings keine gesonderten Anweisungen für den Umgang mit geistig behinderten Menschen enthalten. Aufgrund der Vielfalt geistiger Behinderungen ist der Umgang mit einer Person mit geistiger Behinderung immer einzelfallabhängig, je nach dem Grad der Behinderung bzw. der gegenwärtigen Verfassung der Person. Im Ermittlungsverfahren sind sowohl be- als auch entlastende Beweise zu erheben. Die Ermittlungen erschöpfen sich dabei nicht in der Sachverhaltsfeststellung, sondern zielen auch darauf ab, Anhaltspunkte für den Grad von sittlicher und geistigen Reife sowie der Glaubwürdigkeit und somit eine Gesamtwürdigung der Persönlichkeit sowohl von Tatverdächtigen als auch von Zeugen zu gewinnen. Im Bedarfsfall werden die polizeilichen Ermittlungsmaßnahmen mit der sachleitenden Staatsanwaltschaft abgestimmt."

      Am 21.8.2012 hat Abgeordneter Florian Streibl eine weitere Anfrage an das Bayerische Staatsministerium der Justiz und für Verbraucherschutz gerichtet, die diese am 27.09.2012 wie folgt beantwortet hatte (nach PDF-Quelle):
      "...
      Zu 2 c:
      Welche Richtlinien bestehen beim Umgang mit minderjährigen Zeugen?

      Die Vernehmung von minderjährigen Zeugen im Ermittlungsverfahren richtet sich - ebenso wie die Vernehmung anderer Beschuldigter - nach den Vorschriften der Strafprozessordnung (vgl. §§ 161a, 163 Abs. 3 StPO). U.a. finden daher auch die Rechte auf Hinzuziehung eines Beistandes oder einer Vertrauensperson nach den §§ 406 f, 406 g StPO im Falle von durch die Straftat verletzten Zeugen sowie die Regelung über die Beiordnung eines Beistandes für einen schutzbedürftigen Zeugen nach § 68 b Abs. 2 StPO Anwendung. Letzteres wird regelmäßig bei kindlichen und jugendlichen Opferzeugen oder dann naheliegend sein, wenn sich der Zeuge einer tatsächlich oder rechtlich schwierigen Situation gegenübersieht und daher die Gefahr besteht, dass er seine prozessualen Rechte bei der Vernehmung nicht sachgerecht ausüben kann.

      Für den Falle eines Zeugnisverweigerungsrechts ist die Vernehmung von Zeugen ohne ausreichende Verstandesreife oder -kraft in § 52 Abs. 2 StPO geregelt. Minderjährige und betreute Personen, die von der Bedeutung des Zeugnisverweigerungsrechts keine genügende Vorstellung haben, dürfen nur dann als Zeuge vernommen werden, wenn sie zur Aussage bereit sind und ihre gesetzlichen Vertreter (Eltern, Betreuer) zustimmen. Verstandesreife liegt vor, wenn der minderjährige Zeuge erkennen kann, dass der Beschuldigte etwas Unrechtes getan hat, ihm hierfür Strafe droht und die Zeugenaussage möglicherweise zu dieser Bestrafung beitragen kann. ]>6]

      Neben den gesetzlichen Regelungen sind die Grundsätze der Vernehmung von Zeugen und Beschuldigten sowie insbesondere die Behandlung minderjähriger und jugendlicher Zeugen und Beschuldigter durch die Polizei in entsprechenden Dienstvorschriften umfänglich geregelt.

      Im Übrigen finden sich Regelungen zur Vernehmung von Kindern und Jugendlichen als Zeugen auch in Nr. 19 der Richtlinien über das Straf- und Bußgeldverfahren (RiStBV). Diese betreffen in erster Linie kindliche und jugendliche Opfer zeugen und sollen Mehrfachvernehmungen vermeiden sowie frühzeitige Feststellungen zur Glaubwürdigkeit eines Kindes oder Jugendlichen ermöglichen.
      ..."


    Die Vernehmung leicht geistig Behinderter nach Klaus Habschick (2012) [GB]

      Der sehr informative und kundige Abschnitt "Die Vernehmung leicht geistige Behinderter" (S. 648f) des Kriminalhauptkommissars a.D., leider nicht in [GB] erfasst, führt aus: "Geistig Behinderte haben nach Ericson et al. (1994) folgende Probleme
      a) Personalpronomen können von geistig Behinderten mitunter  nicht richtig verstanden und eingesetzt werden.
      b) Es werden von ihnen nur einfachste Satzkonstruktionen verstanden.
      c) Geistig Behinderte formulieren unverstandene Fragen so oft bis sie sie verstehen. Die Antwort bezieht sich dann auf die von ihnen uminterpretierte Frage.
      d) Geistig Behinderte haben Probleme mit abruptem Themenwechseln. Sie müssen verbal darauf vorbereitet werden.
      e) Geistig Behinderte haben mitunter Probleme mit Fragen, die Zeitbezüge beinhalten.
      f) Sie widersprechen sich zu über 50 % bei gegensätzlich gestellt Fragen aufgrund ihrer ausgeprägten Neigung mit 'Ja' zu antworten. [>649]

