Erleben und Erlebnis bei Karl Bühler (1879-1963)
Originalrecherche von Rudolf Sponsel, Erlangen
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Inhaltsübersicht
Gesamtzusammenfassung Karl Bühler
1903, 1904, 1907, 1908(2), 1913, 1918, 1922, 1926, 1927, 1933, 1934
Es wurden 12 Arbeiten ( 1 Dissertation, 4 Denken, 1 Gestaltwahrnehmungen,
1 Geistige Entwicklung Kindheit, 1 Farben, 2 Krise, 1 Ausdruckstheorie,
1 Sprachtheorie) Bühlers in der Zeit von 1903-1934, also 32 Jahre,
mit der Methode der Textanalyse nach erleben, erlebt, Erlebnis durchsucht,
gesichtet, ausgezählt und interpretiert, teilweise vollständig.
Nirgendwo definiert oder erläutert Bühler näher, was man
nach der Grundregel für wichtigere Begriff (Regeln
Grundbegriffe) erwarten darf, was er unter erleben oder Erlebnis versteht,
auch nicht durch Fußnote, Anmerkung, Querverweise oder Literaturhinweis,
obwohl er quasi implizit eine Erlebnispsychologie anwendet, die er aber
nicht systematisch aufbaut und darlegt. Aus dem Kontext der Fundstellen
lässt sich jedoch schließen, dass erleben all das ist, was sich
im Bewusstsein ereignet und dort innerlich wahrgenommen wird Viele
seiner Ansätze und Ideen (1904: "Was erleben wir, wenn wir denken?"
wird man aber für eine Erlebens- und Erlebnispsychologie nutzen können.
Definieren war und ist die große Schwachstelle der PsychologInnen,
der Klassiker wie auch auch der modernen.
Dissertation-1903
Bühler, Karl (1903) Beiträge zur Lehre von der Umstimmung
des Sehorgans. Inaugural-Dissertation zur Erlangung der medizinischen Doktowürde.
Med. Fak. Albert Ludwigs Universität. Freiburg.
Keine Fundstellen erleben, erlebt, Erlebnis.
Komplizierte-Denkvorgänge-B1904:
Denkerleben1904: Was erleben wir, wenn
wir denken?
Bühler, Karl (1904) Eine Analyse komplizierter Denkvorgänge.
In (263-266) 1904 BERICHT über den I. Kongreß für experimentelle
Psychologie in Würzburg vom 18. bis 21. April 1904. Leipzig: Barth
(1907).
Z-Fazit-B1904: Die dreieinhalb-Seiten
Arbeit beginnt mit der verheißungsvollen Frage: "Was erleben wir,
wenn wir denken?", die Bühler allerdings nicht beantwortet. Er
gebraucht erleben 1x, erlebt 1x, Erlebnis 8x davon Denkerlebnis 4x, aber
Bühler erklärt nicht, was er unter Erleben oder denken erleben
versteht, auch nicht durch Querverweis, Anmerkung, Fußnote oder Literaturhinweis.
Bühler1906 hat den Erlebensbegriff grundlegend nicht verstanden.
Z1-Bestandstücke Denkerlebnis,
S. 264: "...: Welches sind die Bestandstücke der beschriebenen
Denkerlebnisse?
Antwort: Vorstellungen [I13]
aller Art, aller Sinnnesgebiete, Sach- und Wortvorstellungen, aber außer
ihnen viel häufiger, reicher und mannigfaltiger andere Gebilde, die
am häufigsten als Gedanken [I07]
oder in Anlehnung an Marbe und Ach als Bewußtseinslagen
oder Bewußtheiten, auch als Wissen oder Überzeugung bezeichnet
wurden"
_
Alle 10 Fundstellen
"erleb" in Bühler1904
263f: Was erleben wir, wenn wir denken
"Was 1erleben wir, wenn
wir denken? Das ist offenbar die nächstliegende und allgemeinster,
freilich darum auch inhaltärmste Enge, die sich eine psychologische
Untersuchung der Denkvorgänge stellen kann. Sie weist unmittelbar
auf eine einfache Analyse unserer 2Denkerlebnisse
hin. Der Vortragende hat sich als ersten Teil einer umfangreicheren Untersuchung
eine solche Analyse als Ziel gesetzt und hier eine Skizze seiner Resultate
zu bieten versucht Als Material seiner Aufstellungen dienten ihm Analysen,
die ihm geübte Psychologen von ihren eigenen 3Denkerlebnissen
geboten hatten. Es ist die seit langer Zeit schon im Wüzburger psychologischen
Institut geübte Methode der Selbstbeobachtung an experimentell
erzeugten 4Erlebnissen,
die er sich für seine Zwecke ausgebaut hat Weil er zu der Überzeugung
gekommen war, daß man geübten Denkern keine Kinderaufgaben geben
darf, wenn man ein wirkiches Denken erhalten will, und daß die kompliztierteren
Denkvorgänge einer Analyee leichter zugänglich sind als die ganz
einfachen, hat er seinen Versuchspessonen schwierigere Denksaufgaben vorgelegt·
Er fragte sie z. B.: verstehen Sie? oder: ist es richtig? und las ihnen
dann einen Aphorismus vor; nach der Antwort ja oder nein ließ er
sich unmittelbar zu Protokoll geben, was sie über ihre 5Erlebnisse
von der Auffassung des 6Erlebten
bis zu dem ja oder nein angeben konnten. Eine mannigfattige Variation der
Denkaufgaben war naheliegend und einfach durchzuführen. [>264]
Eine Orientieungg in der bunten Mannigfattigkeit
dieser Protokolle wird zunächst zu der ohne Kommentar verständlichen
Frage führen: Welches sind die Bestandstücke der beschriebenen
7Denkerlebnisse?
Antwort: Vorstellungen aller Art, aller Sinnnesgebiete, Sach- und Wortvosstellungen,
aber außer ihnen viel häufiger, reicher und mannigfaltiger andere
Gebilde, die am häufigsten als Gedanken oder in Anlehnung an Marbe
und Ach als Bewußtseinslagen oder Bewußtheiten, auch
als Wissen oder Überzeugung bezeichnet wurden. Es zeigt sich daß
man Vorstellungen und Gedanken im allgemeinen ganz sicher auseinander zu
halten vermag. Nun fragt es sich was beide für unser Denken leisten.
Der Vortragende kommt zu der Behauptung: Vorstellungen sind keine notwendigen
Bestandstücke unserer 8Denkerlebnisse
(Vorstellungen stets in dem Sinn der Versuchspersonen als sinnliche Vorstellungen
gefaßt), und gründet diese Behauptung indirekt auf die Tatsache
der handgreiflchen Inadäquatheit zwischen dem Gedankengehalt und dem
was vorgestellt wird, und direkt auf die Tatsache des absolut vorstellungslosen,
rein unanschaulichen Denkens, d. h. eines Denkens in 9Erlebnissen
die sich in keinem Teile durch die Bestimmtheiten sinnlicher Qualitäten
oder Ingnsltäten charakteriseeren lassen, insbesondere auch keine
Spur irgend einer Wortvorstellung enthalten. Die Vorstellungen können
also keine wesentliche Bedeutung für unser Denken haben, sondern dürfen
nur als Stützen, Hilfen, Fixierungspunkte der Gedanken angesehen werden.
Die eigentlichen Bestandstücke des Denkens sind nur die Gedanken.
Nun erhebt sich natürlich gebieterisch die Frage:
was sind denn diese Gedanken? Man wird, besonders wenn man an eine genetische
Betrachtungsweiee der psychischen Gebilde gewöhnt ist, zunächst
an eine Art verdichteter oder sublimierter Vorstellungen denken. Oder man
wird geneigt sein, das aus anderen Tatsache erschlossene unbewußt
Psychische auch hier zu verwerten und zur Erklärung des unanschaulichen
Denkens etwa „erregte Dispositionen“ zu Vorstellungen oder „aufgeschlossne
Assoziationsbahnen“, Vorstellungsrmöglichkeiten oder die „Gewißheit
der Vorstellungsmöglichkeiten oder wie sonst die Formulierungen desselben
Gedankens lauten mögen, heranzuziehen.
