Internet Publikation für
Allgemeine und Integrative Psychotherapie
(ISSN 1430-6972)
IP-GIPTDAS=21.08.2006
Internet-Erstausgabe, letzte Änderung: 19.02.20
Impressum:
Diplom-PsychologInnen Irmgard Rathsmann-Sponsel und Dr. phil. Rudolf Sponsel
Stubenlohstr.
20 D-91052 Erlangen E-Mail: sekretariat@sgipt.org
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Willkommen in unserer Internet-Publikation für Allgemeine
und Integrative Psychotherapie, Abteilung Metaphysik, Religion und Weltanschauung
und hier speziell zum Thema:
Der radikale Fundamentalismus
und seine gemeingefährlichen psychopathologischen Wurzeln
Beiträge zur Fortsetzung der leider seit langem unterbrochenen
Aufklärung.
von Rudolf Sponsel, Erlangen
_
Begriff Fundamentalismus.
Fundamental bedeutet grundlegend, das Fundament, die Grundlage.
Ein Fundamentalist ist daher jemand, der auf die Grundlagen zurückgeht
und diese pflegt. Es gibt mannigfaltige Erscheinungsformen des Fundamentalismus,
weil es natürlich schon sehr viele Möglichkeiten gibt, dieses
oder jenes als Grundlage anzusehen. So nehmen manche z.B. die Bibel wörtlich
und sind daher "Bibel-Wörtlichkeits-Fundamentalisten". Der Fundamentalist
an sich ist harmlos und wird nur dann zur reißenden Bestie, wenn
er sich auserwählt dünkt
und mit einem Missionierungsauftrag (Beispiel
Christen) ausgestattet wähnt. Historisch hat sich herausgestellt,
dass die monotheistischen Religionen
hier besonders gefährdet und gefährlich sind, etwa die drei großen
aus dem Hause Ibrahim: Juden, Christen, Moslems (positives Gegenbeispiel:
der polytheistische Hindusimus und der atheistische Buddhismus haben sich
z.B. in Nepal
weitgehend friedlich durchdrungen [aber: Buddha
brutal]).
Erklärung
des radikalen und gemeingefährlichen Fundamentalismus.
Der radikale und gemeingefährliche Fundamentalismus läßt
sich einfach erklären durch seine zwei psychopathologischen Kerne:
(1) das Auserwählt-
und (2) Missionierungssyndrom
(Beispiel Christen), beide treten
gewöhnlich gemeinsam auf. Die Auserwähltwähnung ist ein
praktisch nützliches Wahnsystem, das einen zu etwas Besonderem macht
und heraushebt aus allen, es nährt den Narzissmus, bläht das
ICH
zu etwas ganz besonderem auf, denn nicht bei jedermann kommt die größte
Macht des Universums,
Gott, vorbei und "sagt":
Dich habe auserwählt, Du bist mein Liebling, Du kommst ins Paradies
und alle anderen werden in der Hölle braten - etwas verkürzt
und platt auf den Punkt gebracht.
Während die Auserwähltwurzel psychologisch leicht zu verstehen
ist, erscheint der Missionierungswahn nicht ganz so schnell - nicht auf
den ersten Blick - psychologisch verständlich.
Die psychologischen
Wurzeln der Missionierung
Was stört einen
Glauben am meisten ? - Natürlich ein anderer ...
Nun, ein Glaube wird, psychologisch betrachtet, am meisten gestört,
durch einen anderen. Denn wenn A X glaubt und B Y, dann können
sich A und B durch ihren unterschiedlichen Glauben in Frage gestellt sehen
und mehr oder minder verunsichert sein. Weshalb glaubt der denn etwas anderes?
Ist das etwa besser, tut sich der leichter, hat der einen mächtigeren
Gott, sollte ich mich nicht besser auf seine Seite schlagen? Glauben alle
an das Gleiche, gibt es von daher keine Verunsicherung. So gesehen wurzelt
in jedem Glauben die Tendenz, alle anderen von ihm zu überzeugen,
um seinen inneren Frieden, seine Ausgeglichenheit, seine Sicherheit zu
haben und nicht von Zweifeln gequält zu werden. Aus diesen Überlegungen
lassen sich eine ganze Reihe von Motiven gewinnen:
Identitätsmotiv
Die eigene Identität wird durch eine identitätsfördernde
Umgebung gestützt und durch eine fremde in Frage gestellt. Man kann
sich selber einheitlicher wahrnehmen und geborgen fühlen, obwohl man
dies oft gar nicht bewußt merkt. Identitätsstörungen oder
Bedrohungen werden meist erst bemerkt, wenn man fremden Umgebungen oder
Einflüssen ausgesetzt ist. Hier ist es ein bißchen so wie mit
den Werten, deren Bedeutung man erst so richtig erkennt, wenn man sie verloren
hat oder zu verlieren droht.
