Internet Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie
    (ISSN 1430-6972)
    IP-GIPTDAS=13.10.2018 Internet Erstausgabe, letzte Änderung: 01.11.23
    Impressum: Diplom-Psychologe Dr. phil. Rudolf Sponsel   Stubenlohstr. 20   D-91052 Erlangen
    Mail:_sekretariat@sgipt.org_ Zitierung  &  Copyright

    Anfang_ Begriffsanalysen in der Psychologie_ Rel. Aktuelles _Überblick_Überblick Wissenschaft _Rel. Beständiges_ Titelblatt_Konzept_Archiv_Region_Service iec-verlag___ _Wichtige Hinweise zu Links und Empfehlungen

    Willkommen in unserer Internet-Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie IP-GIPT1, Abteilung Wissenschaft, Bereich Sprache und Begriffsanalysen und hier speziell zum Thema:

    Begriff, Begriffsanalyse und Gebrauchsbeispiele in der Psychologie

    Originalarbeit von  Rudolf Sponsel, Erlangen

    Haupt- und Verteilerseite Begriffsanalysen (Überblick).
    Zur Haupt- und Verteilerseite Begriffsanalyse Begriff.
    Definition Begriff.
    Signierung Begriffe und Begriffsmerkmale (BM).
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    Definition: Ein Begriff repräsentiert einen Sachverhalt. Er besteht  aus einem Namen oder einer Wieder- erkennung (Ersatz für den Namen), dem Begriffsinhalt, der den Sachverhalt repräsentieren soll, und der Referenz, d.h. Angaben wo und wie man den Begriffsinhalt, den Sachverhalt, in der Welt  finden kann. 
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    Inhaltsverzeichnis Psychologie

       Begriff in der Psychologie:
          In psychologischen Wörterbüchern und Lexika (Auswahl):
               Arnold et al..  [s]
               Clauß et al.. [s]
               Dorsch. [s]
               Fröhlich. [s]
               Hehlmann. [s]

          Entwicklungspsychologie:
               Siegler, Robert; Eisenberg, Nancy; DeLoache, Judy & Saffran, Jenny (2016) . 
    _________Entwicklungspsychologie im Kindes- und Jugendalter. [s]
               Bullens, Hendrik zur Begriffsentwicklung.  [m]
    _____ Bullens Begriffsentwicklung in der Kindheit. [s]
               Pseudobegriff nach Wygotski. * Kritischer Kommentar.
               Denken und Sprache bei Wygotzki. 
    _____ Begriffsentwicklung nach Piaget.
                    Begriffsbildung und Begriff in der 1. Phase/1. Stufe sensumotorischer Intelligenz (0-18/24 Mon).
                    Begriffsbildung und Begriff in der 2. Phase/2. Stufe präoperationales Stadium (18/24 Mon-4 J.).
                    Begriffsbildung und Begriff in der 3. Phase/3. Stufe konkrete Operationen (4-11/12 Jahre).
                    Begriffsbildung und Begriff in der 4. Phase/4. Stufe der formalen Operationen (ab 11/12 Jahr.).
                   Begriffsbildung und Begriff beim anschauliches Denken.
                    Begriffsbildung und Begriff beim Egozentrisches Denken.
                    Begriffsbildung und Begriff  der Objektpermanenz.
                    Begriffsbildung und Begriff der Subjekt-Objektunterscheidung.
    ________Begriff beim symbolischen oder vorbegrifflichen Denken.
                    Begriffsbildung und Begriff beim Synkretisches Denken.
                    Begriffsbildung und Begriff  bei der Zweck-Mittel-Relation.
            Weitere Begriffe und Begriffsquellen bei Piaget: 
    _______Sachregister Denken und Sprechen des Kindes.
    _______Sachregister Urteil und Denkprozess des Kindes.
    _______Glossar von H.G. Furth.
    ________Kritik an Piagets kognitiver Entwicklungstheorie.
    _________ Kritik im Kita Handbuch von Textor. 
    _________ Siegler et al. kritisch zu Jean Piagets Konzept der Objektpermanenz.
     _________Sponsel: Kritischer Kommentar-1 Symbolisches Denken. 
    _________ Sponsel: Kritischer Kommentar-2 Symbolisches Denken.

          Grundlagenkritik
             Furth Denkprozesse ohne Sprache.

          Psychologische Begriffsforschung.
              Definition Begriff.
              Literatur-alphabetisch (Auswahl).
              Literatur-chronologisch (Auswahl). 
     

          Wissenschaftstheorie der Psychologie:
              Bunge & Ardila Begriffsbildung. [m]
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          Denkpsychologie:
               Oerter. [m]
               Hussy. [m]
               Neisser [ts]
               Protokolliertes Denken (ausgelagert)
    _______ Vorbemerkung Protokolliertes Denken.
    _______Selbstversuche Rudolf Sponsel.
    _________ Thema denken.
    _________ Protokoll vom 02.10.2018, 10.03-10.24.
    _________ Nachbetrachtung Denkprotokoll vom 02.10.2018, 10.03-10.24.
    _________ Protokoll Denken und Selbstbeobachtung vom 03.10.2018, 23.15-23.25.
    _________ Nachbetrachtung Denken und Selbstbeobachtung vom 03.10.2018, 
               23.15-23.25.
    _________ Thema Begriffsbildung:
     _________ Hypothesen wie es zu Begriffsbildungen kommt 04.10.2018, 19.34-19.46.
    _________ Thema Bewusstsein.
     _________ Protokoll Thema Bewusstsein Di 02.10.2018, 14.22-14.33.
    _________ Nachbetrachtung Bewusstsein 02.10.2018, 14.22-14.33.
    _________ Thema vorstellen.
    _________ Thema wahrnehmen.
    _________ Thema erkennen.
    _________ Thema Kategorien - Einteilung der Welt.
    _________ Analyse ob Vorstellungen (Wahrnehmungen, Bilder) Begriffe repräsentierten am 
    _________ Beispiel  eines vorgestellten Spaziergangs im Schlossgarten Erlangen am 
    _________ 28.09.2018 in der Mittagszeit.

               Denken und Begriffsbildung bei Tieren. 
               Denken und Begriffsbildung bei Gehör- und Sprachlosen.
               Denken und Begriffsbildung bei geistig Behinderten.
               Denken und Begriffsbildung bei psychischen Störungen.

                Kaminskis Psychologische Mikro Oekologie (PMÖ).

                Segals Versuche Über das Vorstellen (1911/12, veröf. 1916). []
     _______ Vorbemerkung.
    ________Versuchsbeschreibung. 
    ________Vorstellungs-Protokolle:
    ________Herr X. in seinem Sprechzimmer.
    ________Rw Hauptpost.
    ________X Wandern.
    ________XII: Rw Kurszimmer.
    ________Rw. Remigiusstraße.
    ________Rw. Neue Wohnung.
    ________VII. Rw. Koblenzer Straße. 

                Duncker Lautes Denken (1935).  []
     ________§ 2. Versuchsverfahren.
    ________ § 3. Ein Protokoll der „Bestrahlungs“aufgabe.
     ________§ 4. Nichtpraktikable „Lösungen“.
    ________ Duncker ueber Protokolle. 

                Narziss Ach Über die Begriffsbildung (1921):  [tm]
    ________Einführung und Zusammenfassung zur Ach'schen Begriffsbildungsuntersuchung.
    ________Bisherige Untersuchungsmethoden zur Begriffsbildung nach Ach (1921), S. 16ff.
    ________Aus Achs Originalarbeit 1. Kapitel  Einleitung § 1. Die Aufgabenstellung.
    ________Allgemeine Schilderung der Suchmethode.
    ________Tabelle IV Schema der Differenzierung von 48 Versuchskörpern.
    ________Auseinandersetzung mit Achs genetisch-synthetischer Methode:
    __________Wiederholung der Versuche von Ach durch Willwoll Wintersemester 1923/24.
    __________Wygotski, L. S. (1981; russ 1934).
    _____________Kritische Anmerkung zu einer These Wygotszkis. 
    ________Glossar, Anmerkungen und Endnoten (Ach): 
    __________Unterschiedliche Niveaus der Begriffsentwicklung:
    __________Aus Jagusch  (2000) 3.3 Die Stufen der Entwicklung des begrifflichen Denkens.
     __________Determinierende Tendenz - zielorientierter Prozess.
    __________Determination, determinierende Tendenz.

            Link zu James Joyce Ausschnitt aus Ullysses.
            Link zu Geschnittener Lorbeer.

              Aus der Geschichte der Psychologie:
     _______Wundt Die allgemeinen Eigenschaften der Begriffe (aus der Logik 1890). [m]
     _______Külpe Der Begriff (aus Die Realisierung Bd. 2). [s]
     _______Begriffsgefuehl nach Störring (1902).  [s]
      ______ Denkgegenstand und Begriff bei Gottlieb F. Lipps (1901). [ts]
      ______ Elsenhans Elementarlehre der Begriffe. [m]
     _______William Stern 

     


     



    Begriff in der Psychologie
    Die Psychologie der Begriffsentwicklung gehört zur Entwicklungs-, Denk-, differentiellen- und Sozialpsychologie. Hier zeigen die Philosophen aller Zeiten das größte Defizit. Es ist erstaunlich wie ausgesprochen unwissend und ungebildet Platon auf diesem Gebiete war. Vielleicht ermöglichte ihm auch gerade sein psychologisches Unwissen die Schaffung seiner irren Geisterwelt der Ideen. Zu einem traditionellen Philosophen gehört, dass er sein eigenes Denken und Bewusstsein nicht sorgfältig studiert und dokumentiert, sondern allgemeinbegrifflich drauflos redet, was das Zeug hält.
        Begriffe sind Produkte des menschlichen Geistes und des Denkens, wobei die Wahrnehmung besonders in der Entwicklung eine große Rolle spielt. > Begriffs-Definition.

    Begriff in Woerterbüchern und Lexika der Psychologie
    Arnold et al., Clauß et al., Dorsch, Fröhlich, Hehlmann,

    Signierungs-Status in den Texten: k:= korrigiert, m: = markiert (), s:= signiert, t = teils

    Arnold et al. (1987) im Lexikon der Psychologie

      "Begriff (BMDefiniendum), die „Kategorisierung von Objekten und Ereignissen aufgrund von Merkmalen und Beziehungen, die den Wahmehmungsgegenständen gemeinsam sind oder vom Individuum so beurteilt werden“ (K. Foppa). (BMDefCha) Die für den B. (BMmerkwes) wesentlichen Merkmale bezeichnet man dabei als „relevante“, die belanglosen als „irrelevante“ Merkmale. (BMmerkunw), (BMzirtau?) Meist wird ein B. mit einem > Symbol, einem Namen, versehen. Das Wort ist also nicht der B. (BMBBW) selbst, sondern nur Symbol desselben (BMUnWoBe).
      B.entwicklung (BMBentw), (BMDefCha) erfolgt „auf dem Wege quantitativer Neuerwerbungen“ (Vygotsky). Es sind verschiedene Stufen unterscheidbar. Vygotsky (1964) nennt drei: a) Zusammenfassung konkreter Gegenstände aufgrund äußerer Verwandtschaft (BMBKrit), (BMAehnl) b) Herstellung objektiver Beziehungen und Zusammenhänge, Vereinigung und Verallgemeinerung einzelner Gegenstände“. Objektives und zusammenhängendes Denken (BMBKrit), c) Betrachtung der Elemente „außerhalb der konkreten Verbindung“, „Herauslösung“, „Abstrahierung“ und „Isolierung der einzelnen Elemente“ (BMBKrit). Bildung echter Begriffe (BMunklar). J. Piaget (BMBPonS) kennt ähnliche Phasen (BMvergl).
      B.Zentren: Hirnrindenfelder, in denen die B.e zu „lokalisieren“ sind (BMRefGeh).
      Lit: Vygotsky, L. S. Denken und Sprechen. Berlin, 1964.
                                                                H.-J.Aebli"
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    Clauss et al. (1976) Woerterbuch der Psychologie
     
      "Begriff (BMDefiniendum): Klassifikationsresultat von Objekten bzw. Erscheinungen nach ihren Merkmalen (BMDefCha+), (BMmerkm), (BMDefiniens-). Sie können in benannter Form als sprachlicher B. (BMBspr) oder in unbenannter Form als nichtsprachlicher oder vorsprachlicher B. (BMvorspr) vorliegen. Sie strukturieren oder klassifizieren den Orientierungsbereich und ermöglichen eine umgebungsangepaßte Reaktion bei wechselnden Objekten. Vor- bzw. Elementarformen begrifflicher Ordnungen(BMhierar) finden sich auch schon im infrahumanen Bereich, insbesondere bei den höher organisierten tierischen Lebewesen (BMBTier). In der Psychologie kognitiver Prozesse unterscheidet man (nach F. KLIX, 1971) verschiedene Komponenten des B.es (BMBstruk):
      1. Unter der Begriffsstruktur (BMBstruk) versteht man die Verknüpfungsvorschrift der zur relevanten Klasse gehörenden Merkmale und diese Merkmale selbst. Sie wird als Strukturbildungsprozeß in einem Lernvorgang erworben. In diesem Sinne sind B.e (BMBlern) Resultate eines aktualgenetischen (SBBaktgen), ontogenetischen (SBBontgen) oder phylogenetischen (SBBphygen) Lernvorganges. Erlernte B.e (BMBlern) ermöglichen als Entscheidungsregel, als Erkennungsvorschrift ,,den klassenspezifischen Erkennungsprozeß (BMunklar) gegenüber einzelnen Gegenständen der Objektwelt“ (F. Klix, 1971, S. 618).
      1. allg. wird zur Beschreibung der B.sstruktur (BMBstruk) die Boolsche Algebra benutzt. Dementsprechend spricht man dann von konjunktiven, disjunktiven und anderen B.en (BMBstruk),
      2, Unter dem B.sinhalt (BMinhalt) versteht man die konkrete, spezielle Objekt- oder Ereignismenge, die von der B.sstruktur (BMBstruk) und den Merkmalen (BMinhalt) bestimmt wird, In diesem Sinne sind Inhalt und Struktur „durch die Begriffe (BMInRve) konkrete Realisation der Merkmale“ untereinander verbunden (BMunklar) (F. Klix, 1971, S. 619).
      3. Unter der B.sbedeutung (BMInRve) wird die Relation zwischen dem B.sinhalt (BMinhalt) und der dazugehörigen Verhaltensweise, Verhaltensorientierung, Verhaltensentscheidung verstanden (BMunklar). Eine derartige Bestimmung der Bedeutung ist zunächst nicht auf die Bedeutung von Zeichen oder Wörtern zu übertragen, sondern ist auf die Bedeutung von B.en (BMunklar) im oben definierten Sinne bezogen. Damit hebt sich diese Bedeutungsbestimmung zunächst eingrenzend von der der Psycholinguistik oder der Semantik ab (BMdiff) (> Bedeutung). Es wird im Gefolge der experimental-psychologischen Analyse der Begriffsbildungsprozesse (BMBBproz) aber darauf ankommen, auch den kontextabhängigen (Textstruktur) und kommunikativen Gesichtspunkt der B.sbedeutung (BMBkont), wie er in der sprachlichen Kommunikation vorliegt, stärker einzubeziehen.
      Neben diesen Komponenten wird gelegentlich noch das in der Logik gebräuchliche Bestimmungsstück des B.sumfanges (BMumfang), die Extension, benutzt. Unter dem B.sumfang (BMDefiniendum) versteht man die vollständige Objektmenge, die zur relevanten Klasse gehört (BMDefiniens). Da sie in natürlichen B.sbildungen (BMallgB) häufig nicht angebbar ist, z. B. alle Bäume, Häuser, Menschen, und außerdem für den B.sbildungsprozeß (BMBlern) als Lernprozeß keinesfalls die vollständige Objektmengenkenntnis notwendig ist, spielt dieser logische Terminus in der Psychologie eine untergeordnete Rolle. Je nach dem Grad der Unterscheidbarkeit der Merkmale (BMGdUdM) trennt man von den stetig-relationalen B.en (BMstetRel), deren Merkmale sich nicht klar unterscheiden lassen, aber in bezug auf einen normativen Grenzwert hin, z. B. als »größer als« oder »kleiner als«, geprüft werden können, die diskreten B.e (BMdiskret) ab mit klar unterscheidbaren Merkmalen, z. B. den Merkmalen »rot«, »grün«, »blau«, »rund« oder »rechts«, die diskret-alternativ genannt werden, wenn diese unterscheidbaren Merkmale als Gegensatz vorgegebener Merkmale auftreten, z. B. () »groß und klein« oder »oben und unten«. Weiterhin unterscheidet man je nach der Spezifik der Zugehörigkeit eines Objektes, eines Merkmals zur relevanten Klasse, verschiedene B.sformen (BMBForm). So spricht man von einem deterministischen B. (BMBdet), wenn die Objektzugehörigkeit mit Sicherheit angegeben werden kann. Ein statistischer B. (BMBstat) liegt vor, wenn die Objektzugehörigkeit nur mit einer Wahrscheinlichkeit angebbar ist, Von einem unscharfen B. (BMunscharf) spricht man, wenn die Objektzugehörigkeit nur mit Hilfe eines Zugehörigkeitswertes, für den in der unscharfen Mengenlehre von ZADEH eine mögliche Modellvorstellung entwickelt wurde, angebbar ist.
      Eine seit alters her gebräuchliche Unterscheidung wird mit Hilfe des realisierten Abstraktionsgrades vorgenommen. Hier spricht man dann von konkreten (BMBkonkr) und abstrakten (BMabstr) B.en  (> Abstraktion). Aus der Definitionslehre der Logik ist schließlich noch die Klassifikation in operationale (BMoper), nominale (BMnom) und reale (BMreal) [>66] B.e bekannt. Operationale B.e (BMoper) werden über einen Prozeß, eine Operationsfolge, eine Meßvorschrift definiert. Der Prozeß ist dabei selbst der B. (BMoper) Eine derartige Definitionsweise stellt eine erste Näherung zur B.sbestimmung (BMoper) dar. Nominale (BMnom) B.e werden über beispielhafte Angaben relevanter Objekte bzw. Objektbezeichnungen definiert. Diese Bestimmungsform stellt schon eine bessere Näherung dar, da zur Klasse gehörige Objekte angegeben werden. Reale B.e (BMreal) werden in der spezifischsten Form der B.sbestimmung durch die Angabe des nächsthöheren Gattungsbegriffs, des genus proximum (BMGatArt), und des artbildenden Unterschieds, der differentia spezifica (BMGatArt), gebildet.

      Begriffsbildung (BMDefiniendum): Prozeß der lernabhängigen Klassifikation von Objekten, Erscheinungen nach ihren Merkmalen. Im Prozeß der B. (BMBBproz) wird eine Entscheidungsregel, Identifizierungsregel erworben, nach der auch bisher unbekannte Objekte als relevant, d. h. als zur Klasse gehörig klassifiziert werden können, wenn die begriffsbestimmende Struktur (>Begriff) (BMBstruk)  einschließlich der relevanten Merkmale (BMmerkwes) vorhanden ist. Auf diese Weise wird das Objekt als zum Begriffsinhalt (BMinhalt) gehörig erkannt und führt zur entsprechenden Verhaltensweise des Menschen (BMBspGeg?)  — und in dem eingeschränkten Sinne (> Begriff (BMBVerh)) auch des Lebewesens — bezüglich des Objekts (BMBspGeg?). Dadurch ist zugleich die Begriffsbedeutung (BMInRve) bestimmt. Die zeitliche Dauer des Prozesses der B. (BMBBzeit) kann sehr unterschiedlich sein. Unter entwicklungstheoretischen Gesichtspunkten kann sie den Zeitraum der Artentwicklung und mehr umfassen. Derartige „phylogenetische B.en (SBBphygen)“ liegen bei den rezenten Lebewesen als eine Art klassifikatorische Artausstattung vor und werden vornehmlich auf der elementaren kognitiven oder perzeptiven Ebene wirksam (Zeichenerkennung, > Mustererkennung). Auf der perzeptiven Ebene entspricht die Klassifikation daher mehr einem Prozeß der Begriffsfindung (BMBfind) zum Unterschied von der B. (BMBB), da phylogenetisch weitgehend vorgeformte Entscheidungsregeln zur Objektkategorisierung angewendet werden.
      Die B. (BMBeigS) im eigentlichen Sinne ist jedoch an kürzere zeitliche Erstreckung gebunden. Man spricht von ontogenetischer B. (SBBontgen) wenn sie im Zeitraum der Individualentwicklung abläuft, und von aktualgenetischer B., (SBBaktgen), wenn es sich um einen — methodisch am leichtesten handhabbaren und daher gut kontrollierbaren — kurzen Teilabschnitt dieses Zeitraumes handelt (> Begriffsbildungsforschungsmethoden (BMBBForM) ). Die B.sforschung (BMBB) sieht ihr Ziel in einer Komponentenanalyse und -synthese begrifflicher Klassifikationsprozesse (BMklasse) im sprachlichen und außersprachlichen Bereich. Wesentliche Komponenten sind z. B. die Mechanismen der > Hypothesenbildung, in denen Vorbegriffe gebildet und geprüft werden. Bedeutsam sind auch die B.sstrategien (BMBBstrat), in denen sich die Bedingungen des Prüfverhaltens zeigen. Zur Erklärung interner Klassifikationsmechanismen wurden verschiedene > B.smodelle (BMBBmod) entwickelt. Zur Prozeßdarstellung und als Basis von Computersimulationen sind schließlich verschiedene B.salgorithmen (BMBBalgo) aufgestellt worden. Die Bedeutung derartiger Analysen und Synthesen begrifflicher Klassifikationen (BMklasse) besteht darin, daß es durch sie möglich ist, zur Rationalisierung geistiger Prozesse, z, B. natürlicher Diagnoseprozesse (> Computerdiagnostik), beizutragen. Das hat seine Begründung darin, daß Diagnoseprozesse ihrem Wesen nach als Klassifikationsprozesse, d. h. als Prozesse der Begriffsfindung (BMBfind) und B. (BMBB) angesehen werden können. B .suntersuchungen (BMAnalyse) bilden auch die Basis für Methodenentwicklung zu Diagnosezwecken, da die Komponenten begrifflicher Klassifikationsprozesse auf diagnostische Valenz hin geprüft werden können und im positiven Falle verlaufsdiagnostische Methoden geistiger Prozesse darstellen. Weiterhin lassen sich Analogien zwischen dem Problem der Merkmalsbildung und Merkmalsgruppierung und dem klinisch-psychologischen Bereich der Symptombildung und Symptomgruppierung angeben, die die Relevanz derartiger Untersuchungen für Fragen der Nosologie und Zustandsklassifikation andeuten. Zu pädagogisch-psychologischen Problemen bestehen Beziehungen, z. B. in Fragen der Entwicklung von Belehrungsstrategien (> Begriffslernen (BMBlern)). Damit ist zugleich der Bezug zu arbeits- und ingenieurpsychologischen Fragestellungen hergestellt, wie sie bei der Entwicklung von Anlern- und Trainingsprogrammen bestehen."

