Begriffsanalyse plausibel, Plausibilität, Plausibilitätskriterien im Recht in der Rechtslogik von Weinberger 1989.
Originalarbeit von Rudolf Sponsel, Erlangen
Hauptseite Plausibilität im Recht.
* Weinberger (1973) Plausibilitätsargumentation.
Haupt- und Verteilerseite Plausibilitätsbegriff
und Plausibilitätstheorie.
Eigene Untersuchung zum
Plausibilitätsbegriff und einer allgemeinen Plausibilitätstheorie
mit einer Gesamtzusammenfassung
in 8 Sprachen (germ, engl, franz, span, port, russ, chin, arab).
Empirische Pilot-Studie zu Begriff
und Verständnis von Plausibilität.
Haupt- und Verteilerseite
Begriffsanalysen * Methodik
der Begriffsanalysen nach Wittgenstein *
Zur Darstellung: Jede Textanalyse enthält eine Zusammenfassung mit den Kommentaren der Fundstellen und danach die Dokumentation und Belege der Fundstellen. Die Kommentare zu den Fundstellen sind in der Zusammenfassung ohne Fundstellentext erfasst, damit man nicht ständig, zu den Fundstellen springen muss. Die Kommentare kommen doppelt vor: in der Zusammenfassung und an den Fundstellen:
Zusammenfassung-Weinberger. Die Analyse sämtlicher 39 inhaltlicher Fundstellen in der Rechtslogik ergab, dass der Plausibilitätsbegriff von Weinberger nirgendwo definiert - bei 651 Treffern beim Suchtext "defin" -, genauer erklärt oder begründet wird. Zwar verweist Weinberger öfter auf die Arbeiten Perelmans, aber so ungenau und vage, dass sich auch dadurch keinerlei Erklärung oder Begründung ergibt.
Angewandte Suchmethoden:
OW-S.23-1: "... Die Logik gibt dem Juristen einerseits Instrumente in die Hand, exakter zu argumentieren und vorgelegte Beweise und Gründe kritisch zu prüfen, andererseits zieht die logische Analyse ihre eigenen Grenzen: sie zeigt, wo die rein logische Argumentation aufhört, wo das vernünftige [OW-S.23] Plausibelmachen in seine Rechte tritt, und schließlich, wo rein willenhaft entschieden wird.
OW-S24: "1.1.2. Das juristische Denken
Die gedankliche Arbeit des Juristen in der alltäglichen
Praxis führt zu dem in den letzten Jahren viel diskutierten Problem,
ob das juristische Denken seinem Wesen nach logisches Denken ist, Denken,
wie es auch in anderen Gebieten der Wissenschaft und der Technik zur Anwendung
kommt, oder ob es eher rhetorische Argumentation ist, d. h. rationales
[OW-S.24-1]
Plausibelmachen
mit Wahrscheinlichkeitsgründen, die durchaus nicht logisch schlüssig
sein müssen. Manche meinen sogar, daß der Jurist eher Überredekunst
anwendet, denn rationale Gründe. Inwieweit ist das juristische Denken
logisches Denken, und inwieweit kommt bei ihm rationale rhetorische Argumentation
zur Geltung? Man muß vorerst Klarheit schaffen über das logische
Denken selbst, um die Grenze zwischen der rein logischen Argumentation
und [OW-S.24-2]
vernünftigen Plausibilitätsargumentationen
ziehen zu können. Ich möchte außerdem zeigen, daß
auch im Rahmen des [OW-S.24-3] Plausibelmachens
logische Analysen zur Geltung kommen, und zwar in Verbindung mit wohlerwogenen
Stellungnahmen. Die Tatsache, daß in [OW-S.24-4] Plausibilitätsüberlegungen
gewisse Gründe als wahrscheinlich akzeptiert werden, bzw. daß
wertende Präferenzen zur Geltung kommen, darf uns nicht vergessen
lassen, daß auch die [OW-S.24-5] Plausibilitätsargumentation
ein Feld der logischen Analyse ist. Die Figuren der Plausibilitätsargumentation
selbst müssen durch eine logisch aufgebaute Theorie begründet
werden."
OW-S33: "Man kann unschwer einen gemeinsamen Nenner der deduktiven
und der Wahrscheinlichkeitsschlüsse finden: in beiden Fällen
werden durch gegebene Prämissen abgeleitete Sätze als begründet
bestimmt. Bei der deduktiven Folgerung wird der abgeleitete Satz durch
die Wahrheit der Prämissen als notwendig wahr determiniert; bei den
Wahrscheinlichkeitsschlüssen hingegen werden nur optimale, möglichst
wahrscheinliche Schlußsätze gewonnenFN4.
