Internet Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie
    (ISSN 1430-6972)
    IP-GIPT DAS=10.03.2020 Internet-Erstausgabe, letzte Änderung: tt.mm.jj
    Impressum: Diplom-Psychologe  Dr. phil. Rudolf Sponsel  Stubenlohstr. 20  D-91052 Erlangen
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    Willkommen in unserer Internet-Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie, Abteilung Wirtschaft und Soziales, Rubrik Wachstum und hier speziell zum Thema:

    Kurzgeschichte der Wirtschaftswachstumsidee
    Ein Vortrag bei attac-Erlangen am 09.03.2010
    3. Vertiefung zu Felbers This is not Economy
    (PDF-Version)

    Originalarbeit von Rudolf Sponsel, Erlangen



    Die Frage nach der Herkunft und Erklärung  der These, die Wirtschaft, insbesondere die kapi-talistische muss wachsen, beschäftigt mich seit über 30 Jahren. Ich habe nie eine überzeugende Erklärung gefunden, nur viele Meinungen und Behauptungen. Deshalb habe mich nun noch einmal aufgemacht, sozusagen wild entschlossen, diese Frage endlich zu klären.

    Wie bin ich vorgegangen? Zunächst war ausgehend von den Klassikern Smith, Ricardo, Mill und Marx und einiger Standardwerke der Ökonomie das relevante Material zu finden und zu sichten. Dazu habe ich als erstes den Katalog der Universitätsbibliothek nach dem Stichwort "Wachstum" durchsucht und besorgte mir die entsprechenden Bücher. Dabei waren in den Literaturverzeichnissen viele Hinweise auf Zeitschriftenartikel, die ich anschließend erfasste. Ich ordnete dann das Material nach zwei Kriterien: nach Grundfragen und chronologisch, weil es mir ja um die Entwicklungsgeschichte der Wirtschaftswachstumsidee ging. Es entwickelte sich dann schnell ein Autoren- und Wissengrundstock, sozusagen die Hauptäste des Wirtschaftswachstumsbaumes, aus dem sich immer weitere und feinere Verzweigungen ergaben. Zu sämtlichen wichtig erscheinenden Quellen legte ich eine Datei mit Zitaten, Fundstellen und Belegen anEN1.

    Hauptäste des Wirtschaftswachstumsbaumes (Grundstock meiner Auswertungen) zur Ver-folgung der Wachstumsidee: Vorläufer, die sich  mit der wirtschaftlichen Entwicklung befassten: die englischen MerkantilistenEN2  und die französischen PhysiokratenEN3  (16.-18. Jhd).

    1776  Adam Smith An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations. Die vier digital vorliegenden Bände umfassen ohne Sachregister 1228 Seiten. Darin fanden sich 151 Fundstellen zum Suchwort (wachs, wuchs), aber nur eine Stelle auf  S.70 in Bd. I.  die man als Wachstumszwang interpretieren kannEN4. 32 Aussagen, die man als Regel- oder gesetzesartige Zusammenhänge ohne Bezug zu Wachstumszwang verstehen kann und 18 Feststellungen oder Beschreibungen zum Wachstum. Ausführlich Analyse mit Belegen hierEN5.

