Eine kriminelle
Vereinigung
Politik und Verbrechen
in den USA
Ein Buchhinweis
und Beitrag zur Gegenaufklärung von Rudolf Sponsel, Erlangen
Geheimdienst_
Völkerrechtsgesetz _Missionierungen_Querverweise
Die Hollywood-Präsentation
von Seattle
Chambliss, William
J. (1978). Eine kriminelle Vereinigung. Politik und Verbrechen in den USA.
Eingeleitet von Henner Hess. Tübingen: iva.
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Besonders
bemerkenswert erschienen ihm die Verhältnisse in der Transportarbeitergewerkschaft,
der größten und mächtigsten Einzelgewerkschaft in den USA.
Über sie schreibt er folgendes: »Schon bei den Verhören
von 1957 zeigte sich deutlich, daß der engste Führungskreis
der Teamsters Union in den USA heute nicht seinesgleichen hat. Wir hörten
die Aussagen des Abschaums der Gesellschaft; vor uns erschienen ein paar
der berüchtigsten Gangster und Betrüger des Landes. Aber keine
Gruppe entsprach so sehr dem Prototyp der Verbrecherorganisation eines
Al Capone wie Jimmy Hoffa und einige seiner wichtigsten Leute in und außerhalb
der Gewerkschaft ... Ihre Strafregister halten einen Vergleich mit denen
der Capone-Leute aus (S. 62) . . . Antonio Corallo alias Antonio Freno
alias Mr. Selzo, eine sehr einflußreiche Gestalt der Unterwelt, der
u. a. wegen Rauschgiftschmuggel und Raubüberfällen angeklagt
worden war . . . war es gelungen, sich in die New Yorker Teamsters Union
einzudrängen und die absolute Herrschaft über fünf verschiedene
Ortsverbände zu erringen (S. 62) . . . Johnny Dio hatte etwa 40 Gangster
in die Gewerkschaft eingeschlenst, die zusammen 178 Gefängnisstrafen
und 77 andere Verurteilungen aufzuweisen haben« (S. 63). Aufgrund
des Materials, das Kennedy gesammelt hatte, kam James Hoffa, der Führer
der Transportarbeitergewerkschaft, ins Gefängnis. Interessanterweise
hat ihn Nixon später begnadigt, im Jahre 1975 verschwand er, wurde
wahrscheinlich ermordet - ein Schicksal, das sich nur auf dem Hintergrund
der von Chambliss geschilderten Auseinandersetzung zwischen den quer durch
die politischen Parteien und durch die Unterwelt gehenden Fraktionen verstehen
läßt.
Doch ist die Beziehung zwischen organisiertem Verbrechen und herrschenden
politischen und wirtschaftlichen Mächten - wie gesagt - kei[<8]neswegs
eine amerikanische Besonderheit. Es lassen sich vielmehr zahlreiche Beispiele
aus anderen Ländern dazu anführen."
"In jeder Stadt in den USA- und auch in vielen anderen Ländern verkaufen kriminelle Organisationen Sex und Rauschgift, sorgen für Möglichkeiten, verbotenen Glücksspielen nachzugehen, pornographische Filme anzusehen, ein Darlehen mit Wucherzinsen aufzunehmen oder ermöglichen sonstige »Vergünstigungen«. Die Gewinne daraus sind eine der wichtigsten Stützen des amerikanischen Wahlsystems, und dieses Geschäft selbst ist ein gewichtiger Teil des Bruttosozialprodukts.
Das Geschäft mit dem organisierten Verbrechen mag im Jahr 80 Milliarden Dollar einbringen - oder auch nur 20 Milliarden-, doch wie auch immer, die Profite sind riesig und der Anteil am Bruttosozialprodukt, der aus Verbrechensgewinnen besteht, kann nicht geleugnet werden. Nur wenige Länder der Erde haben Volkswirtschaften, [<19] die sich mit der wirtschaftlichen Leistungskraft der kriminellen Aktivitäten in den USA vergleichen lassen.
