Begriffsanalyse plausibel, Plausibilität,
Plausibilitätskriterien
in rechtlichen Entscheidungen
Originalarbeit von Rudolf Sponsel, Erlangen
Haupt- und Verteilerseite Plausibilität
im Recht. * Plausibilität in der
Rechtswissenschaft *
Haupt- und Verteilerseite Plausibilitätsbegriff
und Plausibilitätstheorie.
Eigene Untersuchung zum
Plausibilitätsbegriff und einer allgemeinen Plausibilitätstheorie
mit einer Gesamtzusammenfassung
in 8 Sprachen (germ, engl, franz, span, port, russ, chin, arab).
Empirische Pilot-Studie zu Begriff
und Verständnis von Plausibilität.
Haupt- und Verteilerseite
Begriffsanalysen * Methodik
der Begriffsanalysen nach Wittgenstein *
Vorbemerkung: Gerichtliche Entscheidungen sind Urteile, Beschlüsse oder Verfügungen. Hier werden Arbeiten erfasst, die Urteile, Beschlüsse oder Verfügungen wiedergeben oder solche beurteilen, wobei Beurteilungen von Urteilen, Beschlüssen oder Verfügungen auch der Rechtswissenschaft zugeordnet werden könnten.
Zusammenfassung der Entscheidungs-Fundstellen: In keiner der hier untersuchten Entscheidungen wird der Plausibilitätsbegriff erklärt oder begründet. Das erwartet man in Entscheidungen auch nicht, aber bei einem so wichtigen und grundlegenden Begriff schon wenigstens Verweise z.B. in Fußnoten (Paradedisziplin der JuristInnen), Querverweisen, Anmerkungen oder Literaturhinweisen. Allerdings sind beim derzeitigen Forschungsstand der Rechtswissenschaft keine substanziellen Verweise zu erwarten.
"Die Fiktion der zu Recht unterbliebenen Anpassung der Betriebsrente nach § 16 Abs. 4 Satz 2 BetrAVG kann nur eintreten, wenn der Arbeitgeber dem Versorgungsempfänger in nachvollziehbarer Weise schriftlich dargelegt hat, aus welchen Gründen davon auszugehen ist, dass das Unternehmen voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die Anpassungsleistungen aufzubringen. Die Darlegungen des Arbeitgebers müssen so detailliert sein, dass der Versorgungsempfänger in der Lage ist, die Entscheidung des Arbeitgebers auf ihre Plausibilität zu überprüfen."
Kommentar-BAG-3 AZR 732/09: Obwohl es an dieser Stelle zwingend geboten wäre, wird Plausibilität nicht erklärt, auch nicht mit Fußnote, Anmerkung, Querverweis oder Literaturhinweis.
Benzing, Markus (2010) Das Beweisrecht
vor internationalen Gerichten und Schiedsgerichten in zwischenstaatlichen
Streitigkeiten. Heidelberg: Springer. [GB]
Kommentar: Was ein Plausibilitätsurteil ist, wird nicht erklärt. Vermutlich ist es aber ein Urteil, das auf Plausibilitätserwägungen beruht - was allerdings in jeder Entscheidung eine gewisse Rolle spielen dürfte.
Bundesgerichtshof Plausibilität des Ergebnisses einer auf
einer DNA-Untersuchung beruhenden Wahrscheinlichkeitsberechnung
Beschl. v. 22.10.2014, Az.: 1 StR 364/14
"Rn 8 Diesen Anforderungen an die Darstellung
des der Überzeugungsbildung zugrunde gelegten Sachverständigengutachtens
wird das angefochtene Urteil nicht in ausreichendem Maße gerecht.
