Internet Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie
    (ISSN 1430-6972)
    IP-GIPT DAS=09.08.2015 Internet-Erstausgabe, letzte Änderung:  tt.mm.jj
    Impressum: Diplom-Psychologe Dr. phil. Rudolf Sponsel  Stubenlohstr. 20   D-91052 Erlangen
    Mail: sekretariat@sgipt.org_ Zitierung  & .Copyright

    Anfang_ Nur wahre Geständnisse?_ Überblick_ Rel. Aktuelles_ Rel. Beständiges _  Titelblatt_ Konzeption_ Archiv_ Region_ Service_iec-verlag___Wichtige Hinweise zu Links und Empfehlungen

    Willkommen in unserer Internet-Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie, Abteilung forensische Psychologie, Bereich

    Gibt es in Deutschland nur wahre Geständnisse?
    Kritik einer preisgekrönten Masterarbeit von Ottmar Kroll:
    Wahre und falsche Geständnisse in Vernehmungen.

    Inhaltsübersicht
    Anlass und Hintergrund zu dieser Rezension.
    Aus der Untersuchung:
       Detailsuche nach Leitbegriffen: 
          Detailsuche nach dem Wortteil "Kriteri". 
          Detailsuche nach Kriterien wahre Geständnisse.
          Detailsuche nach Kriterien falsche Geständnisse.
          Detailsuche nach Kriterien Beweislagen - insbesondere erdrückende Beweislage.
       Erkennen von wahren und falschen Geständnissen in der Studie von Kassin.
    Zusammenfassung - Abstract - Summary.
    Literatur, Links, Anmerkungen, Zitierung, Querverweise.
     

    Anlass und Hintergrund zu dieser Rezension
    Prof. Müller installierte am 01.04.2015 einen beck-blog zum Thema "Was ist ein Geständnis wert - TV Hinweise", wo es um den Fall Ulvi Kulac ging. Das Thema interessierte mich natürlich sehr und gleich der erste Kommentar empfahl das Buch von Kroll "Wahre und falsche Geständnisse in Vernehmungen", das ich mir bis dahin noch nicht näher angesehen hatte. Ich las dann in der Zusammenfassung (Abstract), S. 107: "
     

      "Ziel der Masterarbeit war es, die Zahlenangaben (Daten) zu falschen Geständnissen von Kassin (2005) aus kriminaltaktischer bzw. kriminalpsychologischer Sicht zu überprüfen und festzustellen, inwieweit sich Hinweise für das Vorhandensein falscher Geständnisse in polizeilichen Ermittlungsverfahren in Deutschland ergeben und falls ja, in welcher Zahl sie vorhanden sind. Daneben sollte die besondere Problematik falscher Geständnisse hinsichtlich Entstehung, Häufigkeit und ursachenbedingter Faktoren verdeutlicht und ins Bewusstsein aller Kriminalisten, Psychologen und Juristen gerückt werden.
          Anhand einer empirischen Erhebung (Aktenanalyse von rund 750 aufgeklärten Straftaten) konnten die Zahlenangaben und Ergebnisse von Kassin nicht oder nur ansatzweise bestätigt werden. Es liegen ausschließlich wahre Geständnisse vor."
    "Es liegen ausschließlich wahre Geständnisse vor." 

    Aus der Untersuchung
    Dieser Satz löste bei mir ebenso Neugier wie Zweifel und Irritation aus, ich glaubte den Satz also erst einmal nicht und wollte es genau wissen. So studierte ich das Buch, zunächst mit der selbstverständlichen Erwartung, dass der Autor seine gewagte Behauptung schon begründen würde. Leider fand ich keine einzige Stelle, in der der Autor definiert und begründet, was ein Geständnis zu einem falschen - bzw. zu einem wahren - macht. Das steht nirgendwo, selbst nicht im Kapitel 5, das die verheißungsvolle Überschrift trägt: "Falsche Geständnisse" (S. 45-64) und nicht einmal da, wo es zwingend stehen müsste.
        S. 67 teilt mir, dass von 743 Probanden / Fällen der Kripo Schwäbisch Hall, 263 Geständnisse vorlagen. Die zentrale und unverzichtbare Frage: wie wurde unterschieden bzw. geprüft, ob die Geständnisse als falsch bzw. wahr anzusehen sind, wurde nicht thematisiert.
        S. 67: Es wurde nur ein "Motiv" für ein Geständnis in die Untersuchung einbezogen, S. 12:

