Internet Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie
    (ISSN 1430-6972)
    IP-GIPTDAS=27.11.2021 Internet Erstausgabe, letzte Änderung: 08.01.22
    Impressum: Diplom-Psychologe Dr. phil. Rudolf Sponsel   Stubenlohstr. 20   D-91052 Erlangen
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    Willkommen in unserer Internet-Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie IP-GIPT1, Abteilung Wissenschaft, Bereich Sprache und Begriffsanalysen und hier speziell zum Thema:

    Begriffsanalyse plausibel, Plausibilität, Plausibilitätskriterien
    in rechtlichen Entscheidungen

    Originalarbeit von  Rudolf Sponsel, Erlangen

    Haupt- und Verteilerseite Plausibilität im Recht. * Plausibilität in der Rechtswissenschaft *
    Haupt- und Verteilerseite Plausibilitätsbegriff und Plausibilitätstheorie.
    Eigene Untersuchung zum Plausibilitätsbegriff und einer allgemeinen Plausibilitätstheorie
    mit einer Gesamtzusammenfassung in 8 Sprachen (germ, engl, franz, span, port, russ, chin, arab).
    Empirische Pilot-Studie zu Begriff und Verständnis von Plausibilität.
    Haupt- und Verteilerseite Begriffsanalysen  * Methodik der Begriffsanalysen nach Wittgenstein *


    Zusammenfassung - Abstract - Summary
    Haupt- und Verteilerseite Plausibilität im Recht. * Plausibilität in der Rechtswissenschaft * 

    Gebrauchsbeispiele, Fundstellen plausibel / Plausibilität in Entscheidungen:
    __BAG – Urteil, 3 AZR 732/09 vom 11.10.2011
    __Benzing (2010) Das Beweisrecht vor internationalen Gerichten und Schiedsgerichten.
    __BGH:
    ____BGH Plausibilitätsurteil zum bedingten Vorsatz bei Tötungsdelikten.
    ____Bundesgerichtshof Plausibilität des Ergebnisses einer auf einer DNA-Untersuchung
    ______beruhenden Wahrscheinlichkeitsberechnung.
    ____BGH Aussagepsychologie.
    ______Fiedler & Schmid relative Plausibilität.
    ______Fiedler & Schmid psychologisch plausibles und diagnostisch trennscharfes Modell?
    ______Fiedler & Schmid "plausibility of the implausible".
    ______Steller & Volbert "wenig plausibel".
    ______Steller & Volbert Plausibilität und CBCA. 
    __BVerG Bundesverwaltungsgericht ein ersten Plausibilitätsurteil.
    __Dahs, Hans (2008) Die "Plausibilitätsrüge".
    __Deckers: Aussage gegen Aussage.
    __Mengler, Till (2016) Die lückenhafte Beweiswürdigung im tatgerichtlichen Urteil: Eine
    ____Untersuchung zum System der Beweiswürdigungsfehler. 
    __OLG-München-31 Wx 144/15 (2016). 

    Glossar, Anmerkungen und Endnoten * Literatur * Links * Querverweise * 
    Zitierung & Copyright * Änderungen *
     

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    Zusammenfassung - Abstract - Summary plausibel / Plausibilität in rechtlichen Entscheidungen und ihre Beurteilungen

    Vorbemerkung: Gerichtliche Entscheidungen sind Urteile, Beschlüsse oder Verfügungen. Hier werden Arbeiten erfasst, die Urteile, Beschlüsse oder Verfügungen wiedergeben oder solche beurteilen, wobei Beurteilungen von Urteilen, Beschlüssen oder Verfügungen auch der Rechtswissenschaft zugeordnet werden könnten.

    Zusammenfassung der Entscheidungs-Fundstellen: In keiner der hier untersuchten Entscheidungen wird der Plausibilitätsbegriff erklärt oder begründet. Das erwartet man in Entscheidungen auch nicht, aber bei einem so wichtigen und grundlegenden Begriff schon wenigstens Verweise z.B. in Fußnoten (Paradedisziplin der JuristInnen), Querverweisen, Anmerkungen oder Literaturhinweisen. Allerdings sind beim derzeitigen Forschungsstand der Rechtswissenschaft keine substanziellen Verweise zu erwarten.

    • BAG Bundesarbeitsgericht. Plausibilität Betriebsrente BAG – Urteil, 3 AZR 732/09 vom 11.10.2011 Zusammenfassung: Kommentar-BAG-3 AZR 732/09: Obwohl es an dieser Stelle zwingend geboten wäre, wird Plausibilität nicht erklärt, auch nicht mit Fußnote, Anmerkung, Querverweis oder Literaturhinweis.
    • Benzing (2010) Das Beweisrecht vor internationalen Gerichten und Schiedsgerichten. Zusammenfassung. "um nicht mehr als ein Plausibilitätskriterium" drückt eine gewisse Schwäche aus. Ein Plausibilitätsurteil ist anscheinend auch bei sich widersprechenden Beweisstücken möglich (im Einklang mit meinem Definitionsvorschlag). Eine Begriffsklärung erfolgt nicht, auch nicht durch einen Querverweis, Literaturhinweis, eine Fußnote oder Anmerkung.
    • BGH:
      • BGH Plausibilitätsurteil zum bedingten Vorsatz bei Tötungsdelikten. Zusammenfassung: Was ein Plausibilitätsurteil ist, wird nicht erklärt. Vermutlich ist es aber ein Urteil, das auf Plausibilitätserwägungen beruht - was allerdings in jeder Entscheidung eine gewisse Rolle spielen dürfte.
      • Bundesgerichtshof Plausibilität des Ergebnisses einer auf einer DNA-Untersuchung beruhenden Wahrscheinlichkeitsberechnung Beschl. v. 22.10.2014, Az.: 1 StR 364/14
        • Kommentar-Rn7-1 StR 364/14: Plausibel wird in Rn 7 nicht erklärt, auch nicht durch Fußnote, Anmerkung, Querverweis oder Literaturhinweis. Dem Kontext entnehme ich, dass plausibel im Sinne von korrekt und richtig gebraucht wird (Produktregel anwendbar?). Wort und Begriffswahl kann ich daher nicht nachvollziehen. Aber die fehlende Erklärung beeinträchtigt mein Verständnis der Rüge praktisch so gut wie nicht, so dass man an dieser Stelle sagen kann, dass die fehlende Erklärung des Plausibilitätsbegriffs hier nicht verständnisrelevant ist und daher vernachlässigt werden kann.
        • Kommentar-Rn8-1 StR 364/14: Plausibel wird in Rn 8 nicht erklärt, auch nicht durch Fußnote, Anmerkung, Querverweis oder Literaturhinweis. Auch in Rn 8 entnehme ich dem Kontext, dass plausibel im Sinne von korrekt und richtig gebraucht wird. Die tatsächlichen Grundlagen der Beweiswürdigung sind mangels Ausweis nicht nachvollziehbar. Auch hier beeinträchtigt die fehlende Erklärung mein Verständnis der Rüge nicht und kann daher als nicht verständnisrelevant vernachlässigt werden.
      • BGH Aussagepsychologie Urt. vom 30. Juli 1999 - 1 StR 618/98 - LG Ansbach. Zusammenfassung: In dem Urteil gibt es eine Fundstelle zu plausibel, aber keinerlei Erläuterung oder Erklärung zu dem Begriff, auch nicht durch Fußnote, Anmerkung, Querverweis oder Literaturhinweis.
        • Fiedler & Schmid relative Plausibilität.  Zusammenfassung: Der Vergleich kontrastierender Hypothesen ist eine gute Grundidee, die auch dem BGH Urteils zugrundeliegt, wenn auch der Plausibilitätsbegriff leider nicht erklärt und begründet wird.
        • Fiedler & Schmid psychologisch plausibles und diagnostisch trennscharfes Modell?  Zusammenfassung: Auch hier wird der Plausibilitätsbegriff nicht erklärt und begründet, sondern vorausgesetzt.
        • Fiedler & Schmid "plausibility of the implausible".  Zusammenfassung: Ein etwas kryptischer Titel, der ohne tiefere Kenntnis der Arbeit nicht angemessen eingeschätzt werden kann.
        • Steller & Volbert "wenig plausibel".  Zusammenfassung: "wenig plausibel" spricht für einen quantitativen Plausibilitätsbegriff, wobei plausibel nicht erklärt wird, auch nicht durch Fußnote, Anmerkung, Querverweis oder Literaturhinweis.