FN4 Die Theorie dieser Art der Wahrscheinlichkeitsschlüsse ist
nicht unproblematisch (sie müssen von der mathematischen Wahrscheinlichkeit
unterschieden werden). Ich werde in diesem Buch nicht versuchen, eine Theorie
dieser Wahrscheinlichkeitsschlüsse vorzulegen, sondern nur einige
Beispiele anführen (Abschn. 14.7.). Indirekt werden sie durch die
allgemeinen Überlegungen über das [OW-S.33 Fn4] Plausibelmachen
betroffen, so daß vielleicht eine besondere Theorie der Wahrscheinlichkeitsschlüsse
überflüssig wird.
Kommentar-OW-S.33 Fn4: Plausibelmachen bleibt auch
hier offen."
OW-S.38: "Von philosophisch sehr verschieden orientierten Denkern und
aus verschiedenen Gründen wird manchmal die Meinung vertreten, daß
das juristische Denken seine eigenen Gesetze, Regeln und Methoden habe,
die von jenen, die im wissenschaftlichen Denken zur Anwendung kommen, verschieden
seien. Die einen stellen die [OW-S.38] Plausibilitätsargumentation
oder die Topik als Stütze des juristischen Denkens der Logik gegenüber,
die anderen preisen die Dialektik als Instrument des Rechtsdenkens an.
Für manche Autoren ist die Tatsache, daß das Deuten von Texten
(z.B. von Rechtsvorschriften oder von Rechtsgeschäften) im juristischen
Denken einen großen Raum einnimmt, zusammen mit der Meinung, daß
das Interpretieren ein Prozeß sei, der nicht nach logischen Regeln
vor sich gehe, der Grund, warum sie juristisches Denken als vom logischen
Denken verschieden erachten. Neben diesen Meinungen gibt es noch andere,
die das Denken des Juristen als besondere Denkweise vom logischen Denken
abheben wollen, und die gelegentlich auch fordern, das Rechtsdenken in
einer eigenen Wissenschaft, die man dann 'juristische Logik` oder 'Rechtslogik'
nennt, zu behandeln."
Kommentar-OW-S.38: Plausibilitätsargumentation
bleibt auch an dieser Stelle offen, d.h. ungeklärt und erst recht
undefiniert.
OW-S.222: "a) 'S' müßte rein deskriptiv verstanden
werden, da die Formeln rein indikativ aufgefaßt werden. Dann ist
aber die Übersetzung der Normsätze in dieser Form nicht [OW-S.222]
plausibel.
Kommentar-OW-S.222: Hier wird ein schwieriges Beispiel
für nicht plausibel gebracht, wobei offen bleibt, warum das so ist.
OW-S.232f: "( ß) Es wird oft als normenlogisches Prinzip angesehen,
daß, wenn p im Normensystem Sn nicht verboten
ist, p in Sn erlaubt ist. Das scheint zwar prima[>233]facie
[RS: bis auf Widerruf] [OW-S.232]
plausibel,
die Sache ist aber in Wirklichkeit komplizierter. Die Gültigkeit des
Prinzips „Was nicht verboten ist, ist erlaubt" hängt von Voraussetzungen
ab, die wir über das betreffende Normensystem Sn
machen. Wesentlich ist in dieser Beziehung die Unterscheidung offener
und geschlossener Normensysteme (siehe unten)."
Kommentar-OW-S.232: Plausibel wird gebraucht, aber
nicht erklärt.
OW-S.272: "Die juristische Argumentation besteht aus rationalen Vorgängen, durch die man die Überzeugung von der Wahrheit gewisser Behauptungen, von der Geltung gewisser Normen oder von der Richtigkeit gewisser Wertungen gewinnt; diese Vorgänge kann man in deduktive (streng verbindliche) und in rhetorische (die [OW-S.272] Plausibilität erhöhende) Argumentationen einteilen."
OW-S.273: "Der juristische Tatsachenbeweis ist durch gewisse methodologische
Eigentümlichkeiten charakterisiert. Er stützt sich auf Informationen,
die den Beweismitteln (z. B. Zeugenaussagen) entnommen werden. Zwischen
den Berichten der Informationsquellen können Widersprüche bestehen.
Alle Widersprüche zwischen den Tatsachenprämissen müssen
vor der Durchführung der logischen Beweisdeduktion behoben werden.
