Internet Publikation für
Allgemeine und Integrative Psychotherapie
(ISSN 1430-6972)
IP-GIPT DAS=03.04.2002
Internet-Erstausgabe, letzte Änderung
01.05.14
Impressum:
Diplom-Psychologe Dr. phil. Rudolf Sponsel Stubenlohstr. 20
D-91052 Erlangen
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Anfang _Typentheorie_Überblick_Rel.
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Willkommen in unserer Abteilung Abstrakte Grundbegriffe aus
den Wissenschaften (Analogien, Modelle und Metaphern für die allgemeine
und integrative Psychologie und Psychotherapie sowie Grundkategorien zur
Denk- und Entwicklungspsychologie):
Typentheorie (Russell)
Ein Kreter sagt: Alle Kreter lügen
Lügt er nun oder sagt er die Wahrheit?
Einführung * Meine
Lösung
* Ein Literaturhinweis * Typentheorie
im Internet
von Rudolf Sponsel, Erlangen
Einführung.
Wenn
Sie sich mit der Frage beschäftigen, ob der Kreter nun lügt oder
die Wahrheit sagt, werden Sie schnell irritiert oder / und wütend
werden können, wenn Sie z.B. seelisch- geistig ähnlich strukturiert
sind wie der Schreiber dieser Zeilen. Zugleich werden Sie erkennen, was
die Typentheorie leistet, wenn Sie sich vergegenwärtigen, daß
das Lügnerproblem mit der Akzeptanz der Typentheorie verschwindet
oder gelöst wird.
Aus der Geschichte der logischen und mathematischen Grundlagenforschung
wird berichtet, daß um die Jahrhundertwende eine Reihe von logischen
Paradoxien aufgetreten sind, die mit der sog. "Grundlagenkrise
der Mathematik" im Zusammenhang stehen sollen. In der Tat soll einer
der wichtigen Begründer der modernen Logik,
Gottlob Frege, über der logischen Antinomie, die im Lügnerproblem
zum Ausdruck kommt, nach 4 Jahren vergeblicher Suche nach einer Lösung,
an der Vollendbarkeit seiner Logizismus Programm gezweifelt haben und darüber
recht verzweifelt gewesen sein. Bertrand Russell und Alfred Withehead lösten
das Problem schließlich, allerding tauchten später weitere tiefgreifende
Probleme in der Logik auf (Gödel'sche Unvollständigkeitssätze,
auf die wir aber hier nicht eingehen wollen). Die Lösung bestand in
der sog. "Typentheorie", die besagt, daß man in Widersprüche,
Paradoxien und Antinomien geraten kann, wenn man die Ebenen
der Aussagen vermischt. Was heißt das nun?
Ein Kreter sagt: Alle Kreter lügen
Betrachten wir diese Aussage genau, so können wir
feststellen, daß der Kreter nichts inhaltliches direkt sagt, sondern
über
die Aussagen von Kretern spricht. Wir können das Problem noch weiter
klärend vereinfachen zu der "Aussage":
Ich lüge
(1) Ist das eine Lüge, dann sage ich die Wahrheit,
also lüge ich also nicht. (2) Und ist es die Wahrheit, dann lüge
ich doch nicht. (1) und (2): Widerspruch!
Die grundlegende Idee der Typentheorie ist nun, zu unterscheiden
zwischen verschiedenen Aussageebenen, man sagt später in der Beweistheorie
und Meta-Logik, daß man zwischen Objektsprache und
Metasprache
unterscheiden müsse - sonst gerät man sozusagen in Teufels
Küche. Spricht man in einer Sprache, so können wir direkte
Ausdrücke in dieser Sprache an Objektsprache bezeichnen.
Nun kann man aber auch über Aussagen dieser Objektsprache
sprechen, dann sagt man, daß man in der Metasprache 1. Stufe über
die
Objektsprache spricht. Sage ich "Dieser Satz ist kurz", so spreche
ich nicht in der Sprache über die Welt, sondern
über
die Sprache mit der ich über die Welt spreche. Einigen wir darauf,
daß Sätze, die nicht mehr als fünf Worte haben, kurz
heißen sollen, dann ergibt sich aus dieser Einigung über dieser
Kurz-
Definition, daß die Aussage, "Dieser Satz ist kurz"
wahr
ist. Wahr ist ebenfalls ein - relationaler - metasprachlicher Ausdruck,
der eine Übereinstimmung zwischen zwei Modellen oder Welten
erkennt: der Welt aller als kurz definierten Sätze mit dem Satz "Dieser
Satz ist kurz". Das hört sich plausibel an, ist aber problematisch,
weil hier eine 2. Metaebene hineinkommt. "Dieser Satz ist kurz"
bezieht sich auf sich selbst, vermengt also seinerseits die 1. Metaebene
mit der 2. Metaebene. Die Aussage "Dieser Satz ist kurz" klingt
wie eine Aussage, ist aber in meiner Interpreation der Typentheorie keine,
weil zwei Ebenen vermischt werden.