        • Steller & Volbert Plausibilität und CBCA. Zusammenfassung:  Plausibel wird nicht erklärt, obwohl der Begriff ja operationalisiert sein müsste, wenn eine statistische Signifikanz zwischen Plausibilität CBCA scores für nicht stark genug befunden wird. Anmerkung: Die Sichtung Lamb, M. E., Sternberg, K., Esplin, P. W., Hershkowitz, 1., Orbach, Y. & Hovav, M. (1997). Criterion-based content analysis: a field validation study. Child Abuse & Neglect, 21, 255-264. erbrachte 50 Treffer zu "plausib". Eine Definition konnte ich auch hier nicht finden.
    • BVerG Bundesverwaltungsgericht ein erstes Plausibilitätsurteil. Zusammenfassung: "Ein erstes Plausibilitätsurteil", das nicht erklärt wird, scheint etwas Geringeres als ein vollständiges Urteil zu sein.
    • Dahs (2008) Die "Plausibilitätsrüge". Zusammenfassung: Der 12 Seiten Artikel enthält 15, davon 12 inhaltliche Fundstellen "plausib". An keiner Stelle des Artikels wird der Begriff Plausibilität erklärt oder begründet, auch nicht durch Fußnote, Querverweis, Anmerkung oder Literaturhinweis. Das Plausibilitätsurteil erfolgt willkürlich nach Meinung.
    • Deckers (2008) Aussage gegen Aussage. Zusammenfassung: Kommentar-Deck2008: Eine wichtige Stelle zur Rolle und Funktion der Plausibilität, deren Begriff nicht geklärt, erklärt oder begründet wird, auch nicht durch Fußnote, Anmerkung, Querverweis oder Literaturhinweis.
    • Mengler, Till (2016) Die lückenhafte Beweiswürdigung im tatgerichtlichen Urteil. Zusammenfassung: Die Suchfunktion bei Google-Books findet für Plausibilität einen Treffer auf S. 120, wo behauptet wird, dass der BGH seine Kontrolle der Beweiswürdigung im Wesentlichen auf die Plausibilität des Urteils fokussiert. Der Begriff wird zwar nicht erläutert, aber es gibt einen Literaturhinweis, nämlich auf Dahs, in Festschrift Hamm (2008).
    • OLG-München-31 Wx 144/15: Plausibel, mit nachvollziehbar assoziiert, wird nicht näher erläutert, auch nicht durch Fußnote, Querverweis, Anmerkung oder Literaturhinweis. Anscheinend hält das OL München plausibel für einen allgemeinverständlichen Grundbegriff - im Sinne von nachvollziehbar, verständlich, glaubhaft -, der nicht näher erklärungs- und begründungspflichtig ist.



    Fundstellen Plausibilität in Entscheidungen (alphabetisch sortiert)
     

    BAG Bundesarbeitsgericht
     

      BAG – Urteil, 3 AZR 732/09 vom 11.10.2011
          Sekundärquelle: https://www.juraforum.de/urteile/begriffe/plausibilitaet

      "Die Fiktion der zu Recht unterbliebenen Anpassung der Betriebsrente nach § 16 Abs. 4 Satz 2 BetrAVG kann nur eintreten, wenn der Arbeitgeber dem Versorgungsempfänger in nachvollziehbarer Weise schriftlich dargelegt hat, aus welchen Gründen davon auszugehen ist, dass das Unternehmen voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die Anpassungsleistungen aufzubringen. Die Darlegungen des Arbeitgebers müssen so detailliert sein, dass der Versorgungsempfänger in der Lage ist, die Entscheidung des Arbeitgebers auf ihre Plausibilität zu überprüfen."

          Kommentar-BAG-3 AZR 732/09: Obwohl es an dieser Stelle zwingend geboten wäre, wird Plausibilität nicht erklärt, auch nicht mit Fußnote, Anmerkung, Querverweis oder Literaturhinweis.


    Benzing, Markus (2010) Das Beweisrecht vor internationalen Gerichten und Schiedsgerichten in zwischenstaatlichen Streitigkeiten. Heidelberg: Springer. [GB]

      S. 628: „Bei der Beweislastfrage ging das Gericht von einer zweistufigen Prüfung aus.FN205 St. Vincent als Kläger und damit ursprünglich beweisbelastete Partei musste einen „Anfangsbeweis“ („initial burden“, „charge initiale“) erbringen, indem es nachwies, dass die Saiga zur Zeit der Beschlagnahme die Staatszugehörigkeit St. Vincents hatte. Dieser Beweis wurde nach Meinung der Richtermehrheit erfolgreich geführt.FN206 Das Beweismaß für diese Feststellung wurde nicht offen gelegt. Angesichts der sich teilweise widersprechenden Beweisstücke kann es sich jedoch nicht um mehr als ein Plausibilitätskriterium gehandelt haben.FN207 Daher musste, so das Gericht, nunmehr Guinea beweisen, dass das Schiff nicht in St. Vincent registriert sei oder nicht die Staatszugehörigkeit St. Vincents hatte.“
          Kommentar-Benzing-S.628: "um nicht mehr als ein Plausibilitätskriterium" drückt eine gewisse Schwäche aus. Ein Plausibilitätsurteil ist anscheinend auch bei sich widersprechenden Beweisstücken möglich. Eine Begriffsklärung erfolgt nicht, auch nicht durch einen Fußnote, Anmerkung, Querverweis, Literaturhinweis. Anmerkung: "Plausibel" oder "Plausibilität" ergab keine Treffer.