Geschäftsidee-Motiv
Eine psychologische Wurzel der Missionierung ist ob ihrer Primitivität
einfach nachvollziehbar. Gott und seine Gläubigen machen ein Geschäft:
Du, wahrer Gläubiger, kommst ins Himmelreich und Paradies, bist mein
Auserwählter, wenn du dich auf Erden für mich einsetzt und wenn
du mich auf Erden durchsetzt. Himmelreich und Paradies gibt es sozusagen
nicht umsonst. Sie wollen verdient sein. Das ist das Kerngeschäft
eines gottgefälligen Lebens und eine Wurzel der Missionierung. Und
sehr gottgefällig ist es daher in der Geschichte oft gewesen, die
Ungläubigen dahinzuschlachten, wenn sie sich schon nicht bekehren
ließen. Genozide und Ethnozide
beherrschen die Geschichte und durchziehen sie wie einen roten Faden. Dass
die Aufklärung
nicht geglückt ist, sieht man an der heutigen ungebrochenen Macht
der Kirchen und ihrer fundamentalistischen Auswüchse, derzeit ganz
extrem und offen beim Islam.
Sicherheits-Motiv
Eine ähnliche Glaubensumgebung fördert die Sicherheit, lässt
Zweifel erst gar nicht aufkommen oder sich ausbreiten und hält damit
Angst und Unsicherheit fern.
Narzissmus-Motiv
Es gefällt, wenn andere einem ähnlich
sind und ein Urimpuls ist es, andere dazu zu bewegen, so zu sein, wie man
selber ist. In gewissem Umfang ist dies auch ein ganz normales und natürliches
Motiv in der Liebe. Wie meist werden die Motive oder Persönlichkeitsmerkmale
erst problematisch, wenn sie über- oder unterwertig ausgeprägt
sind.
Macht-Motiv
Die Lust, andere zu beherrschen und dem eigenen Glauben zu unterwerfen
ist möglicherweise ein Überbleibsel der Ur- und Frühgeschichte
des Menschen. Das Macht-Motiv kann bei entsprechenden psychopathologischen
oder soziopathischen Persönlichkeiten - von denen das Alte Testament
nur so wimmelt (Beispiel David) - auch schrecklich in rasende Mordlust
und soziopathische Perversionen entgleisen, die auch dem Gott des Alten
Testamentes mehrfach zugesprochen werden. Dies setzte sich auch im Christentum
sehr lange fort (Kreuzzüge, Inquisition, Hexenverbrennungen, mörderischer
Missions-Kolonialismus, z.B. Haiti
1542).
Zusammenspiel
der verschiedenen Motive
Eine andere, erst später entwickelte Variante kommt ins Spiel,
dass der eigene Gott als umso mächtiger erlebt werden kann, wenn er
mehr Anhänger hat, je verbreiteter seine Lehre ist. Hier wirken das
narzisstische und das Macht-Motiv zusammen.
Zusammenfassung
Psychologie der Missionierung
Halten wir also fest: psychologisch kann das Bedürfnis nach Missionierung
durch verschiedene Motive fundiert sein: zur Stützung und Fundierung
persönlicher Identität, durch die primitive metaphysische Geschäftsidee
Belohnung (Paradies) für Missionsarbeit, durch das Bedürfnis
nach innerer, metaphysischer Sicherheit (es gibt keine anderen, die Zweifel
säen und in Frage stellen), durch narzisstische Motivation und schließlich
durch das hässlichste Motiv von allen: Ausübung von Macht bis
hin zur Legitimation von Aggression, Sadismus und Mordlust (z.B. Haiti
1542, Verbrechen im Name Christi).
Hier scheinen Hinduismus und Buddhismus [aber: Buddha
brutal] sehr viel weiter als die großen monotheistischen
Religionen aus dem Hause Ibrahim. Man könnte sagen, eine der ganz
großen Leistungen der asiatischen Geisteskultur - neben der Großtat,
eine positive Grundeinstellung zur Alltagsarbeit zu finden - ist die hervorragende
metaphysische Idee, dass jeder Mensch seinen ganz persönlichen Erlösungsweg
suchen darf, suchen kann und auch suchen muss.