    1798  Robert Malthus An Essay on the Principle of Population

    1817  David Ricardo On the Principles of Political Economy and Taxation, 3. A. 1821. Wachstumstheorie in Kap. XIX.

    1820  Robert Malthus Principles of Economics

    1848  J. S. Mill (1848). Grundsätze der Politischen Ökonomie.

    1867  Karl Marx Das Kapital I propagiert Wachstumszwang des KapitalismusEN6

    1885  Karl Marx (1885). 2. Band des Kapitals.

    1925  Gründung des Institutes für Konjunkturforschung.

    1928  Ramsay; Allan Young; Feldmann Marxistische Wachstumstheorie.

    1936  Keynes

    1939  Harrod An Essay in Dynamic Theory

    1946  Domar Capital Expansion, Rate of Growth and Employment

    1952  Abramowitz Economics of Growth: ""Die Wachstumstheorie ist ein unterentwickeltes Gebiet der Nationalökonomie."

    1953  Bombach, G. Zur Theorie des wirtschaftlichen Wachstums.

    1955  Lewis The Theory of Economic Growth, dt. 1956

    1956  Solow A Contribution to the Theory of Economic Growth; Swan Economic Growth and Capital Accumulation.

    1957  E. D.  Domar, Essays in the Theory of Economic Growth

    1961  Growth Center der Yale University gegründet (bislang ca. 1100 Arbeiten)

    1987  Solow Reichsbankpreis für seine Wachstumsarbeiten

    1996  Journal of Economy Growth

    2001  Maddison DIE WELTWIRTSCHAFT: EINE MILLENNIUMSPERSPEKTIVE, dt. 2003. Vom Jahre 0 bis ca. 1820 war das Wachstum weitgehend konstant und knapp über 0.
     

    Ergänzend zu Maddison:
       
      Anmerkung: Der Hügel im 3.Jhd. könnte inflationsbedingt sein. Die Soldatenkaiser hatten kein Geld und verminderten die Edelmetallgehalte.


    2006  Hans Christoph Binswanger Die Wachstumsspirale

    2010  Robert Solow spricht sich gegen Wachstumszwang des Kapitalismus aus.

    2019  Mathias Binswanger Der Wachstumszwang * Felber This Is Not Economy.

    Wissenschaftsbegriff. Wissenschaft heißt die Tätigkeit, die offen, klar, nachvollziehbar und damit überprüfbar (wiederhol-, replizierbar) Wissen schafft. Man kann auch sagen: Wissenschaft muss lehr-, lern- und evaluierbar sein, d.h. ihr Nutzen für diese oder jene Ziele belegbar sein. Grundvoraussetzung sind klare Begriffe, Feststellungs- und Messmethoden. Eine große Rolle in den empirischen Wissenschaften spielen Beobachtung und Experiment. Behauptungen müssen belegt und begründet werdenEN7. In der Wissenschaft geht es nicht nur um Gesetz- und Regelhaftigkeiten, sondern auch um individuelle Einzelfälle. Wissenschaft ist auch kein Reservat der Universitäten, sondern jedes Wissen zählt, auch das Berufswissen, das Handwerk, z. B. auch der Gärtner, der Bauer, die Hausfrau.

    Grundaufgaben einer wissenschaftlichen Behandlung des Wirtschaftswachstums
    1. Als erstes muss definiert werden, was genau Wirtschaftswachstum bedeuten soll.
    2. Zweitens muss geklärt werden, wie Wirtschaftswachstum festgestellt oder gemessen werden kann.
    3. Drittens muss die Entwicklung des Wirtschaftswachstums in einer Zeitreihe erfasst und dargestellt werden.
    4. Wenn die Einflüsse anderer Faktoren, Größen oder Variablen auf das Wirtschaftswachstum untersucht werden sollen, sind auch für diese 1-3 zu erfüllen.
    5. Wovon hängt das Wirtschaftswachstum ab? Wodurch kann es gefördert oder gebremst werden? Die Antwort ist einfach und lässt sich verdichten auf: Wirtschaftswachstum ist nötig, wenn die Bedürfnisse steigen, sei es, weil es mehr Menschen gibt, sei es, dass die Menschen mehr wollen.
    6. Ist Wirtschaftswachstum in bestimmten Wirtschaftsformen wie z.B. dem Kapitalismus notwendig oder ist das nur Propaganda?EN8   Uneins bis mindestens 2008.

    Erstes Ergebnis der Sichtung der ökonomischen Literatur
    Bei Smith 1776 findet sich nur eine Stelle, die man in Richtung Wachstumszwang interpretie-ren kann. Auch Ricardo und Mill geben wenig her. Der erste ausgeprägte Wachstumszwangtheoretiker in der Ökonomie war Karl Marx 1867 mit seinem ersten Band des Kapitals. Die akademische Ökonomie ist sich nachweisbar mindestens bis 2008 uneins, wobei u.a. kein Geringerer als Robert Solow, der für seine Arbeiten zur Wachstumstheorie 1987 den Nobelpreis erhielt, einen Wachstumszwang für den Kapitalismus verneintEN9.
     