    BGH
     

      Plausibilitätsurteil-BGH zum bedingten Vorsatz bei Tötungsdelikten
      Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum bedingten Vorsatz bei Tötungsdelikten
        "Dabei geht es im Kern um ein Plausibilitätsurteil. Nämlich darum, ob die Alternativhypothese, dass der Täter nicht vorsätzlich handelte möglich und logisch schlüssig ist oder nicht."
            Quelle: https://www.fachzeitungen.de/ebook-rechtsprechung-des-bundesgerichtshofs-zum-bedingten-vorsatz-toetungsdelikten

            Kommentar: Was ein Plausibilitätsurteil ist, wird nicht erklärt. Vermutlich ist es aber ein Urteil, das auf Plausibilitätserwägungen beruht - was allerdings in jeder Entscheidung eine gewisse Rolle spielen dürfte.


      Bundesgerichtshof Plausibilität des Ergebnisses einer auf einer DNA-Untersuchung beruhenden Wahrscheinlichkeitsberechnung
      Beschl. v. 22.10.2014, Az.: 1 StR 364/14
       

            "Rn7 Wenn das Tatgericht dem Gutachten eines Sachverständigen folgt, hat es die wesentlichen Anknüpfungstatsachen und Ausführungen des Gutachters so darzulegen, dass das Rechtsmittelgericht überprüfen kann, ob die Beweiswürdigung auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruht, und ob die Schlussfolgerungen nach den Gesetzen, den Erkenntnissen der Wissenschaft und den Erfahrungssätzen des täglichen Lebens möglich sind (vgl. u.a. BGH, Beschluss vom 16. April 2013 - 3 StR 67/13, StV 2014, 587 f.; BGH, Urteil vom 21. März 2013 - 3 StR 247/12, NStZ 2013, 420, 422). Für die Überprüfung durch das Revisionsgericht, ob das Ergebnis einer auf einer DNA-Untersuchung beruhenden Wahrscheinlichkeitsberechnung plausibel ist, bedeutet dies, dass das Tatgericht jedenfalls mitteilen muss, wie viele Systeme untersucht wurden, ob diese unabhängig voneinander vererbbar sind (und mithin die Produktregel anwendbar ist), ob und inwieweit sich Übereinstimmungen in den untersuchten Systemen ergeben haben und mit welcher Wahrscheinlichkeit die festgestellte Merkmalskombination bei einer weiteren Person zu erwarten ist (BGH aaO, StV 2014, 587 f.)."
         
              Kommentar-Rn7-1 StR 364/14: Plausibel wird in Rn 7 nicht erklärt, auch nicht durch Fußnote, Anmerkung, Querverweis oder Literaturhinweis. Dem Kontext entnehme ich, dass plausibel im Sinne von korrekt und richtig gebraucht wird (Produktregel anwendbar?). Wort und Begriffswahl kann ich daher nicht nachvollziehen. Aber die fehlende Erklärung beeinträchtigt mein Verständnis der Rüge praktisch so gut wie nicht, so dass man an dieser Stelle sagen kann, dass die fehlende Erklärung des Plausibilitätsbegriffs hier nicht verständnisrelevant ist und daher vernachlässigt werden kann.


            "Rn 8 Diesen Anforderungen an die Darstellung des der Überzeugungsbildung zugrunde gelegten Sachverständigengutachtens wird das angefochtene Urteil nicht in ausreichendem Maße gerecht. Vorliegend hätte das Tatgericht daher darlegen müssen, aus welchen Gründen genau eine Häufigkeitsberechnung durch den Sachverständigen "rein formal" nicht möglich war und welche Anforderungen erfüllt sein müssen, damit eine solche Berechnung durchgeführt werden kann. Insbesondere lässt sich dem Urteil in Bezug auf die Wahrscheinlichkeitsberechnung nicht entnehmen, ob es sich bei den formalen Gründen, die nach Auskunft des Sachverständigen diese nicht zulassen, um solche handelt, die sich auf die Zuverlässigkeit einer Wahrscheinlichkeitsberechnung auf der Grundlage der untersuchten Merkmalssysteme auswirken. Aufgrund der Feststellungen des Tatgerichts ist es dem Revisionsgericht hier nicht möglich zu überprüfen, ob die Beweiswürdigung des Tatgerichts auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruht, mithin die Ausführungen zur Wahrscheinlichkeit plausibel sind."
         

              Kommentar-Rn8-1 StR 364/14: Plausibel wird in Rn 8 nicht erklärt, auch nicht durch Fußnote, Anmerkung, Querverweis oder Literaturhinweis. Auch in Rn 8 entnehme ich dem Kontext, dass plausibel im Sinne von korrekt und richtig gebraucht wird. Die tatsächlichen Grundlagen der Beweiswürdigung sind mangels Ausweis nicht nachvollziehbar. Auch hier beeinträchtigt die fehlende Erklärung mein Verständnis der Rüge nicht und kann daher als nicht verständnisrelevant vernachlässigt werden.