(Die Logik kann solche Widersprüche aufweisen, aber nicht beheben.)
Die Tatsachenprämissen sind oft mit Glaubwürdigkeitszweifeln
verbunden. Dies beeinflußt die Methodologie der juristischen Deduktion:
1. Ist eines der Argumente unsicher und die These
nicht [OW-S.273-1] plausibel,
erscheint die These in eigenartiger Weise unsicher; es besteht eine scharfe
Alternative zwischen Beweisen (wenn man dem unsicheren Argument Glauben
schenkt) und der Verwerfung des Beweises (wenn man dem unsicheren Argument
keinen Glauben schenkt), die nicht durch Übergang zu einer Wahrscheinlichkeitsbestimmung
gelöst werden kann.
2. Bei der Deduktion mit Berücksichtigung der
Glaubwürdigkeitsfrage beurteilt man immer auch direkt die [OW-S.273-2]
Plausibilität
der These: ist diese [OW-S.273-3]
plausibel,
erhöht dies die Glaubwürdigkeit der unsicheren Prämisse,
ist sie nicht [OW-S.273-4] plausibel, vertieft
dies die Zweifel an dem unsicheren Argument.
3. Bei der Deduktion wird die Wahrheitsbestimmung
der These von den Argumenten hergeleitet. In der juristischen Deduktion
mit Glaubwürdigkeitszweifeln gegenüber den Beweismitteln geht
die Erwägung immer in beide Richtungen, von den Argumenten zur These
und von der These zu den Argumenten. Beide Richtungen der Erwägung
stützen sich auf geläufige Deduktionsregeln, deren Anwendungsweise
sich hier eigenartig gestaltet. Aufgrund der Deduktion tritt an die Stelle
der Glaubwürdigkeitsfrage des Arguments Ai die Wägung
der [OW-S.273-5] Plausibilität von Ai
UND T gegenüber von NICHT Ai UND NICHT
T.
— Die Lösung dieser Problemsituation ist eine kognitiv gestützte
Entscheidung, die, wenn möglich, weitere Beweise heranzieht.
Kommentar-OW-S.273-1: Plausibel wird gebraucht,
aber nicht erklärt.
Kommentar-OW-S.273-2: Plausibel wird gebraucht,
aber nicht erklärt.
Kommentar-OW-S.273-3: Plausibel wird gebraucht,
aber nicht erklärt.
Kommentar-OW-S.273-4: Plausibel wird gebraucht,
aber nicht erklärt.
Kommentar-OW-S.273-5: Plausibel wird gebraucht,
aber nicht erklärt.
(Übungen)
OW-S.276: "32. Wie kann man die Rationalität der [OW-S.276-1]
Plausibilitätsargumentation
erklären? Führe verschiedene Auffassungen an (Perelman; Viehweg;
Alexy; die in diesem Buch vertretene Meinung).
Kommentar-OW-S.276-1: Hier unterstellt W. dass die
LeserIn weiß, was eine Plausibilitätsargumentation ist. Als
Hilfe
weist er auf Perelman, Viehweg, Alexy und seine eigene Position hin.
S.276b (Übungen)
33. Erkläre das Verhältnis der logischen Deduktion in der
[OW-S.276-2] Plausibilitätsargumentation bei
der Begründung von Rechtsentscheidungen."
Kommentar-OW-S.276-2: Hier unterstellt W. dass die
LeserIn weiß, was eine Plausibilitätsargumentation ist.
OW-S.381: "Wenn wir die Denkpraxis vom logischen Standpunkt aus untersuchen,
stoßen wir auf zwei Probleme: a) Die logische Strenge und die genaue
Anwendung jener Methoden, die sie garantieren, sind oft recht mühsam
und umständlich. Es wird also gezeigt werden müssen, wie die
Denkpraxis vorgeht, um Vereinfachung und Kürze der Denkarbeit zu erreichen,
ohne die Sicherheit und Verläßlichkeit zu verlieren. b) Die
Denkpraxis umfaßt nicht nur strenges Beweisen, nicht nur deduktive
Operationen, sondern auch [OW-381] Plausibilitätsargumentationen.
Die Begründungstheorie kann sich deswegen nicht auf die üblicherweise
in der Logik untersuchten Gedankenoperationen beschränken."
Kommentar-OW-381: Was Plausibilitätsargumentationen
sind, bleibt hier völlig offen und wird auch nicht durch Querverweis,
Fußnote, Anmerkung oder Literaturhinweis weitergeführt.
