Spurenakten - Wenn Spuren verschwinden
Zu:
Potentielle Fehler in forensisch psychiatrischen
Gutachten, Beschlüssen und Urteilen der Maßregeljustiz
Eine methodenkritische Untersuchung illustriert
an einigen Fällen u. a. am Fall Gustl
F. Mollath
mit einem Katalog
der potentiellen forensischen Gutachtenfehler sowie einiger Richter-Fehler.
von Rudolf
Sponsel, Erlangen
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Abstract
- Zusammenfassung - Summary: Spurenakten
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Rn 64
Von erheblicher Bedeutung sind auch verfahrensfremde Akten. Sie können
den Mandanten selbst betreffen, aber auch Zeugen, Sachverständige
oder Mitbeschuldigte. Den Spurenakten, in denen tatbezogene Ermittlungen
gegen Dritte und ihre Ergebnisse festgehalten wurden, kommt in diesem Zusammenhang
ein besonderer Stellenwert zu, weil nach der Rechtsprechung zu den Verfahrensakten
nur solche Akten zählen, die durch die Identität der Tat und
die Identität des Beschuldigten konkretisiert sind.143 Entscheidend
ist, ob ein Sachzusammenhang i. S. einer möglichen Bedeutung für
den Schuld- oder Rechtsfolgenausspruch besteht. Ob diese Bedingungen vorliegen,
entscheidet die Staatsanwaltschaft, die bei der Auswahl der dem Gericht
vorzulegenden Akten dem Grundsatz der Objektivität verpflichtet ist.
Spurenakten müssen also nach verbreiteter Ansicht nicht notwendig
zu den Hauptakten gehören.144
Rn 65
Sind sie deren Teil, ist das Akteneinsichtsrecht unproblematisch zu
bejahen. Gleiches gilt, wenn sie in Sachverständigengutachten, etwa
über am Tatort aufgefundene Fingerabdrücke oder DNA,145 enthalten
sind.146 Anders aber verhält es sich mit Vorgängen, die dem Gericht
nicht vorliegen, weil sie nach Ansicht der Anklagebehörde den notwendigen
Sachzusammenhang nicht aufweisen. Insoweit handelt es sich um verfahrensfremde
Akten. Da sich nicht immer ein Verzeichnis über eventuell vorhandene
externe Spurenakten in der Ermittlungsakte befindet, muss die Verteidigung
die Möglichkeit externer Spurenakten stets im Auge behalten und ggf.
durch Nachfrage aufklären. Sie ist hier in besondere Verantwortung
genommen, denn das Gericht, bei dem angeklagt wird, ist nicht verpflichtet,
die (ihm nicht vorgelegten) Spurenakten auf ihre Relevanz für die
Beurteilung der gegen den Angeklagten erhobenen Vorwürfe zu untersuchen,
weil – so die h. M. – die Aufklärungspflicht sonst ohne sachliche
Anhaltspunkte ins Uferlose ausgedehnt und die Durchführbarkeit des
Verfahrens gefährdet würde.
Rn 66
Es ist eine betrübliche Erfahrung aus zahlreichen Verfahren, insbesondere
solchen vor dem Schwurgericht, dass die Staatsanwaltschaft allzu oft wichtige
vom Beschuldigten wegführende Spuren nicht zur Hauptakte nimmt, wenn
sie von einem hinreichenden Tatverdacht gegenüber dem Beschuldigten
ausgeht und ihn anklagt. Solche Akten sind mitunter eine Fundgrube für
eine erfolgreiche Verteidigung, und mancher Freispruch wäre ohne akribische
Analyse der externen Spurenakten nicht zu erreichen gewesen; auch im Wiederaufnahmeverfahren
sind die Spurenakten eine nicht zu vernachlässigende Erkenntnisquelle.
Spurenakten können Aufschluss über Umfang, Intensität und
Qualität der Ermittlungen geben, über andere Tatverdächtige
und sonst unerledigte Spuren. Zu bedenken ist des Weiteren, dass es für
manche Angeklagte nur eine erfolgversprechende Verteidigung gibt, nämlich
darzulegen, dass mindestens noch ein anderer Tatverdächtiger existiert,
gegen den sich ein Beweisring vergleichbarer Stärke schmieden lässt
– oder früher hätte schmieden lassen – wie gegen ihn selbst.