          Analysen polizeilicher Vernehmungen von geistig Behinderten ergaben,
      1. dass durch die Vernehmenden häufig Fragen gestellt wurden, die Antwort ,Ja/',Nein' bereits suggerierten,
      2. dass auf den Vernommenen lastender Druck zur erfinderischen Auffüllung von Wissenslücken führte,
      3. dass suggestive Angebote gemacht wurden, wenn geistig behinderten Zeugen die richtigen Worte fehlten,
      4. dass Fragen mit begrenzter Auswahlmöglichkeit (z.B. zwei Alternativen) gestellt wurden,
      5. dass, vor allem gegen Ende der Vernehmung, Informationen, die nicht in die Vorstellung der Vernehmenden passten, ignoriert wurden,
      6. dass durch die Vernehmenden das Verständnis von Fragen nicht ausreichend geprüft wurde,
      7. dass Missverständnisse zwischen Vernehmenden und geistig Behinderten nicht ausgeräumt wurden, und
      8. dass Fragen immer wieder wiederholt wurden mit der Folge, dass die Vernommenen begannen zu raten und von ihrer ursprünglichen Antwort abrückten, weil sie glaubten, die Antwort sei falsch (Cahill et al., 1988, zit. in Milne/Bull, 2003,129 ff.).  ... S. 650:

      Befragungen von geistig Behinderten haben ergeben, dass Vernehmende
      1. langsam sprechen sollen,
      2. einfache Wörter benutzen sollen,
      3. geduldig zuhören sollen,
      4. auf das achten sollen, was Behinderte sagen,
      5. den Behinderten mehr Zeit zur Antwort lassen als anderen,
      6. Fragen nicht so oft wiederholen sollen.

      Bei allem muss die nur kurze Konzentrationsfähigkeit Behinderter ebenso beachtet werden wie Gedächtnisprobleme, Schwierigkeiten beim abstrakten Denken und beim Formulieren. Vernehmende können hier nur mit Hilfe eines ausgesprochen interaktiven Verhaltens und einer starken Anpassung an die Fähigkeiten der zu Vernehmenden den zu Informationen kommen. Da Vernehmenden meist Erfahrung und Training im Umgang mit geistig Behinderten fehlen, ist. nach englischem Modell, die Hinzuziehung einer (nicht beschuldigten) erwachsenen Bezugsperson während der Vernehmung empfehlen wert Das kann irreführende und unzuverlässige Angaben vermeiden helfen."


    Milne & Bull in Vernehmung besonders beeinflussbarer Personengruppen S. 129f:

      "Analyse polizeilicher Vernehmungen
      Die Qualität der Aussage eines geistig behinderten Menschen hängt in den meisten Fällen von der Fähigkeit der jeweiligen Ermittler ab. Allgemein wird angenommen, dass Menschen mit geistiger Behinderung bei einem Kontakt mit der Polizei oder der Justiz benachteiligt sind (z. B. Cockram, 1996), doch gibt es bisher wenig Forschungsarbeiten über das tatsächliche Verhalten in der Vernehmungssituation. In England und Wales sind im Zuge des «Police and Criminal Evidence Act» 1984 Richtlinien erlassen worden, die bei der Vernehmung geistig behinderter Tatverdächtiger besondere Sorgfalt fordern. 1988 hospitierten David Cahill et al. bei mehreren Dutzend Vernehmungen von geistig behinderten Zeugen und Tatverdächtigen. Die zuständigen Polizistinnen und Polizisten gaben offen zu, für diese Situation nicht ausgebildet zu sein. Tatsächlich kamen in den Vernehmun[>130]gen denn auch eine Vielzahl ungeeigneter Verhaltensweisen zum Tragen, die durch ein entsprechendes Training vermeidbar gewesen wären. Dazu gehörten:
      • Ja/Nein-Fragen, die die Antwort bereits suggerierten;
      • übermäßiger Druck, der die Zeugen dazu brachte, «Lücken zu füllen», d. h. Dinge hinzu zu erfinden;
      • Anbieten von Beschreibungen, wenn Zeugen Probleme hatten, eigene Worte zu finden, z. B.: «Wenn die Jacke weder hell noch dunkel war, war Sie vielleicht beige?»;
      • Fragen mit begrenzter Auswahlmöglichkeit, z. B.: «Hatte der Mann ein Messer oder einen Knüppel?»
      • Ignorieren von Informationen, die nicht zur Hypothese des Ermittlers passten, vor allem gegen Ende der Vernehmung;
      • Missverständnisse darüber, was der Zeuge gemeint hat;
      • mangelnde Überprüfung, ob der Zeuge richtig verstanden wurde;
      • Wiederholung gleicher Fragen mit dem Ergebnis, dass die Zeugen begannen zu raten oder von ihrer ursprünglichen Antwort abzuweichen (von der sie angesichts der wiederholten Fragen glaubten, dass es nicht die «richtige» Antwort gewesen sei)."


    Prof. Dr. Henning Ernst Müller  zur Frage der Vernehmung geistig Behinderter und hier Ulvi K.

