Über Traurigkeit, Trauerarbeit
und den
Prozeß der Trauer
Kritik
des Versuchs im DSM-5 Trauer länger als zwei Wochen zu pathologisieren.
Querverweis: Das Heilmittel Aufgeben
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Heilmittelmonographien
von Rudolf Sponsel, Erlangen
Traurigkeit ist die gesunde und normale seelische Reaktion auf alle Arten von Verlusterlebnissen. Mit traurig sein verarbeiten wir seelisch Verluste. Ist der Trauerprozeß zu Ende, so ist der Verlust seelisch verarbeitet. Vergegenwärtigung des Verlustes ruft dann keinen tieferen oder anhaltenden Trauerschmerz mehr hervor. Wir haben uns mit dem Verlust abgefunden und an die neue Situation gewöhnt. Die Phasen verlaufen nicht streng getrennt voneinander, sie überlappen sich teilweise und Elemente einer Phase tauchen auch in anderen Phasen auf. Die im folgenden geschilderten fünf Trauerphasen sind also nur ein theoretisches, sog. idealtypisches Modell, was aber seinen Nutzen nicht schmälern muß.
Das Trauer-Phasen-Modell in der Allgemeinen und Integrativen Psychotherapie
Der Trauerprozeß beginnt mit der Kenntnisnahme
und Konfrontation des Verlustes. Ein Verlust kann mehr oder minder (a)
überraschend, unerwartet kommen. Und er kann (b) sicher oder (c) nur
mehr oder minder wahrscheinlich (drohend, bedrohlich, eine Gefahr) und
es kann schließlich der Verlust noch (d) mehr oder minder schwer
sein oder wiegen. Auch dies beeinflußt den Trauerprozeß
natürlich.
1. Kenntnisnahme oder Konfrontationsphase
Auf die Konfrontation mit einem Verlust können wir unterschiedlich reagieren: mit Schock, Erregungszustand oder heftiger Erschütterung einerseits, ungläubiges, nicht wahrhaben-wollendes Abwehren andererseits.
Schockreaktionen: Ohnmacht, Lähmung, Betäubung, Bewußtseinstrübung, (nicht ansprechbar, geistesabwesend, alles wie durch einen Nebel sehen, Trancezustand, verwirrt, konfus), Sprachlosigkeit, Bewegungslosigkeit, Gefühllosigkeit und Leere. Eine solche Schockreaktion kann Sekundenbruchteile, Stunden oder Tage dauern, in seltenen Fällen auch länger.
Erregungszustand: Schreien, toben, rasen, wüten, "ausflippen".
Erschütterung: Weinkrampf, klagen, jammern, anklagen, schimpfen.
Abwehren, Verleugnen: Der Verlust kann so unerwartet und schwer wiegen, daß wir es nicht glauben können, weil wir es nicht glauben wollen. Wir wehren uns gegen den Verlust, indem wir ihn verleugnen, nicht zur Kenntnis nehmen, so tun, als seien wir niemals damit konfrontiert worden, als sei das alles gar nicht wahr.
2. Prüfung oder Vergewisserungs-Phase
Auf die Konfrontationsphase folgt oft die Phase der Prüfung und Vergewisserung. Die ist besonders dann sehr wichtig und intensiv, wenn der Verlust nicht sicher, nur mehr oder minder wahrscheinlich ist, etwa wenn die Diagnose einer unheilbaren und womöglich tödlichen Krankheit gestellt wird. Es handelt sich dann um einen nicht mehr nur möglichen, sondern mehr oder oder wahrscheinlich drohenden Verlust, um eine Bedrohung und Gefahr.
3. Wahrnehmung oder Realisierungsphase
Hier wird der - drohende - Verlust wahrgenommen, realisiert. Die Phase des Infragestellens, Prüfens, Vergewisserns, der "Beweissicherung" ist zu Ende: die Realität wird wahrgenommen und als Wirklichkeit auch angenommen. Die eigentliche Trauerarbeit, die Verarbeitung des Verlustes kann nun beginnen.
4. Verarbeitung oder eigentliche Trauerphase
Hier wird der Verlust in allen Varianten, Facetten, Dimensionen, Einzelheiten und seinen Bedeutungen erfahren und durchlebt. Diese Phase braucht die meiste Zeit, weil viele Einzelheiten an bestimmte Situationen und Erinnerungen gebunden sind, die sich nur nach und nach ereignen können. Der Alltag ist von dieser Trauerarbeit überschattet, wobei es aber in der Verarbeitungsphase auch verarbeitungsfreie Intervalle gibt. Zur Trauerarbeit können auch Niedergeschlagenheit, Hektik, Kopflosigkeit, Enttäuschung, Schuld- oder Versagensgefühle, Scham, Minderwertigkeit, Haß, Wut, hadern, rechten, feilschen, Verzweiflung, Hin- und Hergerissensein, Hoffnungslosigkeit, Erschöpfung, Teilnahmslosigkeit, Rückzug, Apathie gehören.
5. Anpassung
Nach und nach gewöhnt man sich immer mehr und besser an den Verlust, man lernt zunehmend, mit dem Verlust zu leben. Die Schatten werden allmählich heller und seltener, dauern vielleicht auch nicht mehr so lange. Man wird zunehmend offener für Neuorientierung, Fragen des Ersatzes oder des Ausgleichs für den Verlust.
Geht es um Sterben und Tod, wird in der letzten
Anpassungsphase, wenn sie denn gelingt, der innere Friede mit der eigenen
Endlichkeit gemacht: die Realität des Sterbens und des nahenden Todes
wird anerkannt und man hat sich damit abgefunden und in sein Schicksal
gefügt. Dies kann dann auch zu einem leichteren Sterben führen,
wenn man innerlich losgelassen hat und bereit ist. (Querverweis: Zur
Kunst des Alterns und des Sterbens).
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