      "Im Allgemeinen wird kein Geständnis ohne eine erdrückende Beweislage abgelegt (Reichertz & Schneider, 2007, 14)."
    Die Methode, wie das festgestellt wurde, bleibt ungenannt. Die Beweislage wird in den Tabellen auch nicht aufgeführt. Hier wären ja die Zahlen für eine Korrelationsrechnung wichtig gewesen.
        Im übrigen ist anzumerken: Warum sollte die erdrückende Beweislage ein Motiv für ein Geständnis sein? Ein psychologisch nachvollziehbares Motiv wäre z.B. die Erwartung einer Strafmilderung durch das Geständnis.
        S. 73  wird urplötzlich ausgeführt:
      "6.3 Diskussion der Ergebnisse
      Im Ergebnis ist festzustellen, dass die Auswertung und die Zahlen – mit Ausnahme einzelner Drogendelikte – keine Hinweise auf falsche Geständnisse ergeben und damit nichts über deren Häufigkeit aussagen; es ist hauptsächlich von der Richtigkeit der jeweiligen Geständnisse auszugehen. Gleichwohl ergeben sich interessante Ergebnisse und Korrelationen hinsichtlich Alter, Geschlecht, Deliktsbereich, Haft und Geständnisbereitschaft."
    Es fanden sich "keine Hinweise" - welche das sein könnten, wird nicht verraten - und "es ist hauptsächlich von der Richtigkeit der jeweiligen Geständnisse auszugehen". Das ist gar nicht überzeugend.

    Detailsuche nach Leitbegriffen

    Detailsuche nach dem Wortteil "Kriteri" ohne Ergebnis bezüglich Geständnis (fett-kursiv RS)
    Im Zusammenhang mit wahren und falschen Geständnissen sind Kriterien wichtig. Es lag daher nahe, das Büchlein nach dem Wortteil "Kriteri" zu durchsuchen. Das erbrachte zwar einige Fundstellen, aber keine inhaltlichen Merkmale von Kriterien für wahre und falsche Geständnisse: 
        S. 23: "Der Bundesgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung eine Vernehmung als „jedes amtlich erkennbare Aussageverlangen durch Strafverfolgungsorgane gegenüber Beschuldigten oder Zeugen“ bezeichnet (BGHSt 42/139). Treffender ist dagegen die weitergehende Definition von Kramer (2002, 37), wonach eine Vernehmung dann vorliegt, wenn die nachfolgenden Kriterien erfüllt sind: „Eine gezielte Befragung, die durch eine Strafverfolgungsperson mit erkennbar amtlichem Charakter zu Strafverfolgungszwecken erfolgt.“
        S. 46: "Das Vorgehen von Gudjonsson et al. (2006) weist einige methodische Probleme auf, u. a. ist kein Außenkriterium festzustellen."
        S. 76: "Ein wesentliches Kriterium nimmt dabei die Wahl der richtigen Vernehmungsmethode ein."
        S. 79: "Für alle Befragungen gilt, dass ein Außenkriterium, d. h. eine begleitende Aktenanalyse hinzutreten sollte und man sich nicht nur auf die selbst berichtete Delinquenz der einzelnen Probanden verlassen sollte. "