      "Zur Frage der (Beschuldigten-) Vernehmung geistig behinderter bzw. intelligenzgeminderter Personen
      hat Herr Kolos ja schon ein einschlägiges Urteil beigesteuert. Es ist selbstverständlich so, dass eine Belehrung verständlich erfolgen muss - sonst sind die Angaben unverwertbar. Aber das für das Verfahren gegen Ulvi K.  entscheidende Wort heißt "Widerspruch". Der BGH hat in seiner Revisionsrechtsprechung die so genannte Widerspruchslösung entwickelt mit der Folge, dass anerkannte Verwertungsverbote in der Revision nur noch geltend gemacht werden können, wenn die Verteidigung in der Hauptverhandlung der Verwertung widersprochen hat. D.h. im Gegenschluss: Wenn die Verteidigung in diesem Punkt versagt, kann ggf. eine unterbliebene oder nicht verstandene Belehrung nicht mehr in der Revision gerügt werden - das Verwertungsverbot entsteht gar nicht erst (vgl. zum Fall eines fehlerhaft belehrten Behinderten, bei dem die Staatsanwaltschaft (!) in Revision gegangen war, die Verteidigung aber der Verwertung nicht widersprochen hatte: BGHSt 39, 349, 350 - openjur-Link).

      Für Ulvi K. bedeutet das: Wenn die Belehrung fehlerhaft/unvollständig/für Ulvi K. unverständlich erfolgt ist, dann hat das keinen Einfluss auf die Verwertbarkeit seines Geständnisses, wenn der Fehler in der Hauptverhandlung nicht gerügt wurde und auch nicht in der Revision. In diesem Fall war weder das Gericht noch die Staatsanaltschaft verantwortlich, sondern die Verteidigung. Wie auch schon im Fall Mollath zeigt sich: Schlechte Verteidigung kann großes Verderben über ihre Mandanten bringen.

      Wenn die Angaben der Ermittler diesbezüglich zutreffen (Frau Friedrichsen im Spiegel unterstellt das jedenfalls): Es wäre ein Riesen-Verteidigungsfehler gewesen, den Ermittlern (wie diese sagten) offenbar "freie Hand" zu gewähren bei der Vernehmung und (wie diese sagten)  dem Mandanten zu empfehlen, alles freimütig auszusagen. Er hätte mindestens darauf bestehen müssen, dass sein Mandant nur vernommen wird, wenn er dabei ist und ggf. eingreifen kann. Und er hätte, falls er einen Belehrungsfehler erkannt hätte, gegen die Verwertung des Geständnisses Widerspruch einlegen müssen. Leider kann sich der frühere Verteidiger zu den Vorwürfen nicht äußern, da ihn die Schweigepflicht hindert."


    BGH-Hinweis von Herrn Kolos (beck-blog 14.4.14)

      "BGH 1 StR 475/93 - Urteil vom 12. Oktober 1993 (LG München II)
      https://www.hrr-strafrecht.de/hrr/1/93/1-475-93.php
          "Im übrigen - bei Widerspruch des Beschuldigten - ein Verwertungsverbot anzunehmen, wenn feststeht, daß der Beschuldigte den Hinweis auf sein Schweigerecht nicht verstanden hat, ist trotz des aufgezeigten Unterschieds zu den Fällen unterbliebenen Hinweises deshalb gerechtfertigt, weil sonst ein geistig-seelischer Mangel des Beschuldigten dazu führen würde, sein Schweigerecht - dessen er sich wegen dieses Mangels nicht bewußt ist - wirkungslos zu machen. Auch das würde das Gebot fairen Verfahrens verletzen (vgl. auch LG Verden StV 1986, 97)."


    Protokollvorschriften bei Vernehmungen nach Habschick (2012) S. 659:

      "Bestandteile des Vernehmungsprotokolls müssen sein:
      • Ort und Beginn der Vernehmung;
      • Dokumentation eventueller ärztlicher Vorstellungen zur Feststel­lung der Vernehmungsfähigkeit;
      • Ausführliche (wörtliche) Belehrungsdokumentation mit Bestätigung, dass der zu Vernehmende die Belehrung verstanden hat;
      • Dokumentation der Entscheidung hinsichtlich eines Rechtsbeistandes;
      • Dokumentation zur Anwesenheit Dritter (z.B. bei Minderjährigen);
      • Protokollierung des vorgebrachten Tatvorwurfs bei Beschuldigtenvernehmungen; Protokollierung über Eröffnung des Vernehmungsgegenstandes bei Zeugenvernehmungen;
      • Dokumentation der Anwesenheit Dritter während der Vernehmung;
      • Dokumentation über die Aussageentscheidung mit Begründungen (Inanspruchnahme von Aussageverweigerungs-, Zeugnisrechten);
      • Gestellte Anträge und die Entscheidungen darüber;
      • Dokumentation von Pausen, Telefonaten, Handreichungen von Tabakwaren, Essen, Getränken, Medikamenten;
      • Abschluss der Vernehmung;
      • Unterschriften bei erwachsenen Vernommenen „selbst gelesen, genehmigt und unterschrieben" (zusätzlich Vernehmender, Dolmetscher u. ggfls. Staatsanwalt);
      • Gegebenenfalls Ergänzungsvermerk zu besonderen Verhaltensauffälligkeiten;
      • bei Minderjährigen Eindrucksvermerk (s. S. 571)."