Vorliegend hätte das Tatgericht daher darlegen müssen, aus welchen
Gründen genau eine Häufigkeitsberechnung durch den Sachverständigen
"rein formal" nicht möglich war und welche Anforderungen erfüllt
sein müssen, damit eine solche Berechnung durchgeführt werden
kann. Insbesondere lässt sich dem Urteil in Bezug auf die Wahrscheinlichkeitsberechnung
nicht entnehmen, ob es sich bei den formalen Gründen, die nach Auskunft
des Sachverständigen diese nicht zulassen, um solche handelt, die
sich auf die Zuverlässigkeit einer Wahrscheinlichkeitsberechnung auf
der Grundlage der untersuchten Merkmalssysteme auswirken. Aufgrund der
Feststellungen des Tatgerichts ist es dem Revisionsgericht hier nicht möglich
zu überprüfen, ob die Beweiswürdigung des Tatgerichts auf
einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruht, mithin die Ausführungen
zur Wahrscheinlichkeit plausibel sind."
BGH-Urteil-Aussagepsychologie
In der Zeitschrift der RechtspsychologInnen - Praxis
der Rechtspsychologie - wurden im Heft 2, 1999 die beiden Gutachten für
den BGH und das für die Glaubhaftigkeitsbegutachtung grundlegende
Urteil des BGH dokumentiert:
https://www.praxis-der-rechtspsychologie.de/pdf/archiv/1999_2-Aussagenpsychologie.pdf
BGH, Urt. vom 30. Juli 1999 - 1 StR 618/98 - LG Ansbach
Sekundärquelle: Praxis der Rechtspsychologie,
9 (2), 1999, 113-125
S.121 "Besonders beim Einsatz von Phantasieproben (und vergleichbaren
Verfahren) sind jedoch stets die Grenzen ihres Anwendungsbereichs zu beachten.
Phantasieproben dienen der Prüfung, ob eine Person bei einer unzweifelhaft
erfundenen Geschichte eine ebenso realistische, d. h. inhaltlich
plausible und emotional getönte Darstellung erreichen kann
wie bei dem Bericht des behaupteten Sachverhalts. Daher reicht ein solches
Verfahren nach seiner Konzeption nicht aus, um die Möglichkeit einer
durch Dritte induzierten Aussage zu prüfen. Denn bei Suggestibilität
handelt es sich nicht um ein situationsübergreifendes, persönlichkeitsspezifisches
Konstrukt, sondern um ein Phänomen, das nach heutigem Kenntnisstand
durch eine Reihe von kognitiven und sozialpsychologischen Mechanismen beeinflußt
wird."
Kommentar-BGH-1 StR 618/98: In dem Urteil gibt es
eine Fundstelle zu plausibel, aber keinerlei Erläuterung oder Erklärung
zu dem Begriff, auch nicht durch Fußnote, Anmerkung, Querverweis
oder Literaturhinweis.
Die folgenden Arbeiten könnten auch unter Psychologie,
speziell forensische Psychologie platziert werden, passen thematisch aber
auch hierher.
Fiedler & Schmid psychologisch plausibles und diagnostisch trennscharfes
Modell?
F&S1999-S.30 "d) Glaubwürdigkeit als Persönlichkeitsmodell:
Kann ein idiomatisches Gesetz, wonach Lügen und realitätsverletzende
Aussagen ein stabiles und vorhersagbares Persönlichkeitsmerkmal darstellt,
ein psychologisch plausibles und diagnostisch
trennscharfes Modell abgeben?"
Quelle: Gutachten für den 1. Strafsenat des
BGH. Gutachten über Methodik für Psychologische Glaubwürdigkeitsgutachten,
in Praxis der Rechtspsychologie, 9 (2), 1999, 5-45.
Kommentar-F&S1999-S.30: Auch hier wird der Plausibilitätsbegriff
nicht erklärt und begründet, sondern vorausgesetzt.
Fiedler & Schmid "plausibility of the implausible"
F&S1999-S.41: Die folgende Arbeit von Semin und Strack wird S.
23 beim Thema "3.3 Fehlschlüsse durch selektive Nutzung von Indikatoren"
und im Literaturverzeichnis S.41 .zitiert::
SeSt1980-S.41 (Lit): Semin, G.R., & Strack,
F. (1980). The plausibility of the implausible:
A critique of Snyder and Swann (1978). European Journal of Social Psychology,
10, 379-388.