     



    Glossar, Anmerkungen und Endnoten: Eigener wissenschaftlicher Standort * Eigener weltanschaulicher Standort.
    GIPT= General and Integrative Psychotherapy, internationale Bezeichnung für Allgemeine und Integrative Psychotherapie.
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    EN1 Klassiker: Smith, Malthus, Ricardo, Mill, Marx. Weitere Entwicklung: Abramowitz; Barro;  M. Binswanger; Bombach; DeLong, Domar; Felber; Feldmann; Harrod; Irmen;  Lewis, Jackson; Keynes; Maddison, Mankiw; Marshal; Nicoll; Ramsay; Samuelson; Schumpeter;  Solow; Young.
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    EN2 17. Jhd.: Thomas Mun (1571-1641), Richard Cantillon (1680–1734),  Josiah Child (1630-1699), Charles Dave-nant (1656-1714), John Locke (1632–1704), William Petty (1623–1687), James Stuart (1712–1780). Ziel: Reichtum und Macht des Staates mehren.
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    EN3  Nach Marx: R. J. Quesnay (1694-1774), A. R. J. Turgot (1727-1781), P. S. Dupont de Nemours (1739-1817), P. P. Mercier de la Rievère (1720-1794),  Graf Mirabeau d. Ä. (1715-1789).
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    EN5 Bd.I., S. 70: "... Mit jedem neuen Arbeitsprozeß wächst nicht nur die Zahl der Gewinne, sondern jeder folgende Gewinn ist auch größer, als der vorhergehende, weil das Kapital, woraus er fließt, stets größer sein muß. ..." Ausführlich hier.
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    EN6 S. 618: "Außerdem macht die Entwicklung der kapitalistischen Produktion eine fortwährende  Steigerung des in einem industriellen Unternehmen angelegten Kapitals zur Notwendigkeit, und die Konkurrenz herrscht jedem individuellen Kapitalisten die immanenten Gesetze der  kapitalistischen Produktionsweise als äußere Zwangsge-setze auf. Sie zwingt ihn, sein Kapital fortwährend auszudehnen, um es zu erhalten, und ausdehnen kann er es nur vermittelst  progressiver Akkumulation."
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    EN7 Viel behaupten und meinen, wenig belegen und zeigen durchzieht die gesamte Wirtschaftswissenschaft. Das beginnt bereits bei Smith, setzt sich bei den anderen Klassikern Ricardo, Mill, Marx fort und zieht sich durch die  gesamte Wirtschaftswissenschaft bis in die Gegenwart.
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    EN8 Die neoklassische mainstream Ökonomie predigt gebetsmühlenartig, dass Wachstum notwendig sei, aber sie begründet es nicht.
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    EN9 Nach M. Binswanger (2019), Solow zitierend, S. 39: "Es gibt keinen Grund, weshalb der Kapitalismus nicht auch mit langsamem oder ganz ohne Wachstum überleben kann"
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    Querverweise
    Standort: Kurze Geschichte Wirtschaftswachstumsidee.
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    Wachstum und Wirtschaftswachstum bei Adam Smith im Wohlstand der Nationen (1776).
    Wachstum - Kritische Reflexionen zu einem äußerst fragwürdigen Konzept.
    * Postwachstum *
    Schaubilder und Tabellen zu Wachstumsprozessen.
    Gemeinwohlökonomie - das Wirtschaftsmodell der Zukunft.
    Staatsverschuldung und Wirtschaftswachstum (BIP).
    Politik, Geld, Psychopathologie des Geldes, Staatsverschuldung und Wirtschaft in der IP-GIPT
    Globalisierung: Definition, Globalplayer, Erfindung und Sinn der Globalisierung I, II, III, IV, V., Schwarzbuch, Begriffe, Grundprobleme der Menschheit, Vorbilder und Alternativen.
    Wissenschaft in der IP-GIPT
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    Zitierung
    Sponsel, Rudolf  (DAS). Kurzgeschichte der Wirtschaftswachstumsidee. Ein Vortrag bei attac-Erlangen am 09.03.2010. 3. Vertiefung zu Felbers This is not Economy. IP-GIPT. Erlangen: https://www.sgipt.org/wirtsch/wachst/kgwwidee.htm.
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    10.03.2020  Angelegt.

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