      Quelle: Habschick, Klaus (2012) Erfolgreich Vernehmen. Kompetenz in der Kommunikations-, Gesprächs- und Vernehmungspraxis. 3. A. Heidelberg: Kriminalistik. [GB]

    __
    In eigener Sache Meine verschiedenen Rollen in der Auseinandersetzung
    Mein Engagement - ausgehend von den Fällen der hessischen Steuerfahnder, Gustl F. Mollath, Ulvi Kulac und den Missständen im Maßregelvollzug - wird von manchen kritisch gesehen, weil die Rollenerwartungen an einen Sachverständigen von den traditionellen Erwartungen der Justiz her gesehen werden. Also Zurückhaltung mit Kritik gegenüber Justiz-, Ermittlungsbehörden und sachverständigen KollegInnen. Ich halte diese Rollenerwartungen nur bei direkter Berufung im Grundsatz für richtig, ansonsten aber für mängel- und fehlerstabilisierend und daher für falsch. Ich bin nicht nur Sachverständiger, sondern auch Bürger und Mensch. Nur weil ich Sachverständiger bin, kann und will ich den Bürger und Menschen nicht außen vor lassen. Erst recht nicht, wenn solche desolaten, unerträglichen Zustände herrschen, wie wir sie mit dem hessischen Steuerfahnderskandal, mit dem Fall Gustl F. Mollath, Ulvi Kulac, oder den Fixierung- und Gewaltentgleisungen in der Frauenforensik Taufkirchen vorfinden. Darüber hinaus ist es einfach so, dass sachverständige Kritik vor allem Insider, Leute, die sich auskennen und durchblicken, äußern können. Genau diesen möchte man aber aus durchsichtigen Gründen einen General-Maulkorb verpassen: alles soll so bleiben, wie es ist. Ich bin seit über 30 Jahren - auch - forensisch tätig, ohne bis Frühajhr 2012 zu ahnen, was hierzulande in und mit der forensischen Psychiatrie und der Unterbringungsjustiz tatsächlich geschieht. Die Oberflächlichkeit, der Murks und Pfusch ist von einem Ausmaß und verstößt derartig gegen grundlegende Regeln, dass nicht weiter weggeschaut und geschwiegen werden darf. Mängel und Fehler, die begründet und nachvollziehbar aufgezeigt werden bleiben solche, egal durch welchen Bürger oder Menschen sie aufgedeckt werden. Deshalb sind Sachverständige auch als Bürger und Menschen gefordert. So kann und darf es nicht weiter gehen. Darum muss hingeschaut, ausgesprochen und öffentlich gemacht werden, was im Argen liegt. Dr. h.c. Strate ist hier einen großen Schritt gegangen. Wenn viele ihm folgen, wird sich etwas ändern. Denn der Rechtsstaat stellt sich nicht von selber ein. Er will erkämpft und verteidigt werden. Recht ist viel mehr als Juristenrecht. Wer sich anmaßt, im Namen des Volkes zu sprechen, der muss das Volk auf sein Tun und Lassen schauen und sich auch kritisieren lassen. Sonst ist und wird das nichts mit dem Rechtsstaat.
        Speziell zu meinen Motiven und Rollen im Falle Ulvi Kulac, habe ich im beck-blog Auskunft erteilt:
    • Entstehungsgeschichte Methodenkritische Erstanalyse und (Vor-) Beziehungen zu Prof. Dr. Kröber.
    • Weitere Erläuterungen zur Entstehung der methodenkritischen Erstanalyse.
    • Beweismittel, Aussage, Staatskriminalität.


    Entstehungsgeschichte Methodenkritische Erstanalyse und (Vor-) Beziehungen zu Prof. Dr. Kröber [#27]