    Detailsuche nach Kriterien wahre Geständnisse
    Der Autor hat nicht wie bei den falschen Geständnissen (Kap. 5) ein eigenes Kapitel zu wahren Geständnissen verfasst, aber im Kapitel 5.5.1 erörtert er auf zwei Seiten die "Untersuchung wahrer und falscher Geständnisse", S. 55-56. Hier wird die Untersuchung Kassins berichtet, die vom Autor eigentlich hätte wiederholt werden müssen. Die eigene empirische Untersuchung in Kap. 6 ist mit dem Experiment von Kassin überhaupt nicht vergleichbar und kann dessen Ergebnisse daher weder bestätigen noch widerlegen. Es fehlt auch das Untersuchungsdesign und die es leitende Hypothese (Textvorkommnisse: S. 39, 40, 52, 57, 63 [Undeutsch-Hypothese], 66, 75, [Lit: 84, 85, 87]). Überraschend fand ich, dass Wissen von dem nur der Täter wissen kann ("Täterwissen"), nicht als Kriterium für wahre Geständnisse genannt wird (das Wort taucht nur einmal, S. 75, auf). 
        Systematische Textsuche nach "wahres Geständnis" (S. 36, 76) bzw. "wahre Geständnisse" (S. 47, 56, 75, 107).
    Die Zitate enthalten nicht nur die Suchformulierung, sondern zur besseren Beurteilung auch den Kontext.
        S. 36: "Die Wahl und Anwendung einer Vernehmungsmethode auf Knopfdruck bedeuten indes nicht, automatisch ein wahres Geständnis zu erreichen. Reichertz und Schneider (2007) gehen sogar so weit, indem sie alle Versuche der Polizeibeamten, den Beschuldigten von der Wahrnehmung seiner Rechte abzuhalten bzw. abzubringen, als unzulässig erachten, selbst dann, wenn sie keine ausdrücklichen Täuschungen oder Drohungen beinhalten, sondern als „kriminalistische List“ bezeichnet werden mögen (Reichertz & Schneider, 2007, 11)."
        S. 47: "Im Ergebnis zeigt sich, dass es schwierig ist, eine Dichotomisierung in falsche und wahre Geständnisse vorzunehmen. Bislang wurden nur freiwillige oder erzwungene falsche Geständnisse festgestellt; es gibt und gab
    jedoch keinen Zugang zu internalisierten falschen Geständnissen. Falsche Geständnisse scheinen auch im deutschsprachigen Raum zu existieren; nach den bisherigen Ergebnissen von Lau sind sie eher bei leichteren Delikten festzustellen. Der polizeiliche Vernehmungsdruck in Kombination mit der jeweiligen Vernehmungsmethode scheint eine Hauptursache für falsche Geständnisse darzustellen. Polizeiliche Vernehmungen dürften häufiger
    betroffen sein, weniger dagegen Anhörungen im Rahmen von Gerichtsverhandlungen, da hierbei weitere Akteure wie Richter, Staatsanwalt und Strafverteidiger mitwirken. Darüber hinaus darf die generalpräventive Wirkung
    des Strafrechts, vor Gericht einen Meineid und damit ein Verbrechen zu begehen, nicht unterschätzt werden." 
        S. 56: [Bericht über die Studie Kassins] "Insgesamt gab es 17 Gefangene, die ein wahres und ein falsches Geständnis abgegeben hatten. Nicht alle konnten weiterhin eingesetzt werden, da manche über ihren Gefängnisaufenthalt oder ihre Verurteilung sprachen. Letztendlich waren es zehn Probanden, die ein falsches Geständnis und ein richtiges abgaben. Das falsche Geständnis konnte zum Inhalt einen Automobilaufbruch, schwere Körperverletzung, Raub oder Einbruch haben. Jedem wahren Geständnis wurde irgendwann im Verlauf der Untersuchung bzw. der Beurteilung ein falsches Geständnis zum selben Delikt oder zur selben Straftat gegenübergestellt. Jede Versuchsperson beurteilte anschließend zehn Aussagen. Dies dauerte ca. 45 Minuten, d. h. jede Person hörte oder sah zehn unterschiedliche Gefangene, von denen die Hälfte die Wahrheit und die andere Hälfte die Unwahrheit sagte. Jede Aussage wurde dann beurteilt, wobei nicht klar war, wie viele falsche oder richtige Geständnisse kamen. Zusätzlich wurde auf einer Skala zwischen 1 und 10 die Sicherheit, mit der das Urteil gefällt wurde, bewertet.