      BGH-Urteil-Aussagepsychologie
      In der Zeitschrift der RechtspsychologInnen - Praxis der Rechtspsychologie - wurden im Heft 2, 1999 die beiden Gutachten für den BGH und das für die Glaubhaftigkeitsbegutachtung grundlegende Urteil des BGH dokumentiert:
      https://www.praxis-der-rechtspsychologie.de/pdf/archiv/1999_2-Aussagenpsychologie.pdf

      BGH, Urt. vom 30. Juli 1999 - 1 StR 618/98 - LG Ansbach
          Sekundärquelle: Praxis der Rechtspsychologie, 9 (2), 1999, 113-125
      S.121 "Besonders beim Einsatz von Phantasieproben (und vergleichbaren Verfahren) sind jedoch stets die Grenzen ihres Anwendungsbereichs zu beachten. Phantasieproben dienen der Prüfung, ob eine Person bei einer unzweifelhaft erfundenen Geschichte eine ebenso realistische, d. h. inhaltlich plausible und emotional getönte Darstellung erreichen kann wie bei dem Bericht des behaupteten Sachverhalts. Daher reicht ein solches Verfahren nach seiner Konzeption nicht aus, um die Möglichkeit einer durch Dritte induzierten Aussage zu prüfen. Denn bei Suggestibilität handelt es sich nicht um ein situationsübergreifendes, persönlichkeitsspezifisches Konstrukt, sondern um ein Phänomen, das nach heutigem Kenntnisstand durch eine Reihe von kognitiven und sozialpsychologischen Mechanismen beeinflußt wird."
          Kommentar-BGH-1 StR 618/98: In dem Urteil gibt es eine Fundstelle zu plausibel, aber keinerlei Erläuterung oder Erklärung zu dem Begriff, auch nicht durch Fußnote, Anmerkung, Querverweis oder Literaturhinweis.

          Die folgenden Arbeiten könnten auch unter Psychologie, speziell forensische Psychologie platziert werden, passen thematisch aber auch hierher.
       

        Fiedler & Schmid relative Plausibilität
        F&S1999-S.24 "Es gibt keinen normierten Grenzwert, ab welcher Zahl oder Dichte von Realkennzeichen eine Wahrheit beginnt. Folglich kann man die Wahrheitshypothese nicht absolut prüfen, sondern muß sie durch Kontrastieren verschiedener Hypothesen in ihrer relativen Plausibilität prüfen."
            Quelle: Gutachten für den 1. Strafsenat des BGH. Gutachten über Methodik für Psychologische Glaubwürdigkeitsgutachten, in Praxis der Rechtspsychologie, 9 (2), 1999, 5-45.
            Kommentar-F&S1999-S.24: Der Vergleich kontrastierender Hypothesen ist eine gute Grundidee, die auch dem BGH Urteils zugrundeliegt, wenn auch der Plausibilitätsbegriff leider nicht erklärt und begründet wird.

        Fiedler & Schmid psychologisch plausibles und diagnostisch trennscharfes Modell?
        F&S1999-S.30 "d) Glaubwürdigkeit als Persönlichkeitsmodell:
        Kann ein idiomatisches Gesetz, wonach Lügen und realitätsverletzende Aussagen ein stabiles und vorhersagbares Persönlichkeitsmerkmal darstellt, ein psychologisch plausibles und diagnostisch trennscharfes Modell abgeben?"
            Quelle: Gutachten für den 1. Strafsenat des BGH. Gutachten über Methodik für Psychologische Glaubwürdigkeitsgutachten, in Praxis der Rechtspsychologie, 9 (2), 1999, 5-45.
            Kommentar-F&S1999-S.30: Auch hier wird der Plausibilitätsbegriff nicht erklärt und begründet, sondern vorausgesetzt.

        Fiedler & Schmid "plausibility of the implausible"
        F&S1999-S.41: Die folgende Arbeit von Semin und Strack wird S. 23 beim Thema "3.3 Fehlschlüsse durch selektive Nutzung von Indikatoren" und im Literaturverzeichnis S.41 .zitiert::
            SeSt1980-S.41 (Lit): Semin, G.R., & Strack, F. (1980). The plausibility of the implausible: A critique of Snyder and Swann (1978). European Journal of Social Psychology, 10, 379-388.
            Abstract: "Suggests that, in M. Snyder and W. B. Swann's (see record 1980-09663-001) argument that individuals display a cognitive bias in testing hypotheses about people's personal attributes, the authors confounded belief with an assigned task. Two experiments in which task and belief were manipulated independently for 108 undergraduates indicate that their results are due to the task manipulation and not to a hypothesis-confirming bias. (6 ref) (PsycINFO Database Record (c) 2016 APA, all rights reserved)"
            Sekundärquelle: Gutachten für den 1. Strafsenat des BGH. Gutachten über Methodik für Psychologische Glaubwürdigkeitsgutachten, in Praxis der Rechtspsychologie, 9 (2), 1999, 5-45, im Literaturverzeichnis S. 41.
            Kommentar-F&S1999-S.41: Ein etwas kryptischer Titel, der ohne tiefere Kenntnis der Arbeit nicht angemessen eingeschätzt werden kann.

        Steller & Volbert "wenig plausibel"
        S&V1999-S.82: "Unter Berücksichtigung dieser Überlegungen ist die Erwartung, Mittelwertunterschiede müßten sich in allen Untersuchungen, insbesondere auch in allen Simulationsstudien, bei allen Qualitätsmerkmalen finden, wenig plausibel. Von daher erfassen Bewertungen, daß diejenigen Merkmale am wichtigsten seien, die in den meisten Untersuchungen zwischen erlebnisbasierten und erfundenen Schilderungen diskriminieren (z. B. Ruby & Brigham, 1997), die Bedeutung der Qualitätsmerkmale nur unzureichend; sie berücksichtigen nicht ausreichend die unterschiedliche inhaltliche Validität der Merkmale."
            Quelle: Gutachten für den 1. Strafsenat des BGH. Steller, Max & Volbert, Renate (1999) Forensisch-aussagepsychologische Begutachtung (Glaubwürdigkeitsbegutachtung). Praxis der Rechtspsychologie, 9 (2), 1999, 46-125.
            Kommentar-S&V1999-S.82: "wenig plausibel" spricht für einen quantitativen Plausibilitätsbegriff, wobei plausibel nicht erklärt wird, auch nicht durch Fußnote, Anmerkung, Querverweis oder Literaturhinweis.