      "Frank3 schrieb: Sehr geehrter Herr Dr. Sponsel, darf ich Sie fragen, ob Sie von dem Unterstützerkreis "Pro Ulvi" bzw. dem Pflichtverteidiger Michael Euler für dieses "Gegengutachten" zu Dr. Kröbers Analyse beauftragt wurden? Lagen Ihnen sämtliche Akten vor? Wurden Sie für dieses Gutachten bezahlt? Hatten Sie zuvor schon etwas mit Herrn Dr. Kröber zu tun? Wie unabhängig sind Sie? Danke Frank"
      Hintergrund und Entstehungsgeschichte meiner methodenkritischen Erstanalyse ist hier ausgeführt:
          Es handelt sich nicht um ein "Gegengutachten", sondern, wie dargelegt, um eine methodenkritische Erstanalyse (Sie scheinen nicht genau zu lesen, was mir Ihre Fragen ein wenig verdächtig macht). Ein "Gegengutachten", besser ein eigenes Gutachten, würde die Einbeziehung, Exploration und Untersuchung von Ulvi Kulac erfordern. Dazu wurde ich nicht beauftragt und gebeten.
          Ich habe meine sämtlichen forensischen Dienstleistungen für Gustl F.  Mollath und Ulvi Kulac honorarfrei erstellt. Die gut 600-800 Stunden sehe ich als eine Art ehrenamtliche Hilfe (Bereich "Staatsschutzfeuerwehr" zur Rettung des wohlverstandenen Rechtsstaates) an wie andere z.B. bei der Kirche, Sport, Feuerwehr, im Sozial- oder oder im Kulturbereich sich engagieren. Ich sah, dass sich viele völlig hilflos dem forensischen Treiben ausgesetzt sahen. Ich habe über 30 Jahre meinen Mund gehalten. Jetzt, dachte ich, darf nicht länger geschwiegen werden. Ich wusste ja lange Zeit gar nicht, was sich da abspielt, welche unfassbaren Ausmaße das angenommen hatte.
          In meiner forensischen analytischen Arbeit sehe ich mich als unabhängig, streng aber korrekt vorgehend an - sämtliche Fehlerkritiken werden belegt und begründet - , wobei auch das große Ganze und Wesentliche nicht aus dem Auge verloren werden soll.
          Aber ich habe darüberhinaus Partei ergriffen gegen Murks und Pfusch in der forensischen Psychiatrie wie der Unterbringungsjustiz, die dieses unerträgliche Treiben stützt, und ich nehme hierbei kein Blatt vor den Mund. Es ist an der Zeit, kompromisslos klarzutexten.
          Prof. Dr. Kröber:
      1) Ich kannte einige seiner Veröffentlichungen. Er kann ganz gut schreiben und sagt manches Gute und Richtige, aber er hält sich nicht an seine eigenen Regeln. Das schätze ich nicht, wenngleich es natürlich immer Ausnahmen geben mag, wie ja auch nicht jeder potientielle Fehler ein tatsächlicher ist.  Manches kann er anscheinend auch nicht, z.B. explorieren, Aussagepsychologie, Symptome ordentlich aus Daten des Erlebens und Verhaltens begründen, Beweisfragenantworten nachvollziehbar und schlüssig ableiten.
      2) Ich habe sein Mollathgutachten (§§ 20, 21, 63 StGB) kritisch unter die Lupe genommen.
      3) Darüber hinaus habe ich ihn in meine Befragung der 27 Mitglieder der BGH-Arbeitsgruppe zu den Mindestanforderungen bezüglich der Anforderungen an Gutachten nach § 67e StGB einbezogen.
      4) Ich kenne sein Ulvi-Kulac-GA und habe wie schon gesagt eine methodenkiritische Erstanalyse angefertigt.
      5) Nein, mir lagen nicht sämtliche Akten vor (aber zusätzlich viele Vernehmungen). Sämtliche Akten, die Kröber vorlagen - die allerdings nicht genau bekannt sind - , wären für eine vollständige methodenkritische Analyse vielleicht nicht zwingend nötig, aber sicher da hilfreich, wo sich in seinem GA Problemstellen ergeben.
    __
    Weitere Erläuterungen zur Entstehung der methodenkritischen Erstanalyse [#29]
      Vor Kenntnis und Erstanalyse des GA von Prof. Dr. Kröber war hinsichtlich der Qualität des GA nichts klar  - außer, dass die Bürgerinitiative dem GA hilflos ausgeliefert war. Das ergab sich aus der Homepage, aber auch aus fehlenden Argumenten und fehlenden Veröffentlichungen zum Gutachten (Prof. Eisenbergs vernichtende Kritik kam ja erst später) u.a. in dem sehr wichtigen Buch von Jung & Lemmer, Kapitel 18. Dort werden zwar die kriminologischen Fehler zu Recht aufgespießt, aber nicht das Gutachten selbst - außer in seinem Ergebnis.  Aus dem Buch von Jung & Lemmer war ziemlich naheliegend, dass ein Mord in einer halben Stunde mit vollständigem Verschwinden der Leiche von einem geistig Behinderten nicht zu erwarten war. Das war mein erster sachlicher Zweifel noch vor Kenntnis des Gutachtens. Hinzu kam, dass gerade beim Geständnis das Tonband kaputt gegangen sein soll und gerade der Anwalt weg war. Heute wird ausgesagt es, sie hätten schon abgebaut und wollten anscheinend nicht wieder aufbauen. Auch dass der Anwalt eher kontraproduktiv wirkte wurde jüngst erschreckend bekannt.