Beide Erklärunrvgrssuhge glaubt der Vortragende als
unzureichend ablehnen zu müssen. Die Annahme der „erregten Dispositionen“
ist gewiß gut begründet und die Versuche, auf die sich seine
Ausführungen stützen, bieten selbst ein reiches Material zu [>265]
ihrer weiteren Ausgestaltung. Aber diese Dispositionen sind eben als Unbewußtes
nicht das Bewußte des Gedankens und wenn wir auf sie allein angewiesen
wären, ständen wir im Falle des auch wortlosen Gedankens vor
der Gleichung: der bewußte, klare und deutliche Gedanke == einer
Summe von unbewußten Dispositionen, oder etwas psychisch Wirkliches
== einer Summe von psychischen Möglichkeiten. Auch gegen die Verdichtuggsannahme
lassen sich aus der einfachen Analyse unserer 10Denkerlebnisse
gewichtige Bedenken gewinnen: die realen Bestimmthetten des Gedankens fallen
in keiner Weise zusammen mit denen der sinnlichen VorsteHungen. Ein Gedanke
kann nicht charaktertetert werden durch Qualität, Intensität
u. s. w. wie die Vorstellungen, auch wenn er noch so klar und deutlich
in uns gegenwärtig ist und gerade dann am wenigsten, und ob eine noch
so gründtiche „psychische Chemie“ diese Eigenschaftskluft wird überbrücken
können, dürfte doch zum mindesten recht fraglich sein.
..."
Ende Bühler 1904
Denkvorgänge
Die Arbeit über die Denkvorgänge besteht aus drei Teilen
und wurde 1907-1908ab im Archiv für die gesamte Psychologie veröffentlicht.
Denkvorgänge I Über
Gedanken
Bühler, Karl (1907) Tatsachen und Probleme zu einer Psychologie
der Denkvorgänge I. Über Gedanken. Archiv für die gesamte
Psychologie, 9, 297-365.
Fazit: Bühler definiert, erklärt, erörtert die Begriffe erleben und Erlebnis nicht, auch nicht durch Querverweis, Anmerkung, Fußnote oder Literaturhinweis. Ich ziehe daraus den Schluss, dass Bühler erleben und Erlebnis für allgemeinverständliche und nicht weiter erläuterungsbedürftige Grundbegriffe erachtet. Aber die Arbeit bringt viele konkrete und dokumentierte Beispiele für Denkerlebnisse, die von bleibendem denkpsychologischen und historischen Wert sind.
Inhaltsverzeichnis-1907
"§ 2. Die Bestandstücke unserer Denkerlebnisse. 314"
Kein Sachregister.
Fundstellen: erleb 178, erleben 22, erlebt 22, Erlebnis... 134
Schauen wir uns die Fundstellen "erleben" an, regen 4 und 5 zu einer
näheren Betrachtung an:
Fundstelle (4), S. 29 gibt nichts her - außer, dass erleben
nicht definiert, erklärt, erörtert oder sonstwie näher ausgeführt
wird, auch nicht durch Querverweis, Anmerkung, Fußnote oder Literaturhinweis,
so dass bis herher angenommen werden muss, dass Bühler erleben für
allgemeinverständlich und nicht weiter erklärungsbedürftig
hält.
D. A13. – Ja (3''). – (Keine Suppe ist teurer, als die man umsonst ißt.)
– »Erst verstand ich den Sinn des
Satzes, dann hatte ich einen Gedanken, der allgemeiner war und den
ich ungefähr so wiedergeben kann: es gibt
scheinbare Vorteile, die durch größere Nachteile aufgewogen
werden. Daran sofort ein Wiederkommen des
vorhin Gehabten, ein Ähnlichkeitsbewußtsein, etwa wie wenn
ich sagen würde: so ähnlich war der Gedanke [46]
vorhin da (aber ganz ohne Worte). Beim Aussprechen kommt mir der Satz
fremder vor, als ich erst vermeint
hatte. – [ Wie erfolgte von dem Wiedererkennen aus der Abstieg?]: »Erst
wußt' ich, daß es vorhin konkreter war,
dann kamen mir die Begriffe 'Suppe' und 'teuer' (mit den Worten) und
dann sprach ich das Ganze aus.«
Was finden wir da? Die Vp. beschäftigt sich
mit dem vorgelegten Gedanken, sucht ihn zu
verstehen. Da »fällt« ihr, wie sie ein Moment des
Gedankens näher ins Auge faßt oder sich den
tiefer liegenden Sinn des Satzes in einem allgemeineren Gedanken zum
Bewußtsein bringt, etwas
von einem früheren Gedanken »ein«. Sie wendet sich
diesem früheren zu, sucht sich ihn zu
ergänzen, und die Worte, die ihn ausdrückten, wiederzugeben.
Es sind drei Dinge, die uns an diesem
Vorgang interessieren. Wann, d. i. im A n s c h l u ß a
n w e l c h e s g e g e n w ä r t i g e
E r l e b n i s s t ü c k
f ä l l t d a s F r ü h e r e e i n o
d e r t r i t t j e n e B e z i e h u n g a u f
d a s F r ü h e r e
e i n? W a s i s t d i e s e B e z i e h u
n g a u f d a s F r ü h e r e o d e r
v o r h e r, w a s e r l e b t
d i e Vp.
i n i h r? U n d w i e w e i t u n d
w i e g e l i n g t e s i h r a n z u g e b e n,
w i e d i e s e s F r ü h e r e
l a u t e t e? Im Mittelpunkt steht natürlich die Beziehung selbst
(wir wählen absichtlich diesen
unbestimmten Terminus, um nichts mit dem Worte zu präsumieren).
In oder mit ihr gewinnt ja
offenbar das Frühere einen bestimmenden Einfluß auf das
gegenwärtige Erleben. Wir könnten
sie,
insofern sie auch selbst erlebt wird, als Rückbeziehung bezeichnen
und müßten dann noch einen
Terminus für den realen Einfluß des Früheren auf das
gegenwärtige
Erleben als solchen prägen. Zur
Vermeidung solcher neuen Ausdrücke für bekannte Dinge wollen
wir indes lieber das Wort
Erinnerung vorerst in etwas weitem und unbestimmteren Sinne als pars
pro toto gebrauchen. Die [>35]
nähere Bestimmung wird sich später von selbst ergeben. An
was sich die Beziehung anschließt, das
ist das Ausgangserlebnis der Erinnerung
oder das Ausgangsmoment und in Hinsicht auf die
Beziehung, die in der Erinnerung liegt und die ja zwischen zwei Gliedern
stattfindet, das
Ausgangsglied der Erinnerung (gegenüber dem Zielglied), vom Standpunkt
einer dynamischen
Analyse aus könnte es als Erinnerungsmotiv bezeichnet werden.
Was sich an dies primäre
Erinnerungserlebnis anschließt,
ist vielerlei und läßt sich nicht leicht unter einen einzigen
Begriff
bringen. Es steht wohl unter einem einzigen Gesichtspunkt, es kann
nämlich als Hilfsmittel oder als
Weg zu der Wiedergabe des früheren Satzes be-[47]trachtet werden,
aber das charakterisiert ja die
Erlebnisse nicht als psychische
Inhalte. In Beziehung auf das primäre Erinnerungserlebnis
könnte
man von einer Ausgestaltung der Erinnerung sprechen. Nehmen wir, um
nur ein Wort zu
haben, einmal diesen Ausdruck für den ganzen dritten Komplex von
Vorgängen."
Fundstelle (5) 34 beschreibt zwar ein konkretes Denkerlebnis und
erfasst es in einem Denkerlebnisprotokoll, aber erleben wird auch hier
nicht definiert, erklärt oder erörtert, auch nicht durch Querverweis,
Anmerkung, Fußnote oder Literaturhinweis, so dass bis hierher angenommen
werden muss, dass Bühler erleben für allgemeinverständlich
und nicht weiter erklärungsbedürftig hält.
Bühler 1907 Denkvorgänge I Sämtliche Fundstellen erleben, erlebt, Erlebnis im Kontext
Denkvorgänge II Über
Gedankenzusammenhänge
Bühler, K. (1908). Tatsachen und Probleme zu einer Psychologie
der Denkvorgänge II: Über Gedankenzusammenhänge. Archiv
für die gesamte Psychologie 12, pp. 1-23.