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    Dorsch Lexikon der Psychologie (Abruf 16.09.18)
      "Begriff (BMDefiniendum)(= B.) [engl. term, concept], [KOG, PHI], eine durch das > Denken gewonnene, umgrenzte Allgemeinvorstellung, in der eine Summe von Einzelvorstellungen zus.gefasst ist (BMDefiniens). Nach Kant entspringt der (empirische) B. (BMBemp) «aus den Sinnen durch Vergleichung der Gegenstände der Erfahrung und erhält durch den Verstand bloß die Form der Allgemeinheit». Der reine B. (BMBrein) hingegen sei Produkt des Verstandes. «Vorstellung einer Vorstellung» nennt Schopenhauer den B. (BMTheNamSchopenhauer) Sigwart definiert ihn als «eine Vorstellung, die die Forderung durchgängiger Konstanz, vollkommener Bestimmtheit, allgemeiner Übereinstimmung und unzweideutiger sprachlicher Bez. erfüllt» (BMBideal), und Wundt sieht darin die durch «aktive Apperzeption vollzogene Verschmelzung» von Vorstellungen (BMunklar) B. (BMTheNamWundt). Insoweit sind die B. (BMBaDW) zugleich Denkwerkzeuge und «Kunstgriffe des Denkens» (Vaihinger), ganz im Ggs. etwa zu Hegels Auffassung, dass der B. (BMWesen) geradezu das obj. Wesen des Dinges selbst ist. Am B. (BMBdif) sind zu unterscheiden: Inhalt (das mit dem B. (BMinhalt) und durch ihn Gemeinte, auch > Bedeutung genannt), Gegenstand (das Objekt, auf das der B. (BMRef) zielt), Umfang (alles, was unter den B. (BMumfang) fällt). Mit steigendem Umfang wird der Inhalt kleiner (BMÍnhUmf), (BMfragl).
          Behavioristisch (> Behaviorismus) ist der B. (BMBlern) eine durch Reiz->Generalisation gelernte gemeinsame > response auf versch. > Reize. Dagegen > Piaget & Inhelder 1971, > Bruner et al. 1956. Der B. (BMBaDW) befähigt zum Denken und Operieren. B. (BMBaDW)  ist ein Netz von Interferenzen (> Interferenz), die durch einen Akt des Kategorisierens ins Spiel gebracht werden können. Vom B. (BMBspGeg) Dreieck kann z.B. abgeleitet werden, dass es drei Seiten, spitze Ecken etc. hat. Tiere (BMTier) klassifizieren nur (BMfragl), Menschen können durch die Kategorisierung neue Schlüsse (> Schließen, logisches, Deduktion) ziehen, Aussagen ableiten (BMBaDW).
          Das Verhältnis zw. > Wort (Bez.) und B.(BMBBW) ist sowohl ein logisches wie ein psychol. Problem. Wörter, die Eigennamen (BMeignam) sind, haben (nach Frege) die Bedeutung, die dem durch sie vertretenen Gegenstand gleicht (BMfragl). Ein Wort, das kein Eigenname oder dessen Stellvertreter ist (Prädikat), wird einem Gegenstand zu- oder abgesprochen und seine Bedeutung ist ein B. (BMprädiz) Regeln bestimmen, wie Prädikate gebraucht werden, d.h., was B. (BMprädiz) sind (> Kamlah & Lorenzen 1967). Auch in der Ps. ist B. (BMtheoPsy) als «Zusammenfassung von Objekten oder Ereignissen zu Klassen aufgrund von Merkmalen» (> Klix 1971) definiert worden, und diese Klassenbegriffe sind überwiegend Gegenstand der B.forschung (BMBBForM) geblieben. Kants Unterscheidung von empirischen (BMBemp) und reinen B. (BMBrein) führt in der Ps. gelegentlich zu den missverständlichen Bez. konkrete und abstrakte B. (BMabstr) Es werden also nicht nur Objekte und Ereignisse nach Merkmalen zus.gefasst, sondern auch ohne Bezug auf best. Objekte B. (BMBB) von einzelnen oder mehreren Merkmalen gebildet (Dauer, Folge, Röte, Süße etc.). Die > Kategorien Raum, Zeit, Konstanz, Erhaltung u. ä. abstrakte B. (BMabstr) sind in der > genetischen Epistemologie Piagets bes. berücksichtigt worden (BMBPonS).
          Der möglichen Abweichung der begrifflichen Ordnungsstrukturen im Individuum von logischen B. (BMhierar) und Kategorien wird in der modernen Ps. dadurch Rechnung getragen, dass für B. (BMtheoPsy) auch andere Bez. gebräuchlich sind: > Schema, Konzept, Kognition, Konstrukt und gelegentlich auch Idee (idea). Später ist auch der unscharfe Begriff (BMunscharf) thematisiert worden. B. (BMBInV) ist demnach eine kogn. Einheit, die nicht direkt durch die sinnliche > Wahrnehmung gegeben ist, sondern Verarbeitung von Informationen voraussetzt. Das Denken in B. (BMBaDW) und damit die Begriffsbildung (BMBB) wie das Erleben des begrifflichen Denkens (BMBerleb)  ist inhaltsärmer, unanschaulicher, prägnanter, in die Struktur tiefer eindringend als das Wahrnehmen und Vorstellen, zugleich ist es aber einfacher als > Urteil und Schlussprozesse (in streng logischem Gebrauch)."
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    Froehlich, W.D. (1994) Woerterbuch zur Psychologie
      "Begriff  (BMDefiniendum) (concept, construct, notion, term).
      [1] Im psychologischen Sinne in Anlehnung an die logische Bedeutung eine unanschauliche Vorstellung (BMversch), (BMfragl) oder ein Gedanke über etwas, das mehreren, mindestens aber zwei anschaulichen (BMTheoSys-) Gegebenheiten (Dingen) gemeinsam und durch Begriffsnamen (BMName) (terms) ausgesagt werden kann, jedoch nicht ausgesagt werden muß (BMDefiniens). Inhaltlich handelt es sich dabei um den Gedanken an oder die Bezeichnung für eine Klasse von Gegenständen, die durch solche Merkmale definiert sind, die sie von anderen Gegenstandsklassen unterscheiden lassen. Von der Funktion her sind Begriffe (BMfunktion) » ...unanschauliche Gedanken, die sich zur Festigung im Erlebnisablauf assoziativ mit einem Wort verbunden haben« (ROHRACHER, 1969). Von der Entstehung her (> Begriffsbildung (BMBB)) handelt es sich um durch >Abstraktion (BMabsgen) und >Generalisierung (BMabsgen) aus einzelnen Sinnesgegebenheiten gewonnene Klassencharakteristika. Gegensatz: Einzelvorstellung.
      [2] In der wissenschaftlichen Terminologie auch Bezeichnung für auf ein Modell () bezogene, durch Operationen bestimmte oder auf begrifflichen Beziehungen (BMBzB) aufbauende Bezeichnungen im B. Sinne (BMKonstruk) von > Konstrukten; ein solcher Begriff (BMKonstruk) ist z. B, der von der »Kraft« in der Physik  (BMBspGeg).
      > Denken,  > Sprache.
      LIT. ROHRACHER (1969).
        Kommentar: Warum sollte ein Begriff nur eine unanschauliche Vorstellung sein können? Wobei auch kritisch anzumerken ist, dass damit das Problem von Begriff auf Vorstellung verschoben wird. Warum sollte die Basis "mindestens zwei anschauliche Gegebenheiten" erfordern? Warum sollte es nicht einen Begriff von einem Einzelsachverhalt geben können?


      Begriffsbildung (conception,, concept, formation).; Bezeichnung für den zur Bildung von Begriffen führenden bewußten Vorgang, der durch Experimente der Zuordnung von Begriffsnamen () zu Gegenständen und Sortierversuchen demonstriert werden kann, wobei die Komplexität des Ausgangsmaterials und die Materialqualität von entscheidender Bedeutung sind.
      LIT. KAINZ (1964); MEILI (1968).
      Begriffsrealismus > Nominalism
      Begriffsverständnis > Intelligenz.
      Behalten > Gedächtnis, > Retention."

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    Hehlmann (1965) Woerterbuch der Psychologie
      "Begriff, logischer (BMDefiniendum-) Bedeutungsgehalt, der durch ein Wort oder ein Zeichen ausgedrückt wird und sich einem (über- und untergeordneten) Beziehungsganzen einfügt (BMDefiniens). Die B. (BMklasse) fassen große Klassen von Erscheinungen zusammen und bilden damit Kristallisationspunkte (Willwoll) und zugleich Entlastungsmomente des ->Denkens. Als Erlebnisinhalt umfaßt ein B. (BMBerleb), (BMFeld) gewöhnlich nicht nur den (definierbaren) Bedeutungskern, sondern einen Hof von verwandten oder zugehörigen Bedeutungserlebnissen (Feld, Sphäre) (BMFeld), die wahrscheinlich das produktive Denken mitbestimmen.
      Das Begriffssymbol (BMName ) ist ein Zeichen oder ein Wort, sein erlebnismäßiges Korrelat eine mehr oder minder anschauliche Erlebnisgestalt, die von einigen als Allgemeinvorstellung, von der Gestalt-Ps. als Prägnanzerlebnis, von anderen als reines Beziehungserlebnis gedeutet wird. Sprache und begriffliches Denken sind eng miteinander verbunden. Doch sind oft Begriffe (BMvorspr) nachweisbar, ehe sprachliche Fixierungen (Worte) zur Verfügung stehen (BMkogS+). Auch bleibt bei manchen Aphasien das begriffliche Denken (BMBdenk) erhalten. Definierte B.  (BMDefCha), (BMGatArt) ordnen sich nach übergeordnetem Gattungs B. (genus proximum) und artbildendem Unterscheidungsmerkmal (differentia specifica) (BMGatArt), natürliche (volkstümliche) B. (BMAlltag) nach Prägnanzbereichen, die mit jenen oft nicht übereinstimmen. Bei dem Kinde bilden sich B. (BMBentw) aus einem gefühlsverhafteten Totalerlebnis erst allmählich heraus. Kindl. Begriffsbestimmungen sind meist Begriffserklärungen (Beispiele, Zweckangaben, Vergleiche). Nach dem 12. Lebensjahre werden Definitionen im Sinne der klassischen Logik häufiger.
      L: K. Bühler, Die geistige Entwicklung des Kindes, 19295; G. Lebzeltern, Der B. als psychisches Erlebnis, 1946; F. C. Bartlett, Denken u. Begreifen, dt. 1952; W. Metzger, Ps., 19542; E. T. Gendlin, Experiencing and the creation of meaning (N. Y.), 1962."
        Kommentar: Die Bestimmung "logischer Bedeutungsgehalt" (BMTheoSys-) ist sicher falsch, da die Bedeutungsgehalte meist nicht logischer Natur sind, es sei denn, es ginge um logische Begriffe.




    Entwicklungspsychologie

    Siegler, Robert; Eisenberg, Nancy; DeLoache, Judy & Saffran, Jenny (2016)  Entwicklungspsychologie im Kindes- und Jugendalter. Deutsche Ausgabe herausgegeben von Sabina Pauen. Berlin: Springer.
    Ich fasse den von den AutorInnen öfter verwendeten Ausdruck "Konzept" als synonym zu "Begriff" auf.
     

      S. 184: In Kürze (BMBentw)
      "Kinder beginnen von Geburt an, etwas über die Welt zu lernen. Sie habituieren auf wiederholt auftretende Reize, bilden Erwartungen über sich wiederholende Ereignisfolgen und lernen Assoziationen zwischen bestimmten optischen und akustischen Eindrücken, die regelmäßig zusammen auftreten. Das klassische Konditionieren, das man bei Neugeborenen und älteren Säuglingen nachgewiesen hat, scheint besonders wichtig beim Lernen emotionaler Reaktionen zu sein. Säuglinge sind für eine Vielzahl von Kontingenzbeziehungen zwischen ihrem eigenen Verhalten und seinen Folgen hochempfänglich. Eine bei älteren Säuglingen besonders wirksame Form des Lernens ist das Beobachtungslernen: Ab dem Alter von sechs Monaten lernen Kinder viele neue Verhaltensweisen einfach durch die Beobachtung dessen, was andere tun. Auch wenn im Verlauf der frühen Kindheit eine enorme Menge an Lernprozessen abläuft, können Babys manche Assoziationen oder Beziehungen leichter lernen als andere. Beim Beobachtungslernen beispielsweise spielt die Intentionalität (die Handlungsabsicht) des Modells eine zentrale Rolle. Und schlussendlich sind Kleinkinder in der Lage, aus gesammelten Erfahrungen rationale Erwartungen für die Zukunft abzuleiten."

      S. 184f  Kognition(BMBentw)
      "Es ist klar, dass Säuglinge und Kleinkinder auf vielerlei Weise lernen können. Aber denken sie auch? Diese Frage fasziniert Eltern und Entwicklungspsychologen gleichermaßen. Die Eltern von Baby Benjamin haben ihr Kind zweifellos mit Staunen betrachtet und sich gefragt: „Was denkt er? Denkt er überhaupt?“ Im Verlauf etwa der vergangenen 20 Jahre haben Entwicklungsforscher große Anstrengungen unternommen, um herauszufinden, in welchem Umfang sich Säuglinge kognitiv betätigen (wissen (BMwissen), denken (BMEntDen), schlussfolgern (BMEntDen)). Es gab geradezu eine Explosion von faszinierenden Forschungsarbeiten mit dem Ergebnis, dass die kognitiven Fähigkeiten in der frühen Kindheit weit beeindruckender sind, als man zunächst annahm. Der Ursprung und das Wesen dieser eindrucksvollen Fähigkeiten blieb jedoch Gegenstand heftiger Debatten. Insbesondere gehen die Meinungen von Theoretikern zur Rolle von Anlage und Umwelt (BMBAnUm) in der kognitiven Entwicklung auseinander, insbesondere bei der Frage, ob Entwicklung von angeborenen Wissensstrukturen (BMangeb), (BMdiff) und zielspezifischen Lernmechanismen (BMEntLer) oder allgemeinen Lernmechanismen (BMEntLer) geleitet wird, die in allen Bereichen relevant sind. Wieder einmal entzündet sich die Debatte hauptsächlich zwischen Nativisten und Empiristen. Einige Nativisten behaupten, dass Säuglinge in wichtigen Bereichen über ein angeborenes Wissen verfügen (Carey und Spelke 1994; Gelman 2002; Gelman und Williams 1998; Scholl und Leslie 1999; Spelke 2000; Spelke und Kinzler 2007). Wie in ? Kap. 7 noch näher erläutert wird, halten diese Nativisten daran fest zu behaupten, dass Kinder mit einigem Wissen über die physikalische Welt geboren werden, beispielsweise über die Tatsache, dass zwei Objekte nicht den-[>185]selben Ort einnehmen können oder dass physikalische Objekte sich nur bewegen, wenn sie durch eine Kraft in Bewegung gesetzt werden. Sie nehmen auch an, dass Kinder ein rudimentäres Verständnis (BMEntWis) im Bereich von Biologie und Psychologie haben. Andere Nativisten betonen, dass Kinder über spezialisierte Lernmechanismen verfügen, mit deren Hilfe sie Wissen in diesen Bereichen schnell und effektiv erwerben können (Baillargeon 2004; Baillargeon et al. 1996). Empiristen wiederum betonen die allgemeinen Lernmechanismen, durch welche die mentalen Repräsentationen der physikalischen Welt von den Kindern nach und nach erworben und angereichert werden (Munakata et al. 1997). Auf diese Debatte werden wir in Kap. 7 im Zusammenhang mit der Entwicklung von Konzepten (BMBentw) im Detail zurückkommen. In den verbleibenden Abschnitten dieses Kapitels wollen wir die Befunde zu den kognitiven Fähigkeiten und Grenzen diskutieren, an deren genauer Erklärung Nativisten und Empiristen gleichermaßen arbeiten."

      S. 185: Gegenstandswissen  (BMEntWis)
      "Ein großer Teil dessen, was wir über die Kognition von kleinen Kindern wissen, hat seinen Ursprung in Forschungsarbeiten über die Entwicklung des Objektwissens; solche Forschungen waren ursprünglich durch Jean Piagets Theorie der sensomotorischen Intelligenz (BMBP1smi) inspiriert. Wie Sie in Kap. 4 erfahren haben, nahm Piaget an, dass das Verständnis der Welt bei Kleinkindern stark durch ihre Unfähigkeit eingeschränkt ist, Dinge, die sie im jeweiligen Moment nicht sehen, hören, anfassen etc. können, mental zu repräsentieren und über sie nachzudenken. Seine Tests zur Objektpermanenz (BMBPOPerm) führten Piaget zu dem Schluss, dass ein Säugling nach einem Objekt, das aus dem Blickfeld verschwunden ist, nicht sucht – nicht einmal dann, wenn es sein Lieblingsspielzeug ist –, weil dieser Gegenstand auch aus dem Bewusstsein des Kindes verschwunden ist."

      S. 190f Zusammenfassung
          "Wahrnehmung (BMEntWah)
      - Das visuelle System des Menschen ist bei Geburt relativ unreif; Kleinkinder besitzen eine geringe Sehschärfe, eine geringe Kontrastempfindlichkeit und minimales Farbensehen. Neuere Forschungen haben jedoch nachgewiesen, dass Neugeborene schon Minuten nach der Geburt damit beginnen, die Welt visuell abzutasten, und dass sehr kleine Kinder stark kontrastive Muster bevorzugen, dieselben Farben präferieren wie Erwachsene und insbesondere eine Vorliebe für menschliche Gesichter aufweisen.
      - Einige Sehfähigkeiten, einschließlich der Wahrnehmung von Größen- und Formkonstanz, liegen bereits bei Geburt vor; andere entwickeln sich schnell im Verlauf des ersten Lebensjahres. Das beidäugige Sehen (Stereopsis) entwickelt sich mit etwa vier Monaten recht plötzlich; in diesem Alter ist auch die Fähigkeit zur Identifikation von Objektgrenzen – die Objekttrennung – vorhanden. Mit sieben Monaten sind Kinder für eine Vielzahl von Tiefenhinweisen in Bildern oder beim monokularen Sehen sensitiv; die Musterwahrnehmung hat sich so weit entwickelt, dass die Kinder – so wie Erwachsene – Scheinkonturen wahrnehmen können.
      - Das auditive System ist bei Geburt vergleichsweise gut entwickelt, sodass Neugeborene schon ihren Kopf drehen, um ein Geräusch zu lokalisieren. Die bemerkenswerte Fähigkeit von Kleinkindern, in akustischen Reizen Muster zu erkennen, liegt ihrer Empfindlichkeit für musikalische Strukturen zugrunde.
      - Kinder empfinden von Geburt an Gerüche. Sie lernen ihre Mutter unter anderem an ihrem einzigartigen Geruch zu erkennen.
      - Durch aktives Berühren mithilfe von Mund und Hand erkunden und erfahren Kinder sich selbst und ihre Umwelt.
      - Forschungen zum Phänomen der intermodalen Wahrnehmung ließen erkennen, dass Kinder vom frühesten Alter an Informationen der verschiedenen Sinnesmodalitäten integrieren, indem sie ihre visuellen Erfahrungen mit ihrem akustischen, olfaktorischen und taktilen Erfahrungen verknüpfen.
      Motorische Entwicklung
      - Die motorische Entwicklung, die Entwicklung der Handlungsmöglichkeiten, erreicht in der frühen Kindheit eine Reihe von „motorischen Meilensteinen“ und schreitet rapide voran, angefangen mit den starken Reflexen neugeborener Babys. Neuere Forschungsarbeiten haben nachgewiesen, dass das regelmäßige Entwicklungsmuster bis hin zum freihändigen Laufen aus dem Zusammentreffen vieler Faktoren resultiert, einschließlich der Entwicklung der Körperkraft, der Haltungskontrolle, des Gleichgewichts und der Wahrnehmungsfähigkeiten. Dieses Muster der motorischen Entwicklung variiert jedoch in den verschiedenen Kulturen je nach ihren speziellen kulturellen Praktiken.
      - Jede neue motorische Errungenschaft, vom Greifen bis zur Fortbewegung aus eigener Kraft, erweitert die Erfahrung des Kindes und bietet gleichzeitig neue Herausforderungen. Kleinkinder verwenden eine Vielzahl von Strategien, um sich erfolgreich und sicher in der Welt umherzubewegen. In diesem Prozess machen sie eine ganze Reihe überraschender Fehler.
      Lernen (BMEntLer)
      - In der frühen Kindheit liegen verschiedene Arten des Lernens vor. Kinder habituieren auf Reize, die sich wiederholen, und bilden Erwartungen bei wiederkehrenden Regelmäßigkeiten von Ereignissen. Wahrnehmungslernen kommt durch aktive Exploration zustande. Kinder lernen auch durch klassisches Konditionieren, was die Bildung von Assoziationen zwischen natürlichen und neutralen Reizen einschließt, und durch operantes Konditionieren, bei dem das Lernen der Kontingenzen zwischen dem eigenen Verhalten und dessen Konsequenzen eine Rolle spielt. Sie können auch Erfahrungen nutzen, um Erwartungen für die Zukunft zu entwickeln.
      - Ab der zweiten Hälfte des ersten Lebensjahres wird das Beobachtungslernen – das Betrachten und Nachmachen der Verhaltensweisen anderer Menschen – eine zunehmend bedeutsame Informationsquelle. Was Kinder imitieren, hängt auch davon ab, wie sie die Absichten eines Modells einschätzen.
      Kognition (BMEntKog)
      - Mit leistungsfähigen neuen Forschungsverfahren – besonders mit der Methode der Erwartungsverletzung – wurde nachgewiesen, dass Säuglinge eindrucksvolle kognitive Fähigkeiten an den Tag legen. Ein großer Teil dieser Arbeiten zur mentalen Repräsentation und zum kindlichen Denken wurde ursprünglich von Jean Piagets Konzept der Objektpermanenz (BMBPOPerm) inspiriert. Im Gegensatz zu den Annahmen Piagets zeigte sich jedoch, dass bereits Kleinkinder nicht sichtbare Objekte mental repräsentieren und aus beobachteten Ereignissen sogar einfache Schlussfolgerungen (BMEntDen) ziehen können.
      - Weitere Forschungsarbeiten konzentrierten sich auf die Entwicklung des Wissens über die physikalische Welt und zeigten, dass Kleinkinder bereits einige Auswirkungen der Schwerkraft verstehen. Babys brauchen mehrere Monate, um die Bedingungen herauszufinden, unter denen ein Objekt eine stabile Stütze für ein anderes Objekt bieten kann.
      - Was Kleinkinder von Menschen verstehen, wird rege erforscht. Klar ist der Befund, dass Kleinkinder den Absichten anderer besondere Aufmerksamkeit schenken.
      - Wenngleich viele faszinierende Phänomene im Bereich der Kognition der frühen Kindheit entdeckt wurden, bleiben grundlegende Fragen der kognitiven Entwicklung unbeantwortet. Es gibt markante Unterschiede darin, wie Theoretiker die Fähigkeiten und die Defizite im kindlichen Denken erklären."
      _

      S. 240: "... Was genau sind aber Begriffe  (BMFrage), und wie tragen sie zu unserem Verstehen bei?
      Konzepte (BMDefiniendum) sind allgemeine Vorstellungen (BMallgB), die Gegenstände, Ereignisse, Eigenschaften oder Beziehungen auf der Basis von Ähnlichkeit (BMAehnl) strukturieren, (BMDefiniens). Es gibt eine unendliche Anzahl möglicher Konzepte (BMBBoo), weil es unendlich viele Aspekte gibt, unter denen Gegenstände oder Ereignisse einander ähnlich sein können und sich in Kategorien zusammenfassen lassen. Zum Beispiel (BMBspGeg) können Gegenstände ähnliche Formen haben (alle Fußballfelder sind rechteckig), sie können aus ähnlichen Materialien bestehen (alle Diamanten bestehen aus komprimiertem Kohlenstoff), von ähnlicher Größe sein (alle Wolkenkratzer sind hoch), ähnliche Geschmacksrichtungen aufweisen (alle Zitronen sind sauer), von ähnlicher Farbe sein (alle Colas sind braun), ähnliche Funktionen erfüllen (alle Messer sind zum Schneiden da) und so weiter.
          Konzepte (BMDefiniendum) – Allgemeine Vorstellungen oder Auffassungen, mit deren Hilfe man Gegenstände, Ereignisse, Eigenschaften oder abstrakte Sachverhalte, die sich auf irgendeine Art ähnlich sind oder etwas gemeinsam haben, zu Klassen zusammenfassen kann (BMDefiniens).
      Konzepte (BMBWeltV) helfen uns, die Welt zu verstehen und effizient in ihr zu handeln, indem sie uns ermöglichen, aus vorangehenden Erfahrungen zu verallgemeinern. Wenn wir den Geschmack einer bestimmten Mohrrübe mögen, werden wir wahrscheinlich auch den Geschmack anderer Exemplare mögen, sofern wir erkennen, dass sie ebenfalls zur Kategorie der Mohrrüben gehören. Konzepte (BMBEmOr) sagen uns auch, wie wir emotional auf neue Erfahrungen reagieren können, beispielsweise wenn wir mit allen fremden Hunden sehr vorsichtig umgehen, weil wir sie als Hunde klassifiziert haben und einmal von einem Mitglied dieser Kategorie gebissen wurden. Ein Leben (BMunklar) ohne Konzepte (BMBlebnot) wäre undenkbar; jede Situation wäre neuartig, und wir hätten keine Ahnung, welche frühere Erfahrung in der neuen Situation relevant wäre.
          Wie Sie in diesem Kapitel sehen werden, treten bei der Erforschung der Konzeptentwicklung (BMBentw), (BMBB) einige Themen besonders hervor. Eines davon betrifft Anlage und Umwelt; die Begriffe (BMBAnUm) von Kindern spiegeln die Interaktion ihrer spezifischen Erfahrungen mit ihrer biologischen Prädisposition wider, Informationen auf bestimmte Weise zu verarbeiten. Ein weiteres wiederholt auftretendes Thema ist das aktive Kind: Schon ab der frühesten Kindheit spiegeln viele Konzepte () die aktiven Versuche der Kinder wider, der Welt Bedeutung zu verleihen. Ein drittes wichtiges Thema betrifft die Mechanismen der Veränderung: Forscher untersuchen die Konzeptentwicklung (BMBBForZ) nicht nur um der Begriffe (BMBBForZ) willen, die Kinder bilden, sondern auch, um die Prozesse (BMBBproz) zu verstehen, mit deren Hilfe sie die Konzepte (BMBB) bilden. Ein vierter Aspekt ist schließlich der soziokulturelle Kontext: Die Konzepte (BMBBFUonS), die wir bilden, ergeben sich unter dem Einfluss der Gesellschaft, in der wir leben."
       
        Kommentar zu Siegler ... Was genau ...: Konzepte und Begriffe fasse ich in diesem Text als synonym auf. Es werden viele entwicklungspsychologisch interessante Befunde mitgeteilt. Aber: "Konzepte sind allgemeine Vorstellungen" erklärt gar nichts, sondern verschiebt das Problem vom Wort "Konzepte" auf  "allgemeine Vorstellungen".  Sehr dunkel ist auch "die Begriffe von Kindern spiegeln die Interaktion ihrer spezifischen Erfahrungen mit ihrer biologischen Prädisposition wider". Wie sieht denn eine solche spezifische Erfahrung mit biologischer Prädisposition aus?