Abstract: "Suggests that, in M. Snyder and W. B.
Swann's (see record 1980-09663-001) argument that individuals display a
cognitive bias in testing hypotheses about people's personal attributes,
the authors confounded belief with an assigned task. Two experiments in
which task and belief were manipulated independently for 108 undergraduates
indicate that their results are due to the task manipulation and not to
a hypothesis-confirming bias. (6 ref) (PsycINFO Database Record (c) 2016
APA, all rights reserved)"
Sekundärquelle: Gutachten für den 1. Strafsenat
des BGH. Gutachten über Methodik für Psychologische Glaubwürdigkeitsgutachten,
in Praxis der Rechtspsychologie, 9 (2), 1999, 5-45, im Literaturverzeichnis
S. 41.
Kommentar-F&S1999-S.41: Ein etwas kryptischer
Titel, der ohne tiefere Kenntnis der Arbeit nicht angemessen eingeschätzt
werden kann.
Steller & Volbert "wenig plausibel"
S&V1999-S.82: "Unter Berücksichtigung dieser Überlegungen
ist die Erwartung, Mittelwertunterschiede müßten sich in allen
Untersuchungen, insbesondere auch in allen Simulationsstudien, bei allen
Qualitätsmerkmalen finden, wenig plausibel.
Von daher erfassen Bewertungen, daß diejenigen Merkmale am wichtigsten
seien, die in den meisten Untersuchungen zwischen erlebnisbasierten und
erfundenen Schilderungen diskriminieren (z. B. Ruby & Brigham, 1997),
die Bedeutung der Qualitätsmerkmale nur unzureichend; sie berücksichtigen
nicht ausreichend die unterschiedliche inhaltliche Validität der Merkmale."
Quelle: Gutachten für den 1. Strafsenat des
BGH. Steller, Max & Volbert, Renate (1999) Forensisch-aussagepsychologische
Begutachtung (Glaubwürdigkeitsbegutachtung). Praxis der Rechtspsychologie,
9 (2), 1999, 46-125.
Kommentar-S&V1999-S.82: "wenig plausibel" spricht
für einen quantitativen Plausibilitätsbegriff, wobei plausibel
nicht erklärt wird, auch nicht durch Fußnote, Anmerkung, Querverweis
oder Literaturhinweis.
Steller & Volbert Plausibilität und CBCA
[RS: Criteria-Based Content Analysis, merkmalsorientierte Inhaltsanalyse]
S&V1999-S.84 FN23: "Tatsächlich resümieren beispielsweise
Ruby und Brigham (1997) auch lediglich: „Although the CBCA technique shows
some promise in enabling raters to differentiate true from false statements,
the authors conclude that the presentation of expert testimony derived
from CBCA analyses of an individual child would be premature and unwarranted"
(S. 705). Sie beziehen sich also selbst nur auf eine Auswertungskomponente,
nehmen jedoch diesen Teil für das Ganze und erwecken durch die Art
ihrer Darstellung den Eindruck, ihr Resümee gelte für die gesamte
Methodik. Auch Lamb, Sternberg et al. (1997) resümieren: „The findings
generally affirm the validity of Undeutsch's (1982) observations about
the characteristics of credible accounts and thus suggest that the underlying
principles may be of value to forensic investigators and fact finders.
They also underscore that CBCA scores should not yet — and perhaps should
never — be used in forensic contexts to evaluate individual statements,
however. The statistically significant relationship between plausibility
and CBCA scores is not sufficiently strong to support opinions about the
veracity of individual accounts solely on the basis of the CBCA scores.
Even if high scores were indicative of plausibility,
furthermore, low scores may be attributable to a variety of causes (including
poor interview quality and reticence on the part of the child) independent
of veracity" (5. 191)."