        Steller & Volbert Plausibilität und CBCA [RS: Criteria-Based Content Analysis, merkmalsorientierte Inhaltsanalyse]
        S&V1999-S.84 FN23: "Tatsächlich resümieren beispielsweise Ruby und Brigham (1997) auch lediglich: „Although the CBCA technique shows some promise in enabling raters to differentiate true from false statements, the authors conclude that the presentation of expert testimony derived from CBCA analyses of an individual child would be premature and unwarranted" (S. 705). Sie beziehen sich also selbst nur auf eine Auswertungskomponente, nehmen jedoch diesen Teil für das Ganze und erwecken durch die Art ihrer Darstellung den Eindruck, ihr Resümee gelte für die gesamte Methodik. Auch Lamb, Sternberg et al. (1997) resümieren: „The findings generally affirm the validity of Undeutsch's (1982) observations about the characteristics of credible accounts and thus suggest that the underlying principles may be of value to forensic investigators and fact finders. They also underscore that CBCA scores should not yet — and perhaps should never — be used in forensic contexts to evaluate individual statements, however. The statistically significant relationship between plausibility and CBCA scores is not sufficiently strong to support opinions about the veracity of individual accounts solely on the basis of the CBCA scores. Even if high scores were indicative of plausibility, furthermore, low scores may be attributable to a variety of causes (including poor interview quality and reticence on the part of the child) independent of veracity" (5. 191)."
            Quelle: Gutachten für den 1. Strafsenat des BGH. Steller, Max & Volbert, Renate (1999) Forensisch-aussagepsychologische Begutachtung (Glaubwürdigkeitsbegutachtung). Praxis der Rechtspsychologie, 9 (2), 1999, 46-125.
            Kommentar-S&V1999-S.84 FN23: Plausibel wird nicht erklärt, obwohl der Begriff ja operationalisiert sein müsste, wenn eine statistische Signifikanz zwischen Plausibilität und CBCA scores für nicht stark genug befunden wird.
            Anmerkung: Die Sichtung Lamb, M. E., Sternberg, K., Esplin, P. W., Hershkowitz, 1., Orbach, Y. & Hovav, M. (1997). Criterion-based content analysis: a field validation study. Child Abuse & Neglect, 21, 255-264. erbrachte 50 Treffer zu "plausib". Eine Definition konnte ich auch hier nicht finden.


      BVerG Bundesverwaltungsgericht  Ein erstes Plausibilitätsurteil zu Planrechtfertigung
      https://openjur.de/u/394598.html
      "Rn43: Zusammenhängend mit der Klassifizierungsproblematik ist danach Präklusion auch eingetreten in Bezug auf die Frage der Planrechtfertigung. Diese ist (nur) gegeben, wenn für das beabsichtigte Vorhaben nach Maßgabe der vom Straßengesetz allgemein verfolgten Ziele ein Bedürfnis besteht; das ist nicht erst bei Unabweisbarkeit des Vorhabens der Fall, sondern schon dann, wenn das Vorhaben vernünftigerweise geboten ist; insoweit geht es bei der Planrechtfertigung (nur) um ein erstes Plausibilitätsurteil über die allgemeine Zielkonformität des Vorhabens (vgl. BVerwG, Beschl. v. 21.02.1997 - 4 B 169.96)."
          Kommentar-BVerG-4 B 169.96-Rn43: Ein erstes Plausibilitätsurteil, das nicht erklärt wird, scheint etwas Geringeres als ein vollständiges Urteil zu sein.
       
       



    HansDahs (2008) Die "Plausibilitätsrüge"
    Quelle: Hans Dahs: Die "Plausibilitätsrüge" in (41-52) Festschrift für Rainer Hamm zum 65. Geburtstag am 24. Februar 2008. Herausgegeben von: Regina Michalke, Wolfgang Köberer, Jürgen Pauly und Stefan Kirsch.

        Zusammenfassung Dahs: Der 12 Seiten Artikel enthält 15, davon 12 inhaltliche, Fundstellen "plausib". An keiner Stelle des Artikels wird der Begriff Plausibilität erklärt oder begründet, auch nicht durch Fußnote, Querverweis, Anmerkung oder Literaturhinweis. Das Plausibilitätsurteil erfolgt willkürlich nach Meinung, obwohl Plausibilität als zentrales Kriterium für die Beweiswürdigung angesehen und erforderlich für eine tragfähige Entscheidung gehalten wird (51f-5,6). Die Bedeutung des Plausibilitätsbegriffs ist also grundlegend wichtig, so dass es zwingend erforderlich gewesen wäre, dass Dahs den Begriff der Plausibilität klärt, erklärt und begründet.

        Die Fundstellen-Ergebnisse im einzelnen (inhaltlich nicht zählende eingerückt):

      • Titel: "Die „Plausibilitätsrüge". Im Titel ist natürlich keine Begriffsklärung zu erwarten.
    • Kommentar-Dahs-S.41: Plausibilitätskontrolle wird hier mit der erweiterten Revision gleichgesetzt. Die erste Möglichkeit, den Begriff zu erklären und zu begründen wird nicht wahrgenommen.
    • Kommentar-Dahs-S.41f: Das Beurteilungsspektrum für die Plausibilitätsrüge wird weit gefasst, nämlich zwischen rechtlich anfechtbar bis hin, zum praktisch-plastisch richtigen verstehen können. Warum und wieso erfährt man nicht. Die zweite Möglichkeit, den Begriff zu erklären und zu begründen wird nicht wahrgenommen.
      • Dahs-S.47: Kopfzeile. Hier ist natürlich keine Begriffsklärung zu erwarten.
    • Kommentar-Dahs-S.48: "Wenig plausibel" spricht für eine quantitative Plausibilitätsauffassung, ohne dass man erfährt, warum mehr oder weniger Plausibilität zugrunde liegt. Plausibilität ist also nach 7 Seiten vom Anfang immer noch ungeklärt. Die dritte Möglichkeit, den Begriff zu erklären und zu begründen wird nicht wahrgenommen.
    • Kommentar-Dahs-S.50: Hier wird gefragt, ob Plausibilität nicht einfach nur einer  richterrechtlich  entwickelten Tatsachenrüge gleichkommt. Die vierte Möglichkeit, den Begriff zu erklären und zu begründen wird nicht wahrgenommen.
    • Kommentar-Dahs-S.50f: Plausibilität wird nicht erklärt, aber mit nachvollziehbar gleichgesetzt. Damit ist die Begriffserklärung auf "nachvollziehbar" verschoben. Ein typische Unsitte der Geistes-, Rechts- Sozial- und Kulturwissenschaften  (>Begriffsverschiebebahnhöfe)  einen unklaren durch einen anderen unklaren Begriff pseudo zu erklären.
    • Dahs-S.51f1,2,3,4,5,6:  Kopfzeile. Hier ist natürlich keine Begriffsklärung zu erwarten.
    • Kommentar-Dahs-S.51f-1: Plausibilität wird nicht erklärt, aber als Maßstab für die sachlich-rechtliche Kontrolle angesehen.
    • Kommentar-Dahs-S.51f-2: Plausibilität in Plausibilitätskontrolle wird nicht erklärt.
    • Kommentar-Dahs-S.51f-3: Plausibel wird nicht erklärt, aber mit naheliegend als Gegensatz zu fernliegend assoziiert.
    • Kommentar-Dahs-S.51f-4: Plausibilitätskontrolle wird erforderlich für ein Urteil gehalten, ohne dass erklärt wird, wie diese nun durchzuführen ist und was der Plausibilitätsbegriff nun genau bedeutet.
    • Kommentar-Dahs-S.51f-5: Die etymologische Bedeutung von plausibel wird nun als Oberbegriff für die "vielen Varianten der Einzelprüfung von Beweiswürdigungen" thematisiert und als zentrales Kriterium für die Beweiswürdigung in der Rechtspraxis vorgeschlagen. Damit ist die Begriffsklärung verschoben auf  "einleuchtend, begreiflich, Beifall/Zustimmung verdienend)" und damit neue  Begriffsverschiebebahnhöfe  eröffnet.
    • Kommentar-Dahs-S.51f-6:  Die Qualifizierung als "unplausibel" genügt dem Revisionsgericht, um eine Beweiswürdigung des Tatrichters zu verwerfen, was die zentrale Bedeutung der Plausibilität für die Beweiswürdigung noch einmal unterstreicht.
    • Kommentar-Dahs-S.52-1: Ob Plausibel oder implausibel, der Begriff bleibt bis zum Schluss ungeklärt.
    • Kommentar-Dahs-S.52-2: Witzig, aber es bleibt weiterhin ungeklärt, was der Begriff denn nun genau bedeutet und wie man feststellt, ob etwas mehr oder weniger plausibel ist oder nicht.
    _
    Fundstellen-Belege-Dahs
      Titel: "Die „Plausibilitätsrüge"