      S. 254 Kategorien (BMKateg), Klassifikationen (BMklasse), Verstehen (BMBverst)
      "In Kürze (BMBentw)
      Von frühester Kindheit an bilden Kinder Kategorien (BMKateg) ähnlicher Objekte (BMAehnl). Mithilfe solcher Klassifikationen (BMklasse) können sie die Eigenschaften unbekannter Objekte innerhalb einer Kategorie besser erschließen. Wenn Kinder beispielsweise lernen, dass es sich bei einem neuen Objekt um ein Tier handelt, dann wissen sie bereits, dass es wächst, sich bewegt und frisst. Kinder bilden neue Kategorien (BMKateg) – und weisen neue Objekte bestehenden Kategorien (BMKateg) zu – auf der Basis von Ähnlichkeiten (BMAehnl) in Aussehen und Funktion des neuen Objekts mit anderen Objekten, deren Klassenzugehörigkeit sie bereits kennen.
      Eine besonders wichtige Kategorie (BMKateg) sind Menschen. Von den ersten Tagen ihres Lebens an interessieren sich Kinder für andere Menschen und verwenden sehr viel Zeit darauf, sie anzusehen. Mit drei Jahren bilden sie eine einfache alltagspsychologische Theory of Mind, die ein gewisses Verständnis der Kausalbeziehungen (BMKauGes) zwischen Intentionen, Wünschen, Überzeugungen und Handlungen einschließt. Aber erst mit vier oder fünf Jahren können die meisten Kinder Aufgaben vom Typ „falsche Überzeugung“ erfolgreich meistern, die ein Verständnis dafür voraussetzen, dass andere Menschen entsprechend ihren Überzeugungen handeln, und zwar auch dann, wenn diese Überzeugungen aus der Sicht des Kindes falsch sind. Die Entwicklung des Verstehens (BMBverst) der psychischen Funktionen anderer Menschen im Verlauf der Vorschuljahre wurde der biologischen Reifung eines Theory-of-Mind-Moduls zugeschrieben, alternativ aber auch der Erfahrung im Umgang mit anderen Menschen oder der Entwicklung der Informationsverarbeitungsfähigkeiten, mit deren Hilfe Kinder immer komplexere soziale Situationen verstehen können.
      Eine weitere wichtige Kategorie (BMKateg) betrifft Lebewesen. Im Vorschulalter gewinnen Kinder ein Grundverständnis von den Eigenschaften biologischer Sachverhalte wie Wachstum, Vererbung, Krankheit und Genesung. Aber erst im Schulalter zählen die meisten Kinder Pflanzen zur Klasse der lebenden Dinge. Erklärungen für den relativ schnellen Erwerb biologischen Wissens beziehen sich auf die ausgiebige Konfrontation mit biologischen Informationen vonseiten der Familien und der umgebenden Kultur ihrer Gesellschaft ebenso wie auf ihrem eigenen Frageverhalten, das informative Antworten auslöst, und schließlich die Existenz von Gehirnmechanismen, die Kinder dahin führen, an Lebewesen interessiert zu sein und schnell und leicht mehr über sie zu lernen."

      S. 267f: ZusammenfassungVerstehen des eigenen Erlebens (BMBentw)
      "Zusammenfassung
      - Um zu verstehen (BMBverst), was sie erleben, müssen Kinder lernen (BMBlern), dass die Welt verschiedenartige Typen von Objekten enthält (BMBdif): Menschen, andere Lebewesen und unbelebte Gegenstände. Auch benötigen Kinder ein  Grundverständnis von Kausalität (BMKauGes), Raum (SBPhyRaum), Zeit (SBPhyZeit) und Zahl (SBMZahl), sodass sie in der Lage sind, ihre Erfahrungen danach zu codieren, warum, wo, wann und wie oft Ereignisse auftreten.

      Die Dinge verstehen: Wer oder was (BMBentw)
      - Die ersten Objektkategorien von Kindern beruhen größtenteils auf perzeptueller Ähnlichkeit (BMAehnl), insbesondere auf Formähnlichkeit. Zum Ende des ersten Lebensjahres bilden sie auch Klassen von Objekten (BMklasse) mit gleicher Funktion (BMfunktion).
      - Im Alter von zwei oder drei Jahren bilden Kinder Klassenhierarchien (BMhierar) vom Typ Tier – Hund – Pudel oder Möbel – Stuhl – Barhocker.
      - Ab der frühen Kindheit verhalten sich Kinder gegenüber Menschen anders als gegenüber Tieren oder unbelebten Objekten. Zum Beispiel lächeln sie Menschen mehr an als Kaninchen oder Roboter.
      - Mit vier oder fünf Jahren entwickeln Vorschulkinder eine elementare, aber wohlorganisierte alltagspsychologische Theory of Mind (BMToM), in der sie ihr Verständnis von menschlichem Verhalten strukturieren. Eine wichtige Prämisse besteht darin, dass Wünsche und Überzeugungen bestimmte Handlungsweisen motivieren.
      - Dreijährigen fällt es sehr schwer zu begreifen, dass andere Menschen aufgrund ihrer Überzeugungen handeln, insbesondere auch dann, wenn diese Überzeugungen falsch sind; viele Kinder verstehen das vor dem fünften Lebensjahr noch nicht.
      - Tiere und Pflanzen, besonders aber Tiere, sind für kleine Kinder von größtem Interesse (BMBBFint). Wenn Tiere anwesend sind, werden sie mit großer Aufmerksamkeit (BMBBFaufm) betrachtet.
      - Mit vier Jahren haben Kinder ein recht differenziertes Verständnis von Lebewesen (SBLLonS) entwickelt, das kohärente Vorstellungen über unsichtbare Prozesse wie Wachstum (SBLWachs), Vererbung (SBLVererb), Krankheit (SBLKrank) und Heilung (SBLHeil) einschließt. Sowohl ihre natürliche Begeisterung für Lebewesen als auch der Informationsinput, den sie aus der Umwelt erhalten, trägt zur Erweiterung ihres Wissens über Pflanzen und Tiere bei.[>268]

      Die Umstände verstehen: Wo, wann, warum und wie viel
      - Die Entwicklung des kausalen Denkens (BMKauGes) beginnt bei physikalischen Ereignissen ebenfalls in der frühen Kindheit. Zwischen sechs und zwölf Monaten verstehen Kinder, was vermutlich passieren wird, wenn zwei Objekte kollidieren. Das Verständnis der kausalen Beziehungen zwischen Handlungen hilft einjährigen Kindern, diese Handlungen im Gedächtnis zu behalten.
      - Mit vier oder fünf Jahren scheinen Kinder zu erkennen, dass Ursachen (BMKauGes) notwendig sind, damit Ereignisse eintreten. Wenn keine Ursache offensichtlich ist, suchen sie nach einer. Im Vorschulalter glauben Kinder jedoch sowohl an Magie (BMMagie) und Zauberei (BMZaub) als auch an Ursache-Wirkungs-Beziehungen (BMKauGes).
      - Menschen sind, wie andere Tiere auch, biologisch darauf vorbereitet, räumliche Sachverhalte (SBPhyRaum) zu codieren. In frühester Kindheit codieren sie die Orte anderer Objekte hauptsächlich relativ zu ihrer eigenen Position und zu externen Orientierungspunkten. Mit dem Erwerb der Fähigkeit, sich aus eigener Kraft fortzubewegen, bekommen sie ein Gefühl für Raumpositionen (SBPhyRaum) relativ zur allgemeinen Umgebung wie auch relativ zu ihrer aktuellen Position.
      - Blind geborene Kinder (BMBehBli) besitzen überraschend gute räumliche Repräsentationen (SBPhyRaum); einige Aspekte ihrer Verarbeitung von räumlichen Informationen, insbesondere die Verarbeitung von Gesichtern, erreichen jedoch nicht das normale Maß, selbst wenn in früher Kindheit chirurgisch eingegriffen wurde, um die Sehbehinderung zu korrigieren.
      - So wie Kinder mit der Fähigkeit auf die Welt kommen, bestimmte Aspekte des Raumes zu codieren, so sind sie auch mit der Fähigkeit geboren, bestimmte Aspekte der Zeit zu codieren. Schon mit drei Monaten codieren sie die Reihenfolge, in der Ereignisse auftreten. Säuglinge dieses Alters können auch anhand von regelmäßigen Abfolgen vergangener Ereignisse zukünftige Ereignisse antizipieren.
      - Mit fünf Jahren können Kinder in gewissem Sinn logisch über Zeit nachdenken; wenn zwei Ereignisse gleichzeitig begannen und eines später endete als das andere, können sie erschließen, dass das später endende länger gedauert haben muss. Kinder sind zu solchen Schlüssen aber nur in der Lage, wenn sie in ihrer Wahrnehmung nicht durch störende Reize abgelenkt sind.
      - Ein elementares Verstehen von sehr kleinen Zahlen existiert schon in frühester Kindheit. Säuglinge bemerken Unterschiede in der Anzahl sehr kleiner Mengen von Objekten und zwischen Ereignissen, die unterschiedlich oft wiederholt werden. Sie erkennen auch bereits Unterschiede zwischen Mengen von Objekten oder Ereignissen, wenn die Anzahlen der Mengenelemente relativ zueinander stark abweichen, also in einem großen Verhältnis zueinander stehen.
      - Im Alter von drei Jahren lernen die meisten Kinder, bis zu zehn Objekte abzuzählen. Ihr Zählen scheint ein Verständnis der Prinzipien widerzuspiegeln, die dem Zählen zugrunde liegen, beispielsweise dass jedes gezählte Objekt nur mit einem einzigen Zahlwort bezeichnet werden darf. Wie schnell Dreijährige dann über 10 hinaus zählen lernen, ist auch ein Spiegel kultureller Einflüsse durch die sprachliche Struktur von Zahlwörtern und die Wertschätzung mathematischen Wissens.
      - Kinder verfügen in einem Alter von neun Monaten über eine allgemeine Repräsentation von Größe in Bezug auf die Dimensionen Raum, Zeit und Zahl."

    _

    Bullens (1982) zur Begriffsentwicklung in Oerter & Montada (1982):
    Bullens, Hendrik (1982) Zur Begriffsentwicklung in Die Entwicklung des begrifflichen Denkens. In (445-447) Oerter & Montada (1982, Hrsg.) Entwicklungspsychologie. München: Urban & Schwarzenberg.

    "Komplexität der Begriffsentwicklung ()

    Es erscheint sinnvoll, im Vorgriff einige Komponenten der Begriffsbildung etwas näher zu betrachten; vielleicht weckt dies ein besseres Verständnis für die komplexen Leistungen, die das Kind (aber auch der Erwachsene) auf diesem Gebiet erbringt.

        1. Klassifikationsregeln: Unter formalen Gesichtspunkten kann man die Bildung eines Begriffs (BMBB) als Klassifikation (BMklasse) umschreiben. Objekte, die unter einem bestimmten Aspekt bedeutungsgleich sind, können unter Vernachlässigung anderer Merkmale in einer Äquivalenzklasse zusammengefaßt werden. Die Zuordnung von Objekten nach Bedeutungsäquivalenten kann als Anwendung einer Klassifikationsregel bezeichnet werden. So ist es möglich, den Klassenbegriff (BMklasse) ,Tiere‘ zu bilden durch die konjunktive Verbindung (= Regel): „ ,Hunde‘ und ,Katzen‘ und ,Pferde‘ ... etc.‘‘. Andere klassifikatorische Regeln, die bei der Begriffsbildung (BMBB) zur Anwendung kommen, sind beispielsweise disjunktive (,oder‘), implikative (,wenn-dann‘), negierende (,nicht'), relationale (,zwischen‘, ,größer als‘) oder quantifizierende (,alle‘, ,keine‘) Verbindungen (BMmerkV). Solche Regeln müssen gelernt werden (BMBlern).

        2. Kriteriumsmerkmale und Bedeutung: Um einen Begriff () bilden zu können, braucht man neben Regeln auch Kriteriumsmerkmale (BMBKrit) (= Begriffsinhalt (BMinhalt) ), mit deren Hilfe jene Objekte, auf die diese Merkmale zutreffen, einer Klasse ( = Begriffsumfang (BMumfang)) zugeordnet und andere Objekte, auf die sie nicht zutreffen, ausgeschlossen werden können. Die formale Definition von ,Begriff (BMDefiniendum)(B) lautet deshalb B  äquivalent R (x, y, ..,), wobei R eine Regel und x, y ... relevante Merkmale darstellen (Bourne 1974) (BMDefiniens).
        Die Bedeutung eines Kriteriumsmerkmals (oder genauer: die Bedeutung der einzelnen semantischen Komponenten = ,features‘) ist identisch mit der spezifischen Information, die es ermöglicht, ein Objekt vom anderen zu un-[>446]terscheiden. Dieses Unterscheiden (BMunters) kann als Grundlage für den Aufbau semantischer Bedeutungen angesehen werden.
        Ein Kind muß daher lernen, bei einzelnen Objekten (oder Personen) Gemeinsamkeiten bzw. Unterschiede zu identifizieren, um dann nur bestimmte Eigenschaften verallgemeinernd als Kriteriumsmerkmale zu verwenden. (Für Ansätze, die dabei von einer ,generativen Semantik‘, von ,semantischen Kontrasten‘ oder von einer ,Semantik der Handlung‘ ausgehen, siehe u. a. Fodor & Katz 1963, Leech 1974, Clark 1973, 1979, Fillmore 1968, Aebli 1980. Zur Entwicklung von Bedeutungen siehe auch Grimm et al. 1975, Bruner 1975, Bowermann 1978; Wannenmacher & Seiler 1981),
        Die Wahl von Kriteriumsmerkmalen (BMBKrit) in der Begriffsentwicklung (BMBentw) verläuft beim Kind in einer spezifischen Weise und gibt Aufschluß darüber, welche Bedeutung ein Begriff (BMInRve) für es hat.

        3. Begriffe (BMBons) und Namen (BMName): So stehen beim Bedeutungserwerb zunächst aktionale und gegenständlich-figurative Merkmale im Vordergrund. Das erschwert den Prozeß des Unterscheidens zwischen Individual- und Klassenbegriffen, sowie den richtigen Gebrauch von Eigen- (BMeignam) und Gemeinnamen (BMallgB). Deshalb greift das Kind zu ,Vor‘- und ,Misch‘-Begriffen (BMBBVuM), So kann es beispielsweise alle Hunde und Katzen, Wau-Wau nennen oder sog. ,thematische Gruppierungen‘ vornehmen. Umgekehrt bedeutet die Verwendung von Gemeinnamen nicht unbedingt, daß ein Klassenbegriff gemeint ist. Der konkrete Aufbau von Begriffspyramiden (vgl. Abb. 6b.3) verläuft daher keineswegs bei allen Kindern oder für alle Begriffe einheitlich und richtungsgleich.

        4, Abstraktionen und Dimensionen: Je näher man der ,Spitze‘ einer Begriffspyramide (BMhierar) kommt, desto weniger anschaulich werden die Kriteriumsmerkmale (Hayakawa 1970). Deshalb liegt im Erfassen ihrer Bedeutung eine besondere Schwierigkeit. Sie müssen als Name (,Obst‘), als Funktion (,Werkzeug‘) oder als analytische Abstraktion (,Wert‘) erst gelernt werden. Wächst beim Kind die Anzahl der Kriteriumsmerkmale, dann wird nicht nur die begriffliche Bedeutung (BMdiff) differenzierter; es vergrößert sich auch die Spanne der Bedeutungs- und Zuordnungsmöglichkeiten. Je nachdem, ob es beim Wort ,Hund‘ das Merkmal ,Spielkamerad‘, ,Fleischfresser‘ oder ,Haustier‘ im Auge hat, wird es anders klassifizieren. So wird die gleichzeitige Beachtung mehrerer Abstraktionsebenen und Dimensionen möglich und damit ein rascher Wechsel innerhalb wie zwischen den einzelnen Begriffspyramiden (BMhierar). Jetzt kann das Kind auch verstehen, daß ein Wort in Abhängigkeit vom Kontext völlig verschiedene Begriffe (BMhomonym) bedeuten kann (Homonymie und pragmatische Bedeutung).
    Das Denken in Begriffen (BMBdenk) reduziert sich daher nicht auf formale Klassifikationsleistungen, sondern umfaßt viele andere Operationen (BMkogF) wie Selegieren (BMausw), Diskriminieren (BMunters), Abstrahieren (BMabsgen), Generalisieren (BMabsgen) sowie kontextuelles Interpretieren. Hat ein Kind einmal die invarianten Züge eines Gegenstandes (den Bedeutungskern) und damit die Beziehungen zu anderen Objekten erkannt, dann kann es künftig diesen Gegenstand „durch den  Begriff (BMBdenk)' hindurch sehen (Holzkamp 1973) und dementsprechend mit ihm umgehen; er steht dann als kognitives Werkzeug (BMkogF) zur Verfügung (Abb. 6b.3).


    "
    _
    Bullens, Hendrik  (1983) Begriffsentwicklung in der Kindheit als Aufbau Kognitiver Strukturen Forschungskonzepte und Ontogenese. Inaugural-Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Philosophie an der Ludwig-Maximilians-Universität zu München.

    S. 119: "Kapitel 6

    WAS SIND BEGRIFFE?

    6.1 DAS PROBLEM DER DEFINITION ALS DEFINITION DES PROBLEMS

    Wer sich mit Theorie und Empirie der Begriffsentwicklung beschäftigt, hat es (mindestens) mit den drei folgenden Fragen zu tun:

    • Wie entwickeln sich Begriffe (BMAnf), (BMBentw), (BMTheoEmp) ?
    • Wann hat ein Kind einen Begriff erworben (BMBdiag)?
    • Was sind Begriffe (BMMetaM), (BMtheoPsy), (BMbegriff)?"

    • _
      Kommentar: Die dritte Frage müsste die erste sein. Denn man kann den Erwerb eines Begriffs oder die Entwicklung von Begriffen nicht feststellen, wenn man keinen klaren Begriff vom Begriff hat. Solange also der Begriff des Begriffs nicht geklärt ist, kann die Forschung gar nicht richtig vorankommen.


        "Zu den ersten beiden Fragen gibt es eine unüberschaubare Menge an Daten, während man vernünftige Antworten auf die dritte Frage in der experimentellen Literatur mit der Lupe suchen muß. (BMKritik)
        Das mag daran liegen, daß die 'wie' und 'wann'-Fragen durch empirische Feststellungen beantwortbar sind, die letzte hingegen nicht.
        So kann der Prozeß der Begriffsentwicklung (BMBentw) beispielsweise erforscht werden, indem bestimmte Formverläufe in der Anordnung von Gegenständen oder im Wortverständnis festgehalten werden; und ob ein Kind etwa über den Begriff der Mengeninvarianz verfügt, läßt sich mit einer der einschlägigen Konservierungsaufgaben feststellen.
    Aber weder mit dem einen, genetisch-deskriptiven, noch mit dem anderen, experimentellen Verfahren würde man [>120] etwas mehr darüber erfahren, was ein Begriff ist. Das muß exakt festgelegt werden und ist eine Frage der Theorie: zumindest sollte sie es sein. Da Theorie, besonders im Experimentalbereich, nicht sehr gefragt ist, Denken bekanntlich mühsam und 'schnüffeln' bequemer scheint ("We have all become a little tired of methodology ... To a greater extent than before, psychologists within and without the (lerntheoretische;d.V.) tradition are following their noses ..." WHITE 1970, 687) und das Denken außerdem in der Forschungspraxis weniger den Gesetzen der 'Wahrheitsfindung' als der Zeitökonomie unterliegt, wurde das theoretische Begriffsproblem (BMTheoSys) der Philosophie überlassen und bediente man sich in der praktischen Experimentpsychologie anderer Verfahren. Die übliche Vorgehensweise, ein Nachdenken über den Gegenstand der Untersuchung, hier Begriffe (BMKritik),. zu umgehen, besteht darin, es konventionalistisch oder dezisionistisch abzukürzen: Diese Art von 'Begriffsdefinitionen' (BMDefCha) gibt es freilich genügend. Im einen Fall wird einem gängigen experimentellen Paradigma (welches durch die Versuchsanordnung selbst die Bedeutung von 'Begriff' (BMDefOp) operational festlegt) gefolgt; im anderen Fall wird irgendeine Begriffsbestimmung (BMDefCha) festgesetzt - wobei der Übergang zwischen beliebiger Setzung und geflissentlichem Übergehen einer Begriffserläuterung (BMKritik) oft sehr fließend ist, was aber durch die Metasprache gut kaschiert werden kann."

    Bullens kommt S. 147f zu dem Ergebnis:
    "2. Begriffe () sind keine universell gültigen Abstraktionen, keine rein logischen Idealisierungen, noch sind sie zufällig festgelegte und willkürlich erweiterbare Klassenwörter. Sie sind vielmehr Ordnungsgesichtspunkte, Perspektiven im Wissen, die auf Grund der mannigfaltigen Eigenschaften und Beziehungen zwischen den Dingen zu einem bestimmten Zweck hergestellt werden können; beispielsweise um jemanden mitzuteilen, was ich meine, um einen unklaren empirischen Sachverhalt aus verschiedenen Perspektiven untersuchen zu können, oder um Informationen aus der Umwelt, die für mein Handeln wichtig sind, entsprechend einordnen und 'begrifflich' () sehen zu können. "Die Abhängigkeit der Klassifikation von den Interessen der klassifizierenden Leute bedeutet also nicht Willkür der Klassifikation; und die Klassifikation nach Ähnlichkeit bedeutet nicht etwa Unabhängigkeit von den Interessen der klassifizierenden Leute" (SAVIGNY 1969, 257). Dafür gibt es zahllose Beispiele in der Ethnologie: die vielen Wörter der Eskimos für 'Schnee'; die vielen Bezeichnungen für 'Palme' in Abhängigkeit der Verwendung als Material bei den Südseeinselbewohnern; aber auch, verglichen mit [>148] unserer Kultur, fehlende Sprachkategorien zur Unterscheidung bestimmter Farben bei den Zuni-Indianern, den Navahos oder Hopi; die großen Differenzierungsunterschiede in der Wahrnehmungs- und Sprachklassifikationen bei Küstenbewohnern verglichen mit Stämmen, die das Inland der amerikanisch - kanadischen Nordwestküste bewohnen; oder das begriffliche 'Etak'- System (BMEtak) der Puluwatader, das der Navigation dient usw. (vgl. LINDESMITH & STRAUSS 1974, WHORF 1956, HENLE 1965, LENNEBERG 1967, BROWN 1956, NEISSER 1976 u.v.a. ) (BMHZitS)
        Entwicklungspsychologisch gesehen bedeutet dies nichts anderes als daß:" Indem ein Kind ... die üblichen Bezeichnungen lernt, lernt es dort zu unterscheiden, wo die Eltern unterscheiden und dort nicht zu unterscheiden (BMunters), wo dies nach dem Vorbild der Eltern und der anderen Sprachbenutzer in diesem Kulturkreis nicht nötig ist" (HÖRMANN 1970, 330) .
        Ändert sich der Zweck, so kann sich auch der Ordnungsgesichtspunkt ändern: Aspekte, die zuvor irrelevant waren, werden jetzt wichtig. Daraus ergibt sich: eine endgültige Definition durch die Zuordnung von Exemplaren zu einer begrifflichen Klasse (BMklasse), oder durch eine eindeutige und umfassende Unterscheidung von relevanten und irrelevanten Merkmalen ist nicht möglich. Begriffe (BMBons), und insbes. die Alltagsbegriffe (BMAlltag) welche die kognitive Entwicklungspsychologie untersucht, sind inhärent unscharf (BMunscharf).
    Daher greift eine Definition von 'Begriff(BMKritik)' als abstrahiertes, isomorphes Abbild der Wirklichkeit zu kurz; und die gängigen (lexikalischen) Begriffsdefinitionen (BMDefLex) sind selber zu verstehen als nachträgliche Rekonstruktionen einer der vielen Möglichkeiten, nach denen begriffliche Bedeutungen als Ordnungs-[>149]perspektiven unseres Wissens in der Sprache verwendet werden. In diesem Fall ist ihr Zweck eben, lexikalische Definitionen herzustellen. Man sollte das aber nicht identifizieren mit dem Prozeß der realen Begriffsbildung (BMBBdif), (BMvergl) in der Ontogenese oder gar mit dem Aufbau der begrifflichen Struktur (BMBstruk) des semantischen Gedächtnisses, die offenbar sehr viel reichhaltiger und weniger eindimensional sind."

    Fett, kursiv und 14pt sind Hervorhebungen von R. Sponsel, nur fett ist bei Bullens  g e s p e r r t  geschrieben.
    _
    Pseudobegriff nach Wygotski
    Aus: Wygotski, L. S. (1981; russ 1934) Denken und Sprechen. Frankfurt aM: Fischer.
    Zum Pseudobegriff finden sich im Sachregister unter dem übergeordneten Begriff  "Komplexe" folgende Einträge:
    5. Phase - Pseudobegriff 131 bis 136, 140, 142, 149-153, 158.

    "IX

    Die letzte Form des komplexen Denkens, die sowohl im Experiment als auch im wirklichen Leben für das Denken des Kindes von großer Bedeutung ist, beleuchtet alle Stufen des komplexen Denkens und stellt die Brücke, den Übergang zu einer neuen, höheren Stufe - zur Begriffsbildung (BMBB) - dar.
    Wir nennen diesen Komplextypus Pseudobegriff (BMBpseu), weil die kindlichen Verallgemeinerungen ihrer äußeren Form nach an den Begriff (BMBpseu) des erwachsenen Menschen erinnern, aber ihrer psychologischen Natur nach etwas völlig anderes darstellen.
    Wir haben es hier mit einer komplexen Verbindung einer Reihe konkreter Dinge zu tun, die phänotypisch, d. h. in ihrer äußeren Form mit dem Begriff (BMunklar) zusammenfällt, die aber genetisch, also nach den Bedingungen ihrer Entstehung und Entwicklung bzw. nach ihren kausal-dynamischen Grundlagen keinen Begriff (BMBpseu) darstellt. Darum bezeichnen wir ihn als Pseudobegriff (BMBpseu).
    Im Experiment bildet das Kind immer dann einen Pseudobegriff (BMBpseu), wenn es zu der gegebenen Vorlage eine Reihe von Gegenständen wählt, die auch als Grundlage irgendeines abstrakten Begriffs zusammengestellt und miteinander vereinigt werden könnten. Die Verallgemeinerung könnte also echt begrifflich erfolgen, tatsächlich entsteht sie aber durch komplexes Denken.
    Nur im Endergebnis fällt die komplexe mit einer begrifflichen Verallgemeinerung (BMunklar) zusammen. Das Kind stellt beispielsweise zu der gegebenen Vorlage - einem gelben Dreieck - alle im Versuchsmaterial vorhandenen Dreiecke zusammen. Einer solchen Gruppe könnte auch der Begriff (BMBspGeg ) oder die Idee des Dreiecks zugrunde liegen. Wie die weitere Untersuchung aber zeigt, hat das Kind die Gegenstände in Wirklichkeit auf Grund ihrer konkreten und anschaulichen Verbindungen (BMunklar) vereinigt, also lediglich einen begrenzten assoziativen Komplex (BMunklar) gebildet, und ist dabei zu dem gleichen Ergebnis gekommen, obgleich es einen ganz anderen Weg gegangen ist.
    Dieser Komplextypus ist für das reale Denken des Kindes von domi-[>132]nierender Bedeutung. Wir müssen deshalb etwas ausführlicher auf ihn eingehen, da hier ein Einschnitt vorliegt, der das komplexe vom begrifflichen Denken (BMdiff) trennt und gleichzeitig beide Stufen der Begriffsbildung (BMBstuf) verbindet.