OW-S. 381f: "Das Begründen als rationale Untermauerung von Sätzen
kommt auf vielen Gebieten der Wissenschaft und der alltäglichen Praxis
zur Anwendung. Wich-[>382] tig sind verschiedenartige Wahrscheinlichkeitserwägungen
und das [OW-S.382-1] Plausibelmachen vor allem
dort, wo es um Stellungnahmen, Wertungen und die Bestimmung des Handelns
geht, oder wo man für Entscheidungen und Handlungen Rechenschaft ablegt.
Es ist problematisch, ob das Studium der [OW-S.382-2]
Plausibilitätsbegründung
in die Logik fällt, oder ob es eine eigene Wissenschaft, die Argumentationstheorie
— auch moderne Rhetorik genannt (Perelman) — bildet. Jedenfalls
ist die Argumentationslehre ein Nachbargebiet der Logik und hat viele Berührungspunkte
mit ihr. In diesem Buch ist es offenbar sinnvoll, auch einige Bemerkungen
zur [OW-S.382-3] Plausibilitätsbegründung
zu machen, denn sie hängt mit dem Beweisen in der Rechtspraxis eng
zusammen (siehe Kapitel 17)."
OW-S382: "Vom Gesichtspunkt der Strenge der Argumentation
können zwei Arten unterschieden werden: die deduktiven Begründungen
(Beweise) und die Begründungen ohne logische Stringenz. Die logisch
nicht streng beweiskräftigen Begründungen sind [OW-S.382-4] Plausibilitätsargumentationen
(Abschn. 16.5.2.) oder Wahrscheinlichkeitsschlüsse (Abschn. 14.7.).
Für das deduktive Denken ist es entscheidend,
die Prämissen klar und scharf auszudrücken — dies ist die Aufgabe
der logischen Analyse als Vorbereitung des deduktiven Beweises. Alles andere
ist dann durch die logischen Regeln bestimmt.
Es gibt viele Gelegenheiten für rhetorisches
Argumentieren ([OW-S.382-5] Plausibelmachen),
hauptsächlich wohl dort, wo man Begründungen oder Ratschläge
für menschliches Verhalten gibt, und wo man Wertungen rational stützen
will. Das [OW-S.382-6] Plausibelmachen kann
objektiv rationalen Charakter haben, oder es ist ein Überzeugen, relativ
zu einem subjektiven Standpunkt, zum Glauben und zu den Meinungen des Gesprächspartners.
Dem Effekt nach ist die überredende Begründung, die Propaganda,
der rhetorischen Argumentation verwandt, doch tritt bei der Propaganda
das rationale Moment gegenüber anderen Einwirkungsfaktoren zurück."
OW-S.395f: "... In der Praxis der Wissenschaften und des alltäglichen
Lebens geht es aber häufig darum, Beweise und Begründungen als
Orientierungshilfen für das Handeln zu verwerten; das heißt:
Argumentationen stehen [>396] im pragmatischen Kontext. Dann ist es natürlich
entscheidend, ob die Argumente [OW-396-1] plausible
und akzeptierte Voraussetzungen sind und ob die Thesen der Sprachbenutzer
überzeugend erscheinen."
OW-S.396: "16.5.2. Die [OW-396-2] Plausibilitätsargumentation
(Perelman)
Das vernunftmäßige Argumentieren besteht in der Angabe von
Gründen, die eine These wahrscheinlich und [OW-396-3] plausibel
machen (ohne sie strikt zu beweisen) oder welche die aktive, gegebenenfalls
die wertende Stellungnahme des Zuhörers durch Vernunftgründe
beeinflussen. Zum Unterschied von der beweisenden Argumentation nennt man
die rationale Begründung ohne logische Stringenz rhetorisch
oder [OW-396-4]
Plausibilitätsargumentation.
Die [OW-396-5]
Plausibilitätsargumentation
soll die [OW-396-6]
Plausibilität der
These erhöhen oder/und praktische Einstellungen schaffen, die der
Auffassung des Argumentierenden entsprechen.
Es ist unzweifelhaft, daß weder in der Theorie
noch in der Praxis alles bewiesen wird, alles strikt bewiesen werden kann.