Die Russell'sche typentheoretische Lösung des Alle-Kreter-Lügner-Problems
besteht darin folgende Relation zu verbieten (Brendel
S. 53):
Meine Lösung:
Scheinbarer objektsprachlicher Ausdruck mit metasprachlichem
Ausdruck unzulässig vermengt [18.8.3]
Die Aussagen Lügen oder die Wahrheit
sagen sind metasprachliche Ausdrücke. Bei genauer Betrachtung
der scheinbaren Aussage "Ich lüge" fällt auf, daß
hier und damit beim Lügnerproblem gar keine Aussage auf der objektsprachlichen
Ebene gemacht wird.
Eine einfache Lösung des Lügnerproblems ergibt
sich durch folgende "Formalisierung".
Besteht eine Elementar- Aussage aus wenigstens einem Gegenstand
und einem Merkmal, das diesem Gegenstand zu- oder abgesprochen werden
kann, so hat die einfachte Form einer Aussage folgende Gestalt:
G (M)
Lies: M kommt G zu. Analog: G (-M): M kommt G nicht zu.
Frage wir nun, ob die Elememtaraussage wahr oder falsch
ist, so kann dies formal so dargestellt werden:
{[G (M)] wahr} bzw.
{[G (M)] falsch }
oder
{S[(G (M))] sagt die Wahrheit}
bzw. {S[G (M)] lügt }
ausführlich:
S, der M von G aussagt, sagt die Wahrheit
bzw. S, der M von G aussagt, lügt.
Ich lüge ergäbe demnach formalisiert:
{S[]lügt} und hier sieht man nun, daß die eckigen Klammern,
in der die inhaltliche Aussage stehen müßte, leer ist. Ob S
lügt oder nicht, kann gar nicht entschieden werden, weil S in diesem
Ausdruck gar nichts sagt. Die Probleme ergeben sich also durch nachlässige
Sprache, durch Scheinaussagen, die, bei Lichte betrachtet, gar keine sind.
Und die Moral von der Geschicht?
Vermisch die Ebenen ja nicht
A. Es regnet.
B. Das kann nicht sein.
A. Warum nicht?
B. Weil du es so ekelhaft gesagt hast ;-)
Auflösung ;-)
Literatur (Auswahl)
Brendel,
Elke (1992). Die Wahrheit über den Lügner. Eine philosophisch-
logische Analyse der Antinomie des Lügners. Berlin: de Gruyter. Die
Monographie zum Lügnerproblem enthält einen Überblick, eine
Geschichte des Lügners und eine "Systematische Rekonstruktion einiger
moderner Lösungsansätze".
Viele weitere Literaturhinweise finden Sie unter den Internetadressen
und hier (Russell, z.B.1902,
1906, 1908,
1910)
Die Typentheorie
im Internet (Auswahl)
Aus Quelle Janich: https://www.uni-marburg.de/~janich/doc/willem_philosophie_der_mathematik.doc
Leseprobe: "25.04. Die Antinomien (1895-1902). Controversies that had
been smoldering before 1900 broke out into open fire when the paradoxes
and the consistency problem added fuel. (Morris Kline) Cantor entdeckte
seine erste bereits 1895; einen dringlichen Status erhielten sie erst
mit Russells lückenloser Deduktion einer von ihnen aus Freges fünftem
Grundgesetz der Arithmetik im Jahre 1902: die logisch-mathematischen
Antinomien. Es ist Ziel der Sitzung eine terminologische Unterscheidung
zwischen Paradoxien und Antinomien vorzunehmen, die ?Russellsche Antinomie?
herzuleiten, sowie die Frage zu beantworten, was Gründe für diese
Inkonsistenz sein können. Dafür werden wir auf die letzte Sitzung
zurückgreifen und die entscheidende Rolle des uneingeschränkten
Komprehensionsprinzips von Cantor untersuchen.