Zusammenfassung-Denkvorgänge-II-Über
Gedankenzusammenhänge
Erleben und Erlebnis werden in dieser Arbeit gebraucht, aber nicht
näher definiert oder erläutert. Bühler hebt, S.9, wie
Lipps
1905 den Unterschied
zwischen Erlebnis und Gegenstand (erlebeng)
hervor. Allerdings zitiert er Lipps 1905 nicht.
Fundstellen: Ti-, -IV, -SR, T: e=4, E=24. Erleben 1, erlebt 3,
Erlebnis 24.
Inhaltsverzeichnis-Denkvorgänge-II
II. Über Gedankenzusammenhänge 6
_
Zusammenfassung-Denkvorgänge
III Über Gedankenerinnerung: erleben, erlebt und Erlebnis
werden zusammen 143x gebraucht, aber nicht definiert oder näher erklärt.
Auch nicht das Ausgangserlebnis der Erinnerung (S.48). Das sollte natürlicherweise
sein: ich erinnere. Aber das sagt Bühler nicht. Fundstellen: Ti-,
IV+, -SR, T: e=40, E=103. Erleben 21, erlebt 19, Erlebnis 103.
Inhaltsverzeichnis-Denkvorgänge III Über Gedankenerinnerung
Gsperrt bei Bühler hier fett.
S.48: "1) Das Ausgangserlebnis der Erinnerung.
Wir halten uns jetzt an die chronologische Ordnung und fragen
zunächst: Was kann als Ausgangsglied einer Erinnerung fungieren?
Darauf läßt sieh eine summarische Antwort geben: nicht
nur
Gedanken und Vorstellungen sondern auch Gefühle,
nicht nur ganze Gedanken sondern auch Gedankenteile,
Gedankenmomente. Wir wollen den Einzelnachweis zugleich mit
der Antwort auf eine zweite Frage zu geben versuchen. Welche
Stelle nimmt das Ausgangserlebnis in dem gegenwärtigen
[>49]
Gedankenverlauf ein? Der Gedankenprozeß, zu dem das Ausgangsglied
gehört, ist in unseren Versucben ein Verstehen. Nun
ist das wesentlichste Stück dieses Prozesses, das Beziehungserlebnis,
zeitlich scharf lokalisierbar, es tritt ja, wie wir gesehen
haben, häufig mit einem inneren Elan, einem »aha «
ein. Daher
ist es für die Vp. leicht, sich nach diesem markanten Punkt ihres
Erlebens zu orientieren. Wir erhalten in unseren Protokollen stets
genaue Auskunft darüber, ob das Ausgangsglied einer Rückbeziehung
zeitlich vor oder hinter jenem »aha« lag. Auch die Angaben
über
die funktionelle Bedeutung des Ausgangsgliedes für den gegenwärtigen
Prozeß richten sich ganz nach dem spezifischen Beziehungserlebnis
des Verstehens. Das wollen wir nun im einzelnen zeigen.
Das Verstehen eines gebotenen Gedankens ist vollstlländig
abgeschlossen, man denkt den Gedanken nun weiter oder
schaut auf das Erlebte zurück, und dabei erst wird irgendein
Inhalt zum Ausgangsglied einer Rückbeziehung. Oder die Rückbeziehung
schließt sich sofort an das Hören des Satzes oder eines
einzelnen Wortes in ihm an, sie tritt also ein vor jedem Verstehen
des in dem Satze enthaltenen Gedankens. Zwischen diesen
extremen Fällen erscheinen alle Möglichkeiten verwirklicht,
die
man sieh von vomherein konstruieren kann. Wir wenden uns zunächst
dem ersten Falle zu."
[Es folgen Beispiele aus den Versuchen.]
_
Zusammenfassung-Gestaltwahrnehmungen-1913:
Es wurden die Fundstellen bestimmt: Ti-, IV-, -SR, T: e=19, E=100. erleben=9,
erlebt 10, Erlebnis=100. Sodann habe ich sämtliche 9 Fundstellen von
S.5 bis S.235, also 231 Seiten, zu erleben erfasst und dokumentiert. In
keiner der 9 Fundstellen wird erleben definiert oder näher erläutert,
auch nicht durch Fußnote, Anmerkung, Querverweise oder Literaturhinweis.
Den 100 Fundstellen zu Erlebnis kann man entnehmen, dass der Erlebnisbegriff
in den Gestaltwahrnehmungen Bühlers eine große Rolle spielt.
Beim Sichten der Fundstellen "Erlebnis" fiel mir auf, dass Bühler
eine ganze Reihe von Erlebnisklassen benennt,
die er allerdings nicht ordentlich definiert oder näher erläutert.
Er gebraucht hier eine - quasi implizite -Erlebnispsychologie, ohne sie
systematisch aufzubauen. Viele von Bühlers Ideen werden wahrscheinlich
in einer künftigen und systematischen Erlebens- und Erlebnispsychologie
genutzt werden können.
Alle 9 Fundstellen erleben in lückloser Reihenfolge Gestaltwahrnehmungen
[1] S.5
"... Auch andere Gestalten, z. B. Melodien und Rhythmen, können
wir
uns so untersucht denken, wie es die Geometrie mit den Raumgestalten
tut, d. h. ohne Rücksicht darauf, was wir bei ihrer Auffassung
erleben; auch sie haben ihre (objektiven)
Strukturgesetze ... ."
[2] S.7
"Der Ausgang von einem amorphen Empfindungsaggregat ist
darum auch für unzulässig erklärt worden. Es sei kein
Aufbau
komplexerer Gebilde aus Elementen, den wir in den Gestaltungsvorgängen
erleben, sondern vielmehr eine Analyse
und Gliederung.
Der Komplex und seine Charaktere seien im Bewußtsein immer
das Frühere, zu den sogenannten Empfindungselementen kämen
wir erst durch Abstraktion. ..."
_
[3] S.19
"... und wir erleben sie dann doch
so, als ob sie den Gegenständen
anhafteten. ..."
_
[4] S.20
"... Wenn ein Sechseck exponiert wird, kann
der Beobachter es gelegentlich auf das deutlichste erleben,
wie erst
eine ganze Reihe von Auffassungsakten der Teile vorausgeht, und
dann erst der Gesamteindruck „Sechseck" nachfolgt. ..."
_
[5] S.30
"... So schreibt z. B.
von Kries2): "Alle diese Erscheinungen lassen erkennen, wie einem
Eindruck, der uns als ein gegebener zum Bewußtsein kommt und
sich hierdurch als ein direkt physiologisch bedingter ausweist,
doch ein physiologischer Mechanismus besonderer
Art vorgeschaltet ist 3), der sich durch jene Eigentümlichkeit
seiner Funktion verrät." Gemeint ist mit dieser Eigentümlichkeit
der springende Wechsel, den wir z. B. an Vexierbildern beim
Hervortreten der Figur, an anderen Gestaltmustern bei Auffassungsänderungen
erleben können. ...."
_
Erlebnisklassen
Bei der Suche nach "Erlebnis" fiel mir auf, dass Bühler eine ganze
Reihe von Erlebnisklassen benennt, die er allerdings nicht ordentlich definiert
oder näher erläutert. Er gebraucht hier eine Erlebnispsychologie,
ohne sie systematisch aufzubauen. Viele von Bühlers Ideen werden wahrscheinlich
in einer künftigen und systematischen Erlebens- und Erlebnispsychologie
genutzt werden können.
Vorwort "neue Erlebniseinheiten"
S.10 "erschlossene Erlebnisse"
S.11.1 Relationserlebnis
S.11.2 Zitat Benussi "„ ... Die innere
Beobachtung gestattet nicht ohne weiteres, psychische Erlebnisse,
die uns Gestalten, und solche, die uns Verschiedenheiten
vergegenwärtigen, als zu einer Klasse psychischer Geschehnisse
gehörig anzusehen."2) ..."