Auch dort, wo deduktiv bewiesen wird, sind die Argumente oft nur rhetorisch
begründet. Dies tut den strikt deduktiven Schritten keinen Abbruch;
es führt bloß dazu, daß man, wenn die Argumente nicht
bewiesen, sondern nur wahrscheinlich bzw. [OW-396-7] plausibel
sind, die deduktiv gewonnenen Schlußfolgerungen nicht als bewiesen
ansehen kann. Sie haben nur hypothetische Geltung und müssen verifiziert
werden.
Es ist wichtig, sich klarzumachen, daß die
[OW-396-8] Plausibilitätsbegründungen
Vernunftsprozesse sind, bei denen gewisse Argumentationsfiguren auftreten
und bei denen die Überzeugungskraft sachlich geprüft werden kann.
Der Prozeß, durch den Überzeugung geschaffen
wird, kann im Sinne von Chaim Perelman, einem bedeutenden Vorkämpfer
der modernen Rhetorik, als Vorgang angesehen werden, bei dem ein Redner
(der Argumentierende) eine Zuhörerschaft (ein Auditorium) beeinflussen
und für seine Meinung gewinnen will. ..."
Kommentar-OW-396-1: plausible Voraussetzungen werden
nicht erklärt, auch nicht durch Querverweis, Fußnote, Anmerkung
oder Literaturhinweis.
Kommentar-OW-396-2: Abschnittsüberschrift,
die an dieser Stelle nicht zu erklären ist.
Kommentar-OW-396-3: Hier wird es erstmals inhaltlicher,
wenn Weinberger ausführt: "Das vernunftmäßige Argumentieren
besteht in der Angabe von Gründen, die eine These wahrscheinlich und
[OW-396-3]
plausibel machen (ohne sie strikt
zu beweisen)".
Kommentar-OW-396-4: Zu einer Plausibilitätsargumentation
gehört rationale Begründung ohne logische Stringenz.
Kommentar-OW-396-5: Es scheint nach dieser Textstelle
drei Gründe zu geben: logische, wahrscheinliche und plausible. Aber
was plausible Gründe sind, wird nicht erklärt und auch nicht
durch Querverweis, Fußnote, Anmerkung oder Literaturhinweis fortgeführt.
Kommentar-OW-396-6: Hier werden Ziel oder Zweck
der Plausibilitätsargumentation genannt: die Plausibilität einer
These erhöhen "oder/und praktische Einstellungen schaffen, die der
Auffassung des Argumentierenden entsprechen." wobei weiterhin im Unklaren
bleibt, wie das gehen kann oder soll.
Kommentar-OW-396-7: Plausibles heißt nicht
bewiesen.
Kommentar-OW-396-8: Kommentar-OW-396-8:
Es treten in Plausibilitätsbegründungen "gewisse Argumentationsfiguren"
auf, deren Überzeugungskraft sachlich geprüft werden könne,
wobei wiederum unerklärt bleibt, was für Argumentationsfiguren
das sind und wie die sachliche Prüfung vonstatten gehen kann oder
soll.
OW-S396f: "... Der Argumentationsprozeß kann auch in innerer Rede
eines Subjekts verlaufen: man kann sich selbst Argumente und Gegenargumente
[>397] vorlegen und die Argumentation sowie die durch sie [OW-397-1] plausibel
gemachte These einer abwägenden Prüfung unterziehen.
Überzeugungen können prinzipiell in zweierlei
Weise hervorgerufen werden: durch Überreden (Propaganda, Reklame
u. ä.), oder durch rationales (vernunftmäßiges) Argumentieren.
Zwischen bloßem Überreden und rationalem Überzeugen gibt
es meines Erachtens keine scharfe Grenze.
Es besteht das Problem, wie überhaupt zwischen
diesen beiden Methoden der Erzeugung von Überzeugungen begrifflich
unterschieden werden kann. Offensichtlich können in diesem interpersonalen
Prozeß zwei verschiedene Strategien zur Anwendung kommen: man versucht
Zustimmung dadurch zu gewinnen, daß man die subjektiven Auffassungen
und Präferenzen des Gesprächspartners anspricht, oder aber man
vertraut auf objektiv starke Argumente.
Die rationale Argumentation charakterisiert Perelman
in Gegenüberstellung zu der auf subjektive Einstellungen gerichteten
Begründung mit Hilfe der Idee des universellen Auditoriums.
Die rationale Begründung stützt sich auf das allgemeine Auditorium,
sie führt Argumente an, die dieses Auditorium, die vernünftige
Zuhörerschaft der Epoche, überzeugen, während das subjektive
Begründen so argumentiert, daß nur ein bestimmter Adressat überzeugt
wird.