    X

    Die Pseudobegriffe (BMBpseu) sind die verbreitetste und oft fast ausschließliche Form des komplexen Denkens im Leben des Vorschulkindes. Ihre Verbreitung und Vorherrschaft hat ihre Ursache darin, daß sich die der Wortbedeutung entsprechenden Komplexe nicht frei, nicht spontan in irgendwelchen vom Kinde selbst umrissenen Bahnen entwickeln (BMunklar), sondern in Richtung der in der Sprache der Erwachsenen bereits festliegenden Bedeutungen der Wörter."
     

      Kommentar Pseudobegriff Es bleibt an diesen Textstellen dunkel, was genau "Komplexe" und "Pseudobegriffe" nach Wygotzki sein sollen. Sie werden nicht klar belegt und ausgewiesen. Das sind schwere wissenschaftliche Fehler und kein Ruhmesblatt für die entwicklungspsychologische Denkpsychologie. Auch im DORSCH - Entwicklung, soziokultureller Ansatz nach Wygotski - gibt es keine klare Darstellung, wenn dort ausgeführt wird (Abruf 08.10.18):
        "... Auch die von Wygotski herausgearbeiteten Etappen der Begriffe zeigen hohe Übereinstimmungen zum Phasenmodell Piagets. So charakterisiert Wygotski die vorschulischen kindlichen Begriffsbildungen als Komplexe oder Pseudobegriffe, die unmittelbar an sinnliche Erfahrung gebunden, anhand zufälliger Merkmale gebildet sind und i. S. von «Familienbez.« fungieren."
    __
    Denken und Sprache bei Wygotzki (S. 87)
    "1. Denken und Sprechen haben verschiedene entwicklungsgeschichtliche Wurzeln.
    2. Die Entwicklung des Denkens und der Sprache verläuft unabhängig voneinander auf verschiedenen Wegen.
    3. Das Verhältnis zwischen Denken und Sprechen ist im Verlauf der phylogenetischen Entwicklung keine konstante Größe.
    4. Die Anthropoiden lassen eine menschenähnliche Intelligenz in einigen Beziehungen erkennen (Rudimente des Gebrauchs von Werkzeugen) und eine menschenähnliche Sprache in völlig anderen (Phonetik und Sprache, emotionale Funktion und Rudimente der sozialen Funktion der Sprache).
    5. Die Anthropoiden lassen den für den Menschen charakteristischen engen Zusammenhang zwischen Denken und Sprechen nicht erkennen.
    6. In der Phylogenese des Denkens und Sprechens können wir eine vorsprachliche Phase in der Entwicklung der Intelligenz und eine vorintellektuelle Phase in der Entwicklung der Sprache feststellen."



    Begriffsbildung nach Piaget
    Abkürzungen:
        DuSdK := Denken und Sprechen des Kindes (orig. 1923, dt. 1972)
        UuDPdK := Urteil und Denkprozess des Kindes (orig. vom Verlag nicht angegeben, vermutlich 1920er Jahre, dt. 1981)

    Zusammenfassende Interpretation des Strukturalistischen Konstruktivismus Piagets
    Anlage, Verhalten, Kognitionen, Lernen und Umwelt wirken auf das engste zusammen. Die geistigen Prozesse und die geistige Entwicklung sind von Geburt an in einem ständigen Wechselspiel sehr mit dem Handeln verbunden. Subjekt und Objekt sind nicht unabhängig voneinander (interaktiver Konstruktivismus). Kognition, Handlung und Umwelt bilden letztlich eine vielfach miteinander verbundene untrennbare Einheit (Struktur). Erst allmählich kann das Denken unabhängig von konkreten Situationen und Handlungen genutzt werden. Lebewesen sind ständig bemüht, ein Gleichgewicht (Äqulibration) zwischen (Selbst-) Anforderungen und Bewältigungen herzustellen. Dieses Gleichgewichtsstreben ist das Grundmotiv für angeborene (z.B. saugen, bewegen) und erworbene Anwendungen (Assimilation) des kognitiven und Handlungsrepertoires sowie Anpassungen und Weiterentwicklungen (Akkomodation) von Fähigkeiten und Fertigkeiten, wo die vorhandenen nicht ausreichen. Diese Entwicklung vollzieht sich in Stufen, die aufeinander aufbauen und auseinander hervorgehen. Diese Konzeption Piagets ist im Großen und Ganzen trotz fremdartiger und schwer verständlicher Terminologie sehr lebensnah und durch außerordentlich viele empirische Beobachtungen, Operationalisierungen, Experimente und Analysen fundiert. Definitionen, wissenschaftstheoretische und methodische Klarheit sind nicht seine Stärke. Es ist sehr schwierig, sich durch seine vielen Schriften und Varianten hindurch zu arbeiten, denn es stellen sich immer mehr Fragen.

    Begriffsbildung und Begriff in der 1. Phase/1. Stufe sensumotorischer Intelligenz (0-18/24 Monate)
    Begriffsbildung und Begriff in der 2. Phase/2. Stufe präoperationales Stadium (18/24 Monate - 4 Jahre)
    Begriffsbildung und Begriff in der 3. Phase/3. Stufe konkrete Operationen (4-11/12 Jahre)
    Begriffsbildung und Begriff in der 4. Phase/4. Stufe der formalen Operationen (ab 11/12 Jahren)
    Begriffsbildung und Begriff beim anschauliches Denken
    Begriffsbildung und Begriff beim Egozentrisches Denken
    Begriffsbildung und Begriff  der Objektpermanenz
    Begriffsbildung und Begriff der Subjekt-Objektunterscheidung

    Piaget Begriffshilfen
    Piaget hat mit seinem großen empirisch-experimentellen Werk kognitive Entwicklungspsychologiegeschichte geschrieben, grundlegende und bleibende Ideen, Begriffe und operationale Methoden geschaffen. Aber sein Vokabular und seine Terminologie sind nicht einfach und meist nicht oder nicht sehr gut und verständlich erklärt. Man behilft sich am besten mit Sekundärliteratur, Wörterbüchern und Lexika. So z.B. Montada (1982), S. 410f: "Schema, Struktur, Assimilation und Akkomodation" (Anmerkung: es wird zwar Akkomodation erklärt, aber nicht Assimilation). Ich erstelle mir zur Zeit ein eigenen Glossar zur kognitiven Entwicklungspsychologie Piagets.

    Glossar von H.G. Furth

      in (513-518) Piaget, Jean & Inhelder, Bärbel (orig. 1966, dt. 1978/90) Die Entwicklung des inneren Bildes beim Kind. Frankfurt aM: Suhrkamp. Dabei wird informiert: "(Der Glossar wurde entnommen: H. G. Furth, Intelligenz und Erkennen. Die Grundlagen der genetischen Erkenntnistheorie Piagets, Frankfurt 1976, stw 160, S. 362 ff.)."

      BegriffPF - siehe Konzept
      Konzept (Begriff)PF - (BMDefiniendum) Im logischen Sinne: eine innere Konstruktion (BMKonstruk) des generalisierbaren (BMabsgen) Aspekts eines erkannten Gegenstandes; es hat eine Intension (BMinhalt) (oder Komprehension), die die Frage nach seinem Wesen (BMWesen), und eine Extension (BMumfang), die die Frage, welche Gegenstände Exemplar des Konzepts sind, beantwortet. In psychologischem Sinne ist ein Konzept (BMBPonS) mit der inneren Struktur (BMunklar) oder dem internen Plan (BMunklar) eines Individuums identisch und entspricht der Ebene jener Struktur (z. B. »praktisches« Konzept, »praktischer« Begriff (BMBPprak)) (BMzirtau). In seinen sprachlichen Manifestationen ist ein Konzept ein verbalisierter Ausdruck (BMWort), (BMName) eines logischen Konzepts (BMLogB) zusammen mit seiner verbalisierten Komprehension; indes, dem logischen Konzept als solchem ist die sprachliche Verkörperung äußerlich (BMWort). (BMDefiniens)

        PlanPF (Scheme) - "Die interne allgemeine Form einer spezifischen Erkenntnistätigkeit, häufig, aber nicht ausschließlich, in bezug auf senso-motorische Intelligenz gebraucht. Der generalisierbare Aspekt koordinierender Akte, die auf analoge Situationen angewandt werden können. Operationen sind nichts anderes als die allgemeinsten Pläne der operationeilen Intelligenz. - Pläne werden zu Strukturen oder Plänen höherer Ordnung miteinander koordiniert. (Piaget unterscheidet »Plan« [scheme] von dem Begriff »Schema« [schema], der einen repräsentationalen Umriß, ein figuratives Modell meint. Ein Schema bezieht sich auf eine figurative Akkommodation oder auf ein Symbol; Plan auf Operativität.)"


      AkkommodationPF (BMDefiniendum) "Der nach außen gerichtete Prozeß eines operativen Aktes, der sich auf einen besonderen Realitätszustand (BMunklar), (BMBeleg-) bezieht. Die Akkommodation (BMBPAkom), (BMautonS) wendet eine allgemeine Struktur (BMunklar) auf eine besondere Situation an; als solche enthält sie immer ein Element von Neuheit. In einem eingeschränkten Sinne führt die Akkommodation (BMBPAkom),(BMautonS) an eine neue Situation zur Differenzierung einer schon ausgebildeten Struktur und somit zum Auftreten neuer Strukturen." (BMDefiniens)

      AssimilationPF (BMDefiniendum) - "Der inkorporierende Prozeß (BMunklar) eines operativen Aktes. Ein In- sich-Aufnehmen von Umweltdaten, nicht in einem kausalen, mechanistischen Sinne, sondern als Funktion einer internen Struktur (BMunklar), (BMBeleg-), die kraft ihrer eigenen Natur (BMunklar), (BMBeleg-) - durch Assimilation (BMzirtau) potentiellen Materials aus der Umwelt - nach Betätigung strebt." (BMDefiniens)

      ÄquilibrationPF (BMDefiniendum) - "Der interne Regulationsfaktor einer biologischen Organisation; er manifestiert sich in allen Lebensäußerungen (BMBeleg-), besonders deutlich in der Entwicklung der Aktivität der Intelligenz. Die Intelligenz macht die einer Organisation immanenten Regulationen explizit. Als Prozeß ist die Äquilibration (BMBPÄqui), (BMautonS) der Regulationsfaktor (BMBPÄqui), der Evolution und Entwicklung miteinander verbindet, als Zustand (als ein Gleichgewicht) ist sie ein immer neues Ausgleichen aktiver Kompensationen (BMunklar), (BMBeleg-)." (BMDefiniens)

      KreisreaktionPD (BMDefiniendum)"Kreisreaktion (= K.) [engl. circular reaction], [EW], Jean Piaget hat das Konzept der K. (BMBPkreis) für das sich entwickelnde Zusammenspiel von Assimilation (BMBPAssim) (Assimilationsschema) und Akkommodation (BMBPAkom) verwendet und das vor allem für die sensu-motorische Entwicklungsstufe (BMBP1smi); es ist aber auf allen Entwicklungsstufen analog verwendbar (Repräsentationsstufen).?" (BMDefiniens)


    Begriff symbolisches oder vorbegriffliches Denken

      S. 221: "... Die Sprache ist notwendigerweise interindividuell und wird durch ein System von Zeichen (= »willkürliche« oder vereinbarte Bedeutungsträger) gebildet. Doch neben der Sprache benötigt das Kleinkind, das weniger sozialisiert ist als das 7- bis 8jährige und vor allem als der Erwachsene, noch ein anderes System von - individuelleren und »motivierteren« - Bedeutungsträgern: Es sind das die Symbole, deren üblichste Formen sich beim Kleinkind im symbolischen Spiel finden. Nun, das symbolische Spiel tritt ungefähr zur gleichen Zeit wie die Sprache, jedoch unabhängig von ihr auf und spielt als Quelle von individuellen (zugleich kognitiven und affektiven) Vorstellungen und (gleichfalls individueller) vorstellender Schematisierung eine beträchtliche Rolle im Denken des Kleinkindes. Zum Beispiel hat die erste Form des symbolischen Spiels, die ich bei einem meiner Kinder beobachtet habe, darin bestanden, daß es so tat, als schliefe es: Eines Morgens bemerkt das Kind, hellwach auf dem Bett seiner Mutter sitzend, eine Leintuchecke, die es an den Zipfel seines Kissens erinnert (dazu muß gesagt werden, daß das Kind zum Einschlafen stets eine Ecke seines Polsters mit einer Hand umfaßte und den Daumen derselben Hand in den Mund steckte); es packt diesen Zipfel daraufhin, umklammert ihn, steckt den Daumen in den Mund, schließt die Augen und lächelt, immer noch im Sitzen. Hier haben wir ein Beispiel für eine von der Sprache unabhängige, dafür mit einem Spielsymbol verknüpfte Vorstellung, wobei jene gewohnten Gesten nachgeahmt werden, die eine bestimmte Handlung normalerweise begleiten: Nun, die derart dargestellte Aktion hat nichts Präsentes oder Aktuelles an sich und bezieht sich auf eine bloß vergegenwärtigte Situation, was genau dem Merkmal der »Vorstellung« entspricht.
          Doch das symbolische Spiel ist nicht die einzige Form des individuellen Symbolismus. Man kann noch eine zweite anführen, die zur gleichen Zeit einsetzt und ebenfalls eine wichtige Rolle bei der Entstehung der Vorstellung spielt: Es ist die »verschobene Nachahmung«, eine Nachahmung, die in Abwesenheit des zugehörigen Vorbilds erfolgt. So war eine meiner Töchter, als ein kleiner Freund sie besuchte, erstaunt, als er in Zorn geriet, schrie und mit den Füßen aufstampfte. Sie reagierte in seiner Gegenwart nicht, nach seinem Weggang jedoch imitierte sie die Szene ohne jeden Zorn von ihrer Seite."
          Quelle: Piaget, Jean (orig. 1954) Das Denken und die Symbolfunktion. In (orig. 1954)  Sprechen und Denken in genetischer Hinsicht. In (1974) Theorien und Methoden der modernen Erziehung. Frankfurt aM: Fischer.
       
        Kritischer Kommentar-1 Symbolisches Denken Vorstellungen (individuelle, kognitive, affektive), vorstellende Schematisierung, symbolisches Spiel, verschobene Nachahmung gehören nach dieser Ausführung Piagets zu den Symbolen bzw. zur Symbolbildung. Beispiele: schlafen spielen. Piaget erklärt nicht, worin denn nun genau das Symbolische der Wiederholungshandlung Ecke anfassen, Daumen in den Mund besteht. Überhaupt wäre ja zu klären, was das Symbolische Denken sein und bedeuten soll.


      In Piaget, Jean & Inhelder, Bärbel (orig. 1966, dt. 1978/90) Die Entwicklung des inneren Bildes beim Kind. Frankfurt aM: Suhrkamp:

        "Symbol, Symbolfunktion - Ein Symbol ist ein Zeichen, das von seinem Signifikat (BMungen) unterschieden ist. Die Symbolfunktion ist das Vermögen des Individuums, ein Symbol zu konstruieren oder zu produzieren, um das, was das Individuum erkennt und was nicht präsent ist, zu repräsentieren. Jedes - erzeugte oder verstandene - Symbol setzt daher die konstruktive Tätigkeit des Operationellen Denkens voraus und hängt von ihm ab, umgekehrt sind Operationen nicht immer auf Symbole angewiesen. Während ein Signal das externe Ereignis in einer undifferenzierten Weise bezeichnet, bezeichnet das Symbol (»bezieht sich auf«) das Ding-als-erkanntes. Piaget beschränkt die Bedeutung des Wortes »Zeichen« auf sprachliche oder andere konventionelle Symbole und die des Wortes »Symbol« auf einen ichbeteiligten Signifikator; die symbolische Funktion hat er kürzlich neu als die »semiotische Funktion« (BMversch) benannt, um anzudeuten (BMunklar), daß in dieser Funktion auch das enthalten ist, was er Zeichen nennt."
          Kritischer Kommentar-2 Symbolisches Denken Der Glossareintrag macht es nicht klarer, sondern schwieriger. Auch die Umbenennung von "symbolische Funktion" in "semiotische Funktion" klärt nichts, sondern verschiebt das Problem nur und verwirrt weiter. Am informativsten erscheint mir die Definition: Ein Symbol repräsentiert ein Erkanntes, das aktuell nicht präsent ist, obwohl das natürlich schon immer vom Vorstellungsbegriff geleistet wird. Es scheint, als fehlte Piaget die Motivation und Kompetenz für klare Begriffsdefinitionen, was überhaupt nicht zu seiner sonstigen Wissenschaftlichkeit passt.
       
      In Meine Theorie der geistigen Entwicklung (orig. 1970, dt. 2003)  S. 86:
        "b) Symbole sind Signifikatoren, die von ihren Signifikaten unterschieden werden, aber ein gewisses Maß an Ähnlichkeit mit ihnen bewahrt haben; etwa wenn in einem Symbolspiel Brot durch einen weißen Stein und Gemüse durch Gras dargestellt wird."


    Begriffsbildung und Begriff beim Synkretischen Denken
    Begriffsbildung und Begriff  bei der Zweck-Mittel-Relation

    Weitere Begriffe und Begriffsquellen bei Piaget
    sind die Inhaltsverzeichnis und Sachregister - sofern welche vorliegen - der Werke Piagets.

    Kritik an Piagets kognitiver Entwicklungstheorie
    Piaget hat mit seinem großen empirisch-experimentellen Werk kognitive Entwicklungspsychologiegeschichte geschrieben, grundlegende und bleibende Ideen, Begriffe und operationale Methoden geschaffen. Inzwischen wird sein Werk auch kritisch rezipiert, was natürlich zur Wissenschaft dazugehört. Er erklärt seine neue, fremdartige Terminologie und Begriffe nicht gut, aber auch die Mitteilungen wie die Kinder instruiert wurden und die Versuchsbeschreibungen, lassen zu wünschen übrig (>Kritik Flammer).
     

      Kritik im Kita Handbuch von Textor
      "Neuere Forschungsergebnisse haben gezeigt, dass die kognitive Entwicklung bei Kindern schneller verläuft, als Piaget in seinen experimentellen Studien herausfand. Kleinkinder erwiesen sich als viel kompetenter in ihrem Denken und Schlussfolgern über die physische Welt. So erreichten sie relativ früh ein ähnliches Begriffsverständnis wie Erwachsene. Auch hatten sie bereits viel früher als von Piaget angenommen ein Verständnis von psychischen Phänomenen, konnten also z.B. zwischen realen Dingen und mentalen Gebilden wie Gedanken, Träumen und Erinnerungen unterscheiden. Ferner wurden sehr große interindividuelle Unterschiede in der kognitiven Entwicklung ermittelt, was gegen die von Piaget vertretene Universalität seines Stufen-Modells spricht. Schließlich ließen sich Kinder in ihrer kognitiven Entwicklung viel stärker von außen beeinflussen, als dies laut der vor allem auf Reifung fußenden Lehre von Piaget möglich sein sollte - deshalb wurde diesem auch "pädagogischer Pessimismus" vorgeworfen."

      Kritik von Flammer (2009) in Entwicklungstheorien
      "Kindliches Sprachverständnis- eine methodologische Kritik
      Aus den vielen Untersuchungsprotokollen Piagets wird sichtbar, wie sehr sich Piaget geradezu damit vergnügte, mit den Kindern zu sprechen, ihnen zu widersprechen und ihre Aussagen zu hinterfragen. So berichtete er viele amüsante Kinderantworten, z. B. auf die (an sich sehr anspruchsvolle) Frage, warum es in Genf zwei Salèves, d. h. einen hohen und einen niedrigen Berg namens Salève, gebe. Eine kindliche  Antwort war, dass der hohe Salève für die langen und der niedrige Salève für die kurzen Späziergänge sei. Schon in diesem Beispiel kann man sich fragen, was das kleine Kind denn unter «warum» verstanden hat. Natürlich wollte Piaget damit einmal mehr demonstrieren, dass die finale Denkkategorie vor der kausalen auftrete, wozu er eben gezielt das etwas zweideutige Wort «warum» verwendete. Er hätte aber auch fragen können: «Wie kommt es, dass es hohen und einen niederen Salève gibt? Dann hätte das Kind vielleicht wirklich kausal wortet, vielleicht aber dennoch final, etwa im Sinn des Artifizialismus, wonach eben jemand z.B. Gott, einen hohen und einen Salève hatte machen wollen.
      Noch deutlicher wird der Einfluss des Sprachverständnisses, wenn das Kind im Knetwurstbeispiel unter «mehr» das eine Mal die Dicke und das andere Mal die Länge versteht. Piaget nämlich die Knetkugel zur Wurst auswalzte, wollte er eigentlich wissen, ob die Masse noch die gleiche sei. Aber der technische Begriff der Masse hätte das kindliche Sprachverständnis bestimmt überfordert."
          Quelle S. 160: Flammer, August (2008). Entwicklungstheorien. Psychologische Theorien der menschlichen Entwicklung. Bern: Huber.

      Siegler et al. kritisch zu Jean Piagets Konzept der Objektpermanenz.
      Sponsel: Kritischer Kommentar-1 Symbolisches Denken.
      Sponsel: Kritischer Kommentar-2 Symbolisches Denken.


    Ende Piaget



    Grundlagenkritik

    Furth Denkprozesse ohne Sprache.
    Furth, Hans G. (dt. 1972, engl. 1966). Denkprozesse ohne Sprache. Düsseldorf: Schwann.
        Für die Grundlagenkritik, hier S. 203ff,  wurden wichtigere Begriffe 14pt-fett-kursiv von mir hervorgehoben.