S.13 "spezifisches Erlebnis"
S.14.1 ""kategorialen" Relationserlebnissen"
S.14.2 "kategoriale Beziehungserlebnisse"
S.17 "gefühlsartige Erlebnisse"
S.18.1 "Apperzeptionserlebnisse"
S.18.2 "Charakter der Gestalterlebnisse"
S.68.1 "fundierenden Erlebnissen"
S.68.2 "oder Erlebnismomenten"
S.68.3 "Erlebniskomlex"
S.68.4 "Verschiedenheitserlebnis"
S.132 "Übergangserlebnis"
S.157.1 "kommendes Erlebnis"
S.157.2 "besonderes Erlebnisstück"
S.165.1 "unterscheidbaren Erlebnissen"
S.165.2 "einziges Erlebnis"
S.167 "charakteristisches Erlebnis"
S.168.1 "Urteilserlebnis" (viele Erwähnungen auf anderen Seiten)
S.168.2 "dynamische Erlebnisse"
S.177 "subtilen Erlebnisse"
S.215 "Rhythmuserlebnis"
S.229 "g-Erlebnisse"
S.231 "bekannte Erlebnisse"
S.234 "eigentümliche Erlebnisse des Wiedererkennens"
S.235 "Erlebnis der Überraschung"
S.237 "... Die Erlebnisse sind sehr aufdringlich. Wenn sie auftreten,
ist
das Urteil sofort fertig und ganz sicher, neben ihnen wird selten
noch etwas anderes berücksichtigt. ..."
S.240.1 "motorische Erlebnisse"
S.240.2 "optische Erlebnisse"
S.240.3 "Erlebnis der Gleichheit"
S.257 "Erlebnis des Sichzusammendrängens der Schläge"
S.269 "Die Sache ist die, daß vor allem die Sicherheit der g-Urteile
sehr leidet, bei so kleinen Intervallen hat man das Erlebnis des
Absatzes vor dem letzten Schlag nicht mehr. ..."
S.275 "ähnliche Erlebnisse"
S.281 "modifizierte Urteilserlebnisse"
S.282 "normale Urteilserlebnisse"
S.291 "Beschleunigungserlebnisse"
Zusammenfassung-Geistige-Entwicklung-des-Kindes-1918:
Fundstellen: Ti-, IV+, SR+, T: e=32, E=106. Ein wichtiges Buch für
die Entwicklung des Erlebens und der Erlebnisse in der Kindheit. Im Inhaltsverzeichnis
gibt zwei Einträge zu Erlebnissen und im Sachregister werden vier
Erlebnisklassen (Aha-E., Begriffs-E., Gewißheits-E., Überzeugungs-E.)
eingetragen, aber nicht erleben oder das Erlebnis selbst. Ich habe die
ersten 11 Fundstellen "erleb" im Text von S.7-S.47, also 41 Seiten,
im Buch erfasst und dokumentiert, weil man erwarten darf, dass wichtigere
Begriffe dort definiert oder näher erläutert werden, wo sie die
ersten Male erwähnt werden (Regeln
Grundbegriffe). Eine ausdrückliche Definition oder nähere
Erläuterung zum Erleben oder zu den Erlebnisse habe ich bei den ersten
11 Erwähnungen, S.7-S.47 von "erleb" nicht gefunden, auch nicht durch
Fußnote, Anmerkung, Querverweis oder Literaturhinweis. Man kann aber
aus dem Gebrauch im Kontext [4,5] schließen, dass erleben all das
ist, was sich im Bewusstsein ereignet und dort mit der inneren Wahrnehmung
vergegenwärtigt wird. Es werden aber auch unbewusste Mechanismen,
z.B. S. 236, erwähnt (unbewußt insgesamt 7x). Das Buch bietet
viele Anregungen und Ideen für die Erlebens- und Erlebnispsychologie.
_
Inhaltsverzeichnis-1918
§ 25. Zur Analyse der Denkprozesse 242
a) Über die Urteile 242
Die ersten 11 Fundstellen "erleb" im Text 1918
[1] S.7
"... Wieweit sich für die Untersuchung der späteren Fortschritte
das
Reaktionsexperiment mit Instruktionen als fruchtbar erweisen wird,
läßt sich heute noch nicht voraussagen; vermutlich wird
die Unfähigkeit
des Kindes, uns direkte Mitteilungen über seine Erlebnisse
zu machen, ihm enge Schranken setzen. Denn ohne
Selbstbeobachtung ist dem Reaktionsversuch nur wenig zu entnehmen."
[2] S.21
"Die Anfänge des Seelenlebens.
Die allerersten Regungen psychischen Lebens haben verschiedene
Autoren schon beim Fötus im Mutterleib vermutet. Der
Embryo befinde sich, so stellen sie sich vor, in den letzten Monaten
der Schwangerschaft im allgemeinen in einem Zustand, der dem
eines tiefen, traumlosen Schlafes nicht unähnlich sei; dann und
wann
und schließlich häufiger aber werde dieser Zustand unterbrochen
durch dumpfe, gefühlsbetonte Sensationen. Das seien Empfindungen
oder empfindungsähnliche Erlebnisse der Haut-
und Muskelsinne,
die ausgelöst werden durch die Bewegungen, welche die Frucht
selbst ausführt (Beugungen und Streckungen des Rumpfes und der
Gliedmaßen) und durch die Bewegungen der Mutter und der mütterlichen
Organe, welche die Frucht umgeben.1) Es läßt sich nichts
Stichhaltiges gegen diese Annahme einwenden, verifizieren kann
man sie aber vorläufig nicht. "
[3] S.30.1-2
"Was das sei, das können wir Erwachsenen nicht mehr nacherleben,
weil eben alle unsere Erlebnisse
differenziert und tausendfach
in unser reiches psychisches Geschehen eingewoben sind. ..."
[4] S.31.1
"Wir fanden, es sei nicht unwahrscheinlich, daß das Kind
schon in seinen ersten Lebenstagen gewisse einfache Bewußtseinszustände
erlebe. ..."
[5] S. 31.2
"... Diese Zustände sind wohl zeitlich noch nicht
kontinuierlich aneinander gereiht; es gibt noch keinen ununterbrochenen
Zusammenhang des Bewußtseins beim wachenden Kind.
Vielmehr wird es so sein, daß die Erlebnisse
nur sporadisch aus
der Nacht der Bewußtlosigkeit aufleuchten, oder aber sich von
einem dunklen Hintergrund abheben, der einen gefühlsartigen Charakter
tragen mag. "
[6] S.45.1
"2. Unsere kompliziertesten Gedächtnisleistungen sind die Erinnerungen.
Wenn wir Erwachsenen uns innerlich einem Ereignis
zuwenden, das uns vor Tagen, Wochen oder Jahren zugestoßen
ist, dann steigt unter günstigen Umständen dies ganze vergangene
Ereignis noch einmal vor unserem geistigen Auge auf. Wir erleben
uns wieder in der Situation von damals, wir sehen und hören innerlich,
was vorgeht vielfach in der zeitlichen, räumlichen und logischen
Anordnung der Teile, die auch früher bestanden hat. ..."
[7] S.45.2
"... Denken wir uns diese bewußte Beziehung auf das Frühere
noch unbestimmter und noch weiter zurücktretend, dann kommen
wir zu dem, was man die Bekanntheitsqualität eines gegenwärtigen
Erlebnisses bezeichnet. ... "
[8] S.46.1
"... Das Kind durchläuft die Stufen
oder Phasen, die wir da abstraktiv gefunden haben, in Wirklichkeit
[>46]
als Entwicklungsstufen seiner Erinnerungsfähigkeit; durchläuft
sie
in dem Sinne, daß die unbestimmten Bekanntheits- (und Verschiedenheits-)
eindrücke zuerst, dann die Erlebnisse
des bestimmteren
Wiedererkennens und schließlich vollständige Erinnerungen
mit Lokalisation und Temporalisation bei ihm
konstatiert werden können."
[9] S.46.2
"Die ersten Objekte, denen gegenüber das Kind einen Bekanntheits-
oder Fremdheitseindruck erlebt,
sind die Gesichter der Menschen,
die es umgeben und die Räume, in denen es sich befindet.
Das zufriedene Lächeln, wenn sich die gewohnten Personen mit ihm
beschäftigen, auf der einen Seite, der starrende Blick, die Abwehrbewegungen
und das Unlust verratende Schreien, wenn sich fremde
Personen ihm nähern und sich mit ihm abgeben wollen, auf der
anderen Seite, das sind die Zeichen, aus denen man auf das Vorhandensein
von Bekanntheits- und Fremdheitseindrücken schließt."
[10] S.46.3
"Die ersten Bekanntheitseindrücke und die ersten Akte des
Wiedererkennens beziehen sich immer nur auf Dinge, die das
Kind dauernd umgeben, gründen sich also auf zeitlich eng
gereihte Ketten von Erlebnissen.