Das ist immer dann der Fall, wenn der Angeklagte die gegen ihn bestehenden
Verdachtsmomente gar nicht bestreiten kann. In derartigen Fällen kann
der Inhalt der Spurenakten die einzig mögliche Verteidigung wesentlich
stützen.147 Die Kriminalgeschichte ist voll von Beispielen, in welchen
die Verfolgung des wahren Täters abgebrochen und ein Unschuldiger
verurteilt worden ist. Aus all diesen Gründen muss die Verteidigung
klären, ob externe Spurenakten vorhanden sind und ggf. ihre Beiziehung
und Einsicht beantragen. Insoweit genügt die Behauptung, der Beschuldigte
wolle sich selbst überzeugen, ob in den Spurenakten entlastendes Material
enthalten ist,148 zumal Rechtsprechung und Literatur der Ansicht sind,
dass die Frage des Zusammenhanges mit der dem Beschuldigten zur Last gelegten
Tat „großzügigst“149 zu behandeln sei. Vor diesem Hintergrund
ist, was praktische Erfahrungen bestätigen, die Ablehnung der Beiziehung
solcher Akten durch das Gericht bzw. die Zurückweisung eines Einsichtsgesuches
nur Theorie. Das Einsichtsgesuch ist an die Stelle zu richten, die die
Akten zurzeit verwahrt, im Ermittlungsverfahren also an die Staatsanwaltschaft,
in den Verfahrensabschnitten bis zur Rechtskraft an das Gericht."
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. | einheitswissenschaftliche
Sicht. Ich vertrete neben den Ideen des Operationalismus, der Logischen
Propädeutik und einem gemäßigten Konstruktivismus
auch die ursprüngliche einheitswissenschaftliche Idee des Wiener
Kreises, auch wenn sein Projekt als vorläufig gescheitert angesehen
wird und ich mich selbst nicht als 'Jünger' betrachte. Ich meine dennoch
und diesbezüglich im Ein- klang mit dem Wiener
Kreis, daß es letztlich und im Grunde nur eine
Wissenschaftlichkeit gibt, gleichgültig, welcher spezifischen
Fachwissenschaft man angehört. Wissenschaftliches Arbeiten folgt einer
einheitlichen und für alle Wissenschaften typischen Struktur, angelehnt
an die allgemeine
formale Beweisstruktur.
Schulte, Joachim & McGuinness, Brian (1992, Hrsg.). Einheitswissenschaft - Das positive Paradigma des Logischen Empirismus. Frankfurt a. M.: Suhrkamp. Geier, Manfred (1992). Der Wiener Kreis. Reinbek: Rowohlt (romono). Kamlah, W. & Lorenzen, P. (1967). Logische Propädeutik. Mannheim: BI. |
Wissenschaft [IL] schafft Wissen und dieses hat sie zu beweisen, damit es ein wissenschaftliches Wissen ist, wozu ich aber auch den Alltag und alle Lebensvorgänge rechne. Wissenschaft in diesem Sinne ist nichts Abgehobenes, Fernes, Unverständliches. Wirkliches Wissen sollte einem Laien vermittelbar sein (PUK - "Putzfrauenkriterium"). Siehe hierzu bitte das Hilbertsche gemeinverständliche Rasiermesser 1900, zu dem auch gut die Einstein zugeschriebene Sentenz passt: "Die meisten Grundideen der Wissenschaft sind an sich einfach und lassen sich in der Regel in einer für jedermann verständlichen Sprache wiedergeben." |
Allgemeine
wissenschaftliche
Beweisstruktur
und beweisartige Begründungsregel
Sie ist einfach - wenn auch nicht einfach durchzuführen - und lautet: Wähle einen Anfang und begründe Schritt für Schritt, wie man vom Anfang (Ende) zur nächsten Stelle bis zum Ende (Anfang) gelangt. Ein Beweis oder eine beweisartige Begründung ist eine Folge von Schritten: A0 => A1 => A2 => .... => Ai .... => An, Zwischen Vorgänger und Nachfolger darf es keine Lücken geben. Es kommt nicht auf die Formalisierung an, sie ist nur eine Erleichterung für die Prüfung. Entscheidend ist, dass jeder Schritt prüfbar nachvollzogen werden kann und dass es keine Lücken gibt. |
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