    "In der Vergangenheit versuchte man Begriffe - so als ob sie unabhängig existierende Gegenstände des Denkens wären - durch die Vorstellung, insbesondere die visuelle Vorstellung des Individuums zu erklären. Man glaubte, daß diese Vorstellungen verwischt und ziemlich vage seien und daher eine Art allgemeinen Begriff darstellten, auf den alle möglichen Beispiele von Begriffen abgebildet werden konnten. Dieser Standpunkt, der mit aller Ernsthaftigkeit von führenden Wissenschaftlern vertreten wurde, ist inzwischen weitgehend aufgegeben worden, aber nicht wegen seiner inhärent falschen Argumentationsweise über die Natur von Begriff und Vorstellung, sondern weil es empirisch offenbar wurde, daß sich verschiedene Leute enorm in ihrer Vorstellungskraft unterscheiden. Das Schicksal der Schule der introspektiven Psychologie und die Kontroverse über das »vorstellungslose Denken« bewiesen die Sinnlosigkeit der Ansicht, das Denken an Vorstellungen binden zu wollen. Abgesehen von der Tatsache, daß manche Menschen blind geboren werden und offensichtlich logisches Denken entwickeln, und andere, scheinbar normale Leute berichten, daß sie sich innerlich nichts bildlich vorstellen können, gibt es einfach zu viele Begriffe, bei denen eine Übersetzung in Bilder übertrieben willkürlich und völlig erzwungen wäre.
        Wir behaupten, daß Vorstellungen oder Arten der Vorstellungskraft nicht besonders zum Verständnis der Funktionsweise der Intelligenz beitragen, außer vielleicht bei besonderen Fertigkeiten, die eine visuelle oder auditive Darstellung erfordern. Es ist bemerkenswert, daß sich das logische Denken bei einem blinden Kind genauso wie bei einem normal sehfähigen Kind entwickelt, bei einem bewegungsunfähigen [>204] Gelähmten genauso wie bei einem Kind, das sich normal bewegen kann. Was die intellektuelle Fähigkeit betrifft, so hat Galton schon vor vielen Jahren festgestellt, daß kein Unterschied zwischen einem visuell begabten und einem Menschen des sogenannten kinästhetischen Typs der Vorstellung besteht.
        Die Wissenschaftler, die versuchten, das Denken im Sinne von Vorstellungen zu erklären, hatten genau ausgearbeitet, wie sich die Denkvorgänge im Gehirn abspielten. Es gab Rezeptoren, die uns Empfindungen vermitteln, und diese Empfindungen wurden zu Wahrnehmungen zusammengefaßt. Die Wahrnehmungen wurden auf die Nervenstruktur des Gehirns abgebildet und blieben dort als bildliche Vorstellungen bestehen, die das Individuum »betrachten« konnte, ähnlich wie man ein Photoalbum betrachtet. Wenn man z. B. eine Menge verschiedener Hunde gesehen hatte, so bildete sich allmählich ein inneres Bild des »allgemeinen« Hundes heraus, und dieses Bild »betrachtete« das Individuum, wenn es an den Begriff Hund dachte. In dieses Schema paßte auch das Erlernen der Sprache recht gut. Die Lautfolge »Hund« generierte die auditive Vorstellung dieses Wortes. Diese Lautfolge brauchte nur mit dem visuellen, am besten dem allgemeinen visuellen Bild verbunden zu werden, und so hatte das Kind die Bedeutung des Wortes »Hund« gelernt.
        Heute würde kein Wissenschaftler eine derartig vereinfachte »Bild«-Theorie mehr aufrechterhalten. Aber es besteht die Gefahr, daß Sprache oder das sprachliche Symbol mehr und mehr so begriffen wird, daß sie die Rolle übernehmen, die die bildliche Vorstellung vorher spielte. Auf den ersten Blick hat Sprache gegenüber subjektiven bildlichen Vorstellungen viele Vorteile; sie ist - außer bei Gehörlosen - allgemein seit der frühen Kindheit vorhanden; sie ist in dem Sinne objektiv, als das Sprechen beobachtet und schriftlich festgehalten werden kann; sie ist außerdem insofern objektiv, als sie für lokalisierbar in bestimmten Bereichen des Gehirns gehalten wird; und schließlich ist ein Name per definitionem ein verallgemeinerter Begriff, so daß man nicht auf das künstliche Produkt eines »allgemeinen« Bildes zurückzugreifen braucht. Aber wenn man eine Beschreibung der Aneignung logischer Begriffe liest, wie sie von modernen Psychologen, die sich auf verbale Erklärungen verlassen, dargestellt wird, so erkennt man, daß eine falsch konzipierte Theorie dadurch nicht besser wird, daß sie plausibler wird. Piaget (1960, S. 32) hat vor der Faszination des Gedankens gewarnt, daß sich das Bewußtsein aus der Leichtigkeit verbalen Denkens ableite: [>205]

    »Die größte Schwierigkeit besteht für die Introspektion darin, daß sie mit ihren eigenen Methoden feststellen muß, daß sie selbst ein Teil des Verhaltens ist; verbales Verhalten ist eine Handlung, ohne Zweifel eine verkleinerte Handlung, die auf das Innere beschränkt bleibt, ein grober Entwurf für eine Handlung, der ständig Gefahr läuft, nichts mehr als nur ein Plan zu sein; aber es ist trotzdem eine Handlung, die einfach Dinge durch Zeichen ersetzt und Bewegungen durch ihr Hervorrufen, und die fortfährt, in den Gedanken mit Hilfe dieser Stellvertreter zu operieren. Aber die Introspektion, die diesen aktiven Aspekt verbalen Denkens außer acht läßt, sieht darin nur Reflektion, Sprechen und begriffliche Darstellung, wodurch sich der irrtümliche Glaube der introspektiven Psychologen erklärt, daß Intelligenz auf diese bevorrechtigten Endzustände zurückführbar sei, und ebenso die Täuschung der Logiker darüber, daß das adäquateste logische Muster unbedingt eine Theorie der »Propositionen« sein müsse.
        Es ist daher wichtig, um die wirkliche Funktionsweise der Intelligenz zu erklären, diese natürliche Bewegungsrichtung des Geistes umzukehren und Denken im Sinne von Handlung selbst zu betrachten; nur auf diese Weise wird die Rolle der inneren Handlung, der Operation, klar werden können; und eben diese Tatsache zwingt uns zur Anerkennung der Kontinuität, welche die Operation mit echter Handlung, dem Ursprung und Medium der Intelligenz, verbindet.«
        Wenn wir uns reflektierend selbst beobachten und uns während einer Phase des Problemlösens einer privaten inneren Sprache bewußt werden, sind wir - wie Piaget sagt - leicht versucht, das Denken begrifflich als das Betrachten einer inneren Leinwand aufzufassen oder als das, was der Philosoph Price (1953) als »Inspektion« bezeichnet. Durch die augenscheinliche innere Gewißheit getäuscht, halten wir die innere Sprache für den Gegenstand dieser Inspektion und identifizieren das verbale Symbol mit dem Denkprozeß selbst.
        Der grundlegende Fehler jeder Theorie, die das Denken durch verbale oder andere symbolische Einheiten zu erklären versucht, liegt in drei falschen Hypothesen. Das erste ist die Annahme, daß Begriffe wirkliche Einheiten des Denkens sind, das zweite, daß Begriff und Symbol, besonders verbales Symbol, identisch sind und als drittes ist die Hypothese falsch, daß Symbole übertragen werden und wie Signale funktionieren oder Stimuli ersetzen. Anstatt die symbolische Darstellung der Denktätigkeit in Betracht zu ziehen, folgen diese Theorien unserer trügerischen Introspektion und erachten diese symbolisierten Halteplätze irgendwie für wirklich und vorhanden. ..."


    Psychologische-Begriffsforschung
    Resultate der psychologischen Begriffsforschung findet man in den Lexika, Wörterbüchern, Handbücher, Enzyklopädien. Die Begriffsbildungsforschung gehört zur Denkpsychologie.

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    Definition: Ein Begriff repräsentiert einen Sachverhalt. Er besteht  aus einem Namen oder einer Wieder- erkennung (Ersatz für den Namen), dem Begriffsinhalt, der den Sachverhalt repräsentieren soll, und der Referenz, d.h. Angaben wo und wie man den Begriffsinhalt, den Sachverhalt, in der Welt  finden kann. 
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    Lit-Alphabetisch
     
    • Ach, Narziss (1921) Über die Begriffsbildung : eine experimentelle Untersuchung. Bamberg: Buchner. Umfang: VIII, 343 S.
    • Bertelsmann Verlag (1910)  Gesammelte Schriften /1,2: Beiträge zur pädagogischen Psychologie ; T. 2, Die schulmäßige Bildung der Begriffe. 7. Aufl. Gütersloh: Bertelsmann. Umfang: 47 S.
    • Brentano, Franz , Kraus, Oskar (1928) Psychologie vom empirischen Standpunkt /3,1: Vom sinnlichen und noetischen Bewußtsein; Teil 1, Wahrnehmung, Empfindung, Begriff. Leipzig: Meiner.
    • Bullens, Hendrik (1984) Weitere Befunde zur Entwicklung des Denkens und der Begriffsbildung. Ausgabe: Version B. Erlangen u.a. Verlag: FIM-Psychologie, Univ. u.a.
    • Eckes, Thomas (1991) Psychologie der Begriffe : Strukturen des Wissens und Prozesse der Kategorisierung. Göttingen [u.a.] Verlag: Hogrefe, Verl. für Psychologie
    • Eimer, Martin (1987) Konzepte von Kausalität : Verursachungszusammenhänge und psychologische Begriffsbildung. 1. Aufl. Bern [u.a.]: Huber. Umfang: 166 S.
    • Heller, J. (1988). Experimentelle Untersuchung der Bildung von Oberbegriffen. Zeitschrift für Experimentelle und Angewandte Psychologie, 35, 74-87
    • Heller, Jürgen (1991) Eine experimentelle und theoretische Untersuchung zur Begriffsbildung. Dissertation Regensburg. Umfang: 88 S.
    • Hudelmayer, Dieter (1970) Nicht-sprachliches Lernen von Begriffen : Untersuchungen über die Begriffsbildung bei geburtsblinden Schülern. 1. Aufl. Stuttgart: Klett. Umfang: 198 S.
    • Maderthaner, Rainer (2021) Begriffe der Psychologie. 1. Auflage. Wien: Facultas
    • Manis, Melvin  (1974) Lernen und Denken : eine Darstellung kognitiver Prozesse ; Einführung in wissenschaftliche Erkenntnisse aus den Bereichen Lernen, Vergessen und Behalten, Begriffsbildung, Sprache und Denken, Denken und Problemlösen, Kreativität. Zürich [u.a.]: Benziger [u.a.]. Umfang: 143 S.
    • Popp-Baier, Ulrike (1989) Das Konkrete und das Abstrakte : Anmerkungen zur Begriffsbildung in d. qualitativen psycholog. Forschung. Institut für Psychologie. Lehrstuhl II. (Prof. Werbik) Memorandum Nummer 65. Erlangen. Umfang: 28 Bl.
    • Ryle, Gilbert (1969) Der Begriff des Geistes. Stuttgart: Reclam.  Das Buch enhält keinen Abschnitt zu Begriffen, auch keinen Sachregistereintrage "Begriff(e)".
    • Schmitz-Dumont, (1896) Theorie der Begriffsbildung. Vierteljahresschrift für wissenschaftliche Philosophie. 10, 42-215.
    • Willwoll, Alexander (1926) Begriffsbildung : eine psychologische Untersuchung. Leipzig: Hirzel. Umfang: XII, 147 S. [PDF Inhaltsverzeichnis]
    • Wurst, Elisabeth (1976) Bioelektrische Korrelate der Begriffsbildung bei normalbegabten, schwachbefähigten und autistischen drei- bis neunjährigen Kindern. [04PA/CZ 1000 W968]

     
     
     
     
     
     

    Lit-Chronologisch
     

    • Schmitz-Dumont, (1896) Theorie der Begriffsbildung. Vierteljahresschrift für wissenschaftliche Philosophie. 10, 42-215.
    • Bertelsmann Verlag (1910)  Gesammelte Schriften /1,2: Beiträge zur pädagogischen Psychologie ; T. 2, Die schulmäßige Bildung der Begriffe. 7. Aufl. Gütersloh: Bertelsmann. Umfang: 47 S.
    • Ach, Narziss (1921) Über die Begriffsbildung : eine experimentelle Untersuchung. Bamberg: Buchner. Umfang: VIII, 343 S.
    • Brentano, Franz , Kraus, Oskar (1928) Psychologie vom empirischen Standpunkt /3,1: Vom sinnlichen und noetischen Bewußtsein ; Teil 1, Wahrnehmung, Empfindung, Begriff. Leipzig: Meiner.
    • Willwoll, Alexander (1926) Begriffsbildung : eine psychologische Untersuchung. Leipzig: Hirzel. Umfang: XII, 147 S. [PDF Inhaltsverzeichnis]
    • Hudelmayer, Dieter (1970) Nicht-sprachliches Lernen von Begriffen : Untersuchungen über die Begriffsbildung bei geburtsblinden Schülern. 1. Aufl. Stuttgart: Klett. Umfang: 198 S.
    • Manis, Melvin  (1974) Lernen und Denken : eine Darstellung kognitiver Prozesse ; Einführung in wissenschaftliche Erkenntnisse aus den Bereichen Lernen, Vergessen und Behalten, Begriffsbildung, Sprache und Denken, Denken und Problemlösen, Kreativität. Zürich [u.a.]: Benziger [u.a.]. Umfang: 143 S.
    • Wurst, Elisabeth (1976) Bioelektrische Korrelate der Begriffsbildung bei normalbegabten, schwachbefähigten und autistischen drei- bis neunjährigen Kindern. [04PA/CZ 1000 W968]
    • Ryle, Gilbert (1969) Der Begriff des Geistes. Stuttgart: Reclam.  Das Buch enhält keinen Abschnitt zu Begriffen, auch keinen Sachregistereintrage "Begriff(e)".
    • Bullens, Hendrik (1984) Weitere Befunde zur Entwicklung des Denkens und der Begriffsbildung. Ausgabe: Version B. Erlangen u.a.
    • Verlag: FIM-Psychologie, Univ. u.a.
    • Eimer, Martin (1987) Konzepte von Kausalität : Verursachungszusammenhänge und psychologische Begriffsbildung. 1. Aufl. Bern [u.a.]: Huber. Umfang: 166 S.
    • Popp-Baier, Ulrike (1989) Das Konkrete und das Abstrakte : Anmerkungen zur Begriffsbildung in d. qualitativen psycholog. Forschung. Institut für Psychologie. Lehrstuhl II. (Prof. Werbik) Memorandum Nummer 65. Erlangen. Umfang: 28 Bl.
    • Eckes, Thomas (1991) Psychologie der Begriffe : Strukturen des Wissens und Prozesse der Kategorisierung. Göttingen [u.a.]
    • Verlag: Hogrefe, Verl. für Psychologie
    • Heller, Jürgen (1991) Eine experimentelle und theoretische Untersuchung zur Begriffsbildung. Dissertation Regensburg. Umfang: 88 S.
    • Maderthaner, Rainer (2021) Begriffe der Psychologie. 1. Auflage. Wien: Facultas

     
     



    Wissenschaftstheorie der Psychologie

    Bunge, Mario & Ardila, Ruben (1987 dt. 1990) Begriffsbildung In (304-312) Philosophie der Psychologie. Tübingen: Mohr.

      "9.3. Begriffsbildung
      Wie werden Begriffe gebildet? Auf diese Frage sind im wesentlichen drei Antworten vorgeschlagen worden. Nach dem klassischen Empirismus ist jeder Begriff entweder eine Art von Destillat aus einer Ansammlung von Wahrnehmungen oder das Ergebnis einer Kombination solcher Wahrnehmungen beziehungsweise einiger ihrer Komponenten. Demgegenüber vertrat der Rationalismus die Ansicht, Begriffe seien entweder angeboren (Nativismus) oder Ergebnisse freier Schöpfungen des Menschengeistes (Konstruktivismus). Der wissenschaftliche Realismus geht schließlich davon aus, daß es zwei Arten [>305] von Begriffen gibt: Empirische, also solche, die aus der Erfahrung stammende Entsprechungen haben (z.B. ,heiß’) und transempirische, das heißt solche, bei denen diese fehlen, auch wenn sie eventuell gewisse Aspekte der Realität repräsentieren (z.B. ,Entropie’). Des weiteren vertritt er die Ansicht, daß, während die erste Art von Begriffen ihren Ursprung in Wahrnehmungen hat, die zweite freie Schöpfungen des Gehirns sind, also nicht auf Reizen irgendwelcher Art beruhen. Schließlich räumt er ein, daß manche Begriffe, seien sie empirisch oder transempirisch, in der Lage sind, eine Reihe von Wahrnehmungs- oder motorischen Prozessen zu steuern (siehe Abbildung 9.5). (Zu einer detaillierten erkenntnistheoretischen und logischen Diskussion der Begriffe s. Bunge, 1983a.)
      Die einfachsten Begriffe sind empirische Kategorien, wie ,Baum‘ und ,groß‘. Man gelangt zu ihnen, indem man individuelle Unterschiede zwischen einzelnen Wahrnehmungen vernachlässigt. Eine Art von Kategorienbildung erfolgt wahrscheinlich bei allen Organismen, wie primitiv sie auch immer sein mögen. So faßt ein Bakterium, das sich von schädlichen Reizen unterschiedlichster Art fortbewegt, diese alle in die eine Kategorie, nämlich ,schlecht für dich’, zusammen. Es ist somit fähig, Kategorien zu bilden, jedoch nicht als Begriffe oder geistige Bilder, und zwar aus dem einfachen Grund, weil es kein Gehirn besitzt."
        Kommentar: Bunge & Ardila, 1990: Begriffe ergeben sich aus Wahrnehmungen und aus dem Denken. Begriffe sind keine selbständigen, homunkulesken Handlungseinheiten, sie steuern also nicht, aber mit ihrer Hilfe kann gesteuert werden.




    Denkpsychologie

    Aus S. 17 und 31f: Oerter, Rolf (1980) Psychologie des Denkens. 6.A. Donauwörth: Auer.
     

      "Begriffsbildung ()

      ZUR DEFINITION

      Unter Begriffen () versteht man gewöhnlich logische Klassen, die durch Wörter benannt sind, Sprache und Logik als konstituierende Merkmale des Begriffs () schränken aber das Feld viel zu sehr ein, da sie die Fülle der vorlogischen und vorsprachlichen Klassifizierungen unberücksichtigt lassen. Man könnte im Anschluß an Hunt (1962) und andere vielmehr schon dann von einem Begriff () sprechen, wenn das Individuum eine identifizierende Antwort (Reaktion) auf einen Satz von Reizen produziert, die nicht vollkommen gleich sind. Diese Umschreibung des Begriffs () ist nun wieder zu weit, da alle generalisierenden Reaktionen auf ein Kontinuum ähnlicher Reize als Benutzung von Begriffen () anzusehen wären.
      Hat ein Tier, das lernte, auf das Merkmal rot zu reagieren, und Futter bei Objekten mit verschiedenen Rottönungen erwartet, einen Begriff () gebildet?
      Wir können diese Frage nicht ohne weiteres verneinen, sträuben uns aber dagegen, bereits dann von Begriffsbildung () zu sprechen, wenn einfache Reiz-Reaktions-Koppelung vorliegt. Vielmehr erwarten wir, daß jemand, der Begriffe () besitzt und verwendet, Klassifikationsregeln gefunden hat, die er auf Eindrücke verschiedenster Art anwenden kann. Zwischen Eingabe (Reiz) und Antwortverhalten müssen also vermittelnde Prozesse treten, die eigentlich den Begriff () ausmachen. Der Begriff () wäre demnach am einfachsten als Regel oder System von Regeln zu umschreiben, mit deren Hilfe Ereignisse (Eindrücke, Reize, Erlebnisse) klassifiziert werden."

      S. 31f:  "Zusammenfassung
      Begriffe () können psychologisch verstanden werden als Klassifikationsregeln für die Zusammenfassung von Objekten nach Merkmalen. Solche Regeln lassen sich erst mit Hilfe von Leistungen der Repräsentation bilden. Der dem Kind anfänglich ausschließlich zur Verfügung stehenden aktionalen Repräsentationsform von Ereignissen (Vergegenwärtigung durch motorische Aktivität im Umgang mit Objekten) folgt die imaginäre (ikonische) Repräsentation, die mit Wahrnehmungsaspekten der Objekte zu operieren vermag. Für Begriffsbildung () und Denken erweist sich die sprachlich-symbolische Repräsentationsform, bei der das Objekt durch unanschauliche Symbole (vor allem sprachliche Zeichen) vertreten wird, als entscheidend. Repräsentierende Prozesse können allgemein als Vermittler zwischen Eingabe (Reiz, Information) und Antwortverhalten verstanden werden. Durch ihr Dazwischentreten ergeben sich neue Zuordnungsmöglichkeiten von Reiz und Reaktion.
      Kinder entwickeln zuerst primitive Klassifikationsregeln, die beispielsweise nur zwei Objekte zusammenfassen. Sie bevorzugen Wahrnehmungskriterien und gruppieren nach „Oberflächen“-Merkmalen. Die Suche nach einer gemeinsamen Funktion der Objekte führt allmählich zu umgreifenderen adäquaten Klassifikationsregeln. Die imaginative Repräsentation erweist sich dabei als vorteilhaft für mechanische Gedächtnisleistungen, erschwert aber die Begriffsbildung () oft, weil das Kind zu viele Details gespeichert hat.
      Begriffsbildung () als didaktische Aufgabe ist nur sinnvoll, wenn das [>32] Repräsentationsniveau des Kindes berücksichtigt wird. Imaginativ repräsentierende Kinder sollten Objekte nach Wahrnehmungskriterien gruppieren und erst dann Begriffe () mit „tiefer liegenden" allgemeinen Merkmalen erlernen, wenn sie die symbolisch-sprachliche Repräsentationsform einsetzen können."



    Aus S. 45f : Hussy (1984) Denkpsychologie Bd. 1
     
      "5.1 Definition und Klassifikation
      Im alltäglichen Sprachgebrauch versteht man unter einem Begriff () häufig eine Abstraktion. Wenn jemand von einem Haus redet, so hat er möglicherweise ein spezifisches Haus im Sinn, z.B. sein eigenes, er würde aber auch andere Objekte, übereinstimmend mit anderen Personen, als Haus bezeichnen. Der Begriff »Haus« stellt in diesem Sinn eine Abstraktion von den Spezifika eines bestimmten Hauses dar, beinhaltet aber andererseits die gemeinsamen Merkmale aller Objekte, die mit Haus bezeichnet werden, wie etwa die Merkmale Fenster, Dach, feste Mauern, Türen usw.
      Eine weithin akzeptierte wissenschaftliche Definition von »Begriff ()«, die auch diesen Abstraktionsaspekt beinhaltet, gibt Bourne (1974) mit der Formalisierung
      C = R (x, y ...),
      wobei C den Begriff () kennzeichnet (von »concept«), x, y ... die definierenden Merkmale des Begriffs () darstellen und R die Relation(en) zwischen den Merkmalen, also die Verknüpfungsregel, repräsentiert. Die Merkmale haben wir bereits kennengelernt, die Regeln sollen noch exemplarisch eingeführt werden. Die Merkmale des Begriffs () »Auto« - Räder, Türen, Motor, Fahrgestell usw. - sind durch die »und«-Regel verknüpft; ein Auto hat Räder und Türen und einen Motor und ein Fahrgestell. Dagegen sind die Merkmale des Begriffs () »Automarke« - Ford, VW, Citroen, Fiat, Honda usw. - durch die »oder«-Regel miteinander in Bezug gesetzt; die Marke eines Autos ist entweder VW oder Fiat oder Opel usw. Ebenso wie verschiedene Begriffe () unterschiedliche definierende Merkmale besitzen, gibt es für sie auch unterschiedliche Verknüpfungsregeln (Relationen).
      Je nach Anzahl der definierenden Merkmale unterscheidet man Zwischen ein- und mehrdimensionalen Begriffen (). So ist der Begriff () »rot« durch ein Merkmal bestimmt (Farbe) und der Begriff () »roter Kreis« durch mehrere Merkmale (Farbe und Form). Ein weiterer gängiger Klassifikationsvorschlag bezieht sich auf die Art der Regel, die die Merkmale verbindet. So differenziert man - wie oben bereits exemplarisch erläutert - zwischen konjunktiven (), disjunktiven () und relationalen () Begriffen (). Die »und«-Verbindung (Konjunktion) kennzeichnet die konjunktiven Begriffe (). Der Begriff »rotes Auto« stellt ein Beispiel dafür dar. Ein Objekt wird diesem Begriff () dann zugeordnet, wenn es sowohl die rote Farbe besitzt als auch ein Auto ist. Die »oder«-Verbindung (Disjunktion) definiert die disjunktiven Begriffe (). Ein Beispiel für diese Klasse ist der Begriff () [>46] »Psychologe«. In einigen Ländern kann man eine Person als  »Psychologen« bezeichnen, wenn er entweder ein entsprechendes abgeschlossenes Hochschulstudium besitzt oder eine fünfjährige, einschlägige praktische Tätigkeit nachweisen kann. In einigen Fällen wird noch zwischen inklusiv und exklusiv disjunktiven Begriffen () unterschieden. Erstere zeichnen sich dadurch aus, daß ein Merkmal genügt, um die Zuordnung zu dem Begriff () zu sichern, daß aber auch mehrere bzw. alle Merkmale vorhanden sein können (»und oder«-Verbindung). Das obengenannte Beispiel »Psychologe« stellt somit einen inklusiv disjunktiven Begriff () dar. Beim exklusiv disjunktiven Begriff () dagegen kann entweder das eine oder das andere Merkmal existieren, nicht aber beide (mehrere, alle). »Elternteil« bsw. ist entweder durch das Merkmal Mutter oder Vater definiert, niemals aber durch beide (reine »oder«-Verbindung) Der bereits erwähnte Begriff () der Automarke wäre ein weiteres Beispiel für einen exklusiv disjunktiven Begriff (). Zuletzt kennt man noch die Klasse der relationalen Begriffe (). Hier besteht eine Beziehung (Relation) zwischen den konstituierenden Merkmalen, z.B größer - kleiner, jünger - älter. »Gleichschenkliges Dreieck« z.B. enthält als Regel zwischen den Merkmalen, daß zwei der drei Seiten gleich lang sein müssen. In Punkt 3.2.2 werden wir weitere Regeln sowie deren Gemeinsamkeiten und Unterschiede kennenlernen.

      3.2 Begriffsbildungsprozesse (BMBB)
      Aus der Definition von Bourne lassen sich zwei Vorgehensweiseri zur Untersuchung der Prozesse bei der Bildung bzw. Identifikation von Begriffen (BMBons) ableiten: a) bei bekannter Regel sind die definierenden Merkmale zu bestimmen und b) bei bekannten Merkmalen sind die merkmalsverbindenden Regeln zu finden. Die folgenden Kapitel, überschrieben mit Merkmalsidentifikation (auch Attributlernen genannt) bzw. Regelidentifikation (auch Regellernen genannt), beschäftigen sich mit den Prozessen, die bei diesen beiden; Vorgehensweisen beobachtbar sind, und mit Theorien, die sie zu erklären suchen."

    _
    Neisser []
    Neisser, Ulric (dt. 1974) Kognitive Psychologie. Stuttgart: Klett.
        Das Sachregister enhält keine Einträge zu "Begriff" oder "Begriffsbildung", obwohl sie öfter genannt werden (z.B. 124, 125),  aber zu "Begriffsfindung" (27, 126, 356).

    N27: "... Trotzdem, der Leser eines Buches mit dem Titel „Kognitive Psychologie“ erwartet mit Recht auch eine Erörterung des Denkens, der Begriffsbildung (), der Erinnerung, des Problemlösens usw. Sie sind traditionelle Bestandteile dieses Bereichs."