Unterbrechungen von wenigen
Wochen schon genügen, um dem Kinde Menschen und Räume
zu entfremden. Man hat festzustellen versucht, welche Zeitstrecken
unter günstigsten Umständen gerade noch »überbrückt«
werden können, und gefunden, daß sie sich noch im zweiten
Halbj ahr nach Tagen bemessen lassen und sich nur in Ausnahmefällen
auf zwei oder gar drei Wochen ausdehnen. ..."
[11] S.47
"... Affektbetonte Erlebnisse sind
in erster
Linie dazu geeignet; Gegenstände, welche mit den kleinen Unfällen
des Kindes irgendwie im Zusammenhang stehen, Personen, die ihm
einmal einen Schmerz zugefügt oder eine ungewöhnliche Freude
bereitet haben, werden nach Tagen und Wochen noch wiedererkannt
und entsprechend behandelt. ..."
Zusammenfassung-Farben-1922: Es gibt in dem 209 Seiten Text nur wenige Fundstellen: erleben 0, erlebt 2, Erlebnis 1. In dem Werk werden erlebt und Erlebnus nur gebracuht, aber nicht definiert oder näher erläutert, auch nicht durch Fußnote, Anmerkung, Querverweis oder Literaturhinweis.
S.4
"... Dagegen wurde eingewandt, daß doch ein
objektives Ding, das seine Entfernung vom Auge irgendwie beträchtlich
ändere, zunächst mit Zerstreuungskreisen erscheine, und
daß es erst nach einer Änderung der Akkommodation, die sich
auch für das Bewußtsein als Empfindung bemerklich mache,
wieder scharf
gesehen werde. Freilich ist das so, aber was haben solche
Akkommodationsempfindungen an sich und ursprünglich mit Räumlichkeit
zu tun? Durch Erfahrung kommt eine Beziehung zwischen
beiden zustande, gewiß ; aber ihrem Wesen nach stehen beide als
disparate Erlebnisse lediglich nebeneinander."1)
Die Natur hat
aber eine bessere, elegantere Lösung gefunden; wenn die zwei
Augen des Menschen wie ein Organ funktionieren, das die geringfügige
Querdisparation der beidseitigen Netzhautbilder ausnützt_
oder wenn nach Hering bereits den Sinnespunkten des Einauges
verschiedene Tiefenwerte physiologisch zugeordnet sind, dann bleibt
freilich B e r k e l e y s Ansatz, daß die Tiefenwahrnehmung
über die
Leistung der zweidimensionalen Punktordnung der Netzhaut als
solcher hinausgeht, zurecht bestehen, ist aber aufgehoben in einer
Betrachtung der Gesamtleistung des Sehorganes, die ja keineswegs
als schlichte Summe isoliert gedachter Punktleistungen aufgefaßt,
werden muß. ... "
Ende Erscheinungsweisen der Farben
Fundstellen Erleben 9, erlebt 9, Erlebnis 69.
Ti-, IV-, SR+, T: e=18, E=69; defin=9.
Zusammenfassung-Bühler1926-Krise-Artikel:
Die Arbeit in den Kantstudien zur Krise der Psychologie ist ein Jahr vor
der Buchveröffentlichung erschienen. Sie wurde nach erleben, erlebt,
Erlebnis und nach defin durchsucht: Ti-, -IV, -SR, T: e=18, E=69; defin=9,
womit Verständnis und Gebrauch Definition, definieren, definiert von
Bühler in dieser Arbeit erfasst wird. Das ist auch interessant hinsichtlich
einer Zusammennennung mit erleben und Erlebnis. Geht man die jeweils 9
Fundstellen zum Erleben und erlebt durch (meist mit Bezug zu Spranger),
findet man keine Definition oder nähere Erläuterung, auch nicht
durch Fußnote, Anmerkung, Querverweis, Literaturhinweise durch die
Bezugnahmen auf Spranger. S.458: "Die derart gestellte Sinnfrage
aber führt konsequent erstens zu neuen Aufgaben der deskriptiven Bestimmung
der Erlebnisse und zweitens zu spezifisch teleologischen Verlaufsgesetzen
des seelischen Geschehens." S.459 spricht vom "Endziel der Psychologie
als der Wissenschaft von den Erlebnissen." Bühler verheddert
sich in die Sinnfrage und kommt dadurch nicht weiter. Kryptisch und offen
bleibt die These S. 473: "... niemand kann letzten Endes darüber Aufschluß
geben, was Sinn eigentlich ist, außer der Erlebnispsychologie." S.
486 spezifiziert: "... Erlebnisanalysen von Affekt- und Willensverläufen,
... ". Die Seite 458 angesprochene Aufgabe der deskriptiven Bestimmung
der Erlebnisse erfüllt Bühler an keiner Stelle. Er bleibt wie
die meisten Erlebensforscher im Allgemein-Abstrakten und er fällt
im Grunde deutlich hinter Brentano zurück.
Fundstellen Erleben und erlebt Bühler 1926
Fundstellen Bühler1926
Erlebnis
_
Fundstellen in B1927: erleben 52, erlebt(e,n) 13, Erlebnis 160.
In der 2. unveränderten Auflage von 1929 schreibt er in seinem
Vorwort, wobei in den vier Axiomen in I, II und IV Erlebnis erwähnt
wird :
Fundstellen in B1927: erleben 52, erlebt 13, e=65.
Zusamenfassung Erleben in B1927 : erleben wird im Text 52x erwähnt. Weden im Inhaltsverzeichnis noch im Sachregister wird ein Eintrag "erleben" geführt. Ich habe die ersten 13 Erwähnungen im Text von S. 17 bis Seite 84 erfasst und dokumentiert. Nirgendwo wird erleben erklärt noder näher ausgeführt, auch nicht durch Querverweis, Anmerkung, Fußnote oder Literaturhinweis, so dass ich davon ausgehe, dass Karl Bühler erleben für einen nicht weiter erklärungs- oder begründungspflichtigen, sondern für einen allfemeinverständlichen Grundbegriff hält.
Erleben im Text B1927:
Erleben-Pseudos in B1927
:
45: Tierleben
Erlebnis in B1927 Inhaltsverzeichnis
- Sachregister - Text
Ti-, IV+, SR+, T: e=49, E=143.
Zusamenfassung-Erlebnis-in-B1927: "Erlebnis" wird 160x erwähnt. 4x im Inhaltsverzeichnis, 13x im Sachregister und 160x im gesamten Text. Erleben im gesamten 49 (ohne drei Pseudos Kinderleben). In den 29 dokumentierten Fundstellen S.2-29 wird der Begriff Erlebnis nicht erklärt oder näher charaktersiert, auch nicht durch Querverweis, Anmerkung, Fußnote oder Literaturhinweis. Ich gehe daher davon aus, dass Karl Bühler den Begriff nicht für erklärungs- oder begründungsbedürftig hält und als allgemeinverständlichen Grundbegriff gebraucht.
Erlebnis im Inhaltsverzeichnis B1927:
Erlebnis im Sachregister B1927:
Erlebnis im Text B1927:
Aus dem Vorwort zum Verständnis:
"Die Inhaltsangabe sei lang und dasVorwort kurz in diesem Buche,
um anzudeuten, daß darin von vielem die Rede ist, aber nicht
anders, als es das Thema selbst erfordert und rechtfertigt.
Die Geschichte der Ausdruckslehre läßt in großem Zuge
ihr sachgerechtes
System aufscheinen; das ist die tragende Behauptung des Buches.
Es gibt, wie ich glaube, nur einen Punkt, der einer Aufklärung
im
voraus bedürftig ist, das auf den ersten Blick überraschende
Faktum
nämlich, daß hier der Ausdruck als eine Art von Sprache
behandelt
wird, aber der sprachliche Ausdruck kat'
exochen des Menschen in
den Hintergrund verschoben bleibt; ungefähr so, wie es durch die
ganze Geschichte der Ausdruckslehre in der Regel gehalten worden ist.
..."
Zusammenfassung-Erleben-in-der-Ausdruckslehre-1933:
Fundstellen:
Ti-, IV-, SR+, T: e=29, E=69. erleben 22 (ohne 4 Pseudos); erlebt 7, Erlebnis
69. Zur genauen Analyse habe ich die ersten 10 lücklosen Fundstellen
von S. 10 bis S. 147, also 138 Seiten erfasst und dokumentiert. An keiner
Stelle wird erleben definiert oder näher erläutert, auch nicht
durch Fußn ote, Anmerkung, Querverweis oder Literaturhinweis.