Dies ist die Geschichte des illegalen Geschäfts, hier erzählt am Beispiel einer der größten Städte der USA; sie handelt von den inneren und äußeren Zusammenhängen der unterirdischen, oft unsichtbaren Welt, die die Milliardendollarindustrie der Glücksspiele, des Rauschgifts, Wuchers, Geschäftsschwindels, der Prostitution, des organisierten Diebstahls und Raubs ausmacht. Diese illegalen Geschäfte sind ein wichtiger Bestandteil der politischen Organisation und der Wirtschaftsstruktur des modernen Lebens, aber das wird oft gar nicht gesehen.
Um die Zeit der Jahrhundertwende machte Lincoln Steffens, einer der besten Journalisten Amerikas, Karriere und half Theodore Roosevelt, zum Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt zu werden, indem er die Korruption in den amerikanischen Städten aufdeckte. Lincoln Steffens kam zu dem Schluß, daß »der Geist der Korruption und der Gesetzlosigkeit der Geist Amerikas« sei. Ferner beschrieb er das Ergebnis seiner Nachforschungen in den meisten Großstädten des Landes um 1900: »In der allerersten Untersuchung- über St. Louis- trat die überraschende Tatsache hervor, daß die Korruption nicht nur auf politischer Ebene bestand; sie bestand auf finanzieller, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Ebene. Die Verzweigungen des Bestechungssystems waren so kompliziert, unterschiedlich und weitreichend, daß wir sie kaum mit dem Verstand erfassen konnten . . . St. Lonis war ein Beispiel für Bestechung; Minneapolis für korrupte Polizei; Pittsburg eine politische und industrielle Maschine; in Philadelphia herrschte ganz allgemeine kommunale Korruption . . .
Doch diese Dinge starben nicht mit Lincoln Steffens aus oder fanden durch die Wahl Teddy Roosevelts ein Ende. 1931, nachdem eine Untersuchung der Polizei abgeschlossen war, kam die »Nationale Kommission für die Befolgung und Anwendung der Gesetze« zu folgendem Schluß:
»Fast alle großen Städte leiden unter einer Verbindung von Politikern und Kriminellen; so wurde z. B. Los Angeles einige Jahre von ein paar Spielern beherrscht. San Francisco hatte vor einigen Jahren ähnliches durchzumachen und wurde zu einer bestimmten Zeit seiner Geschichte so vollständig von den Spielern beherrscht, daß drei bekannte Spieler, die die Kontrolle über das politische Leben der Stadt hatten, auf die ihnen eigene Weise einen Streit beilegten: Als sie sich wegen der Ernennung des Polizeipräsidenten stritten, einigten sie sich darauf, um die Ernennung zu würfeln. Wer zuerst gewann, der durfte den Polizeipräsidenten für die ersten zwei Jahre ernennen, der zweite für die weiteren zwei Jahre und der dritte dann wiederum für weitere zwei Jahre.«
In neuerer Zeit fiel die Aufgabe der Aufdeckung in die Hände von Regierungskommissionen und von Soziologen, die dabei mit weit weniger [<20] Gründlichkeit vorgingen als ihre Vorgänger, die Journalisten. Jetzt wurden nur noch die Informationen aus Polizeibehörden, aus den Akten der Staatsanwaltschaften und Anklagejurys übernommen. Unglücklicherweise hat dieser Wandel bei Recherchen und Informationsquellen unsere Vorstellung des organisierten Verbrechens verzerrt und zu der voreiligen Übernahme der Ansicht der Justizbehörden geführt, daß es eine von Italienern beherrschte »Mafia« oder »Cosa Nostra« gibt, die den größten Teil der Verbrechensindustrie in den USA unter Kontrolle hat. Donald Cressey ist unter den amerikanischen Soziologen der bekannteste Vertreter dieser Sichtweise. Er gründete seine Folgerungen auf Unterlagen, die er vom Justizminister und von Regierungskommissionen zur Untersuchung der Kriminalität erhalten hatte. Cressey faßte den Stand des organisierten Verbrechens in den USA 1969 folgendermaßen zusammen:
»In den USA ist es Verbrechern gelungen, eine über das ganze Land verbreitete Organisation aufzubauen, die gleichzeitig ein im ganzen Land verbreitetes illegales Kartell ist. Diese Organisation hat den Zweck, Millionen von Dollar durch Erpressung und Wucher, durch den illegalen Verkauf von Lotterielosen, Wetten auf die Ergebnisse der Pferderennen und sportlichen Veranstaltungen, durch Rauschgift und unversteuerten Alkohol zusammenzuraffen.«
Und weiter:
» . . . eine italienische Organisation kontrolliert tatsächlich - bis auf einen kleinen Teil- die gesamten Aktivitäten im Bereich organisierter Verbrechen in den USA.«
Wenn man sich nur auf die Polizei und verschiedene andere Justizbehörden als Informationsquelle stützt, bedeutet das zwangsläufig, daß die Rolle derjenigen, die dem Stereotyp »Verbrecher« entsprechen, überbetont wird. Gleichzeitig wird die Wichtigkeit von Geschäftsleuten, Politikern und Justizbeamten unterschätzt, obwohl sie fest verankerte Bestandteile des politischen und wirtschaftlichen Systems Amerikas sind, welches Syndikate, die in unseren Großstädten arbeiten, entstehen und fortbestehen läßt.
Wenn man in die Innenwelt der Städte vordringt, bekommt man von der Rolle der Korruption und der Komplizenschaft von politischen, wirtschaftlichen und kriminellen Interessen ein schärferes Bild als aus den Unterlagen und IBM-Datenbänken der Bürokraten. Das organisierte Verbrechen erscheint dann nicht mehr als etwas, das außerhalb von Gesetz und Regierung existiert, sondern es ist vielmehr etwas von ihnen Geschaffenes- ein verborgener aber nichtsdestoweniger wesentlicher Bestandteil der Regierungs- und Wirtschaftsstrukturen der Gesellschaft. Die Leute, die durch öffentliche Untersuchungen am ehesten bloßgestellt werden, werden wahrscheinlich nicht in der Regierung sitzen, aber die Vereinigung, zu der sie gehören, ist entsprechend den Interessen der wirt[<21]schaftlichen, politischen und legalen Elite organisiert und geführt. Diese Elite repräsentiert nur oberflächlich gesehen die nicht-kriminellen Interessen von »jedermann«.
Die Untersuchung einer einzigen Stadt hat über 10 Jahre gedauert. Sogar dieser Zeitraum hätte nicht ausgereicht, wäre mir nicht die Mitarbeit von Leuten zugute gekommen, die das gleiche Gebiet untersuchten. Besonders wichtig waren dabei Zeitungsreporter, aber auch interessierte Bürger und neugierige Mitglieder des Syndikats, die sich nicht damit zufriedengaben, einfach das Spiel mitzuspielen, sondern Unterlagen darüber zusammenstellten, wie ihre Rolle in das Gesamtbild paßte, sowie einige Justizbeamte.
Das Bild des organisierten Verbrechens, das in diesem Buch gezeigt wird, unterscheidet sich von den Darstellungen anderer Autoren, die das organisierte Verbrechen untersucht haben, in zwei wichtigen Punkten:
Erstens - und das ist das Wichtigste - glauben wir nicht, daß es überzeugende Hinweise gibt, die darauf hindeuten, daß das organisierte Verbrechen von einem nationalen Syndikat geführt und beherrscht wird mit einer »Kommission« oder einem »Aufsichtsrat«, die eine Art Feudalherrschaft über Untergebene im ganzen Land ausüben.