    N123f:

    "Figurale Synthese (BMDefiniendum)

    Da einige Leser vielleicht peinlich überrascht sind, daß ich solches Gewicht auf ein so animistisches Konzept (BMfragl) wie „Aufmerksamkeit“ (BMBBFaufm) gelegt habe, ist es vielleicht am Platze, seine Basis nochmals darzulegen. Wenn wir mehrere Figuren auf einmal erscheinen lassen, ist die Zahl der möglichen Konfigurationen der Eingangsinformation so ungeheuer groß, daß ein gänzlich paralleler Mechanismus, welcher für jede Konfiguration ein eigenes Erlebnis liefern würde, undenkbar ist. Um diese Schwierigkeit zu überwinden, muß sogar ein mechanisches Wiedererkennungs-System (BMerk) über irgendeine Möglichkeit verfügen, Teile der eingehenden Information für eine genauere Analyse auszuwählen (BMausw). Das bedingt sofort zwei Ebenen der Analyse: Die präattentiven Mechanismen, welche isolierte Objekte bilden und die weitere Verarbeitung steuern helfen, und den Akt der fokalen Aufmerksamkeit (BMBBFaufm), welcher genauere Analysen der ausgewählten Objekte leistet. Die Erkenntnis, daß sogar für einen leistungsfähigen Automaten Prozesse der Figurbildung und der Aufmerksamkeit benötigt würden, läßt uns verstehen, warum diese Prozesse explizit oder implizit in so vielen psychologischen Theorien aufgetaucht sind.
        Das bedeutet, daß die detaillierten Eigenschaften und Züge, welche wir normalerweise an einem Objekt unserer Aufmerksamkeit sehen, in einem gewissen Sinn „frei gewählt“ sind. Sie entstehen nicht automatisch, einfach weil die relevante Information im Gedächtnisabbild vorhanden ist, sondern nur, weil Teile der Eingangsinformation als Objekt der Aufmerksamkeit ausgewählt und darauf dann gewisse Operationen ange-[>124]wandt wurden. Weder das Aufmerksamkeitsobjekt noch die Art der Analyse ist unausweichlich gegeben, und beide können je nach Beobachter und Zeitpunkt wechseln. Es kann sogar sein, daß das Wort „Analyse“ selbst ungeeignet ist. Es legt eine Analogie zur Chemie nahe: Ein Chemiker „analysiert“ unbekannte Substanzen, um herauszufinden, was sie „wirklich“ sind. Eine andere Metapher würde uns zu einem anderen Begriff (BMBons) führen: Wir sagen normalerweise nicht, ein Bildhauer „analysiere“ einen Marmorblock, bis er die Statue finde, die „wirklich“ darin enthalten sei. Aber die Bildhauer-Analogie wäre sogar noch weiter vom Angestrebten entfernt als die Analogie mit dem Chemiker. Die visuelle Eingangsinformation auferlegt dem Beobachter meistens engere Beschränkungen, als die meisten Bildhauer dulden würden. Treffender als die beiden obigen ist HEBBS (1949, S. 47) Vergleich des Betrachters mit einem Paläontologen, der aus nichtssagenden Erdklumpen sorgfältig einige Fragmente herauslöst, welche Knochenteile sein könnten, und den Dinosaurier „rekonstruiert“, der dann schließlich im naturhistorischen Museum stehen wird. Es ist wichtig, die fokale Aufmerksamkeit in diesem Sinne als eine konstruktive, synthetisierende Aktivität (BMKonstruk) und nicht als bloße Analyse aufzufassen. Man prüft nicht nur die Eingangsinformation und fällt dann eine Entscheidung, sondern man schafft ein passendes visuelles Objekt.
    Die Vorstellung, daß die Wahrnehmung im Grunde eher ein konstruktiver Akt (BMKonstruk) sei als ein rezeptiver oder bloß analytischer, ist ziemlich alt. Sie geht mindestens bis auf BRENTANOS „Aktpsychologie“ und BERGSONS „Kreative Synthese“ zurück und wurde beredt von WILLIAM JAMES (1890) vorgebracht. Sie wird hier jedoch nicht um ihrer historischen Referenzen willen vorgeschlagen. Gibt es empirische Beobachtungen, zu deren Erklärung sie beitragen könnte?
    Solange es um Probleme der Mustererkennung geht, ist Synthese kaum mehr als ein Metapher. Statt zu fragen, wie der Input einer richtigen Kategorie zugewiesen wird, fragen wir, wie es kommt, daß die richtige Art von Wahrnehmungsobjekt gebildet wird, und das scheint nur ein semantischer Unterschied zu sein. Wir brauchen immer noch die weiter oben entwickelten Begriffe: Präattentive Prozesse, Kodierungspriorität, fokale Aufmerksamkeit, Mechanismen der Stimulusanalyse, und ähnliche. Der Begriff der Synthese () wird jedoch bei der Behandlung gewisser weiterer Fragen nützlich. Viele davon drehen sich um Halluzinationen und Illusionen: Jemand, der Dinge sieht, die nicht vorhanden sind, muß diese wohl für sich konstruieren. Die nächsten zwei Kapitel werden sich zum Teil mit solchen Phänomenen befassen. In Kapitel 5 wird sich zeigen, daß Leser oft Wörter und Buchstaben sehen, die nicht vorliegen, und Ka-[>125]pitel 6 wird ausführlich von normaler und abnormaler visueller Einbildung handeln. ..."
     

      Kommentar: Aufmerksamkeit ist kein "animistisches Konzept", sondern eine wichtige, elementare psychologische Grundfunktion, insbesondere auch für die Begriffsbildung. Zwar wird im Sachregister angeben, dass der wichtige Begriff der figuralen Synthese S. 123-127 definiert wird. Er wird auf 5 Seiten zwar diskutiert, aber nicht definiert.
    _
    N125: "Im vorliegenden Kapitel werden wir den konstruktiven Ansatz einführen, indem wir ihn auf verschiedene relativ nebensächliche Fragen im Umkreis der Mustererkennung anwenden. Diese Fragen betreffen nicht den Kategorisierungsprozeß selbst - wo analytische Metaphern vielleicht genauso gut sind wie synthetische - sondern einige von dessen subjektiven Begleiterscheinungen und Nachwirkungen. Es geht um (a) den Unterschied zwischen „wahrnehmungsmäßiger“ und „begrifflicher“ Kategorisierung; (b) physiognomische Wahrnehmung; (c) Wiedererkennungsgedächtnis (BMfragl), (BMBeleg?); (d) visuelles Durchsuchen. Daneben müssen wir ein besonders interessantes Computerprogramm betrachten, welches mit Hilfe von figuraler Synthese Muster erkennen kann."

    N126f: "... Was geändert hat, sind gewisse nichtivisuelle kognitive Operationen (), welche ablaufen, nachdem die visuelle Synthese abgeschlossen ist und von deren Produkten Gebrauch machen. Aus diesem Grunde gehört die Begriffsfindung () nicht in eine Besprechung der visuellen Kognition. Andererseits gleichen sich die verschiedenen Versionen des Buchstabens A in Abb. 10 tatsächlich ein Stück weit, und deshalb müssen sich ihre Synthesen irgendwie entsprechen. Wenn die Erscheinung eines Dings durch Wahrnehmungslernen () verändert wird (GIBSON, 1953; s. auch die sprachlichen Beispiele im nächsten Kapitel), muß die visuelle Synthese selbst betroffen sein. Dieser Unterschied ist schwierig in Theorien einzubringen, die keinen Synthesebegriff haben. Analytische Modelle wie SELFRIDGES Pandämonium und HEBBS Phasensequenzen scheinen für wahrnehmungsmäßige Klassifikation und Begriffsfindung (BMBfind) gleichermaßen zu passen. Beide Aufgaben beinhalten das Aufspüren gewisser Merkmale () und entsprechende Zuweisung zu Kategorien (). Werden jedoch visuelle Objekte konstruiert () und nicht bloß analysiert, so ist klar, wo der Unterschied liegt.
    Was synthetisiert wird, muß nicht klar und deutlich sein. Weiter oben, als fokale Aufmerksamkeit als die Zuweisung kognitiver Hilfsmittel auf einen Teil des visuellen Feldes definiert wurde, betonte ich die größere Genauigkeit, welche eine solche Anordnung erlauben würde. Es wäre aber irreführend, nur diese größere Schärfe zu betonen. Aufmerksamkeit auf etwas richten heißt nicht bloß, dieses sorgfältig analysieren; vielmehr handelt es sich um einen konstruktiven Akt (BMKonstruk). In dieser Synthese können wir auf Genauigkeit abzielen, müssen aber nicht. Was wir aufbauen, hat nur die Dimensionen, die wir ihm gegeben haben.
    In dieser Weise interpretiert, könnte der Begriff der figuralen Synthese () zur Klärung eines Phänomens beitragen, welches oft „physiognomische Wahrnehmung“ (WERNER, 1948, S. 69; KOFFKA, 1935, S. 359) genannt wurde. Jeder hat schon Züge wie unterdrückten Ärger in einem Gesicht, Fröhlichkeit in einer Bewegung oder friedliche Harmonie in einem Bild bemerkt. Diese Wahrnehmungen sind oft sehr unmittelbar. Wir bemerken nicht zuerst die gespannten Backenmuskeln und schließen daraus auf Ärger; oft ist es gerade umgekehrt. Solche Reaktionen sind nicht so selten, daß die kognitive Psychologie sie mißachten könnte. Nach vielen Entwicklungspsychologen sind sie bei Kindern eher die Regel als die Ausnahme. Es ist unzweifelhaft, daß sie bei speziellen Psychosen und unter dem Einfluß bestimmter Drogen quälend intensiv werden können. Unter gewissen Umständen kann jeder sichtbare Gegenstand ein drohendes, ein erschreckendes oder ein unansehnliches Aussehen annehmen; es kann auch [>127] vorkommen, daß alles unbeschreiblich schön und anmutig erscheint. Solche gefühlserfüllten Erfahrungen können als das Resultat spezieller Arten von Konstruktionen (BMKonstruk) aufgefaßt werden. Dieselben Knochenteile, die den einen Paläontologen dazu führen, ein genaues Modell einer unspektakulären Kreatur zu entwerfen, könnten einen anderen, möglicherweise ängstlicheren oder dramatischer veranlagten dazu bringen, ein Alpträume erregendes Ungeheuer zu „rekonstruieren“. Die präattentiven Prozesse sind an sich weder „physiognomisch“ noch „geometrisch“, weder gefühlshaft noch kühl. Sie sind konstruktiv (BMKonstruk), aber sie bereiten nur Klumpen von Rohmaterial vor, aus welchen die fokale Aufmerksamkeit viele verschiedene Produkte synthetisieren kann.
    Übrigens kann der Begriff der Synthese () auch auf andere Wahrnehmungsmodalitäten angewandt werden, und es ist möglich, daß Information von nichtvisuellen Stimuli bei der Konstruktion (BMKonstruk) eines ganz oder teilweise visuellen Objektes einen Beitrag leistet. Wenn wir einmal eine bestimmte Figur (BMFigur) konstruieren (BMKonstruk) können, so können wir sie aus fast jedem den Sinnen zugänglichen Material „hervorbringen“ oder sogar, wie in der Vorstellung (), ohne alles Material. Das trifft insbesondere auch für das Problem des Buchstabenschreibens auf der Haut zu. Wie schon früher bemerkt, ist die Anpassungsfähigkeit des Mustererkennungsprozesses unserer ebenso eindrücklichen Fähigkeit vergleichbar, ein einmal gelerntes Bewegungsschema auf alle Glieder unseres Körpers zu übertragen. Der Vergleich scheint nun nicht mehr zu weit hergeholt. Einen Buchstaben wahrnehmen und ihn schreiben sind synthetische Aktivitäten derselben Art."

    Wiedererkennung (BMerk)

    Der Begriff der Synthese () kann auch auf eine andere Art des „Erkennens“ angewandt werden. Bis jetzt haben wir dieses strapazierte Wort als Synonym für „Kategorisierung“ () gebraucht. Es hat aber auch eine andere verbreitete Bedeutung, welche in Bemerkungen wie „Ich erkenne diesen Menschen“ sichtbar wird. Die zwei Erkennungsarten fallen oft zusammen; sie müssen es aber nicht. Man kann einen Menschen richtig klassifizieren (), vielleicht anhand des Namensschildes auf seinem Pult, ohne ihn persönlich wiederzuerkennen; man kann jemanden wiedererkennen, ohne zu wissen, wo man ihn schon gesehen hat oder wer er ist. In diesem Sinne meint „wiedererkennen« () (familiarity recognition) eine spezielle subjektive Erfahrung, diejenige der Vertrautheit. Solche Erfahrungen können manchmal irreführen (man erkennt vielleicht einen Bekannten nicht oder meint fälschlicherweise, einen Fremden wiederzuerkennen), aber sicher ... [>128]"

    N356: "Die Wiedererscheinungshypothese () dominierte nicht nur Theorien über das Gedächtnis, sondern auch die zu dessen Studium verwendeten experimentellen Techniken. Untersuchungen über das Auswendiglernen setzen voraus, daß dieselbe sinnlose Silbe immer und immer wieder als Reaktion hervorgerufen werden kann, und fragen nur danach, wie ihr Wiedererscheinen von gewissen Variablen abhängt. Ähnlich wird in Untersuchungen der „Begriffsbildung“ (BMBB) fast immer die Annahme gemacht, daß dieselbe klassifikatorische Reaktion () wiederholt auftreten kann; die Versuchsperson braucht nur an den richtigen Stimulus „anzuhängen“.  Diese theoretische Voreingenommenheit erschwert die Interpretation der meisten dieser Untersuchungen von einem kognitiven Standpunkt aus. Wenn „Assoziationen“ (BMassozi) (im Sinne von Beziehungen zwischen wiedererscheinenden Spuren oder Reaktionen) nicht existieren, ist es wenig sinnvoll, zu fragen, ob sie in einem einzigen Durchgang gelernt werden oder ob sie in homogenen Listen langsamer oder bei verteilter Übung schneller gelernt werden. Experimente, die sich mit solchen Fragen befassen, haben manchmal interessante Phänomene ans Licht gebracht, aber sie werden hier nicht betrachtet.
        Natürlich gibt es im operationalen Sinne keine Zweifel, daß Reaktionen tatsächlich wiedererscheinen. Man kann beobachten, daß Versuchspersonen denselben Hebel wiederholt drücken oder in vielen verschiedenen Durchgängen eine offenbar gleiche Silbe aussprechen. Mit zunehmender Übung kann so viel Stereotypie erreicht werden, daß die aufeinanderfolgenden Reaktionen in jeder Hinsicht ununterscheidbar (BMununt) werden, sogar im Bewußtsein der Versuchsperson selbst. Aber die Tatsache, daß einfache Operationen nicht zwischen einem komplizierten Problemlösungsprozeß eines Laien und der gelangweilten Stereotypie einer sachlich kompetenteren Versuchsperson unterscheiden können, macht diesen Unterschied nicht unwichtig. Eher bedeutet dies, daß wir uns nach besseren Operationen umsehen sollten."

    N361: "Jedermann kennt die enge Beziehung zwischen Interessen  (BMBBFint) und Gedächtnis, die sich aus den ausführlichen Schemata zu ergeben scheint, welche wir für Material aufbauen, das uns interessiert. Wir alle kennen oder waren selbst Knaben, die alles über Fußball oder Fischen wußten, aber keinen Deut über Geschichte. Als Erwachsene können wir eine endlose Menge neuer Fakten lernen, die zu unserem Beruf oder unserem Hobby in Beziehung stehen, während alles andere zum einen Ohr hinein und zum anderen hinaus zu gehen scheint."


    Denken und Begriffsbildung bei Tieren
    > Begriff, Begriffsanalyse und Gebrauchsbeispiele in der Biologie und Verhaltensforschung.
     



    Denken und Begriffsbildung bei Gehör- und Sprachlosen
     
    • Furth, Hans G. (dt. 1972, engl. 1966) Denkprozesse ohne Sprache. Düsseldorf: Schwann.
    • Furth, Hans G. (dt. 1977, engl. 1973) Lernen ohne Sprache. Weinheim: Beltz.




    Denken und Begriffsbildung bei geistig Behinderten
     
    • Eggert, Dietrich (1972, Hrsg.) Zur Diagnose der Minderbegabung. Weinheim: Beltz
    • Speck,  Otto (2016) Menschen mit geistiger Behinderung und ihre Erziehung. 12. A. München: Reinhardt.



    Denken und Begriffsbildung bei psychischen Stoerungen
    Stichwortauswahl: Hypochondrie, Minderwertigkeit, Phobien, Überwertige Ideen, Wahn, Zwänge.


    Ausgelagert Protokolliertes Denken.


    Aus der Geschichte der Psychologie:

    • Wundt Die allgemeinen Eigenschaften der Begriffe (aus der Logik 1890).  [m]
    • Külpe Der Begriff (aus Die Realisierung Bd. 2). [s]
    • Begriffsgefuehl nach Störring (1902). [s]
    • Denkgegenstand und Begriff bei Gottlieb F. Lipps (1901). [ts]
    • Elsenhans Elementarlehre der Begriffe. [m]


    Aus der Logik Wundts (1890), S. 86ff:

    "Erstes Capitel.
    Die allgemeinen Eigenschaften der Begriffe ().

    1. Bestimmtheit und Allgemeingültigkeit als Begriffsmerkmale.

        Wenn wir von dem Begreifen (BMbegreif) eines Gegenstandes reden, so meinen wir damit ein Erkennen und Verstehen desselben, wie es immer erst als Resultat der Untersuchung und des Nachdenkens sich ergeben kann. Schon das dem Tastsinn entnommene Bild weist darauf hin, dass wir, um einen Begriff () zu haben, mit dem Object des Erkennens in die unmittelbarste Berührung kommen müssen. Die philosophische Definition aber, indem sie die geläufige Wortbedeutung noch übertreibt, sieht die Aufgabe des Begriffs () darin, dass wir in ihm das Wesen( des Gegenstandes erfassen sollen.
        Welche dieser Ansichten man auch bevorzugen möge, sobald nur überhaupt die Begriffe () als Resultate einer Erkenntniss aufgefasst werden, wird man zugestehen, dass sie, wie unser Erkennen selbst, sich entwickeln müssen. So sieht man denn in der That sich veranlasst, nicht erst das letzte Ergebniss dieser ganzen Entwicklung, von dem ohnehin immer zweifelhaft bleibt, ob es nicht doch noch überschritten werden kann, als Begriff () zu bezeichnen, sondern man schreibt diesem alle möglichen Stufen der Vollkommenheit () zu. Schon den ersten Schritt, den wir in der denkenden Erfassung eines Gegenstandes thun, nennen wir einen Begriff (), wenn auch vielleicht in diesem keine andere Erkenntniss enthalten sein sollte, als die, dass das Object unseres Denkens von andern verschieden sei.
        In diesem Sinn nun sind uns in jenen Vorstellungen, welche in den ursprünglichen Bezeichnungen der Sprache ihre Verkörperung gefunden haben, offenbar auch die ersten Begriffe () gegeben. Da sich in dem Wort ursprüng[>87]lich nur eine herrschende Vorstellung spiegelt, so wird auch der Begriff () selbst vorzugsweise an dieser haften. An ihre Stelle tritt aber in dem entwickelteren Denken der Sprachlaut selbst. War die herrschende Vorstellung das Resultat einer ersten höchst unvollkommenen Erkenntniss gewesen, welche aufs Gerathewohl irgend ein Merkmal herausgriff, so sagt das Wort nicht mehr und nicht weniger, als dass überhaupt ein bestimmt unterschiedener Gegenstand dem Denken gegeben sei. Sobald sich die ursprüngliche sinnliche Bedeutung des Wortes verwischt hat, liegt daher der Erkenntnisswerth des letzteren nur noch in seiner allgemeingültigen Anwendung. Was uns heute noch an Wörtern wie Mensch, Thier, Baum u. s. w. von Werth scheint, ist lediglich die Gewissheit, dass die Andern, mit denen wir denkend verkehren, unter diesen Worten die nämlichen Begriffe () verstehen. Wenn aber auch in dem Wort stets eine Vorstellung sich verkörpert, so sucht doch nicht jede Vorstellung ein Wort zu ihrem Ausdruck. Damit dies überhaupt geschehen könne, muss als erste logische Bedingung die erfüllt sein, dass die Vorstellung von dem übrigen Inhalt unseres Bewusstseins durch bestimmte, der Bezeichnung fähige und constant wiederkehrende Merkmale sich unterscheide, und als eine zweite muss die Voraussetzung hinzutreten, dass das bezeichnende Wort in Andern annähernd die nämliche Vorstellung erwecke, dass also die Vorstellung selbst eine allgemeinere Geltung besitze. Weder die Sprache noch irgend ein anderes künstliches Zeichensystem würde möglich sein ohne die Voraussetzung einer gewissen Allgemeingültigkeit. Wie die Bestimmtheit das subjective, so ist daher die Allgemeingültigkeit das objective Merkmal (), das den Begriff () von andern Vorstellungen unterscheidet.. Beide Merkmale darf man aber nicht etwa in dem Sinne auffassen, als wenn die Allgemeingültigkeit auf einen fest bestimmten Inhalt des Begriffs () sich beziehen müsste. Das Einzige, was dem letzteren nothwendig zukommt, ist dies, dass in ihm Bestimmtheit und Allgemeingültigkeit vorausgesetzt werden; inwiefern er mit dem Inhalt, den er in einem individuellen Bewusstsein besitzt, eine allgemeinere Geltung nun auch wirklich beanspruchen darf, ist eine von weiteren Bedingungen des Erkennens abhängige Frage.
        Bestimmtheit () und Allgemeingültigkeit () in diesem Sinne schreiben wir dem Begriff () auf jeder seiner Entwicklungsstufen zu. Für die allerersten Anfänge der Begriffsscheidung (), wie für den allseitig durchforschten wissenschaftlichen Begriff () gilt das Postulat, dass jedes andere Bewusstsein, wenn es den gleichen Bedingungen der Erkenntniss unterworfen werde wie das unserige, auch zu einem übereinstimmenden Begriff () gelangen müsse. Will man aber Anfang und Ende der Entwicklung, die ein Begriff durchlaufen kann, unterscheiden, so lässt sich wohl sagen, der beginnende Begriff () enthalte Bestimmtheit und Allgemeingültigkeit als blosse Forderungen, und in dem vollendeten Begriff () seien diese zur Erfüllung gelangt. Insofern die Logik zunächst das am Begriff () zu erfassen hat, was ihm unter allen Umständen zukommt, mag man auch jene Begriffe (), in denen die beiden ent-[>88]scheidenden Merkmale zunächst nur als Postulate gedacht sind, logische Begriffe () im engeren Sinne des Wortes, jene Begriffe () dagegen, in denen die beiden Postulate mehr oder minder vollkommen erfüllt sind, wissenschaft1iche Begriffe () nennen. ... "
     

      Kommentar: Wundt äußert sehr wichtige und realistische Thesen zur psychologischen Entwicklung eines Begriffs, dessen "Vollkommenheit" mehrere Stufen durchläuft. In seiner Logik merkt man den Psychologen sehr wohltuend.


    Fett, kursiv und 14Punktschrift sind Hervorhebungen von R. Sponsel, nur kursiv ist bei Wundt g e s p e r r t geschrieben.
     



    Külpe, Oswald (1920) Die Realisierung, Bd. 2 Ein Beitrag zur Grundlegung der Realwissenschaften. Leipzig: Hirzel, , S. 75f:
      "a) Der Begriff (BMAnalyse).
      Was verstehen wir unter einem Begriff (BMFrage)? Die Gesamtheit der notwendigen und hinreichenden Bedingungen für die Anwendung eines Namens (BMDefCha). Diese Bedingungen heißen die Merkmale des Begriffs (BMMetaM). Festgesetzt werden diese Bedingungen durch die Definition. Einen Begriff (BMBB) bilden und jene Bedingungen aufstellen ist somit dasselbe. Bilde ich den Begriff der Außenwelt (BMBspGeg), so bestimme ich die Bedingungen, unter denen dieser Name verwendbar ist. Es fragt sich nun, ob zu diesen Bedingungen auch die Existenz bzw. Realität des zu benennenden Denkobjekts gehört (BMFrage). Auf diese Frage ist das ontologische Verfahren zurückzuführen. Der Ontologismus hat recht, wenn die Frage schlechthin zu bejahen ist. Er hat ganz oder teilweise unrecht, wenn sie schlechthin oder in eingeschränktem Sinn zu verneinen ist.

      b) Begriff (BMdiff) und Denkobjekt (BMvergl).
      Um diese schwierige Entscheidung vorzubereiten, machen wir uns klar, daß Namen (BMRef?) auch dann auf Denkobjekte anwendbar sind, wenn diese mehr als die den Begriff (BMunklar) konstituierenden Merkmale aufweisen. Z. B. kann [>76] ich einen Vogel, Hund, Affen „Tier" nennen oder gar „Wesen" bzw. „Etwas". Damit ist gesagt, daß für die Anwendung eines Namens keine Deckung zwischen Begriff  und Objekt erforderlich ist (BMunklar). D. h. insbesondere der Begriff (BMunklar) kann inhaltsärmer sein, als das benannte Objekt, und damit zugleich um fangreicher, in seiner Anwendung umfassender. Ferner reden Märchen, Sage, Mythus von Centauren, Nymphen, Drachen u. dgl., als wenn es sie gäbe. Ebenso verfahren Romane und Drama mit ihren Helden und Handlungen. Die Anwendbarkeit von Namen ist somit auch dann möglich, wenn Denkobjekte, die ihnen entsprechen, nicht existieren (BMunklar), obwohl sie existieren könnten (BMunklar). Daraus müssen wir offenbar schließen, daß die Existenz oder Realität nicht schlechthin zu den Bedingungen der Anwendbarkeit eines Namens gehört.
          Damit hängt es zusammen, daß ich jederzeit Begriffe (BMBB) miteinander verbinden und voneinander trennen kann, ohne auf Denkobjekte, die ihnen entsprechen, Rücksicht zu nehmen. So kann ich durch Determination (BMdeterm) und Abstraktion (BMabsgen) neue Begriffe (BMBB) bilden, z. B. glattes Eis in „glatt" und „Eis" zerlegen oder „roter Rabe", „blaue Katze" u. dgl. mehr zusammensetzen. Denkobjekt und Begriff (BMunklar) haben somit ein selbständiges Leben1) für sich, womit nicht ausgeschlossen ist, daß sie sich auch decken oder zusammenfallen können. Darum kann trotz der präzisesten Definition, der genauesten Feststellung der den Begriff eines Namens bildenden Merkmale die Anwendung richtig oder falsch sein, cl. h. auf adäquate oder inadäquate Denkobjekte treffen.
          Aus alledem geht hervor, daß Namen anwendbar sind auch ohne Denkobjekte, oder daß diese und deren besondere Beschaffenheit nicht zu den Bedingungen der Anwendbarkeit von Namen gehören. Dann kann auch aus dem Begriff eines Namens (BMunklar) nichts auf ihnen entsprechende Denk-[>77]objekte geschlossen werden. Nur wenn und sofern der Begriff (BMunklar) mit dem Denkobjekt zusammenfällt, von ihm gar nicht verschieden ist, wie das in den Formalwissenschaften der Fall sein kann, gehört das Denkobjekt zu den Bedingungen der Anwendung eines Namens. Dann ist es nämlich selbst nichts anderes als diese Bedingungen. Dann kann man von erzeugenden Definitionen reden, indem die Angabe der Merkmale das Denkobjekt hervorbringt. Hat es gegen eine selbständige, von der Anwendung des Namens unabhängige Bedeutung, wie in den Realwissenschaften, so kann aus der Anwendung des Namens selbst kein weiterer Schluß auf die Beschaffenheit des Denkobjekts gezogen werden.
          Von hier aus läßt sich die Gültigkeit von Kants Behauptung prüfen. 100 wirkliche Taler sind in der Tat dasselbe wie 100 mögliche Taler, wenn nur auf die Anwendung des Namens „100 Taler" geachtet wird. Dagegen sind die Bedingungen für die Anwendung des Namens „100 wirkliche Taler" nicht dieselben, wie für die Anwendung des Namens „100 mögliche Taler". Aber auch mit dem Namen „100 wirkliche Taler" ist die Wirklichkeit von 100 Talern nicht gegeben, d. h. es brauchen, um den Namen anwenden zu können, nicht 100 Taler vor mir zu liegen."