Textgrundlage: Christian Thiel: Antinomien und Paradoxien, in: ders.:
Philosophie und Mathematik, S.315-329*. Referatsliteratur: Christian
Thiel: Imprädikative Verfahren; in: ders.: Grundlagenkrise und Grundlagenstreit,
S.130-156*
Weiterführende Literatur: Bertrand Russell: The Contradiction,
in: ders.: The Principles of Mathematics (Chapter X); Adolf Fraenkel: Die
Antinomien der Mengenlehre, in: ders.: Einleitung in die Mengenlehre,
S.209-220 (§13); Bertrand Russell: Letter to Frege, in: Jean van Heijenoort:
From Frege to Gödel, S.124-125; Gottlob Frege: Letter to Russell,
in: Jean van Heijenoort: From Frege to Gödel, S.126-128; Hao Wang:
The concept of set, in: ders.: From Mathematics to Philosophy, S.181-223;
Wilhelm Essler/ Elke Brendel: Die ontologischen Antinomien, in: dies.:
Logik II, S.281-306; Joseph Warren Dauben: The Paradoxes and the Problems
of Post-Cantorian Set Theory, in: ders.: Georg Cantor, S.240-270; Fraenkel/
Bar-Hillel/ Levy: The Antinomies, in: dies.: Foundations of Set Theory,
S.1-14; Thoralf Skolem: Bemerkungen zum Komprehensionsaxiom, in: ders.:
Selected Works in Logic, S.615-631."
Aus Quelle Raggio Historisches Wörterbuch der Philosophie: https://dns.uncor.edu/info/raggio/03obra/logfm/logica/frege.htm
Leseprobe: "Die moderne Logik seit Frege (Originalmente publicado
en: Historisches Wörterbuch der Philosophie, tomo 5, pp. 378-383,
Schwabe & Co Ag Verlag, Basel-Stuttgart, Alemania.)
Die weitere Entwicklung der L. im 20. Jh. ist weitgehend als Reaktion
auf die von Russell entdeckte mangelnde Widerspruchsfreiheit von Freges
L. zu verstehen. Die Reaktion erfolgte in dreifacher Weise:
Erstens versuchte Russell,
den Widerspruch dadurch zu verhindern, daß er logische Typen einführte
8. In der traditionellen L. war die zugrunde liegende
und sinnstiftende grammatische Struktur der Sprache weitgehend unberücksichtigt
geblieben. Russells Typentheorie brach mit diesem Vorurteil. Leider läßt
seine philosophische Begründung der Typentheorie zwei Deutungen zu:
Manchen gilt sie als ad hoc erfundenes Mittel zur Vermeidung der Widersprüche,
manchen als eine einsichtige Konsequenz aus der kategorialen Struktur der
Sprache." Mit Literaturverzeichnis.
Aus: https://www.tu-harburg.de/rzt/rzt/it/sofie/node42.html
Leseprobe: "Das zweite bedeutende Werkzeug im logischen Baukasten Russells
ist seine Typentheorie. Ausgehend von den Axiomen und Definitionen der
Prädikatenlogik leitet er darin die Peano-Axiome ab, ohne die Widersprüche
der Cantor'schen Mengenlehre zu erhalten. In der Typentheorie geht Russell
von dem Prinzip aus, daß ein Ausdruck, der sich auf alle Gegenstände
eines Typs bezieht, wenn er etwas bedeutet, etwas bedeuten muß, das
höheren Typs ist als die Gegenstände, auf die er sich bezieht.
Wo man sich auf alle Gegenstände eines Typs bezieht, gibt es eine
gebundene Variable, die zu diesem Typ gehört. Daher ist ein Ausdruck,
der eine gebundene Variable enthält, höheren Typs als die Variable
selbst. Das ist das grundlegende Prinzip der Typentheorie. Mit diesem Prinzip
läßt sich in der Typenlogik für jeden Typ die Widerspruchsfreiheit
erreichen. Die Allmenge ist von anderem Typ als eine Menge. Der Allsatz:
alle Kreter lügen ist von anderem Typ als der singuläre Satz:
Epimenides lügt."