Zweitens, die Vorstellung einer »Mafiaa, »Cosa Nostra« oder einfach einer » Organisation«, die das organisierte Verbrechen beherrscht, ist trügerisch und verharmlosend, denn diese Annahme würde nur darauf hindeuten, daß eine Gruppe von Privatleuten das organisierte Verbrechen führt.
Unsere Untersuchung hat vielmehr sehr deutlich gezeigt, daß sich das organisierte Verbrechen in Wirklichkeit aus einer Koalition von Politikern, Justizbeamten, Geschäftsleuten, Gewerkschaftsführern und - ihnen kommt in mancher Beziehung die geringste Bedeutung zu - Gangstern zusammensetzt. Es ist von Stadt zu Stadt und von Zeit zu Zeit verschieden, wer die Vereinigung beherrscht. Während der »Regierungszeit« von Frank Costello in New York kann er sehr wohl mächtiger als irgend jemand sonst in der Stadt gewesen sein - er beherrschte die illegalen Geschäfte und das organisierte Verbrechen. Aber in Chicago und im Bundesstaat Indiana waren es Politiker, die lange Jahre die letzte und vor allem tatsächlich praktische Kontrolle über das organisierte Verbrechen hatten. In Seattle war die wichtigste Einzelpersönlichkeit in der kriminellen Vereinigung über Jahre hinweg der Staatsanwalt. Im Bundesstaat war viele Jahre der Gouverneur die Schlüsselfigur.
Es ist jedoch ein Fehler, in jeder solchen Vereinigung nach einem »Paten« zu suchen. Man kann aus dieser Untersuchung lernen, daß es eine Vereinigung ist, in der die Leute kommen und gehen, wichtige Ämter wechseln und sich verändern, die Rollen sich differenzieren und wandeln, entscheidend aber ist, daß das System immer weiter besteht. Einzelheiten [<22] über die interessanteren »Gangster« mögen gute Zeitungsartikel abgeben, aber sie tragen nicht zum Verständnis der Arbeitsmethoden des organisierten Verbrechens bei, und sie können auch nicht seinen Fortbestand und seine Vitalität erklären.
Dies ist demnach die Geschichte der kriminellen Vereinigung in einer Stadt. Es war eine ungewöhnlich erfolgreiche Vereinigung, wenn man ihren Einfluß, ihr Einkommen, ihre Dauer, ihre Freiheit von rechtlichen Sanktionen und ihre Macht über das Leben in der Stadt und im Staat als Maßstab nimmt. Die Vereinigung, die in Seattle das organisierte Verbrechen betreibt und aus ihm Gewinn erzielt, gleicht den entsprechenden Vereinigungen überall sonst in einem Punkt: Ihre Mitglieder sind zum Teil die angesehensten Bürger in der Stadt und im Staat.
Für diese Vereinigung von geachteten Mitgliedern der Gesellschaft arbeitet ein Stab, der die täglichen Aktivitäten im Bereich der Prostitution, des Kartenspiels, der Lotterie, der Buchmachergeschäfte und der Spielautomaten sowie den Verkauf und die Verteilung von Rauschgift, Wuchergeschäften, Pornographie und sogar systematischem Raub und Diebstahl koordiniert.
Vertreter
aller dieser Gruppen, die mit organisierter Kriminalität beschäftigt
sind, stellen die politischen und wirtschaftlichen Machtzentren der Gesellschaft
dar. Sie treffen sich regelmäßig, um Profite zu verteilen, Probleme
zu diskutieren und die Entscheidungen zu treffen, die für die Fortführung
eines gewinnbringenden, reibungslosen Geschäftsablaufs lebenswichtig
sind.
Dieses Buch ist eine
eingehende Beschreibung und Analyse des Geschäfts mit dem organisierten
Verbrechen. Es ist zugleich eine Anklage gegen das politische und wirtschaftliche
System, das ein solches Phänomen entstehen und fortdauern läßt.
Es ist keine Anklage gegen die Menschen."
Internationales Geheimdienst-Völkerrechtsgesetz:
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