Die ersten Textstellen "erleben" ohne Lücken
[1] S.10: ""In unserem Falle aber erschwert ein bemerkenswerter Umstand
die
Aufgabe des rückblickenden Historikers, sich für seinen
Helden mit bestem Könneneinzusetzen. Der Umstand nämlich,
daß jene experimentelle Arbeit stärker als gewöhnlich
der Veri-
fikation eines ansich imponierend großzügigen Modells gewidmet
war. Einer Psychophysik, einer Idee vomVerhältnis des Erlebens
zu den ,,körperlichen Begleitvorgängen", die ursprünglich
nicht für
den ,Ausdruck', sondern ,für den Eindruck' (kurz gesagt) ersonnen
war und dann erst spiegelbildlich sozusagen auch dem Ausdruck
übergeworfen worden ist. Ob der Ausdruck dies für einen anderen
angemessene Kleid, dieses Denkmodell verträgt und wie er darin
einhergeht, das ist eben die allererste Frage. Das Auszudrückende,
die Affekte, werden von Wundt im wesentlichen genauso in,,elementare
Gefühle" aufgelöst wie die Gesamtwahrnehmungenin elementare
Empfindungen und dann wird der Ausdruck axiomatisch als
eine Spiegelung der Affekte im Körperkraft elementarer Zuordnungen
aufgefaßt.
Andie Richtigkeit dieser Konstruktion glaubt
heutes o gut wie niemand mehr. Darum wäre es unzweckmäßig,
die Darstellung der Wundtschen Lehre mit ihr zu beginnen."
[2] S.29 "... die das Leben ohne den Umweg über das
Erleben via Klima, Alter und Krankheit hinterläßt? ..."
[3] S.46: "... Bald kommt dabei der Berg (das Abwesende)
zu Mohamed, bald geht Mohamed zumBerg, d. h. der Erlebende
fühlt sich hinversetzt an den Ort des abwesend Erinnerten oder
Phantasierten. ... "
S.64 Pseudo "der Lebensarbeit"
[4] S.65: "4. Als Auftakt zur feineren Explikation des Gedankengehaltes
der Respirationstheorie Bells benützt man zweckmäßig
eine rasch
skizzierte Überlegung in seinem Buche, die den nacherlebenden
Lesertief in das sonst (wenigstens in dem Ausdrucksbuche) ungeschriebene
Erstkonzept der ganzenIdee blicken läßt. DerHerzmuskel
und das Lungengewebe sind, so wird berichtet, nach den
Erfahrungen der Chirurgen unempfindlich für den Schnitt des
Messers und den Druck des Fingers. Begreiflich, so geht die Überlegung
weiter; denn wozu sollten sie auch für derartige Angriffe
empfindlich sein? Sie sind ja nicht wie die äußere Haut
dem Kontakt
mit der Außenwelt exponiert und nicht berufen, uns nach außen
hin
zu orientieren und zu schützen. Gibt es nichts anderes, worauf
sie
spezifisch ansprechen?— Soweit schreitet die Überlegung logisch
musterhaft vor, undes wird noch die allgemeine Erkenntnis des
Spezifitätsgesetzes auf dem Gebiet der afferenten Nervenvorgänge
wie eine Art Obersatz herangezogen. Dannwird das Folgende ein
Stückweit verschwommen; es kann weg bleiben in unserem Bericht.
Schließlich aber wird derFaden derÜberlegungen wieder deutlich;
es müsse, meint Bell, das gesuchte Analogon aus den biologisch
einsichtigen Funktionen des engverbundenen Herz-Lungen-Organsystems
konstruktiv zu finden sein. Das Stichwort, welches ihm
dauernd im Kopf herumgeht, heißt 'oxygenation of the blood'
(Versorgung des Bluts mitSauerstoff) und daß die gesuchten Reize
damit in Zusammenhang stehen müssen, ist ihm vor jeder konkreten
Verifikation evident. Das technische 'Wie' dagegen
bleibt dunkel."
[5] S.66 Zitat Bell:
",,Ich werdezu beweisen trachten, daß dasselbe, was Auge und
Ohr und die
tastende Hand für unseren Geist leisten, wenn sie uns mit den
Eigenschaften der
dinglichen Welt in unserem Erleben in Beziehung setzen, die Atmungsorgane
für
die Entwicklung unserer Gefühle bedeuten. Denn wir könnten
ohne sie zwar hören,
sehen und riechen, doch wir schritten kalt und teilnahmslos allen Erregungen
gegen-
über, die uns eigenartig anregenund menschlichen Gedanken und
Handlungen erst
ihren besonderen Reiz verleihen, unseren Erdenweg dahin"{84)."
[6] S.69 Zitat Bell
"... Wir sehen darin nur die
Intensive Zuwendung des Geistes zu dem Gegenstand eines Erlebens, seinen
direkten
Einfluß auf die Organe an der Körperoberfläche.
..."
[7] S.99
"Wer das an Beispielen nacherleben will, dem schlage
ich für das Oppositionsprinzip vor, die Entdeckungsgeschichte
der
vollständigen Geste des ,Zuckens mit der Schulter', wie sie S.
270ff.
niedergeleg tist, nachzulesen. Die Entdeckerhilfe, die der Forscher
dem ersten Hauptsatz verdankt, durchzieht das ganze Buch und
kann exemplarisch etwa an dem Symptom des Stirnrunzelns in
allen Modifikationen und Abschattungen, die Darwin gefunden
und beschrieben hat, verfolgt werden. Die Rolle der dritten Sucher-
regel dagegen steht auf einem anderen Blatte; sie verweist den
Forscher auf die Physiologie des Zentralnervensystems."
S.110 Pseudo "Kinderlebens"
S.113 Pseudo "Thierleben"
S.115 Pseudo "weiterleben"
[8] S.134:
"Sieht man zunächst von allen derart sekundär andem Bilde
vorgenommenen Einschränkungen und Retouchen ab, so denkt
sich alsoWundt das introspektiv Erfaßbare, das Erlebnis des Erlebenden,
dem Blicke eines Fremden momenthaft oder komponentenhaft
zugänglich in einem Spiegelbild körperlicher Begleiterscheinungen.
Woher bei ihm dies Spiegelgleichnis stammt, vermag ich
nicht zu sagen; rein logisch ist es wohl analog zu dem
Spiegelgleichnis von Leibniz eine bequeme Ausdrucksweise für Zuordnungen
des
einen zum anderen. Und monadenhaft gedacht ist
ja im Grunde auch diese ganze Wundtsche Konstruktion."
[9] S.141
"Man lasse sich, um das zu übersetzen, nicht ein auf die Frage,
ob die Entfaltung des Erlebens im Kindesalter mit der Formel
,vom Einfachen zum Zusammengesetzten' richtig und ausreichend
beschrieben ist oder nicht, sondern unterstreiche nur die Idee von
den neuen Situationen, die von allen Organismen stets zunächst
mit schon vorhandenen Mitteln der Reaktion beantwortet werden.
Das ist der Kerngedanke der HERBARTschen Apperzeptionslehre
und verdient auch heute noch Beachtung."
[10] S.147
"Schon hier kann der staunende Laie in diesen Dingen halt
machen und mit unbefangenem common sense die Frage dazwischen
werfen: Ja wozu denn eigentlich das ganze Konzert des,,wohlgeschulten
Orchesters"? Nach dem einzigen Axiom der Wundtschen
Theorie spiegelt es den einheitlichen Affekt, und natürlich
wäre ohne das Konzert der Affekt auch gar nicht da oder wenigstens
nicht voll und ganz was er ist, nämlich das eine Malz. B. eine
Erlebniswelle
der Seelenangst und das andere Maleine Welle der
jauchzenden Freude. Ist sie vorüber, die Welle, dann erscheint
auch vorüber oder wieder geglättet das Meer des Erlebens
und mit
ihm sein sichtbarer Spiegel, das Ausdrucksgelände des ganzen
Körpers, des Gesichtes und des Herz- und Atmungsapparates.
Wozu das Ganze? ..."
Ende Ausdruckstheorie.
Erleben und Erlebnis in Bühlers Sprachtheorie
(1934) Kürzel B1934.