Quelle: Gutachten für den 1. Strafsenat des
BGH. Steller, Max & Volbert, Renate (1999) Forensisch-aussagepsychologische
Begutachtung (Glaubwürdigkeitsbegutachtung). Praxis der Rechtspsychologie,
9 (2), 1999, 46-125.
Kommentar-S&V1999-S.84 FN23: Plausibel wird
nicht erklärt, obwohl der Begriff ja operationalisiert sein müsste,
wenn eine statistische Signifikanz zwischen Plausibilität und CBCA
scores für nicht stark genug befunden wird.
Anmerkung: Die Sichtung Lamb, M. E., Sternberg,
K., Esplin, P. W., Hershkowitz, 1., Orbach, Y. & Hovav, M. (1997).
Criterion-based content analysis: a field validation study. Child Abuse
& Neglect, 21, 255-264. erbrachte 50 Treffer zu "plausib". Eine
Definition konnte ich auch hier nicht finden.
BVerG Bundesverwaltungsgericht Ein
erstes Plausibilitätsurteil zu Planrechtfertigung
https://openjur.de/u/394598.html
"Rn43: Zusammenhängend mit der Klassifizierungsproblematik ist
danach Präklusion auch eingetreten in Bezug auf die Frage der Planrechtfertigung.
Diese ist (nur) gegeben, wenn für das beabsichtigte Vorhaben nach
Maßgabe der vom Straßengesetz allgemein verfolgten Ziele ein
Bedürfnis besteht; das ist nicht erst bei Unabweisbarkeit des Vorhabens
der Fall, sondern schon dann, wenn das Vorhaben vernünftigerweise
geboten ist; insoweit geht es bei der Planrechtfertigung (nur) um ein erstes
Plausibilitätsurteil
über
die allgemeine Zielkonformität des Vorhabens (vgl. BVerwG, Beschl.
v. 21.02.1997 - 4 B 169.96)."
Kommentar-BVerG-4 B 169.96-Rn43: Ein erstes Plausibilitätsurteil,
das nicht erklärt wird, scheint etwas Geringeres als ein vollständiges
Urteil zu sein.
Zusammenfassung Dahs: Der 12 Seiten Artikel enthält 15, davon 12 inhaltliche, Fundstellen "plausib". An keiner Stelle des Artikels wird der Begriff Plausibilität erklärt oder begründet, auch nicht durch Fußnote, Querverweis, Anmerkung oder Literaturhinweis. Das Plausibilitätsurteil erfolgt willkürlich nach Meinung, obwohl Plausibilität als zentrales Kriterium für die Beweiswürdigung angesehen und erforderlich für eine tragfähige Entscheidung gehalten wird (51f-5,6). Die Bedeutung des Plausibilitätsbegriffs ist also grundlegend wichtig, so dass es zwingend erforderlich gewesen wäre, dass Dahs den Begriff der Plausibilität klärt, erklärt und begründet.
Die Fundstellen-Ergebnisse im einzelnen (inhaltlich nicht zählende eingerückt):
Dahs-S.41: "... Die mutige, manchmal sogar etwas verschmitzt wirkende
Originalität, mit der Rainer Hamm immer bereit und in der Lage
war, unkonventionelle, ja provozierende neue Ideen, Thesen und Anträge
zu entwickeln und pointiert in die Praxis des Strafprozesses einzuführen.
Daran erinnert die Buchpassage, in der er unter dem Aspekt der Leistungsmethode
der Revision zwar mit Elementen der Verschmelzung von Revision und Berufung
„kokettiert"FN3 und die „Neigung" von Revisionsgerichten ausmacht, bei
„schwerwiegenden Bedenken" über die Sachrüge eine problematische
Abhilfe zu schaffen.FN4 Dabei erkennt er durchaus, daß auch die sog.
erweiterte Revision letztlich eine Plausibilitätskontrolle
in der Art einer „ganzheitlichen Richtigkeitskontrolle mit Rekonstruktionsverbot"
sein könnte.FN5"
Kommentar-Dahs-S.41: Plausibilitätskontrolle
wird hier mit der erweiterten Revision gleichgesetzt. Die erste Möglichkeit,
den Begriff zu erklären und zu begründen wird nicht wahrgenommen.