          Da das Gutachten Prof. Dr. Kröbers das einzige (!) Beweismittel war, kam ihm natürlich die entscheidende strafrechtliche und prozessuale Bedeutung zu. Weil Prof. Kröber forensischer Psychiater ist und er mir als Aussagepsychologe noch nie begegnet war,  ergab sich hier das erste Fragezeichen. Das zweite durch die Tatsache, dass es um einen geistig Behinderten ging. Und das dritte durch den Geständniswiderruf, auch keine leichte Sache. Forensisch ergaben sich also drei Anforderungen an einen Gutachter:
      Aussagepsychologische Kompetenz, Kompetenz mit geistiger Behinderung und Kompetenz bei Geständniswiderrufen. Kompetenzen, die z.B. Prof. Köhnken hat, aber von Prof. Kröber nicht bekannt sind. Das war sozusagen meine "Anfangsverdachtslage": kann der das wirklich?
          Zu meinem Engagement
      Ich bin in Sachen wohlverstandener Rechtsstaat und fachkundig angemessener Forensik engagiert. Die Untersuchung und Feststellung, ob ein Vorgehen methodisch korrekt ist oder nicht, hat nichts mit weltanschaulichen oder politischen Engagement zu tun. Aber, es ist natürlich klar, wenn das Gutachten das einzige Beweismittel war, kommt ihm natürlich die entscheidende Bedeutung zu - wenn es denn trägt. Und ob es das tut, war zu untersuchen.
          Aber die Wiederaufnahmegründe beruhen ja gar nicht auf aussagepsychologischen Fehler-Argumenten, sondern auf anderen handfesten Gründen; ich habe ja erst kurz vor der Stellungnahme des RAs die methodenkritische Erstanalyse geliefert.
          Bevor ich das GA in den Händen und durchgearbeitet hatte, stand nur folgendes fest: Es gibt erstens Zweifel und zweitens, dem GA waren die Ulvi-Kulac Beisteher völlig hilflos ausgeliefert.
          Daher hielt und halte ich es für ein faires Verfahren für sehr wichtig, dass die Ulvi Kulac-Seite hinsichtlich der Qualität und Güte des Gutachtens Informationen erhielt. Mein kritisches Wirken in forensisch-psychiatrischen Bereich dient der forensisch-psychopathologischen Waffengleichheit, die nicht nur hier extrem zu Ungunsten Beschuldigte, Angeklagte und Verteidigung verschoben war und weitgehend noch ist.
          Ich war aber dann von dem Ergebnis, den aussagepsychologischen Fehler und Mängeln Prof. Dr. Kröbers, doch sehr erstaunt und erschüttert (z.B. 68% Suggestivfragen). Das hatte ich nie und nimmer erwartet. Ich habe dann die wichtigsten aussagepsychologischen Fehler und Mängel zusammengestellt und kann inzwischen erfreut feststellen, dass nicht nur das Wiederaufnahmegericht sehr wichtige und richtige Fragen stellt und der Aussagegenese nachgeht, sondern auch viele am Prozess Interessierte, selbst die Medien. Auch der Anwalt wird ganz sicher darin unterstützt, wichtige Fragen stellen zu können. Man sollte das GA aber für die Wiederaufnahme nicht überbewerten. Ich denke, das GA Kröber war damals wichtig und entscheidend, inzwischen gibt es sicher viele andere stichhaltige Punkte. Man sollte meine methodenkritische Erstanalyse nur als einen der Waffengleichheit dienenden Baustein sehen. Es geht auch gar nicht um meine mögliche Befangenheit, wie sie sich für einen Gegenanwalt oder ein Gericht darstellte.
          Es ging und geht mir einzig und allein darum, sachliche und fachgerechte aussagepsychologische Argumente zur Verfügung zu stellen, damit sie wirken können. Ich bin da ganz unwichtig, das hätte fast jede andere AussagepsychologIn auch gekonnt. Entscheidend ist nach Erich Kästner aber, dass es einer tut, denn nach Kästner gibt es nichts Gutes, es sei denn, man tut es. Können allein genügt nicht, man muss es sich auch trauen. Und gegen den Strom der Zunft schwimmen ist nicht ganz einfach. Man sieht inzwischen ja, wie viele, genau, wie wenige, sich das trauen.
          Was die forensische Psychiatrie betraf, gab es ja einige, besonders mögen hier Prof. Dieckhöfer und Dr. Weinberger genannt sein. Aber auf dem aussagepsychologischen Feld war die Bürger-Initiative allein. Da herrschte extreme Waffenungleichheit. Diese, hoffe ich, beseitigt zu haben.
          Zeitaufwendungen
      Ich begann mit meiner Intensivarbeit zu potentiell  forensisch-psychiatrischen Fehlern ausgelöst durch den Fall Gustl F. Mollath ca. im Frühjahr 2012. Sie bestand seit dieser Zeit grob in folgenden Hauptleistungen:

      I. Sachlich-fachliches Engagement
       

        A.  G.F. Mollath
        1) Rechtliche und Forensisch-psychopathologische Literaturrecherchen
        2) Auswerten der Mollath-Gutachten
        3) Auswerten anderer forensisch-psychiatrischer Gutachten
        4) Analyse der Fehler und Typisierung
        5) Zuordnung der Fehler in den Gutachten
        6) Recherchen bei Mitgliedern der BGH-Arbeitsgruppe zu den Mindestanforderungen
        7) Aufbereiten für die Internetveröffentlichungen
        8) Recherchen zur Verschlüsselungpraxis in bayerischen - besonders forensischen - Psychiatrien
        9) Recherchen zur Vernehmungsausbildung bei JuristInnen im deutschsprachigen Gebiet (D, Ö, S)

        B. Ulvi-Kulac
        10) Methodenkritische Erstanalyse GA Prof. Dr. Kröber
        11) Ergänzungen nach Geschehen

        C.  Maßregelvollzug
        12) Zustände in der forensischen Psychiatrie erfassen und auswerten
        13) Analyse der § 67e StGB Gutachten
        14) Entwicklung von Hilfskonzepten
        15) Sonstiges

      II. Rechtlich-politisches Engagement, das sich - zusätzlich zu meiner schon vorher kritischen Arbeit (Marksteine: August 2000, Januar 2009) zum Zustand des Rechtsstaates  - aufgrund der Ergebnisse 1-15 seit Kenntnis der Causa Mollath im Nov. 2011 noch einmal verstärkte.
    __
    Beweismittel, Aussage, Staatskriminalität [#32] Antwort an @ nochsoeingast
      Ihre Einlassung enthält mehrere Fehler. Das Gute daran ist aber, dass sich hieraus weitere wichtige Themen und ihre Klärung ergeben können, wie z.B. das der Staatskrininalität. Aber der Reihe nach. Die Namenskorrektur habe ich vorgenommen (danke).
      Beweisbedeutung Geständnis und Glaubhaftigkeit
      Das einzige Beweismittel Geständnis konnte nur deshalb falsch gewürdigt werden, weil Prof. Dr. Kröber, es fälschlich für glaubhaft hielt. Da es hier immer wieder falsch benannt wird, noch einmal zum aussagepsychologisches Grundwissen: Glaubwürdigkeit ist ein Personenmerkmal, Glaubhaftigkeit ist ein Aussagemerkmal. Aussagepsychologie untersucht nicht die Glaubwürdigkeit von Personen (vielleicht bei Bandenzeugenaussagen wichtig) sondern die Glaubhaftigkeit von Aussagen. Sehr glaubwürdige Personen, wie z.B. Richter, Staatsanwälte, Akademiker, Sachverständige können genau so unglaubhaft sein (lügen), wie z.B. Kriminelle, Gestörte, Milieugeschädigte glaubhaft sein können (wahr sprechen). Das Geständnis war im ersten Verfahren ohne die Glaubhaftigkeitsbewertung nichts wert und damit war die Glaubhaftigkeitsbeurteilung das entscheidende Beweismittel.
      Staatskriminalität
      Schön, dass Sie dieses interessante Thema Staatskriminalität - es gehört nicht zu I. sondern zu II. -  ins Spiel bringen, damit wir es einmal richtig erörtern können, wenngleich Sie die Perspektiven durcheinander bringen. Wie ich bereits ausführte, unterscheide ich zwei Perspektiven I. Sachlich-fachliches Engagement und II. Rechtlich-politisches Engagement. Unter I. spreche ich als forensischer Fachmann, unter II. als Bürger und Mensch.
          Als erstes ist zu klären, was Staatskriminalität bedeuten soll: Wenn Personen, die in Staatsdiensten stehen gegen das Strafrecht verstoßen (haben), liegt (lag) Staatskriminalität im engeren Sinne vor. In unserem Kontext geht es bei Staatskriminalität also um kriminelles Verhalten von Richtern, Staatsanwälten, Polizei, Vollzugsbediensteten. Diese Definition kann noch erweitert werden, wenn Personen, die im Dienste des Staates, z.B. Sachverständige oder Ärzte im Maßregelvollzug, tätig werden. Tatsächlich steht z.B. im Falle hessische Steuerfahnder, Gustl F. Mollath, Ulvi Kulac un bei der Fixierungspraxis Taufkirchen die Frage der Staatskriminalität im Raum. Ich denke, durch die Wiederaufnahmen und Verfahren wird hier einiges klarer werden.
          Staatskriminalität gehört natürlich mit zu den schlimmsten Bedrohungen eines jeden Rechtsstaates, weil gerade die, die ihn schützen sollten, ihn aushöhlen und auf das Schlimmste schädigen.
          Eisenberg scheinen Sie auch nicht richtig zu verstehen. Die Aussagegenese ist Standardaufgabe jedes aussagepsychologischen Gutachtens - im Grunde spätestens seit Williams Sterns geflügeltem aussagenpsychologischen Wort von 1926: " Von den ersten Vernehmungen hängt also geradezu die ganze Zukunft des Prozesses ab: In ihnen wird eigentlich fast immer der Sachverhalt endgültig geklärt oder endgültig verschleiert"*. Dazu gehört demzufolge natürlich und selbstverständlich die genetische Analyse der Wortprotokolle, Audio- oder Videomitschnitte. Jeder Aussagekundige weiß das, nur anscheinend Prof. Dr. Kröber, das Erstgericht und Sie nicht.
          Die Einführung der Reid-Methode im Fall Kulac ist sehr gut dokumentiert bei Jung & Lemmer (Kapitel 26). Nicht zu Unrecht hat der zurückgetretene Staatsanwalt dieses Buch als eine gute Zusammenfassung der Sachlage beurteilt. Im übrigen braucht man die Reid-Methode gar nicht, um die hochgradig suggestiv falschen Vernehmungen der Kripo zu identifizieren. Das Wiederaufnahmegericht hat ja hier schon gezeigt, was es drauf hat. Das ist ja streckenweise ein regelrechter Genuss.
          Trotzdem: die Anwendung der Reid-Methode setzt da noch einen oben drauf, sie gehört m.E zu Recht zu den verbotenen Vernehmungsmethoden nach § 136a StPO.

      * S. 47: Stern, William (1926). Jugendliche Zeugen in Sittlichkeitsprozessen. Leipzig: Quelle & Meyer.

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    bei direkter Berufung im Grundsatz
      Das kann und darf aber natürlich nicht bedeuten, dass die kritische Aussageanalyse der Erstvernehmunungen unterbleibt. Wenn die Kripo bedeutsame Vernehmungsfehler macht, die für die - womöglich falsche - Aussageentstehung wichtig sind, dann müssen diese auch genannt werden. Hier kommen ja extreme Fehler vor. Den schlimmsten, der mir je begegnet ist, erwähne ich hier, als ein Kind zum Einstieg die Frage erhielt: "Na, wie war das denn mit dem sexuellen Missbrauch?". Hier wurde also bereits mit der ersten Frage vorweggenommen, was das Gericht zu entscheiden hat. Schlimmer suggestiv falscher geht's nimmer.
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    Querverweise
    Standort: MKEA Kröber (Ulvi Kulac).
    *
    Überblick Forensische Psychologie.
    *
    Suchen in der IP-GIPT, z.B. mit Hilfe von "google": <suchbegriff> site: www.sgipt.org
    z.B. Forensische Psychologie site: www.sgipt.org. 
    *
    Dienstleistungs-Info.
    *