Was in der Wissenschaft zu trennen versucht wird,
geht in der Umgangssprache munter durcheinander. Um sich nicht in Sprachfallen
zu verfangen, ist es auch im alltäglichen Umgang wichtig, in Analogie
zu den logischen Typen Sprachebenen zu unterscheiden. Normalerweise wird
in der Umgangssprache über die Dinge in der Welt gesprochen. Dann
handelt es sich um Objektsprache. Wird nicht über Objekte, sondern
über die Sprache gesprochen, redet man in der Metasprache. In ihr
werden Worte nicht gebraucht, sondern erwähnt. Ein Beispielsatz: Hamburg
hat sieben Buchstaben und liegt an der Elbe. Im vorigen Satz wird Hamburg
zuerst erwähnt, dann gebraucht. Epimenides sagt metasprachlich, daß
er objektsprachlich lüge. Damit widerspricht er sich nicht mehr. Die
Hierarchie der Metasprachen ist unbegrenzt. Es ist wichtig, sich nicht
in ihr zu verirren. Was ist z.B. von der Mutter zu halten, die ihrem Kind
vorwirft: Sei doch mal spontan!"
Kai Petersen: "Eine Menge stelle ich mir vor wie einen Abgrund"
Die Grundlagenkrise der Mathematik
https://www.mathematik.uni-kl.de/~wwwfktn/homepage/swr2text.htm
Einführung in die referentielle Semantik. Hausaufgabe 7: https://janus.cl.uni-heidelberg.de/kurs/ss01/refer/aufg-7.mhtml
Leseprobe: "Die Logiker haben Probleme! Siehe den unten abgedruckten
Artikel. Haben Sie eine Lösung für den Satz "Der
Barbier ist derjenige, der alle diejenigen rasiert, die sich nicht selbst
rasieren" ?
21.Juni 2001 DIE ZEIT Nr. 26
Brilliantes Versagen
Vor hundert Jahren stieß Bertrand Russell auf ein Paradoxon.
Es irritiert die Mathematiker und Philosophenm bis heute. VON ANNETTE LESSMÖLLEMANN
Verstehen‘ verstehen. Über Analyse und Hermeneutik: https://www.lrz-muenchen.de/~vossenkuhl/index1.html
Leseprobe: "3.2 Analytisches Verstehen
Die Therapie, die Russell nach der Diagnose seiner Paradoxie erfand,
ist seine Typentheorie. Sie geht von der Frage aus, wie wir Aussagefunktionen
auffassen, wie wir sie verstehen und welche Bedeutung sie haben können.
Nicht von ungefähr stellt auch Wittgenstein später die Frage,
wie wir Funktionen, Sätze, Begriffe, Wörter, Gleichungen und
Regeln auffassen und verstehen können. Russell widmet sich der Frage,
wie wir Aussagefunktionen verstehen, ganz unvoreingenommen. Er geht nicht
von formalistischen Voraussetzungen aus. Deswegen kann er ein breites Spektrum
von logischen und erkenntnistheoretischen Interessen mit Aspekten der Philosophie
des Geistes verbinden. Wie vereint er diese Interessen und Aspekte? Indem
er frägt, wie wir Aussagefunktionen auffassen, welche logische Form
sie haben und was wir mit ihnen erkennen.
Russell hat zwei starke theoretische Motive für diese Fragen,
zum einen die Vermeidung von Paradoxien, nicht nur seiner eigenen, zum
andern die notorische Vieldeutigkeit von Aussagefunktionen. Vor allem das
erste dieser beiden Motive interessiert uns hier. Alle Paradoxien kommen
durch vitiöse Zirkel zustande. Mit ‘w ist ein w ‘ haben wir schon
der Form nach eine Aussage kennengelernt, die einen vitiösen Zirkel
und dann ein Paradox bildet.
Eine kurze Einführung in die Philosophie der Mathematik > siehe
bitte auch hier.
https://www.ifi.unizh.ch/groups/ailab/teaching/NAISemi01/Presentations/
Philosophie_Mathematik.htm
Bertrand Russell
https://www.tu-harburg.de/rzt/rzt/it/sofie/node41.html
Leseprobe: "Nach dem Studium der Mathematik und Philosophie in Cambridge
begann er ab 1894 am Trinity College mit der Arbeit an einer logischen
Begründung der Mathematik. Beflügelt durch die Erfolge Peanos
und Hilberts bei der Axiomatisierung der Arithmetik und Geometrie machte
er sich mit Whitehead daran, die Grundlagen der gesamten Mathematik nach
logischen Prinzipien herzuleiten. Allein aus logischen Prinzipien sollten
die mathematischen Wahrheiten gefolgert werden können! Diesem Projekt
widmete er sich in den ersten zehn Jahren dieses Jahrhunderts. Einen Entwurf
seines Projekts veröffentlichte er 1903 in den Prinzipien der Mathematik.