Zusammenfassung
Erleben * Zusammenfassung
Erlebnis.
Insgesamt kann man davon ausgehen, dass Bühler die Begriffe erleben
und Erlebnis in der Sprachtheorie für nicht weiter erklärungs-
oder erläuterungsbedürftig hält.
Gliederung des Werkes Da ist zunächst das Geleitwort von Kainz (I-XIX). Es folgt das Vorwort von Bühler (XX-XXX). Sodann kommt das detallierte Inhaltsverzeichnis XXXI-XXXIV. Danach beginnt der Text 1-418. Abschließend das Namensregister 419-422 und das Sachregister 423-434. Die Literatur ist in den Text eingearbeitet und in Fußnoten ausgewiesen.
Inhaltsverzeichnis
Objektive Verifizierting der erlebnispsychologischen Beobachtungen
254
Sachregister
"Erlebnispsychologie 132ff., 250, 292, 328, 330. 342"
Zusammenfassung Erleben in der Sprachtheorie 1934 : Fundstellen: erleben 5 (9 mit 4 Pseudos), erlebt(e,n) 14. In keiner der 5 Textstellen (S. 41, 53f, 68f, 135, 374f) wird erleben erklärt, auch nicht durch Querverweis, Anmerkung, Fußnote oder Literaturhinweis.
B1934-Erleben-Pseudos
B1934-212: "... Wir haben in meinem Institut vor kurzem fruchtbare
Lallsituationen des Kinderlebens systematisch untersucht und das Hörbare
auf Schallplatten fixiert; ... "
B1934-299: "... So ist es in den Fiktionsspielen des Kinderlebens und
darüber hinaus in den gewöhnlichen Ernstfällen sporadischer
Wendungen eines Sprechers an ungesehene oder stumme Hörer (wie es
die Naturgewalten sind). ... "
B1934-346: "... So entstehen im Kinderleben die ungezählten merkwürdigen
Benennungen, welche niemand aufschreibt; .."
B1934-381: "... Der Liebende und Geliebte überleben in der Regel
samt ihrer Liebe die gegebene Sprechsituation ..."
Erlebnis in der Sprachtheorie 1934
Zusammenfassung Erlebnis in B1934 : Suchen nach "Erlebnis" ergibt insgesamt 68 Fundstellen. Eine geht auf das Geleitwort von Kainz, die zweite auf das Inhaltsverzeichnis, verbleiben noch 66. Ich habe die ersten 10 Fundstellen ab Seite 8 bis Seite 126 erfasst und bei keiner eine Erklärung oder nähere Ausführung zu Erlebnis gefunden. Auch nicht durch Querverweis, Anmerkung, Fußnote oder Literurhinweis. Ich gehe daher davon aus, dass Bühler den Begriff in seiner Sprachtheorie von 1934 für nicht erklärungs- oder begründungsbedürftig, sondern für allgemeinverständlich hält. Ich habe dann aufgehört weiter zu suchen und zu dokumentierren, weil ich davon ausgehe, was in den ersten 10 Erwähnungen der ersten 118 Seiten nicht erklärt wird, wie es nach den Grundregeln für wichtigere Begriffe, eigentlich sein sollte, auch wahrscheinlich später nicht mehr erklärt.
Der erste Gebrauch findet sich im Geleitwort von Kainz (VII), der zweite
im Inhaltsverzeichnis XXXIII: "Objektive Verifizierung der erlebnispsychologischen
Beobachtungen 254".
8: "... Oder die Voraussetzung ist falsch, daß der Sprachforscher
zuerst und primär überall aus fremden Augen auf das zu Erforschende
blickt; bald aus den Augen des Physikers und Physiologen, bald wieder aus
denen des Erlebnispsychologen
und dann des Soziologen, Historikers usw. ... 1)."
9: "... Es gehört ein Aha-Erlebnis
z. B. an der Schwelle zwischen Phonetik und Phonologie dazu, um sich aus
dem Zauberkreis der stoffdenkerischen Weltaufteilung ein und für'
alle Male zu befreien. Und zu diesem und analogen Aha-Erlebnissen
ist DE SAUSSURE noch nicht gekommen, obwohl er sie vorbereiten half wie
kaum ein anderer."
55: "Ob der Stoff ein äußeres Ereignis, Erlebnis
oder sonst etwas ist, jedenfalls zielt die sprachliche Werkbetrachtung
in allen Fällen auf die Fassung und in vielen Fällen minutiös
auf die einmalige Fassung und Gestaltung als solche ab. ..."
58: "... Schroff gegen diese verhängnisvollste aller Stoffentgleisungen
wird von uns erstens die These von der Idealität des Gegenstandes
,Sprache', wie er von der üblichen Sprachwissenschaft gefaßt
und behandelt wird, zu vertreten und z weitens
wird der prinzipielle Mißgriff aufzudecken und als Mißgriff
zu entlarven sein, den all jene getan haben, die im Banne der klassischen
Assoziationstheorie die zweifelsfrei nachzuweisenden Komplexions- und Verlaufsverkettungen
in unserem Vorstellungsleben verwechseln mit dem Bedeutungserlebnis.
59-1: "Wenn, um dies gleich anzubringen, das Bedeutungserlebnis
(A bedeutet B) ... "
59-2: "... Kein Wunder, daß selbst ein Denker vom Formate eines
J. ST. Mill, der sich aus der Verstrickung der faktisch so einfachen Grundthese
der klassischen Assoziationstheorie nicht zu lösen vermochte, nach
langen Erörterungen über die z. B. im Urteil S ist P zwischen
o und n (den Vorstellungen von S und P) bestehende assoziative Verkettung,
zum Eingeständnis kam: Es müsse zwar so sein, daß diese
Verkettung das Spezifische im Urteilserlebnis enthält,
allein das Ganze käme ihm wie das „tiefste Mysterium der menschlichen
Natur" vor')."
67f: "... Sie hat er mitgenommen und seine Sinne (Augen und Ohren)
hat er [>68] auch noch und seine Erinnerungen; im ganzen ein genügendes
Material von Erlebnissen, um daran das
Einklammern und die Modellschau zu vollziehen. ..."
96: "... Die Form der Wörter ist bei allen Sendern einer Sprachgemeinschaft
für alle Positionen, die sie einnehmen mögen, bzw. für alle
Erlebnislagen,
aus denen heraus sie sprechen, eine und dieselbe, nämlich das eine
Mal ‚hier' und das andere Mal ‚ich'. ..."
110: "... Es ist (nebenbei gesagt) eine möglichst objektivistisch
gehaltene Analyse, die auf das Erlebnis des Sprechers
noch gar nicht näher eingeht."
126: "... Das Faktum des wachen Orientiertseins wird in der Erlebnispsychologie
in verschiedenen Kapiteln behandelt, die man synoptisch ausziehen muß,
um sich die für jede gründliche Sprachtheorie unentbehrlichen
Informationen aus dem Schatz des wissenschaftlich Festgestellten zu verschaffen.
..."
Im B1934 Sachregister ausgewiesene
Textstellen
Im Sach-Register wird ausgewiesen: "Erlebnispsychologie 132ff., 250,
292, 328, 330. 342"
Anmerkung: Beim Durchsuchen der gescannten Seiten nach den Sachregisterangaben,
ist mir zufällig aufgefallen, dass hier auch drei mal "beweis" gefunden
wurde, im ganzen Buch gibt es zu "beweis" 77 Fundstellen.
134: "Genau das Entgegengesetzte liegt vor im zweiten Hauptfall, wo Mohammed zum Berge geht. Man ist nach einem charakteristischen Erlebnisvorspiel oder unvermittelt und plötzlich hinversetzt in der Vorstellung an den geographischen Ort des Vorgestellten, man hat das Vorgestellte vor dem geistigen Auge von einem bestimmten Aufnahmestandpunkt aus, den man angeben kann und an dem man selbst sich befindet in der Vorstellung"
135: "... Eine Erzählungstechnik, die der kindlichen Leistungsfähigkeit
angepaßt ist, und das moderne Kino suchen manchmal die Vorstellung
als solche zu unterstützen; in Tausend und einer Nacht erhebt man
sich mit einem Wundervogel in die Luft, das Kino führt rasch durch
ein paar überlagerte Bilder von einem zum anderen Standort über.