      Dahs-S.41: "... Die mutige, manchmal sogar etwas verschmitzt wirkende Originalität, mit der Rainer Hamm immer bereit und in der Lage war, unkonventionelle, ja provozierende neue Ideen, Thesen und Anträge zu entwickeln und pointiert in die Praxis des Strafprozesses einzuführen. Daran erinnert die Buchpassage, in der er unter dem Aspekt der Leistungsmethode der Revision zwar mit Elementen der Verschmelzung von Revision und Berufung „kokettiert"FN3 und die „Neigung" von Revisionsgerichten ausmacht, bei „schwerwiegenden Bedenken" über die Sachrüge eine problematische Abhilfe zu schaffen.FN4 Dabei erkennt er durchaus, daß auch die sog. erweiterte Revision letztlich eine Plausibilitätskontrolle in der Art einer „ganzheitlichen Richtigkeitskontrolle mit  Rekonstruktionsverbot" sein könnte.FN5"
          Kommentar-Dahs-S.41: Plausibilitätskontrolle wird hier mit der erweiterten Revision gleichgesetzt.  Die erste Möglichkeit, den Begriff zu erklären und zu begründen wird nicht wahrgenommen.

      Dahs-S.41f: "Wenn diese These bis heute auch noch nicht herrschende Meinung geworden ist, so soll, aufbauend auf seinen Grund-[>42] überlegungen, hier ein Denkansatz aufgegriffen werden, der mit dem Begriff „Plausibilitätsrüge" sicher ebenso rechtlich anfechtbar wie praktisch-plastisch richtig verstanden werden kann."
          Kommentar-Dahs-S.41f: Das Beurteilungsspektrum für die Plausibilitätsrüge wird weit gefasst, nämlich zwischen rechtlich anfechtbar bis hin, zum praktisch-plastisch richtigen verstehen können. Warum und wieso erfährt man nicht.

      Dahs-S.47 Kopfzeile

      Dahs-S.48 "„Es erscheint indes wenig plausibel, daß ... eine derartige Häufung wäre jedenfalls in einem Maße außergewöhnlich, daß solches besonders kritischer Begründung bedürfte.""
          Kommentar-Dahs-S.48: "Wenig plausibel" spricht für eine quantitative Plausibilitätsauffassung, ohne dass man erfährt, was mehr oder weniger Plausibilität zugrunde liegt. Plausibilität ist also nach 7 Seiten vom Anfang immer noch ungeklärt.

      Dahs-S.50 "... Ist nicht das von Hanack so bezeichnete „Phänomen einer richterrechtlich entwickelten Tatsachenrüge eigenständigen Charakters" schlicht die „Plausibilität" der Beweiswürdigung?FN18"
          Kommentar-Dahs-S.50: Hier wird gefragt, ob Plausibilität nicht einfach nur einer  richterrechtlich  entwickelten Tatsachenrüge gleichkommt.

      Dahs-S.50f  "... Ähnlich hat es auch Meyer-GoßnerFN39 ausge-[>51] sprochen:  „Die Revisionsgerichte haben ... in neuerer Zeit ihre Prüfungsbefugnis dahin ausgeweitet, ob die Beweiswürdigung des Tatrichters plausibel — d.h. für das Revisionsgericht nachvollziehbar ist. ..."FN40"
          Kommentar-Dahs-S.50f: Plausibilität wird nicht erklärt, aber mit nachvollziehbar gleichgesetzt. Damit ist die Begriffserklärung auf "nachvollziehbar" verschoben. Ein typische Unsitte der Geistes-, Rechts- Sozial- und Kulturwissenschaften  (>Begriffsverschiebebahnhöfe)  einen unklaren durch einen anderen unklaren Begriff pseudo zu erklären. .

      Dahs-S.51f1,2,3,4  Kopfzeile

      "Auch Meyer-Goßner will also die mangelnde [1] Plausibilität im Interesse der Einzelfallgerechtigkeit ebenfalls als Maßstab für die sachlich-rechtliche Kontrolle ansehen. Mängel in der schriftlichen Dokumentation der Überlegungen des Tatrichters sind Indizien für Würdigungsmängel.FN41  Daß jedenfalls insoweit die Revision nicht mehr vorrangig zur Wahrung der Rechtsprechungseinheit dient, sondern gleichrangig Mittel zur Garantie einer gerechten Einzelfallentscheidung entsprechend der „Leistungsmethode" ist, hat Hanack bereits 1982FN42 bestätigt und erscheint auch heute dogmatisch „verkraftbar". Ein solches Bekenntnis zur [2] „Plausibilitätskontrolle" hat seine ausdrückliche „richterliche Weihe" schließlich in einer neueren Entscheidung des 5. Strafsenats vom 25.1.2006FN43 besonders deutlich gefunden. Es heißt dort:
       

        „Diese Variante der Tatbegehung forderte jedoch eine zusätzliche, in die Gesamtwürdigung einzustellende Prüfung heraus, ob es [3] plausibel — oder hingegen eher fernliegend — erscheint, daß sich der Angeklagte ...".