        Insgesamt wurden die Videos durch 118 Probanden beurteilt. Diese Zahl setzte sich aus 57 Polizeibeamten und 61 Studenten zusammen. Etwa die Hälfte jeder Probanden-Gruppe beurteilte das Video, die andere Hälfte nur die Tonbandaufnahme.
        Insgesamt wurden 53,9 Prozent der Aussagen richtig beurteilt, d. h. die Beurteilung, ob ein Geständnis wahr bzw. erfunden ist, erfolgte zufällig. Diejenigen Geständnisse, die wahr waren, wurden mit 63,6 Prozent erkannt. Von den falschen Geständnissen wurden 56,1 Prozent als wahr eingestuft, d. h. als richtige bzw. wahre Geständnisse beurteilt (sog. „false Alarms“)." 
        S. 75f: "Die Ergebnisse von Kassin (2005) konnten durch die empirischen Erhebungen nicht oder nur ansatzweise bestätigt werden. Dass in der Mehrzahl wahre Geständnisse vorliegen, kann aus den Daten nicht eindeutig abgelei-[>76]tet werden; repräsentative Rückschlüsse konnten nicht gezogen werden, zumal die Gerichtsakten und die Bewertung der Sachbeweise durch die Gerichte nicht zur Verfügung standen. Das bedeutet jedoch keinesfalls, dass es in Deutschland nicht zu „falschen Geständnissen“ gekommen ist und auch kommen wird. Eine Reihe von Autoren ist sogar der Überzeugung, Falschgeständnisse kämen oft und in der Rechtspraxis sehr zahlreich vor (Beneke, 1990, 25). Dennoch lässt sich zusammenfassend feststellen, dass jedes Geständnis letztlich als Produkt von Persönlichkeit, Intelligenz und aktueller psychischer Verfassung des Befragten sowie aller Bedingungen der Vernehmungssituation betrachtet werden kann. Sowohl in den Forschungsstudien von Kassin (2005) und Kassin et al. (2007) als auch in den Experimenten weiterer Wissenschaftler wurde deutlich, dass besonders personale Faktoren wie Alter, Intelligenz, psychische Verfassung, Krankheit, daneben situative Bedingungen, insbesondere der durch besondere Vernehmungsmethoden erzeugte Vernehmungsdruck, sowie die Absprachen im Strafprozess („Deal“) die Gefahr falscher Geständnisse erhöhen." 
        S. 76: "Bei der Frage, ob ein wahres Geständnis vorliegt, ist besonders zu berücksichtigen, dass die psychologischen Merkmale des Gestehens eine Einheit bilden, wobei das Geständnis klar motiviert, durch einen sichtbaren Anlass ausgelöst, zu einem begründeten Zeitpunkt und in adäquater Form vorgebracht und durch weitere Personal- und Sachbeweise zumindest teilweise bestätigt sein muss: Ein Beschuldigter wird im Allgemeinen kein Geständnis ohne erdrückende Beweislage ablegen (Reichertz & Schneider, 2007, 14)."
        S. 107: "Anhand einer empirischen Erhebung (Aktenanalyse von rund 750 aufgeklärten Straftaten) konnten die Zahlenangaben und Ergebnisse von Kassin nicht oder nur ansatzweise bestätigt werden. Es liegen ausschließlich wahre Geständnisse vor. Weitere Forschungsergebnisse mit Laborcharakter sind aufgrund ihrer Schwächen ebenfalls eingeschränkt geeignet, repräsentative Rückschlüsse zu ziehen. Das bedeutet jedoch keinesfalls, dass es in Deutschland nicht zu „falschen Geständnissen“ gekommen ist und auch kommen wird. Jedes Geständnis kann als Produkt von Persönlichkeit, Intelligenz und aktueller psychischer Verfassung des Befragten sowie aller Bedingungen der Vernehmungssituation betrachtet werden. Sowohl in den Forschungsstudien von Kassin (2005) als auch in den Experimenten weiterer Wissenschaftler wurde deutlich, dass Risikofaktoren, wie personale Faktoren, z. B. Alter, Intelligenz, psychische Verfassung, Krankheit, situative Bedingungen, insbesondere der durch besondere Vernehmungsmethoden erzeugte Vernehmungsdruck, sowie die Absprachen im Strafprozess, der „Deal“, die Gefahr falscher Geständnisse erhöhen."