Damit ist das politisch, rechtlich, kulturell und vor allem praktisch so
unendlich wichtige Toleranzgebot philosophisch fundiert.
Nachrichten
Christliche
Fundamentalisten mordeten in Uganda für einen Gottesstaat
Die Nürnnberger Nachrichten melden am 15.1.15: "Ein führender
Kommandeur der berüchtigten ugandischen Rebellenorganisation „Lord's
Resistance Army" (LRA) soll dem Internationalen Strafgerichtshof in Den
Haag überstellt werden. ... Der Milizionär gilt als einer der
wichtigsten Stellvertreter des LRA-Kommandeurs Joseph Kony." Gegen ihn
liege seit 2005 ein Haftbefehl aus Den Haag wegen Kriegsverbrechen und
Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor. Die Lord's Resistance Army (Widerstandsarmee
des Herrn) habae seit 1987 den Norden Ugandas terrorisiert und Tausende
Kinder als Soldaten zwangsrekrutiert. Viele Mädchen wurden als Sexsklavinnen
missbraucht. Das Ziel der LRA sei laut eigener Darstellung die Errichtung
eines Gottesstaates, der auf den christlichen Zehn Geboten basieren soll.
Jan Egeland, Vizegeneralsekretär für Humanitäre Angelegenheiten
und Koordinator für Nothilfe der UN, habe sie 2005 als die „wohl brutalste
Rebellengruppe der Welt" betzeichnet.
Wie man sieht, hängen soziopathisches Verbrechertum
und das Auserwähltsyndrom
sehr eng zusammen. Verbrechen und auserwählter Religionsfanatismus
sind sehr nahe Verwandte.
Buddha brutal
"Für den Münchner Indologen Uwe Hartmann ist der Zen-Buddhismus
ein besonders krasses Beispiel, wie Religion und Politik ineinander verschränkt
sein können. Im Buddhismus gibt es einen latenten Widerspruch zwischen
seinem radikalpazifistischen Anspruch und buddhistischer Realpolitik. Insofern
unterscheidet er sich nicht von anderen Religionen. ...
Der Buddhismus in seiner gut zweieinhalbtausendjährigen
Geschichte hat sich in viele Zweige und Schulen ausgebreitet. Wer in ihm
aber die Lösung der Weltfriedensprobleme sieht, der sitzt für
Uwe Hartmann einem gewaltigen Religionsirrtum auf: »Das ist das Grundproblem,
dass wir im Westen etwas in den Buddhismus hinein mystifizieren, was in
dieser Weise nicht drin ist. Die Menschen in den buddhistischen Ländern
sind so anständig, so brav, so gut wie die Menschen in christlichen
Ländern. Unsere Vorstellung vom Buddhismus im Westen, das ist nicht
der Buddhismus, wie er in asiatischen Ländern gelebt und praktiziert
wird. Das ist eine Verklärung, das ist ein Mythos.«" [ND
27-12.14]
Literatur (Auswahl) > siehe auch Literatur
Grenzwissenschaften (Metaphysik). > Literatur
Psychomoden und Psychoepidemien.
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Links (Auswahl: beachte)
IP-GIPT-Links
Externe Links
-
Atheistischer Fundamentalismus [ ,, ]
-
Buddhistischer Fundamentalimus [ ,Wikipedia: Neue
Kadampa-Tradition, ]
-
Christlicher Fundamentalismus [ ,Wikipedia,
]
-
Esoterischer Fundamentalismus [ , , ]
-
Islamischer Fundamentalismus [ ,Wikipedia,
]
-
Hinduistsischer Fundamentalismus [ ,Wikipedia,
]
-
Politischer Fundamentalismus [ , , ]
-
Weltanschaulicher Fundamentalismus [ , , ]
Sonderthemen
-
Psychoanalyse und Islam [1,2,3,]
-
Glossar,
Anmerkungen und Endnoten:
___
1) GIPT= General and Integrative
Psychotherapy,
internationale Bezeichnung für Allgemeine und Integrative Psychotherapie.
__
monotheistischen Religionen.