Den Zusammenhang zwischen Sprache und Existenz untersuchte er 1905 in seiner
Theorie der Beschreibung. Nicht viel später gelang ihm mit seiner
Typentheorie die Lösung des Lügnerparadoxons und vieler weiterer
Paradoxien der Sprache. Den Abschluß seiner logischen Forschungen
bildeten die drei Bände der Principia Mathematica, die zwischen 1910
und 1913 erschienen. Nach dieser Zeit intellektueller Berauschtheit brachte
der 1914 beginnende 1. Weltkrieg seinem Leben einen tiefen Einschnitt."
Viele weitere Arbeiten können Sie über die Internetsuchmaschinen
finden.
Glossar,
Anmerkungen und Endnoten: > Eigener
wissenschaftlicher Standort.
GIPT= General and Integrative
Psychotherapy,
internationale
Bezeichnung für Allgemeine und Integrative Psychotherapie.
__
Die Menge aller Mengen
Man kommt mit Mengen schnell in Teufels Küche, wenn man den Unterschied
zwischen Alle und Jeder, Teil
und Ganzes oder eben den Unterschied zwischen Objektebene
und Metaebene, die Typentheorie nicht streng beachtet.
Ein weiterer Fallstrick besteht im falschen, zirkulären
Definieren
("impredikative
Definitionen"), d.h. solche, wo das Definiendum (das zu Definierende,
gewöhnlich links) im Definiens (womit definiert wird, gewöhnlich
rechts) enthalten ist, formal X def= X, X1...Xn.
Und grundsätzlich muss eingewendet werden,
dass man Aufzählungen ohne Anfang oder oder Ende nicht zu einem Ganzen
oder zu einer Ganzheit zusammenfassen sollte, weil das zu in sich selbst
widersprüchlichen Konstruktionen führt (unvollendetes Vollendetes,
fertiges Unfertiges), d.h. z.B. die Menge aller natürlichen Zahlen
kann es als Ganzes nicht geben.
Anmerkung: Ich sehe übrigens nicht, wie sich
das Problem der "Menge aller Mengen" aus Cantors klassischer Definition
ergeben soll: "Unter einer „Menge“ verstehen wir jede Zusammenfassung M
von bestimmten wohlunterschiedenen Objekten m unserer Anschauung oder unseres
Denkens (welche die „Elemente“ von M genannt werden) zu einem Ganzen.".
Diese Definition ist ziemlich gut, wenngleich einige darin vorkommende
Begriffe noch weiter präzisiert werden sollten, etwa das wichtige
Kriterium "Wohlunterscheidbarkeit"; wie etwa will man jede
reelle Zahl von jeder anderen reellen Zahl unterscheiden
können, wenn einige gar kein Ende haben?
__
Russell, Bertrand (1952) Einführung
in die mathematische Philosophie. Darmstadt: Holle.
In der Einführung in die mathematische Philosophie führt
Russel S. 152f aus: "Nun gehört die Theorie der Typen keineswegs zu
den abgeschlossenen und gesicherten Teilen unseres Gegenstandes. Ein großer
Teil der Theorie ist noch heute chaotisch, verworren und dunkel. Aber die
Notwendigkeit irgend einer Typenlehre ist weniger zweifelhaft als die genaue
Form, die sie anzunehmen hat. Im Zusammenhang mit dem Unendlichkeitsaxiom
sieht man die Notwendigkeit einer solchen Theorie besonders leicht ein.
Diese Notwendigkeit ergibt sich z. B. aus dem „Widerspruch
der größten Kardinalzahl". Wir sahen im achten Kapitel, daß
die Zahl der Mengen, die in einer gegebenen Menge enthalten sind, stets
größer ist als die Zahl der Elemente dieser Menge selbst. Hieraus
schlossen wir, daß es keine größte Kardinalzahl gibt.
Aber wenn wir, wie eben vorgeschlagen, die Individuen, die Mengen von Individuen,
die Mengen von Mengen von Individuen usw. zusammenwerfen, so bekommen wir
eine Menge, die ihre eigenen Teilmengen als Elemente enthält. Die
Menge aller zählbaren Objekte, gleichgültig welcher Art, muß,
wenn sie existiert, die größtmögliche Kardinalzahl besitzen.
Da alle ihre Teilmengen Elemente von ihr sind, so kann es nicht mehr Teilmengen
als Elemente geben. Hier kommen wir also auf einen Widerspruch.
Als ich im Jahre 1901 zum erstenmal auf diesen Widerspruch
stieß, versuchte ich irgend einen Fehler in Cantors Beweis zu entdecken,
wonach es keine größte Kardinalzahl gibt. Er ist im achten Kapitel
wiedergegeben. Als ich diesen Beweis auf die angenommene Menge aller denkbaren
Objekte anwandte, kam ich auf folgenden neuen und einfacheren Widerspruch.