Dahs-S.41f: "Wenn diese These bis heute auch noch nicht herrschende
Meinung geworden ist, so soll, aufbauend auf seinen Grund-[>42] überlegungen,
hier ein Denkansatz aufgegriffen werden, der mit dem Begriff „Plausibilitätsrüge"
sicher ebenso rechtlich anfechtbar wie praktisch-plastisch richtig verstanden
werden kann."
Kommentar-Dahs-S.41f: Das Beurteilungsspektrum für
die Plausibilitätsrüge wird weit gefasst, nämlich zwischen
rechtlich anfechtbar bis hin, zum praktisch-plastisch richtigen verstehen
können. Warum und wieso erfährt man nicht.
Dahs-S.47 Kopfzeile
Dahs-S.48 "„Es erscheint indes wenig plausibel,
daß ... eine derartige Häufung wäre jedenfalls in einem
Maße außergewöhnlich, daß solches besonders kritischer
Begründung bedürfte.""
Kommentar-Dahs-S.48: "Wenig plausibel" spricht für
eine quantitative Plausibilitätsauffassung, ohne dass man erfährt,
was mehr oder weniger Plausibilität zugrunde liegt. Plausibilität
ist also nach 7 Seiten vom Anfang immer noch ungeklärt.
Dahs-S.50 "... Ist nicht das von Hanack so bezeichnete „Phänomen
einer richterrechtlich entwickelten Tatsachenrüge eigenständigen
Charakters" schlicht die „Plausibilität"
der Beweiswürdigung?FN18"
Kommentar-Dahs-S.50: Hier wird gefragt, ob Plausibilität
nicht einfach nur einer richterrechtlich
entwickelten Tatsachenrüge gleichkommt.
Dahs-S.50f "... Ähnlich hat es auch Meyer-GoßnerFN39
ausge-[>51] sprochen: „Die Revisionsgerichte haben ... in neuerer
Zeit ihre Prüfungsbefugnis dahin ausgeweitet, ob die Beweiswürdigung
des Tatrichters plausibel — d.h. für
das Revisionsgericht nachvollziehbar ist. ..."FN40"
Kommentar-Dahs-S.50f: Plausibilität wird nicht
erklärt, aber mit nachvollziehbar gleichgesetzt. Damit ist die Begriffserklärung
auf "nachvollziehbar" verschoben. Ein typische Unsitte der Geistes-, Rechts-
Sozial- und Kulturwissenschaften (>Begriffsverschiebebahnhöfe)
einen unklaren durch einen anderen unklaren Begriff pseudo zu erklären.
.
Dahs-S.51f1,2,3,4 Kopfzeile
"Auch Meyer-Goßner will also die mangelnde [1] Plausibilität
im Interesse der Einzelfallgerechtigkeit ebenfalls als Maßstab für
die sachlich-rechtliche Kontrolle ansehen. Mängel in der schriftlichen
Dokumentation der Überlegungen des Tatrichters sind Indizien für
Würdigungsmängel.FN41 Daß jedenfalls insoweit die
Revision nicht mehr vorrangig zur Wahrung der Rechtsprechungseinheit dient,
sondern gleichrangig Mittel zur Garantie einer gerechten Einzelfallentscheidung
entsprechend der „Leistungsmethode" ist, hat Hanack bereits 1982FN42
bestätigt und erscheint auch heute dogmatisch „verkraftbar". Ein solches
Bekenntnis zur [2] „Plausibilitätskontrolle"
hat seine ausdrückliche „richterliche Weihe" schließlich in
einer neueren Entscheidung des 5. Strafsenats vom 25.1.2006FN43 besonders
deutlich gefunden. Es heißt dort:
Und weiter hebt er ausdrücklich darauf ab, daß die von
ihm aufgezeigten
so relevant waren, daß sie bei der gegebenen sehr problematischen
Beweissituation allein zur Aufhebung des Urteils führen mußten.