    Detailsuche nach Kriterien falsche Geständnisse > Ergebnisse Gudjonssons (1992)
    Kapitel 5 hat die Überschrift "Falsche Geständnisse". Die Ergebnisse der systematischen Textsuche nach "falsches Geständnis" (S. 12, 46, 47, 49, 51, 52, 53, 54,55, 56, 66, 72, 99 Fragebogen, 100 Fragebogen) bzw. "falsche Geständnisse" (Titel, IV, S. 11, 12, 13, 30, 45, 46, 47, 50, 51, 53, 54, 55, 63, 73, 78, [Lit: 84, 86, 87], 90, 107) werden hier nur mitgeteilt, aber nicht ausgeführt.

    Detailsuche nach Kriterien Beweislagen - insbesondere erdrückende Beweislage
    Eine erdrückende Beweislage kann für ein Geständnis sprechen, aber nicht unbedingt für ein wahres. Wir wissen, dass Ermittlungsakten nicht repräsentativ sein müssen und dass es zahlreiche Beurteilungsfehler bei den ErmittlerInnen, auch bei den sog. "objektiven" Beweisen gibt, wie jüngst erst ein  internationales Symposium  dramatisch und überraschend dokumentiert hat. . 
        Systematische Textsuche nach "Beweislage" (S. 12, 52, 67, 73, 76, 107)

    Erkennen von wahren und falschen Geständnissen in der Studie von Kassin
    Kroll fasst die Ergebnisse von Kassin zusammen, S. 58: "
    1. Die Beurteilung von wahren und falschen Geständnissen erfolgt rein zufällig. Polizeibeamte sind noch schlechter in der Beurteilung als Laien.
    2. Haben die Beurteilungspersonen eine Basisrate, werden sie zwar etwas besser bei der Beurteilung. Allerdings erfolgen diese Beurteilungen der Glaubhaftigkeit immer noch auf Zufallsniveau. Dies zeigt jedoch, dass die Basisrate, die ein Polizeibeamter im Kopf hat, sein Urteil beeinflussen kann.
    3. Die Glaubhaftigkeit von Geständnissen wird zutreffender beurteilt, wenn man sie nur hört. Schaut man die Personen gleichzeitig per Video an, verschlechtern sich die Urteile."

    Zusammenfassung - Abstract - Summary
    Die Arbeit stellt die Behauptung auf, dass Geständnisse, die auf "erdrückender Beweislage" beruhen, wahr und damit also nicht falsch sind. Der theoretische Satz lautet demnach: Geht ein Geständnis mit erdrückender Beweislast einher, so ist es wahr und nicht falsch (es ist klar, dass die Umkehrung empirisch sicher nicht stimmen kann). Das wäre ein wichtiger - nicht nur theoretischer, sondern auch praxisrelevanter - Satz, wenn er denn richtig wäre. Die Richtigkeit dieses Satzes zu erweisen, also zu begründen und zu belegen, wäre die Aufgabe dieses Büchleins gewesen, die aber nicht geleistet wird. Hierzu wäre es erstens erforderlich gewesen, die Kriterien von wahren - in Abgrenzung zu falschen - Geständnissen darzulegen und bei den 263 Geständnissen zu signieren und auszuwerten. Zweitens hätte "erdrückende Beweislast" operationalisiert und signiert werden müssen, und zwar für alle 743 Fälle. Sodann hätte man rechnen können, wie die Zusammenhänge sind. Ein Untersuchungsdesign zur Hypothesenprüfung wird nicht vorgelegt.