        FN1) Ein Name kann auf viele Denkobjekte, viele Namen können auf ein Denkobjekt angewandt werden.


      Kommentar: (1) Külpe verschiebt das Problem des Begriffs auf die notwendigen und hinreichenden Bedingungen für Namen, wobei die notwendigen und hinreichenden  Bedingungen für die Namen nicht mitteilt werden. Külpe trennt nicht klar und konsequent zwischen Namen, Begriffsmerkmalen und Referenz, obwohl die Referenz bestens in sein Zentralthema "Realisierung" passt. (2) "Denkobjekt" wird nicht erklärt, insbesondere nicht der Unterschied zum Begriff (dem widmet sich eine Arbeit von Gottlieb Friedrich Lipps, 1901, Die Theorie der Collectivgegenstände gleich im § 1, S.79-83; PDF). Im 1. Bd. kommt das Wort "Denkobjekt" nicht vor. Im 2. Bd. erstmals in einer Fußnote S. 58, auch ohne Erklärung. Es bleibt uns also nicht anderes als die Deutung, was Külpe meinen könnte. Ich mutmaße, Külpe nennt alles, was man denken kann, ein Denkobjekt, das synonym zu Gedanke sein könnte. Im Beispiel mit "Vogel, Hund, Affen" wären Vogel, Hund, Affen Denkobjekte oder Gedanken. Aber sind das nicht auch Begriffe?


    Gottlieb Friedrich Lipps, 1901, Die Theorie der Collectivgegenstände gleich im § 1, S.79-83; PDF).
     


    Begriffsgefuehl
    Störring, Gustav W. 1902. Zur Lehre von den Allgemeinbegriffen. Philosophische Studien 20: 323-335, hier 326ff:
        "Nach Wundt charakterisirt sich eine Vorstellung dadurch als [>327] eine repräsentative, dass sie sich mit einem  Begriffsgefühl1) (BMBgef) verbindet. Wundt sagt darüber: Es verbindet sich mit jeder solchen Vorstellung »das in der Regel nur in der Form eines Gefühls zum Ausdruck kommende Bewusstsein der bloß stellvertretenden Bedeutung. Dieses Begriffsgefühl (BMBgeff) lässt sich wohl darauf zurückführen, dass dunklere Vorstellungen, die sämmtlich die zur Vertretung des Begriffe (BMEPBP) geeigneten Eigenschaften besitzen, sich in der Form wechselnder Erinnerungsbilder zur Auffassung drängen..
        Ich werde diese im Hintergrund des Bewusstseins stehenden Vorstellungen später noch genauer zu bestimmen suchen — ich glaube im Sinne von Wundt, wenn er die betreffenden Bestimmungen auch nicht selbst macht — vor der Hand möchte ich die Frage nach der Auffassung des Begriffsgefühls (BMBgef) von Seiten des betreffenden Individuums näher ins Auge fassen. Da meine ich nun, dass nicht unmittelbar durch dieses Begriffsgefühl (BMBgef?) sich die von ihm begleitete Vorstellung als repräsentativ charakterisiren kann, sondern dass das nur in mittelbarer Weise möglich ist; anders ausgedrückt, ich meine, nicht in dem Begriffsgefühl (BMBgef?) ist der Gedanke der Stellvertretung gegeben, sondern es kann sich nur der Gedanke des stellvertretenden Werths der Vorstellung mit dem Begriffsgefühl (BMEPBP) auf Grund einer Deutung des Begriffsgefühls (BMEPBP) verbinden.
        Es würde also hier zwischen dem Begriffsgefühl (BMBgef?) und dem Bewusstsein der stellvertretenden Geltung eine ähnliche Beziehung bestehen, wie ich sie zwischen dem Wiedererkennungsgefühl oder der Bekanntheitsqualität und dem Wiedererkennungsurtheil2), zwischen dem Erinnerungsgefühl und dem Erinnerungsurtheil3) zwischen dem Identitäts- und Differenzgefühl und dem Identitäts- und Differenzurtheil4)  nachzuweisen gesucht habe (BMvergl).
        Für eine solche Deutung des Begriffsgefühls (BMBgef?) würde man nun wohl die Erfahrung in Anspruch zu nehmen haben, dass die im Hintergrunde des Bewusstseins stehenden Vorstellungen für das, worauf es [>328] ankommt, ganz dasselbe leisten, wie die zuerst gedachte Vorstellung. Diese Erfahrung kann natürlich nur gemacht werden, wenn solche im Hintergrund des Bewusstseins stehende Vorstellungen in einzelnen Fällen aus dem Hintergrund des Bewusstseins hervortreten und die Stelle der ersteren Vorstellung einnehmen. So kann dann eine Deutung des Begriffsgefühls (BMBgef?) stattfinden und also die Idee des bloß stellvertretenden Werths einer Vorstellung auftreten, ohne dass, wie Lipps meint, 'neben der repräsentativen Vorstellung A1„ wenn auch nur für einen Augenblick, eine beliebige andere Vorstellung A2 oder A3, wirklich von mir vollzogen wird', sodass es mir dadurch bewusst wurde, dass dieser Wechsel für das, worauf es ankommt, nichts verschlägt.
    ..."
      S326-1 Wundt, Logik I. S. 47.
      S326-2 Lipps, Philos. Monatshefte Bd. 17.
      S327-1 Wundt, Physiol Psychol. 4 II., S. 477. Wundt, Menschen- und Thierseele, 2 S. 351 ff. Wundt, Grundriss der Psychologie 4, S. 323.
      S327-2 Vorlesungen aber Psychopathologie in ihrer Bedeutung für die normale Psychologie, S. 257 ff.
      S327-3 Zeitschrift für Philosophie und philos. Kritik, 119. Bd., S. 99 ff.
      S327-4 Die Erkenntnistheorie von Tetens, S.121 ff."


    Fett, kursiv und 14Punktschrift sind Hervorhebungen von R. Sponsel, nur kursiv ist bei  Störring  g e s p e r r t geschrieben.
     
     



    Denkgegenstand und Begriff bei Gottlieb F. Lipps (1901)

    Lipps, Gottlieb Friedrich (1901)  Die Theorie der Collectivgegenstände. Philosophische Studien 17: 78-184, hier: S. 79-

    "Die inductive Wahrscheinlichkeitserkenntniss

    § 1. Denkgegenstand und Begriff ().

    Ein beliebiger, aber bestimmter Gegenstand des Denkens, der durch A bezeichnet werden möge, sei gegeben (BMBspGeg).
        Da A als gegeben angenommen wird, bleibt seine Herkunft unerörtert Es ist jedoch klar, dass A einerseits in der ursprünglich und schlechthin gegebenen Welt des Bewusstseins wurzelt und anderseits der Beteiligung des Denkens sein Dasein verdankt. Denn niemand wird daran zweifeln, dass es weder aus Nichts erschaffene, noch von vorn herein vorhandene Gegenstände des Denkens gibt. Die Annahme von A setzt demnach voraus, dass an irgend einem, aus Empfindungen und Gefühlen bestehenden, räumlich und zeitlich geformten Inhalte des Bewusstseins das Denken sich irgendwie bethätigt habe und so zu A gelangt sei.
        Ein Bewusstseinsinhalt liegt somit zu Grunde. Er gibt dem Denkgegenstande die reale, psychische Existenz. Es ist jedoch gleichgültig, von welcher Art er ist, und ob der Inhalt in seiner räumlichen und zeitlichen Wirklichkeit oder ob nur ein durch das Denken abgesonderter und hervorgehobener Bestandtheil jenes Inhalts zum Gegenstande des Denkens gemacht wird.
        Wie dem auch sein mag: in jedem Falle muss eine angebbare Beschaffenheit vorhanden sein. Denn A ist ein bestimmter, von anderen unterscheidbarer Gegenstand des Denkens. Die Bestimmtheit beruht auf dem Denken, durch das A in seiner Besonderheit erfasst und unterschieden wird. Da nun das Denken im Urtheilen sich vollzieht (BMfragl), (BMBeleg),  so muss es möglich sein, die Beschaffenheit von A durch Urtheile, deren logisches Subject A ist, anzugeben. Jedes Urtheil aber, das nicht bloß das Vorhandensein von A behauptet, das also nicht ein bloßes Existentialurtheil ist, setzt A zu anderen Denkgegenständen in Beziehung. In solchen Beziehungen besteht die logische Bestimmtheit von A. In ihnen bietet sich das von A Erkannte oder Begriffene (BMbegreif) - der Begriff () von A dar. Mit der Annahme eines bestimmten A wird daher zugleich ein Begriff () von A vorausgesetzt. Der Begriff () bestimmt oder definirt A.
        Die zum Erfassen und Begreifen (BMbegreif) von A führende Denkarbeit (BMDefCha-), (BMBeleg-) [>80] lässt den zu Grunde liegenden Bewusstseinsinhalt unverändert. Es haften nur die Denkacte an jenem Inhalte, so dass Denkgegenstand und Begriff (BMBB) sich bilden. Der Vollzug dieses Denkprocesses ist durch die Bedürfnisse und die Fähigkeiten des nach Erkenntniss strebenden Geistes bedingt. Dabei kann eine größere oder geringere Vollständigkeit erreicht werden. Es werden darum im allgemeinen Besonderheiten des vorliegenden Bewusstseinsinhaltes unberücksichtigt bleiben; einestheils, weil das Denken an ihnen kein Interesse hat, anderntheils, weil das Denken ihre Bedeutung nicht zu erkennen vermag. Dies wäre nur dann ausgeschlossen, wenn der zu Grunde liegende Bewusstseinsinhalt in allen denkbaren Beziehungen klargestellt wäre, so dass er selbst in seiner Individualität den Denkgegenstand A bildete, und zugleich der Begriff () des individuellen Bewusstseinsinhaltes gewonnen würde. So lange dies nicht der Fall ist, dürfen die außer Acht gelassenen Besonderheiten als abstufbar und veränderlich vorausgesetzt werden, so dass andere Bewusstseinsinhalte an Stelle das vorhandenen treten können, die alle in gleicher Weise das Erfassen und Begreifen (BMbegreif) von A gestatten. Jeder einzelne der eine begrenzte oder unbegrenzte Mannigfaltigkeit bildenden Bewusstseinsinhalte fällt unter den Begriff (BMumfang) von A; und man kann diese Mannigfaltigkeit als den Umfang des Begriffs (BMumfang) bezeichnen, während unter dem Inhalt des Begriffs () die Gesammtheit der A bestimmenden Beziehungen zu verstehen ist.
        Wird den im vorliegenden Begriff () zusammengefassten Beziehungen eine neue beigesellt, so verändert sich mit dem Begriff () zugleich der Denkgegenstand. Sein psychisches Substrat (BMfragl), (BMBeleg) bleibt allerdings dasselbe; aber seine logische Bestimmtheit wird anders und somit ist er selbst nicht mehr der alte. Weil er aus dem vorhandenen A entsteht, möge er A' heißen. Da A die Voraussetzung für A' ist, so ist klar, dass jeder Bewusstseinsinhalt, der das Erfassen und Begreifen (BMbegreif) von A' gestattet, nothwendig auch das Erzeugen von A ermöglicht. Es kann aber sehr wohl ein Bewusstseinsinhalt mit den für A geltenden Beziehungen behaftet sein, ohne zugleich die neue, A charakterisirende Beziehung zu zeigen. Der Begriff (BMabstr) von A' hat darum keinen größeren Umfang als der Begriff (BMumfang) von A: er kann aber einen ebenso großen oder kleineren Umfang haben. Ist der Begriffsumfang von A gleich demjenigen von A' so dass jeder Bewusstseins-[>81]inhalt, der als A gedacht werden kann, auch die zu A' führende Beziehung aufweist, so hat A' als der im Vergleich zu A vollkommener bestimmte Denkgegenstand zu gelten: der Begriff (BMergB) von A' stellt sich als eine Ergänzung des Begriffs (BMergB) von A dar. Dann ist kein Anlass, den Unterschied von A' und A in der sprachlichen Bezeichnung hervorzuheben, sondern dasselbe Wort wird im allgemeinen sowohl A' als auch A bezeichnen. Gibt es hingegen Bewusstseinsinhalte, die unter den Begriff () von A fallen, ohne jener neuen Beziehung theilhaftig zu sein, so ist der Begriffsanfang () von A' kleiner als derjenige von A. Der Uebergang von A zu A' führt alsdann zu einer Verengerung des Begriffs () von A und es ist nothwendig, auch sprachlich A' von A zu unterscheiden. In dem einen wie in dem andern Falle kann A' das durch die neue Beziehung näher bestimmte A genannt werden.
        Folgendes Beispiel diene zu Erläuterung:
        Ein Blatt Papier, auf dem drei sich schneidende gerade Linien ausgezogen sind, kann den Bewusstseinsinhalt bilden, an dem das Denken sich bethätigt und durch alleiniges Beachten der Form des allseitig umgrenzten Ebenentheils das Dreieck als Denkgegenstand A erzeugt. Das deutliche Erfassen dieses A hat zur Voraussetzung, dass die Dreiecksform von anderen geometrischen Formen unterschieden und durch Besonderheiten, die nur dem Dreieck zukommen, gekennzeichnet wird. Der so zu Stande kommende Begriff () des Dreiecks findet in der Definition: »das Dreieck ist ein von drei Geraden vollständig umgrenzter Ebenentheil« seinen Ausdruck. »Ebenentheil« »vollständige Umgrenzung«, »gerade Linie«, Anzahl »drei« sind somit die Denkobjecte, mit denen das Denkobject »Dreieck« in Beziehung steht. Diese Beziehungen sind enthalten in den Urtheilen: das Dreieck ist ein Ebenentheil, ist allseitig begrenzt, hat geradlinige Grenzen, hat drei Grenzlinien. Wird das Dreieck in dieser Weise begriffen (BMbegreif), so sieht man ein, dass nicht nur der vorliegende, sondern jeder andere, durch drei Gerade vollständig umgrenzte Ebenentheil ebenso bestimmt ist und unter den Begriff () des Dreiecks fällt. Denn die Lage und Größe der Seiten und Winkel, durch welche sich die einzelnen Dreiecke unterscheiden, bleibt unbeachtet. Jede die Lage und der Seiten und Winkel betreffende Bestimmung verändert daher den angegebenen Begriff () des Dreiecks. Wird z. B. festgesetzt, dass [>82] zwei Seiten einander gleich oder senkrecht zu einander gerichtet sein sollen, so wird der Begriffsumfang verengert. Denn von der ursprünglichen Mannigfaltigkeit der Dreiecke werden alle diejenigen, welche drei verschieden große Seiten oder keinen rechten Winkel haben, ausgeschieden. Wird hingegen erkannt, dass die Winkelsumme des Dreiecks gleich zwei Rechten sei, so tritt keine Verengerung, wohl aber eine Ergänzung des Begriffs () vom Dreieck ein. Der Begriff () wird nicht verengert, weil alsdann die drei Winkel eines jeden, von drei Geraden vollständig umgrenzten Ebenentheils zusammen zwei Rechte betragen. Der Begriff () wird hingegen ergänzt, weil die ursprüngliche Definition des Dreiecks, wie die Nicht-Euklid'sche Geometrie lehrt, sich auch mit der Annahme, dass die Summe der Dreieckswinkel kleiner oder größer als zwei Rechte sei, verträgt. Denn der Satz: »die Winkelsumme ist gleich zwei Rechten« steht und fällt mit der Voraussetzung, dass es zu einer gegebenen Geraden durch einen gegebenen Punkt eine und nur eine Parallele gibt.
        Es zeigt sich so, dass Denkgegenstand und Begriff () unlöslich mit einander verbundene Erzeugnisse des Denkens sind. Der Denkgegenstand ist das an einem zu Grunde liegenden Bewusstseinsinhalt durch das Denken Erfasste und Hervorgehobene. Der Begriff () ist die Definition eines Denkgegenstandes, d. h. die einen Denkgegenstand bestimmende Erkenntniss.
        Diese enge Zusammengehörigkeit kann Anlass sein, Denkgegenstand und Begriff () mit einander zu vermengen. Die Beachtung des Unterschieds dient aber, wie ich glaube, wesentlich zur Klärung und Sicherung der mannigfachen Schwankungen1)  unterworfenen Auffas[>83]sungsweise des Begriffs (). - So ist ja auch ein räumlich wahrgenommener Gegenstand nothwendig räumlich bestimmt oder umgrenzt. Man wird aber den räumlich umgrenzten Gegenstand nicht mit der räumlichen Umgrenzung des Gegenstandes verwechseln. Ueberdies muss schon aus dem Grunde Denkobject und Begriff () unterschieden werden, weil der Begriff () selbst zum Denkobjecte werden kann. Denn wenn in der Geometrie das Dreieck Gegenstand der Untersuchung ist, so kann in der Logik und Erkenntnisslehre der Begriff des Dreiecks oder auch die Entstehung dieses Begriffs () zum Forschungsobjecte werden.
        Indessen ist hier nicht der Ort, auf die Bedeutung der hervorgehobenen Unterscheidung für die logische Lehre vom Urtheil und Begriff () einzugehen. Die soeben angegebene Auffassungsweise des Begriffs () muss aber beachtet werden, weil auf ihr die folgenden Darlegungen über deductives und inductives Erkennen im allgemeinen und über inductive Wahrscheinlichkeitserkenntniss insbesondere beruhen.

    FN-S.82-1). Sigwart (Logik, 1, 2. Aufl. 1869, S. 316 ff unterscheidet eine dreifache Bedeutung des Wortes »Begriff ()«: eine empirische, für welche der Begriff () ein durch ein Wort bezeichnetes natürliches psychologisches Erzeugniss in der Gestalt einer allgemeinen Vorstellung ist; eine ideale, metaphysische, wonach der Begriff () den Zielpunkt des Erkenntnissstrebens angibt und der Ausdruck des Wesens der Dinge ist; eine zwischen der empirischen und metaphysischen Bedeutung liegende logische, welche Bestimmtheit und allgemeine Gültigkeit der Vorstellungen ohne Rücksicht auf die Übereinstimmung zwischen Gedachtem und Seiendem fordert. — Wundt (Logik I.  2. Aufl. 1893, S. 94 ff) bezeichnet als logischen Begriff () jeden Denkinhalt. der aus einem Urtheil durch Zergliederung desselben gewonnen werden kann, und als wissenschaftlichen Begriff () das aus einer Reihe von Urheilen sich ergebende Resultat einer Erkenntniss, wonach der logische () und der wissenschaftliche () Begriff () als Anfang und Abschluss in der Ent-[>83]wicklung des Denkens sich gegenüberstehen — Ohne auf solche Unterscheidungen einzugehen, nennt Th. Lipps (Grundzüge der Logik 1898. S. 124): den Begriff die Bedeutungssphäre () eines Wortes. Der Begriff () ist »die Sphäre möglicher Bewusstseinsobjecte, die und sofern sie in einem sprachlichen Ausdruck ihren zusammenfassenden Mittelpunkt und damit zugleich ihre Abgrenzung gefunden haben«. — Schuppe hingegen (Erkenntnisstheoretische Logik, 1878, S.121) sagt: »Der Begriff () im eigentlichen Sinne kann überhaupt nur gedacht werden als das Zusammen eines Subjectes mit Prädicaten«. Er entsteht nicht nur, sondern er besteht aus Urtheilen; und er ist »nicht das abgesondert von dem hervorbringenden Urtheil  existirende Resultat desselben, sondern er ist selbst dieses Urtheil, resp. eine Mehrheit solcher Urtheile«.

    Fett, kursiv und 14Punktschrift sind Hervorhebungen von R. Sponsel, nur kursiv ist bei  Lipps  g e s p e r r t geschrieben.
     

      Kommentar: G. F. Lipps mit einer formal abstrakten Unterscheidung, ein beliebiges aber bestimmtes A als Denkgegenstand., dessen Beschaffenheit, wahrscheinlich Begriffsmerkmale, bekannt sein müssen, sonst könnte A nicht in seiner Besonderheit bestimmt und unterschieden werden. Die Beschaffenheit wird durch Urteile (Subjekt, Prädikats-Aussagen) beschrieben. Sodann wird behauptet, dass das Denken sich in Urteilen vollziehe, ohne das näher zu belegen, zu begründen oder zu entwickeln. Tatsächlich handelt es sich um eine implizite Definition, die man natürlich machen kann, aber auch erklären sollte: ich bezeichne diejenigen geistigen Prozesse als denken, die sich in Urteilen (Subjekt, Prädikats-Aussagen) fassen lassen (vom so Denkenden selbst oder vom darüber Denkenden?). Es folgt die Behauptung: "Jedes Urtheil aber, das nicht bloß das Vorhandensein von A behauptet, das also nicht ein bloßes Existentialurtheil ist, setzt A zu anderen Denkgegenständen in Beziehung." (Zu allen?) Es folgt eine weitere nicht belegte und begründete Behauptung:  "Die zum Erfassen und Begreifen von A führende Denkarbeit [>80] lässt den zu Grunde liegenden Bewusstseinsinhalt unverändert." A wird ein A' beigegeben, das sich begrifflich unterscheidet. Die These "Sein psychisches Substrat bleibt allerdings dasselbe; " bleibt unerklärt. Die schwierigen Ausführungen sollten durch ein Beispiel (Dreieck) klarer werden. Aber die beiden abstrakten Begriffe A und A' werden im Dreiecksbeispiel nicht erläutert, G.F. Lipps sagt nicht, welche Dreiecksvariante A und welche A' entspricht..
    _



    Elsenhans Elementarlehre der Begriffe

    "I. Teil. Elementarlehre.
    1. Die Begriffe ().
    § 31. Der Begriff () und seine Merkmale.

    Der Begriff () ist die durch ein Wort repräsentierte Einheit aller in einer Gemeinvorstellung gedachten wesentlichen Merkmale (s. o. § 13). Er entsteht durch Abstraktion von den ungleichartigen Merkmalen und Reflexion auf die gleichartigen. Was im [S. 70] Begriff () gedacht wird, gilt als das Wesen der Gegenstände, die unter ihn fallen, und so nennt man diejenigen Merkmale, ohne welche der Begriff () nicht gedacht werden kann, wesentliche, und diejenigen, die auch fehlen können, außerwesentliche oder zufällige. So sind wesentliche Merkmale des Begriffs () Mensch: Vernunft, Sprache, aufrechter Gang; außerwesentliche: Schönheit, Gelehrsamkeit, Bosheit. Es scheint wohl gleichartige Merkmale zu geben, die nicht wesentlich sind, die in keinem inneren Zusammenhang zum Wesen des betreffenden Gegenstandes stehen. Dies ist aber nur auf einer unvollkommenen Stufe der Erkenntnis möglich; der Fortschritt der Wissenschaft muß entweder die Gleichartigkeit auf einen inneren Wesenszusammenhang zurückführen oder als eine nur scheinbare nachweisen. In der Mathematik gibt es kein gleichartiges Merkmal, das nicht zugleich wesentlich ist; z. B. der Begriff () des gleichseitigen Dreiecks schließt die Gleichheit der Winkel nicht unmittelbar in sich, kann aber doch nicht ohne dieses Merkmal gedacht werden.

    Die wesentlichen Merkmale eines Begriffs () werden auch eingeteilt in eigentümliche (notae propriae), welche denselben ausschließlich eigen sind, und gemeinsame (n. communes), welche auch andern Begriffen zukommen, ferner in ursprüngliche und abgeleitete Merkmale. Ein ursprüngliches Merkmal des Parallelogramms ist die Parallelität der Gegenseiten, von diesem abgeleitet: die Gleichheit derselben.