      Und weiter hebt er ausdrücklich darauf ab, daß die von ihm aufgezeigten
       

        „mangelnde(n) Feststellungen für eine [4] Plausibilitätskontrolle"


      so relevant waren, daß sie bei der gegebenen sehr problematischen Beweissituation allein zur Aufhebung des Urteils führen mußten. Interessant, daß der Senat dies alles unter den Obersatz stellt, daß
       

        „die Prüfung möglicher Entlastungsindizien lückenhaft"


      war, obwohl das Landgericht an sich zutreffend eine „Gesamtschau" des Indizienmaterials vorgenommen hatte. Diese Ausführungen illustrieren in augenfälliger Weise, wie „tief" das Revisionsgericht zur Kontrolle des Einzelfalls in die Beweiswürdigung „einzusteigen" bereit ist.
      _
          Der Oberbegriff  [5] „Plausibilität" (plausibel etymologisch = einleuchtend, begreiflich, Beifall/Zustimmung verdienend) könnte damit bis zu einem gewissen Grade für die Rechtspraxis verständlich als Beschreibung und Klammerbegriff für die vielen Varianten der Einzelprüfung von Beweiswürdigungen dienen. Er enthält bei zutreffendem Verständnis auch die Beschränkung des revisionsrechtlichen „So jedenfalls nicht ..." und reicht nicht in den [>52] der Revision verschlossenen Bereich hinein, in dem Argumente der Beweiswürdigung des Tatrichters als [6] unplausibel verworfen und durch eine eigene des Revisionsgerichts ersetzt werden (vulgo: „... Der Tatrichter hätte dem Zeugen also glauben müssen")."
       

      • Kommentar-Dahs-S.51f-1: Plausibilität wird nicht erklärt, aber als Maßstab für die sachlich-rechtliche Kontrolle angesehen.
      • Kommentar-Dahs-S.51f-2: Plausibilität in Plausibilitätskontrolle wird nicht erklärt.
      • Kommentar-Dahs-S.51f-3: Plausibel wird nicht erklärt, aber mit naheliegend als Gegensatz zu fernliegend assoziiert.
      • Kommentar-Dahs-S.51f-4: Plausibilitätskontrolle wird erforderlich für ein Urteil gehalten, ohne dass erklärt wird, wie diese nun durchzuführen ist und was der Plausibilitätsbegriff nun genau bedeutet.
      • Kommentar-Dahs-S.51f-5: Die etymologische Bedeutung von plausibel wird nun als Oberbegriff für die "vielen Varianten der Einzelprüfung von Beweiswürdigungen" thematisiert und als zentrales Kriterium für die Beweiswürdigung in der Rechtspraxis vorgeschlagen. Damit ist die Begriffsklärung verschoben auf  "einleuchtend, begreiflich, Beifall/Zustimmung verdienend)", und damit sind neue  Begriffsverschiebebahnhöfe  eröffnet.
      • Kommentar-Dahs-S.51f-6:  Die Qualifizierung als "unplausibel" genügt dem Revisionsgericht, um eine Beweiswürdigung des Tatrichters zu verwerfen, was die zentrale Bedeutung der Plausibilität für die Beweiswürdigung noch einmal unterstreicht.


      Dahs-S.52-1,2 "Es konnte nicht das Anliegen dieser Gedankenskizze sein, die richterrechtlich entwickelte Kontrollbefugnis der Revisionsgerichte in der Sache „voranzubringen". Das Bemühen galt deshalb nur einer weiteren Verdeutlichung und dem Versuch einer sinngerecht beschreibenden Zusammenfassung und Begrifflichkeit eines zuweilen sehr hochdifferenzierten, filigranen Prüfungssystems. Deshalb mag es auch dahinstehen, ob der Sammelbegriff richtigerweise etwa hätte [1] „Implausibilitätsrüge" heißen müssen. Die Hauptsache ist, daß keiner unserer Strafverteidiger-Kollegen jetzt auf die Idee kommt, den revisionsrechtlichen Aufhebungsantrag schlicht mit dem Satz zu begründen:

          „Es wird die [2] Plausibilitätsrüge erhoben"!

      Das Wohlwollen eines Senats müßte wohl schon sehr groß sein, um darin eine ordnungsgemäß ausgeführte Rüge der Verletzung sachlichen Rechts zu erkennen! Ungeachtet dessen gilt aber: Leges ab omnibus intellegi debent!FN44
       

        Kommentar-Dahs-S.52-1: Ob Plausibel oder implausibel, der Begriff bleibt bis zum Schluss ungeklärt.
        Kommentar-Dahs-S.52-2: Zwar witzig, aber es bleibt weiterhin ungeklärt, was der Begriff denn nun genau bedeutet und wie man feststellt, ob etwas mehr oder weniger plausibel ist oder nicht.


    Ende Dahs


    Deckers: Aussage gegen Aussage
    RÜDIGER DECKERS Aussage gegen Aussage - zur Entwicklung der revisionsgerichtlichen Rechtsprechung und der Aussagepsychologie 53-. In: Festschrift für Rainer Hamm zum 65. Geburtstag am 24. Februar 2008. Herausgegeben von: Regina Michalke, Wolfgang Köberer, Jürgen Pauly und Stefan Kirsch.

    S.55f: "Der Nachweis über das behauptete Geschehen kann demnach erst dann als geführt angesehen werden, wenn die Belastungsaussage nach den Kriterien der wissenschaftlichen AussageanalyseFN17 als erlebnisfundiert anzusehen ist und [>56] eine höhere Plausibilität, Konsistenz und Schlüssigkeit als die bestreitende Erklärung des Angeklagten für sich reklamieren kann.FN18" [GB]
              FN17 Vgl. dazu: Köhnken Glaubwürdigkeitsbegutachtung, in: Widmaier (Hrsg.) Strafverteidigung, 2006,1. 2267, 2273 u. 2281.

      FN18  Vgl. zum Prüfungssatz: Eisenberg JR 2004, 358.
        Quelle: Deckers, Rüdiger (Aussage gegen Aussage — zur Entwicklung der revisionsgerichtlichen Rechtsprechung und der Aussagepsychologie. Festschrift für Rainer Hamm zum 65. Geburtstag am 24. Februar 2008 (2008), Seite 53-62
        Kommentar-Deck2008: Eine wichtige Stelle zur Rolle und Funktion der Plausibilität, deren Begriff nicht geklärt, erklärt oder begründet wird, auch nicht durch Fußnote, Anmerkung, Querverweis oder Literaturhinweis.



    Mengler, Till (2016) Die lückenhafte Beweiswürdigung im tatgerichtlichen Urteil. Zusammenfassung: Die Suchfunktion bei Google-Books findet für Plausibilität einen Treffer auf S. 120 [keine Leseprobe verfügbar], wo behauptet wird, dass der BGH seine Kontrolle der Beweiswürdigung im Wesentlichen auf die Plausibilität des Urteils fokussiert. Der Begriff wird zwar nicht erläutert, aber es gibt einen Literaturhinweis, nämlich auf Dahs, in Festschrift Hamm (2008) .