    Literatur (Auswahl)
    • Kroll, Ottmar (2012) Wahre und falsche Geständnisse in Vernehmungen. Schriftenreihe der Deutschen Gesellschaft für Kriminalistik e.V., Band 3 Stuttgart: Boorberg.




    Links (Auswahl: beachte) > Querverweise.
    • Geständnisse (in der methodenkritischen Analyse Kröbers zu den Aussagen von Ulvi Kulac), hierzu auch besonders die Ergebnisse Gudjonssons (1992)




    Glossar, Anmerkungen und Endnoten:
    1) GIPT= General and Integrative Psychotherapy, internationale Bezeichnung für Allgemeine und Integrative Psychotherapie.
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    Eigener wissenschaftlicher Standort [Textquelle]
     
    . einheitswissenschaftliche Sicht. Ich vertrete neben den Ideen des Operationalismus, der Logischen Propädeutik und einem gemäßigten Konstruktivismus auch die ursprüngliche einheitswissenschaftliche Idee des Wiener Kreises, auch wenn sein Projekt als vorläufig gescheitert angesehen wird und ich mich selbst nicht als 'Jünger' betrachte. Ich meine dennoch und diesbezüglich im Ein- klang mit dem Wiener Kreis, daß es letztlich und im Grunde nur eine Wissenschaftlichkeit gibt, gleichgültig, welcher spezifischen Fachwissenschaft man angehört. Wissenschaftliches Arbeiten folgt einer einheitlichen und für alle Wissenschaften typischen Struktur, angelehnt an die allgemeine formale Beweisstruktur. 
       Schulte, Joachim & McGuinness, Brian (1992, Hrsg.). Einheitswissenschaft - Das positive Paradigma des Logischen Empirismus. Frankfurt aM: Suhrkamp.
       Geier, Manfred (1992). Der Wiener Kreis. Reinbek: Rowohlt (romono).
    Kamlah, W. & Lorenzen, P. (1967). Logische Propädeutik. Mannheim: BI.
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    Wissenschaft [IL] schafft Wissen und dieses hat sie zu beweisen, damit es ein wissenschaftliches Wissen ist, wozu ich aber auch den Alltag und alle Lebensvorgänge rechne. Wissenschaft in diesem Sinne ist nichts Abgehobenes, Fernes, Unverständliches. Wirkliches Wissen sollte einem Laien vermittelbar sein (PUK - "Putzfrauenkriterium"). Siehe hierzu bitte das Hilbertsche gemeinverständliche Rasiermesser 1900, zu dem auch gut die Einstein zugeschriebene Sentenz passt: "Die meisten Grundideen der Wissenschaft sind an sich einfach und lassen sich in der Regel in einer für jedermann verständlichen Sprache wiedergegeben." 
    Allgemeine wissenschaftliche Beweisstruktur und  beweisartige Begründungsregel
    Sie ist einfach - wenn auch nicht einfach durchzuführen - und lautet: Wähle einen Anfang und begründe Schritt für Schritt, wie man vom Anfang (Ende) zur nächsten Stelle bis zum Ende (Anfang) gelangt. Ein Beweis oder eine beweisartige Begründung ist eine Folge von Schritten: A0  => A1 => A2  => .... => Ai .... => An, Zwischen Vorgänger und Nachfolger darf es keine Lücken geben. Es kommt nicht auf die Formalisierung an, sie ist nur eine Erleichterung für die Prüfung. Entscheidend ist, dass jeder Schritt prüfbar nachvollzogen werden kann und dass es keine Lücken gibt. 
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    LK. Laien-Kriterium. Wünschenswert ist weiterhin, dass wissenschaftliche Erkenntnisse Laien erklärbar sein sollten. Psychologisch steckt dahinter: wer einem Laien etwas erklären kann, sollte es wohl selbst verstanden haben. Siehe hierzu bitte auch das Hilbertsche gemeinverständliche Rasiermesser 1900, zu dem auch gut die Einstein zugeschriebene Sentenz passt: "Die meisten Grundideen der Wissenschaft sind an sich einfach und lassen sich in der Regel in einer für jedermann verständlichen Sprache wiedergegeben."
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    Nicht nachvollziehbare Schlussfolgerungen S. 72:
    "Im Gegensatz zu den USA, wo Kassin et al. (2007) von einer Geständnisquote zwischen 46 und 68 Prozent ausgehen, ist dieser jetzt erhobene Anteil nur annähernd halb so hoch. Die hohe Quote in den USA hängt [>74] u. a. mit der Verzichtsrate von ca. 80 Prozent auf die Beschuldigtenrechte nach „Miranda Warning“ zusammen; übertragen auf die jetzige Untersuchung bedeutet dies, dass in Deutschland die Beschuldigten über ihre Rechte aufgeklärt waren und sich dieser Rechte bewusst waren, zumal zwei Drittel kein Geständnis ablegten."
    __
    Materialien
    Zitate (Textquelle)
    • "Alle Menschen sind Lügner" (Psalm 116,11)
    • "Die gefährlichsten Unwahrheiten sind Wahrheiten, mäßig entstellt." Georg Christoph Lichtenberg, (1742 – 1799), Vermischte Schriften I, 3
    • „Die fehlerlose Erinnerung ist nicht die Regel, sondern die Ausnahme." William Stern 1902 in der Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft, S. 327
    • "Von den ersten Vernehmungen hängt also geradezu die ganze Zukunft des Prozesses ab: In ihnen wird eigentlich fast immer der Sachverhalt endgültig geklärt oder endgültig verschleiert" William Stern (1926,47).
    • „Der Irrtum ist der größte Feind der Wahrheitsfindung vor Gericht." Rolf Bender, 1982, Strafverteidiger 1982
    • "'Das habe ich getan', sagt mein Gedächtnis, 'das kann ich nicht getan haben' - sagt mein Stolz und bleibt unerbittlich. Endlich - gibt das Gedächtnis nach." Nietzsche, Jenseits von Gut und Böse, Nr. 68