    Die Reihe von Individualvorstellungen, aus welchen der Begriff () gebildet wird, muß nicht notwendig von verschiedenen Individuen herrühren, sondern sie kann auch auf dasselbe Individuum zu verschiedenen Zeiten sich beziehen, und dann erhalten wir den Individualbegriff (). So machen wir uns besonders von menschlichen [S.71] Individuen Individualbegriffen (), indem wir die verschiedenen Individualvorstellungen, die wir von ihnen aus verschiedenen Zeiten haben, zu einem Begriff () zusammenfassen.

    § 32. Inhalt und Umfang des Begriffs ().

    An jedem Begriff () wird unterschieden: der Inhalt, d. h. die Gesamtheit der darin gedachten Merkmale, und der Umfang, d. h. die Summe der Gegenstände oder Vorstellungen, die in sein Gebiet fallen. So bilden den Inhalt des Begriffs Parallelogramm (): die Merkmale Viereck und Parallelität der Gegenseiten, den Umfang desselben: die Quadrate, Rechtecke, Rhomben und Rhomboide; den Inhalt des Begriffs () Tier: organisches Wesen, Empfindung, freie Bewegung, den Umfang: Säugetiere, Vögel, Amphibien, Fische, Würmer u. s. w.

    Werden in den Begriff () neben den wesentlichen noch zufällige Merkmale aufgenommen, so wird der Umfang desselben zu klein, der Begriff () ist zu eng. Wenn nicht alle wesentlichen Merkmale aufgenommen werden, so wird der Umfang zu groß, d. h. der Begriff ist zu weit. Der BegriffParallelogramm () wird zu eng, wenn er das Merkmal gleichseitig erhält, denn aus seinem Gebiet werden dadurch das Rechteck und das Rhomboid ausgeschlossen; er wird zu weit, wenn das wesentliche Merkmal: Parallelität der Gegenseiten weggelassen wird, denn dann fällt er mit dem Begriff des Vierecks () zusammen.

    Je größer der Inhalt eines Begriffes (), desto kleiner der Umfang, und je größer der Umfang, desto kleiner der Inhalt. Begriffsumfang () und Begriffsinhalt () stehen also ihrer Größe nach in umgekehrtem Verhältnis zueinander. So ist der Umfang () des Begriffs () Geld größer als der Umfang des [S. 72] Begriffs Silbergeld (), denn er umfaßt auch das Kupfergeld, Goldgeld und Papiergeld, dagegen sein Inhalt ist kleiner, nämlich um das Merkmal Silber. Der Umfang eines Begriffs () wird also durch Hinzufügung von Merkmalen beschränkt (Determination), durch Weglassung von Merkmalen erweitert (Abstraktion).

    § 33. Klarheit und Deutlichkeit der Begriffe ().

    Von dem Grade der Einsicht () in den Inhalt () und Umfang () des Begriffs () hängt die Klarheit () und Deutlichkeit () desselben ab. Ein Begriff () ist klar (), wenn man das, was zu seinem Umfang gehört, genau von dem unterscheiden kann, was in den Umfang anderer Begriffe () fällt, so daß keine Verwechslung möglich ist. So ist der Begriff Logik klar (), wenn man ihn von Psychologie, Erkenntnistheorie, Metaphysik genau unterscheiden kann. Ein Begriff ist deutlich (), wenn die Merkmale, die seinen Inhalt bilden, für sich klar sind. So hat derjenige einen deutlichen Begriff der Logik (), der von der Wissenschaft überhaupt und von den Gesetzen des Denkens eine klare Vorstellung hat (BMversch).

    § 34. Die Arten der Begriffe.

    Nach dem Inhalt unterscheidet man einfache und zusammengesetzte Begriffe (), je nachdem dieselben nur ein einziges oder mehrere Merkmale enthalten. Einfache Begriffe () sind: Etwas, Sein, Punkt, Raum; zusammengesetzte: Löwe, Sechseck, Urteil.

    Nach dem Verhältnis des Umfangs der Begriffe () unterscheidet man untergeordnete (subordinierte), übergeordnete (superordinierte) und nebengeordnete (koordinierte) Begriffe (). Denjenigen Begriff (), der unmittelbar aus Individualvorstellungen entstanden ist, nennt [S. 73] man Artbegriff (), z. B. den Begriff Nachtigall (); denjenigen, der selbst wieder aus Artbegriffen () entstanden ist und deshalb die Individualvorstellungen nur mittelbar in sich befaßt, den Gattungsbegriff (), z. B. Singvogel. Der Gattungsbegriff heißt auch der höhere oder weitere und der Artbegriff () der niedere oder engere Begriff (). Aus Gattungsbegriffen () können wieder andere höhere Gattungsbegriffe () gebildet werden, so fällt der Begriff () Singvogel unter die höheren Gattungsbegriffe (): Vogel, Tier, organisches Geschöpf, Körper, von denen jeder wieder einen weiteren Umfang hat, als der vorhergehende, so daß ein Gattungsbegriff () im Verhältnis zum folgenden höheren immer wieder als Artbegriff betrachtet werden könnte; doch wird diese Stufenleiter von Art- und Gattungsbegriffen () häufig durch besondere Ausdrücke bezeichnet, wo dann auch Art und Gattung ihre ganz bestimmte Stelle haben. So konstruiert besonders die Naturwissenschaft von oben nach unten folgendes Schema: Reich, Kreis, Gruppe, Klasse, Ordnung, Familie, Gattung, Art, Individuum.

    Begriffe (), die demselben nächsthöheren Gattungsbegriff () untergeordnet sind, stehen im Verhältnis der Beiordnung oder Koordination, z. B. Frühling, Sommer, Herbst, Winter, innerhalb der Gattung Jahreszeiten. Da die beigeordneten Begriffe () sich ausschließen, so stehen sie in einem gewissen Gegensatz und zwar im kontradiktorischen Gegensatz (Widerspruch), wenn es nur zwei Begriffe sind, die miteinander den Umfang des höheren Begriffs () ausfüllen, so daß der eine geradezu die Verneinung des anderen ist, z. B. Mensch und Nichtmensch, zeitlich und ewig, Bewegung und Ruhe, schuldig und unschuldig; im konträren Gegensatz (Widerstreit), wenn es [S. 74] mehrere Begriffe () sind, so daß sie sich zwar auch gegenseitig ausschließen, aber mit anderen Begriff () sich in den Umfang des höheren Begriffes () teilen. Was sich nicht bewegt, ruht; daraus aber, daß es nicht Frühling ist, folgt nicht, daß es Sommer sein muß, es kann auch Herbst oder Winter sein, nur keines von beiden zugleich.

    Zwei Begriffe () sind identische oder Wechselbegriffe (), wenn sie nach Inhalt und Umfang sich decken, z. B. der Begriff () eines gleichseitigen und der eines gleichwinkligen Dreiecks, Aristoteles und der Begründer der Logik. Der Unterschied besteht dann nur im sprachlichen Ausdruck, der nur je nach dem Zusammenhang eine der Seiten des Begriffes () besonders hervorhebt. Zwei Begriffe () kreuzen sich, wenn sie nur einen Teil ihres Umfanges gemeinsam haben, z. B. Neger und Sklaven; sie sind einstimmig, wenn sie an demselben Gegenstand vorkommen können, z. B. rechtwinklig und gleichseitig an dem Begriff () Quadrat. Disparate Begriffe () nennt man diejenigen, welche überhaupt nicht im Umfang eines beiden gemeinsamen höheren Begriffs () untergebracht werden können, z. B. Dreieck und Tapferkeit."
     

      Kommentar-zu-Elsenhans:




    William Stern
     
     



     



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    Glossar, Anmerkungen und Fußnoten  > Hauptseite. > Eigener wissenschaftlicher Standort.
    1) GIPT= General and Integrative Psychotherapy, internationale Bezeichnung für Allgemeine und Integrative Psychotherapie.
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    Gradiententhorie
    Eckes (1991) Kap. "2.2. Die Gradiententheorie". Kein Sachregistereintrag. Im Kapitel 1 "1. Begriffe - Bausteine der Erlenntnis" wird  Begriff nicht definiert.
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    Innere Sprache
    Wygotzki hat hierzu folgende Einträge im Sachregister:
      Innere Sprache
      innere Sprache als innere Seite der Sprechtätigkeit 312f. innere Sprache als besonderes psychologisches Gebilde 312f., 349 f·
      innere Sprache als Sprache für sich selbst 40 f., 312 f., 317
      Kritik an der Auffassung von der inneren Sprache als verbalem Gedächtnis 311
      Kritik an der Auffassung von der inneren Sprache als »Sprache minus Laut« 6, 91 f., 95, 350
      Verhältnis von innerer und äußerer Sprache s. äußere Sprache
      Verhältnis von innerer Sprache und Denken 7, 38, 43 f., 70, 89 bis 91, 95, 102, 317f., 350f.
      Verhältnis von innerer und schriftlicher Sprache s. schriftliche Sprache
      Verhältnis von innerer und egozentrischer Sprache des Kindes 38-41, 43-45, 70, 92 f., 102, 313 bis 317, 319-329, 341, 346-349
      Verhältnis von semantischer und äußerer Seite der Sprache in der inneren Sprache 343 f.
      Entwicklung der inneren Sprache 39- 41, 43-45. 7°, 91-95. 102, 341-343, 349 f·
      Beziehung der inneren Sprache zum Bewußtsein 317 f.
      Semantik der inneren Sprache 343, 345-349
      Syntax der inneren Sprache, ihr prädikativer Charakter 227,328 bis 333, 337-343
          Kommentar: Auf S.20 wird innere Sprache und innere Rede erstmals erwähnt, aber nicht erklärt, auch nicht durch einen (Quer-)Verweis.
    __
    Komprehension  (wörtl. Verständnis) In DEdelS1, S. 27ff
    __
    PF
    Index eines Glossarbegriffs zu Piaget (P) von Furth (F). Ich habe das Glossar erweitert und die Indizierung soll sicherstellen, aus welcher Quelle der Glossarbegriff stammt, z.B. EintragPM für Piaget nach Montada EintragPS für Piaget nach Sponsel. EintragPD für Piaget nach Dorsch.
    __
    Synkretisch: gemischt , unrein , vermischt , zusammengesetzt
    __
    Synkretisches Abbild
    Begriffsschöpfung Wygotzkis. Im Sachregister Denken und Sprechen wird angegeben: "Synkretismus des kindlichen Denkens 20-25,62,120-123, 127,156, 279"
    S.20-1: "... Zunächst ergibt sich die Frage nach dem objektiven Zusammenhang der Merkmale des kindlichen Denkens, die in Piagets Untersuchungen ermittelt wurden, wie z. B. der Egozentrismus der Sprache und des Denkens beim Kinde, die Konkretheit in der Intelligenz, der Synkretismus, das fehlende Relationsverständnis, die Schwierigkeiten bei der Einsicht, die Unfähigkeit der Selbstbeobachtung im Kindesalter usw."
    S.20-2: "... So sagt der Verfasser [R.S.: Piaget] z. B. über eine wichtige Eigenart des kindlichen Denkens, den Synkretismus, daß er das direkte Ergebnis des kindlichen [>21] Egozentrismus sei [2]."
    __
    Synkretismus bei Piaget
    Piaget, Jean (1981) Urteil und Denkprozess des Kindes. Düsseldorf: Schwann (hier Ullstein Materialien),  S. 229
        "Wir haben seitdem einen ganz anders gelagerten Fall von Synkretismus gefunden, der aber hinsichtlich der Unfähigkeit zur Analyse ebenso eindrucksvoll ist, eine Unfähigkeit, die das Kind zeigt, sobald es sich darum handelt, Sätze miteinander zu verbinden oder wenigstens den Sinn der Worte zu verstehen, unabhängig von den Schemata, von denen sie umgeben sind28. Man stellt dem Kind eine Reihe leicht verständlicher Sprichwörter vor und eine Anzahl zugehöriger Sätze, die kunterbunt geordnet sind, von denen aber ein jeder den gleichen Sinn hat wie eines der Sprichwörter. Man bittet das Kind, die Entsprechung zu suchen. Aber bis zum Alter von 11-12 Jahren wählt das Kind den zugehörigen Satz fast zufällig oder wenigstens nach ganz zufälligen oberflächlichen Analogien. Bezeichnend ist aber, daß das Kind genau in dem Augenblick, wo es den dazugehörigen Satz auswählt, ohne weiteres Sprichwort und Satz in ein einziges Schema verschmilzt, das sie beide subsumiert und das die Entsprechung rechtfertigt. Da zeigt sich eine Fähigkeit zum Synkretismus, die zunächst auf reines Fabulieren zurückführbar zu sein scheint, sich aber bei näherer Analyse als Ergebnis eines Unvermögens erweist, die globalen Wahrnehmungen auseinanderzunehmen und der Neigung, die den Schematismus dazu treibt, alles zu vereinfachen und alles zu verdichten, Hindernisse in den Weg zu legen. Beispielsweise assimiliert ein neunjähriges Kind das Sprichwort »Aus einem Sack Kohlen kommt kein weißer Staub« mit dem Satz »Die ihre Zeit vergeuden, kümmern sich schlecht um ihre Geschäfte.« Seiner Ansicht nach bedeuten diese Sätze »dasselbe«, weil die Kohle schwarz ist und man sie nicht reinigen kann; so wie die, die ihre Zeit vergeuden, ihre Kinder schlecht versorgen, welche dann schwarz werden und nicht mehr gereinigt werden können. Die Einheitlichkeit dieser Antworten, auf die wir hier nicht zurückzukommen brauchen, schließt die Hypothese des Fabulierens aus. Sie zeigt, wie allgemein die Vorstellung des Kindes ist, globale Schemata zu bilden und die Bilder untereinander zu verdichten."
     
      Kommentar: Unterschied zwischen fabulieren und synkretisch denken nicht geklärt. Auch "Schemata" ist wie "zufälligen oberflächlichen Analogien" wie "in ein einziges Schema verschmilzt" erklärungsbedürftig. "globalen Wahrnehmungen auseinanderzunehmen und der Neigung, die den Schematismus dazu treibt, alles zu vereinfachen und alles zu verdichten, ... " Sind "alles vereinfachen" und "alles verdichten" nicht Gegensätze? Hier wären Beispiele dringend erforderlich. Ebenso unklar wie unbelegt bleibt "Die Einheitlichkeit dieser Antworten, auf die wir hier nicht zurückzukommen brauchen, schließt die Hypothese des Fabulierens aus." Wieso ist "fabulieren" hier ausgeschlossen?
      Es ist insgesamt unklar, was es bedeutet, wenn Kinder relativ zu ihren kognitiven Aufgaben, unlösbare Aufgaben gestellt werden. Meist bleibt auch unklar, wie die Kinder vorinstruiert werden, was sie tun sollen, was von ihnen erwartet wird und ob sie sich das zutrauen.
    __
     


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    *
    Haupt- und Verteilerseite Begriffsanalysen (Überblick).
    Zur Haupt- und Verteilerseite Begriffsanalyse Begriff.
    Definition Begriff.
    Signierung Begriffe und Begriffsmerkmale (BM).
    Überblick Arbeiten zur Theorie, Definitionslehre, Methodologie, Meßproblematik, Statistik und Wissenschaftstheorie besonders in Psychologie, Psychotherapie und Psychotherapieforschung.
    *
    Suchen in der IP-GIPT, z.B. mit Hilfe von "google": <suchbegriff> site: www.sgipt.org
    z.B. Wissenschaft site: www.sgipt.org. 
    *
    Dienstleistungs-Info.
    *

    Zitierung
    Sponsel, R.  (DAS). Begriff, Begriffsanalyse und Gebrauchsbeispiele in der Psychologie. Internet Publikation  für Allgemeine und Integrative Psychotherapie  IP-GIPT. Erlangen:  https://www.sgipt.org/wisms/sprache/BegrAna/BABegriff/BA_Psy.htm
    Copyright & Nutzungsrechte
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    Rechtschreibprüfung über den Rest und Bunge & Arila gelesen irs 14.10.22 / teil korrigiert: irs 26.10.18



    Änderungen Kleinere Änderungen werden nicht extra ausgewiesen; wird gelegentlich überarbeitet und ergänzt.
    01.11.23    Einfügung Rubrik Psychologische Begriffsforschung mit meiner Begriffsdefinition Sponsel 2023. * Lit begonnen (chrono, alphab)
    14.10.22    irs Rechtschreibprüfung und gelesen: Bunge & Ardila und Rechtschreibprüfung ab
    14.10.22    Bunge & Ardila.
    24.11.18    Korrektur gelesen bis ...
    01.11.18    Kritik Flammer
    29.10.18    "Begriff" = "Konzept" Piagets nach dem Glossar von Furth. Endnote zu den Indices bei Piaget Begriffen: PF.
    28.10.18    Neu Neisser.
    23.10.18     Wörterbücher signiert Clauss, Dorsch, Fröhlich, Hehlmann.
    16.10.18     Link zu Kaminski aktiviert.
    13.10.18     Erstmals ins Netz gestellt.
    19.09.18     als eigene Seite neu angelegt.
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     



    Materialien (intern)

    Aus dem Register Philosophische Studien I-XX:
    Bd-1: Begriffe I, 114 (Wundt Math.Induc), 367 ff. (Wundt, Lehre v. Willen),

    Bd-3: III, 173, 179 (Nedich Prädikatenlogik), Definition eines Bs. III, 337 f., Entwicklungsgeschichte eines Bs. III, 337 f. (Wundt Biol.Prob.), V, 403, VIII, 331,

    XIII, 322, XX, 154, 161, 167, 173, 193 ff., 323 ff.,
    B. bei Herbart I, 163 f.,
    B. bei Steinthal I, 176,
    abstr. B. I, 266 f.,

    logische und psychologische Entw. eines Bs. X, 6,
    Geschichte und Theorie der abstrakten Begriffe II, 161 ff.,
    kategoriale Verschiebung III, 171, 190,
    feste und scharf begrenzte Be. II, 246 ff.,
    Konstanz I, 143,
    Gefühlswirkung XII, 297 ff.,
    Begriffsgefühl XX, 327 f.,
    Be. als Größen III, 193,
    Be. als Namen (Hobbes) VI, 126,
    absolute Forderungen VII, 37,
    Bsbildung I, 25, 204 f., X, 119,
    Bsbildung bei Locke I, 285,
    Willkür der Bsbildung X, 2, Reformbedürftigkeit X, 5,
    Bskonstruktionen und reine Anschauung IX, 173,
    Bsdichtung XIII, 84 f., 87, 429,
    Bsformen II, 175,
    Bsentwicklung unabhängig von der Erfahrung V, 27,
    Bsqualität VII, 97,
    Bsschrift IX, 166,
    allgemeine Bssprache (Charakteristika universalis bei Leibniz) VIII, 311,
    Bsumfang XX,121,
    Bsvorstellung VII, 108 ff.,
    Be. und Anschauung I, 110, VII, 24 ff.
    B. und Denkgegenstand XVII, 79 ff.,
    B. und Empfindungsinhalt VII, 33,
    begrifflicher Charakter der physischen Kausalität X, 109 f.

    [Zusätzlich aufgefallen: Wundt, Wilhelm. 1883. Ueber die Methode der Minimaländerungen. Philosophische Studien 1: 556-572; leider nicht downloadbar: http://vlp.mpiwg-berlin.mpg.de/library/data/lit29430?]
        Hierzu aus Dorsch: "Psychophysische Methoden
    [engl. psychophysical methods], [BIO, DIA, WA], Psychophysik, 1860 von Fechner (Fechner, Gustav Theodor; Elemente der Psychophysik) zus.gestellte drei klassische Methoden, um das Verhältnis zw. (eindimensionalen) physikal. Reizgrößen und ihrer Eindrucksbeurteilung (Empfindung) zu messen. Dazu benutzte er Schwellenbestimmungsmethoden, die, verglichen mit den direkten Methoden (Skalierung, Psychophysik), indirekte Verfahren sind. Ferner beschrieb er wesentliche Fehlerquellen (Raum-, Zeitfehler).
        (1) Methode (= M.) der ebenmerklichen Unterschiede; Grenzverfahren, Methode der kleinsten wahrnehmbaren Unterschiede [engl. method of limits]. (a) Feststellung der (absoluten) Schwelle: Der physikal. Reiz (z.B. die Intensität eines Schalls) wird mehrmals in kleinen «unterschwelligen» Schritten von unhörbar bis hörbar gesteigert (aufsteigendes Verfahren) bzw. von hörbar bis unhörbar gemindert (absteigendes Verfahren). Die Vp gibt zu jedem Reiz ein Urteil ab, z.B. hörbar, nicht hörbar. Die errechneten Reizgrößen, die beim aufsteigenden und absteigenden Verfahren jew. in der Mitte liegen, werden gemittelt, und dieser Wert ist die Schwelle. Diese Methode wird hauptsächlich zur Bestimmung der unteren und oberen Schwelle, d.h. (Hör-)Grenze genutzt, und daher leitet sich der Name Grenzverfahren ab. (b) Zur Feststellung der ebenmerklichen Unterschiedsschwelle wird ein Vergleichsurteil erhoben. Ein Standardreiz wird vorgegeben. Die Vp soll vom Vl mehrmals auf- und absteigend vorgegebene Vergleichsreize danach beurteilen, ob sie größer, gleich oder kleiner sind als der Standardreiz. Die Vorgabe des Vergleichsreizes erfolgt im Regelfall nicht gleichzeitig mit der Vorgabe des jew. Standards. Es wird ein Unsicherheitsintervall berechnet als Differenz zw. dem Mittelwert der Reize, die in die Kategorienmitte zw. Größer- und Gleichurteile fallen, und dem Mittelwert der Reize, die in die Kategorienmitte zw. Kleiner- und Gleichurteile fallen. Die Hälfte dieses Unsicherheitsintervalles ergibt die ebenmerkliche Unterschiedsschwelle. Der Mittelpunkt des Unsicherheitsintervalles ist der Punkt subj. Gleichheit, dessen Größe üblicherweise nicht mit der des Standardreizes übereinstimmt. Die Differenz zw. Standardreiz und Punkt subj. Gleichheit wird als konstanter Fehler bez.  ... ...."

    Lange, Ludwig. 1886. Die geschichtliche Entwickelung des Bewegungsbegriffes und ihr voraussichtliches Endergebniss. Philosophische Studien 3: 337-419

    Lipps, Gottlieb Friedrich. 1893. Untersuchungen über die Grundlagen der Mathematik. Philosophische Studien 9: 151-175
     

    Vorstellung und Begriff
    Definition: "Untery vorstellen verstehen wir die sinnliche Präsentation einer aus dem Gedächtnis aufgerufenen Wahrnehmung im Bewußtsein. y vorstellen heißt sozusagen "wahrnehmen" ohne äußere Wahrnehmungsquelle mit dem Wissen, daß many vorstellt- und nicht y halluziniert odery pseudo-halluziniert (siehe). Die vertrauteste Vorstellung im Alltag ist die visuelle;y vorstellen heißt hier praktisch: "sehen" mit geschlossenen Augen. Es können aber alle sinnlichen und wahrnehmbaren Funktionen y vorgestellt werden:riechen, schmecken, hören, bewegen, Anspannung, Entspannung, Kälte, Wärme (Autogenes Training) ..."

    Bewusstseinsanalyse Vorstellung und Begriff zum Schlossgartenspaziergang
    Seit vielen Jahren mache ich meinen Mittagsspaziergang, gewöhnlich nach dem Essen, durch den Schlossgarten, so dass ich diesen Weg in-- und auswendig kenne. Ich kann also die einzelnen Stationen vor meinem geistigen Auge entstehen lassen, d.h. vorstellen, nicht fotographisch genau, also nicht eidetisch, aber ziemlich genau. Ich komme vom Osten von der Krankenhausstr. herein, bewege mich zur Mitte zum Reiterdenkmal, laufe dann am Brunnen vorbei und herum in Richtung Schloss (Univerwaltung), wende in einem großen Halbkreis, wobei rechts die Orangerie, liegt.
    Beschreibung der Vorstellungen : Ich "sehe", besser wahrnehme in der Vorstellung, den Weg, die Bänke, die Abfallkörbe, links und rechts (etwas weiter weg vom Weg, den ich gehe), die Sträucher und Bäume, die Wiesen, Blumenbete, zur Zeit noch Reste des Sturms Fabienne, den Hugenotten-Brunnen, das Schloss, die beiden Ausgänge zum Marktplatz, die Orangerie, das Reiterstandbild des Markgrafen, danach die Säule oder Stele (Schrebersäule); und meist auch einige Leute, die ebenfalls durch den Schlossgarten gehn. Auf dem Rückweg am Rückert-Brunnen vorbei, rechts
        Man muss nun unterscheiden zwischen den "reinen" Vorstellungen und der Beschreibung. Die Frage ist: repräsentieren die Vorstellungen schon Begriffe? Die Frage lässt sich auch für die Wahrnehmung beim Spaziergang stellen: repräsentieren die Wahrnehmungen schon Begriffe?
        Als das entscheidende Kriterium, ob Begriff oder nicht, werte ich das Erkennen und Identifizieren von Vorstellungs- oder Wahrnehmungsobjekten, durch Klassifizierung oder Benennung (Namen).
        Wie ist das, wenn Gegenden wahrgenommen werden, die man noch nicht kennt, in denen man sozusagen das erste Mal ist?

    Satz: Wohlunterscheidbare Objekte der Wahrnehmung oder Vorstellung sind beschreibar und bilden damit einen Begriff.