Die Analyse J. SEGALS, auf dessen sorgfältige Arbeit ich mich hier
neben anderem stütze, fand zu all dem Analoga im Erlebnis
seiner erwachsenen und geübten Beobachter.
Nun eines noch, was beim ersten Hören sehr
merkwürdig klingt, aber durchaus gesichert und theoretisch konstruierbar
ist. Es gibt einen Zwischenfall zwischen Hierbleiben und Hingehen; Berg
und Mohammed bleiben jeder an seinem Ort, aber Mohammed sieht den Berg
von seinem Wahrnehmungsplatz aus. Dieser dritte Hauptfall ist meist ein
labiles und unbeständiges Eingangserlebnis.
Sein Erkennungszeichen liegt darin, daß der Erlebende
imstande ist, die Richtung, in welcher das Abwesende vom geistigen Auge
gesehen wird, mit dem Finger anzugeben."
250: "Unser Durchprobieren der deutschen Verba nach der Möglichkeit,
ihnen ein analytisches Objekt beizufügen, scheiterte keineswegs an
den sogenannten intransitiven; ein Beweis,
daß auch sie eine Objektsbeifügung innerlich (begrifflich) gestatten.
... Diese Aktionskategorie ist aber keineswegs die einzige,
welchesprachliche Darstellungen ermöglicht; nicht einmal im Indogermanischen.
Wo sie angewendet wird, sind die Fragen wer? und wen? sinnvoll; sonst nicht.
Es ist also gar nicht so, wie WUNDT glaubt, daß zu den Gefügegliedern
in Romam proficisci ein äußeres Datum, nämlich Raumordnung
hinzugedacht wird, in Romam defendere dagegen nicht. Sondern logisch gleichgeordnet
dem Raum ist im zweiten Fall die Aktionskategorie. Bei Romam
fugere und Romam videre ist es prinzipiell nicht anders. Es kommt nicht
darauf Ra an, daß man die Verhältnisse erlebnispsychologisch
charakterisiert und von Intentionen spricht. Tut man es, dann fragt
wer? nach dem intendierenden und wen? nach dem intendierten Glied im Gefüge:
,ich sehe, fühle, denke, will das und das'. Statt ,ich‘ kann natürlich
auch ,du‘ und ,er‘ stehen. Nein, diese erlebnispsychologische
Interpretation ist keine conditio sina qua non; auch ; 1 das behavioristische
Denkmodell vermag die Verhältnisse verständlich zu machen."
251: ".... Die Analyse der Impersonalia wird den Beweis erbringen, daß wir Sätze auch dort, wo ein Geschehen geschildert wird, mit einem anderem Denkmodell bauen können; und in den echten Nominalsätzen liegen die Verhältnisse zum dritten Male anders."
292: "HUSSERL widmet in den logischen Untersuchungen scharfsinnige Betrachtungen der Frage nach den ,einfachen Bedeutungen'. Und folgendes ist knapp gefaßt das uns hier interessierende Ergebnis: „daß es wirklich einfache Bedeutungen gibt, lehrt das unzweifelhafte Beispiel etwas. Das Vorstellungserlebnis, das sich im Verständnis des Wortes vollzieht, ist sicherlich komponiert, die· Bedeutung ist aber ohne jeden Schatten von Zusammensetzung" (288); halten wir das fest: „Im Sinne (dieser Redeweise) besteht· Zusammengesetztheit aus Teilen, die selbst wieder den Charakter von Bedeutungen besitzen"
328: "SCHMIDT nun behandelt die Tatsachen als Kulturkreisforscher. Was mag die Vor- oder Nachstellung des bestimmenden Kompositionsgliedes mit Kultur und Kulturkreisen zu tun haben? SCHMIDT· deckt Korrelationen der schlichten Reihung zu anderen Feldmomenten, vor allem zu Präfix- oder Suffix-Verwendung und zum Auftreten von Präpositionen und Postpositionen auf, so daß er schließlich das eine Moment der Reihung wie eine Art Leitmuschel des gesamten strukturvergleichenden Verfahrens benützen kann. Es entsteht kraft dieser Korrelationen ein weitverzweigtes, sprachtheoretisch faszinierendes Theoriengebäude, und zu guter Letzt wird ja eine erlebnispsychologische Basis gesucht. SCHMIDT glaubt, es müsse, wohl völkerpsychologisch eine Motivation oder Motivationen für die Entscheidung der Sprachen, ob Vor oder Nach, zu finden sein. Und diese Motivation, um welche mannigfache Überlegungenkreisen, ist, wenn ich recht sehe, der Schlußstein in dem weitgespannten. Kuppelbau der SCHMIDTschen Theorie; sie ist das Bindeglied zwischen Sprachstrukturen und Kulturkreisen."
330: "Nein, so summarisch ist die Motivationsfrage im Rahmen des SCHMIDTschen Problems gewiß nicht zu lösen. Ich mache den Vorschlag, die Dinge nicht sofort aus dieser oder jener relativ einladenden erlebnispsychologischen Gesetzmäßigkeit begreifen und erklären zu wollen. ... "
342: "Die weitausgesponnenen Beispielsammlungen der antiken Rhetorik, welche vorwiegend für didaktische Zwecke angelegt wurden, sind sprachtheoretisch steril, soweit meine Kenntnis reicht; moderne Forscher sind vielfach in erlebnispsychologischen Fragen, die gewiß auch dazu gehören, stecken geblieben1)."
343: "Als metaphorisch empfunden wurden von den psychologischen Experten
STÄHLINS1) so einfache sprachliche Kompositionen wie ,der greise Wald';
die Versuchspersonen gaben an, daß sie durch das Beiwort an bestimmte
Eigenschaften, z. B. die Rinde alter Bäume oder an wirr herabhängende
Flechten, erinnert und in einer eigentümlichen Weise der Überlagerung
und des Ineinander von zwei Bedeutungssphären (Mensch — Baum) dabei
inne werden. Wenn man parallel dazu ,ein verwitterter Greis' bildet, so
werden es ähnliche Eigenschaften des Aussehens alter Menschen sein,
die im Erlebnis unterstrichen sind.
Nur diesmal natürlich gedacht (und vielleicht auch innerlich gesehen)
an einem Menschen; und zwar so, als ob sie diesmal herübergenommen
wären aus der Sphäre 'Gemäuer, Felsen'. Die subtilen
Erlebnisanalysen in STÄHLINS Arbeit erbringen also
den Beweis, daß der von den Griechen
erfundene und zunächst auf die umständlich durchgeführten
poetischen und rhetorischen Vergleiche gemünzte Terminus Metapher
auch für die Erlebnisanalyse zu
Recht besteht und treffend ist. Im Erlebnis
ist oft (selbst bei den einfachen Beispielen, die wir absichtlich gewählt
haben) eine Sphären-Zweiheit und so etwas wie das Hinüber von
einer in die andere nachweisbar und verschwindet erst bei großer
redensartlicher Geläufigkeit der Kompositionen.
Wir treiben hier weder Stilistik noch Erlebnispsychologie,
sondern überlegen als Sprachtheoretiker, welche Bewandtnis es mit
der Allverbreitung metaphorischer Wendungen und Techniken in der darstellenden
Sprache ..."
Biographisches > W.
Dissertation 1903: S.33: "Curriculum vitae.
Karl Bühler, Sohn des Bahnarbeiters Ludwig Bühler
und seiner Frau Bertha, geb. Emmerich, wurde am 27. Mai 1879 in Meckesheim
(Baden) geboren. Er besuchte die Volksschule zu Meckesheim und das Gymnasium
zu Tauberbischofsheim, an dem er im Juli 1898 die Reifeprüfung bestand.
Darauf widmete er sich dem Studium der Medizin an der Universität
zu Freiburg i. Br., wo er im Sommersemester 1900 die ärztliche Vorprüfung,
im Sommersemester 1903 die ärztliche Prüfung bestand."
Friedrich, Janette (2016, Hrsg.) Karl Bühlers Krise der Psychologie.
Positionen, Bezüge und Kontroversen im Wien der 1920er/30er Jahre.
Veröffentlichungen des Instituts Wiener Kreis, Bd. 26. Cha (Schweiz):
Springer.
Suchen in der IP-GIPT,
z.B. mit Hilfe von "google": <suchbegriff>
site:www.sgipt.org
z.B. Inhaltsverzeichnis site:www.sgipt.org. |
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