Diese Konzeption der rationalen [OW-397-2] Plausibilitätsargumentation
ist interessant, wenn auch nicht frei von Problemen. Es geht — wenigstens
gelegentlich — darum, durch die Argumentation die Überzeugungen, die
in einer Gesellschaft herrschend sind, und daher als selbstverständlich
und allgemein akzeptabel gelten, zu überwinden. Diese Prozesse sind
durch den Maßstab des universellen Auditoriums als einer bestehenden
Kultursituation kaum angemessen erklärbar. Wenigstens seit Francis
Bacons „Novum organum scientiarum" (1620) wissen wir, daß unsere
Auffassungen und unser Denken von Vorurteilen verschiedener Art beeinflußt
werden. Und diese Vorurteile sollen gerade durch rationale Reflexionen
überwunden werden; daher kann die herrschende gesellschaftliche Akzeptanz
(repräsentiert durch das universelle Auditorium) nicht als letztes
Kriterium der Rationalität gelten. Die Forderung, sich die vernunftmäßige
Argumentation an das universelle Auditorium gerichtet vorzustellen, ist
daher nur insoweit entsprechend, als sie das auf subjektive Momente abgestellte
Überreden ausschließt. Es scheint aber, daß noch andere
Gesichtspunkte zur Charakteristik des rationalen Argumentierens erforderlich
sind, vor allem: die Bestrebung, so weit als möglich Begründungen
für unsere Thesen zu suchen; die Bereitschaft zur kritischen Prüfung
sowohl der Thesen als auch der Begründungen; vorsichtige Handhabung
logischer und logisch-analytischer Operationen, z. B. das Vermeiden voreiliger
Generalisierungen. Ein wesentlicher Zug jeder rationalen Gedankenführung
ist die Bemühung in dem Feld der Betrachtung oder der Argumentation,
alle [>398] alternativen Möglichkeiten in Betracht zu ziehen. Rationales
Argumentieren umfaßt immer auch Reflexionen über die Quellen
der Erkenntnis und des Wissens sowie über die Gewißheitsgrade
der Thesen."
Kommentar-OW-397-1: plausibel wird nicht erklärt,
ebenso wenig, wie die abwägende Prüfung erfolgen kann oder soll,
auch nicht durch Querverweis, Fußnote, Anmerkung oder Literaturhinweis.
Kommentar-OW-397-2: Unter Berufung auf Perelman
werden unterschiedlich adressierte Auditorien u.a. das universelle unterschieden
und diese Idee für interessant, wenn auch nicht unproblematisch befunden.
Es erfolgen jedoch keine näheren Ausführungen, auch kein Literaturhinweis,
wo man das bei Perelman nachlesen kann.
OW-S.398: "Trotz dieser Bedenken, die fordern, vor
allem Elemente der logischen Analyse und der Prozesse der kritischen Reflexion
zur Charakterisierung der vernunftmäßigen Begründung heranzuziehen,
bin ich der Meinung, daß Perelmans Lehre wesentliche Züge dieser
pragmatischen Prozesse erkannt hat; es ist auch ein bedeutendes Verdienst
dieses Autors, daß er die Bedeutung der [OW-398-1] Plausibilitätsargumentation
in verschiedenen Bereichen, und vor allem im Rechtsleben, aufgewiesen hat."
Kommentar-OW-398-1: Auch hier erfährt die Perlemansche
Plausibilitätsargumentation keine nähere Erläuterung, auch
nicht durch Querverweis, Fußnote, Anmerkung oder Literaturhinweis,
der hier mehr als angebracht wäre.
OW-S.399: "Argumentationen aufgrund von realen oder
Gedankenmodellen ermöglichen oft genaue Analysen, die exakte Momente
mit [OW-399-1]
Plausibilitätsargumenten
verbinden. Die Benützung von Gedankenmodellen als Argumentationsinstrument
kann durch die schon früher erwähnte Aporie des fliegenden Pfeiles
illustriert werden. Der fliegende Pfeil ist ein Modell der Bewegung, die
Bewegung kann wieder als Modell (Spezialfall) der Veränderung angesehen
werden."
Kommentar-OW-399-1: Auch die letzte Fundstelle zur
Plausibilitätsargumentation liefert keine näheren Erklärungen.
De-lege-ferenda nach (zu)künftigem
Recht
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z.B. mit Hilfe von "google": <suchbegriff>
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z.B. Wissenschaft site: www.sgipt.org. |
korrigiert 25.11.2021 irs Rechtschreibprüfung und gelesen