Interessant, daß der Senat dies alles unter den Obersatz stellt,
daß
war, obwohl das Landgericht an sich zutreffend eine „Gesamtschau"
des Indizienmaterials vorgenommen hatte. Diese Ausführungen illustrieren
in augenfälliger Weise, wie „tief" das Revisionsgericht zur Kontrolle
des Einzelfalls in die Beweiswürdigung „einzusteigen" bereit ist.
_
Der Oberbegriff [5] „Plausibilität"
(plausibel etymologisch = einleuchtend, begreiflich, Beifall/Zustimmung
verdienend) könnte damit bis zu einem gewissen Grade für die
Rechtspraxis verständlich als Beschreibung und Klammerbegriff für
die vielen Varianten der Einzelprüfung von Beweiswürdigungen
dienen. Er enthält bei zutreffendem Verständnis auch die Beschränkung
des revisionsrechtlichen „So jedenfalls nicht ..." und reicht nicht in
den [>52] der Revision verschlossenen Bereich hinein, in dem Argumente
der Beweiswürdigung des Tatrichters als [6] unplausibel
verworfen
und durch eine eigene des Revisionsgerichts ersetzt werden (vulgo: „...
Der Tatrichter hätte dem Zeugen also glauben müssen")."
Dahs-S.52-1,2 "Es konnte nicht das Anliegen dieser Gedankenskizze
sein, die richterrechtlich entwickelte Kontrollbefugnis der Revisionsgerichte
in der Sache „voranzubringen". Das Bemühen galt deshalb nur einer
weiteren Verdeutlichung und dem Versuch einer sinngerecht beschreibenden
Zusammenfassung und Begrifflichkeit eines zuweilen sehr hochdifferenzierten,
filigranen Prüfungssystems. Deshalb mag es auch dahinstehen, ob der
Sammelbegriff richtigerweise etwa hätte [1] „Implausibilitätsrüge"
heißen müssen. Die Hauptsache ist, daß keiner unserer
Strafverteidiger-Kollegen jetzt auf die Idee kommt, den revisionsrechtlichen
Aufhebungsantrag schlicht mit dem Satz zu begründen:
„Es wird die [2] Plausibilitätsrüge erhoben"!
Das Wohlwollen eines Senats müßte wohl schon sehr groß
sein, um darin eine ordnungsgemäß ausgeführte Rüge
der Verletzung sachlichen Rechts zu erkennen! Ungeachtet dessen gilt aber:
Leges ab omnibus intellegi debent!FN44
Ende Dahs
Deckers: Aussage gegen Aussage
RÜDIGER DECKERS Aussage gegen Aussage - zur Entwicklung der revisionsgerichtlichen
Rechtsprechung und der Aussagepsychologie 53-. In: Festschrift für
Rainer Hamm zum 65. Geburtstag am 24. Februar 2008. Herausgegeben von:
Regina Michalke, Wolfgang Köberer, Jürgen Pauly und Stefan Kirsch.
S.55f: "Der Nachweis über das behauptete Geschehen kann demnach
erst dann als geführt angesehen werden, wenn die Belastungsaussage
nach den Kriterien der wissenschaftlichen AussageanalyseFN17 als erlebnisfundiert
anzusehen ist und [>56] eine höhere Plausibilität,
Konsistenz und Schlüssigkeit als die bestreitende Erklärung des
Angeklagten für sich reklamieren kann.FN18" [GB]
FN17
Vgl. dazu: Köhnken Glaubwürdigkeitsbegutachtung, in: Widmaier
(Hrsg.) Strafverteidigung, 2006,1. 2267, 2273 u. 2281.
De-lege-ferenda nach (zu)künftigem
Recht
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korrigiert 26.11.2021 irs Rechtschreibprüfung und gelesen