Die betrachtete Menge, die alles
umfassen soll, muß sich selbst als Element enthalten. Mit anderen
Worten: wenn es so etwas wie „alles" gibt, so ist „alles" etwas Bestimmtes
und ist ein Element der Menge „alles". Aber normalerweise ist eine Menge
nicht ein Element ihrer selbst. Die Menschheit z. B. ist kein Mensch. Bilden
wir die Vereinigung aller Mengen, die nicht Elemente ihrer selbst sind,
so ist dies eine Menge. Ist sie nun ein Element ihrer selbst oder nicht?
Gilt dies, so ist sie eine der Mengen, die nicht Elemente ihrer selbst
sind, d. h. sie ist nicht ein Element ihrer selbst- Ist sie es nicht, so
ist sie nicht eine der Mengen, die nicht Elemente ihrer selbst sind, d.
h. sie ist ein Element ihrer selbst. Also enthält sowohl die Hypothese,
daß sie ein Element ihrer selbst ist, wie daß sie es nicht
ist, ihr Gegenteil. Dies ist ein Widerspruch.
Ähnliche Widersprüche kann man ohne weiteres
je nach Wunsch aufstellen. Die Auflösung dieser Widersprüche
mit Hilfe der Typenlehre ist vollständig in den Principia Mathematica
auseinandergesetzt FN01. Etwas kürzer in Artikeln
des Verfassers im „American Journal of Mathematics" FN02)
und in der „Revue de Metaphysique et Morale" FN03).
Für den Augenblick muß ein Umriß der Lösung genügen."
FN01 Bd.
I, Einführung Kap. 2, Satz 12 und 20; Bd. II
FN02 Begründung der mathematischen Logik durch
die Theorie der Typen, Bd. 30, 1908,
S. 222—262
FN03 Die Paradoxien der Logik 1906,
S. 627—650.
Da sich die Adressen (URLs) im Internet häufig ändern
oder verschwinden, wurden die Linkangaben nicht mehr mit der Adresse unterlegt,
um nicht ständig Fehlermeldungen 404 zu erhalten. Die angegebenen
Adressen besagen: da habe ich die Texte seinerzeit gefunden.
"Auflösung"
A. So ein Unsinn. Was hat denn meine Aussage mit der Art und Weise,
wie es bei Dir ankommt, zu tun?
B. Sehr viel. Deinem Ton nach hatte ich nicht Regen, sondern ein Unwetter
erwartet.
Das nennt man Nicht-Vestehen-Wollen, Aneinandervorbeireden oder Sophistik.
__
Russell
teilt die Entdeckung der Antinomie Frege in einem Brief vom 16.6.1902 mit
[Brendel S. 46].
Querverweise
Standort: Typentheorie.
*
*
*
Dienstleistungs-Info.
*
Zitierung
Sponsel, Rudolf (DAS).
Typentheorie
(Russell 1903) und die Lösung des Lügnerproblems.
Abstrakte Grundbegriffe aus den Wissenschaften:
Analogien, Modelle
und Metaphern für die allgemeine und integrative Psychologie und Psychotherapie
sowie Grundkategorien zur Denk- und Entwicklungspsychologie.Internet
Publikation
- General and Integrative
Psychotherapy
IP-GIPT. Erlangen: https://www.sgipt.org/wisms/gb/typenth.htm
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Mitteilung. Soweit es um (längere) Zitate aus ... geht,
sind die Rechte bei/m ... zu erkunden oder eine Erlaubnis einzuholen.
Ende
Typentheorie_Überblick_Rel.
Aktuelles _Rel.
Beständiges Titelblatt_
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Mail: sekretariat@sgipt.org__Wichtiger
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Änderungen
30.04.14 Zitat Russell
zur Typentheorie, Die Menge aller
Mengen, Unterlegte Linkadressen entfernt, um Fehlemeldung 404 zu reduzieren.
Jahreszahl 1902 entfernt [Danke an NT] und "Russell" verlinkt.
18.08.03 Beim
Lesen im Tractatus von Wittgenstein fand ich heute folgende Stelle 3.332:
"Kein Satz kann etwas über sich selbst aussagen, weil das Satzzeichen
nicht in sich selbst enthalten sein kann (das ist die ganze 'Theory of
types')". Das scheint mir die gleiche Argumentation zu sein.