    OLG-München-31 Wx 144/15: Ausführungen des Gutachters nachvollziehbar und plausibel
    Oberlandesgericht München Beschluss, 15. Dez. 2016 - 31 Wx 144/15
    Quelle: https://ra.de/urteil/olgmuen/beschluss-31-wx-14415-2016-12-15
        2 "b) Für das von der Beschwerdeführerin erstrebte Einholung eines „Obergutachtens“ (neues Gutachten im Sinne des § 412 ZPO) besteht keine Veranlassung. Nach der gefestigten Rechtsprechung des BGH muss, wenn ein gerichtlich eingeholtes Sachverständigengutachten und ein sodann vorgelegtes Privatgutachten einander in einem entscheidungserheblichen Punkt widersprechen, bei fehlender eigener Sachkunde des Gerichts in der Regel zumindest eine ergänzende Stellungnahme des bisherigen gerichtlichen Sachverständigen zu dem gegenteiligen Privatgutachten eingeholt werden (BGH NJW 2002, 1651/1654). Diesen Anforderungen ist der Senat schon mit der Anhörung des Sachverständigen in den Terminen vom 27.09.2016 und 11.10.2016 nachgekommen, in denen den von den Beteiligten beauftragten Gutachtern nicht nur die Anwesenheit im Termin gestattet, sondern auch ein umfangreiches Fragerecht eingeräumt wurde. Davon haben die Privatgutachter auch in beiden Terminen Gebrauch gemacht. Der Sachverständige hat alle Fragen beantwortet und seinem Gutachten den zutreffenden Begriff der Testierfähigkeit im Sinne des § 2229 Abs. 4 BGB zugrunde gelegt. Er verfügt über die zur Begutachtung der Testierfähigkeit erforderliche Sachkunde. Seine Ausführungen sind nachvollziehbar und plausibel. Er hat in Erläuterung seines Gutachtens und in Kenntnis der eingeholten Privatgutachten seine Ausführungen schlüssig, nachvollziehbar und sachkundig abgegeben. Soweit der Sachverständige im Ergebnis seiner Begutachtung von den Einschätzungen der Privatgutachter abweicht, zwingt allein diese Abweichung nicht dazu, ein neues Gutachten zu erholen."
        Kommentar-OLG-München-31 Wx 144/15: Plausibel, mit nachvollziehbar assoziiert, wird nicht näher erläutert, auch nicht durch Fußnote, Querverweis, Anmerkung oder Literaturhinweis. Anscheinend hält das OL München plausibel wird einen allgemeinverständlichen Grundbegriff - im Sinne von nachvollziehbar, verständlich, glaubhaft -, der nicht erklärungs- und begründungspflichtig ist.





    Literatur: im Text.



    Links (Auswahl: beachte)
    https://www.rechtslexikon.net/i/index-p.htm [kein Eintrag plausibel / Plausibilität]
    https://www.degruyter.com/database/hwro/html



    Glossar, Anmerkungen und Fußnoten   Glossar Recht, Eigener weltanschaulicher Standort, Eigener wissenschaftlicher Standort.
    1) GIPT= General and Integrative Psychotherapy, internationale Bezeichnung für Allgemeine und Integrative Psychotherapie.
    __
    De-lege-lata nach geltendem Recht

    De-lege-ferenda nach (zu)künftigem Recht
    __
    Internetseite
    Um die häufige und lästige Fehlermeldung 404 zu minimieren, geben wir nur noch Links von Quellen an, die in den letzten Jahrzehnten eine hohe Stabilität ihrer URL-Adressen gezeigt haben (z.B. Wikipedia, DER SPIEGEL)
    __
     


    Querverweise
    Standort: Plausibilität in rechtlichen Entscheidungen
    *
    Haupt- und Verteilerseite Plausibilität im Recht. * Plausibilität in der Rechtswissenschaft *
    Eigene Untersuchung zum Plausibilitätsbegriff und einer allgemeinen Plausibilitätstheorie
    mit einer Gesamtzusammenfassung in 8 Sprachen (germ, engl, franz, span, port, russ, chin, arab).
    Empirische Pilot-Studie zu Begriff und Verständnis von Plausibilität.
    *
    Recht und Rechtswissenschaft. Eine kritische wissenschaftstheoretische Analyse mit Schwerpunkt Begriffswelt aus interdisziplinärer Perspektive.
    Problemfeld Rechtsbegriffe. Aus der Perspektive eines forensischen Sachverständigen.
    Potentielle Fehler in forensisch-psychopathologischen Gutachten, Beschlüssen und Urteilen der Maßregeljustiz.
    Eine methodenkritische Untersuchung illustriert an einigen Fällen u. a. am Fall Gustl F. Mollath mit einem Katalog der potentiellen forensischen Gutachtenfehler sowie einiger RichterInnen-Fehler.
    *
    Haupt- und Verteilerseite Begriffsanalysen  * Methodik der Begriffsanalysen nach Wittgenstein *
    Definieren und Definition * Wissenschaftliches Arbeiten * Zitieren in der Wissenschaft *
    Überblick Arbeiten zur Theorie, Definitionslehre, Methodologie, Meßproblematik, Statistik und Wissenschaftstheorie
    besonders in Psychologie, Psychotherapie und Psychotherapieforschung.
    *
    Suchen in der IP-GIPT, z.B. mit Hilfe von "google": <suchbegriff> site: www.sgipt.org
    z.B. Wissenschaft site: www.sgipt.org.
    *
    Dienstleistungs-Info.
    *

    Zitierung
    Sponsel, Rudolf  (DAS). Begriffsanalyse plausibel, Plausibilität, Plausibilitätskriterien in rechtlichen Entscheidungen Internet Publikation  für Allgemeine und Integrative Psychotherapie  IP-GIPT. Erlangen:  https://www.sgipt.org/wisms/sprache/BegrAna/Plausib/BApl_Recht-Ent.htm
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    korrigiert 26.11.2021 irs Rechtschreibprüfung und gelesen



    Änderungen Kleinere Änderungen werden nicht extra ausgewiesen; wird gelegentlich überarbeitet und ergänzt.
    08.01.22    Ergänzung OLG-München-31 Wx 144/15.
    27.11.21    Erstmals ins Netz
    26.11.21    irs Rechtschreibprüfung und gelesen
    22.11.21    Als eigene Seite angelegt.
    01.07.21    Mit der Recherche und Materialsammlung begonnen.