Küng,
obwohl ausgezeichnet durch die Entziehung seiner Lehrbefugnis durch den
Vatikan und sicher ein sehr umfassend gebildeter Theologie, erkennt die
militante Grundbedeutung des Monotheismus nicht nur nicht, sondern er relativiert
sogar, wenn er schreibt (Islam, S. 705): "Schon längst vor dem relatib
späten Aufkommen des Monotheismus war die Welt voll von Gewalt, und
es läßt sich kein Beweis dafür finden, daß
mit dem Aufkommen des Monotheismus die Gewaltanfälligkeit zugenommen
hat." Dabei sollte sich doch schon aus einfachsten psycho-logischen
Überlegungen ergeben, daß ein einziger (Mono)
Gott von vorneherein ein Problem für alle anderen mit
sich bringt, die ja dann alle falsch sein müssen. Als zweites liegt
auf der Hand, dass der einzige (Mono) Gott, seine Gunst nicht umsonst verteilt,
vor allem nicht, wenn er aus-erwählt:
merkwürdigerweise war der Christengott nie altruistisch - sondern
dogmatisch, blutrünstitg und rachsüchtig - und fordert wie alle
Götter gefälliges Verhalten, und, was am schlimmsten ist: Missionierung,
also wenigstens den Ethnozid,
meist auch den versuchten Genozid.
Merkwürdig an diesem Buch ist auch, daß
z.B. das "Register" offnebar nur ein Namensregister ist und daher folgende
für eine richtige Auseinandersetzung wichtigen Einträge vermissen
läßt: Attentate, auserwählt, Dschihad,
erwählt, Fundamentalismus, Gewalt, Herrschaftsanspruch, Jhad, Selbstmordattentate,
Terror / Terrorismus.
___
Entwurf
für ein Internationales Missionierungs-Völkerrechts- Gesetz
-
Allen Religionen wird verboten, uneingeladen und unautorisiert durch die
Gast-Kultur zu missionieren.
-
Autorisierte "Missionen" müssen das Toleranzgebot beachten, sonst
sind sie völkerrechtswidrig.
-
Autorisierte "Missionen" bedürfen der Erlaubnis durch einen von den
Vereinten Nationen (UNO) legitimierten internationalen ethnologischen Rat,
dessen Richtlinien zu beachten und deren Einhaltung durch unabhängige
BeobachterInnen zu kontrollieren ist.
-
Auserwählt-Verkündigungen
sind als Verstoß gegen die Allgemeinen Menschenrechte
unzulässig.
-
Kooperation jedweder Form mit Geheimdiensten
ist unzulässig.
|
Empfehlungen
zum Umgang mit Auserwähltverdächtigen Gruppierungen
-
Verfassungsrechtlichkeit der Auserwählt Selbsterhöhung
überprüfen.
-
Entzug von Privilegien (Steuern, Fördermitteln).
-
Beobachtung und Kontrolle der Entwicklung.
-
Aufklärung und Information der Bevölkerung.
-
Sanktionen (Missionsierungverbot, Auserwähltsteuer, Propagandaverbot,
-
Von den Auserwählt- Religionen wäre zu wünschen, daß
sie neue Propheten fördern, die geeignet sind, die Religions- Lehren
den Menschenrechten und damit der Zivilisation anzupassen.
|
Querverweise
Standort: Fundamentalismus.
Überblick und Kritik der Metaphysik, Religion,
Sekten, Ideologie und Weltanschauung.
Aufklärung
kurz und bündig. * Menschenrechte
* Vorteile des Atheismus * Vorbilder
* Bessere-Welt-Links
*
*
*
Dienstleistungs-Info.
*
Zitierung
Sponsel, Rudolf (DAS).
Der radikale Fundamentalismus und seine gemeingefährlichen psychopathologischen
Wurzeln. IP-GIPT. Erlangen: https://www.sgipt.org/sonstig/metaph/fundam0.htm
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korrigiert: irs 21.08.06
Änderungen wird
gelegentlich überarbeitet, ergänzt und vertieft * Anregungen
und Kritik willkommen
16.01.15 Christliche
Fundamentalisten mordeten in Uganda für einen Gottestaat.
27.12.14 Neue Rubrik Nachrichten: Buddha
brutal.
31.08.06 Lit-Aufnahme Mensching "Toleranz
und Wahrheit in der Religion"
27.08.06 Kritik an Küng ergänzt.
24.08.06 Kritische Bemerkung zu Küngs
Relativismus der Gefährlichkeit des Monotheismus.
23.08.06 Lit.Erg.