    Zitierung
    Sponsel, Rudolf  (DAS). Methodenkritische Erst-Analyse des von Prof. Dr. K.-L. Kröber am 19. Oktober 2002 erstellten "psychiatrischen und aussagepsychologischen Gutachtens zur Aussagetüchtigkeit des Beschuldigen ULVI KULAC im Hinblick auf den Vorwurf, dass er am 07.05.2001 das neunjährige Kind Peggy Knobloch in Lichtenberg aus Angst vor Entdeckung von ihm zuvor an dem Kind begangener Sexualstraftaten getötet habe, und zur Glaubhaftigkeit seiner Aussagen im Juli 2002." Erlangen IP-GIPT: https://www.sgipt.org/forpsy/Kulac/MKEAKroeb.htm
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    korrigiert:



    Änderungen Kleinere Änderungen werden nicht extra ausgewiesen; wird gelegentlich überarbeitet und ergänzt.
    20.10.17   Linkkorekturen (BR Berichte entlinkt wegen Fehler 404)
    01.04.15   Linkfehler geprüft und korrigiert.
    14.05.14   FREISPRUCH! - nach einem langen Kampf.
    13.05.14   Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Bayreuth vom 13. Mai 2014.
    13.05.14   Plädoyers: "Ich habe Peggy nicht umgebracht und mein Wunsch ist, dass sie noch lebend gefunden wird."
    08.05.14   Medienkritik Gerichtsberichtserstattung.
    07.05.14   Paukenschlag am 6. Verhandlungstag * Kurz-Kommentar: Neues Gutachten Kröber.
    06.05.14   Bericht vom 5. Verhandlungstag.
    24.04.14   Nachtrag Zugang zum Tathergangsvideo (3.12.2013).
    23.04.14   In eigener Sache Meine verschiedenen Rollen in der Auseinandersetzung.
    23.04.14   Erläuterung zur Staatskriminalität (Link aus dem 1. Kommentar).
    19.04.14   Schubsen mit Folgen, Mordmotivkonstruktion widersprüchlich: Ergänzung Analyse Tötungsgeschehen 2. Tathergangsvideo.
    16.04.14   Protokollvorschriften bei Vernehmungen nach Habschick (2012) S. 659.
    15.04.14   Milne & Bull in Vernehmung besonders beeinflussbarer Personengruppen.
    15.04.14   Prof. Dr. Henning Ernst Müller zur Frage der Vernehmung geistig Behinderter und hier Ulvi K. * BGH Hinweis Herr Kolos.
    15.04.14   Die Vernehmung leicht geistig Behinderter nach Klaus Habschick.
    15.04.14   Inhaltsüberblick der gesamten Seite erstellt und der Anlage Glossar, Anmerkungen, Endnoten.
    15.04.14   Vernehmung von geistig Behinderten.
    14.04.14   Ausgewiesene Daten auf die sich das GA vn Prof. Dr. Kröber stützt. * Zusatz 5.9 *
    13.04.14   Analyse zum Tötungsgeschehen nach dem 2. Tathergangsvideo vom 30.07.2002.
    11.04.14   Hintergrund und Entstehung dieser methodenkritischen Analyse.
    11.01.14   Gutachten Kröber völlig unbrauchbar unabhängig von der Tathergangshypothese.
    10.04.14   Verbrechen der Polizei thematisiert * Peggy-Prozess: Wurde Ulvi Kulac gefoltert?
    08.04.14   Wahrheit, Irrtum, Lüge  Was ist ein Geständnis wert?
    06.04.14   Lemmer: Fehlstart des Wiederaufnahmeverfahrens im Fall Peggy noch vor dem ersten Verhandlungstag.
    04.04.14   Neues im Fall Peggy.
    15.03.14   Zu den in den Gerichtsakten nicht auffindbaren anderen Spuren.
    06.03.14   Neues: Geständnis sexueller Missbrauch wenige Tage vor dem Verschwinden Peggys.
    26.02.14   LitErg: Kröber (1995)
    07.01.14   Berichtigung der Seitenzahlen nach dem PDF-Original.
    23.12.13   6.2.a ergänzt mit Originalbelegen aus Gudjonsson und Wegener und der Kritik von Eisenberg.
    15.12.13   Ergänzung und Trennung Literaturliste.
    10.12.13   Zur Wiederaufnahme LG Bayreuth, Kommentar Buchautor, Kommentar Verdacht Staatskriminalität.
    05.12.13   Erg.: 5.9 Aussageentstehung.
    04.12.13   Beweis der Falschbehauptung unter 6.2.b.
    18.11.13   Anmerkung2 Warum wurde Prof. Dr. Kröber überhaupt ausgewählt?
    16.11.13   Aktenzeichen 242 Js 10292 ergänzt zu 242 Js 10292/00.
    13.11.13   Nachtrag Originalzitat zur Nähe Prof. Steller & Dr. Volbert. * Anmerkung Bedeutung der Exploration nach Köhnken.
    04.11.13   Reid-Methode-Link zu den Anmerkungen. Änderung des falsch-missverständlichen Satzes
      "Tatsächlich erzählte Ulvi Kulac bereits in seiner ersten umfassenden Antwort weitgehend die Kröbers Meinung nach richtige Geschichte (Rekonstruktion siehe bitte Homepage)."
    in
      "Tatsächlich erzählte Ulvi Kulac bereits in seiner ersten umfassenden Antwort weitgehend die seiner Meinung nach richtige (Erst)- Geschichte  (Rekonstruktion des Tagesverlaufs siehe bitte Homepage)."