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    Querverweise
    Standort: Wahre und falsche Geständnisse.
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    • Geständnisse (in der methodenkritischen Analyse Kröbers zu den Aussagen von Ulvi Kulac), hierzu auch besonders die Ergebnisse Gudjonssons (1992).
    • Aussagepsychologie.
    • Explorations- und Vernehmungsfehler.
    • Die 12 'Verbote' (‘Hauptsünden’) in der Vernehmung (Exploration).
    • Vernehmung und Aussagepsychologie bei der bayerischen Kriminalpolizei.
    • Vernehmungslehre in der JuristInnen-Ausbildung.
    • Aussagepsychologische Wahrheitstheorie 1. Systematik der Falsch-Aussagen.
    • Suggestion und Suggestivfragen. Aussagepsychologische und vernehmungstechnische Kunstfehler.
    • Andere forensische Beweis-Methoden und Indizienquellen.
    • Überblick: Forensische Diagnostik, Psychologie, Psychopathologie und Psychotherapie in der GIPT.
    • Praxis-Info: Aussagepsychologische Vernehmungs- und Gutachtenanalysen. FAQ.
    Suchen in der IP-GIPT, z.B. mit Hilfe von "google": <suchbegriff> site: www.sgipt.org
    z.B. Aussagepsychologie site: www.sgipt.org. 
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    Information zu Dienstleistungen.


    Zitierung
    Sponsel, Rudolf (DAS).  Gibt es in Deutschland nur wahre Geständnisse? Kritik einer preosgekrönten Masterarbeit von Ottmar Kroll: Wahre und falsche Geständnisse in Vernehmungen. Erlangen IP-GIPT: https://www.sgipt.org/forpsy/Aussage/WuFG.htm
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